"Spieglein, Spieglein an der Wand..."

Wir begeben uns mal wieder in die Welt der Märchen. Flo hat das Märchen Sneewittchen der 1. Fassung von 1812 aus dem KHM (Kinder- und Hausmärchen) der Gebrüder Grimm mitgebracht. Flo hat das Märchen vorher eingesprochen, weil im Laufen Vorlesen nicht zu seinen Kernkompetenzen gehört. Wir hören uns das an, während wir über den samstäglichen Kreativ- und Fressmarkt am Maybachufer spazieren. Unsere Route führt uns am Kanal am Weigandufer entlang zur Neuköllner Kolonie "Freiheit". Wir sprechen über die Unterschiede von der 1. und letzten Fassung von Schneewittchen (KHM 6. Auflage 1850). Micz hat da einiges vorbereitet, was aus einem psychoanalytischen Blickwinkel sehr spannend ist. Wir kommen auch auf die narzisstische Persönlichkeit der Mutter / Stiefmutter zu sprechen und steigen tiefer in eine Narzissmus-Betrachtung ein. Flo hebt die Kulturgeschichte des Spiegels hervor und die astronomischen Aspekte des Märchens Schneewittchen. Die sieben Zwerge stellen mit Schneewittchen eine kosmologische Ordnung dar, wie die Planeten mit der Erde auf der Eklipse um die Sonne wandern. Eine böse Entität stört diese Raum- und Zeiteinheit, das muss wiederhergestellt werden. Wir steigen auch kurz in die Welt der Farben in diesem Märchen ab, die Farben Weiß, Rot, Schwarz machen die komplette dramatische Erzählung aus, wobei Weiß für die Unschuld, das Reine, das Gute steht und Schwarz für das Böse und Vergängliche. Rot verbindet die Anziehung, den Aufbruch, das (sexuell) Attraktive, die Leidenschaft und das Leben, was eben diese Ordnung von Schwarz und Weiß stören kann. Letztlich kommen wir auf gesellschaftlich erwartete Rolle der Frau zu sprechen, die Schneewittchen einnehmen muss, um von den Zwergen und dem Prinzen akzeptiert zu werden. Sie muss vor allen Dingen schön sein und haushälterische Tätigkeiten übernehmen. Selbst wenn sie vom Apfel beißt und in einem todesähnlichen Zustand verharrt, ist sie so schön, dass der Prinz sie überall hin mitträgt wie eine Instakachel im Smartphone. Flo spricht noch über die Geschichte der Fotografie und Selfie-Culture. Am Ende sind sich Flo und Micz einig, dass das Märchen Schneewittchen unglaublich viele Interpretationsansätze bietet und in der Komplexität und Ambivalenz einen sehr verdienten Platz in der Popkultur gefunden hat.

Shownotes

Mitwirkende

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Florian Clauß
Erzähler
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Micz Flor

