EGL070 Was ist eigentlich Systemische Therapie?
Die systemische Therapie wird erst seit einigen Jahren als Psychotherapiemethode von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In dieser Episode befassen wir uns mit den systemischen Ansätzen dieser Therapie und beleuchten, wie sie sich von anderen Therapieformen unterscheidet. Wir reden während des Gehens und stellen dabei exemplarisch einige typische Interventionen vor, erklären das Setting des Reflecting Teams und diskutieren, warum es für die Community der systemisch arbeitenden Therapeut:innen, Coaches und Supervisor:innen eine Herausforderung war, plötzlich Diagnosen stellen zu müssen und von Störungen zu sprechen. Die Geschichte der systemischen Therapie ist eng mit einem Paradigmenwechsel in der Psychotherapie verbunden. Sie führte weg von der rein individuellen Betrachtung psychischer Probleme hin zu einem Fokus auf soziale Kontexte und Beziehungen. Was einst als revolutionäre Idee begann, gilt heute für viele als unverzichtbarer Bestandteil der psychotherapeutischen Arbeit. Besonders die Erkenntnis, dass psychische Probleme oft in einem systemischen Zusammenhang stehen, hat dazu beigetragen, die Relevanz und Wirksamkeit dieses Ansatzes wissenschaftlich zu untermauern. Die systemische Therapie wurde 2018 für Erwachsene und 2024 für Kinder und Jugendliche in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Die inzwischen 70 Jahre alte Therapieform hat diesen Weg in den letzten 20 Jahren in einem Umfeld beschreiten müssen, das von den etablierten "Platzhirschen" – Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und Psychoanalyse – dominiert wurde.
Shownotes
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Walter-Benjamin-Platz in Charlottenburg
- Systemische Therapie: neues Psychotherapie-Verfahren für Erwachsene, In: E-Magazin des GKV-Spitzenverbandes
- Die Luhmannsche Systemtheorie
- Münchhausen-Stellvertretersyndrom / MSBP Munchausen syndrome by proxy
- Psychodynamische Behandlung von Zwangsstörungen (Leichsenring, Steinert, Weiß)
- MiniMax-Interventionen von Manfred Prior
- Zirkuläres Fragen, PDF Download
- Reflecting Team, PDF Download
- Diagnostik in der Systemischen Therapie, Hunger-Schoppe, C., Braus, N. (2024), Springer, https://doi.org/10.1007/978-3-662-64728-8_8
Transcript

Micz holt Anja Ulrich in ihrer Praxis in Berlin Charlottenburg ab, deren Hausnummer sich zauberhafterweise mit der Nummer dieser Episode deckt. Zufall? Anja Ulrich ist niedergelassene psychologische Psychotherapeutin für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie für Einzel- und Gruppenpsychotherapie. Aktuell befindet sie sich in der zusatzweiterbildung für die Analytische Psychotherapie. Schon 2008 machte sie die Weiterbildung in „Systemische Therapie und Beratung“ bei der Systemischen Gesellschaft in Berlin. Seit 2012 ist sie außerdem zertifizierte Fachberaterin für Psychotraumatologie und seit 2013 Mediatorin mit dem Schwerpunkt Familienmediation. Sie ist also seit über 15 Jahren mit systemischem Denken vertraut und als systemische Therapeutin zertifiziert.
Die Tour führt uns durch Charlottenburg, beginnend mit dem Walter-Benjamin-Platz und dem Point of (no) Return in der Damaschkestraße vor den Räumen der oben genannten Systemischen Gesellschaft.
Im Gespräch suchen und versuchen wir die Systemische Therapie zu beschreiben, auch in Abgrenzung zu anderen Verfahren. Wir beleuchten dabei konkrete Interventionen, wie das Zirkuläre Fragen, Parts Party, Reflecting Team oder Familienaufstellungen. Anfang und Ende bildet eine abstraktere Frage, die sich einige Therapierichtungen immer wieder einmal stellen: lässt sich so etwas individuelles wie Psychotherapie in Manuale pressen, die dann Gegenstand von Evidenzforschung sein können? Oder anders formuliert: welche Wirksamkeit der Psychotherapie fällt vom Tisch der Forschung, wenn man auf statistische Verfahren setzt, die auf Mittelwerte und Standardabweichung begründet sind? Umsomehr, wenn sich in besagter Evidenzforschung zeigt, dass schulenübegreifend die „therapeutische Allianz“, also die erlebte Qualität der Arbeitsbeziehung in der Psychotherapie, fast 40% der Erfolgswahrscheinlichkeit einer Psychotherapie begründet.
Auf dem Rückweg streifen wir auch die Deutsche Akademie für Psychoanalyse in der Kantstraße, vor deren Toren wir uns versprechen auch darüber noch mal zu sprechen. Laufend. Selbstredend.






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