Transcript

Florian Clauß
0:00:00–0:00:01
Machst du denn die Einleitung?
Micz Flor
0:00:01–0:00:07
Natürlich.
Florian Clauß
0:00:07–0:00:08
Ich bin Flo.
Micz Flor
0:00:08–0:00:12
Du bist Flo, ich bin Mitch. Du bist heute dran mit dem Thema.
0:00:13–0:00:15
Ich weiß auch schon, was es ist, das hast du mir vorher verraten.
0:00:15–0:00:16
Ich freue mich sehr drauf.
Florian Clauß
0:00:18–0:00:20
Sprichst du schon in echt ein?
Micz Flor
0:00:21–0:00:26
Ja, so bin ich. Ganz zart. Zart. Nee, so bist du normalerweise nicht.
0:00:26–0:00:30
Du musst doch erst mal die Zuhörerinnen und Zuhörer auch begrüßen.
0:00:31–0:00:34
Hallo, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer.
0:00:35–0:00:41
Mein Name ist Mitch und neben mir läuft Flo, der heute ein Thema vorbereitet
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hat, was ich auch schon kenne.
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Und wo ich mich auch sehr drauf freue. Bin mal gespannt. Also ich weiß,
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was es ist. Ich kann mir vorstellen, wie es läuft.
0:00:50–0:00:53
Ich noch nicht genau womit Flo dann so um die Ecke kommt.
0:00:53–0:00:55
Das ist ja wie immer wahrscheinlich sehr gut vorbereitet.
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Wir sind jetzt auch wieder an einem schönen sonnigen Tag. Das Wetter ist ja
0:01:02–0:01:04
mal so mal so aktuell unterwegs.
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Und was ist denn unsere Tour heute?
Florian Clauß
0:01:09–0:01:15
Ja, also ich dachte wir knüpfen an an unseren Entstehungsmythos die Corona Walks.
0:01:15–0:01:24
Wir haben uns ja hier in Kreuzberg dann getroffen und sind runter Richtung Neukölln den Kanal entlang.
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Also wir werden erst den Landwehrkanal und ich weiß nicht wie der Kanal dann
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heißt. Der geht dann ab vom Landwehrkanal an diesem Dreiländereck.
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Berg Neukölln zusammentreffen und mal gucken, wie weit es uns treibt.
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Dann werden wir Richtung, ja wahrscheinlich bis zur Sonnenallee,
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parallel zur Kiefholzstraße, so ein bisschen eine Kleingartensiedlung erkunden.
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Die kenne ich noch nicht, aber wir streifen natürlich auch unsere vorherigen
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Podcastaufnahmen in Kanto. Werden wir an einem Punkt quasi mitnehmen.
Micz Flor
0:02:01–0:02:09
Deine Folge, eine der frühen folgen und ja wir haben jetzt eigentlich podcast
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episode 34 und für die die sich wundern warum wir so eine tour beschreiben wir
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sind bei eigentlich minus podcast.de,
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auch im netz auffindbar vielleicht ist jemand zum ersten mal dabei und kennt
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die geschichte noch nicht Wir haben unseren Slogan, der ist Laufen beim Reden und laufend reden.
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Wir sind einfach unterwegs und lassen unseren Gedanken freien Lauf,
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haben aber immer ein Thema.
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Einer bereitet das immer ein bisschen vor und die ganzen Tracks werden als GPS
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auch dann auf eigentlich-podcast.de online bereitgestellt.
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Also wer Lust hat, kann sich das dann quasi Sogar eigentlich umschnallen,
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mitlaufen, zuhören, so als ob wir nebenher laufen.
Florian Clauß
0:02:56–0:02:59
Ja, irgendwann machen wir mal so eine öffentliche Eigentlichtour.
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Da kriegt jeder so ein kleines Mikrofon, äh, kleines Headset mit Funkverbindung
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und dann laufen wir vorweg.
0:03:06–0:03:11
Und hinter uns die Traube an Menschen und an Zuhörerinnen und Zuhörer,
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die dann von uns quasi auf den Spaziergang ein bisschen bespielt wird. Naja, vielleicht.
Micz Flor
0:03:19–0:03:21
Zukunftsmusik.
Florian Clauß
0:03:21–0:03:26
So was möchte ich gerne machen. Jetzt kommen wir hier unter dem Haus, direkt am Kottchen.
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Und hier geht ein Durchgang. Wir gehen jetzt hier dahinten durch,
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da gibt es so diesen Spielplatz. Kennst du den, Mitch?
Micz Flor
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Ja, ja, hier die Gegend kenne ich sehr gut. Wir sind jetzt an der Bücherei.
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Dahinter ist der Spielplatz in diesem großen Gebäude.
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Und ich glaube, ich habe das schon mal gesagt, es gibt einen Dokumentarfilm,
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der lief hier auch in Berlin in
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ein paar Kinos über die Entstehung von diesem UFO-ähnlichen Wohnrondell,
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was da am Kotti gelandet ist.
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Und den könnten wir vielleicht auch mal, wir sind ja eigentlich ein Film-Hotcast,
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den könnten wir vielleicht uns mal angucken und besprechen.
Florian Clauß
0:04:05–0:04:10
Ja, eigentlich Film-Hotcast. Wir kommen jetzt auch hier gleich in der Unterführung. Ups!
Micz Flor
0:04:12–0:04:13
Das ist der Spielplatz.
Florian Clauß
0:04:15–0:04:21
Kommen wir auch an ein Imbiss vorbei, wo eine Schlüsselszene von Herr Lehmann
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gespielt hat. Das ist doch hier.
Micz Flor
0:04:23–0:04:26
Ja, das ist der genau. Aber der ist inzwischen, ich weiß nicht,
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ob er einen Besitzer gewechselt hat, aber auf jeden Fall hat er sich total umgebaut.
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Gerade neulich bin ich da vorbei und da wurde der Boden neu gemacht.
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Der heißt auch, glaube ich, wirklich inzwischen anders und ist komplett ausgetauscht.
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Aber der war noch ziemlich lange nach dem Film in genau dem Zustand.
Florian Clauß
0:04:42–0:04:48
Wir gehen jetzt die Reichenberger Straße lang und ich habe tatsächlich auch
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heute habe ich was vorbereitet.
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Ja, ich habe was vorbereitet, da können wir nochmal reinholen.
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Ich habe ein Märchen mitgebracht und ein Märchen,
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das ist glaube ich so eines der Märchen ist, was am meisten so rezipiert wurde,
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was viel Popkultur ausgelöst hat. Es ist Schneewittchen.
Micz Flor
0:05:10–0:05:13
Schneewittchen, wie ich weiß. Ja, das weißt du. Und jetzt machen wir uns das alle gemeinsam an.
Florian Clauß
0:05:14–0:05:17
Und ja, gleich, ich wollte nur noch das nochmal so einordnen,
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weil wir kennen aus anderen Folgen von eigentlich...
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Diese Kategorisierung. Natürlich ist es auch ein Märchen,
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was die Gebrüder Grimm dann in ihrem sehr berühmten Buch Kinder und Hausmärchen der Gebrüder Grimm,
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das abgekürzt KHM heißt, also Kinderhausmärchen, das hat da in diesem Kontext
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den Index, muss ich mal gucken, 53 Schnellwittchen.
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Und wir kennen noch einen anderen Index. Das ist der sogenannte Kategorien-Dings da, ne?
Micz Flor
0:05:57–0:06:00
Also welche Art von Märchen ist das?
Florian Clauß
0:06:00–0:06:02
Genau, also wie es eingeordnet wird, das ist der Arne-Thomson-Uther-Index.
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Der setzt sich halt aus den Sprachforscher, die quasi Arne-Thomson und Uther,
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jeweils drei verschiedene, die haben diesen Index aufgebaut.
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Und was der zum Ziel hatte, ist eben dann so eine europäische Vergleichbarkeit herzustellen.
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Und die Brüder Grimm haben das eben, ihre Version, so verdichtet in diesem einen Buch.
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Und das ist eigentlich so ein unglaublich populäres Buch geworden.
0:06:33–0:06:34
Also es hat sich verbreitet.
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Die Märchen waren ja vorher so ein bisschen lose, irgendwo in den jeweiligen Erzählkulturen.
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Und ja, da kam ein Geburt der Grimm, haben das eben zusammengesammelt,
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kategorisiert, haben dann auch einen wissenschaftlichen Ansatz entwickelt und
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haben halt dieses Buch rausgebracht, was dann zur Folge hatte,
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dass diese Märchen unglaublich verbreitet wurden.
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Weil eben zur Zeit des Buchdrucks...
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Das war sehr beliebt und das heißt, die Märchen wurden da so bekannt.
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Ja, das ist nochmal so kurz zur Einordnung.
Micz Flor
0:07:03–0:07:07
Das war wahrscheinlich dann so wie das Streaming-Service, das jetzt für Filme
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machen, war dann damals eben das gedruckte Buch für Märchen.
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Man konnte die halt irgendwie kaufen, verschenken und hatte die dann quasi zu
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Hause, hat die aufgeschlagen und hat dann damals noch gelesen, was man heute guckt.
Florian Clauß
0:07:20–0:07:24
Genau, also genau, das wollte ich nochmal so in dem Kontext der Mediengeschichte
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nochmal so ein bisschen platzieren.
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Ich möchte auch noch mal der ATU-Index von dem Märchen Schneewittchen ist 709
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und es gibt diese sieben,
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also die hunderte Nummer klassifiziert das auch so ein bisschen und die 700
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bis 749 steht quasi im ATU für andere übernatürliche Geschehnisse.
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Jetzt wollte ich noch mal die Nachbarn von Schneewittchen vorlesen, was da auftaucht.
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Das ist zum Beispiel ATU 706, das Mädchen ohne Hände, dann die keusche Nonne,
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der Vater, der seine Tochter heiraten wollte. 707 ist die drei goldenen Kinder,
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das Wunderkind und 709 dann schließlich Schneewittchen.
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Und 709a ist die Schwester von neun Brüdern.
Micz Flor
0:08:20–0:08:24
Okay, das ist interessant, weil man denkt, man kennt halt die Gebrüder Grimm,
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aber ich kenne halt wirklich nur die Sachen, die dann auch in irgendwelchen
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öffentlich-rechtlichen Produktionen rauf und runter kommen.
Florian Clauß
0:08:34–0:08:40
Ja, man hat das natürlich schon so ein bisschen aggregiert und ich möchte nicht die offizielle,
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Die letzte Ausgabe von dem KM kam 1853 raus, das war die siebte Auflage und
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ich möchte aber jetzt die Version von Schneewittchen.
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Dann nicht Schmittchen, sondern Sneewittchen. Also das wird nicht ausgesprochen.
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Snee ist die niederdeutsche Bezeichnung von Schnee in der ersten Fassung,
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also im ersten KHM-Buch von 1812, die ihr mitbringt.
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Und dafür, weil ich jetzt, da sie im Laufen vorlesen ist nicht so meine Kernkompetenz
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habe ich das wieder eingesprochen und das hören wir uns jetzt erst mal an. Ja, Mitch?
Micz Flor
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Ich freue mich drauf. Schneewittchen, Schneeweißchen.
Florian Clauß
0:09:29–0:09:37
In der ersten Auflage von 1812 von den Gebrüdern Grimm.
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Es war einmal mitten im Winter und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel.
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Da saß eine schönige Königin an einem Fenster. Das hatte einen Rahmen von schwarzem Ebenholz und nähte.
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Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der
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Nadel in den Finger und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee.
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Und weil das Rote in dem Weißen so schön aussah, so dachte sie,
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hätte ich doch ein Kind, so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie dieser Rahmen.
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Und bald darauf bekam sie ein kleines Töchterlein, so weiß wie der Schnee,
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so rot wie das Blut und so so schwarz wie Ebenholz, und darum ward es Sneewittchen genannt.
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Die Königin war die schönste im ganzen Land und gar stolz auf ihre Schönheit.
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Sie hatte auch einen Spiegel, vor den trat sie alle Morgen und fragte,
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»Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist die schönste Frau im ganzen Land?«
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Da sprach das Spieglein allzeit, »Ihr, Frau Königin, seid die schönste Frau im Land.«.
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Und da wusste sie gewiss, dass niemand schöner war auf der Welt.
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Aber wuchs heran, und als es sieben Jahre alt war, war es so schön,
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dass es selbst die Königin an Schönheit übertraf, und als diese ihren Spiegel
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fragte, »Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste Frau im ganzen Land?«,
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sagte der Spiegel, »Frau Königin, ihr seid die Schönste hier,
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aber Schneewittchen ist noch tausendmal schöner als ihr.« Wie die Königin den
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Spiegel so sprechen hörte, war sie blass vor Neid, und von Stund an hasste sie das Schneewittchen.
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Und wenn sie es ansah und gedacht, dass durch seine Schuld sie nicht mehr die
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Schönste auf der Welt sei, kehrte sich das Herz herum.
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Da ließ ihr der Neid keine Ruhe, und sie rief einen Jäger und sagte zu ihm,
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Führ das Schneewittchen hinaus in den Wald, an einen weit abgelegenen Ort,
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da sticht's tot, und zum Wahrzeichen bring mir seine Lunge und seine Leber mit,
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die will ich mit Salz kochen und essen.
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Der Jäger Er nahm das Snewittchen und führte es hinaus. Wie er aber den Hirschfänger
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gezogen hatte und ihm zustechen wollte, da fing es an zu weinen und bat so sehr
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er mögt ihm sein Leben lassen, es wollte nimmermehr zurückkommen,
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sondern in den Wald fortlaufen.
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Den Jäger erbarmte es, weil es so schön war, und gedachte, die wilden Tiere
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werden es doch bald gefressen haben.
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Ich bin froh, dass ich es nicht zu töten brauche.
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Und weil gerade ein junger Frischling gelaufen kam, stach er den nieder,
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nahm Lunge und Leber heraus und brachte es als Wahrzeichen der Königin mit.
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Die kochte sie mit Salz und aß sie auf und meinte, sie hätte Sneewittchens Lunge und Leber gegessen.
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Schneewittchen aber war in dem großen Wald mutterselig allein,
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sodass ihm recht Angst war und es fing an zu laufen und zu laufen über die spitzen
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Steine und durch die Dornen den ganzen Tag.
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Endlich, als die Sonne untergehen wollte, kam es zu einem kleinen Häuschen.
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Das Häuschen gehörte sieben Zwerge, die waren aber nicht zu Hause,
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sondern in das Werkwerk gegangen.
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Schneewittchen ging hinein und fand alles klein, aber niedlich und reinlich.
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Da stand ein Tischlein mit sieben kleinen Tellern, dabei sieben Löffelein,
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sieben Messerlein und Gäbelein, sieben Becherlein und an der Wand standen sieben
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Bettlein nebeneinander.
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Frischgedeckt. Sneewittchen war so hungrig und durstig, aß von jedem Teller
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ein wenig Gemüse und Brot, trank aus dem Gläschen einen Tropfen Wein und weil
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es so müde war, wollte es sich schlafen legen.
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Da probierte sie die sieben Bettlein nacheinander aus, keins war ihm aber recht,
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bis auf das siebte, denn das legte sich hinein und schlief ein.
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Wie es Nacht war, kamen die sieben Zwerge von ihrer Arbeit heim und steckten
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ihre sieben Lichtlein an. Da sahen sie, dass jemand in ihrem Haus gewesen war.
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Der erste sprach, wer hat auf mein Stühlchen gesessen?
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Der zweite, wer hat von meinem Tellerchen gegessen? Der dritte,
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wer hat von meinem Brötchen genommen?
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Der vierte, wer hat von meinem Gemüsechen gegessen? Und der fünfte,
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wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen. Der sechste.
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Wer hat mit meinem Messerchen geschnitten? Der siebende. Der hat aus meinem Dächerlein getrunken.
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Danach sah er sich herum und sagte, Wer hat in mein Bettchen getreten?
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Der zweite, Ei, in mein Bettchen hat auch jemand gelegen.
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Und so alle weiter bis zum siebten. Wie der nach seinem Bettchen sah,
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da fand er das Sneewittchen darin liegen und schlafen.
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Da kamen die Zwerge alle gelaufen und schrien vor Verwunderung und holten ihre
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sieben Lichtlein herbei und betrachteten das Sneewittchen.
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Ei, du mein Gott, ei, du mein Gott, riefen sie, was ist das schön?
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Sie hatten große Freude an ihm, weckten es aber nicht auf und ließen es in dem
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Bettlein liegen. Der siebente Zwerg aber schlief bei seinen Gesellen,
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bei jedem eine Stunde, da war die Nacht herum.
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Als nun Sneewittchen aufwachte, fragten sie es, wer es sei und wie es in ihr Haus gekommen wäre.
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Da erzählte es ihm, wie seine Mutter es habe umbringen wollen,
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der Jäger ihm aber das Leben geschenkt, und wie es den ganzen Tag gelaufen und
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endlich zu diesem Häuslein gekommen sei.
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Da hatten die Zwerge Mitleiden und sagten, wenn du unseren Haushalt versehen
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und kochen, nähen, betten, waschen, stricken willst, auch alles ordentlich und
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reinig halten, sollst du bei uns bleiben und es soll dir nichts fehlen.
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Abends kommen wir nach Hause und da muss das Essen fertig sein.
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Am Tage aber sind wir im Bergwerk und graben Gold, da bist du für dich alleine.
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Hüt' dich vor der Königin und lass' niemanden herein.
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Die Königin aber glaubte, sie sei wieder die Allerschönste im Land,
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trat morgens vor den Spiegel und fragte, »Spieglein, Spieglein an der Wand,
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wer ist die schönste Frau im ganzen Land?«,
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Da antwortete der Spiegel aber wieder, »Frau Königin, ihr seid die Schönste
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hier, aber Snewittchen über den Sieben Bergen ist noch tausendmal schöner als ihr.«
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Wie die Königin das hörte, erschrak sie und sah wohl, dass sie betrogen wurde
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und der Jäger Snevitzing nicht getötet hatte.
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Weil aber niemand als die sieben Zwerglein in den sieben Bergen war,
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da wusste sie gleich, dass es sich zu diesen gerettet hatte,
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und nun sahen sie von Neulen nach, wie sie es umbringen könnte,
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denn solange der Spiegel nicht sagte, dass sie wäre die schönste Frau im ganzen
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Land, hatte sie keine Ruhe.
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Da war ihr alles nicht sicher und gewiss genug, und sie verkleidete sich selber
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als alte Krämerin, färbte ihr Gesicht, dass auch kein Mensch sie erkannte,
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und ging hinaus vor das Zwergenhaus.
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Sie klopfte an die Tür und rief, »Macht auf, macht auf, ich bin eine alte Krämerin,
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die gute Ware feil hat.« Snewittchen guckte aus dem Fenster, »Was habt ihr denn?«,
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»Schnürriem, liebes Kind«, sagte die Alte und holte einen hervor,
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der noch von gelber und roter und blauer Seide geflochten war.
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»Willst du den haben?« »Aja«, sprach Snewittchen und dachte,
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die gute alte Frau kann mich wohl hineinlassen.
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»Die meint's redlich«, regelte also die Türe auf und handelte sich den Schnürriem.
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Aber wie bist du schlampig geschnürt, sagte die Alte, komm, ich will dich einmal besser schnüren.
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Schneewittchen stellte sich vor ihr, da nahm sie den Schnürriemen und schnürte
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und schnürte so fest, dass ihm der Atem verging und es für tot hinfiel.
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Danach war sie zufrieden und ging fort. Bald darauf war es Nacht,
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und da kamen die sieben Zwerge nach Haus, die erschraken recht,
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als sie ihr liebe Schneewittchen auf der Erde liegen fanden, als wäre es tot.
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Sie hoben es in die Höhe, da sahen sie, dass es so fest geschnürt war,
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schnitten den Schnürringen in zwei, da atmete es erst und dann war das wieder lebendig.
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Das ist niemand gewesen, als die Königin, sprachen sie, die hat dir das Leben
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nehmen wollen, hüte dich und lass kein Menschen herein.
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Die Königin aber fragte den Spiegel.
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Spiegel, Spiegel, an der Wand, wer ist die schönste Frau im ganzen Land?
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Der Spiegel antwortete, Frau Königin, ihr seid die schönste,
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aber Schneewittchen bei den sieben Zwergchen ist tausendmal schöner als ihr.
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Sie erschrak, dass ihr Blut, dass das Blut ihr all zum Herz lief,
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da sie sah, dass Schneewittchen wiederlebendig geworden war.
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Danach sahen sie den ganzen Tag und die Nacht, wie sie es doch noch fangen wollte
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und machte einen giftigen Kamm, verkleidete sich in eine andere Gestalt und ging wieder hinaus.
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Sie klopfte an die Tür, das Schnewittchen aber rief, ich darf niemanden hier
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reinlassen. Da zog sie den Kamm hervor und als das Schnewittchen den Blinken
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sah und es auch jemand ganz Fremdes war, so machte es doch auf und kaufte den Kamm ab.
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Komm, ich will dich auch damit kennen, sagte die Krämerin, aber kaum starkt
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der Kamm dem Schneewittchen in den Haaren, da fiel es nieder und war tot.
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Nun wirst du liegenbleiben, sagte die Königin, und ihr Herz war leicht geworden und sie ging heim.
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Die Zwerge aber kamen zur rechten Zeit, sahen, dass was geschehen und zogen
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den giftigen Kamm aus den Haaren und da schlug Schneewittchen die Augen auf
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und es war wieder lebendig und versprach den Zwergen, es wolle gewiss niemanden mehr hereinlassen.
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Die Königin aber stellte sich vor den Spiegel, Spieglein, Spieglein an der Wand,
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wer ist die schönste Frau im ganzen Land. Der Spiegel antwortete,
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Frau Königin, ihr seid die schönste hier aber Snewittchen bei den sieben Zwergchen
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ist tausendmal schöner als ihr.
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Wie das die Königin hörte, zitterte sie und bebte sie vor Zorn.
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So soll das Newidtchen noch sterben, wenn und wenn es mein Leben kostet.
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Dann ging sie in ihre heimlichste Stube, und niemand durfte vor sie kommen,
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und da machte sie einen giftigen, giftigen Apfel, äußerlich war er schön und
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rotbäckig, und jeder, der ihn sah, bekam Lust dazu.
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Darauf verkleidete sie sich nun als Bauersfrau, ging vor das Werkhaus und klopfte an.
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Siewittchen guckte und sagte, ich darf keinen Menschen einlassen,
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die Zwerge haben mir das beim Leibe verboten.
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Nun, wenn ihr nicht wollt, sagt die Bäuerin, kann ich euch nicht zwingen,
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meine Äpfel will ich auch schon loswerden, da einen will ich euch zur Probe schenken.
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Nein, ich darf auch nichts geschenkt nehmen, die Zwerge wollen es nicht haben.
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Ihr mögt euch wohl fürchten, da will ich den Apfel in zwei schneiden und die
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Hälfte essen, da den schönen roten Backen sollt ihr haben.
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Der Apfel war aber so künstlich gemacht, dass nur die rote Hälfte vergiftet war.
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Da saß Schneewittchen, das die Bäuerin selbst davon aß, und seine Gelüste danach ward immer größer.
0:19:50–0:19:54
Da ließ es sich endlich die andere Hälfte durchs Fenster reichen und bis hinein.
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Kaum aber hatte sie ein bisschen den Mund, so fiel es tot zur Erde.
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Die Königin aber freute sich, ging nach Haus und fragte den Spiegel.
0:20:02–0:20:05
»Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die schönste Frau im ganzen Land?«
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Da antwortete er, Ihr, Frau Königin, seid die schönste Frau im Land.
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Nun habe ich Ruhe, sprach sie, da ich wieder die schönste im Land bin und Sneewittchen
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wird diesmal wohltot bleiben.
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Die Zwerglein kamen abends aus den Bergwerken nach Haus, da lag das Newittchen
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auf dem Boden und war tot. Sie schnürten es auf und sahen, dass sie nichts Giftiges
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in den Haaren fänden, es half auch nichts, sie konnten es nicht wieder lebendig machen.
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Sie legten es auf eine Bahre, setzten sich alle sieben da ran,
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weinten und weinten drei Tage lang, dann wollten sie es begraben.
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Da sahen sie aber, dass es noch frisch und gar nicht wie ein Toter aussah und
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dass es auch seine schönen roten Backen noch hatte.
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Da ließen sie ein Sarg von Glas machen, legten es hinein, dass man es recht
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sehen konnte, schrieben mit goldenen Buchstaben seinen Namen darauf und seine
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Abstammung, und einer blieb jeden Tag zu Hause und bewachte es.
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So lag es ein Wittchen lange, lange Zeit in dem Sarg und verweste nicht,
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war noch so weiß wie als Schnee, so rot als Blut, und wenn es die Äuglein hätte
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auftun können, wären sie so schwarz wie eben Holz, denn es lag, als wenn es das schlief.
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Einmal kam ein junger Prinz zu dem Zwergenhaus und wollte darin übernachten,
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und wie er in die Stube kam und Snewittchen in dem Glassack liegen sah,
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auf das die siebten Lichtlein so recht ihren Schein warfen, konnte er sich nicht
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satt sehen an seiner Schönheit und und las die goldene Inschrift und sah,
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dass es eine Königstochter war.
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Da bat er die Zwerglein, sie sollten ihm den Sarg mit den toten Snidwittchen
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verkaufen, die aber wollten um alles Gold nicht.
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Da bat er sie, sie mögten es ihm schenken, er könne nicht leben, ohne es zu sehen.
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Und er wolle es so hoch halten und ehren, wie sein Liebstes auf der Welt.
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Da waren die Zwerglein mitleidig und gaben ihm den Sarg. Der Prinz aber ließ
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ihn in seinem Schloss tragen und ließ ihn in die Stube setzen.
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Er selber saß den ganzen Tag dabei und konnte die Augen nicht abwenden.
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Und wenn er ausmusste und konnte Schneewittchen nicht sehen,
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war der traurig. Und er konnte auch kein Bissen essen, wenn der Sarg nicht neben ihm stand.
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Die Diener aber, die beständig den Sarg herumtragen mussten,
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waren bös darüber, und Eidam machte einmal den Sarg auf, hob Snewittchen in
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die Höhe und sagte, »Um so ein totes Mädchen willen, werden wir den ganzen Tag
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geplagt«, und gab ihm mit der Hand einen Stumpf in den Rücken.
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Da fuhr ihm der garstige Apfelkruz, den es abgebissen hatte,
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aus dem Hals, und Snewittchen war wieder lebendig.
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Da ging es zu dem Prinzen, der nicht wusste, was er für Freude tun sollte,
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als sein liebes Snewittchen lebendig war, und sie setzten sich alle zusammen
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an die Tafel und aßen in Freude.
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Auf den anderen Tag war die Hochzeit bestellt und Snewittchens gottlose Mutter war auch eingeladen.
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Wie sie nun am Morgen vor dem Spiegel trat und sprach, spieglein,
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spieglein an der Wand, wer ist die schönste Frau im ganzen Land?
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Da antwortete er, Frau Königin, ihr seid die schönste hier, aber die junge Königin
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ist tausendmal schöner als ihr.
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Als sie das hörte, erschrak sie, und es war ihr so Angst, dass sie es nicht
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sagen konnte. Doch trieb sie der Neid, dass sie auf der Hochzeit der jungen
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Königin sehen wollte, und wie sie ankam, sah sie, dass es eine Wittchen war.
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Da waren eisernen Pantoffeln im Feuer glühend gemacht. Sie musste sie anziehen
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und darin tanzen, und ihre Füße wurden jämmerlich verbrannt,
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und sie durfte nicht aufhören, bis sie sich zu Tode getanzt hatte.
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Ja, das war das Märchen von 1812.
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Bevor wir jetzt einsteigen, ganz kurz, siehst du, kannst du dir aus dem Kopf,
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kannst du da die andere Fassung erinnern und den Hauptunterschied zu dieser
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ersten Fassung benennen?
Micz Flor
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Ja, das ist sogar eine der Sachen, die ich vorbereitend hatte,
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weil wir springen ja quasi um dieses Märchenthema so ein bisschen rum und ich
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habe gemerkt, dass ich diesmal anders darin vorgehe als das letzte Mal.
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Wir hatten ja in meiner letzten Folge, sollte es ja eigentlich schon um Rotkäppchen gehen.
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Das haben wir dann aber gesplittet. Die letzte Folge war eben diese Traum-Mythen-Thematik
0:24:34–0:24:40
von Erich Fromm mit einer Unterscheidung von der Art und Weise,
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wie zum Beispiel Traumdeutung bei Freud, bei Jung oder bei Fromm,
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was dann eher so ein bisschen schon in die Richtung von Neopsychoanalyse-Gestalttherapie
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geht, sich unterscheidet.
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Und das Lustige ist jetzt, das haben wir dann quasi Rotkäppchen in der nächsten Folge.
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Und ich fühle mich jetzt aber schon ein bisschen weiter in diesem Märchenthema.
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Da habe ich zum Beispiel mal drauf geguckt, was waren denn so die Veränderungen
0:25:06–0:25:12
alleine in den Fassungen von den Gebrüdern Grimm.
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Genau zu machen, könnte ich das kurz vorlesen.
Florian Clauß
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Ja, gerne. Du hast ja auch was vorbereitet mit.
Micz Flor
0:25:22–0:25:26
Ja, ich wusste ja, was es ist, dann hab ich gedacht, probier ich mal was anderes.
0:25:27–0:25:31
Ich hab zwei Sachen vorbereitet. Ich hab dann auch eben als Weiterführung von
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dem, was das nächste Mal kommt, nämlich Freud, Jung und Fromm,
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hab ich dann Bettelheim diesmal als psychodynamischen ...
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Natürlich Analytiker eben, der dann auch eine Deutung hat. Das wollte ich dann
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später auch noch hier reinbringen.
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Also ich berufe mich jetzt auf die Frau Katrin Allersang-Gestrebter,
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die eine ihrer PhD 2009 in Wien Arbeit abgelegt hat.
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Und da hat sie eben einen Abschnitt gerade zum Thema dieses Märchens und was
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da so sich verändert hat.
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Und sie schreibt da, 1908 bis 1957 gab es wohl mindestens sechs Versionen von dem Ganzen. Ja.
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Wenn ich mich recht erinnere, das habe ich jetzt nicht aufgeschrieben,
0:26:27–0:26:31
war es sogar ein jüngerer Bruder von den beiden, die der Autoren von diesem
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Kinder- und Hausmärchenbuch sind, der die erste Fassung aufgeschrieben hat,
0:26:35–0:26:36
die dann umgeschrieben wurde.
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Und Wilhelm Grimm hat diese Urform dann seinen Idealvorstellungen so angepasst.
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Er hat da zum Beispiel, wenn man so durch diese Veränderung geht,
0:26:47–0:26:52
ein bisschen auch geschaut, Das Schneewittchen,
0:26:52–0:26:56
die dann Schneewittchen hieß, aber die wohl in der ganz frühen Version Schneeweißchen
0:26:56–0:27:03
sogar noch hieß, die hat immer mehr in diesen Formen dann so eine typisch bürgerliche
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Tugend für Frauenverhalten angenommen.
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Die war dann eben sehr keusch, fast asexuell.
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Als sie bei den Zwergen war, muss bei den Zwergen ja auch diese bürgerlichen
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Sachen irgendwie lernen.
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Damit sie bei den Zwergenwirt bleiben darf, muss sie halt im Prinzip naiv sein,
0:27:23–0:27:28
unschuldig, schön, lieb, fromm, arbeitsam, christlich, muss den Haushalt führen, all diese Sachen.
0:27:28–0:27:32
Das war generell das Motiv für dieses junge Mädchen, Schneewittchen,
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wie es dann zum Schluss hieß.
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Und das sind eben so diese beliebtesten Klischees weiblicher Helden aus dieser Zeit,
0:27:40–0:27:48
die dann Und das finde ich wichtig, nicht unterschiedliche Fassungen aus unterschiedlichen
0:27:48–0:27:53
Ländern, sondern wirklich innerhalb der Revisionen von Grimm, von den Geburten Grimm.
0:27:55–0:27:59
Schneewittchen selbst hat sich ein bisschen verändert. Die war wohl am Anfang
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eine junge Frau und wurde dann aber wieder ein Kind, oder wurde Kind genannt in späteren Versionen.
0:28:04–0:28:08
Aber es gab vor allen Dingen eine Fassung, wahrscheinlich die allererste,
0:28:08–0:28:14
die muss noch vor deiner gewesen sein wo schneewittchen ursprünglich gelbe haare
0:28:14–0:28:23
hatte und gar keine schwarzen haare das war wohl oder eben ebenholz schwarz wie der fenster rahmen,
0:28:24–0:28:28
Dann ist es so, dass der Vater jetzt in deiner Version ja auch schon nicht mehr
0:28:28–0:28:32
existent ist. Da nimmt man dann an, dass der Jäger irgendwie die Rolle des Vaters
0:28:32–0:28:36
ist. Es gibt auch eine analytische Deutung, die sagt, der Spiegel ist der Vater.
0:28:36–0:28:38
Der guckt sich die Frauen an und beurteilt so.
0:28:40–0:28:46
Und also heute in der gängigen Version ist der Vater eigentlich mehr oder weniger abwesend.
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Aber in früheren Versionen ist es wohl so, dass der sogar noch damit beauftragt
0:28:53–0:28:56
war, auch den Sarg zu finden. So zumindest hier die Doktorandin.
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Und die Rolle der Mutter hat sich auch verändert. Es war anfangs eben eine Mutter
0:29:03–0:29:04
bei deiner Version auch noch.
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Wurde dann später aber ersetzt. Und zwar 1819 wurde, starb die Mutter und die
0:29:11–0:29:16
Stiefmutter, also die neue Frau, war dann die Böse sozusagen.
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Das ist, könnte man vielleicht sogar gleich mal so sagen, ein bisschen,
0:29:20–0:29:27
da wird das ein bisschen harmonischer gemacht. Also, dass die Mutter wirklich
0:29:27–0:29:30
sogar kannibalistisch gegenüber ihrer eigenen Tochter vorgeht,
0:29:30–0:29:31
ist vielleicht einmal ein bisschen hart.
0:29:32–0:29:35
Und wenn es die Stiefmutter ist, vielleicht verkaufen sich dann mehr Bücher.
0:29:35–0:29:39
Und deshalb ändert sich natürlich dann auch ein bisschen die Thematik,
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weil es geht ja nicht mehr um Mutter-Tochter-Konflikt, sondern dann kommt der
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Spiegel und die Schönheit mehr in den Vordergrund.
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Grund. Sobald es dann die Stiefmutter ist, geht es natürlich um eine Familiendynamik,
0:29:49–0:29:52
aber so diese klassische Generationskonflikt ist da nicht mehr drin,
0:29:52–0:29:54
sondern eben dieses Schöne.
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Der Sarg, der ursprüngliche Glassarg, den du auch noch drin hast,
0:29:59–0:30:01
der diente wohl auch um die Verwesung auszuhalten.
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Später war es dann wohl auch so, dass das Schneewittchen einfach auch ohne Sarg
0:30:07–0:30:09
schön blieb. Die war so schön, die war einfach nicht mehr verwesbar.
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Und die Rettung hat sich wohl auch geändert.
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Es gab, da bin ich mir jetzt aber nicht sicher, ich glaube, das waren wirklich
0:30:19–0:30:25
andere Varianten des Schneewittchen, Schneeweißchen, Schneewittchen-Märchens,
0:30:25–0:30:30
wo Ärzte versuchen, sie wieder zu beleben.
0:30:30–0:30:34
Es gibt aber auch wohl eine Fassung,
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wo die die Zwerge selber mit einem Hämmerchen versuchen, Schneewittchen wieder
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zu beleben und das fand ich dann ganz schön,
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deshalb möchte ich da die Doktorandin zitieren, die dann schreibt,
0:30:50–0:30:55
dass es so ist, dann kann die Endversion nicht ohne den handelsüblichen Prinzen auskommen,
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der in nekrophiler Manier das scheintote Mädchen mit sich nehmen will,
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wobei diesem nach einem durch Stolpern hervorgerufenen Rutsch des Sarges der
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Apfelbutzen und damit die Ursache des Zustands wieder aus dem Hals fährt.
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Der hat also dann neben dem Kannibalistischen, hat sie dann eben auch nochmal
0:31:15–0:31:16
gesagt, so Durch diesen Eko-Fahrer.
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Prinz einfach unbedingt diesen Leichnam mitnehmen möchte.
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Das Ende der Königin hat sich wohl auch verändert. In der einfachsten Fassung
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fällt sie vor Schrecktod um.
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Und die, die du auch vorgelesen hast, die auch in dem Europa-Märchen,
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das war so meine Kindheit, die Schallplatten,
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wo beide Seiten dann Märchen drauf waren, da ist es auch so,
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dass sie dann, das hat mich immer sehr gegruselt, tanzte sie dann mit den glühenden
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Schuhen, bis sie tot umfiel.
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Das war jetzt bei deiner Fassung auch.
Florian Clauß
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Ja.
Micz Flor
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Dann gibt es noch eine kleine Änderung in den ursprünglich handschriftlichen Aufzeichnungen.
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Was bei dir auch noch mit drin ist, ist, dass bei den Zwergen sie von jedem
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Tellerchen ein bisschen was isst.
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In späteren Versionen ist sie bei den Sachen so, dass sie dann nicht von allen was isst.
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Dann sucht sie genau aus, was für sie passt und was nicht.
0:32:20–0:32:23
Das gilt auch für das Bett. Da geht sie nicht in alle Betten,
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sondern sucht scheinbar nur das eine, wo sie dann sagt, okay, das nehme ich.
Florian Clauß
0:32:28–0:32:35
Genau, also die Zwerge, wo sie nicht überall nascht und ins Bett steigt und so weiter.
Micz Flor
0:32:36–0:32:39
Das Allerletzte, was dann wirklich andere Versionen des Märchens sind,
0:32:39–0:32:40
fand ich aber noch ganz interessant.
0:32:40–0:32:44
Die Zwerge sind in anderen europäischen Versionen der Erzählung auch mal Diebe,
0:32:44–0:32:50
Räuber, Riesen oder Elfen. In Finnland wohl eine Mordbande, die sie als Schwester
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adoptieren, was es auch im Dänischen und Schwedischen gibt.
0:32:54–0:33:00
Und die Zwerge gibt es wohl in einer Schweizer Fassung, richtig als rätische
0:33:00–0:33:06
Erzählung, Wo sie dann demokratisch abstimmen, ob sie Schneewittchen aufnehmen oder nicht.
0:33:06–0:33:09
Und dann aber auch Forderungen stellen.
0:33:10–0:33:15
Und sie drohen dem Mädchen dann nach dem Besuch der Krämerin zum ersten Mal,
0:33:15–0:33:20
dass wenn sie jetzt nicht gehorcht, dass sie beim nächsten Mal in der Pfanne gebraten wird.
0:33:20–0:33:25
Das waren jetzt so die Sachen, die ich da aus dieser Doktorarbeit rausgefuselt habe.
Florian Clauß
0:33:29–0:33:31
Und warum habe ich das gemacht?
Micz Flor
0:33:31–0:33:37
Weil ich glaube ich, nachdem wir zuerst mit deinen Märchen so angefangen haben,
0:33:37–0:33:40
einfach mal so aus dem Bauch zu deuten, dann hatten wir diese,
0:33:43–0:33:48
in meinem letzten Spaziergang diese Rotkäppchendeutung, die jetzt allerdings
0:33:48–0:33:50
erst in zwei Wochen dann wirklich im Podcast auftaucht.
0:33:54–0:34:01
Und in all diesen Deutungsansätzen geht es ja immer so ein bisschen eben so
0:34:01–0:34:02
dieser Wunsch ins Mythische,
0:34:02–0:34:08
ins ganz Frühe, ins Archetypische, wie Jungs sagen würde, so zurückzugehen,
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wie durch so ein Tor des Märchens.
0:34:10–0:34:12
Und da habe ich dann irgendwie gedacht, okay, das will ich aber mal wissen,
0:34:12–0:34:17
Weil ich wusste, auch von deiner Erzählung schon, dass die Gebrüder Grimm ihre
0:34:17–0:34:19
Sachen auch immer wieder rausgebracht haben.
0:34:19–0:34:25
Und das war ja früher auch bei Buchversion wirklich so,
0:34:25–0:34:28
dass dann oft, wenn das Ganze wieder gedruckt wurde, es halt umgeschrieben,
0:34:28–0:34:35
das war selbst bei The Origin of Species, war das wohl so, dass es da mit jedem
0:34:35–0:34:37
neuen Auflage eigentlich eine völlig neue Buchversion gehabt mit neuem.
0:34:38–0:34:41
Also es war anders als heute, wo die Dinge so eingefroren werden.
0:34:41–0:34:44
Was wir auch in diesem Index hören, den du hast.
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Da hat es mich einfach mal interessiert zu gucken, was haben die denn da so umgeschrieben?
0:34:48–0:34:53
Und was würde das denn tun für unseren Wunsch, durch dieses Märchen wie durch
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ein Fenster zu blicken auf das urgeschichtliche, sagenhafte,
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mythische Menschliche?
Florian Clauß
0:34:58–0:34:59
Ja.
Micz Flor
0:34:59–0:35:04
Das fand ich eigentlich ganz interessant, dass es halt dann auch da schon Tendenzen
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gab, alles ein bisschen bürgerlicher und abgeschwächter aufzuschreiben.
0:35:08–0:35:12
Wie es dann halt wirklich in die Zeit passt, leicht wirklich auch Bücher verkaufen wollte.
Florian Clauß
0:35:12–0:35:17
Genau, und weil es auch eben im Titel Kinder und Hausmärchen trägt.
0:35:19–0:35:23
Ja, danke nochmal für diese Herausarbeitung der Unterschiede.
0:35:23–0:35:28
Es ist jetzt doch etwas etwas akademischer geworden, als ich jetzt so vermutet
0:35:28–0:35:31
habe. Aber zwei, du weißt, im Prinzip, es sind viele Kleinigkeiten,
0:35:31–0:35:32
die sich geändert haben.
0:35:34–0:35:41
Aber zwei Punkte, die ich auch noch mal herausheben wollte. Das eine ist eben,
0:35:41–0:35:45
dass die leibliche Mutter Schneewittchen tötet.
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Das ist, glaube ich, so ein ganz massiver Unterschied. Und das andere ist,
0:35:53–0:35:59
wie sich dieses Apfelstückchen in dem Hals von Schneewittchen löst.
0:36:00–0:36:06
In der letzten Fassung ist es so, dass einer der Diener stolpert und den Sarg
0:36:06–0:36:12
tragend und dann eben das Schneewittchen aus dem Sarg geworfen wird und dabei
0:36:12–0:36:14
sich das Stückchen löst.
0:36:14–0:36:20
Diese Fassung ist so, dass die Diener so ein bisschen geplagt werden von dem
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Prinzen, der die ganze Zeit Schneewittchen dahin getragen haben möchte, wo er ist.
0:36:25–0:36:29
Und einer von den Dienern macht halt diesen Scherz, Schneewittchen,
0:36:29–0:36:34
da wollen wir dich rumtragen und haut ihr dann so auf den Rücken und dabei löst
0:36:34–0:36:34
sich das Abbestückchen.
0:36:35–0:36:40
Eine ganz andere Motivation, aber das finde ich nochmal so, ich finde diese
0:36:40–0:36:45
erste Fassung fast besser als die letzte. So würde ich jetzt mal, was ich da kenne, ja.
0:36:46–0:36:52
Zur ersten Fassung, dass die Mutter, also dass es die leibliche Mutter ist und
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nicht die böse Stiefmutter,
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weil es gibt dann auch eine, auch von Jungen eine Deutung,
0:36:57–0:37:02
Archetyps der Stiefmutter, die dann so aufgeladen wird, die kommt dann auch
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erst später rein, mit der Implementierung, Installierung der bürgerlichen Familie,
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wo sich das auch anders auflöst und die Stiefmutter.
0:37:11–0:37:16
Als dass das Böse, das Schwarze dann so bedeckt wird,
0:37:16–0:37:22
ist das ihre leibliche Mutter und da habe ich nochmal ein bisschen geguckt,
0:37:22–0:37:29
was gibt es denn da tatsächlich für Mythen, wo die leibliche Mutter ihre Kinder
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tötet und ein bekannter,
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eine bekannte griechische Die Tragödie ist Medea, die zusammen mit Jason, Jason, Kinder hat.
0:37:43–0:37:48
Sie muss ihre Familie verlassen. Sie wird dann auch von Jason betrogen.
0:37:48–0:37:53
Und aus Rache, Eifersucht und Verzweiflung tötet sie ihre Kinder.
0:37:53–0:38:01
Also die Motivation, das krasseste Mittel, was irgendwie eine Mutter anwenden
0:38:01–0:38:05
kann, ist, ihre eigenen Kinder zu töten in dieser griechischen Tragödie.
0:38:05–0:38:09
Es ist aber irgendwie psychologisch nachvollziehbar, dass sie an so diesen Verzweiflungspunkt
0:38:09–0:38:14
kommt, wo sie ihre Kinder tötet. Es gibt eine Filmadaption mit ihr aus den 90ern,
0:38:14–0:38:18
ich weiß nicht genau von wem, die das ganz eindringlich auch schildert.
0:38:21–0:38:24
Diese Verzweiflungstat als letzte Tat, eigentlich auch gegen sich selbst gerichtet,
0:38:24–0:38:28
dann eben zu diesem Schritt zu kommen. Diese ganze Motivation finden wir überhaupt
0:38:28–0:38:30
nicht bei Schneewittchen in dieser Variante.
0:38:31–0:38:36
Schneewittchen wird geboren, dann gibt es keine Mutter-Kind-Liebebeziehung,
0:38:36–0:38:38
wird überhaupt nicht ausgewalzt.
0:38:40–0:38:44
Insofern finde ich das gar nicht mal so, wie soll ich sagen,
0:38:44–0:38:49
so rein erzähltechnisch einen großen Affront,
0:38:49–0:38:55
eine Schwiegermutter einzuführen, weil diese psychologische Bindung von Tochter
0:38:55–0:39:02
und Mutter spielt keine Rolle in der Entwicklung des Märchen.
Micz Flor
0:39:03–0:39:08
Das stimmt, aber ich denke die Bewertung des Verhaltens, Also das hast du ja
0:39:08–0:39:11
vorhin schon gesagt bei Medea und das ist ja auch bei uns.
0:39:12–0:39:18
Der Kaukasische Kreidekreis ist ja auch so ein Motiv, wo zwei Frauen behaupten,
0:39:18–0:39:20
das kleine Kind, das Baby gehört ihnen.
0:39:20–0:39:26
Und dann sagt der weise, ja, Richter nicht, aber der, der die Entscheidung finden
0:39:26–0:39:29
soll, sagt halt, okay, dann schneiden wir das einfach in der Mitte durch.
0:39:29–0:39:32
Hat jeder die Hälfte, dann ist es gerecht. Dann sagt die eine,
0:39:32–0:39:36
nein, dann soll sie das Kind haben. Dann gibt er der Mutter das Kind,
0:39:36–0:39:40
die die ist, die das Kind natürlich nicht zerteilen möchte.
0:39:42–0:39:46
Da steckt ja dann so ein bisschen drin, eben beim Medea oder Kaukasischen Kreidekreis,
0:39:46–0:39:53
dass diese Mutter natürlich alles tun wird, um ihr Kind zu schützen und zu pflegen
0:39:53–0:39:55
und zu halten und zu nähern.
0:39:55–0:39:59
Und wenn die an einen Punkt kommt, wie beim Medea, wo sie die Kinder umbringt,
0:39:59–0:40:02
dann muss da wirklich schon alles kaputt sein innerlich, seelisch.
0:40:03–0:40:10
Und wenn beim Kaukasischen Kreidekreis dem Kind Schaden angedroht wird,
0:40:10–0:40:12
dann ist es auch die Mutter, die sagt, nein, um Himmels Willen,
0:40:12–0:40:17
dann bin ich hier raus. Auf jeden Fall soll das Kind in dem Fall sogar ganz bleiben.
0:40:19–0:40:26
Und das ist dann schon ein Unterschied. Also nicht in der Entwicklung der Charaktere für das,
0:40:26–0:40:35
was sie sind, sondern für die emotionale Annahme, die man für diese Rolle dann
0:40:35–0:40:37
irgendwie hat. Da finde ich, macht schon großen Unterschied.
Florian Clauß
0:40:37–0:40:46
Das stimmt. Ein Punkt, der mir jetzt auch auffällt, ist eben diese nicht erzählte
0:40:46–0:40:50
Mutter-Kind-Liebe macht das andere Motiv sehr, sehr viel stärker,
0:40:50–0:40:50
nämlich die Eigenliebe.
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Die Eigenliebe der Mutter durch den Spiegel. Das ist so ein bisschen,
0:40:54–0:40:56
und da möchte ich jetzt aber auch tiefer einsteigen.
0:40:57–0:41:05
Ich glaube, wir können jetzt nicht in dieser Folge dann so in eine psychologischen
0:41:05–0:41:09
Interpretationsansätze gehen in dieses Märchen.
0:41:09–0:41:12
Deswegen würde ich auch jetzt vorschlagen, dass wir uns nur so die Sachen rauspicken,
0:41:12–0:41:16
die uns da irgendwo auch beschäftigen oder wo wir es zu sagen möchten,
0:41:16–0:41:22
aber eben nicht irgendwie da eine Vollständigkeit von diesen Märchen als Interpretation zu liefern.
0:41:22–0:41:25
Und eine Sache ist natürlich, die mich da total interessiert,
0:41:25–0:41:28
ist die Mediengeschichte, die jemand erzählt wird.
Micz Flor
0:41:28–0:41:29
Die Mediengeschichte?
Florian Clauß
0:41:29–0:41:32
Die Mediengeschichte wird erzählt, ja. Dann
0:41:32–0:41:38
gibt es noch eine kosmologische oder eine astronomische Komponente des Märchens
0:41:38–0:41:49
in den Figuren der Zwerge und deswegen habe ich dir das auch vorher so ein bisschen
0:41:49–0:41:51
auch erzählt oder dich gefragt,
0:41:51–0:41:57
ob du dich mit vorbereiten möchtest, nämlich dieses Motiv von Narzis,
0:41:57–0:42:02
Narzissmus, in Form des Spiegels, in Form der Mutter. Ähm...
0:42:07–0:42:11
Und es gibt dann diese mystischen, magischen Zahlen, die uns wieder begegnen,
0:42:11–0:42:16
wo wir auch das letzte Mal bei Eisenhans gesagt haben, die gibt es aber.
0:42:17–0:42:21
Das ist die 3 und die 7. Die kommen ja in ganz unterschiedlichen Varianten vor.
0:42:22–0:42:26
Und vielleicht nur das am Anfang, die Zutaten einer guten Geschichte,
0:42:26–0:42:31
das finde ich auch so ganz gut. Das habe ich, glaube ich, auf Wikipedia gelesen zu Schneewittchen.
0:42:32–0:42:38
Es sind die Wittchen, nämlich wir haben schwarz, wir haben weiß und wir haben rot.
0:42:39–0:42:45
Und was ist schwarz? Schwarz ist dann das Böse und die Dunkelheit wird repräsentiert.
0:42:47–0:42:52
Weiß ist dann auf der anderen Seite die Unschuld und die Reinheit, das es verkörpert.
0:42:53–0:42:58
Und rot ist das Leben, die Leidenschaft und aber auch die Gefahr, die symbolisiert wird.
0:42:59–0:43:04
Und eigentlich hast du da so diese drei Grundkomponenten, um irgendwie eine
0:43:04–0:43:05
gute Geschichte daraus zu stricken.
0:43:05–0:43:09
Also, wenn du dir anguckst, so Geschichten, es gibt was Böses,
0:43:09–0:43:15
es gibt was Reines, es gibt dazwischen das Leben, und diese drei Zutaten vermengen
0:43:15–0:43:18
sich, und es gibt dann eine Geschichte, die hinten rausfällt,
0:43:18–0:43:19
die wir erzählen können.
Micz Flor
0:43:19–0:43:23
Ganz kurz, eine Frage, weil bei Eisenhans war es ja so, dass es diese drei Ritter
0:43:23–0:43:25
in unterschiedlichen Farben gab.
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Ich weiß nicht mehr, was die Farben waren, aber da war ich zumindest so ein
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bisschen ratlos und dachte, na gut, das ist vielleicht einfach irgendwas aus
0:43:35–0:43:39
der Zeit der Entstehung des Märchens, was dann eine politische Bedeutung hatte oder so.
0:43:40–0:43:44
Aber waren das auch die Farben weißer Ritter, schwarzer Ritter, roter Ritter?
Florian Clauß
0:43:45–0:43:52
Ich bin mir nicht sicher, ob es ein weißer Ritter war. Das waren der Rapper,
0:43:52–0:43:56
der Schimmel, also das waren die Farben der Pferde.
0:43:57–0:44:00
Also schwarz, weiß und aber rot.
Micz Flor
0:44:00–0:44:01
Dann der Fuchs.
Florian Clauß
0:44:01–0:44:06
Fuchs, genau. Ja, doch, das waren, glaube ich, genau. Das waren die, ja, die kommen wieder.
Micz Flor
0:44:07–0:44:10
Da haben wir wieder ein Code geknackt. Wir haben ihn geknackt und wissen nicht
0:44:10–0:44:14
genau, warum. Aber wir nehmen, alles hat damit zu tun, dass alles da ist.
0:44:14–0:44:17
Da ist das Böse, das Unschuldige und das leidenschaftlich Blutig.
Florian Clauß
0:44:21–0:44:27
Und dann zu der Zahl sieben, also in dem Zusammenhang die sieben Zwerge,
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es gibt dann die sieben Berge, also hinter den sieben Bergen,
0:44:32–0:44:37
wo die sieben Zwerge, das ist ja quasi eine Raumzeitbeschreibung.
0:44:39–0:44:42
Also es ist hinter den Bergen, sieben Berge, sieben Gebirge,
0:44:42–0:44:47
weil ja auch so das hessische Siebengebirge ist damit auch so vielleicht gemeint,
0:44:47–0:44:51
also das ist ja nicht so klar, du hast ja schon gesagt, Es kommt aus verschiedenen
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Teilen von Europa, die dann zusammengezogen werden.
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Aber es war so ein bisschen Siebengebirge, könnte man meinen,
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dann Siebenzwerge und so weiter.
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Aber die Zahl Sieben hat in dem Zeitalter, also so in der ersten Hälfte des 19.
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Jahrhunderts, dann natürlich eine kosmologische Entsprechung.
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Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet?
Micz Flor
0:45:14–0:45:15
Die sieben.
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Vielleicht hat man damals sieben der Planeten gefunden gehabt?
Florian Clauß
0:45:23–0:45:25
Richtig, genau. Es beschreibt die Ekliptik.
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Die Ekliptik, und zwar werden die Gestirne oder die Himmelskörper,
0:45:34–0:45:36
Mond und Sonne mit einberechnet.
0:45:38–0:45:41
Aber wir haben Mars, Venus, Jupiter, Saturn und Merkur.
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Und diese sieben Planeten stehen auch immer für die einzelnen Wochentage.
0:45:55–0:45:56
Das ist ja auch so.
0:45:59–0:46:04
Tage und so in der in dem Interpretations also ganz viel Märchen haben auch
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immer wieder so eine astronomische Bedeutung.
0:46:08–0:46:14
Da werden bestimmte Konstellationen werden beschrieben, die auch so ein Allgemeinwissen
0:46:14–0:46:17
waren, die immer wieder vorkommen in der Konstellation.
Micz Flor
0:46:18–0:46:21
Was du gesagt hast natürlich auch interessant vor dem Hintergrund,
0:46:21–0:46:26
dass wenn man diese Jungsche Idee von Da öffnet sich was in so eine Art von
0:46:26–0:46:31
fast schon metamenschlichem, archetypischem Gesamt.
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Nicht nur Wissen, sondern Sein.
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Wenn das Sieben wirklich mit diesen Gestirnen zu tun hat und wenn natürlich
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dann noch manche gar nicht entdeckt waren, dass es weder die technischen Mittel
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gab, noch das Verständnis, wo gucken wir denn jetzt noch hin.
0:46:49–0:46:53
Dann könnte man ja sagen, okay, das Mädchensnewittchen, das Märchensnewittchen
0:46:53–0:46:58
muss irgendwie zumindest umgeschrieben worden sein.
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Alles, was die Zahl 7 hat im Märchen, muss irgendwie in der Form entstanden
0:47:02–0:47:08
sein, nachdem man mit unserem Erdentrabanten noch sechs weitere Himmelskörper
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in unserem Sonnensystem entdeckt hat.
Florian Clauß
0:47:09–0:47:12
Ja, vielleicht. Ja, also vielleicht ist das dann so.
0:47:13–0:47:17
Es ist auf jeden Fall, ich glaube, es ist auch ein ganz altes Wissen.
0:47:17–0:47:21
Also ich glaube, das Wissen geht auch so mit der Selbsthaftigkeit und mit dem
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Getreideanbau und so weiter einher.
0:47:26–0:47:32
Dass du dann natürlich viel mehr auf den Himmel achten musst,
0:47:32–0:47:37
um zu gucken, die Jahreszeiten, um bestimmte Abfolgen auch identifizieren zu können.
0:47:38–0:47:43
Und diese Ekliptik, die Ekliptik ist ja das, was sich so in einem scheinbar statischen Universum,
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Von wegen, die Sterne ändern sich ja jetzt nur nach Position der Erde,
0:47:47–0:47:50
aber in dem statischen Universum ist die Ekliptik,
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also die Ekliptik ist quasi die Achse im Himmel,
0:47:54–0:48:01
wo die Sonne langläuft und mit der Sonne, weil sich ja das ganze planetare System
0:48:01–0:48:05
ja in einer Scheibe bewegt, mit wenig Abweichung auch die ganzen Planeten mit langlaufen.
0:48:08–0:48:14
Das heißt, wenn wir jetzt in der Himmelsnacht einen Planeten wie Venus,
0:48:14–0:48:18
was auch gerade wieder hell leuchtet, beobachten, dann wissen wir,
0:48:18–0:48:20
da läuft auch die Sonne und der Mond lang.
0:48:22–0:48:25
Und das ist so eine gewisse, es gibt so eine Zeittaktung.
Micz Flor
0:48:25–0:48:27
Ist unser Mond auch in dieser Ebene?
Florian Clauß
0:48:27–0:48:31
Ja, der ist auch in der Ebene, aber wie gesagt mit etwas Abweichung,
0:48:31–0:48:35
aber weil natürlich eine gebundene Rotation um die Erde, der dann auch in dieser Ebene läuft.
Micz Flor
0:48:36–0:48:43
Aber bei Uranus ist es doch so, dass die Monde nicht in der gleichen Ebene kreisen, oder?
Florian Clauß
0:48:43–0:48:46
Ja, weil Uranus, glaube ich, auch gegen seine eigene Achse rollt.
0:48:46–0:48:50
Also da gibt es wahrscheinlich irgendwie so... Also der dreht sich nicht um
0:48:50–0:48:53
sich selbst, sondern der rollt quasi auf seiner Bahn. Und da muss irgendein
0:48:53–0:48:56
Ereignis stattgefunden haben, das ihn total durcheinandergeworfen hat.
0:48:57–0:49:00
Deswegen weicht der so ein bisschen ab in der... Aber wie gesagt,
0:49:00–0:49:04
das ist jetzt kein Maßstab Getreues.
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Also es gibt Varianten eben durch gewisse Abweichungen in den Ellipsen der einzelnen Planetenbahnen.
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Damit wird eben eine Zeittaktung beschrieben. Und das Repetitive,
0:49:19–0:49:23
was die Zwerge dann auch so durchmachen, wer hat von meinem Tellerchen gegessen?
0:49:24–0:49:28
Das ist ja quasi die Abfolge der Wochentage. Deswegen wird das auch so ein bisschen
0:49:28–0:49:31
nervig, weil jeder Zwerg irgendwie was sagt.
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Aber es geht, glaube ich, ganz klar darum, um so ein Ordnungssystem herzustellen,
0:49:37–0:49:42
was jetzt einmal eine Universumskonstante ist.
0:49:43–0:49:49
Und in dieser Interpretation von der kosmologischen Ansicht ist dann Schneewittchen die Erde.
0:49:50–0:49:56
Und dann haben wir wieder so diese Grundkonstellationen von Universum irgendwo
0:49:56–0:49:58
in dieser Geschichte abgebildet.
0:49:59–0:50:02
In dieser Beziehung von Schneewittchen zu den sieben Zwergen.
0:50:04–0:50:10
Also diese Konstellation, dieser Rhythmus, dieses Zusammenwirken ist so festgeschrieben,
0:50:10–0:50:14
dass jetzt nichts von außen diese Ordnung stören darf.
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Also ein bisschen wie bei Oppenheimer, was wir auch gesagt haben.
0:50:18–0:50:25
Diese Krishna Geschichte, also diese indische, war das Krishna? Wie heißt es nochmal?
Micz Flor
0:50:25–0:50:26
Shiva war das, glaube ich.
Florian Clauß
0:50:26–0:50:32
Shiva, genau. Shiva, die Zerstörerin und die Gebärerin, also die dann auch dafür
0:50:32–0:50:38
zuständig ist, eben diesen Kosmos in der Struktur auch beherrschen zu können,
0:50:38–0:50:41
also zu zerstören und aber auch zu erschaffen.
0:50:41–0:50:44
Das ist ja so dieses ... Und da ist diese ...
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Diese, die Mutter als diejenigen, die sie diese göttliche Ordnung irgendwo auch
0:50:51–0:50:55
zerstören kann, diese Verbindung, dieses ...
0:50:56–0:51:00
Spielt da diese Rolle, ne? Sie kommt dann immer wieder rein und versucht,
0:51:00–0:51:03
Schneewittchen, also die Erde, aus der Bahn zu werfen.
Micz Flor
0:51:03–0:51:04
Ah, okay.
Florian Clauß
0:51:04–0:51:08
Und dann kommen halt die ganzen anderen und bauen sie wieder auf, so düt-düt-düt-düt.
0:51:10–0:51:17
Also jetzt mal so ganz frei assoziiert, aber das steckt da auch mit drin,
0:51:17–0:51:19
möchte man interpretieren.
Micz Flor
0:51:21–0:51:23
Naja, ist spannend, weil das ja wirklich dann um die...
0:51:23–0:51:27
Also was ich nämlich gerade noch gedacht habe, ist mit dem,
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was ich aus dieser Doktorarbeit genommen habe,
0:51:30–0:51:36
die Rolle von Schneewittchen, die dann immer bürgerlicher wurde,
0:51:36–0:51:42
quasi keusch und brav und so, dass das in die Geschichte hineingeschrieben wurde.
0:51:43–0:51:46
Und als er das mit den Wochentagen erzählt, das dachte ich, ach,
0:51:46–0:51:50
sehr interessant. Und das Märchen selbst hat dann auch noch einen didaktischen
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Wert, dass die Kinder die Wochentage lernen.
0:51:53–0:51:59
Auf zwei Ebenen. Im Märchen drin lernt man durch Beobachtungslernen,
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wie man sich zu verhalten hat.
0:52:01–0:52:04
Und wenn man das Märchen immer wieder hört, irgendwann verbindet man mit dem
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Gäbelchen, mit dem Tellerchen, so für die einzelnen Wochentage.
Florian Clauß
0:52:07–0:52:10
Richtig. Ja, ja, nee, doch, durchaus. Diese Komponente ist da auch mit drin.
0:52:10–0:52:14
Würde ich jetzt nicht abstreiten. ein bisschen so ein...
0:52:15–0:52:19
Der mich da irgendwie so ein bisschen angefixt hat. Die andere Geschichte,
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was ich schon gesagt habe, ist die Mediengeschichte.
0:52:22–0:52:26
Mediengeschichte haben wir da mit konnotiert, nämlich der Spiegel.
0:52:28–0:52:34
Der Spiegel an der Wand. Und da möchte ich auch nochmal ein bisschen ausholen
0:52:34–0:52:41
und wieder auf eine Folge von Geschichten aus der Geschichte referenzieren oder nennen.
0:52:42–0:52:45
Ja, das ist nämlich die Folge über die Geschichte des Spiegels,
0:52:45–0:52:50
also eine Kulturgeschichte, die sehr spannend ist.
0:52:51–0:52:54
Ganz kurz zusammengefasst, also Spiegel waren in der Geschichte,
0:52:54–0:53:01
wenn man jetzt auch vor der Zeitenwende schaut, dann eher immer so eine königliche Geschichte, d.h.
0:53:04–0:53:06
Die Herrscher, also auch die Pharaonen jetzt im alten Ägypten,
0:53:06–0:53:11
hatten dann auch die entsprechenden Mittel, um sich dann als spiegelndes Material
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zu beschaffen und sich dann auch anzugucken.
0:53:13–0:53:18
Also dieser Spiegel als Relikt taucht immer wieder in der Geschichte auf,
0:53:18–0:53:19
in irgendwelchen Bildern.
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Bis dann tatsächlich so eine.
0:53:31–0:53:33
Größerflächige Spiegelproduktion dann tatsächlich passieren konnte,
0:53:33–0:53:36
musste auch erstmal entsprechend die Industrie und so weiter aufgebaut werden.
0:53:37–0:53:39
Und das war dann so im Mittelalter, hat sich das so formiert.
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Also das Wissen, wie man Spiegelflächen gewinnen kann, wie Glas gewonnen wird
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und so weiter, das war vor allen Dingen in Wedelig dann verbreitet.
0:53:50–0:53:55
Und ja, zu Zeit des... Also früher gab es halt immer so kleinere Spiegel.
0:53:55–0:54:00
Und dann irgendwann kamen halt diese großen Spiegel auf, wo man sich dann in
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der kompletten Gestalt sehen konnte.
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Und das war natürlich für den Abel, für die Astrokratie und für die Königs-
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und Kaiserfamilien war das natürlich sehr reizvoll, weil man sich dann halt
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quasi so als Hofstaat spiegeln konnte in der Ganzkörpergestalt.
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Und das war mit Ludwig XIV., der dann in Versailles zum Beispiel auch so den
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größten Spiegelsaal errichtet hat.
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Das war so eine Modeerscheinung, die dann in allen möglichen Höfen kopiert wurde.
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Und weil die Spiegel sehr teuer waren, gab es dann auch eben so eine Spionage,
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das erzählt Geschichten aus der Geschichte, wie dann eben diese Produktion dieser
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Spiegel verläuft, weil die mussten alles quasi aus Italien einkaufen und irgendwann
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haben die Franzosen ihre eigene Spiegelproduktion aufgebaut.
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So, aber das ist natürlich, was du sagst, dieses...
0:54:50–0:54:54
Bild der Gesellschaft, die sich dann in den Spiegel wiederfindet,
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die sich auch irgendwie manifestiert durch den Spiegel.
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Der Spiegel ermöglicht auf der einen Seite eine Selbstreflektion,
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sich selber zu schauen, auf der anderen Seite aber auch die Möglichkeit,
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und da haben wir diesen Mythos des Nazis, diese Eigenliebe zu entwickeln.
0:55:11–0:55:16
Also das heißt, es hat dann auch immer eine autoerotische Komponente,
0:55:16–0:55:18
in einer psychologischen Erklärung.
0:55:20–0:55:23
Vielleicht kannst du da noch mal einsteigen und da weitermachen.
Micz Flor
0:55:24–0:55:25
Ja, also der ...
0:55:28–0:55:33
Dieses Wort Narziss, das ist ein Narziss, das ist jetzt so ein bisschen ...
0:55:34–0:55:37
Sehr weit verbreitet, ne? Das ist jetzt quasi, da steht meistens dafür,
0:55:37–0:55:42
so die Narzissen, die sind nicht wirklich beziehungsfähig,
0:55:42–0:55:45
nicht wirklich liebesfähig, die sind zwar charmant und smart,
0:55:45–0:55:49
aber die sind irgendwie auch kalt, also das sind so Sachen,
0:55:49–0:55:52
die ähnlich wie Traumatisierungen, mein Gott,
0:55:52–0:55:56
ich bin traumatisiert von meinem Twitter-Account oder sowas,
0:55:56–0:55:59
oder von dem, was da gerade mit Twitter passiert, das sind alles so Sachen,
0:55:59–0:56:07
die eben aus einer psychiatrischen, ich möchte nicht sagen medizinischen,
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aber es sind halt so Worte, die jetzt auch dann,
0:56:09–0:56:14
weithin genutzt werden, in einer Form, die nicht unbedingt dem entspricht,
0:56:14–0:56:18
was da auf einer klinischen Ebene zugesagt wird.
0:56:20–0:56:26
Das Urbild, wie du schon gesagt hast, Narcissus ist eben ein ein Jüngling,
0:56:26–0:56:32
der das Spiegelbild im Wasser entdeckt und sich dann so da hineinverliebt ist von sich selbst.
Florian Clauß
0:56:32–0:56:35
Also es ist sehr populär wissenschaftlich geprägt. Also ich glaube,
0:56:35–0:56:42
das, was dann tatsächlich in diesem klinischen Kontext verwendet wird,
0:56:42–0:56:43
ist nochmal eine andere Bedeutung.
0:56:43–0:56:50
Jeder meint irgendwie, dieses Wort Narzisst so verwenden zu können in der Bedeutung,
0:56:50–0:56:53
ja. Aber das ist, glaube ich, auch eben sehr populär wissenschaftlich.
Micz Flor
0:56:53–0:57:01
Ja, also man könnte vielleicht auch so, man würde vielleicht von drei Typen sprechen.
0:57:01–0:57:04
Das eine ist dann eben dieser exaltierte Narzisst,
0:57:04–0:57:07
der auch gemeinhin eben in Beziehung
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als der gesehen wird der halt ja der
0:57:11–0:57:18
dann irgendwie hinter der Fassade doch gefühlskalt ist der entweder hochnäsig
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ist oder einfach nur wirklich arrogant der sich selbst sehr hoch einschätzt
0:57:22–0:57:26
und der andere sehr niedermachen kann der trotzdem charismatisch und erfolgreich
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ist das zweite wäre dann das Gegenteil was dann so ich wollte sagen Volksmut,
0:57:31–0:57:34
weil wir bei Märchen sind, aber was so allgemein gar nicht so richtig gesehen
0:57:34–0:57:36
wird, Das ist eher als Depression.
0:57:39–0:57:45
Besprochen, wenn man so in der Populärliteratur rumguckt, das ist die Gegenseite
0:57:45–0:57:49
der gleichen narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder Persönlichkeitsorganisation.
0:57:50–0:57:54
Dass nämlich diese Überhöhung auch sehr schnell mal ins Gegenteil umschlagen
0:57:54–0:57:57
kann. Wenn man dann narzisstisch gekränkt wird, wie man sagt,
0:57:57–0:58:01
dann kann es auch ... Getränkt. Getränkt, ja.
0:58:02–0:58:07
Dann ist man schnell auch an einem Punkt, wo man wirklich dann wie so ein Soufflé
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in sich zusammenfällt und sagt, ach, das ist doch alles scheiße,
0:58:09–0:58:13
ist doch gar nichts wert, ich kann nichts. Also wo man das Gegenteil irgendwie macht.
0:58:14–0:58:18
Und es gibt ja in der psychodynamischen, therapeutischen Arbeit auch dieses
0:58:18–0:58:19
Konzept der Gegenübertragung.
0:58:20–0:58:24
Also dass du im Kontakt mit Menschen, die Hilfe suchen, die zu dir kommen,
0:58:24–0:58:29
dass du auch natürlich selber diesen Kontakt erlebst und diesen Kontakt natürlich
0:58:29–0:58:31
auch mitlebst. Natürlich auf eine andere Art.
0:58:33–0:58:36
Aber was dann gerade bei narzisstischen Störungen oft auch kommt,
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ist, dass man diagnostisch nutzen kann, dass wenn man als Therapeut oder Therapeutin merkt,
0:58:41–0:58:45
ich habe das Gefühl, ich muss hier richtig was leisten,
0:58:45–0:58:49
dann ist das vielleicht sogar diagnostisch wertvoll, nochmal nachzugucken,
0:58:49–0:58:56
kann es sich da um eine narzisstische Persönlichkeitsstörung handeln oder Persönlichkeitsstruktur
0:58:56–0:58:58
handeln, weil das passiert dann oft.
0:58:58–0:59:01
Also wenn da jemand dir gegenüber sitzt, der immer nur das Beste hat,
0:59:01–0:59:04
besten Personal Trainer, das beste Auto und jetzt auch so froh ist,
0:59:04–0:59:08
dass er den besten Therapeuten gefunden hat, das setzt einen schon unter Druck.
0:59:09–0:59:12
Und die Leute lassen dann angeblich einen auch genauso schnell fallen,
0:59:12–0:59:14
stoßen einen vom Sockel, ja, entwerten.
0:59:16–0:59:20
Und das ist aber auch was, was man in der Gegenübertragung auch schon selber erleben kann,
0:59:20–0:59:23
dass man dieser Person gegenüber vor allem das Gefühl hat,
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komisch, ich hatte vorhin zwei Sitzungen, ich habe nachher noch zwei Sitzungen,
0:59:26–0:59:29
da weiß ich, dass es anders ist, aber jetzt gerade habe Gefühl,
0:59:29–0:59:33
mir fällt nichts ein, mein Mund ist trocken, ich kann nix, was mache ich hier
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eigentlich, jetzt fliegt alles auf, ich bin doch nur...
0:59:36–0:59:40
Das sind dann auch in der Gegenübertragung Dinge, die vielleicht...
0:59:42–0:59:49
Auch in der Aufrichterhaltung dieser auratischen Person, die einem gegenüber
0:59:49–0:59:53
sitzt, unbewusst oder vorbewusst sind.
0:59:55–0:59:59
Also die Person kommt natürlich auch nur in eine Behandlung,
0:59:59–1:00:02
wenn sie, wenn andere Leute Probleme haben.
1:00:02–1:00:07
Wenn die Frau irgendwie oder der Mann oder der Chef oder die Chefin oder die Kinder,
1:00:07–1:00:14
also irgendwas stellt diese narzisstische Persönlichkeitsorganisation auf die
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Probe und dann entstehen Probleme, die aber natürlich erst im Selbstschutz nach
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außen projiziert werden, weil man selber ist ja so großartig.
1:00:24–1:00:31
In der Psychodynamik ist so, dass der Begriff des Narziss eigentlich über so
1:00:31–1:00:37
pathologische Sexualverhalten im späten 19.
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Jahrhundert in die Psychiatrie reinkam. Da gab es einen deutschen Arzt,
1:00:43–1:00:45
der diesen Begriff aus dem Englischen übernommen hat.
1:00:45–1:00:50
Da hieß es Narcissus-like, also so ähnlich wie Narcissus. Der hat einfach Narzisst
1:00:50–1:00:55
dann gesagt im Deutschen. Und da ging es um, du hast es ja schon angesprochen,
1:00:55–1:00:57
Autoerotik, da ging es um Masturbation.
1:00:58–1:01:04
Und das war klinisch auffallend, das war pathologisch, das war ungesund und.
1:01:09–1:01:12
Zysmus hatte darüber eine Öffnung in die Psychodynamik.
1:01:14–1:01:18
Denn als Freud dann kam und sich natürlich auch mit Sexualentwicklung sehr beschäftigt hat,
1:01:18–1:01:23
weil er hat ja viel eben über diese Triebe und das Verdrängen von Trieben,
1:01:23–1:01:30
das war ja so diese Art, wie er versucht hat, den Leib komplett zu beschreiben,
1:01:30–1:01:33
sowohl auf geistiger als auch auf körperlicher Ebene.
1:01:33–1:01:38
Und da war es so, dass in dieser ersten Entwicklungsphase, nämlich der oralen Phase,
1:01:38–1:01:42
das Kind direkt nach der Geburt einfach sehr, sehr libidinös,
1:01:42–1:01:50
also sehr ungehemmt, sehr autoerotisch auch ist und einfach alles lutscht,
1:01:50–1:01:52
sich selbst lutscht, anfasst.
1:01:52–1:01:58
Also da ist halt diese Idee von Autoerotik völlig gesund.
1:01:59–1:02:01
Freud spricht deshalb von einem primären Narzissmus.
1:02:02–1:02:06
Der hat dann eben gesagt, nee, das Autoerotische ist nicht pathologisch,
1:02:06–1:02:13
sondern es ist ein früher notwendiger Abschnitt, durch den man quasi,
1:02:13–1:02:15
in Anführungszeichen, durch muss.
1:02:15–1:02:20
Und später gibt es dann sekulären Narzissmus, das sind dann erwachsene Menschen,
1:02:20–1:02:24
die aus welchem Grund auch immer, so richtige Gründe benennt er dafür nicht,
1:02:24–1:02:35
sind diese Narzissen nicht in der Lage, ihre Libido auf- oder quasi von sich abzuziehen.
1:02:36–1:02:39
Ihre Libido, diese Selbstliebe, was du auch gesagt hast als Stichwort,
1:02:39–1:02:42
das klebt alles an denen dran.
1:02:43–1:02:48
Während die Psychoanalyse in der frühen Form, Freud selbst gesagt hat,
1:02:48–1:02:51
wir können mit diesen Narzissten, können wir gar nicht arbeiten,
1:02:51–1:02:53
weil die sind so bei sich selber,
1:02:53–1:02:59
die schaffen das gar nicht, dieses Gegenüber-System zu öffnen oder geschweige denn,
1:02:59–1:03:03
die anderen eigene Libido da drauf zu legen,
1:03:03–1:03:10
da drauf zu werfen, da dran zu kleben und deshalb können wir in der Psychoanalyse
1:03:10–1:03:15
auch in der Zusammenarbeit keine Übertragungsneurose herstellen.
1:03:15–1:03:19
Und diese Übertragungsneurose war quasi die Grundlage der frühen psychoanalytischen Arbeit,
1:03:19–1:03:22
das war die Hypothese, dass in der
1:03:22–1:03:26
Übertragungsneurose diese ganzen Beziehungsthematiken wieder auftauchen,
1:03:26–1:03:30
die zu intrapsychischen, bei Freuden auch intrapsychischen Problemen führten
1:03:30–1:03:34
und die lösen sich dann auf, wenn man eine korrigierende emotionale Erfahrung
1:03:34–1:03:36
in der übertragenen Narrose machen kann.
1:03:37–1:03:40
Narzissten konnten sich diesem Gegenüber nicht öffnen und deshalb hat...
1:03:43–1:03:46
Gesagt, dass die Leute einfach für die Psychoanalyse nicht erreichbar sind.
Florian Clauß
1:03:47–1:03:53
Im Prinzip dann auch eine Art von jetzt nicht jetzt eine krankhafte Bezeichnung
1:03:53–1:03:58
auch, aber vor allen Dingen auch, um eine Arbeitsgrundlage zu bekommen,
1:03:58–1:04:01
ja, so eine gewisse Kategorisierung von Patienten.
Micz Flor
1:04:01–1:04:05
Ja, das war eine Trennung. Wir sprechen ja heute auch noch von Borderline.
1:04:06–1:04:10
Es gibt jetzt in diesem, das hat sich ja schon neulich angedeutet,
1:04:10–1:04:15
da habe ich eine Gestalttherapie 2,
1:04:15–1:04:21
der ICD-10 als Kategorien-System, in dem eben Pathologien drin sind und da gibt
1:04:21–1:04:24
es auch Persönlichkeitsstörungen und das wurde jetzt bei dem ICD-11,
1:04:24–1:04:29
der offiziell seit letztem Jahr 2022 schon gilt, aber den noch nicht wirklich
1:04:29–1:04:36
Anwendung findet, da wurden eigentlich diese Persönlichkeitsstörungen als solche
1:04:36–1:04:39
abgeschafft, bis auf Borderline.
1:04:39–1:04:43
Dann hat man beibehalten, weil das wirklich so sehr, sehr, sehr stark beforscht
1:04:43–1:04:47
wurde und weil es da auch viel Evidenzstudien für bestimmte Behandlungsansätze
1:04:47–1:04:54
gibt, die dann eben auch weiterhin verfügbar sein sollten für Patienten mit genau dieser Störung.
1:04:54–1:04:57
Und diese Störung, das habe ich ja auch schon bei Encanto gesagt,
1:04:57–1:05:01
ist halt eben diese Einteilung neurotisch auf der einen Seite,
1:05:01–1:05:06
das kann man psychoanalytisch behandeln, psychotisch auf der ganz anderen Seite,
1:05:06–1:05:09
das sind diese drei Töchter gewesen in Encanto, auf der ersten Ebene.
1:05:10–1:05:14
Und in der Mitte Borderline, das sind Menschen,
1:05:14–1:05:18
die noch einen Realitätsbezug haben,
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die Impulskontrollstörungen haben, die sich symptomatisch dadurch auszeichnen,
1:05:23–1:05:27
dass sie intensive Beziehungen führen, dass diese Beziehungen aber oft nicht
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sehr lange dauern oder immer wieder auch von großen Krisen geprägt sind.
1:05:33–1:05:39
Und dieses Borderline ist quasi der Schritt ins Psychotische, dieser Durchgang.
1:05:40–1:05:46
Und für die Königin oder die Stiefmutter jetzt bei Schneewittchen,
1:05:46–1:05:48
Schneewittchen oder Schneeweißchen.
Florian Clauß
1:05:52–1:05:55
Schneeweißchen, ja, Schneeweißchen ist auch eine Form.
Micz Flor
1:05:56–1:06:01
Da wäre natürlich dann die Königin über den Spiegel,
1:06:01–1:06:05
in so einer narzisstischen Persönlichkeitsstruktur,
1:06:05–1:06:13
der Persönlichkeitsstörung, dass die selbst ihre eigene Tochter eher auffressen würde,
1:06:13–1:06:22
als zulassen kann, dass sie diese Beziehung irgendwie erlebt, sich dem öffnet oder so.
1:06:22–1:06:24
Das ist schlecht ausgedrückt. Aber die ist quasi am Spiegel.
1:06:25–1:06:28
Das ist das Bild dafür, dass sie bei sich selber bleibt.
Florian Clauß
1:06:28–1:06:32
Das heißt, du würdest ihr auch da tatsächlich so eine narzisstische Störung attestieren?
Micz Flor
1:06:34–1:06:40
Ja, das ist dann wieder eine Interpretationsfrage. Okay. Weil der Spiegel wird dann ...
1:06:41–1:06:44
Psychodynamisch gibt's zwei Deutungen für den Spiegel. Was du jetzt sagst,
1:06:44–1:06:48
ist halt so, in diesem klassischen Bild von Narcissus ist die mit ihrem eigenen
1:06:48–1:06:49
Spiegelbild beschäftigt.
1:06:50–1:06:53
Und wenn man dann noch anguckt, was kriegt die denn auf die Rolle,
1:06:53–1:07:01
dann legt die alles daran, ihre Tochter umzubringen, weil die Tochter ihre Grandiosität,
1:07:01–1:07:04
ihre Schönheit in Frage stellt, oder sie übertrumpfen könnte.
1:07:05–1:07:09
Und das löst in der Mutter einfach etwas aus, wo es ihr lieber ist,
1:07:09–1:07:15
die Tochter umbringen zu lassen und aufzufressen, als dass sie mit dieser Veränderung
1:07:15–1:07:18
und auch dem eigenen Werdegang, dem eigenen Leben umgeht.
1:07:18–1:07:22
Es ist also eine ganz, ganz große, ganz tiefgehende Krise, die bei ihr wirklich
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Unmenschliches auslösen kann.
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Das ist dann ein bisschen eben auch das, was man auch so gemeinhin in den sozialen
1:07:29–1:07:32
Medien als Narzissist irgendwie beschreibt.
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Menschen, die halt von jetzt auf gleich irgendwie unberechenbar reagieren und
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bei der geringsten Kritik Kritik dann irgendwie gleich zu tun.
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Und um sich schlagen mit Wörtern oder auch echt. Also das wäre diese ganz konkrete Deutung.
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Weil man den Spiegel wirklich wie bei Narzissus sieht, als diese Wasseroberfläche.
1:07:54–1:07:58
Es gibt halt diese beiden anderen. Das eine, hab ich ja schon gesagt, ist der Vater.
1:07:59–1:08:04
Ähm ... Ich glaub, der hieß Daf, das ist auch so eine psychoanalytische Deutung.
1:08:04–1:08:08
Die ziemlich extrem ist, der Spiegel ist der Vater.
1:08:08–1:08:12
Und da musste ich dann so ein bisschen schmunzeln, als du vorhin vorgelesen
1:08:12–1:08:17
hast, eines der Märchen der gleichen Kategorie ist auch das Märchen vom Vater.
1:08:17–1:08:21
Ich fand es halt so ein bisschen absurd,
1:08:21–1:08:24
dass es ein Märchen jetzt auf einer symbolischen Ebene sein kann,
1:08:24–1:08:28
dass der Spiegel der Vater ist und der Vater dann seiner Frau sagt,
1:08:28–1:08:33
also jetzt finde ich deine Tochter, also wirklich gerade irgendwie sieht die attraktiver aus als du.
1:08:33–1:08:36
Aus als du. Das ist eine ganz komische Familie, die da auch entsteht.
1:08:38–1:08:42
Aber es bleibt plausibel. Also irgendwie kann man da mit der Deutung was anfangen.
1:08:42–1:08:46
Und die andere Deutung, das ist eben die von Bettelheim, der sagt,
1:08:46–1:08:50
der Spiegel, das ist die Tochter. Also das Märchen wird quasi erzählt von der Tochter.
1:08:50–1:08:55
Und gerade als Beweis führt auch an, dass der Spiegel, glaube ich,
1:08:55–1:08:59
beim zweiten Mal irgendwie so was sagt, ja, die ist tausendmal schöner als du.
1:09:00–1:09:04
Und das ist dann irgendwie wie so ein pubertierendes Mädchentalk,
1:09:04–1:09:08
so meint er. Das ist dann quasi nochmal ein Hinweis, dass dieser Spiegel eigentlich
1:09:08–1:09:10
die Tochter ist, die Stimme der Tochter.
Florian Clauß
1:09:10–1:09:18
Und kann man jetzt, wenn Freud dann sagt, dass in einer gewissen Phase normal
1:09:18–1:09:21
ist, dass das so ein Ich-Bezug da ist, ja?
1:09:22–1:09:26
Kann man sagen, dass die Mutter in dieser Phase dass er irgendwie hängen geblieben ist.
Micz Flor
1:09:29–1:09:33
Also, wenn du eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hast,
1:09:33–1:09:35
da geht man eigentlich ...
1:09:38–1:09:43
Im Psychodynamischen immer davon aus, dass es sich um eine frühkindliche und
1:09:43–1:09:44
eine Bindungsstörung handelt.
1:09:44–1:09:49
Das heißt, du hast eine primäre Bezugsperson, meistens die Mutter,
1:09:49–1:09:54
die kalt, abweisend, aggressiv oder so ...
1:09:55–1:09:57
Vielleicht unberechenbar auch irgendwie war.
1:09:58–1:10:09
Und als Schutzfunktion hat das Kind dann entweder diese Überhöhung schon mitentwickelt
1:10:09–1:10:13
als Schutz oder eben aber auch eine depressive Akzeptanz der Situation.
1:10:14–1:10:17
Aber man geht dann davon aus, dass die Königin, um das zu übertragen,
1:10:17–1:10:23
dass die selber als sehr frühes Kind, also diese orale Phase,
1:10:23–1:10:26
in der das passieren würde, ist so von 0 bis erstes Lebensjahr.
1:10:26–1:10:33
Dass das die Zeit ist, in der sie auf der Bindungsebene zu ihrem primären Bezugsperson,
1:10:33–1:10:39
Personen, einfach keine angemessene Spiegelung,
1:10:39–1:10:49
Annahme, keine Emotionalität erlebt hat, sondern im Prinzip in einer kalten,
1:10:49–1:10:53
abgegrenzten, gespaltenen vielleicht sogar Beziehung war.
Florian Clauß
1:10:53–1:11:02
Ja. Aber dieses äh diese Erfahrung scheint sie ja dann nicht auch Schneewittchen erleben zu lassen,
1:11:02–1:11:10
weil Schneewittchen scheint ja erst mal so als ein normales Kind dann auch zu zu wirkt ja dann so.
Micz Flor
1:11:10–1:11:14
Ja, das ist dann eben auch wieder diese Frage von diesem Umschreiben,
1:11:14–1:11:18
das hat ihr vorhin gesagt, das hat die Mutter in deiner Version,
1:11:18–1:11:23
dann wird's die Stiefmutter und ich Ich frage mich dann, warum wurde aus der
1:11:23–1:11:24
Mutter die Stiefmutter?
1:11:24–1:11:28
Wurde die Stiefmutter da raus, weil dann zum Beispiel diese Mutter-Tochter-Beziehung
1:11:28–1:11:31
ein bisschen entschärft wird, die Dramatik?
1:11:32–1:11:36
Oder vielleicht sogar wirklich, weil das Kannibalistische dann auch so ein bisschen
1:11:36–1:11:39
entschärft wird? Vielleicht war es einfach zu krass, wenn die Mutter ihr Kind ist?
1:11:40–1:11:44
Vielleicht war es besser, wenn die Stiefmutter das Kind ist?
1:11:44–1:11:48
Irgendwie konnte man das vielleicht eher zulassen, ne? Das konnte man eher weitererzählen.
1:11:50–1:11:58
Aber diese Weitergabe, ich habe in der Vorbereitung auch noch mal so ein bisschen versucht,
1:11:58–1:12:02
deshalb hier die Europa-Märchen-Sache, ich habe es mir nicht noch mal angehört,
1:12:02–1:12:05
aber ich habe noch mal versucht, wie war das denn damals, was habe ich denn
1:12:05–1:12:06
da so erlebt, wenn ich das gehört habe.
1:12:07–1:12:12
Weil natürlich alle Interpretationen, ob jetzt kosmologisch oder psychodynamisch,
1:12:12–1:12:14
leben auch von der Plausibilität.
1:12:15–1:12:19
Und die Plausibilität ist ja dann immer auch zeitgeistig eingepackt,
1:12:19–1:12:22
kulturell eingepackt, passt das bei uns oder nicht?
1:12:23–1:12:30
Und da war das so, ich habe das wirklich vor meiner sexuellen Aufklärung,
1:12:30–1:12:33
vielleicht sogar vor der Grundschule, der ersten Grundschule,
1:12:33–1:12:38
da habe ich das gehört, da habe ich mich mit den Märchen so auf der Schallplatte beschäftigt.
1:12:38–1:12:42
Und ich weiß noch, dass die Tatsache, dass Schneewittchen bei den sieben Zwergen
1:12:42–1:12:45
ist, irgendwas daran war mir so ein bisschen mulmig.
1:12:45–1:12:49
Also das war wirklich, ich würde jetzt nicht sagen, es war sexuell aufgeladen,
1:12:49–1:12:54
aber es geht irgendwie in die Richtung. Ich hatte so das Gefühl, das ist aber komisch.
1:12:58–1:13:01
Also deshalb finde ich, das fand ich so ganz interessant, weil wenn man jetzt
1:13:01–1:13:03
zu viel reindeutet, dann verliert man das vielleicht auch wieder,
1:13:03–1:13:08
dass man dann wirklich nur auf so eine Ratio-Ebene geht und das deutet und dann
1:13:08–1:13:09
immer Anknüpfungspunkte findet.
1:13:11–1:13:15
Und ich schon, ich weiß nicht, kannst du dich daran erinnern?
1:13:16–1:13:17
Aus der Kindheit noch oder ...
Florian Clauß
1:13:18–1:13:25
Nee, nicht wirklich. aber irgendwie ja so die Zwerge waren ja schon so eine
1:13:25–1:13:31
gewisse Identifikationseinheit für Kind und dann die Vorstellung,
1:13:31–1:13:36
dass ein wunderschönes Mädchen kommt und in dem Haushalt mitwirkt,
1:13:36–1:13:37
das hat ja schon was Anziehendes.
Micz Flor
1:13:39–1:13:44
Ja, also irgendwas war damit, das heißt dieses Gefüge tut was,
1:13:44–1:13:47
was wirklich über die Wochentage hinausgeht.
1:13:50–1:13:55
Und in der psychodynamischen Spettelheims-Analyse geht es halt dann,
1:13:55–1:13:58
oder Deutung, Entschuldigung, geht es dann darum, dass,
1:13:58–1:14:00
wie du auch schon gesagt hast,
1:14:00–1:14:03
natürlich das Schneewittchen gleichzeitig unschuldig ist, ist weiß,
1:14:03–1:14:09
ist aber auch gleichzeitig an der Schwelle eben zur jungen Frau,
1:14:09–1:14:15
das ist das Rote, das ist die blutung das ist dann irgendwie wie bei rotkäppchen
1:14:15–1:14:16
auch also das ist dann diese,
1:14:21–1:14:22
einsetzende Regelblutung.
Florian Clauß
1:14:22–1:14:24
Ja, und auch vor allen Dingen die Sexualität, die sie entwickelt,
1:14:24–1:14:25
und diese Lebhaftigkeit.
1:14:27–1:14:31
Sie ist ja auch so, oh ja, dann komm mal rein. Ja. Oh, kein Problem.
1:14:33–1:14:36
Schneewittchen, denk doch mal ein bisschen weiter, ja?
Micz Flor
1:14:36–1:14:39
Ja, und das ist nämlich aber auch, wenn man sich mal überlegt,
1:14:39–1:14:43
ist dann auch wieder bei Bettelheim der Beweis für diese Hypothese,
1:14:43–1:14:47
was bringt die denn mit, diese Krämerin?
1:14:47–1:14:52
Die bringt Schnürriemen, einen Kamm, also alles Dinge, um sich schön zu machen.
1:14:54–1:14:59
Da wird doppelt das Verführerische angesprochen. Einerseits lässt sie sich von
1:14:59–1:15:03
der Kämmerin verführen mit Dingen, die sie als junge Frau darstellen können.
1:15:03–1:15:08
Und gleichzeitig ist diese Darstellung selber auch so, dass sie den Wunsch hat,
1:15:08–1:15:12
verführerisch zu werden, also sich schön zu machen. Sie würde vielleicht nicht
1:15:12–1:15:17
verführerisch als Wort verwenden, aber man merkt schon, dass sie so an der Schwelle steht.
1:15:18–1:15:20
Und die Zwerge sind in gewisser Weise an dem Punkt abgehängt.
1:15:22–1:15:27
Also das sagt Bettelheim auch, die sind quasi auf einer kindlichen Ebene stecken geblieben,
1:15:27–1:15:31
die noch vor diesem ödipalen Dreieck ist, weil Bettelheim auch sagt,
1:15:31–1:15:39
die Grundproblematik in diesem Märchen ist halt der ödipale Konflikt.
1:15:39–1:15:41
Also Tochter, Mutter, Tochter, Vater.
1:15:42–1:15:46
So, jetzt sind wir eine kurze Pause, sind wir hier angekommen an dieser Kleingartenanlage.
1:15:48–1:15:51
Die heißt Freiheit, aber die Tür ist abgeschlossen.
Florian Clauß
1:15:51–1:15:57
Abgeschlossen. Ja, ich dachte, hier kämen wir durch, aber hier scheint alles...
1:15:59–1:16:03
Abgeschlossen zu sein. Also wir müssen irgendwie anders uns durchkämpfen, Mitch.
Micz Flor
1:16:03–1:16:05
Wir sind gar nicht mehr am Kanal, oder?
Florian Clauß
1:16:05–1:16:07
Wir sind schon lange nicht mehr am Kanal.
Micz Flor
1:16:08–1:16:09
Das ist mir gar nie aufgefallen.
Florian Clauß
1:16:10–1:16:17
Das ist so ein kleiner verlassener Arm, der zwischen eben, ja der noch zu Neukölln
1:16:17–1:16:23
gehört hier, würde ich mal sagen, aber parallel quasi zur Kiefholzstraße läuft.
1:16:24–1:16:27
Das ist immer diese Silhouette an den Hochhäusern, Hochhäusern,
1:16:27–1:16:28
die man dann von Weitem sieht.
Micz Flor
1:16:28–1:16:33
Ja, das ist interessant. Hier kommt wirklich ganz viel Berlin zusammen.
1:16:33–1:16:41
Also diese Nachkriegs-West-Bauten, Hochhäuser, um die Leute unterzubringen,
1:16:41–1:16:43
weil der Raum ein bisschen begrenzt war innerhalb der Mauer.
1:16:43–1:16:47
Und die Kleingartenanlage, die gerade sagt, es ist genug Platz für alle da.
Florian Clauß
1:16:47–1:16:50
Ja, und vor allen Dingen, die konnte sich ja quasi, Kleingartenanlagen hatten
1:16:50–1:16:54
wir auch an der Grenze. Also am Potsdamer Platz, das war ja auch voll von Kleingartenanlagen.
1:16:55–1:16:58
Die mussten jetzt alle weichen. Hier ist noch so ein Mauerstreifen,
1:16:58–1:17:02
wo die sich dann noch so halten konnten über die ganzen 30, 40 Jahre.
1:17:02–1:17:07
Also das, ja, zur Stadtentwicklung ist das ja ein ganz interessantes Gebiet.
1:17:12–1:17:13
Okay, lassen Sie mal zurückkehren zu Schneewittchen.
1:17:17–1:17:18
So, deine letzte Anmerkung.
Micz Flor
1:17:19–1:17:22
Was in dieser psychodynamischen Deutung auch noch vorkommt,
1:17:22–1:17:27
ist, dass diese Apfel,
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also diese Riemen und der Kamm zuerst,
1:17:31–1:17:34
Riemen und Kamm,
1:17:34–1:17:42
da können die Zwerge sie noch zurückholen, aber wenn sie in den roten Apfel beißt,
1:17:42–1:17:45
Nicht in irgendeinem Apfel, sondern in die rote Seite des Apfels,
1:17:45–1:17:51
also dieser Biss, der ist in dem Fall tödlich.
1:17:52–1:17:56
Erinnert mich dann auch wieder an Oppenheimer, so mit der Spritze im Apfel.
Florian Clauß
1:17:56–1:17:58
Ja, die eine Seite des Apfels.
Micz Flor
1:18:00–1:18:04
Oder Turing, der sich ja selber so umgebracht hat auch.
Florian Clauß
1:18:05–1:18:06
Hat er sich mit einem Apfel umgebracht?
Micz Flor
1:18:06–1:18:09
Ich glaube, der hat einen Apfel vergiftet, einen vergifteten Apfel gegessen.
Florian Clauß
1:18:09–1:18:10
Okay. Krass.
Micz Flor
1:18:16–1:18:19
Da beißt sie dann also den Apfel. Das ist jetzt nichts mehr,
1:18:19–1:18:22
was sie so äußerlich sich hübsch macht, sondern sie beißt zu.
1:18:23–1:18:28
Und in dem Moment können die Zwerge nichts mehr ausrichten.
Florian Clauß
1:18:29–1:18:37
Ja, weil es halt quasi kein äußerliches Mangel ist, sondern der ist ja dann internalisiert.
1:18:41–1:18:48
Und das heißt, da wird sie ja quasi zu einem Porträt, das ist auch so.
1:18:50–1:18:54
Ich wollte jetzt nochmal den Strang aufgreifen, nämlich,
1:18:54–1:19:01
was du gesagt hast mit das Schneewittchen durch diese Praktiken bei den Zwergen,
1:19:01–1:19:09
dann sich als junge Frau, also quasi als ein erwartetes Gesellschaftsbild instanziert,
1:19:09–1:19:12
um die Rolle der Frau da zu spielen.
1:19:12–1:19:16
Das ist ja so, du musst nähen, du musst waschen, du musst kochen,
1:19:16–1:19:19
du musst hübsch sein, bitte mach das und dann kannst du hier bleiben.
1:19:19–1:19:22
Das ist ja so ein ganz männlicher Blick.
1:19:23–1:19:31
Also die Frau als Accessoire, die dann geduldet wird, solange sie ihre Rolle dann ausfüllt, ja.
1:19:31–1:19:35
Das ist ja so, ne, das was dann auch und sie friert ja dann,
1:19:35–1:19:39
sie führt ja ihre Rolle weiter aus in dem Moment, wenn sie diesen Apfel schluckt
1:19:39–1:19:45
und nicht stirbt, nicht vergeht, sondern sie wird ja dann quasi in ihrer Schönheit wird sie dann fixiert.
1:19:45–1:19:48
Das ist quasi so, also wenn du jetzt in der Mediengeschichte,
1:19:48–1:19:50
das wollte ich dann auch nochmal einbringen,
1:19:50–1:19:55
der Spiegel ist so, so als quasi als das bürgerliche Relikt,
1:19:55–1:19:59
dass es auch im bürgerlichen Haushalt eingesetzt werden konnte,
1:19:59–1:20:04
fing dann an, weil dann die Produktion so günstig war, dass jeder sich einen
1:20:04–1:20:09
Spiegel leisten konnte, dass damit auch die bürgerliche Familie so fixiert wurde.
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Man konnte sich selber sehen, es war nicht mehr nur die Pfütze,
1:20:15–1:20:23
sondern es war tatsächlich ein Accessoire, mit dem die Selbstreflexion dann gemacht werden konnte.
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Und damit halt auch durch so ein gesellschaftliches Bild. Das heißt,
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auf der einen Seite wird auch in der Kulturgeschichte des Spiegels gesagt,
1:20:30–1:20:34
dass es zu einer Emanzipation von Frauen kommt, weil sie sich so sehen konnten,
1:20:34–1:20:36
wie sie sich sehen wollen.
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Gleichzeitig aber auch der männliche Blick in diesem Spiegel mit drin hängt,
1:20:40–1:20:43
nämlich genau dieses Rollenbild von der
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Frau, wie sie erwartet wird in der Gesellschaft, dass die das erfüllen.
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Und dieser Blick im Spiegel, der eine scheinbar objektive Instanz ist,
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Weil dieses magische Relikt, was dann die Königin einsetzt, um zu wissen,
1:20:56–1:21:00
ob sie die schönste ist, ist ja so, ja, der Spiegel weiß halt auch,
1:21:00–1:21:02
dass es auch noch eine Wittchen lebt.
1:21:02–1:21:07
Also dieses Magische in dem Spiegel, der aber so eine objektivierbare,
1:21:07–1:21:11
eine objektive Instanz ist und die dann nicht lügt.
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Das heißt, hier haben wir so den Spiegel als eine Art von Globalisierungseinheit.
1:21:22–1:21:26
Das heißt, der Spiegel weiß Bescheid über alle Bilder in der Welt.
1:21:26–1:21:32
Und kann das dann wieder so rausprojizieren und als Information dann der Königin geben.
1:21:33–1:21:37
Und daraufhin wird ja quasi ihre Motivation, die Tochter umzubringen, ausgelöst.
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Und jetzt will ich jetzt meinen Schritt in Richtung,
1:21:45–1:21:49
was hat das heute noch für eine Bedeutung,
1:21:49–1:21:53
ist, dass natürlich irgendwo diese ganze Selfie-Culture,
1:21:53–1:21:57
diese ganzen Filter und alles Mögliche,
1:21:57–1:22:03
was man in diesen sozialen Medien als Techniken findet, um sich selber zu präsentieren,
1:22:03–1:22:09
um sich selber dann auch schöner zu machen, um so ein äußerliches Bild der Schönheit dann darzustellen.
1:22:09–1:22:15
Das ist ja so diese Selfie-Culture, das was dann die Fotografie schließt ja dann irgendwann an.
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Die ersten Fotos wurden 1827 oder so gemacht und bis dann halt technische Verfahren
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entwickelt wurden, die jetzt nicht irgendwie, wo man sich nicht drei Stunden
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lang hinsetzen müsste, um belichtet zu werden.
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Also es ging dann irgendwann so 1850, 1860 waren dann so die Fotografien,
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haben dann auch irgendwann die Porträtmalerei abgelöst. Das heißt...
1:22:36–1:22:40
Die Möglichkeit, irgendwelche Bilder, gesellschaftliche Bilder zu fixieren und
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so eine Schönheit auch zu fixieren.
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Also Festzeit, was vorher nur im Porträtmalerei, aber dieses immer näher dran
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an der Echtheit zu sein, in dem dann eben so ein Spiegelbild quasi eingefroren
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wird. Und das haben wir in diesem gläsernen Sarg.
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Der gläserne Sarg, der nix anderes ist als so eine Instakachel, ja?
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Der Prinz verliebt sich ja auch nur in ein Spiegelbild. Du hast ja das,
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was die Königin sich selber in dem Spiegel sieht, sich da selber verliebt drin.
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Das ist ja nichts anderes als beim Prinzen. Der kennt ja gar nicht Schneewittchen.
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Er sieht nur ihre Schönheit und verliebt sich in diese Schönheit.
1:23:20–1:23:25
Und das ist ja auch genau so eine, wie soll man sagen, das ist ja auch eine
1:23:25–1:23:28
völlige Irreführung von Liebe oder von Erkenntnis.
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Weil es halt nur eine eingefrorene Kachel ist und die schleppt er überall mithin.
1:23:34–1:23:38
Ja, also das ist ja auch so ein bisschen so ein narzisstischer Gedanke von einem
1:23:38–1:23:41
Prinzen. Er lässt die überall mithin schleppen und dann finde ich wieder diese
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Motivation von dem Kameradiener, der dann halt sagt, ich habe keinen Bock mehr,
1:23:46–1:23:47
die Frau überall hinzuschleppen.
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Und dann mit der dann halt so rummantiert, dass es dann eben der Absech löst
1:23:52–1:23:53
und das zum Leben erweckt wird. Und dann...
Micz Flor
1:23:53–1:23:54
Das ist admin.
Florian Clauß
1:23:54–1:23:59
Das ist genau so, ja. Und dann fängt das halt wieder so von vorne an.
1:23:59–1:24:05
Und dann wird geheiratet und die böse Einheit wird dann aus der Welt entfernt,
1:24:05–1:24:09
tanzend, in glühenden... Und ich glaube, wenn du fragst, was ist mir gehäng
1:24:09–1:24:12
geblieben als Kind, dann ist mir dieses Bild schon sehr eingebrannt.
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Das mit glühenden Pantoffeln zu Tode tanzen.
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Das ist dann auch wieder so eine Bösartigkeit, die dann auch in so einer Rache
1:24:22–1:24:25
auch wieder so brachial ist,
1:24:25–1:24:30
wie halt die Leber zu essen von, ne, die Leber war ja woanders,
1:24:30–1:24:33
die Lunge. Und die Leber, oder?
Micz Flor
1:24:33–1:24:34
Leber und Lunge des Geschlechts.
Florian Clauß
1:24:34–1:24:39
Ja, ja, ja, ja, gut. Das ist dann wieder Prometheus, der da quasi mit anklang.
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Also muss man mal gucken, für was steht eigentlich die Leber, ne?
1:24:43–1:24:48
Die Leber wird wahrscheinlich auch in dieser, in dieser Säftelehre dann irgendwo
1:24:48–1:24:51
eine Einheit haben, die dann auch irgendwie, müsste man mal gucken,
1:24:51–1:24:56
warum bei Prometheus die Leber und warum hier die Leber Und was die Lunge bedeutet.
1:24:56–1:24:59
Also ich glaube, man kann unglaublich viele verschiedene...
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Folien anlegen, das Märchen finde ich nach wie vor faszinierend,
1:25:06–1:25:16
hat in der Komplexität und der Ambivalenz wieder so einen Platz in der Popkultur,
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dass das auch einfach gerechtfertigt ist.
1:25:22–1:25:27
Du merkst, ich suche so langsam den Ausgang aus unserer Episode.
1:25:28–1:25:32
Ich versuche, abschließende Worte zu finden, was mir nicht gelungen ist.
Micz Flor
1:25:32–1:25:39
Bettelheim hat ja noch was anderes gesagt. Dieses Freezing, nachdem sie einen
1:25:39–1:25:42
Apfel gebissen hat, ist ja für ihn einfach wirklich der Tod.
1:25:42–1:25:45
In dem Moment ist es quasi vollzogen.
1:25:46–1:25:50
Der Geschlechtsakt ist vollzogen, auch wenn es die Mutter war, die das zugeführt hat.
1:25:50–1:25:54
Und das Kind stirbt. Und es erwacht danach dann eben die Frau.
1:25:54–1:25:55
Also wie so eine Schmetterlingsmetamorphose.
Florian Clauß
1:25:57–1:26:04
Ja gut, dann auch der Sarg quasi als Einheit für die Bildung des Imagos.
Micz Flor
1:26:05–1:26:10
Und dann kommt auf der anderen Seite kommt dann eben die Frau raus. Das war bei ihm das.
1:26:12–1:26:16
Und ja, aber ist das ein besserer Ausgang? Ich dachte, vielleicht kann ich dir helfen.
Florian Clauß
1:26:16–1:26:21
Ne, ja, auch. Aber ich würde sagen, wir sind da auch ziemlich durch.
1:26:22–1:26:30
Ich habe mir noch mal Man notiert das Spiegel als magische Einheit auch in der Tastatur.
1:26:31–1:26:36
In der ganzen Kulturgeschichte immer wieder vorkommt, dass man Spiegel verhängt,
1:26:36–1:26:40
sobald jemand gestorben ist, weil man die Angst hatte, dass dann die Seele des
1:26:40–1:26:42
Verstorbenen gefangen wird.
1:26:42–1:26:49
Der Spiegel, ähnlich wie die Fotografie, und deswegen ist diese Medienrezeption
1:26:49–1:26:51
von Fotografie und Spiegel sehr parallel.
1:26:54–1:26:58
Die Fotografie, wo man auch die Angst hatte, es kann Seelen einfrieren, verdammt.
1:26:59–1:27:02
Und da gibt es ja auch genügend Filme, die dann auch so damit spielen, ja.
1:27:03–1:27:08
Und der Spiegel, wo auch der Basilisk zum Beispiel, wenn er,
1:27:08–1:27:12
sobald er in sein eigenes Spiegelbild guckt, wird der dann, kann er bekämpft
1:27:12–1:27:14
werden, wird er eingefroren.
1:27:14–1:27:20
Ja, also der Spiegel taucht in verschiedenen Sagen und Märchen immer wieder
1:27:20–1:27:24
als so eine magische Größe auf, die...
Micz Flor
1:27:25–1:27:31
Klar, der Vampir, der sich eben nicht selber sehen kann Selbst bei Harry Potter
1:27:31–1:27:35
gibt es ja diesen Spiegel, wo Harry dann seine Eltern sieht oder sowas,
1:27:35–1:27:37
weil man sieht, was man sich wünscht.
1:27:38–1:27:40
Das ist ja auch eine Weiterführung. Also das bleibt bestehen.
1:27:43–1:27:47
Das ist dann auch wieder das narzisstische Thema, was man allgemein so ein bisschen
1:27:47–1:27:50
als schlecht, hochnäsig, arrogant hinstellt.
1:27:50–1:27:55
Aber in Wahrheit ist es natürlich so, dass jeder auch einen konstruktiven Narzissmus in sich hat.
1:27:55–1:27:59
Sich hat. Das ist in der Regel sogar allein durch die Scham,
1:27:59–1:28:03
die man so hat, schon mit angelegt, dass wir uns schön machen.
1:28:03–1:28:05
Deswegen ist es auch, dass wir nach was aussehen wollen.
1:28:06–1:28:10
Und bei Menschen, die diese Scham verloren haben und die auch keinen konstruktiven
1:28:10–1:28:11
Narzissmus mehr an sich,
1:28:11–1:28:16
also sich selber nicht mehr kleiden oder sich einfach nicht mehr kümmern um
1:28:16–1:28:20
Hygiene und so, das ist dann eher auch schon was, was man im ersten Kontakt
1:28:20–1:28:24
gleich sieht und bewertet und was dann auch und dann eher auf die Straße.
1:28:24–1:28:29
Also wenn man Narzissmus gar nicht mitbringt in so einer konstruktiven Form,
1:28:29–1:28:32
dann ist es auf alle Fälle auch schwieriger, mit Menschen in Kontakt zu treten.
1:28:32–1:28:33
Also es ist nicht alles negativ.
Florian Clauß
1:28:35–1:28:38
Ja, also nochmal zurück zu Harry Potter-Spiegel.
1:28:39–1:28:43
Ein Spiegel, der auch die Idee besteht, dass alle Reflektionen,
1:28:43–1:28:46
die in dem Spiegel dann so jemals aufgetaucht sind,
1:28:46–1:28:50
dass die dann auch irgendwo von dem Spiegel dann gemerkt werden,
1:28:50–1:28:58
dass er diese Bilder speichert oder bei Harry Potter halt quasi so Welten zeigt,
1:28:58–1:29:03
die jetzt noch nicht eingetreten sind, also dann so als so ein Propheteierungstool,
1:29:03–1:29:11
ja, also so eine Wahrsagerei wird häufig auch dann Spiegel eingesetzt als ein Relikt.
1:29:12–1:29:18
Also man Man sieht, der Spiegel ist da sehr vielfältig in der Sagenkultur.
Micz Flor
1:29:22–1:29:29
Jetzt gehen wir dann für die nächste Folge, gehen wir dann eben weiter in deine Märchenkategorien.
1:29:29–1:29:32
Da gehen wir dann von Schneewittchen zu Rotkäppchen.
1:29:34–1:29:37
Und gleichzeitig haben Sachen, die wir jetzt schon angeführt haben,
1:29:37–1:29:39
die finden dann erst einen theoretischen Hintergrund.
1:29:40–1:29:43
Werden da vielleicht erst erklärt. Und trotzdem habe ich für mich das Gefühl,
1:29:43–1:29:46
dass ich in dieser Folge jetzt schon ein bisschen weiter bin als bei Rotkäppchen,
1:29:46–1:29:51
was das Märchenthema angeht, indem ich mich ein bisschen mehr noch Erich Fromm
1:29:51–1:29:56
anschließe, der beim Märchendeutung auch sagt, es geht immer darum,
1:29:56–1:30:00
was diese Bedeutung für die Person hat, also wenn wir Traumdeutung machen.
1:30:01–1:30:05
Es geht nicht um generelle Archetypen, es geht nicht nur um verdrängte Sexualität,
1:30:05–1:30:08
sondern es geht darum, dass die Dinge auch zukunftsgerichtet sein können,
1:30:08–1:30:11
dass da Bilder entstehen können, die einem auch helfen können,
1:30:11–1:30:13
da auch konstruktive Anteile drin sein können.
1:30:13–1:30:16
Und bei Märchen, und das hast du ja auch schon mal gesagt, warum wird dieses
1:30:16–1:30:20
Märchen immer noch vervielfältigt, umgeschrieben, neu aufgelegt?
1:30:21–1:30:26
Das ist dann auch so ein bisschen ein Zeichen einfach, dass Märchen wie Träume
1:30:26–1:30:29
für die Gesellschaft funktionieren und scheinbar in der Gesellschaft das einfach
1:30:29–1:30:30
noch eine Anbindung findet.
1:30:30–1:30:35
Und das fand ich jetzt noch mal ganz spannend. Auch die Sachen,
1:30:35–1:30:39
die du gehört hast, hatte ich noch nie gehört, die du mitgebracht hast,
1:30:39–1:30:40
Kosmologie und so, fand ich die Teilchen.
Florian Clauß
1:30:40–1:30:44
Ja, ja, da gibt es halt wirklich viele Erklärungsansätze. Guck mal,
1:30:44–1:30:48
hier können wir in den Bus steigen, oder?
Micz Flor
1:30:48–1:30:50
41er. 41er, wo fährt der lang?
Florian Clauß
1:30:52–1:30:54
Sonnenallee, da haben wir Platz. Ja, dann nehmen wir den doch.
1:30:55–1:31:00
Also Mitch, das war meine Episode, wo du einen ganz maßgeblichen Teil von getragen hast.
Micz Flor
1:31:01–1:31:03
Vielen Dank für die Vorbereitung. Ich hab eine Sache vergessen,
1:31:03–1:31:07
die mach ich, bevor wir schlussendlich rein. Diese drei Formen des Narzissmus.
1:31:07–1:31:10
Das eine ist das, was man gemeinhin so als ...
1:31:14–1:31:18
Als blasierte, arrogante, vielleicht auch aggressive ... Person wahrnimmt.
1:31:18–1:31:20
Das Zweite ist die Kehrseite dessen, das Depressive.
1:31:21–1:31:25
Die Person hat keine Depression, sondern ihr Selbstwertgefühl ist implodiert,
1:31:25–1:31:30
in sich zusammengefallen, eher eine Folge von der narzisstischen Persönlichkeitsstörung
1:31:30–1:31:34
ist, aber sich auf der Symptomebene im ersten Anschein als Depression äußert,
1:31:34–1:31:39
was aber trotzdem einfach anders behandelt werden müsste, wenn man genauer hinschaut.
1:31:39–1:31:44
Und das Dritte, was jetzt ein bisschen eben auch das Thema für die Stiefmutter gewesen wäre,
1:31:44–1:31:50
ist der maligne Narzisst oder Narzisstin, das ist die Persönlichkeitsstörung,
1:31:50–1:31:55
in der dann zusätzlich eben auch noch Dinge dazukommen, die dazukommen,
1:31:55–1:31:57
die dazu führen, dass diese Person einfach...
1:31:59–1:32:03
Profil, was man früher Psychopath genannt hat. Also dieses Serialkiller-Ding
1:32:03–1:32:11
so mit reinbringen, dass die dann eben smart anwesend sind, aber eben ohne moralische Bremsen.
1:32:13–1:32:17
Die dann wirklich eben auch ihre Tochter töten, bloß weil die schöner ist als sie.
Florian Clauß
1:32:17–1:32:21
Okay, das war jetzt eigentlich Podcast Episode 34.
1:32:22–1:32:26
Wir sind hier auch durch so einen periferen Teil von Neukölln gelaufen.
1:32:26–1:32:29
Ich fand es ganz spannend, auch wenn wir dann nicht durch die Kleine Garten
1:32:29–1:32:34
Zwiebeln gekommen sind, um dann hinten Richtung Köpenick weiter zu laufen.
1:32:36–1:32:40
Aber ihr könnt die Tracks sehen auf eigentlich-podcast.de, die wir gelaufen
1:32:40–1:32:43
sind. Da kriegt ihr auch mehr Informationen, Shownotes und so weiter.
1:32:43–1:32:48
Ja, wir sagen Tschüss, bis zum nächsten Mal. Ich hoffe, ihr konntet ein bisschen was mitnehmen.
1:32:49–1:32:53
Wir setzen auf jeden Fall in der nächsten Episode die Märchenreihe fort und
1:32:53–1:32:56
werden sicher auch das hin und wieder aufgreifen.
Micz Flor
1:32:58–1:33:02
Dem kann ich nichts mehr hinzufügen, nur noch ein herzliches Tschüss. Tschüss!

Mehr

Wir sind der Autor, es ist unser Traum, wir haben die Handlung erfunden.

In dieser Episode betrachten wir Erich Fromm und sein Buch “Märchen, Mythen, Träume” als Teil der Eigentlich-Serie über Märchen. Erich Fromm betrachtet in seinem Text die Verbindung zwischen Traumdeutung und Märcheninterpretation. Er beginnt mit einer Betrachtung des Symbolismus und unterscheidet zwischen manifesten und latenten Inhalten in Mythen und Märchen. Dies führt ihn zur Traumdeutung, bei der ebenfalls Symbole und latente Inhalte gedeutet werden. Fromm stellt die Ansätze von Sigmund Freud und Carl Gustav Jung zur Traumdeutung vor, grenzt sich jedoch von beiden ab. Er argumentiert, dass weder Jungs mythische Ansätze noch Freuds Fokus auf irrationale libidinöse Kräfte ausreichend sind. Stattdessen betont er, dass das Denken und Fühlen durch unser Handeln beeinflusst wird. Zuletzt wollten wir Fromms Interpretation des Rotkäppchen Märchens vorstellen, die haben wir dann aber um einen Monat in die Zukunft verschoben.

Shownotes

Mitwirkende

Transcript

Micz Flor
0:00:03–0:00:06
Und? Regnet noch? Da ist Norden, oder? Ist da Norden oder Süden,
0:00:06–0:00:08
was meinst du? Da ist Norden. Da ist Norden, da ist Süden. Können wir unten
0:00:08–0:00:12
rum, zu dem anderen Ausgang? Jetzt klatschen wir mal ganz kurz. Da ist Norden, oder?
0:00:14–0:00:18
Ist da Norden oder Süden? Was meinst du? Da ist Norden.
0:00:19–0:00:24
Da ist Norden, da ist Süden. Können wir unten rum?
0:00:25–0:00:29
Zu dem anderen Ausgang? Jetzt klatschen wir mal ganz kurz.
Florian Clauß
0:00:34–0:00:38
Hallo und herzlich Willkommen bei eigentlich Podcast.
0:00:41–0:00:44
Der Podcast, bei dem wir laufend reden und im Laufen reden.
0:00:48–0:00:51
Und jetzt stehen wir gerade, weil wir stehen vor einer Regenwand.
Micz Flor
0:00:52–0:00:54
Weil es laufend regnet.
Florian Clauß
0:00:54–0:00:55
Das passt eigentlich ganz gut zu mir.
Micz Flor
0:00:55–0:01:02
Den GPS-Track auf der Webseite, da wird heute nicht so viel passieren, es wird gleich auf.
Florian Clauß
0:01:02–0:01:09
Wir sind quasi am Bayerischen Platz, laufen von einem Uhrausgang zum anderen,
0:01:09–0:01:11
während Mitch seine Geschichte erzählt.
Micz Flor
0:01:11–0:01:12
Wir laufen hin und her.
Florian Clauß
0:01:13–0:01:15
Ich bin natürlich gespannt, um was es geht.
Micz Flor
0:01:17–0:01:22
Also eigentlich sollte das hier das Ende sein, am Bayerischen Platz 1 in Berlin,
0:01:22–0:01:24
werden wir eine Plakette sehen. Kette sehen und dann dachte ich,
0:01:24–0:01:26
okay, jetzt hat sich das alles wegen
0:01:26–0:01:28
dem Regen so ein bisschen hin und her geschoben, dass wir hier anfangen.
0:01:30–0:01:33
Aber wer weiß, vielleicht ist es trotzdem noch das Ende der Folge,
0:01:33–0:01:38
weil wenn der Regen nicht aufhört, werden wir diese 120 Meter bis zu dieser
0:01:38–0:01:39
Plakette nicht schaffen.
Florian Clauß
0:01:40–0:01:48
Nicht trocken schaffen. Aber ich habe ja vorgesorgt, ich habe meinen Regencape an.
0:01:49–0:01:51
Allerdings ohne Kapuze.
Micz Flor
0:01:53–0:01:57
Ja und ich habe nicht vorgesorgt. Ich bin völlig überrascht worden.
Florian Clauß
0:01:58–0:02:02
Du bist quasi das Schweinchen, bei den drei Schweinchen und der Wolf,
0:02:02–0:02:05
das einfach so sein Haus aus Stroh baut.
Micz Flor
0:02:06–0:02:11
Genau, ich bin der Strohkopf in der Familie. Deshalb bin ich pitschenass schon,
0:02:11–0:02:14
weil ich irgendwie zur U-Bahn gerannt bin, um hierherzufahren.
0:02:15–0:02:21
Und die Folge, die ich heute machen möchte, vielleicht, wir sind gerade unten
0:02:21–0:02:24
Vielleicht finden wir ja sogar eine Person, die ich möchte.
0:02:26–0:02:31
Also Ausgangspunkt ist die Märchenserie, die du angefangen hast.
0:02:31–0:02:32
Dazu möchte ich was machen.
0:02:34–0:02:39
Und ganz speziell hattest du ja gemeint, du wolltest ja bei dem Eisenhans dieses
0:02:39–0:02:44
Thema, so wie würde man in der Therapie oder wie könnte das so genutzt werden.
0:02:44–0:02:47
Und dann habe ich mich an ein Buch erinnert, das ich gekauft,
0:02:47–0:02:49
aber nie gelesen hatte. Und jetzt habe ich es fast gelesen.
0:02:51–0:02:56
Das ist von Erich Fromm und dessen Plakette sehen wir nachher in Leseport.
0:02:56–0:02:58
Vielleicht ist er aber hier unten auch irgendwo abgebildet.
0:03:00–0:03:04
Erich Fromm ist Psychoanalytiker, ist auch eine Brücke zu dem Gestaltherapie-Thema.
0:03:06–0:03:08
Er hat zusammen mit Gottfried Benn...
Florian Clauß
0:03:10–0:03:11
Bringt dir was?
Micz Flor
0:03:12–0:03:15
Gottfried Benn ist total interessant, aber bringt mir jetzt gerade nichts.
0:03:15–0:03:18
Aber wir werden ihn finden, das sind ja hier unten alle irgendwie aufgeführt.
0:03:21–0:03:23
Albert Einstein, da ist allerdings nicht gesagt, warum.
Florian Clauß
0:03:23–0:03:27
Weißt du, warum die hier aufgeführt sind? Oder gibt's noch mehr?
Micz Flor
0:03:29–0:03:35
Ich nehme mal an, weil die in der Nähe gewohnt haben. Wer wohnt und arbeitet
0:03:35–0:03:37
noch im Bayerischen Viertel? Okay, da stehen sie doch alle.
0:03:38–0:03:41
Hier, da ist er, Erich Fromm. 1900 bis 1980, Psychoanalytiker,
0:03:41–0:03:43
Bayerischer Platz eins.
Florian Clauß
0:03:43–0:03:45
Hatte der hier seine Praxis?
Micz Flor
0:03:45–0:03:46
Von 1930 bis 1933.
Florian Clauß
0:03:48–0:03:49
Hatte er seine Praxis, steht ja da.
Micz Flor
0:03:53–0:04:00
Und der ist eigentlich auch Soziologe, auch aus Frankfurt, hat Parallelen mit,
0:04:04–0:04:11
auch bevor es die Gestalttherapie gab, die analytische Ausbildung parallel gemacht.
0:04:11–0:04:17
Die haben zeitlang auch in Amerika nach der Emigration wohl Kontakt gehabt und
0:04:17–0:04:18
überlegt, ob sie zusammen was machen würden.
0:04:20–0:04:23
Insofern ist da auch eine Verbindung, das wird man auch später sehen in der
0:04:23–0:04:27
Art und Weise, wie Erich Fromm darüber spricht, Träume zu analysieren,
0:04:27–0:04:30
weil da ist ein Unterschied. Wir werden ein bisschen über Freud sprechen,
0:04:30–0:04:34
ein ein bisschen über Jung sprechen und aber auch über die Gestalttherapie bzw.
0:04:36–0:04:42
Speziell Erich Fromm, der nicht Gestalttherapeut ist, sondern der der Neo-Psychoanalyse
0:04:42–0:04:48
angehört, die versucht hat, so ein bisschen ab 1920 so ein bisschen zu reformieren,
0:04:48–0:04:50
die Psychoanalyse ein bisschen zu reformieren.
0:04:53–0:04:56
Soviel ganz kurz zur Einleitung. Es ist zu laut hier.
Florian Clauß
0:05:00–0:05:01
Spannend, spannendes Thema.
Micz Flor
0:05:01–0:05:02
Ja, es ist lustig.
Florian Clauß
0:05:03–0:05:07
Ich finde auch, ich meine, Erich Fromm, das ist ja auch so eine prägende Gestalt,
0:05:07–0:05:11
der doch Haben oder Sein geschrieben wurde. Das ist doch das Buch,
0:05:11–0:05:13
was man dann als Teenie liest.
Micz Flor
0:05:13–0:05:17
Und die Kunst zu lieben hieß auch ein Buch. Da wurde er so richtig...
Florian Clauß
0:05:17–0:05:22
So ein bisschen wie mit Hermann Hesse und Erich Fromm, das sind so die prägenden Teenie-Bücher.
0:05:23–0:05:27
Ich will das aber jetzt... Ja, ja, haben oder seien wir es gelesen.
0:05:29–0:05:36
Und das Glasperlenspiel, wenn uns das weiterhilft. Das wird witzig werden.
Micz Flor
0:05:36–0:05:42
Ich habe das Gefühl, auch wenn wir jetzt über Märchen und Träumen und Mythen sprechen,
0:05:42–0:05:45
aber wenn wir über Psychotherapie und Psychoanalyse nachdenken,
0:05:45–0:05:50
dass wir jetzt hier mit Mikrosanitären und so brabbeln, ist ja irgendwie okay,
0:05:50–0:05:51
sind Gott sei Dank ja nicht eine Person.
0:05:52–0:05:56
Wir reden miteinander, aber trotzdem merke ich, dass es für mich so ein unwohles
0:05:56–0:05:59
Gefühl ist, dass wir jetzt hier sehr, obwohl niemand da ist,
0:05:59–0:06:01
fühle ich mich hier auf einmal sehr eingeengt.
Florian Clauß
0:06:03–0:06:07
Störung muss man zulassen. Das haben wir gelernt in der anderen Episode.
0:06:10–0:06:15
Aber ich fühle mich ganz wohl, weil gerade diese Regenwand sperrt so ein ein
0:06:15–0:06:19
bisschen die Menschen in diesen U-Bahn-Stationen und S-Bahn-Stationen ein und
0:06:19–0:06:22
es schafft auf einmal so eine Gemeinschaft,
0:06:22–0:06:28
die eigentlich nie so richtig in der S-Bahn passiert, weil die Leute können nicht raus.
Micz Flor
0:06:29–0:06:33
Ja, ich bin in Wilmersdorf auf der Straße eingestiegen und da gehen so drei
0:06:33–0:06:37
Treppen runter Richtung U-Bahn und auf halber Strecke sind noch so ein paar
0:06:37–0:06:41
Shops, Asia Snack und so eine Bäckerei und so.
0:06:41–0:06:44
Und dann haben die so architektonische Löcher in der Decke gelassen,
0:06:44–0:06:47
das heißt, von oben hast du immer Sonnenlicht, aber jetzt hat es halt auch Regen.
0:06:47–0:06:51
Ich bin da so die Treppe runtergelaufen und dann war sowieso schon wie so ein
0:06:51–0:06:52
kleiner Wasserfäller auf den Treppenstufen.
0:06:54–0:06:58
Und dann unten war aber auch alles total rutschig und nass und du kamst so runter
0:06:58–0:06:59
und da standen dann auch so,
0:07:02–0:07:05
Es ist ja relativ leer. Es ist eine ganz komische Stimmung. Es könnte auch ein
0:07:05–0:07:08
Traum sein. Damit sind wir schon mitten im Thema.
Florian Clauß
0:07:08–0:07:09
Genau, dann Mitch.
0:07:13–0:07:14
Also Erich Fromm und Traumanalyse.
0:07:18–0:07:22
Und hast du mir da noch vielleicht ein Märchen mitgebracht?
Micz Flor
0:07:22–0:07:25
Ich habe dir ein Märchen mitgebracht? Also eigentlich wäre es hier andersrum
0:07:25–0:07:28
gewesen. Wir fangen jetzt mit Erich Fromm an, obwohl wir an diese Plakette wahrscheinlich
0:07:28–0:07:33
wirklich erst drankommen, Wir werden uns Rotkäppchen anschauen.
0:07:35–0:07:36
Dann machen wir das Spiel andersrum.
Florian Clauß
0:07:36–0:07:41
Also jetzt habe ich quasi was auf der Karte. Okay. Ah ja, ich muss nur kurz.
Micz Flor
0:07:43–0:07:44
Flugmodus bitte, Flugmodus.
Florian Clauß
0:07:44–0:07:45
Oh ja, Flugmodus.
Micz Flor
0:07:47–0:07:49
Genau, dann werde ich dich immer so ein bisschen vorneweg fragen,
0:07:49–0:07:53
was fällt dir dazu ein? Ich werde es aber nicht genau vorlesen und ich habe
0:07:53–0:07:55
es auch nicht vorproduziert, sondern ich habe die Zusammenfassung.
0:07:55–0:07:56
Das kennt ja auch irgendwie jeder.
0:07:58–0:08:01
Aus Wikipedia werde ich vorlesen, die inhaltliche Zusammenfassung,
0:08:01–0:08:01
nicht den Originaltext.
0:08:02–0:08:06
Und das sollte dann eigentlich das Thema sein, nämlich wir machen Märchen,
0:08:06–0:08:07
wir machen Rotkälbchen.
0:08:08–0:08:13
Ich mache das mal quasi angelehnt an Erich Fromms Analyse und wir kommen dann
0:08:13–0:08:17
zum Schluss hier an und sprechen zum Schluss ein bisschen über die Biografie
0:08:17–0:08:19
des Mannes und die Einbindung.
Florian Clauß
0:08:19–0:08:23
Aber dann kannst du ja mit der Biografie starten oder willst du lieber mit dem Märchen starten?
Micz Flor
0:08:24–0:08:28
Ich fange einfach andersherum an. Ich habe Erich Fromm vorgestellt, ganz kurz,
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und würde jetzt gleich mal ein Zitat aus dem Buch, das weiß ich gar nicht,
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warum das Märchenmythen träume, erschien es erst mal, glaube ich,
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1951 in Amerika und 1957 in der deutschen Übersetzung.
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Und da drin ist auf Seite 12 ein einleitendes Zitat, was ich ganz gut finde.
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Er sagt, wenn wir schlafen, erwachen wir in einer anderen Daseinsform.
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Wir träumen. Wir erfinden Geschichten, die sich nie ereignet haben und für die
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es im wirklichen Leben manchmal keine Entsprechung gibt.
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Manchmal sind wir der Held, manchmal der Bösewicht, manchmal erleben wir die
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herrlichsten Dinge und sind glücklich.
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Oft werden wir in höchsten Schrecken versetzt. Doch welche Rolle wir auch immer
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im Traum spielen, wir sind Autor. Es ist unser Traum. Wir haben die Handlung.
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Diese große Pause zwischen Handlung und Erfunden war ein Zufall, aber passt ganz gut.
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Und es steht im Originaltext, wir sind der Autor. Da habe ich gesagt,
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wir sind Autor. Ich habe das sehr verschluckt, um das nicht gegenderte ein bisschen zu entschärfen.
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Aber es ist eben aus einer anderen Zeit, in der Gendern einfach kein Thema war.
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Aber es fällt, finde ich, inzwischen auf, wenn man sowas liest.
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Also in diesem Zitat, was ich schön finde, ist, wenn wir schlafen,
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gehen wir in eine andere Daseinsform.
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Er zitiert in dem Zusammenhang auch einen japanischen Philosophen,
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der mal gesagt hat, gestern habe ich geträumt, ich sei ein Schmetterling und
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heute weiß ich nicht, ob ich ein Mensch bin, der träumt, ein Schmetterling zu
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sein oder ein Schmetterling, der träumt, ein Mensch zu sein.
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Also dieses Gefühl, dass im Traum fast mehr noch, als wenn wir in Anführungszeichen
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wach sind, wir gar nicht genau wissen, dass wir träumen.
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Das sind ja eigentlich Film-Podcasts bei Inception. Da gibt es ja auch diese
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Sicherung, die die einbauen, diesen Kreisel bei Inception, der irgendwie diese
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Rolle hat, dass er checken kann, ob er träumt oder quasi in so einem Traum gefangen ist oder nicht.
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Und diese Idee, wenn wir schlafen, erwachen wir zu einer anderen Daseinsform,
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finde ich auch schön, dass wir halt eben nicht weg sind, sondern dass wir in
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etwas anderes, es ist so ein bisschen, als ob es einen doppelten Vorhang gibt.
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Du gehst von der einen Bühne in die andere Bühne, die auch du bist.
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Und da erfinden wir Geschichten. Und diese Geschichten, die wir erfinden,
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das ist ganz wichtig für ihn und auch in der Gestalttherapie eben.
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Wir sind Autor. Es ist unser Traum. Also so eine Art von Verantwortungsübernahme,
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Ownership. Wir haben das hergestellt.
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Und das ist natürlich nochmal ganz wichtig, gerade auch, wenn man so ein bisschen
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in eher sekularisierte,
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wissenschaftliche, medizinische Konzepte reinschaut,
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wo oft ja gesagt wird, na gut, das ist alles nur Zufallswerk,
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wir brauchen da doch nicht uns mit auseinandersetzen, das sagt nichts über mich,
0:11:28–0:11:33
sondern das ist einfach nur, weil mein Hirn träumen muss, damit es gereinigt werden kann.
0:11:35–0:11:41
In dem Buch ist es so, dass er in den Kapiteln als erstes so ein bisschen über Symbolismus spricht.
0:11:41–0:11:45
Das wirkt auch so ein bisschen antiquiert, aber er macht da so Unterscheidungen
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in drei Formen des Symbolen. Das eine ist das konventionelle Symbol,
0:11:49–0:11:54
das andere ist das zufällige Symbol und das dritte ist das universelle Symbol.
0:11:54–0:12:00
Und dieses universelle Symbol, da müssen wir dann ein bisschen auch über Jung sprechen,
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der mit seinen Archetypen da so ein bisschen an etwas so kratzt,
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was wir in der kurzen Serie über künstliche Intelligenz auch schon besprochen hatten.
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Konventionelle Symbole darunter fasst ja zum Beispiel einfach auch die Sprache
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oder die Schrift. Das Wort Tisch, T-I-S-T-H, das ist ein konventionelles Symbol für einen Tisch.
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Wenn es ein F ist, kein T, ist es ein Fisch. Also wir können dann quasi in diesem...
0:12:28–0:12:34
Das ist so für zumindest eine kleine Gruppe, die deutsch spricht und die irgendwie
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Buchstaben lesen können, ist das konventionelle Symbol Tisch.
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Synonym oder Referenz auf den Tisch. Es gibt dann sowas wie ein zufälliges Symbol, wie er es nennt.
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Das ist etwas, was wir für uns kennen,
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was ganz individuell sein kann, was in gewisser Weise Dinge triggern kann,
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Erfahrungen, Erinnerungen, wo etwas, in seinem Beispiel ist es so,
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dass ein Stadtname zum Beispiel eine bestimmte Erinnerung hervorrufen kann,
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die angenehm und unangenehm ist.
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Und wenn dann diese Stadt zum Beispiel auch in Träumen vorkommt,
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dann hat das eine symbolische Bedeutung.
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Allerdings ist es sehr, sehr individuell und das knüpft dann zum Beispiel auch
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ein bisschen an die Frage an.
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Bei Freud ist es ja so, dass die Assoziation ganz wichtig ist,
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um das Individuelle herauszufinden, was den Traum ausmacht.
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Und in solchen Fällen kann es wirklich einfach so idiosynkratisch sein,
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dass das eben die Arbeit ist, die man in der Traumdeutung leistet und das dritte
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Symbol ist das universelle Symbol.
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Da nimmt ihr das Beispiel Feuer, was ja dann so beschreibt, dass etwas,
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was wenn wir an Feuer denken oder uns Feuer anschauen, das fesselt uns.
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Das hat mit Lebendigkeit zu tun, mit Kraft, Anmut und Leichtigkeit,
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wie die Flammen so züngelt.
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Trotzdem hat es auch was Zerstörerisches und so und vergleicht es dann mit etwas
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anderem, was auch so universell ist, wie das Wasser.
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Das Wasser fließt und hat irgendwie auch viel Ähnlichkeit mit dem Feuer,
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aber es gibt einen großen Unterschied, sagt er, das Feuer steht für Überraschungen,
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ist auf eine gewisse Weise gefährlich und das Wasser, das fließt in so einen Fluss,
0:14:05–0:14:10
einen Ozean, das hat so eine Voraussagbarkeit, also man weiß dann irgendwie,
0:14:10–0:14:15
wie es damit umgeht und das sind von ihm Beispiele für eine universelle,
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Nicht universelle, sondern universelle Symbole, Feuer oder Wasser.
0:14:22–0:14:25
Beispiel nimmt er dann, um das mal so ein bisschen zu erklären,
0:14:25–0:14:30
wie so universelle Symbole funktionieren, aus der Bibel das Buch Jonah.
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Das ist die Geschichte, wo Jonah einen Auftrag von Gott bekommt,
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den er eigentlich nicht annehmen möchte.
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Er soll quasi eine Warnung oder eine Bedrohung von Gott aussprechen in einer
0:14:43–0:14:45
Stadt, in der er nur gesündigt wird.
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Das will er aber nicht und er flüchtet dem so ein bisschen und dann irgendwann
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geht er auf so ein Schiff und dieses Schiff, das kommt dann in Unwetter,
0:14:55–0:14:59
dann geht Jonah irgendwie in den Bauch des Schiffes und dann schläft er da ein.
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Dann kommen die Seemänner und wecken ihn und fragen, ob er das nicht sei,
0:15:06–0:15:10
ob er vielleicht Schuld daran hätte, dass der Herrgott eben jetzt diesen Sturm gebracht hat.
0:15:10–0:15:15
Er meint, das kann schon sein, weil er hatte Er hatte denen wohl vorher gesagt,
0:15:15–0:15:20
dass er vor Gottes Auftrag flüchtet und dann sagt er von sich aus,
0:15:20–0:15:25
schmeiß mich ins Meer und die sind dann erstmal aber sehr, sehr kulant,
0:15:25–0:15:28
sagen, nee, wir wollten das nur checken und versuchen alles mögliche,
0:15:28–0:15:30
aber es klappt nichts und dann schmeißen sie doch ins Meer.
0:15:30–0:15:34
Und wenn er, sobald er ins Meer fällt, hört der Sturm auf, dann kommt der große
0:15:34–0:15:39
Fisch, schluckt ihn, er ist drei Tage im Fisch und betet und ich muss gestehen,
0:15:39–0:15:41
ich weiß jetzt gar nicht genau, wie es ausgeht.
0:15:42–0:15:48
Aber es ist so, dass an diesem Beispiel Erich Fromme erklärt,
0:15:48–0:15:51
was der Unterschied zwischen einem Manifesten und einer latenten Erzählung ist.
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Die Manifesterzählung ist diese Perlenkette von Ereignissen,
0:15:55–0:15:56
die hintereinander herlaufen.
0:15:56–0:16:00
Das ist dieses klassische Wachdenken von Ursachen und Wirkungen.
0:16:00–0:16:05
Das heißt, die Dinge, die aufeinander folgen können, das Spätere kann vom Vorherigen bewirkt sein.
0:16:06–0:16:11
Und eine latente Erzählung, die funktioniert anders, die funktioniert über Gleichheiten,
0:16:11–0:16:17
Unterschiede, über Korrelate, über Assoziationen und da sagt er in diesem Beispiel,
0:16:17–0:16:20
dass da dreimal das Gleiche vorkommt.
0:16:21–0:16:26
Also er steigt in den Bauch des Schiffes, dann fällt er in den Schlaf da drin,
0:16:26–0:16:30
dann springt er in das Meer hinein, dann ist er im Meer und dann schluckt ihn
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auch noch der Fisch. Also dreimal so dieses Gefühl, dass man in etwas drin ist.
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Und er beschreibt dann das in in dieser latenten Bedeutung,
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in der latenten Erzählung sind dann eben die Dinge einfach verwandt miteinander
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und können dann nicht eine Reihenfolge ausdrücken,
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wie in der Geschichte sonst als Plot immer noch drin wäre,
0:16:51–0:16:55
sondern die Gleichzeitigkeit ausdrücken, können das verdichten,
0:16:55–0:16:59
zusammenschieben, können sagen, okay, dieser Typ hat sich sowas von abgegrenzt,
0:16:59–0:17:02
irgendwas ist da, was er irgendwie nicht bearbeitet hat.
0:17:02–0:17:06
Wird jetzt nicht weiter gedeutet, aber das Beispiel fand ich irgendwie ganz gut.
0:17:08–0:17:14
Und das ist sein Bereich zum Thema Symbole und dann spricht er eben über die
0:17:14–0:17:20
Träume und macht da in gewisser Weise Vergleiche, weil auch die Träume haben
0:17:20–0:17:21
manifest und latente Inhalte.
0:17:22–0:17:24
Manifeste, Inhalte werden wieder dann zum Beispiel die Tagesliste.
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Oh, ich habe geträumt, ich schreibe ich dir morgen. Ich habe geträumt,
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wir müssten einen Podcast aufnehmen und es hat gehagelt.
0:17:33–0:17:38
Dann gibt es so etwas wie Referenzen zu dem, was wir heute erlebt haben, das heißt Tagesreste.
0:17:39–0:17:42
Und dann passiert ja auch eine Geschichte. Die Geschichte ist vielleicht nicht
0:17:42–0:17:50
sinnvoll, da gibt es vielleicht Sprünge oder Dinge, die dann irgendwie interpretiert werden könnten.
0:17:50–0:17:52
Aber es gibt auf alle Fälle erstmal Manifestentraum-Inhalte.
0:17:53–0:18:00
Das Latente wäre dann das, wo man eben auch den Blick noch drauf richtet.
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Dazu sagt Fromm in dem Buch, es war Freud, der zu Anfang des 20.
0:18:05–0:18:07
Jahrhunderts die alte Auffassung neu bestätigte.
0:18:08–0:18:15
Mit alter Auffassung meint er, dass vor der Aufklärung,
0:18:15–0:18:19
vor der Säkularisierung und vor der wissenschaftlichen Aufarbeitung und Ergründung
0:18:19–0:18:22
des Körpers und der Psyche und so weiter,
0:18:22–0:18:25
war Traumdeutung, das ist auch eines der Zitate ganz am Anfang des Buches,
0:18:25–0:18:30
im Talmud steht wohl drin, ein ungedeuteter Traum ist wie ein ungelesenes Buch,
0:18:30–0:18:34
also da steht was drin und wir haben uns aber dem verweigert, es zu lesen.
0:18:34–0:18:37
Und diese alte Tradition wurde dann irgendwie gebrochen,
0:18:37–0:18:43
da wurde dann eben dem Organismus, dem Körper, wurde das metaphysische,
0:18:43–0:18:47
spirituelle erstmal aberkannt und es muss irgendwie eine andere Erklärung geben,
0:18:47–0:18:49
Bauchschmerzen, schlecht gegessen oder so in der Art.
0:18:50–0:18:57
Und Freud war das, der halt hier nach Fromms Worten diese alte Auffassung neu bestätigte,
0:18:57–0:19:01
dass die Träume sinn- und bedeutungsvoll sind, dass wir nichts träumen,
0:19:01–0:19:05
was nicht ein wichtiger Ausdruck unseres Innenlebens ist und dass man alle Träume
0:19:05–0:19:07
verstehen kann, Wenn man nur den Schlüssel...
0:19:10–0:19:13
Und im gleichen Absatz sagt er auch noch dann, dass es aber natürlich so ist,
0:19:13–0:19:18
dass wenn man physiologisch den Schlaf betrachtet, dann ist es ein Zustand,
0:19:18–0:19:21
wie er sagt, der chemischen Regeneration des Organismus.
0:19:21–0:19:24
Und das ist auch was, was man heute immer noch irgendwie unterstreicht.
0:19:24–0:19:29
Da gab es unterschiedliche Theorien, was denn Schlaf und Träum eigentlich sein könnte.
0:19:29–0:19:34
Aber der Schlaf ist, das hat man wohl heute auch noch immer als Theorie,
0:19:34–0:19:40
die Zeit, in der sich das Gehirn entgiftet oder entschlackt.
Florian Clauß
0:19:40–0:19:43
Also da, wenn ich da mal kurz einhaken darf,
0:19:43–0:19:48
also Schlafträume ist eine andere Kiste, aber Schlaf ist tatsächlich,
0:19:48–0:19:53
und das ist auch so die jüngste Forschung in der Biologie, so,
0:19:53–0:19:57
dass alle Organismen irgendwie schlafen.
0:19:57–0:20:01
Das war eine ... Ich hatte da neulich eine Dokumentation, ich glaub,
0:20:01–0:20:04
die lief auf Arte oder so, gesehen. War sehr faszinierend.
0:20:06–0:20:11
Ähm, ja, haben die auch zum Beispiel so Schnecken untersucht, die ...
0:20:12–0:20:15
Also, oder waren das Fadenwürmer? Es waren Nacktschnecken, aber die relativ
0:20:15–0:20:16
wenige Neuronen haben, ja.
0:20:17–0:20:20
Also, die mit so einem kleinen Gehirn ganz gut zurechtgekommen sind.
0:20:20–0:20:24
Und das Einzige, was die machen, ist fressen, ficken, schlafen.
0:20:25–0:20:29
Mehr können die nicht. Doch, sie können sogar noch ihr Geschlecht ändern.
0:20:29–0:20:30
Ja, ja, sowieso. Ja, stimmt.
0:20:31–0:20:37
Und dann wurden die bei dem Schlaf oder dann die eine Gruppe gestört,
0:20:37–0:20:42
die Kontrollgruppe nicht, und dann mussten die halt irgendwie eine Aufgabe lösen,
0:20:42–0:20:44
um zum Fressen, ich krieg's nicht mehr ganz zusammen, zu kommen.
0:20:44–0:20:49
Ja, und es war dann signifikant so, dass die, die dann beim Schlaf gestört,
0:20:49–0:20:54
die Gruppe einfach auch viel weniger gegessen hat und die Aufgaben nicht richtig lösen konnten.
0:20:55–0:20:59
Das ist diese Regeneration und auch diese Verarbeitung, das Lernen.
0:20:59–0:21:04
Also das vor allen Dingen Schlaf und Lernen wird ganz, ganz nah beieinander gesehen.
Micz Flor
0:21:05–0:21:10
Ja, das ist auch eben nachts diese Lernprozesse, diese Träume.
0:21:10–0:21:14
Das ist ja auch so eine Theorie, dass Träume quasi noch mal so eine Art Nachbearbeitung
0:21:14–0:21:17
von Erlebten sind, um es dann irgendwie noch mal anders zu speichern.
Florian Clauß
0:21:17–0:21:22
So, jetzt treten wir ins Freie. Vielleicht hört man es am Sound,
0:21:22–0:21:27
aber ich überlege, wie wir die Aufonik-Filterwelt drüber bügeln.
Micz Flor
0:21:27–0:21:29
Ja, mal gucken, wie lange wir das hier aushalten.
Florian Clauß
0:21:29–0:21:36
Und jetzt ist es wirklich so, dass der Regenstreifen mit Gewitter durchgezogen
0:21:36–0:21:38
ist. Und wir sind jetzt am Bayerischen Platz.
0:21:39–0:21:43
Und wir gucken, wenn das jetzt noch in deine Geschichte passt,
0:21:43–0:21:49
wir schauen jetzt mal, ob wir die Tafel, die Gedenktafel von Erich Fromms Praxis finden.
Micz Flor
0:21:50–0:21:54
Am Bayerischen Platz 1 und ich glaube das ist eins von diesen Häusern da am
0:21:54–0:21:57
nördlichen Ende, wenn ich das in der karte richtig gesehen habe,
0:22:00–0:22:03
Es ist jetzt so ein bisschen, ich habe so ein bisschen Sorge,
0:22:03–0:22:07
weil wir natürlich hier auch mit Mikro und Handy rumlaufen und ich habe keine Regenjacke und nichts.
0:22:08–0:22:13
Beuge mich so über, ich komme mir jetzt gerade vor wie eine von diesen gestörten Schnecken.
Florian Clauß
0:22:13–0:22:19
Ja, also ich glaube die Sorge ist, naja es kommt so ein bisschen nach Regen,
0:22:19–0:22:21
aber ich glaube da kommt nicht mehr viel.
0:22:22–0:22:25
Ansonsten kann ich, ich habe zwei Jacken, kann ich dir eine geben.
Micz Flor
0:22:27–0:22:29
Als ich denke, habe ich eine fitte Schnecke neben mir.
Florian Clauß
0:22:30–0:22:34
Genau, eine fitte Schnecke, die die Aufgaben für heute gelöst hat.
0:22:34–0:22:37
Nein, aber apropos Aufgabe, ich freue mich auf das Märchen.
Micz Flor
0:22:39–0:22:43
Genau, wir rennen jetzt eben Richtung Rotkäppchen, um das noch mal irgendwie
0:22:43–0:22:47
hier fest zu verhaken. Wir haben es nicht vergessen, Rotkäppchen kommt noch.
0:22:50–0:22:55
Bayerischer Platz eins, da steht's. Jetzt ist es dann ... Da ist sie ja auch schon. Uah!
0:22:56–0:22:58
Und der Regen von dem Gerüst tropft runter.
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Und wir stehen hier vor der Plakette von Erich Frong.
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Am 23.03.1900 in Frankfurt geboren, 18.03.1980 in Locarno gestorben,
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Sozialwissenschaftler, Humanist und Psychoanalytiker und lebte zwischen 1928 und 1930 in Berlin.
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Die Praxis stand unten, war von 1930 bis 1933.
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Müssen wir jetzt noch mal ein bisschen hier Quellen suchen, was jetzt stimmt.
0:23:28–0:23:32
Erlebt ihr, um die Psychoanalyse am Berliner Psychoanalytischen Institut systematisch zu lernen.
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Mitbegründer des Frankfurter Psychoanalytischen Instituts und Mitarbeiter am
0:23:36–0:23:39
Institut für Sozialforschung in Frankfurt. in Frankfurt und wie gesagt auch
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da war eben Fritz Perls und.
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Lohre oder Laura Perls, das ist die Frau von Fritz Perls, oder umgekehrt eben
0:23:52–0:23:55
auch Mitbegründerin der Gestalttherapie, die ist auch aus Berlin,
0:23:55–0:24:00
die hat hier als Gestaltpsychologin zuerst gearbeitet und dann auch die analytische
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Ausbildung in Berlin gemacht.
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Zurück zu Erich Vong, er emigrierte 1934 in die USA und entfaltete dort seine
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kritischen und politischen Gedanken in Forschung und Lehre.
0:24:10–0:24:16
Er wurde zu einer der Leitfiguren der Studentenbewegung, das ist bis zu Floh
0:24:16–0:24:22
durchgedrungen, haben oder sein, die Kunst zu lieben, das waren die wichtigen Bücher.
0:24:22–0:24:27
Er ist Mitbegründer der International Federation of Psychoanalytic Societies,
0:24:27–0:24:30
dem Dachverband nicht-orthodoxer psychoanalytischer Gesellschaften, 1962.
Florian Clauß
0:24:32–0:24:39
Würdest du Gestalttherapie auch in einem Raster nicht-orthodoxer psychoanalytischer
0:24:39–0:24:41
Gesellschaften einordnen?
Micz Flor
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Ja, die Gestalttherapie ist schon so ein Bruch einerseits, aber andererseits
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finde ich, dass es eine sehr, sehr klare Linie von der Psychoanalyse in die Gestalttherapie gibt.
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Es ist eigentlich eher so ein Zweig. Also in den 20er Jahren spätestens ging
0:24:56–0:25:03
das los, dass über die Neo-Psychoanalyse neue Dinge integriert wurden,
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Sachen umgebaut wurden.
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Es gab da dann schon eine ganze Reihe von unterschiedlichen Schulen,
0:25:11–0:25:12
die auch unterschiedlich arbeiten.
0:25:13–0:25:19
Die Charakteranalyse, die Ich-Psychologie hatte ich schon mal erwähnt. Ähm...
0:25:21–0:25:24
Ja, eine ganze Reihe brauchen wir jetzt irgendwie, glaube ich, nicht so durchgehen.
Florian Clauß
0:25:24–0:25:28
Auf jeden Fall ist hier nochmal so ein Voucher, der führt auf den Link.
0:25:28–0:25:33
Und da gibt es nochmal ganz viel Zusatzinformationen, einen Voucher, einen QR-Code.
0:25:34–0:25:39
Unter anderem gibt es auch sogar ein verlinktes Interview mit ihm.
0:25:41–0:25:43
Und das können wir uns schon mal packen.
Micz Flor
0:25:44–0:25:48
Also es ist vielleicht irgendwann mal so ein anderer Gang, wobei der vielleicht
0:25:48–0:25:48
ein bisschen langweilig ist.
0:25:48–0:25:52
Aber hier und dann hoch Richtung Charlottenburg, wo wir eigentlich loslaufen
0:25:52–0:25:56
sollten, gibt es eine ganze Reihe von Orten, an denen PsychoanalytikerInnen
0:25:56–0:25:59
gearbeitet oder gewohnt haben.
0:25:59–0:26:03
Und diese Plakette mit anderen ist halt auch Teil des Projektes mit Freud in
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Berlin. Das werden wir dann unten verlinken. Freud in Berlin?
0:26:06–0:26:09
Mit Freude. Das ist, glaube ich, der Wortwitz. Richtig.
0:26:10–0:26:13
Mit Freud in Berlin, ganz fromm heute.
0:26:20–0:26:24
Ich bin ganz kühl und feucht und gleichzeitig heiß, darauf weiterzumachen.
0:26:25–0:26:32
Und was du vorhin angesprochen hast, da wollte ich auch noch eine Referenz,
0:26:32–0:26:36
ein Buch, was ich auch sehr spannend finde, das heißt Egotunnel, glaube ich 2007,
0:26:36–0:26:44
8 oder 9 erschienen von Thomas Metzinger, ein Philosoph mit dem Untertitel von
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der Hirnforschung zur Bewusstseinsethik.
0:26:47–0:26:52
Und da geht es eben teilweise auch um dieses Bewusstsein, das ist natürlich
0:26:52–0:26:53
noch mal eine andere Ebene.
0:26:53–0:26:56
Da geht es jetzt nicht um Träume, aber natürlich geht es, wenn man über Träume
0:26:56–0:27:01
spricht, auch darum, warum ist man im Traum, weiß man, dass man im Traum ist, kann man das wissen.
0:27:01–0:27:06
Es gibt diese Form der Wachträume, wo man den Trauminhalt auch verändern kann
0:27:06–0:27:08
und trotzdem weiter schläft und träumt, das aber weiß.
0:27:10–0:27:15
Es gibt so manchmal so Wahrnehmungsthemen wie Deja Vu zum Beispiel, wo man...
0:27:17–0:27:20
Sich auch fragt, wie ist das mit der Bewusstsein, mit dem Bewusstsein alles verkoppelt.
0:27:20–0:27:25
Und in diesem Buch geht es eben auch in einem Kapitel um das Träumen per se.
0:27:25–0:27:28
Und da wird dann neurophysiologisch aufgeführt, die Theorie,
0:27:28–0:27:34
dass wir müssen immer wieder mal Temperatur checken. Das ist evolutionär bei uns so drin.
0:27:35–0:27:41
Und dieses Temperatur checken, dazu muss man dann quasi das Auto anschmeißen.
0:27:41–0:27:46
Das heißt, man kann jetzt nicht aufwachen, um die Temperatur zu checken.
0:27:46–0:27:52
Das Gehirn hat die Möglichkeit, über bestimmte Interneuronen die ganze Motorik abzuschalten.
0:27:53–0:27:58
Bei Leuten, die schlafen, ist das nicht ganz abgeschaltet. Das ist dann so eine Mischform.
0:28:00–0:28:05
Und vor allen Dingen der REM-Schlaf, also wenn die Augenbewegung sichtbar ist,
0:28:05–0:28:10
auch wenn jemand träumt, hat damit zu tun, dass die Augenmuskeln nicht durch
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die medulla Oblongata, also im Rückenmark, gehen und deshalb nicht vom Körper
0:28:15–0:28:16
abgeschaltet werden können.
0:28:16–0:28:21
Die Augen bewegen sich, sonst würde der ganze Körper sich beim Träumen.
Florian Clauß
0:28:21–0:28:28
Also das ist quasi so ein neurologisches Indiz dafür, dass bestimmte Nervenbahnen dann aktiv sind.
Micz Flor
0:28:29–0:28:34
In dem Fall geht es jetzt nur darum, dass die halt sagen, der Schlaf wurde erfunden,
0:28:34–0:28:39
damit der Körper seine Temperatur überprüfen kann, ohne dass er sich bewegen
0:28:39–0:28:42
muss, was die Energie kostet und das Schlafzweig halt irgendwie wichtig.
0:28:45–0:28:48
Zu dem anderen Thema, was du meintest, ich kenne die Doku nicht,
0:28:48–0:28:51
ich finde Schlaf auch total spannend, weil Schlaf ist erst mal was,
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was wir so alleine machen.
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Bei ganz vielen Tieren ist es so, das kennst du wahrscheinlich auch,
0:28:56–0:28:59
dass die Gehirnhälften abwechselnd schlafen.
Florian Clauß
0:28:59–0:29:02
Ja, bei Zuchtvögeln, ne? Und bei ...
0:29:04–0:29:05
Ja, teilweise bei Meeressäugern.
Micz Flor
0:29:05–0:29:07
Ja, bei Delfinen, aber auch bei ...
Florian Clauß
0:29:07–0:29:08
Heiden, glaub ich, auch.
Micz Flor
0:29:08–0:29:12
Nee, es gibt, glaub ich, sogar Landsäugetiere, wo das so ist.
0:29:13–0:29:17
Auf jeden Fall ist es auch so, das fand ich total irre, dass halt Schlaf in
0:29:17–0:29:20
gewisser Form trotzdem sogar auch ein Gruppenphänomen ist.
0:29:21–0:29:25
Und zwar ist es bei Fischottern in Kanada so, dass wenn die schlafen,
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halten die sich fest, dass sie nicht abgetrieben werden.
Florian Clauß
0:29:27–0:29:30
Das sieht so süß aus. Das ist so knuffig.
Micz Flor
0:29:30–0:29:34
Und das andere, da habe ich aber, weil ich hatte das auch mal recherchiert,
0:29:34–0:29:41
habe ich gar nicht so viel im Netz dazu gefunden, aber wenn Vögel schlafen, sind ja auch bedrohten.
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Da gibt es Fotos, da sitzen dann so ein paar Enten, vielleicht so acht Enten
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nebeneinander und die Enten ganz außen, ganz rechts außen, hat das linke Auge auf.
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Die Enten der Entenschlange, ganz rechts hat das linke Auge auf,
0:30:00–0:30:05
ganz links hat das rechte Auge auf und guckt dann mit diesem Weitwinkel weg
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von dieser Gruppe. Die Die monitoren mit der halben Gehirnhälfte,
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ob da irgendwas sich denen annähert.
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Und das machen nur die Äußeren. Und manchmal wechseln die auch die Position,
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dass die auch mal mit beiden Hälften schlafen können.
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Das finde ich total irre, dass halt so wirklich dieser Schlaf dann wirklich ein Gruppenevent wird.
0:30:23–0:30:26
Natürlich kann man wachestehen nicht, aber das hat sich ja scheinbar wirklich
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so ins Verhalten und das ganze Zusammenleben eingespielt.
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Wir wissen ja sowieso, dass alles miteinander verbunden ist,
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dass Schlaf auch ein Gruppenphänomen Das gibt ja, kennt man auch,
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wenn man kleine Kinder hat, wenn die dann irgendwann so müde sind,
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und dann zieht er es selber auch runter.
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Beim wandern auf der hütte ist irgendwann einfach klar jetzt schlafen alle
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es gibt so einen punkt da gibt es dann da reißt.
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Man sich gegenseitig runter also.
0:30:58–0:31:01
Das ist eine ganz spannende tour hier
0:31:01–0:31:04
ausgesucht da vorne ist doch
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das schöne berger rathaus oder genau das
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flommarkt auch immer also wir
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gehen jetzt mal ganz kurz bevor wir dann bei rotkäppchen ankommen gehen
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wir jetzt mal kurz durch freud ein bisschen durch und
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dann durch jung so ein bisschen durch um dann
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zurückzukommen wieder zu fromms auch zwei folgen ausmachen
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das ist glaube ich das ist glaube ich
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eine folge und dann ist gut gut ich
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finde ich finde mit freud und jung sind so zwei sehr
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unterschiedliche ansätze spürbar und
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frau hat dann so einen ansatz den ich persönlich auch war
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oder falsch kann man nicht sagen am anwendbarsten
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oder anwendbar verbindlichsten wenn man mit den patienten
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arbeitet das heißt in
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der praktischen arbeit genau wenn wir mit freud anfangen dann wir hatten ja
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schon ein bisschen anderen folgen da so ein hintergrund wichtig für uns ist
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jetzt hier zu verstehen das in
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Freuds ursprünglichem Denken und die Traumdeutung erschien im Jahre 1900,
0:32:13–0:32:18
erschien aber eigentlich oder ging quasi in Druck und ich weiß nicht genau,
0:32:18–0:32:20
wie das zusammenhing, 1899.
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Und was ich ganz lustig finde bei der Ausgabe, die ich habe,
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von Erich Fromms Buch, ist das Kapitel, die Kunst, glaube ich,
0:32:34–0:32:38
die Kunst der Traumdeutung ist auch auf der Seite 99 geht's los.
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So als ob wir da nochmal einen Punkt machen wollten, so von wegen das war 1899,
0:32:40–0:32:43
nicht 1900, Aber auf jeden Fall.
0:32:45–0:32:49
Freud ging ja davon aus, dass das Ich, was wir quasi wahrnehmen,
0:32:49–0:32:53
als Bewusstsein, als Vernunft, als ethisch-moralische Instanz,
0:32:53–0:32:55
dass das nur so ein ganz kleiner Teil ist.
0:32:55–0:32:59
Das meiste in seinem ersten Entwurf kommt aus dem Es,
0:32:59–0:33:02
aus dem Unbewussten, das Triebhafte, die Libido,
0:33:02–0:33:06
das Drängt, all die Dinge, die man eigentlich nicht machen darf,
0:33:06–0:33:10
nicht machen kann, nicht machen sollte, die einem abtrainiert werden schon in
0:33:10–0:33:16
frühester Kindheit oder die sich selbst nie traut oder aber auch Versuchungen,
0:33:16–0:33:22
denen man ausgeliefert ist, jeden Tag die Kollegin am Arbeitsplatz zu sehen,
0:33:22–0:33:25
wo man dann so große Lust hat, die man sich verbietet.
0:33:25–0:33:29
All diese Sachen, die drängen permanent auf dieses kleine Ich.
0:33:32–0:33:38
Und während des Traumes passiert Folgendes. Also erst mal sagt Freud, wir müssen schlafen.
0:33:39–0:33:45
Das heißt, der Traum, die Art und Weise, wie wir mit dem Traummaterial umgehen
0:33:45–0:33:50
oder die Geschichte, die daraus geformt wird, die ist in der Regel so ein bisschen
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abgemildert, auch damit wir weiter schlafen können.
0:33:53–0:33:57
Also das würden wir ja dauernd aufwachen, so ein bisschen wie bei Metzingers
0:33:57–0:34:00
Fußnote mit dem Temperaturmessen.
0:34:01–0:34:05
Also Freud sagt, der Trauminhalt, der wird auch modifiziert,
0:34:05–0:34:07
damit wir einfach schlafen können, weil das ist ja notwendig.
0:34:08–0:34:13
Und das Zweite ist aber natürlich, dass diese Trauminhalte, die da reindrängen,
0:34:13–0:34:18
das sind eben genau solche unterdrückten Wünsche oder solche nicht zugelassenen
0:34:18–0:34:21
Versuchungen, solche Eßimpulse und Triebe.
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Jetzt wird es schon ruhig, jetzt sind wir gleich im Park.
0:34:24–0:34:26
Und die bestimmen den Trauminhalt.
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Und die Art und Weise, wie heißt das, wo wir gerade gucken?
Florian Clauß
0:34:39–0:34:41
Ja, das ist die U-Bahn-Station Rathaus-Schöneberg.
0:34:43–0:34:48
Die ist wirklich so hier in diesem Palais eingefasst. Also, wenn man da drinnen
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steht, dann hat das schon was irgendwie ...
0:34:52–0:34:55
Eine schöne Kombination zwischen U-Bahn und Architektur.
Micz Flor
0:34:55–0:34:57
Mhm. Oh, sehr schön.
0:35:00–0:35:00
Ähm ...
0:35:03–0:35:06
Die Hauptformel, mit der wir die Träume ...
0:35:09–0:35:14
Das Traummaterial verändern, sind laut Freud die Verdichtung und die Verschiebung.
0:35:15–0:35:17
Also die Verschiebung ist so eine leichte Form der Verdrängung.
0:35:18–0:35:22
Verschiebung bedeutet, dass wir dann irgendwie im letzten Meter noch irgendwie
0:35:22–0:35:25
abbiegen und nicht wirklich im Traum klar erleben,
0:35:25–0:35:30
was wir als Impulse, als Wunsch haben, sondern das wird eben so ein bisschen
0:35:30–0:35:34
abgeschoben, weil es eben zensiert ist. spricht auch von der Zensur.
0:35:35–0:35:38
Und Verdichtung auf der anderen Seite ist so ein bisschen wie das,
0:35:38–0:35:42
was ich jetzt auch mit dem Erich Fromm Beispiel gesagt habe,
0:35:42–0:35:47
im Bauch des Schiffes, im Meer und dann wieder im Fisch drin.
0:35:47–0:35:49
Also dass manche Dinge einfach sehr dicht zusammenkommen.
0:35:50–0:35:52
Da fallen irgendwie ganz viele Dinge zusammen.
Florian Clauß
0:35:53–0:35:56
Bedeutet dicht in dem Sinne auch bedeutungsaufgeladen?
Micz Flor
0:36:02–0:36:07
Das beste Bild, was man sich dazu heranziehen kann, ist, dass es wirklich von unten drängt.
0:36:07–0:36:11
Es darf aber nicht durchbrechen, so ein bisschen wie ein Alien, dieser Korbs.
0:36:13–0:36:20
Und um es nicht durchbrechen zu lassen, wird der Druck quasi größer, es wird verdichtet.
Florian Clauß
0:36:23–0:36:28
Also quasi wie ein Stern, der jetzt von der Supernova steht.
0:36:28–0:36:33
Und man weiß nicht genau wann, aber du weißt, da drin geht es total ab und irgendwann
0:36:33–0:36:38
ist dann halt auch der Stern, der Strahlendruck so groß, dass es halt ausbricht.
Micz Flor
0:36:38–0:36:42
Jetzt sprichst du von dem Stern im Gürtel des Orion, der ja gerade...
Florian Clauß
0:36:42–0:36:48
Ja, genau, der wird sich beobachten und sagen, jederzeit könnte da eine Supernovae passieren.
Micz Flor
0:36:48–0:36:53
Ja, da sitzen ganz viele elektroastronomische Geräte, die die ganze Zeit mit
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trockenen Augen in die gleiche Richtung gucken.
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Und dann ist es ganz wichtig, dass es natürlich eben um Verbotenes geht,
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was man sich nicht zugestehen kann, was man wegen alter Erziehungsmaßnahmen
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sich nicht traut anzunehmen oder zuzulassen. Das sind quasi diese Trauminhalte.
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Es gibt dann auch immer die Tagesreste, das habe ich ja vorhin schon gesagt
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mit dem Beispiel, ich habe geträumt, es hagelt die ganze Zeit,
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während wir aufnehmen und die Mikros gehen kaputt oder man hört nichts oder wie auch immer.
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Jetzt springen wir noch mal kurz zu Jung, der beobachtet oder dann so ein bisschen
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reflektiert über die Traumdeutung von Freud, wo er sagt, es ist ja alles so
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ein bisschen nach hinten gerichtet. Es sind oft kindliche Themen auch.
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Das heißt, in einem Traum geht es eigentlich dann immer nur der Blick nach hinten.
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Es entsteht nichts Neues im Traum. Dabei ist doch der Traum so ein kreativer Moment.
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Kann denn da nicht auch Neues entstehen? Und er sagt dann,
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dass der Traum eben sowohl den Blick nach hinten hat, aber auch den Blick nach
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vorne in die Zukunft, also dass man auch schon Dinge erahnt,
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die einen vielleicht irgendwann erreichen könnten, dass man auch neue Wege sieht.
0:38:12–0:38:13
Er guckt da anders drauf.
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Und was ganz wichtig ist bei Jung ist, und jetzt möchte ich wieder ein Zitat
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vorlesen, wo Fromm Jung zitiert, also ist das quasi doppelt gemoppelt,
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aber ich finde das ganz wichtig.
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Jung sagt dazu, die Seele ist Durchgangspunkt, daher notwendigerweise nach zwei Seiten bestimmt.
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Sie gibt einerseits ein Bild vom Niederschlag alles Vergangenen und in diesem
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andererseits ein Bild der keimenden Erkenntnis alles Kommenden.
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Insofern die Seele selber die Zukunft schafft.
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Das klingt, finde ich, kann man gut annehmen, dass man auch so das Gefühl hat,
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dass man schon im Traum, gerade wenn man den wie Fromm sagt, auch herstellt.
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Wir sind ja der Agent oder die Agentin, die das Ganze schreibt,
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die das Ganze herstellt, dass wir dann vielleicht auch Dinge einpacken und zulassen,
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die nach vorne gucken könnten und nicht nur das Verdrängte die ganze Zeit reindrückt.
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Das Ding bei Jung ist, dass er ...
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Da sehr spirituell religiös wird. Also er spricht davon, dass das Träumen quasi
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ohne Zweifel ein grundlegendes religiöses Phänomen ist.
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Und eine Stimme, die dann in unseren Träumen spreche, die sei nicht die eigene,
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sondern kommt aus der Quelle, die uns transzendiert.
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Also da spricht dann was Höheres, was hinter uns steht. Und das ist dann auch
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was, was verknüpft ist mit Grüße an Chris, verknüpft ist mit Jungs-Konzept von den Archetypen.
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Archetypen sind nach Jung nicht Dinge, und das ist dann auch die Brücke zu unserer
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eigenen Folge über die künstliche Intelligenz.
Florian Clauß
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Eigentlich-Folge.
Micz Flor
0:40:01–0:40:02
Die eigentliche Eigentlich-Folge.
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Archetypen sind eher der Hintergrund, auf dem wir auch sind.
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Und nichts, was wir in unserem kulturellen Zusammenspiel erfunden haben.
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Und damit ist es so ein bisschen verwandt eben mit diesem panpsychischen.
0:40:22–0:40:26
Ich weiß nicht, ob du dich daran erinnern kannst. Also diese Idee,
0:40:26–0:40:31
dass Bewusstsein etwas ist, was angelegt ist, in irgendwie Quantenmechanik,
0:40:31–0:40:33
wie auch immer, das heißt Bewusstsein ist da.
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Und es ist nicht so, dass wir komplex genug sind, dass wir uns selbst bewusst
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werden, Sondern wir sind komplex genug, dass wir dieses Bewusstwerden erleben,
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beschreiben und damit umgehen können.
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Und bei ihm ist es irgendwie so ähnlich. Und er hat dann einmal,
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das fand ich ein ganz schönes Beispiel, wo er das wirklich auch deutlich macht
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und sich da auch nicht versteckt, weil das ist einfach seine feste Überzeugung.
0:41:01–0:41:08
Und da wurde er gefragt, ob die Stimme, die in den Träumen die Geschichte schreibt, das sind doch wir.
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Und dann sagte er, ich würde einen Gedanken nur dann mein eigener nennen,
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wenn ich ihn gedacht habe, ebenso wie ich Geld nur dann als mein eigenes bezeichnen
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würde, wenn ich es bewusst und legitim erworben habe.
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Wenn jemand mir das Geld als Geschenk gibt, dann werde ich zu meinem Wohltäter
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sicherlich nichts sagen. Ich danke dir für mein Geld.
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Obwohl ich nachher zu einem dritten Person sagen könnte, das ist mein eigenes Geld.
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Mit der Stimme bin ich in einer ähnlichen Lage. Die Stimme gibt mir gewisse
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Inhalte genauso, wie ein Freund mir seine Ideen mitteilen würde.
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Es wäre weder anständig noch weitsgemäß, sondern ein Plagiat zu behaupten,
0:41:50–0:41:55
dass was er sagt ursprünglich und zuerst meine eigenen Ideen gewesen seien.
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Also da merkst du, das ist glaube ich ganz deutlich, dass das,
0:41:58–0:42:03
was wir in den Träumen, das ist eine Öffnung in den Träumen zu etwas Transzendiertem,
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was uns diese Bilder, diese Öffnung nach vorne, nach oben auch geben.
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Und wenn sie dann bei uns angekommen ist, dann ist sie auch unsere,
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dann erzähle ich dir meinen Traum.
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Aber es wäre trotzdem nicht komplett wahr zu sagen, dass das alles meine Ideen
0:42:22–0:42:27
sind. Und das ist, denke ich, natürlich dann ganz deutlich noch so ein anderer Sprung.
Florian Clauß
0:42:27–0:42:32
Ja, es ist ungefähr wie wenn wir jetzt diese Folge mit dem neuen Feature von
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Auphonic einfach die Zusammenfassung schreiben lassen.
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Ja, über Whisper und Chat-GPT.
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Kann das auch Phonik? Ja, das hab ich dir da geschickt. Und automatisch Kapitelmarken
0:42:43–0:42:48
setzen. Dann ist das jetzt nicht deine Stimme, sondern du hast die geliehen.
0:42:48–0:42:52
Und du musst dankbar sein. Ich hab sie bezahlt.
Micz Flor
0:42:53–0:42:58
Mit meinem Geld. Es ist nicht meine Stimme, aber es ist mein Geld und deshalb
0:42:58–0:42:59
ist es auch meine Stimme.
Florian Clauß
0:42:59–0:43:05
Meine Stimme. Ja, okay. Ja, so kann man es sehen, ne? Besitz und Idee.
Micz Flor
0:43:05–0:43:10
Und da ist es jetzt noch mal ganz wichtig, Erich Fromm habe ich ja eingeleitet,
0:43:10–0:43:12
wie er über das Symbolische gesprochen hat.
0:43:12–0:43:16
Und da hat er zugelassen zu sagen, es gibt sowas wie Feuer oder Wasser,
0:43:16–0:43:23
das sind universelle symbolische oder Symbole, die alle irgendwie verstehen.
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Er relativiert es dann auch noch, er sagt zum Beispiel die Sonne ist jetzt eher
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in nördlichen Regionen dann vielleicht etwas,
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was nur positiv gesehen wird,
0:43:32–0:43:37
weil es einfach so wenig Licht gibt dann nördlich des Polarkreises zum Beispiel,
0:43:37–0:43:41
deshalb ist die Sonne immer gut für Ernte und so weiter, während in anderen
0:43:41–0:43:43
Regionen der Welt vielleicht die Sonne auch als etwas Destruktives,
0:43:43–0:43:46
Zerstörerisches, Verbrennendes gesehen werden kann.
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Also er meint, diese Wirkmacht, die solche universalen Symbole haben,
0:43:51–0:43:55
die ist für alle Menschen spürbar und es kann trotzdem,
0:43:57–0:44:02
regionale Unterschiede geben, was er hier eigentlich diesen konventionellen
0:44:02–0:44:03
Symbolen vorbehalten hat.
Florian Clauß
0:44:03–0:44:08
Und das ist, nochmal den links, sind das Archetypen?
0:44:09–0:44:16
Ist das quasi die Folie, wo der Geist dann halt so quasi gedeiht?
0:44:16–0:44:19
Kann man sich das, also ganz platt gesprochen?
Micz Flor
0:44:21–0:44:28
Die Archetypen, also wie ich das erlebe, es ist so ein bisschen wie die Titanen
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in der griechischen Mythologie. Die waren schon immer da, die hat man irgendwie weggesperrt.
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Also die griechischen Götter, die wir kennen, Zeus hat halt seine ganzen Titanen,
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älteren Kronos und sowas, hat er alles weggesperrt.
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Aber die wühlen und wirken, die sind nicht wirklich weg.
Florian Clauß
0:44:43–0:44:49
Aber die wirken ja dann über die Individualität der einzelnen Leuten irgendwie
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so in so ein kollektives Gedächtnis rein.
Micz Flor
0:44:57–0:45:02
Ja, und dieses kollektive Gedächtnis ist etwas, was Fromm zum Beispiel gut annehmen
0:45:02–0:45:06
kann. Dass er sagt, das kulturelle, unser Hintergrund, das ist ja dann auch
0:45:06–0:45:08
ein Gestaltthema, Hintergrund werde das Vordergrund.
0:45:08–0:45:13
Der kulturelle Hintergrund wirkt rein und um die Bedeutung des Vordergrunds
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zu verstehen, müssen wir auch den Hintergrund wissen.
0:45:15–0:45:19
Das ist das, was Fromm indirekt sagt, wenn jemand von der Sonne träumt und ich
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würde mit dieser Person über den Traum sprechen wollen, dann ist es hilfreich
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zu erfahren, dass diese Person aufgrund von Dürre die Sonne immer als was Gefährliches wahrgenommen hat
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oder diese Person hat aufgrund von Dunkelheit Sonne immer als was Positives wahrgenommen.
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Das ist sozusagen der kulturelle Hintergrund, den Fromm auch so annehmen würde.
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Und mit dem Vordergrund und Hintergrund spreche ich quasi in gestalterapeutischen Begriffen.
0:45:43–0:45:48
Und bei Jung wäre es aber in der Reinform, so wie er das geschrieben hat,
0:45:48–0:45:53
anders. anders. Die Archetypen, die sind vor uns.
0:45:54–0:45:58
Ja, so verstehe ich. Ich bin jetzt auch kein Experte. Vielleicht muss ich mich
0:45:58–0:46:02
da mal reinlesen, wirklich dazu eine Folge machen. Dann habe ich es endlich auch kapiert.
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Learning by teaching in der Art.
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Aber in dem Verständnis, was ich jetzt gerade habe, sind die Archetypen nicht
0:46:11–0:46:13
einfach nur kollektive,
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kulturelle, unbewusste Artefakte von Jahrtausenden der Menschheitsgeschichte,
0:46:20–0:46:23
was natürlich für Mythen auch wieder gilt.
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Also zum Beispiel das Bild Sinnflut, da gab es ja dann irgendwelche Erkenntnisse vor ein paar Jahren,
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das glaube ich am Schwarzen Meer war, dass es wohl irgendwann so mal einen Bruch
0:46:35–0:46:40
gegeben haben muss, wo unendliche Wassermassen sich in kürzester Zeit da so
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reingegossen haben und vermutet, ob dieses Bild der Sinnflut sich da einfach gehalten hat.
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Und wir können uns natürlich vorstellen, dass die Sinnflut einfach ein archaisches
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Bild ist, was man als Plottbild irgendwie so erfindet, aber es ist nicht auszuschließen,
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dass es eben auch Erfahrungen sind, die das Ganze so ins Rollen gebracht haben.
Florian Clauß
0:46:59–0:47:01
Ja, also es gibt ja auch,
0:47:08–0:47:15
so bestimmte Trends, wo dann, ja wie soll ich sagen, dieses Indigene quasi so
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als ein Ort der Wahrhaftigkeit.
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Und da werden auch alle Indigene Kulturen zusammen gemixt,
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aber es gibt dann halt so, das habe ich jetzt irgendwo mal auf YouTube so einen Vortrag gesehen,
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das fand ich so ein bisschen strange,
0:47:31–0:47:36
aber es ist ja so ein bisschen so, was Archetypisch,
0:47:36–0:47:43
was Indigenes, was Wahrhaftiges und da kommt man an so eine Schicht und ich weiß nicht,
0:47:43–0:47:47
ob das eine reine Projektion ist, aber so der Wunsch vielleicht vielleicht auch,
0:47:47–0:47:53
dass da was ist, was dann alles irgendwie so auch ein bisschen in Bedeutung
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und eine Kausalität bringt.
Micz Flor
0:47:57–0:48:04
Ja, das ist vielleicht so ein bisschen auch wieder so ein Gestalthema,
0:48:04–0:48:08
das hat sich ja in der letzten Folge mit der emotionsfokussierten Therapie auch
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so ein bisschen besprochen, diese Rolle von Emotionen.
0:48:12–0:48:17
Also man möchte vielleicht, wenn ich das jetzt so verbinde, man möchte vielleicht
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über solche indigenen Verbindungen auch irgendwie ein Gefühl dafür entwickeln
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können, dass wir alle miteinander verbunden sind.
0:48:25–0:48:29
Und darin natürlich dann auch so ein bisschen dieses Konfluente,
0:48:29–0:48:31
die sich auflösen, möglich ist.
Florian Clauß
0:48:31–0:48:36
Ja, das geht in die Richtung, das stimmt. So dieses Konfluent und das Verbindende
0:48:36–0:48:40
und wo dann den indigenen Kulturen nachgesagt wird, dass die auch den Schlüssel
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dazu haben, eben das zu spüren.
0:48:43–0:48:47
Und der dann in der westlichen Konsumwelt irgendwo verloren gegangen ist.
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Das ist immer eine Konsumpolitik. Wir gehen jetzt hier über diese kleine Brücke.
0:48:54–0:48:57
Wir können über das Wasser laufen, noch so ein Archetyp.
Micz Flor
0:48:57–0:49:00
Nee, wir gehen durch diese Pfütze oder um diese Pfütze.
Florian Clauß
0:49:00–0:49:02
Nee, ich glaub, durch die Pfütze kommen wir nicht.
Micz Flor
0:49:02–0:49:04
Wir müssen da hoch über die Brücke.
Florian Clauß
0:49:04–0:49:09
Wir müssen da hoch. Da müssen wir hier diesen Pfad lang gehen.
Micz Flor
0:49:09–0:49:12
Also, ich wette, ich treff dich oben. Ich wette, man kommt hier rum.
Florian Clauß
0:49:14–0:49:21
Okay, also, wir haben jetzt so Ansätze von Freud kennengelernt, Ansätze von Jung.
0:49:23–0:49:25
Und sind auch immer wieder mit Frommen dann dabei.
Micz Flor
0:49:26–0:49:29
Also um diese drei Schubladen so ein bisschen zu belabeln, ja,
0:49:29–0:49:35
es ist halt irgendwie bei Freud so, dass er diese Strömung des 19.
0:49:35–0:49:39
Jahrhunderts, späten 19. Jahrhunderts, Schopenhauer-Nietzsche aufgenommen hat,
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die sich gegen diese reine Aufklärung und Moral irgendwie gewehrt haben,
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gesagt haben, es ist nicht alles so super cool und weiße Weste und hochgeknöpft, wie alle so tun.
0:49:52–0:49:58
Da gibt es mehr. Das ist halt das, was man vielleicht dann nicht sagt, Aber das heißt nicht...
0:50:00–0:50:04
Und vor dem Hintergrund hat er dann eben diese Traumidee entwickelt,
0:50:04–0:50:11
dass der Traum geprägt ist von diesen unbewussten Drängen, Trieben,
0:50:11–0:50:16
Wünschen, die allerdings im Traum verändert werden.
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Die Mechanismen sind das Verdichten, was dann vielleicht sogar auch was gut
0:50:21–0:50:25
ausgeht, was im Alltag nie gut ausgeht, damit man nicht aufwacht.
0:50:25–0:50:31
Das andere ist eben das Verschieben, dass man zum Beispiel seinen Menschen,
0:50:31–0:50:35
auf den die ganze Begierde gerichtet ist oder der ganze Hass gerichtet ist,
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im Traum dann irgendwie verschiebt.
0:50:36–0:50:40
Dann ist er auf einmal ein Platzhalter, eine historische Figur oder ein anderer
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Gegenstand, weil man sonst eben auch
0:50:42–0:50:45
wieder aufwachen würde und nicht weiterschlafen kann, verkürzt gesagt.
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Jung hat als Kritik angebracht, okay, es geht ja nicht nur um das Vergangene
0:50:49–0:50:51
und diese Kindheitsthemen,
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verdrängt, sondern es geht auch darum, dass im Traum mal was konstruktiv entworfen werden kann,
0:50:57–0:51:03
in Zukunft gesehen werden kann und kommt dann aber im zweiten Schritt mit den Archetypen,
0:51:03–0:51:08
das also hinter den die Träume in gewisser Weise eine transzendentale Öffnung darstellen,
0:51:08–0:51:16
in denen wir empfänglich sind für buchstäblich Stimmen, die allerdings nicht
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unsere sind, sondern die zu uns kommen.
0:51:21–0:51:27
Und Fromm eben auch in der Anlehnung an den Zeitgeist der damaligen Zeit,
0:51:27–0:51:30
die Neopsychoanalyse, die auch versucht hat, mit ein paar Sachen aufzuräumen.
0:51:30–0:51:33
Das kommt dann nachher auch in dem Rotkäppchen-Thema noch mal ein bisschen.
0:51:35–0:51:41
Und aber eben auch die Gestalttherapie in der Verwandtschaft mit diesem existenziellen
0:51:41–0:51:45
Denken, die sagt, Wir haben Verantwortung, wir sind Akteure.
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Wenn wir diese Verantwortung übernehmen, in vollem Gewahrsein,
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dann ist das in sich selbst schon ein wichtiger Schritt für Wachstum oder Heilung,
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wenn wir uns als krank wahrnehmen.
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Für Traumdeutung heißt es, oder die Träume selbst, dass wir das Material und
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die Geschichten selber herstellen.
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Das sind unsere Geschichten, wir machen die im Traum. Und da ist es doch nur
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spannend, mal zu treffen.
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Diese Geschichten für uns bedeuten könnten. Das ist nicht ausgeschlossen,
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dass wir archätypisch denken, dass für bestimmte Kulturen bestimmte Dinge etwas
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bedeuten und auch im Traumland vielleicht diese Bedeutung einnehmen.
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Es kann aber auch sein, dass es eine Verschiebung ist. Da ist es jetzt nicht
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so, dass man das dann komplett alles über Bord schmeißt.
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Aber der wichtigste Punkt ist eben, wir können auch nach vorne gucken und es
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ist nicht nur verdrängt, dass was hochkommt, sondern es sind einfach Geschichten,
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die wir uns erzählen. Also es ist sehr viel mehr Eigenverantwortung mit dabei, auch beim Träumen.
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Aktive oder konstruktivistische Themen vielleicht sogar. Wir erschaffen,
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wie er ja sagt, wenn wir einschlafen, erwachen wir in eine andere Welt.
0:52:56–0:53:01
Und in dieser Welt erschaffen wir Gebilde, Geschichten, können auch vielleicht
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Probleme umwälzen, Dinge herstellen.
Florian Clauß
0:53:03–0:53:08
Ich verstehe, also so ein bisschen, wenn man das jetzt sehr übertragen vergleichen
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mag mit den verschiedenen,
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Konfessionen von Katholizismus, Katholiken und Protestanten, so, dass für die,
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Katholiken der Ostersonntag der höchste Feiertag ist, weil dann die Auferstehung gefeiert wird,
0:53:34–0:53:42
Also eher jenseitsbezogen, während für die Protestanten der Karfreitag der höchste Feiertag ist.
0:53:44–0:53:49
Eben das Leiden und Sterben von Jesus Christi, weil es eher diesseitsbezogen ist.
Micz Flor
0:53:49–0:53:54
Ah, da kennst du dich besser aus als ich. Und der Buddhismus wäre dann die dritte,
0:53:54–0:53:56
weil ich hatte ja drei quasi auf dem Buffet.
Florian Clauß
0:53:56–0:53:59
Nein, nein, ich versuche ja, ich sehe gerade so dieses...
Micz Flor
0:54:00–0:54:06
Wenn es mosaische Religionen sind, dann wäre natürlich das Judentum der Dritte.
0:54:07–0:54:10
Die dritte Religion da, aber das kann ich dir nicht so richtig beantworten.
Florian Clauß
0:54:10–0:54:14
Aber natürlich ist es... Es geht mir jetzt darum, dass es so ein bisschen,
0:54:14–0:54:19
also was ich jetzt verstehe, der Punkt, wo du jetzt dann bei der Gestalttherapie
0:54:19–0:54:22
rauskommst, ist ja, dass es dann eher so anwendungsbezogen wird.
Micz Flor
0:54:22–0:54:28
Ja, also für mich ist es in der Arbeit so, dass ich das anwendungsbezogen finde
0:54:28–0:54:29
und ich bin mir sicher, dass...
Florian Clauß
0:54:29–0:54:32
Und nicht so sehr quasi fatalistisch wahrgenommen wird, ne?
0:54:32–0:54:36
Weißt du, du kannst ja immer, wenn du irgendwie was Rückblickendes hast,
0:54:36–0:54:42
dann sind das ja auch irgendwelche Zwänge, die vielleicht dann nicht so einfach
0:54:42–0:54:47
loszuwerden sind. Und wenn man dann erguckt, was kommt, dann hast du ja einen anderen Freiraum.
Micz Flor
0:54:47–0:54:54
Ja, man würde in vollem Wachzustand dann sogar über sowas wie Ressourcenaktivierung sprechen oder so.
0:54:54–0:54:59
Aber bei der Traumdeutung sind dann eben die Unterschiede bei Freud,
0:54:59–0:55:08
Dass die E-Striebe, die verändert werden, bei Jungen die Stimmen der Transzendenz,
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die sie erreichen können.
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Und in der Gestalttherapie das Existenzialistische.
0:55:13–0:55:18
Wir sind komplexe Wesen, die so viel können. Wir können sogar Träume machen.
0:55:19–0:55:22
Und mit diesen Träumen, genauso wie mit Musik, können wir uns auseinandersetzen.
0:55:23–0:55:26
Oder eben mit Märchen. Das ist dann vielleicht sogar der Bezug auf so einer
0:55:26–0:55:30
kulturellen Ebene. Märchen sind dann auch gemachte Geschichten,
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die überleben durften, weil die scheinbar irgendwas beinhalten.
Florian Clauß
0:55:34–0:55:36
Märchen, ist das jetzt der Stichpunkt?
Micz Flor
0:55:36–0:55:37
Das ist der Stichpunkt.
Florian Clauß
0:55:37–0:55:44
Wow. Mitch, ganz kurz. Wir sind, wir haben, also danke erstmal für diesen Überbau.
0:55:44–0:55:46
Ich habe einiges gelernt und...
Micz Flor
0:55:46–0:55:53
Oder habe ich das falsch gemacht? Nein. Vielen Dank für dieses Interview.
Florian Clauß
0:55:55–0:56:01
Ich habe einiges gelernt und denke mir zumindest, dass ich es verstanden habe.
0:56:03–0:56:09
Du hattest ja die Episode angekündigt, dass wir jetzt noch mal in so eine quasi
0:56:09–0:56:13
eine Interpretation eines Märchens reingehen.
Micz Flor
0:56:14–0:56:16
Das kommt jetzt, genau.
Florian Clauß
0:56:17–0:56:21
Aber ich möchte vielleicht, weil wir haben jetzt schon eine Stunde aufgenommen
0:56:21–0:56:26
und ich fände es total super, wenn wir jetzt hier so einen Cliffhanger machen,
0:56:26–0:56:29
weißt du, quasi so einen theoretischen Cliffhanger,
0:56:29–0:56:33
weil alle unsere Zuhörerinnen und Zuhörer sind jetzt schon ganz heiß nach dieser
0:56:33–0:56:35
Theorie auf die Praxis zu kommen und sagen,
0:56:35–0:56:44
in zwei Wochen erfahrt ihr dann mehr, was wir zu Rotkälbchen mit diesem Überbau zu sagen haben.
0:56:45–0:56:51
Und deswegen mein Vorschlag, wir machen hier einen Cut und nehmen dann weiter
0:56:51–0:56:55
auf in zwei Wochen. Und was hältst du davon?
Micz Flor
0:56:55–0:56:57
Wow. Okay.
Florian Clauß
0:56:57–0:56:59
Oder reißt sich das jetzt gerade zu sehr raus?
Micz Flor
0:56:59–0:57:06
Nee, aber ich finde es super, weil wer hätte gedacht, zwei Folgen in einer Wanderung.
0:57:06–0:57:12
Klasse. Und wir haben zwei Cliffhanger, dann hätten wir auch noch die Tour,
0:57:12–0:57:16
weil du hast ja wahrscheinlich ein geniales Finale für unsere Wanderung noch angedacht.
0:57:17–0:57:20
Und auch, weil die Tour würde ja dann auch einfach weitergehen nächste Woche.
Florian Clauß
0:57:20–0:57:21
Ja, machen wir so.
Micz Flor
0:57:21–0:57:22
Okay, bin ich dabei.
Florian Clauß
0:57:22–0:57:30
Okay, alles klar, also dann sage ich, das war eigentlich Podcast Episode 31.
0:57:32–0:57:41
Heute hat Mitch uns viel Theorie zum Träumen von großen Namen der Psychoanalyse erzählt.
0:57:43–0:57:47
Vielen Dank dafür. Das Ganze mit Material findet ihr auch unter eigentlich-podcast.de.
0:57:49–0:57:55
Und eigentlich Podcast ist der Podcast, bei dem wir laufend reden und im Laufen reden.
Micz Flor
0:57:55–0:57:57
Und im Regen laufen.
Florian Clauß
0:57:57–0:58:00
Und im Regen laufen. Genau. Also bis zum nächsten Mal.
Micz Flor
0:58:00–0:58:04
Bis zum nächsten Mal und träum weiter! Tschüss! Tschüss!

Mehr

"Lose your mind and come to your senses"

Auf der Reise von Schöneberg nach Kreuzberg beschäftigen wir uns mit der Gestalttherapie und beginnen mit Ergänzungen aus der letzten Episode zum Thema. Zunächst erläutern wir den Unterschied zwischen den Kontaktfunktionen Deflektion und Egotismus. Deflektion bezeichnet den Versuch, unangenehme Erfahrungen zu vermeiden oder abzulenken, während Egotismus eine selbstbezogene Haltung ist, bei der der Fokus auf den eigenen Bedürfnissen liegt und Interaktion mit anderen vernachlässigt. Wir lassen die Phänomenologie erscheinen, die Unterscheidung zwischen Husserls transzendentaler Phänomenologie und Schmitz' leibphänomenologischer Perspektive. Auch spazieren wir durch die emotionsfokussierter Psychotherapie mit ihren primären und sekundären Emotionen, die von Leslie Greenberg entwickelt wurde. Primäre Emotionen sind grundlegende und unmittelbare Reaktionen auf bestimmte Situationen oder Ereignisse, während sekundäre Emotionen als Reaktionen auf primäre Emotionen entstehen und weniger direkt mit den Bedürfnissen einer Person verbunden sind. Schließlich gelangen wir nach Kreuzberg und zum *eigentlichen* Gegenstand der Episode: den Techniken der gestalttherapeutischen Arbeit. In der Gestalttherapie liegt der Fokus jedoch weniger auf spezifischen Techniken, sondern vielmehr auf dem Prozess der Selbsterforschung, des Gewahrseins und des unmittelbaren Erlebens der Klient:innen. Techniken dienen als Mittel zur Unterstützung dieser Ziele und können je nach Therapeut und Situation variieren. Auf unserer Website ein Zitat des Gründers Fritz Perls, wie er gegen Techniken wettert.

Shownotes

Mitwirkende

avatar
Micz Flor
Erzähler
avatar
Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:05
Können wir irgendwas anderes machen, außer klatschen, was irgendwie die gemacht haben?
Florian Clauß
0:00:05–0:00:07
Ne, machen wir nicht. Ne? Nein.
Micz Flor
0:00:07–0:00:10
Mal klatschen? Wir könnten mit Füßen mal was machen.
Florian Clauß
0:00:10–0:00:12
Nein, wir machen nichts mit Füßen. Okay, dann tschüss. Gut.
Micz Flor
0:00:16–0:00:17
War das laut genug?
Florian Clauß
0:00:17–0:00:17
Ne.
Micz Flor
0:00:25–0:00:27
Hallo! Willkommen zu Eigentlich-Folge.
Florian Clauß
0:00:27–0:00:30
Wir sind jetzt bei der, warte mal, lass mich mal rechnen, 29. 29.
0:00:33–0:00:38
Letztes Mal habe ich über das Fermentieren gesprochen. Stimmt.
Micz Flor
0:00:38–0:00:43
Und ich mache jetzt die Fortsetzung, die du vor, wenn man das hier hört,
0:00:43–0:00:47
vier Wochen indirekt angeregt hast, nicht direkt eingefordert hast.
0:00:48–0:00:51
Könnte doch noch eine zweite Folge sein zur Gestalltherapie.
Florian Clauß
0:00:51–0:00:56
Ja, spannend. Aber lassen Sie mal, bevor wir ins Thema einsteigen,
0:00:56–0:00:59
kurz diejenigen abholen, die das zum ersten Mal hören.
Micz Flor
0:01:00–0:01:00
Alle beide?
Florian Clauß
0:01:02–0:01:06
Ich würde sagen, alle drei. Also wir sind eigentlich minuspodcast.de.
0:01:09–0:01:13
Da kriegt ihr mehr Informationen raus über uns und über die einzelnen Folgen.
0:01:14–0:01:18
Und wir reden beim Laufen und laufend reden, also das heißt...
0:01:19–0:01:28
Wir spazieren durch die Stadt, übers Land oder auch in den Bergen und wälzen dann Themen.
0:01:29–0:01:32
Wir sind Mitch Floor und ich bin Florian Klaus.
Micz Flor
0:01:32–0:01:36
Okay, ist das so? Ja, ich musste wieder ich bin anfangen.
Florian Clauß
0:01:38–0:01:45
Und die Idee zum Podcast ist uns dann auch bei einer gemeinsamen Hüttenwanderung
0:01:45–0:01:51
gekommen, Wo wir dann bei einer zwölfstündigen Wanderung alles besprochen haben.
0:01:54–0:01:59
Und damit wollen wir weitermachen, weil alles ist viel und wird immer mehr und ist auch nie erschöpft.
0:02:00–0:02:04
Und insofern, wir haben auch Fortsetzungen von Themen.
0:02:04–0:02:11
Und Mitch hat vor vier Wochen, also die Folge eigentlich, war das 27?
0:02:18–0:02:22
27 ein uns Gestalttherapie erzählt, was in der Gestalttherapie für Methoden,
0:02:22–0:02:30
wie sich die Gestalttherapie historisch aufgebaut hat und wollt ihr jetzt in
0:02:30–0:02:35
dieser Folge, ich nehme es vorweg, ein wenig auch über die Praxis sprechen in der Gestalttherapie.
0:02:36–0:02:39
Ja. Mitch.
Micz Flor
0:02:39–0:02:44
Ja und wollte aber auch noch mal zurück in ein paar sachen korrigieren also
0:02:44–0:02:46
wir sind heute losgelaufen im heinrich lassen park
0:02:46–0:02:50
das vielleicht noch für die die sich interessieren wo unsere wandlung lang läuft
0:02:50–0:02:55
den track könnt ihr auch auf der webseite sehen und flo das ein foto gemacht
0:02:55–0:02:59
von der sicher vom sicherstellungsgelände polizei berlin ich habe keine ahnung
0:02:59–0:03:04
was es genau ist Aber es war ein schönes Gebäude, ja, es war sehr abgesichert.
0:03:05–0:03:09
Aber es sah auch komisch aus, weil es waren so Eisenbahnschienen,
0:03:09–0:03:12
also ich dachte es wäre so eine Straßenbahn.
Florian Clauß
0:03:12–0:03:14
Ja, es sah so ein bisschen aus wie da am Gleissteig.
Micz Flor
0:03:16–0:03:20
Ja, und da sind wir auch schon wieder mittendrin. Ich konnte das nicht loslassen,
0:03:20–0:03:22
weil das ist noch eine offene Form, es ist immer noch eine offene Form.
0:03:22–0:03:25
Aber manchmal hilft einfach nur teilen oder mitteilen.
0:03:25–0:03:29
Jetzt kann ich es besser loslassen und schuckle mich jetzt in meine Folge ein.
Florian Clauß
0:03:29–0:03:32
Das war jetzt korrigieren. Ich dachte, du wolltest in deiner Folge was korrigieren.
0:03:34–0:03:36
Du wolltest meine Einleitung korrigieren.
Micz Flor
0:03:36–0:03:39
Nee, ich wollte nicht deine Einleitung korrigieren. Siehst du,
0:03:39–0:03:41
es war wieder bei dir, was auf dem Störunger am Vorrücken ist.
Florian Clauß
0:03:42–0:03:47
Störunger am Vorrücken, ich glaub, den Satz streichen wir, oder?
Micz Flor
0:03:47–0:03:47
Club of 27.
0:03:50–0:03:51
Diese Folge ist Vergangenheit.
0:03:54–0:03:54
Also ...
0:03:57–0:04:01
Zwei Dinge möchte ich gern korrigieren. Das eine war ...
0:04:02–0:04:08
Da bin ich eher so ein bisschen drüber gehuscht, weil ich damit nicht so viel
0:04:08–0:04:11
anfangen konnte und habe das so ein bisschen zur Seite geschoben,
0:04:11–0:04:13
habe dann nachgedacht, das ist auch nicht fair.
0:04:13–0:04:16
Und man merkt jetzt vielleicht, wenn ich darüber spreche, dass ich es dann auch
0:04:16–0:04:21
nicht so richtig greifen kann, aber ich denke, es muss auf alle Fälle erwähnt werden.
0:04:22–0:04:26
Und zwar ging es da um diese Kontaktfunktion oder auch Kontaktstörung,
0:04:26–0:04:28
je nachdem, wie man da draufblickt.
0:04:29–0:04:34
Wird das manchmal synonym verwendet, weil Kontaktstörung ist halt eher so ein Krankheitsbild.
0:04:36–0:04:39
Kontaktfunktion ist dann eher so ein regulierendes Bild, dass wir die Möglichkeit
0:04:39–0:04:40
haben, Kontakt abzubrechen.
0:04:40–0:04:48
Und wir haben gesprochen von der Confluence, dass man eben eigentlich sehr verschmolzen
0:04:48–0:04:51
ist, ein bisschen selbstvergessen, symbiotisch würde man vielleicht sagen,
0:04:51–0:04:54
im Park liegt und ein Buch liest.
0:04:56–0:05:02
Dann kam das Introjekt oder Introjektion. Da geht es darum, dass man innere
0:05:02–0:05:07
Glaubenssätze als Kind irgendwie geschluckt hat, nie richtig aufgelöst oder
0:05:07–0:05:09
korrigiert hat und die immer noch das Leben bestimmen.
0:05:10–0:05:15
Projektion in der Kontaktkurve ist an dem Punkt eine Kontaktspörung oder Kontaktfunktion,
0:05:15–0:05:21
dass man schon in der Lage ist, einen eigenen inneren Wunsch zu erleben,
0:05:21–0:05:27
Aber diesen Wunsch nicht sich selbst zugesteht, sondern das verbietet man sich
0:05:27–0:05:29
und man projiziert den in andere hinein.
0:05:30–0:05:33
Wenn man zum Beispiel sagt, ihr seht aber hungrig aus.
0:05:34–0:05:39
Und dann läuft man und holt sich eine vegane DFB-Wurst oder so.
Florian Clauß
0:05:39–0:05:42
Was? DFB-Wurst?
Micz Flor
0:05:42–0:05:43
Deutsche Fußballbuntwurst.
Florian Clauß
0:05:44–0:05:45
Wie kommt es in den Schlauch?
Micz Flor
0:05:45–0:05:48
Das ist eine spezielle vegane DFB-Wurst. Ja, ich hatte das Kopf,
0:05:48–0:05:50
im Kopf hatte ich so eine Bratwurst, ihr seht aber hungrig aus,
0:05:50–0:05:55
Man geht dann zum Wurstessen und dann habe ich schnell vegan gesagt.
0:06:00–0:06:10
Dann kommt die Retroflexion, also in dem Moment, wo man sich die Energie,
0:06:10–0:06:15
die man jetzt aufbringen müsste, um die Welt zu verändern, weil man hat irgendwie
0:06:15–0:06:18
den Wunsch, dass man die wieder gegen sich selber richtet.
0:06:18–0:06:22
Beispiel, damals war, als er gesagt hat, jemand fährt bei Rot über die Ampel
0:06:22–0:06:26
und anstatt irgendwie mal sich das Leben genau anzuschauen, warum man denn so
0:06:26–0:06:30
stressen musste, dass man jetzt bei Rot geblitzt wurde, nachdem diese Person
0:06:30–0:06:33
geblitzt wurde, bleibt gestehen und scheuert sich selber an, wie blöd muss man sein.
0:06:33–0:06:39
Also diese ganze aufgestaute Aggression, die vielleicht sinnvoller dort wirksam
0:06:39–0:06:42
wäre, wenn man sagt, okay, ich muss meinen Zeitplan ändern, ich muss mal mit
0:06:42–0:06:45
den Leuten reden, ich muss vielleicht da mal ein bisschen runterfahren,
0:06:45–0:06:46
ich muss vielleicht früher das...
0:06:46–0:06:51
Das sind dann so diese Sachen, wo man in der Retroflexion diese ganze Kraft,
0:06:51–0:06:54
mit der man die Welt verändern könnte, gegen sich selber richtet.
0:06:56–0:06:58
Und ein anderes Beispiel, das mir erst nachher eingefallen ist,
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was ich ganz toll finde, ist das Paar, was die Gestalttherapie mit begründet
0:07:04–0:07:07
hat, also Lore und Fritz oder Frederick S.
0:07:07–0:07:13
Perls. Fritz Perls war dann irgendwann auch als Therapeut so ein Kettenraucher.
0:07:14–0:07:17
Das war ja in den 40er, 50er Jahren noch locker möglich, 60er,
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70er Jahren auch. Und der hat
0:07:18–0:07:23
dann einfach ketterrauchend einfach in so Gruppenpsychotherapiesitzungen
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gesessen und seine dann schon getrennt, da waren sie schon getrennt.
0:07:29–0:07:33
Fritz Pölz war eher an der Westküste, eher so Kalifornien, eher so ein bisschen auch so hippie,
0:07:33–0:07:40
angehaucht und sie war an der Ostküste, war dann eher in der psychoanalytischen
0:07:40–0:07:44
Tradition und hat nicht so dramatisch und konfrontativ gearbeitet,
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aber das ist vielleicht eine dritte Folge dazu.
0:07:46–0:07:51
Aber auf jeden Fall hat sie gesagt über ihren Mann, dieses Rauchen ist eine Retroflexion.
0:07:53–0:07:55
Und was ich damit sagen wollte, ich finde es total gut, weil irgendwie kann
0:07:55–0:07:59
sich damit glaube ich jeder verbinden. Vor allen Dingen, die schon mal geraucht haben.
0:08:01–0:08:05
Eigentlich würde man manchmal bei solchen Sitzungen am liebsten aufstehen und irgendwie gehen.
0:08:06–0:08:09
Man hat nicht immer die volle Energie, man ist immer nicht ganz da.
0:08:09–0:08:12
Aber das kann man sich natürlich manchmal nicht erlauben. Da muss man irgendwie aushalten.
0:08:13–0:08:17
Und dann tut man sich das an, dass man sich eine Zigarette reinzieht, um sich zu regulieren.
0:08:17–0:08:22
Das ist dann so ein selbstaggressiver Impuls, der notwendig ist,
0:08:22–0:08:23
um diese Energie irgendwie rauszulassen.
0:08:24–0:08:28
Und das Nikotin tut seinen Teil, um einen zu regulieren, anstatt dass man da
0:08:28–0:08:30
irgendwie aufsteht und sagt, Leute, ich meine jetzt einfach mal Pause, ich bin gleich fertig.
Florian Clauß
0:08:30–0:08:33
Und deswegen hat er die Kette geraucht, weil er seinen Job nicht geliefert hat.
Micz Flor
0:08:33–0:08:35
Ja, das wäre dann die Frage, was dahinter steht.
Florian Clauß
0:08:36–0:08:37
Nein, aber ja.
Micz Flor
0:08:38–0:08:44
Und dann kommen eben zwei Sachen, die ich, wo ich vorhin gesagt habe,
0:08:44–0:08:47
möchte noch hinzufügen, ich es nicht aber so richtig packen kann,
0:08:47–0:08:49
versuche es so gut wie möglich zu erklären.
0:08:52–0:09:00
Und zwar habe ich gesagt, so die Deflektion, ohne genauer zu erklären, was das ist.
0:09:15–0:09:19
Noch abbrechen oder abbiegen. Und der Begriff der Deflektion ist eben so ein Wegbiegen.
0:09:21–0:09:26
Dass man z.B. so ein Phänomen, dass man alles immer witzig machen muss.
0:09:27–0:09:31
Und zwar jetzt nicht witzig, um vielleicht irgendwie auch eine Nähe herzustellen,
0:09:31–0:09:34
eine Öffnung herzustellen, sondern witzig eben, um zu deflektieren, um abzulenken.
0:09:36–0:09:38
Dass man das an sich vorbei drängt.
Florian Clauß
0:09:38–0:09:40
Wie Ninja-Taktik.
Micz Flor
0:09:40–0:09:42
Das weiß ich nicht. Wieso Ninja-Taktik?
Florian Clauß
0:09:44–0:09:48
Naja, Ninja-Taktik ist ja immer so, dass man so einen Blitz erzeugt oder Rauch
0:09:48–0:09:49
erzeugt und dann weg ist.
Micz Flor
0:09:49–0:09:50
Ah, ok.
Florian Clauß
0:09:51–0:09:52
Aber man muss ja gar nicht weg sein.
Micz Flor
0:09:52–0:09:56
Ne, man ist immer anwesend, man sagt es dann irgendwie auch,
0:09:56–0:10:01
aber man macht halt alles so, dass es nicht wirklich was bedeutet.
0:10:01–0:10:10
Man entschärft es in gewisser Weise. Das ist die Deflektion und das Witzige wäre halt so eine Sache.
0:10:11–0:10:16
Also man geht schon in den Kontakt hinein, um jetzt irgendwas auch wirklich
0:10:16–0:10:21
mal zu sagen, was angebracht wäre, aber man verstottert sich dabei dann irgendwie
0:10:21–0:10:25
bewusst so oder eben unbewusst so, dass es dann doch nicht wirklich ankommt.
0:10:26–0:10:32
Und dann gibt es als allerletztes oder manchmal auch synonym für die Deflektionen gibt es den Egotismus.
0:10:32–0:10:40
Und der Egotismus ist dann, so wie ich es verstehe,
0:10:40–0:10:45
als Kontaktabbruch, dann der Moment, in dem man sich jetzt eigentlich nur noch
0:10:45–0:10:48
hingeben müsste, die Türen sind offen, man hat alles bereitgestellt,
0:10:48–0:10:54
man könnte jetzt durchgehen, aber in dem Moment verschwindet man.
0:10:54–0:10:59
Das ist so wie so eine narzisstische Sache, man ist da so ganz tief drin,
0:10:59–0:11:03
einfach ganz Das sagt dann in dem Moment nö, wenn jetzt alles möglich wäre.
0:11:03–0:11:07
Wie so eine narzisstische, frühkindliche Störung, die dann im Erwachsenenalter
0:11:07–0:11:09
dazu führt, dass die Leute einfach so gar nicht greifbar sind.
0:11:10–0:11:11
So ganz abgespalten sind.
0:11:16–0:11:17
Na, hier ist ja was los.
0:11:23–0:11:26
Da steht der große Schäferhund und hat die anderen im Visier.
0:11:28–0:11:29
Das wollte ich noch ergänzen.
Florian Clauß
0:11:29–0:11:36
Okay, das sind ja auch dann hier jetzt ganz schöne Begriffe. Und ...
Micz Flor
0:11:36–0:11:37
Schön? Da findest du dich schön?
Florian Clauß
0:11:37–0:11:40
Ich find, ja, weil das so eine gewisse Systematik dann suggeriert.
0:11:41–0:11:47
Und jetzt bin ich natürlich gespannt, wie wir das in der Anwendung finden.
Micz Flor
0:11:47–0:11:49
Nee, aber ich muss ja noch mehr korrigieren.
Florian Clauß
0:11:49–0:11:51
Oh, noch mehr korrigieren?
Micz Flor
0:11:51–0:11:57
Das wäre jetzt quasi diese komplette Liste von Kontaktfunktionen aus dem Konfluenten,
0:11:57–0:12:03
Symbiotischen, Entspannten heraus bis hin zum vollen Kontakt, im Apfelbeißen so.
0:12:05–0:12:09
Durchlaufen wir diese Phasen, in denen wir den Kontakt abbrechen könnten.
0:12:10–0:12:14
Das wollte ich noch ergänzen. Und das andere war eine Ergänzung,
0:12:14–0:12:19
da habe ich ja, ja gesagt zu etwas, was du gesagt hast, weil ich meinen Gedanken
0:12:19–0:12:20
nicht vergessen wollte.
Florian Clauß
0:12:21–0:12:24
Ich habe total im Blödsinn gesprochen.
Micz Flor
0:12:24–0:12:34
Nein, du hast was Gutes gesagt. Ich habe aber die Realität nicht hinterher geschoben.
0:12:35–0:12:42
Du hast gefragt, wie ist es denn mit Störungen, Ursachen und Wirkungen? Wo kommt das her?
0:12:43–0:12:45
Dann hatte ich gesprochen über den ICD-10.
0:12:47–0:12:51
Das ist so ein System, mit dem man Diagnosen erstellen kann anhand von Symptomen.
0:12:52–0:12:55
Und das war eine Frage an mich, ob das dann eben so etwas ist,
0:12:55–0:12:57
wo man dann Ursache-Wirkung bekommt.
0:12:57–0:13:02
Und dann gibt es irgendwann eine Diagnose am Ende von so einem Syndrom,
0:13:02–0:13:06
also verschiedenen Symptomen, die man zusammenfasst. Und dann sagt man,
0:13:06–0:13:09
hier mittelschwere depressive Episode oder so.
0:13:09–0:13:14
Und dann sagt es, das ist so etwas, wo das ursächlich mitgedacht oder erklärt wird.
0:13:14–0:13:20
Und das ist eben genau nicht so, das ist immer weniger so und das ist ein diagnostisches
0:13:20–0:13:23
Thema auch. gab, kann ich hier ein Beispiel nennen.
0:13:25–0:13:36
Früher eine Unterscheidung in der Diagnostik, wo man von endogenen und exogenen
0:13:36–0:13:38
Depressionen gesprochen hat.
0:13:40–0:13:46
Eine endogene Depression hat ihren Ursprung im Organismus, sozusagen im Körper,
0:13:46–0:13:50
eine exogene Depression in der Umwelt.
0:13:53–0:13:59
Ganz einfache Beispiele wären eine Trauer um einen verlorenen Menschen oder etwas,
0:13:59–0:14:04
was einfach nicht aufhören will, was dann auf einmal eine Reihe von depressiven
0:14:04–0:14:10
Symptomen hervorbringt, die auch nachhaltig beobachtbar sind.
0:14:11–0:14:14
Und dann hätte man sagen können, das ist eine exogene Depression.
0:14:14–0:14:18
Das ist eine Depression mit den gleichen Symptomen wie auch eine endogene Depression.
0:14:18–0:14:22
Aber da ist es dann eher sowas, wo man Dysthymie manchmal sagt,
0:14:22–0:14:25
auch wo das ist halt irgendwie in der Person angelegt, das ist halt so eine
0:14:25–0:14:30
so eine depressive Person,
0:14:30–0:14:35
ja und das würde man heute so im ECDC nicht mehr sagen können oder auch sagen wollen,
0:14:35–0:14:41
sondern der ECDC versucht und beim ECD11 ist es nicht anders,
0:14:41–0:14:45
obwohl der wiederum noch andere Kapriolen schlägt, Aber auf jeden Fall ist da
0:14:45–0:14:49
der Versuch zu sagen, nein, lasst uns beobachtbare Symptome erfassen,
0:14:49–0:14:54
gruppieren und daraus muss ich eine Diagnose ableiten.
0:14:55–0:15:03
Und die Diagnose soll nicht schon sagen, wie behandelt werden muss oder wo das herkommt oder so.
0:15:03–0:15:07
Ob jetzt jemand depressiv ist nach einem Autounfall wegen einer Gehirntraumaschädigung
0:15:07–0:15:12
irgendwie oder wegen einem Trauerprozess oder wegen... Wir wissen es nicht.
0:15:14–0:15:18
Das soll erstmal auf der diagnostischen Ebene keinen Unterschied machen.
0:15:19–0:15:23
Und das ist genau das Gegenteil von dem, was dich interessiert hat.
0:15:24–0:15:29
Und es gibt allerdings ein paar wenige Ausnahmen im Entwicklungsbereich,
0:15:29–0:15:34
also Dinge, die halt mit körperlicher Entwicklung zu tun haben.
0:15:36–0:15:39
Einfach auch in der Beschreibung natürlich im Substanzmissbrauch,
0:15:39–0:15:40
welche Substanz wurde da benutzt?
0:15:42–0:15:48
Aber auch was, was inzwischen auch sehr was viele kennen, im Bereich der posttraumatischen
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Belastungsstörung, wo man von einem traumatischen Ereignis ausgeht.
0:15:53–0:15:54
Aber dann gibt es auch jetzt...
0:15:55–0:16:00
Das ist dann die Ursache, das ist Teil der Diagnose. Aber in den meisten Fällen
0:16:00–0:16:03
wird immer mehr versucht,
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die Diagnostik und die Entstehungsgeschichte, die spekulative Entstehungsgeschichte,
0:16:11–0:16:15
vielleicht manchmal gerade bei psychischen Störungen, zu trennen.
0:16:16–0:16:20
Ganz wichtig. Das bringt mich auch zu einem wichtigen Punkt,
0:16:20–0:16:27
den ich beim letzten Mal nicht angeführt habe, nämlich dem Begriff der Phänomenologie.
0:16:28–0:16:30
Der ist auch noch ganz wichtig für die Gestalttherapie.
0:16:33–0:16:35
Ah, cool. Wo sind wir hier gerade?
Florian Clauß
0:16:35–0:16:39
Ja, wir sind hier auf der Schwelle Schöneberg-Kreuzberg.
0:16:44–0:16:46
Wir sind über die Eisenacher Akazienstraße rübergelaufen.
0:16:51–0:16:54
Und vor uns ist die Monumentenstraße parallel.
0:16:54–0:16:59
Aber hier bin ich noch nie langgegangen. Hier sieht man, dass man über die Bahnschienen
0:16:59–0:17:03
kommt. Das sind die Bahnschienen, wo sich der Gleisdreieckpark um die Ecke langzieht.
0:17:04–0:17:11
Und wir gehen jetzt Richtung Kreuzberg, den wir ja schon mal in einer vorherigen
0:17:11–0:17:15
Folge gestriffen haben, nämlich in Konrad-Zuse. Ich würd sagen ...
Micz Flor
0:17:15–0:17:17
Du meinst Viktoriapark Kreuzberg?
Florian Clauß
0:17:17–0:17:19
Danke?
Micz Flor
0:17:19–0:17:20
Nee, ist die Frage.
Florian Clauß
0:17:20–0:17:25
Ja, gibt's noch ... Nee, ich dachte, dass ich so ... Der Kreuzberg,
0:17:25–0:17:26
der das Symbol von ... von ...
0:17:28–0:17:33
Von ... ähm ... nicht Bruno Taut, sondern wer hat den Kreuzberg gebaut?
Micz Flor
0:17:33–0:17:33
Ähm ...
Florian Clauß
0:17:33–0:17:35
Schenkel.
Micz Flor
0:17:35–0:17:36
Schinkel.
Florian Clauß
0:17:36–0:17:41
Genau. Ich spüre meine Schenkel, aber es ist der Schinkel auf dem Brot.
Micz Flor
0:17:41–0:17:45
Sobald wir Psychotherapie-Themen haben, kommst du mit Schenkel, nicht mit Schinken.
Florian Clauß
0:17:45–0:17:49
Schenkel! Schenkel!
0:17:50–0:17:55
Also, der Schinkel, der den Kreuzberg ... Und ich habe neulich noch eine Anekdote
0:17:55–0:18:05
von dem Kreuzberg gehört, die habe ich schon wieder vergessen. Nein! Doch!
Micz Flor
0:18:05–0:18:10
Ja, das war jetzt eine kleine Exkursion, Cliffhanger jetzt wieder zurück zur Phänomenologie.
0:18:13–0:18:17
Phänomenologie nach Husserl ist ein Versuch, Husserl hat versucht...
0:18:20–0:18:26
Der Philosophie in der Wissenschaft irgendwie auch wieder ein bisschen mehr Bedeutung zu geben.
0:18:30–0:18:34
Und Phänomenologie, Phänomen, steht für das Erscheinende. Also es erscheint
0:18:34–0:18:39
etwas vor uns. Und jetzt sage ich erst mal ganz kurz, weil es ist beliebig kompliziert,
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und weil ich kein Philosoph bin, steige ich sowieso sehr früh aus.
0:18:43–0:18:46
Aber ich kann zwei Schritte gehen und dann bin ich weg.
0:18:46–0:18:51
Das muss jemand anders dann irgendwie weitermachen. Der ICD-10 als diagnostisches
0:18:51–0:18:58
Manual versucht zu argumentieren oder zu sein auf einer phänomenologischen Ebene.
0:18:58–0:19:05
Das heißt, da geht es um etwas Beschreibendes und nicht Deutendes und nicht Herleitendes,
0:19:05–0:19:16
sondern es werden einfach die Symptome beschrieben und um sie zu beschreiben,
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muss natürlich ein Beobachtender anwesend sein.
0:19:21–0:19:25
Es gibt natürlich auch die Selbst-, also wenn man einen Fragebogen-Tauscher
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ausfüllt, da kann man eine Selbsteinschätzung machen oder eine Fremdeinschätzung.
0:19:29–0:19:31
Fremdeinschätzung, da ist der die Beobachtende auch gefragt.
0:19:36–0:19:41
Aber bei einer Selbsteinschätzung, es gibt natürlich inzwischen immer mehr Leute,
0:19:41–0:19:45
die zum Beispiel online selber erstmal so einen Screening-Test ausfüllen,
0:19:45–0:19:48
gucken, bin ich depressiv oder nicht, habe ich ADHS oder nicht, alle möglichen Sachen.
0:19:49–0:19:53
Das heißt, da ist da nicht unbedingt immer jemand anwesend, aber wenn es in
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klinischen Kontakt geht,
0:19:54–0:19:59
dann ist dieser Raum und der Stift und sowas irgendwie ist auch eine Person
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anwesend, auch selbst wenn man
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sich selbst einschätzend in so einem Screening-Test die Sachen ankreuzt.
0:20:06–0:20:10
Also das Das ist so ein ganz kurz gefasster Begriff der Phänomenologie,
0:20:10–0:20:15
der sich auf das Beobachtbare beschränkt.
0:20:17–0:20:20
Und in der Gestaltherapie wird dann noch so ein zweiter Schritt draufgelegt
0:20:20–0:20:23
und ich glaube ehrlich gesagt nicht mal,
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dass das ein hustlerischer Schritt ist, sondern da wird dann gesagt,
0:20:26–0:20:32
wir beobachten und wir lassen alles einfach sein, wie es ist und deuten nicht
0:20:32–0:20:33
sofort oder interpretieren.
0:20:34–0:20:37
Sind verurteilsfrei, soweit das irgendwie möglich ist.
0:20:39–0:20:43
Und vor dem Thema Vordergrund-Hintergrund ist das ja auch ganz wichtig,
0:20:43–0:20:47
weil das, was die Person erzählt, wenn wir das gleich irgendwie versuchen in
0:20:47–0:20:53
eine Schublade zu stecken, dann tun wir der Person vielleicht Unrecht und berauben
0:20:53–0:20:56
sie sogar, um die Möglichkeit, genauer zu erzählen, worum es geht.
0:20:57–0:21:02
Für mich ist immer so ein gutes Beispiel, für mich ist da immer dieser Satz,
0:21:02–0:21:05
ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.
0:21:06–0:21:14
Weil da ist es so, dass dieser Satz erst dann wirklich eine Bedeutung bekommt,
0:21:14–0:21:17
wenn man den Hintergrund, auf
0:21:17–0:21:19
dem er gesagt wird, versteht. Wieder dieses Vordergrund-Hintergrund-Thema.
0:21:20–0:21:26
Wenn man das einfach erstmal so stehen lässt, dann ist es einfach nur ein Symptom.
0:21:26–0:21:28
Also das ist dann schon diese Nähe zum ICD-10.
0:21:29–0:21:32
Irgendwas mit Schlafstörungen, die Person kann nicht schlafen.
0:21:32–0:21:36
Aber es gibt unterschiedliche Arten, wie man diesen Satz ergänzen kann.
0:21:36–0:21:40
Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich mache mir so Sorgen,
0:21:40–0:21:41
ob ich jemals wieder einen Job finden werde.
0:21:42–0:21:47
Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich bin so verliebt und die
0:21:47–0:21:51
Nacht war wunderschön und es ist jetzt alles anders, als es immer war.
0:21:51–0:21:56
Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil ich kam gerade zurück und habe
0:21:56–0:21:59
noch Jetlag und irgendwie tut mir leid, ich bin heute ein bisschen zu spät gekommen.
0:21:59–0:22:03
Also das heißt, dieser Satz kriegt jedes Mal eine andere Bedeutung,
0:22:03–0:22:05
wenn er im Kontext oder Hintergrund ergänzt wird.
0:22:07–0:22:11
Und die Phänomenologie im Rahmen der Gestalttherapie sagt dann eben oft,
0:22:11–0:22:13
wir lassen die Dinge einfach erscheinen, wir lassen sie stehen,
0:22:13–0:22:20
wir sind vorurteilsfrei, wir deuten nicht und wir legen das einfach so erstmal in den Raum hinein.
0:22:21–0:22:25
Und das ist ja auch ganz schön. Und das ist leider der Punkt,
0:22:25–0:22:30
an dem ich so ein bisschen aussteige, weil die Phänomenologie nach Husserl ist
0:22:30–0:22:32
dann auch irgendwie sein Wunsch,
0:22:32–0:22:36
diesen exakten Naturwissenschaften etwas entgegenzusetzen, so ein bisschen eben
0:22:36–0:22:41
die Philosophie auch wieder zu den Naturwissenschaften zu führen, indem.
0:22:43–0:22:43
Man,
0:22:46–0:22:50
Bei allen, also man sagt halt in gewisser Weise, also was wir jetzt hier so
0:22:50–0:22:54
draußen messen, was naturwissenschaftlich irgendwie, das kann ja irgendwie richtig
0:22:54–0:22:56
oder falsch sein, das können wir gar nicht wissen.
0:22:56–0:23:00
Aber wir wissen auf alle Fälle, dass es immer einen Beobachtenden gibt,
0:23:00–0:23:02
sonst werden diese Dinge gar nicht gemessen.
0:23:02–0:23:08
Und dieser Moment, in dem gemessen wird, die Anwesenheit von einem Beobachtenden,
0:23:08–0:23:12
bedeutet, dass wir ganz genau dieses Beobachten mitmessen müssen.
0:23:12–0:23:20
Das heißt, es gibt so eine Form, in der wir unser eigenes Erleben im Erleben,
0:23:20–0:23:22
also auf so einer Meta-Ebene fast schon, auch mitbeschreiben.
0:23:23–0:23:28
Also können wir die gleiche Messung machen, um bei dem Thema zu bleiben,
0:23:28–0:23:32
mit Jetlag, erleben wir das genauso, erleben wir es anders, ist der Film spannend
0:23:32–0:23:35
oder langweilig, also sind wir jemals neutral?
0:23:35–0:23:39
Wahrscheinlich nicht. Das heißt, es ist unsere Aufgabe, um in der Naturwissenschaft
0:23:39–0:23:43
gut zu messen, dass wir selbst als Messende irgendwie auch damit einbringen.
0:23:43–0:23:47
Und da gibt es ja auch in der Psychologie eine Reihe von Bias,
0:23:47–0:23:49
die wir hatten auch schon mal, glaube ich, irgendwie besprochen,
0:23:49–0:23:58
die da reingrätschen können, wo das Messen selbst Ursprung eines Fehlers sein kann.
0:24:00–0:24:02
Du hast jetzt gerade Bock, hier noch mal was zu probieren?
Florian Clauß
0:24:02–0:24:03
Nein, ich glaube, das ist nicht offen.
Micz Flor
0:24:04–0:24:09
Ah, guck mal hier, das gibt hier zwei Eingänge. Wir sind hier an der großen
0:24:09–0:24:11
Schule. Das ist ein Waldorf Campus Berlin.
0:24:14–0:24:19
Trägers Waldorf Südwest GGM BH. Und wir sind jetzt hier, oder?
0:24:20–0:24:23
Und wir könnten mal versuchen, da durchzuhalten. Ja, okay.
0:24:24–0:24:28
Also, wir versuchen, das mal hier zu machen. Wir gehen jetzt hier durch eine
0:24:28–0:24:29
große Waldorfakademie.
0:24:29–0:24:39
Akademie. Hier ist die Tür offen, keine Ahnenklasse, Veranstaltung. Ähm, ja. Und ...
0:24:40–0:24:45
Da ist es so ... Ich möchte noch den Namen Hermann Schmitz erwähnen,
0:24:45–0:24:49
ich glaube aus Rostock ursprünglich. Da war ich auch mal auf einer Konferenz,
0:24:49–0:24:52
weil es mich so interessiert hat, habe mich dann aber nie wirklich reingebissen.
0:24:52–0:24:56
Der hat eine neue Phänomenologie entwickelt, auch ein Philosoph.
0:24:57–0:25:01
Und in dieser neuen Phänomenologie, die wird bei der Medizin,
0:25:01–0:25:04
auch bei der Gestalttherapie, vor allen Dingen bei diagnostischen Verfahren,
0:25:04–0:25:09
wird die wohl sehr gerne genutzt, weil da ist dann nochmal so eine Umdrehung
0:25:09–0:25:11
drin, die vielleicht nicht unwichtig ist.
0:25:11–0:25:15
Wenn sich zwei Menschen begegnen, wir hatten das letzte Mal über die Ich-Du-Begegnung
0:25:15–0:25:21
gesprochen, dann ist es ja so, dass ich nicht im Kontakt bin mit dieser anderen Person.
0:25:22–0:25:26
Diese Begegnung, die wir erleben oder die Resonanz, die wir zwischen uns erleben,
0:25:26–0:25:32
das ist ja so, dass ich im Kontakt bin mit einem Bild, was ich von dieser anderen Person habe.
0:25:32–0:25:36
Die andere Person hat ein Bild von mir und die sind miteinander im Kontakt.
0:25:36–0:25:43
Also da passiert was, was als Kontakt erlebt wird, was aber natürlich mit inneren
0:25:43–0:25:45
Bildern und symbolischen Bildern zu tun hat.
0:25:47–0:25:51
Das ist in der neuen Phänomenologie irgendwie mit hinein gewoben.
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Es gibt so ein kleines Bändchen, muss ich verlinken, ich habe den Titel vergessen,
0:25:56–0:25:59
was ich total schön fand zu lesen.
0:26:00–0:26:06
Und trotzdem, weil es irgendwie jenseits meines Verständnishorizonts ansetzt,
0:26:06–0:26:08
war es zwar schön, aber es ist nicht wirklich kleben geblieben.
0:26:08–0:26:11
Kennst du das, wenn man sowas liest und im Moment steht es so?
0:26:11–0:26:14
Also so ein bisschen wie diese, es gibt im Zirkus diesen Trick,
0:26:14–0:26:17
wenn man so Teller so dreht, dann stehen die oben. Und dann gibt es so einen
0:26:17–0:26:21
Moment, wo es so aussieht, als ob das ewig halten könnte. Aber natürlich irgendwann
0:26:21–0:26:23
Reibungsverlust und alles bricht zusammen.
Florian Clauß
0:26:23–0:26:28
Ich würde mal gucken.
Micz Flor
0:26:28–0:26:30
Da müssen wir vor allen Dingen schwimmen, hier ist ein Riesenpfütz.
Florian Clauß
0:26:30–0:26:33
Ja, da müssen wir schwimmen. Aber würde man da ist doch auch.
Micz Flor
0:26:36–0:26:37
Da am Parkplatz.
Florian Clauß
0:26:40–0:26:44
Aber wir haben echt ein Problem. Ja, wir können auch am Rand gehen. Wir haben kein Problem.
Micz Flor
0:26:44–0:26:48
Kein Problem. Auf jeden Fall ist das die Phänomenologie,
0:26:48–0:26:54
die wollte ich auch noch nachlegen, weil die ist für die Gestaltherapie sehr wichtig,
0:26:54–0:26:59
ist generell sehr wichtig für jede Form von Mensch-und-Mensch-Interaktion und
0:26:59–0:27:02
die Erweiterung in der neuen Phänomenologie,
0:27:02–0:27:09
was dann irgendwie versucht, diese Kontaktdynamik nochmal genauer zu differenzieren.
0:27:11–0:27:14
Das waren die Sachen, die ich noch irgendwie ein bisschen nachdenken wollte.
Florian Clauß
0:27:14–0:27:21
Also so, ja, also echt, ich bin beeindruckt, wie tief du da nochmal reingegangen bist.
Micz Flor
0:27:21–0:27:23
Du willst jetzt endlich in die Praxis, ne?
Florian Clauß
0:27:24–0:27:27
Ja, auch, aber ich finde es total wichtig,
0:27:27–0:27:33
dass du da nochmal so diesen ganzen, ja wie soll man sagen, man sagen diese
0:27:33–0:27:39
ganze die begriffsbedeutung dann versuchst mal so klar zu kriegen.
0:27:42–0:27:48
Weil das war ja auch der Anlass von meiner Nachfrage und dass du da so in die
0:27:48–0:27:51
Philosophie reingehst. Ja. Schon beeindruckend. Okay.
Micz Flor
0:27:51–0:27:55
Das ist eine super Brücke, was du mir gerade offenbarst, weil ein ganz wichtiger
0:27:55–0:28:00
Satz immer wieder und mit unterschiedlichsten Autoren,
0:28:00–0:28:08
Autorinnen, die in der Gestalttherapie über die Jahrzehnte einfach so Leuchttürme geworden sind,
0:28:08–0:28:16
ist, zu sagen, Methoden gibt es eigentlich nicht in der Gestalttherapie.
0:28:16–0:28:21
Jeder muss seinen eigenen oder seine eigene, ihre eigene Technik finden.
0:28:21–0:28:26
Wenn jemand sagt, ich habe eine gute Methode, dann bin ich total suspekt.
0:28:26–0:28:27
Kann das denn wirklich sein?
0:28:28–0:28:31
Es gibt nicht die Methode, mit der man etwas herstellen kann.
0:28:32–0:28:39
Der Grund ist der, weil es geht prinzipiell um zwei Elemente,
0:28:39–0:28:44
denke ich, die direkt im Kontakt in der therapeutischen Sitzung oder muss ja
0:28:44–0:28:48
nicht Therapie sein, aber Gestalttherapie hat ja Therapiebegriff drin.
0:28:48–0:28:52
Das eine ist eben so eine emotionale Öffnung und Erweiterung,
0:28:52–0:28:55
also irgendwie den Emotionen irgendwie Raum geben.
0:28:56–0:28:59
Und das andere ist einfach eine Unterstützung des Gewahrseins.
0:29:00–0:29:04
Also diese Dinge in vollem Gewahrsein, in voller Aufmerksamkeit,
0:29:04–0:29:04
Achtsamkeit durchzuführen.
0:29:07–0:29:12
Da hatte ich das Beispiel genannt beim letzten Mal, dass jemand wütend ist und
0:29:12–0:29:14
sagt, ey, sie verstehen mich überhaupt nicht, ich gehe jetzt.
0:29:14–0:29:17
Dass man sagt, gut, dann ist das völlig okay, sie dürfen gehen,
0:29:17–0:29:19
aber tun sie mir den Gefallen oder sich selber den Gefallen,
0:29:19–0:29:26
das vielleicht mal so langsam zu machen, wie sie können und achten sie mal drauf, was da passiert.
0:29:26–0:29:31
Das ist so ein Moment, in dem man eine Sache mit einer Technik,
0:29:31–0:29:36
und das ist, glaube ich, sogar recht gut anzuwenden.
0:29:36–0:29:41
Da muss nicht jeder sein eigenes Ziel finden. Das sind diese Ambivalenzen. Es gibt Techniken.
0:29:43–0:29:46
Eine Technik, die angewandt wird, um ein Gewahrsein herzustellen.
0:29:50–0:29:54
Das ist eben eine schöne Brücke, die du mir mit deinem Hinweis noch mal gebaut hast.
0:30:00–0:30:01
Eigentlich gibt es nicht die Techniken.
0:30:03–0:30:08
So im Sinne von Kniffe oder Interventionen oder wenn er das sagt, dann sagst du das.
Florian Clauß
0:30:09–0:30:12
Ja, das ist halt, genau, das war ja dieser Ursprung, weißt du,
0:30:12–0:30:18
mit meinen ganzen aus der agilen Softwareentwicklung Frameworks, ne?
0:30:19–0:30:20
Gibt's halt irgendwie so mit, das
0:30:20–0:30:25
ist ja reines Methoden abspulen und die bringen ja auch Ergebnisse, ne?
0:30:25–0:30:30
Aber du verknüpfst dann noch viel mehr Subjekt da rein in der Technik.
Micz Flor
0:30:33–0:30:38
Und jetzt ist es so, dass man natürlich dann auf einmal so eine komische Situation hat,
0:30:38–0:30:44
weil alle therapeutischen Schulen, die jetzt zum Beispiel anerkannt sind und
0:30:44–0:30:48
von den Kassen anerkannt, also auch abrechenbar sind, müssen Evidenz nachweisen.
0:30:50–0:30:55
Evidenz bedeutet, dass man im gewissen standardisierten Rahmen nachweisen kann,
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dass die Behandlung signifikant besser ist für PatientInnen als keine Behandlung.
Florian Clauß
0:31:02–0:31:06
Ja, und nachvollziehbar vor allem, diese Messtechnologien, die dahinter stehen.
Micz Flor
0:31:06–0:31:11
Ja, dazu muss man operationalisieren. Das heißt, man muss eben einen Rahmen
0:31:11–0:31:15
schaffen, in dem wirklich unterschiedliche im Doppelblindverfahren dann mindestens
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vier Gruppen miteinander vergleichbar sind. Jetzt weiß ich auch,
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wo wir sind. Schöne Gegend.
0:31:22–0:31:26
Das ist auch echt eines meiner Lieblingsneubauten, was du gerade fotografiert hast,
0:31:26–0:31:31
diese rote, lange Schlange, die mich immer so ein bisschen an meine Kindheit
0:31:31–0:31:35
erinnert, wo ich Sesamstraße geguckt habe und immer diese Red Brick Buildings,
0:31:35–0:31:40
die ich so gar nicht kannte, aus dem südlichen Odenwald, wo wir viel so Sandsteine
0:31:40–0:31:41
hatten und auch gefließte Fassaden.
Florian Clauß
0:31:42–0:31:45
Weißt du noch, welche Episode wir hier aufgenommen haben, als du da hochkommst?
Micz Flor
0:31:45–0:31:48
Ich habe das Gleiche nämlich schon mal gesagt, ja, ich weiß.
0:31:48–0:31:52
Ich weiß, dass ich es neulich gesagt habe, eine Episode Berlin wird zu klein
0:31:52–0:31:55
für uns. und du hast gedacht, wir haben noch viele und jetzt kreuzen wir uns dauernd.
Florian Clauß
0:31:55–0:31:57
First Cow.
Micz Flor
0:31:57–0:31:59
First Cow? Wow, das ist lange her.
Florian Clauß
0:31:59–0:32:06
Ja, ja, ich mag das auch. Ich mag diese Brücke total gerne. Guck dir mal diesen Ausblick, das ist so...
0:32:07–0:32:10
Und ich finde es so toll, dass sie diesen Park hier weitergebaut haben.
0:32:10–0:32:12
Ich bin so begeistert von dieser Brücke.
Micz Flor
0:32:14–0:32:18
Es kommt für dein Foto sogar extra noch so ein Regio-Zug dazwischen.
0:32:34–0:32:38
Okay, jetzt haben wir eine Atempause gemacht, war vielleicht für alle mal ganz
0:32:38–0:32:41
gut. Jetzt konnte man sich so ein bisschen noch mal so entspannen.
0:32:42–0:32:48
Und jetzt kommt nämlich die Zäsur. Und wir gehen eben so ein bisschen in diese Technik hinein.
0:32:49–0:32:54
Abschließend zu dem evidenzbasierten Forschen ist zu sagen, dass immer wieder...
0:32:56–0:33:03
Bestimmt schon gesagt, 40% des therapeutischen Erfolges lässt sich an der Qualität
0:33:03–0:33:06
der Arbeitsbeziehungen messen, also herleiten.
0:33:08–0:33:12
Und das andere ist, das habe ich bei der letzten Gestalt schon verlinkt,
0:33:12–0:33:22
bei der Gestaltfolge, dass die TherapeutInnen nie wirklich nur in einer Schule arbeiten,
0:33:22–0:33:26
sondern dass wenn Wenn man objektive Rater darauf ansetzt,
0:33:26–0:33:30
ein Transkript, eine Folge wirklich zu raten nach Interventionen,
0:33:30–0:33:34
was ist Verhaltenstherapie, was ist Systemische, was ist Gestalt,
0:33:34–0:33:38
was ist tiefenpsychologisch, was ist analytisch, dann ist das nie ganz klar
0:33:38–0:33:40
zu trennen. Das heißt, es gibt immer irgendwie so ein Mix.
0:33:42–0:33:46
Und das ist ja vielleicht auch einfach nur menschlich, aber die Menschenbilder
0:33:46–0:33:48
sind trotzdem andere, mit denen die Menschen arbeiten.
0:33:49–0:33:52
Und die Gestalttherapie hat halt eben dieses Paradox, wie kann man die Evidenz messen,
0:33:52–0:33:57
Gleichzeitig sagt jeder Therapeut, Therapeutin ist einzigartig,
0:33:57–0:34:00
genauso wie die PatientInnen oder die KlientInnen einzigartig sind,
0:34:00–0:34:03
dann kann man ja nicht sagen, okay, und jetzt messen wir mal,
0:34:03–0:34:07
wie erfolgreich unser Menschenbild ist, wenn wir in Kontakt mit anderen in einer
0:34:07–0:34:09
Ich-Du-Beziehung treten und Resonanz erleben.
0:34:09–0:34:15
Das ist ja nicht wirklich die Art, wie man Psychopharmaka testen kann.
0:34:15–0:34:20
Deshalb hat die Gestalt auch immer so eine komische Rolle in diesem ganzen Spiel.
0:34:21–0:34:27
Aber es gibt auch da Studien, auch wieder eine große Studie in der Schweiz,
0:34:27–0:34:33
die Studie wurde dann auch publiziert unter dem Titel Gestalt wirkt,
0:34:33–0:34:41
wo es auch eben gezeigt werden konnte, dass es nur Evidenz gibt, dass es wirksam ist.
0:34:41–0:34:45
Und es gibt auch die emotionsfokussierte Psychotherapie, mit der kann ich gleich
0:34:45–0:34:45
anfangen mit der Intervention.
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Wie auch, finde ich, eine sehr schöne Weiterentwicklung von gestalttherapeutischen Ansätzen ist,
0:34:53–0:34:58
in Deutschland jetzt aber, glaube ich, über ein verhaltenstherapeutisches Institut
0:34:58–0:35:03
in der Ausbildung angeboten wird, über die Kasse meines Wissens nicht abgerechnet
0:35:03–0:35:06
werden kann und viel auch im Bereich Paartherapie eingesetzt wird.
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Emotionsfokussierte Therapie fokussiert auf die Emotionen und die haben auch
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evidenzbasiert nachweisen können,
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dass sie extrem erfolgreich sind und der Hintergrund, Leslie Greenberg,
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Er ist einer der zentralen Entwickler der Therapietechnik.
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Er ist auch ursprünglich Gestaltherapeut.
0:35:30–0:35:37
Und die emotionsfokussierte Therapie ist im Ansatz so mit einem relativ erst
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mal einfachen Konzept, wo man primäre und sekundäre Emotionen gegenüberstellt.
0:35:46–0:35:52
Und eine ganz einfache Erklärung ist, die sekundäre Emotion überdeckt die primäre Emotion.
0:35:52–0:35:59
Und die therapeutische Arbeit muss auch sein, hinter die sekundäre Emotion zu
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schauen. Was ist denn in Anführungszeichen eigentlich los?
Florian Clauß
0:36:02–0:36:02
Mhm.
Micz Flor
0:36:03–0:36:06
Und vor allen Dingen geht es um Emotionen. Es geht nicht um ...
0:36:07–0:36:11
Was könnte, wenn es nicht um Emotionen geht, um was könnte es dann doch noch gehen?
Florian Clauß
0:36:13–0:36:14
Naja, um Nachvollziehbarkeit.
Micz Flor
0:36:16–0:36:21
Es geht nicht um ... Verhalten. Es geht nicht um Kognition.
0:36:22–0:36:25
Es geht nicht um Psychodynamik, sondern es geht einfach um Emotionen.
0:36:25–0:36:28
So im Hier und Jetzt, das ist ein gestalterapotischer Ansatz,
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Emotionen ist gerade da.
0:36:32–0:36:37
Und finde ich eine sehr greifbare Illustration für dieses Konzept der primären
0:36:37–0:36:39
und sekundären Emotionen ist die Beobachtung.
0:36:41–0:36:44
Ich habe Leslie Greenberg bei zwei Vorträgen in Berlin sehen dürfen,
0:36:44–0:36:46
was ich auch sehr beeindruckend fand.
0:36:46–0:36:49
Ich wollte sogar, dass der zweite genauso ist wie der erste.
0:36:49–0:36:51
Der war zwei Wochen später, aber es war ein ganz anderer Vortrag.
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Hat mich geärgert und gleichzeitig ist es auch dann wieder so ein Gestaltding.
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Nicht zwei Vorträge sind gleich und die gleichen Slides, sondern er hat was
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ganz anderes gemacht und zwar auch toll, aber ich wollte noch mal bestimmte
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Sachen hören, aber die waren nicht.
Florian Clauß
0:37:04–0:37:06
Aber war das dann unter der gleichen Veranstaltungsreihe?
Micz Flor
0:37:07–0:37:10
Ne, das eine war von, ich glaube,
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DGVT, Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie, die hatten ein Symposium
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in der FU, da hatte er den Eröffnungsvortrag, schon ein paar Jahre her,
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und das zweite war in der Urania, das ist auch vor Corona noch,
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da hat er den Vortrag gehalten.
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Und dieses Primär-Sekundär, ich finde, das lässt sich sehr schön illustrieren
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an so Stereotypen, die man natürlich immer ablehnen möchte, die sich aber da
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auch wieder messen lassen oder beobachten lassen.
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Oft ist es so, dass bei Frauen, die mit großer Traurigkeit oder Trauer in die
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therapeutische Sitzung kommen,
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dass in der Arbeit sich herausstellt, dass die Trauer eine immense Wut überdeckt.
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Und Wut ist bei Frauen einfach nicht.
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Trauer ist akzeptiert, das heißt, die werden dann ganz traurig,
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weil diese Wut nie Raum geben darf.
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Und bei Männern ist es oft umgekehrt. Da ist es so, dass eine große Wut gezeigt
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wird und dahinter steht aber eigentlich eine tiefe Trauer.
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Weil Trauer bei Männern nicht wirklich gut im sehr stereotypen Bild akzeptiert
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ist. Und deshalb wird es überdeckt.
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Und ich fand das interessant, ich hatte das mal in einem Seminar in einer Gruppe
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mal erzählt. Da hat jemand gefragt, wie das denn geht.
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Und dann hat eine Ärztin berichtet, die auch in der Notaufnahme war,
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die gemeint hat, damit kann ich total viel anfangen.
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Weil wenn ich am Wochenende in der Notaufnahme war, dann kamen viele Frauen
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mit Tablettenschlucken oder
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Selbstverletzungen in so einem traurigen Suizidalen in der Notaufnahme an.
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Bei Männern war das nicht so, aber
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es kamen ganz viele Männer mit Mittelhandbruch, da habe ich gedacht, hä?
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Aber was hat das Mittelhandbruch mit dem, was ich gerade gesagt habe,
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zu tun? Aber die meinte dann, ja, weil die einfach die Wand oder die Tür oder
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das Auge geschlagen haben.
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Und das fand ich dann nochmal eine Form von empirischer Realität,
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die da irgendwie darauf hindeutet.
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Und jetzt ist es so, dass, wenn man mit diesen Emotionen, wenn man da so abschält,
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wenn man so dahinter geht, dass man nicht eine Technik hat, verschiedene Möglichkeiten hat.
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Aber man kann eben da zum Beispiel auch diese Verlangsamung anwenden.
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Man kann halt so, kann halt dann zum Beispiel bei diesem wütenden Mann,
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kann man vielleicht das ein bisschen entschleunigen.
0:39:48–0:39:53
Der ist wie ein Wasserfall und haut die Wut so raus. Da kann sie das mal langsamer sagen,
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was passiert denn, wenn sie die Worte, wenn sie sich da selber so reden hören,
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das Gewahrsein zuzulassen und dann vielleicht hinter diesem selbstbeobachtenden
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Element auch andere Emotionen hochkommen können.
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Auch das ist natürlich dann wieder eine Art, wie man fragt. Man kann aber auch
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Technik machen, die auch nicht unüblich ist, zum Beispiel auch in der systemischen
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Therapie, dass man die Symptome übertreibt.
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Dass dann dieser wütende Mann, dass man dem sagt so, es geht doch noch lauter, noch lauter.
0:40:27–0:40:32
Ich hör sie nicht, ich will die Wut hören. Und dass das dann irgendwie so konfrontativ
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werden kann, dass diese Wut wirklich so spürbar wird, dass danach dahinter dann
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eben so kathartisch dann wirklich was Neues erlebt werden kann.
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Dann ist die ganze Scheiße endlich mal raus. Und dahinter kommen dann vielleicht
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Tränen, die jetzt seit sieben Monaten schon nicht kommen konnten von was weiß
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ich, also das ist dann eine Möglichkeit auch, dass man damit umgeht, dass man sich,
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konfrontativ und einlädt, die Symptome zu verstärken.
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Es gibt dann auch Möglichkeiten, dass man in solchen Konstellationen zum Beispiel
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mit Stuhlarbeit, das hatte ich ja auch schon ein bisschen bei so Entscheidungsfindungen
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so angedeutet, aber auch da kann man so was trennen.
0:41:13–0:41:20
Dass man, dass man auf einen Stuhl die Wut setzt und auf den anderen Stuhl die
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vermutete Trauer oder vielleicht, wenn sich das zum ersten Mal so zeigt,
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dass dahinter vielleicht Trauer ist, dass man die Person da einlädt oder wenn man,
0:41:48–0:41:50
das jetzt beim Eine Gestalt.
Florian Clauß
0:41:51–0:41:53
Eine Gestalt, genau.
Micz Flor
0:41:53–0:41:58
Dann kriegt die eine Gestalt. Dann darf die sich zeigen, Form annehmen.
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Und wird nicht die ganze Zeit, das wäre das Argument der Sozialer Wünsche,
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die Frau darf traurig sein, aber nicht wütend sein.
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Das wäre dann halt so ein Thema.
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Du hast was gesagt, was fällt dir noch so ein?
Florian Clauß
0:42:18–0:42:19
Was fällt dir noch so ein? Zu?
Micz Flor
0:42:20–0:42:29
Wie man zum Beispiel ein Gewahrsein erweitern kann.
Florian Clauß
0:42:29–0:42:35
Gewahrsein? Also jetzt nicht Methoden, sondern Technik?
Micz Flor
0:42:36–0:42:39
Ja, nicht Haltung, also nicht Menschenbild.
Florian Clauß
0:42:42–0:42:45
Also das, was du jetzt vorgeschlagen hast, ist dann noch mal so ein bisschen
0:42:45–0:42:49
Futter in die Emulsionen zu geben, die dann quasi zu überhöhen,
0:42:49–0:42:54
dass die sich dann selber irgendwie so einen neuen Zustand bringt.
0:42:57–0:43:01
Ja, man könnte zum Beispiel wandern gehen. Wenn wir es ganz anders machen.
Micz Flor
0:43:03–0:43:08
Du, finde ich einen ganz tollen Hinweis, weil man kann eben das Setting ändern,
0:43:08–0:43:13
auf jeden Fall. Du kannst Leute einladen, zu sagen, stelle dich mal hin.
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Das habe ich bei einem mal gemacht,
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der mit Panikattacken kam, kam, wo er dann immer eben Panikattacken im,
0:43:22–0:43:28
also hyperventiliert und Angst, Todesangst dann direkt entwickelt hat,
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wenn er mittags zu der Sitzung, von der keiner wissen durfte,
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eben in die Stunde kam, dass man sagt, okay, stellen sich mal hin,
0:43:34–0:43:37
schauen Sie mich an, ich bin hier, unter Ihnen ist der Boden.
0:43:37–0:43:40
Also dass man da irgendwie eine andere Fassung herstellt, dass man den Kopf
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mit dem Körper wieder verbindet.
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Das ist auch eine wichtige Technik. Das hieß dann Im Englischen heißt das,
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lose your mind and come to your senses.
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Also, verlier den Kopf und komm in deine Sinne. Ja. Dass man solche Menschen
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einlädt, ihren Körper zu spüren.
0:44:00–0:44:03
Spüren Sie die Atmung, atmen Sie mal mit mir, wir atmen mal zusammen.
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Und dadurch dann buchstäblich die Erdenkampf im eigenen Körper. Ach, cool.
0:44:10–0:44:13
Eben haben wir noch von dem Schinkelklopfer gesprochen.
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Und jetzt geht's hoch.
Florian Clauß
0:44:20–0:44:23
Die letzten stufen ich bin ich bin ein bisschen ich bin
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auch echt ich beneide dich ein bisschen dass du so bergauf gehen kannst und
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außer atmen zu kommen weil ich sobald ich das mache fange ich total an zu japsen
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ja deshalb fragst du so wenig und ich rede so viel genau deswegen so ich habe
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es immer leichter wenn ich recht behalten,
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will Es gibt auch so öfter solche Parks, die dann erhöht sind und wo man so schöne Ausblicke hat.
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So, jetzt ist... ich muss nur mal mich dran erinnern, der Hint,
0:45:25–0:45:27
was hier drin ist, das ist glaube ich irgendwie...
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Hat irgendwas mit Währung zu tun.
Micz Flor
0:45:32–0:45:40
Wir sind jetzt, liebe Hörerinnen und Hörer, ganz oben im Viktoria Park.
0:45:42–0:45:43
Weißt du irgendwas darüber?
Florian Clauß
0:45:44–0:45:46
Nee, nicht wirklich.
0:45:51–0:45:54
Ja, da müssen wir uns nochmal drum kümmern, ne?
Micz Flor
0:45:55–0:46:02
Jetzt hast du irgendwie da unten was gesagt mit außer Atem und auf einmal spüre
0:46:02–0:46:04
ich ganz viel außer Atem sein.
0:46:05–0:46:07
Da identifiziere ich mich jetzt mit dir.
Florian Clauß
0:46:07–0:46:08
Das war meine Methode, die ich schachmatteset.
Micz Flor
0:46:09–0:46:13
Das ist jetzt dann psychodynamisch die konkordante Gegenübertragung,
0:46:13–0:46:18
wo ich das Gleiche erlebe wie du, nicht die Komplementäre, wo ich das Gegenteil erlebe.
Florian Clauß
0:46:18–0:46:23
Wir können uns gerne hier hinsetzen, aber vielleicht auf einer Seite, wo nicht so viel...
Micz Flor
0:46:23–0:46:28
Du, ich würde lieber weitergehen, ich habe total Hunger. Gut. Wär das für dich okay?
Florian Clauß
0:46:28–0:46:30
Absolutly.
Micz Flor
0:46:30–0:46:32
Wir gehen einfach so diagonal in die Richtung.
Florian Clauß
0:46:32–0:46:36
Ich würde gerne die Flucht runtergehen und dann rechts, ich weiß auch, wo wir essen gehen.
Micz Flor
0:46:36–0:46:38
Ah.
Florian Clauß
0:46:38–0:46:41
Mysteria number one. Gut.
Micz Flor
0:46:41–0:46:43
Das ist die letzte Etappe jetzt.
Florian Clauß
0:46:44–0:46:45
Ich kann es nie noch was fragen.
Micz Flor
0:46:47–0:46:51
Du mich oder ich dich oder ich mich? Frag dich mal was.
Florian Clauß
0:46:51–0:46:54
Nein, ich frag mich nicht. Also wir hatten gerade die Methode...
0:46:57–0:46:58
Nein, falsch! Die Technik.
0:47:02–0:47:06
Du hast von deinen Klienten gesprochen.
0:47:06–0:47:14
Nein, Mandanten.
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Der mit seiner Panikattacken konfrontiert war. Und wo du ihn auch so ein bisschen
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rausgerissen hast aus deinem Erleben, in dem du mit ihm zusammen dann gestanden
0:47:26–0:47:28
hast. Mhm. Und das kommentiert hast, ne?
Micz Flor
0:47:28–0:47:30
Angeleitet.
Florian Clauß
0:47:30–0:47:36
Also angeleitet, was passiert oder was er erleben kann?
Micz Flor
0:47:37–0:47:41
In dem Fall war es jetzt, ich glaube ich habe das sogar noch irgendwo,
0:47:41–0:47:45
da kann man das mp3 unten dran hängen, weil er wollte, dass ich das mal aufnehme.
Florian Clauß
0:47:46–0:47:47
Aber da ist nur deine Stimme?
Micz Flor
0:47:47–0:47:50
Nur meine Stimme, genau. Das ist doch gut,
0:47:50–0:47:54
das wäre auch irgendwie so ein praktischer Nutzen für Ganz,
0:47:54–0:47:59
ganz einfache Meditationen, so eine Atemübung könnte man sagen,
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die aber was Meditatives hat, die auch Menschen, glaube ich,
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gut machen können, die sofort bei Meditationen an Schwurbel und alle Hüten denken.
Florian Clauß
0:48:13–0:48:16
Mittlerweile nicht immer mittlerweile, weil er das so irgendwie die Vision Pro
0:48:16–0:48:21
von Apple komplett in so einer visuellen Schiene getragen, getragen,
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das ist dann halt nicht mehr.
0:48:25–0:48:28
Also ich glaube, Meditation ist schon Achtsamkeit.
Micz Flor
0:48:31–0:48:35
Ja, aber es ist halt eben Gewahrsein und Achtsamkeit sind irgendwie ähnlich,
0:48:35–0:48:37
aber nicht wirklich ähnlich. Aber das ist dann vielleicht auch wirklich das
0:48:37–0:48:39
Menschenbild, was dahinter steht. Das ist schwer zu sagen.
0:48:41–0:48:45
Und da war es in dem Fall, diese einfache Atemübung kann man im Stehen oder
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im Sitzen machen. Im Liegen würde ich sie nicht machen, weil im Liegen passiert
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nochmal was anderes im Körper. Da ist man irgendwie.
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Ich würde in so einem Fall auf alle Fälle stehen oder sitzen und wenn mir schwindelig
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ist, würde ich ja sitzen, dann würde ich auch nicht versuchen zu stehen.
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Das Atmen ist dann keine Übung, in der man viel atmen soll oder wenig atmen
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soll, sondern man soll wirklich versuchen, in vollem Gewahrsein zu atmen, aber nicht anders.
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Einfach so zu atmen, wie man das jetzt auch machen würde.
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Und man kann dabei seinen Körper fühlen, weil oft eben in diesen akuten Momenten
0:49:21–0:49:27
Körper und Gedanken, sag ich mal, nicht Geist, aber Körper und Denken sich voneinander lösen.
0:49:27–0:49:31
Und man kann sehr schön einfach seine Nase beobachten,
0:49:31–0:49:36
weil wenn man einatmet durch die Nase, dann werden die Innenflächen der Nase
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ein bisschen kühl und wenn man ausatmet, dann kommt die warme Luft aus der Lunge
0:49:41–0:49:45
und dann werden die Innenflächen der Nase ein bisschen wärmer. Und man kann das.
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Beobachten und das stellt so eine leichte Brücke wieder her zum Körper.
0:50:10–0:50:14
Ist ein großes Problem, dass man versucht, in Panikattacken versucht,
0:50:14–0:50:20
irgendwie diese Diese ganze Angst über Regulierung und Kontrolle,
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dass man versucht, den Körper zu kontrollieren.
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Ich muss doch irgendwie mal im Herz schlacken, ich muss doch irgendwas machen
0:50:26–0:50:31
können. Aber weil viele Sachen über das vegetative System eben nicht kontrollierbar sind,
0:50:31–0:50:36
Atmen ist so ein Zwischenzitterwesen, wird es dann meistens eher schlimmer,
0:50:36–0:50:39
weil die Angst wächst, weil man merkt, ich kann das gar nicht mehr,
0:50:39–0:50:40
ich bin dem ausgeliefert.
0:50:40–0:50:44
Und wenn man dann langsam anfängt, über die Nase den Körper wieder ein bisschen
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zu erleben und dann die Fußsohlen und so, Das kann einen guten beruhigenden Effekt haben.
0:50:53–0:50:56
Kann ich mal gucken, ob ich es noch finde. Ich höre es mir dann nochmal an.
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Und wenn ich mich dafür nicht schäme, weil auch ich habe ja ein Bild von mir,
0:51:01–0:51:04
dann kann man es vielleicht verlinken.
Florian Clauß
0:51:04–0:51:07
Ich finde es toll. Ja, ich gucke mal.
Micz Flor
0:51:11–0:51:15
Es gibt auch, das ist jetzt nochmal ein Rückwurf, eben in dieses erste große
0:51:15–0:51:18
Buch über die Gestalttherapie, was nämlich in zwei Teilen erschienen ist.
0:51:18–0:51:20
Das war unglaublich viel Text.
0:51:20–0:51:26
Und es gibt diesen Theorie-Teil, in dem Paul Goodman, ein Soziologe,
0:51:26–0:51:30
Pragmatist aus New York, auch viel mitgeschrieben hat, sich da mit reingeschrieben
0:51:30–0:51:31
hat, auch mit seinen Ideen.
0:51:32–0:51:37
Und Fritz Perls schon viele Texte in der Hinterhand hatte,
0:51:37–0:51:40
die dann da eben auch mit reinkamen, wo es wirklich um Therapie ging und der
0:51:40–0:51:44
eben auch auf Jahrzehnte analytische Ausbildung, Charakteranalyse,
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Berlin, Frankfurt, Soziologie eben ganz viel mitgebracht hat an Erfahrung schon.
0:51:51–0:51:55
Es war auch in diesen Urwurzeln, wo sich das dann später herauskristallisiert hat,
0:51:55–0:51:59
war auch viel eben in den 20er, 30er Jahren,
0:51:59–0:52:06
viele die dann auch geflohen sind vor den Morden der Nazis, die dann Sachen
0:52:06–0:52:10
nach Amerika mitgebracht haben, was dort von Leuten wie Paul Goodman einfach
0:52:10–0:52:11
auch gerne angenommen wurde.
Florian Clauß
0:52:11–0:52:23
Naja, damals war ja noch quasi die ganze Konfrontation mit der UdSSR viel realer, ne?
0:52:25–0:52:26
Und die Angst vor dem Kommunismus.
Micz Flor
0:52:27–0:52:32
Das war auf alle Fälle eine Zeit, in die ich mich kaum hineinfühlen kann.
0:52:32–0:52:39
Also wir hatten ja auch bei deiner Folge da, wo wir im Tierpark waren nochmal. Ne, im Tierheim.
0:52:41–0:52:48
Nee, nicht Tierpark, sondern doch Tiergarten, genau. Tiergarten.
0:52:48–0:52:51
Diese Zeit ist mir irgendwie sehr wesenswert.
Florian Clauß
0:52:51–0:52:53
Und wo waren wir? Hier? Hier die Straße kreuzen.
Micz Flor
0:52:53–0:52:57
Zuse.
Florian Clauß
0:52:57–0:53:01
Da, wo wir hier so rumgeührt sind und diese Gedenktafel. Wir suchen immer Gedenktafeln,
0:53:01–0:53:04
oder? Ja. Das machen wir gerne, vielleicht auch in der Zukunft.
Micz Flor
0:53:04–0:53:06
Da unten, jetzt laufen wir dran vorbei ein bisschen, wo sie ist.
0:53:07–0:53:10
Ja, genau. Lernen durch eigentlich Podcasts.
0:53:10–0:53:13
So, jetzt komme ich aber in den Schluss hinein. Also, ich wollte nur sagen,
0:53:13–0:53:16
es gab diesen Teil der Theorie und es gab so einen praktischen Teil,
0:53:16–0:53:23
weil damals, als es rauskam, Anfang der 50er Jahre, waren eben auch solche psychotherapeutischen
0:53:23–0:53:25
Übungen, das war irgendwie so ganz angesagt wohl.
0:53:25–0:53:30
Und da gibt es ein Psychotherapeut namens Hefferlein, der auch als einer der
0:53:30–0:53:35
drei Autoren, also Lore Perls, die wohl inhaltlich wohl auch mitgearbeitet haben
0:53:35–0:53:38
muss, einfach viel mit begründet hat. Ich weiß nicht, was ihr im Text beigetragen habt.
0:53:40–0:53:45
Goodman und Fritz Perls sind für Theorie und Hefferlein hat solche Methoden,
0:53:45–0:53:50
so Gewahrseins-Selbstachtsamkeits-Methoden quasi zusammengefasst.
0:53:50–0:53:53
Und dazwischen sind immer wieder auch Texte, wo man nicht genau weiß,
0:53:53–0:53:57
von wem die jetzt so sind, die dann aber oft wohl eher nach Fritz Perls auch
0:53:57–0:54:00
klingen. Das kann ich jetzt aus der Distanz nicht so gut unterscheiden.
0:54:03–0:54:06
Aber in diesem Band, der dann auch als erster erschien,
0:54:06–0:54:10
dieser Übungsband, und der Theorieband kam ja später,
0:54:10–0:54:15
da sind dann auch ganz viele Übungen drin, die man auch in der Gestaltherapie Ausbildung macht,
0:54:15–0:54:20
wo man einfach versucht, seinen Körper, seine Emotionen, seine eigenen inneren
0:54:20–0:54:25
Kreisläufe, Zyklen, Kontaktprozesse besser zu erleben.
0:54:25–0:54:30
Und da möchte ich abschließend eine Übung anleiten, also wenn du Lust hast,
0:54:30–0:54:31
da mitzumachen. Aber ich weiß gar nicht, ob...
Florian Clauß
0:54:31–0:54:33
Komm, wir sind vor dem Zuse-Schild.
Micz Flor
0:54:35–0:54:38
Das Zuse-Schild war ja weg, oder? Nee, da ist es.
Florian Clauß
0:54:38–0:54:39
Da ist es weg.
Micz Flor
0:54:39–0:54:40
Da wurde es wieder hingemacht.
0:54:42–0:54:45
Das ist ja lustig. Da ist es.
0:54:48–0:54:49
Ja, das niegelnagelneue Zuse-Schild.
Florian Clauß
0:54:50–0:54:54
Ey, toll! Hat sich gelohnt. Von KPM sogar.
Micz Flor
0:54:54–0:54:56
Jetzt freust du dich, meinst du?
Florian Clauß
0:54:56–0:54:58
Ich glaube, wir machen ein Selfie vor der Zuse. Ein Selfie?
Micz Flor
0:55:00–0:55:02
Guck mal, KPM hat das Ganze gesponsert.
Florian Clauß
0:55:06–0:55:08
Echter preußischer Marmor, oder? Porzellan. Was?
Micz Flor
0:55:08–0:55:09
Porzellan. Stimmt. Königliche Porzellanwunderfrucht.
Florian Clauß
0:55:22–0:55:23
Können wir hier warten, oder?
Micz Flor
0:55:23–0:55:26
Ja, ich weiß nicht. Ich glaube, vielleicht bin ich nicht mehr in der Lage,
0:55:26–0:55:27
mit dir in eine Ich-Du-Begegnung zu gehen.
0:55:30–0:55:33
Und ich habe einfach zu viel Hunger. Das hat so was von. Aber wir können es
0:55:33–0:55:34
auf alle Fälle noch festhalten.
Florian Clauß
0:55:34–0:55:37
Vielleicht machen wir es nach dem Essen. Und machen das nur als Bonus-Track.
0:55:42–0:55:47
Und ja, als Bonus kommt Ich-Du-Begegnung mit Mitch, Flo, und Florian, Klaus.
Micz Flor
0:55:49–0:55:54
Und diese Übung, die auch im Rahmen der Ausbildung ich das erste Mal erlebt habe,
0:55:54–0:56:00
die aber man, wenn man mit jemandem arbeitet, der oder die auch so ein bisschen
0:56:00–0:56:05
Erfahrung hat, wirklich als eine komplette Sitzung machen könnte,
0:56:05–0:56:07
besteht einfach aus drei Fragen.
0:56:09–0:56:12
Und ich muss gestehen, ich weiß nicht, ob das jetzt aus diesem Übungsbuch kommt
0:56:12–0:56:16
oder nicht, aber bei mir war es im Rahmen der Ausbildung und ich finde die Fragen einfach total toll.
0:56:17–0:56:23
Und die kann jeder auch für sich mitnehmen, wenn er oder sie vielleicht Entscheidungsthemen
0:56:23–0:56:28
hat oder im Hier und Jetzt ankommen möchte oder runterkommen möchte oder vor
0:56:28–0:56:29
der Prüfung sich relaxen möchte.
0:56:30–0:56:34
Und zwar sind es drei Fragen, die man seinem Gegenüber stellen kann.
0:56:34–0:56:36
Die eine Frage ist, was machst du gerade?
Florian Clauß
0:56:38–0:56:38
Was machst du?
Micz Flor
0:56:39–0:56:46
Genau. Die zweite Frage ist, was fühlst du gerade? Und die dritte Frage ist, was brauchst du gerade?
Florian Clauß
0:56:46–0:56:52
Ich glaube, die Ich-Du-Begegnung ist, was machst du? Wir machen einen Wodka.
0:56:55–0:57:01
Was brauchst du? Pizza. Was fühlst du? Ich muss aufs Klo. Dann hängt die Störung wieder vorn.
Micz Flor
0:57:02–0:57:05
Aber natürlich sind diese Fragen, wenn man das zu zweit macht, als Übung.
0:57:05–0:57:10
Und vielleicht ist es mir sogar zu intim, das jetzt mit dir zu machen.
0:57:10–0:57:14
Wir können das vielleicht noch ein paar Tage lang machen. Aber natürlich sind
0:57:10–0:57:15
Auf Kamera, wollte ich sagen, auf Aufnahmegerät machen. Weil natürlich in dem Moment,
0:57:14–0:57:18
diese Fragen, wenn man das zu zweit macht, als Übung. Und vielleicht ist es
0:57:15–0:57:18
wenn du Kontakt herstellst, ist es nicht mehr kataloghaft, dass man diese drei
0:57:18–0:57:21
mir sogar zu intim, das jetzt mit dir zu machen.
0:57:18–0:57:25
Fragen beantwortet, sondern was brauchst du gerade, was erlebst du gerade,
0:57:25–0:57:28
was fühlst du gerade, was machst du gerade?
0:57:28–0:57:31
Das können dann im Wechselspiel, wenn immer nur diese Fragen kommen.
Florian Clauß
0:57:31–0:57:32
Die kommen immer so repetitiv.
Micz Flor
0:57:33–0:57:37
Genau, und die Person, die die Fragen stellt, stellt die auch erst dann,
0:57:37–0:57:39
wenn sie das Gefühl hat, ich jetzt stellen.
Florian Clauß
0:57:39–0:57:43
Ja, das ist dann schon eine Art von, ja, interessant.
Micz Flor
0:57:44–0:57:47
Und da ist es dann so, dass natürlich, was machst du gerade,
0:57:47–0:57:53
wenn man sich gegenüber setzt, eine schwierige, eine schwierige Antwort manchmal.
Florian Clauß
0:57:53–0:57:56
Ja, das bringt dich aber voll in die Situation rein.
Micz Flor
0:57:56–0:57:59
Das erste Mal sagst du, ja, ich sitze hier. Was machst du gerade?
0:58:02–0:58:07
Ich beuge mich ein bisschen nach vorne, Ja, ja, ja, ja. Ich atme nicht richtig
0:58:07–0:58:11
so. Man kommt dann irgendwie mehr im Hier und Jetzt bei seinem Körper an. Was fühlst du grade?
0:58:11–0:58:16
Ist auch schwierig. Da kann die Antwort auch mal sein, keine Ahnung, ich nix grade.
0:58:17–0:58:21
Aber dann kommt vielleicht irgendwas. Wenn man den Zeit und Raum gibt,
0:58:21–0:58:23
dann ist das auf alle Fälle eine Form, in der man ...
0:58:25–0:58:28
Das kann man auch mit sich alleine machen. Dass man sich manchmal einfach so
0:58:28–0:58:28
markermäßig durchcheckt.
0:58:30–0:58:32
Was mein ich eigentlich grade? Was fühl ich eigentlich grade?
0:58:32–0:58:33
Was brauche ich eigentlich gerade?
0:58:34–0:58:37
Und da kann man sich, glaube ich, auch zum Beispiel in Interviewsituationen
0:58:37–0:58:41
innerlich, wenn man das Gefühl hat, ich bin gerade ein bisschen im Jobinterview
0:58:41–0:58:45
oder bin unter Beschuss oder Prüfungssituation, die Frage stellen,
0:58:45–0:58:46
was brauche ich eigentlich gerade?
0:58:47–0:58:50
Vielleicht möchte ich mal was fragen. Dann kann ich mal fragen,
0:58:50–0:58:54
wie ist es, entschuldige das unterbreche, aber wie ist es eigentlich bei Ihnen
0:58:54–0:58:57
mit, keine Ahnung, mit Mittagspausen, mit...
0:59:01–0:59:03
Betriebswagen oder sowas in der Art.
Florian Clauß
0:59:03–0:59:06
Betriebsrad? Betriebswagen. Betriebsrad ist auch eine gute Frage.
0:59:06–0:59:10
Das wäre eine gute Frage beim Jobinterview. Was machen Sie eigentlich mit dem Betriebsrad?
0:59:11–0:59:12
Ja, danke. Nächster?
Micz Flor
0:59:12–0:59:17
Das war ja bei Fodora, glaube ich, damals ein richtiger Make-or-break-Moment,
0:59:17–0:59:22
wo so Gewerkschaftsstrukturen eingezogen wurden.
Florian Clauß
0:59:23–0:59:27
Aber ich wollte noch mal ganz kurz, weil diese repetitive Fragen,
0:59:27–0:59:33
Ja, die erinnern mich auch an eine Methode, die oft im Agilen in der Retrospektive
0:59:33–0:59:37
angewandt werden, nämlich die Five Whys, das kennst du auch, ne?
0:59:37–0:59:42
Also man hat dann quasi schon so bestimmte Punkte gesammelt, ne?
0:59:42–0:59:49
Also ich weiß nicht, ob du vertraut bist mit einer Agilen Retrospektive,
0:59:49–0:59:53
du machst so set the stage, gibt es halt auch so Übungen,
0:59:53–0:59:58
um dann halt so Themenpunkte zusammen, dann generating insights,
0:59:58–1:00:02
geht es halt, dreht es sich dann rein in bestimmte Themen, meistens sind immer so ein Clustering,
1:00:02–1:00:07
weil bei set the stage kommen dann halt auch die wichtigsten Punkte schon so raus,
1:00:07–1:00:13
priorisierst du und dann gibt es diese Methode von, also wo du so einen Deep
1:00:13–1:00:16
Dive machst, the five ways, du gehst und fragst dann halt, warum,
1:00:16–1:00:18
warum, Warum, warum, warum?
1:00:21–1:00:23
Warum ist das denn so? Und dann sagst du halt irgendwie, ja,
1:00:23–1:00:26
keine Ahnung, der SMTP-Server war nicht konfiguriert.
1:00:26–1:00:30
Und warum ist der SMTP? Ja, keine Ahnung, irgendein Dev-Op, den erreich ich
1:00:30–1:00:32
nie. Ja, warum erreich ich es nie? Ja, weil die so scheiße...
1:00:33–1:00:37
Du kommst dann halt immer in so einen Modus rein, wo du dann die Frage nach
1:00:37–1:00:41
dem vorherigen Grund... Und das ist eigentlich total... Ich mag die total gerne,
1:00:41–1:00:46
weil irgendwo am Boden... Aber nach fünf Mal ist es dann auch so,
1:00:46–1:00:48
tiefer kommst du nicht unbedingt.
1:00:49–1:00:53
Aber du kommst schon so zu Punkten, die nichts mehr mit dem Phänomen zu tun
1:00:53–1:00:53
haben oder mit der Situation.
1:00:56–1:01:00
Genau, du sagst am Anfang, ich sitze hier, und dann kommst du auf einmal zu
1:01:00–1:01:06
anderen Punkten, die dann viel tiefer irgendwo und auch viel klarer deine Situation
1:01:06–1:01:09
beschreiben als vorher. Ja, ja.
Micz Flor
1:01:09–1:01:12
Und das ist dann auch wieder bei der emotionsfokussierten Therapie,
1:01:12–1:01:17
wo es primäre Emotionen gibt, also Sekundäre, die die Primären überdecken zum
1:01:17–1:01:21
Beispiel, oder das Sozialer Wünschte, diese ganz soziale Interaktion.
1:01:22–1:01:25
In der Gestaltherapie gibt es eben diesen anarchistischen Ansatz auch,
1:01:25–1:01:28
dass man da so ein bisschen weg will. Also ich bin ich, du bist du,
1:01:28–1:01:31
wenn wir uns nicht verstehen, können wir auf getrennte Wege gehen. Das ist kein Problem.
Florian Clauß
1:01:31–1:01:32
Haus reimt sich.
Micz Flor
1:01:34–1:01:36
Normalerweise reimen sich die Sachen nur im Englischen, ich habe gerade was
1:01:36–1:01:40
Neues erfunden. Und das ist natürlich jetzt was, was in einem Arbeitszusammenhang
1:01:40–1:01:43
nicht einfach so zu machen ist. Aber natürlich kann jemand sagen, ich kündige.
1:01:43–1:01:46
Aber man muss irgendwie auch zusammenarbeiten. Und in diesem Zusammenarbeiten
1:01:46–1:01:49
entwickelt man halt so rundgeschmirgelte Ecken.
1:01:49–1:01:53
Das sind diese ersten Fragen, wenn die beantwortet werden.
Florian Clauß
1:01:53–1:01:56
Ja, genau. Dann ist es erstmal so ein bisschen weich, Kissen und so weiter.
1:01:56–1:01:59
Man zeigt auf niemanden drauf und dann so. Und dann kommst du aber so zu so einem, genau.
1:02:00–1:02:04
Aber gleichzeitig ist es so eingebettet, es wird nicht irgendwie so,
1:02:04–1:02:07
es ist kein Blaming, weil die erste Schicht ist ja schon durch.
1:02:12–1:02:15
Ja, spannend mit, ich würde jetzt so auch...
Micz Flor
1:02:15–1:02:16
Jetzt ist es abgeschlossen, oder?
Florian Clauß
1:02:16–1:02:24
Ich finde auch, dass ich wieder sehr interessante Einblicke in die Gestaltherapie
1:02:24–1:02:28
bekomme. Auch die Praxisnähe hat mir sehr gefallen.
1:02:29–1:02:34
Die Berichte von dir und vielleicht, wenn das passt, dann mit Bonustrack.
1:02:38–1:02:42
Das war wieder Podcast Episode 29.
1:02:46–1:02:58
Und für mehr Informationen könnt ihr auf die Webseite www.eigentlich-podcast.de gehen.
1:02:58–1:03:01
Und da ist auch unser Track verlinkt, den wir heute gegangen sind.
1:03:01–1:03:02
Ich fand den total schön.
1:03:03–1:03:11
Wir sind ja gestartet fast so in der Nähe vom Rathaus Schöneberg und dann durch
1:03:11–1:03:15
Schöneberg gegangen und Kreuzberg rausgekommen.
1:03:17–1:03:23
Und jetzt hier vor unserem Wunsch, der sich die ganze Zeit so ein bisschen so
1:03:23–1:03:30
aufgemalt hat als Pizza, während unserer Folge, wir belohnen uns jetzt mit einer schönen Pizza.
Micz Flor
1:03:30–1:03:33
Pizza!
Florian Clauß
1:03:33–1:03:40
Also ich sage danke fürs Zuhören, danke an Mitch fürs Erzählen, ich sag Pizza!
1:03:41–1:03:43
Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

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Wir sind am Hauptbahnhof verabredet, um über Gestalttherapie zu sprechen. Denn inzwischen ist Gestalttherapie relativ bekannt -- da hat sich in den letzten zehn oder zwanzig Jahren was getan. Wer hätte das gedacht, feierte sie doch vielleicht Ihre größten Erfolge in Amerika der 1960er oder 70er Jahre? Als eine der wichtigsten humanistischen Therapien, die sich nicht primär mit der Beseitigung von Störung, sondern auch mit Wachstum, Identität und Ressourcen beschäftigte, passte sie in die Zeit der Individualisten und utopischen Gedanken zu Gesellschaft, Kapitalismus und Zusammenleben. Über diese Zeit sprechen wir gar nicht in diesem Podcast, aber Flo fordert zum Schluss: vielleicht sollte es noch einen zweiten Teil geben.

Shownotes

Mitwirkende

avatar
Micz Flor
Erzähler
avatar
Florian Clauß

Transcript

Florian Clauß
0:00:01–0:00:06
Läuft jetzt. Also Mitch, ich habe die Aufnahme gestartet.
0:00:17–0:00:22
Das dauert jetzt etwas länger, das Tippen, weil ich etwas aufgeregt bin.
0:00:23–0:00:29
Jetzt sehe ich ihn schon von Weitem und gucke gerade durch das Mikrofon. Hallo Mitch!
Micz Flor
0:00:29–0:00:34
Hallo, gleich klatschen! Ja. Synchronisation. Ja. Bis kurz.
0:00:35–0:00:38
Und hier. Das Ding da unten.
Florian Clauß
0:00:38–0:00:43
Ja, ich weiß. So langsam lerne ich es, ne? Ja. Hallo und herzlich willkommen
0:00:43–0:00:45
bei eigentlich Folge 27.
0:00:48–0:00:54
Mitch, 27. Was fällt dir dazu ein? Ein Jahr. Yes! Ich dachte schon,
0:00:54–0:00:58
es wäre letztes Mal, aber ich bin ja immer ein bisschen zu früh mit mit unseren Datierungen.
Micz Flor
0:00:59–0:01:03
Also es ist schon insofern, na gut, ich habe die erste gemacht,
0:01:03–0:01:09
Kontakt und deshalb ist es jetzt einfach auch logisch bei 52 Wochen,
0:01:09–0:01:15
nee eigentlich doch, nee genau 26 plus 1, 27, jetzt geht es wieder von vorne los.
Florian Clauß
0:01:15–0:01:20
Jetzt geht es wieder von vorne los, der Zyklus, der eigentlich Zyklus.
0:01:20–0:01:23
Ich finde auch, wir können uns ein bisschen auf die Schulter klopfen,
0:01:23–0:01:30
dass wir das so 14-tägig durchgezogen haben und vielleicht auch mal so ein bisschen
0:01:30–0:01:31
so ein Blick hinter die Aufnahmekulissen.
0:01:33–0:01:39
Wir waren früher, als wir gestartet haben mit dem Projekt etwas fleißiger und
0:01:39–0:01:42
haben wesentlich mehr vorproduziert. Ja, wirklich?
Micz Flor
0:01:46–0:01:47
Darf ich das verraten?
Florian Clauß
0:01:48–0:01:49
Nee, weil ich dich frag.
Micz Flor
0:01:49–0:01:51
Weißt du gar nicht mehr ...
Florian Clauß
0:01:51–0:01:57
Teilweise haben wir ja Folgen. Da waren ja schon so drei oder vier Folgen quasi im Petto.
0:01:58–0:02:03
Ach so, das haben wir einmal gemacht. Das haben wir einmal. Ja,
0:02:03–0:02:07
also wir sind quasi unserem Aufnahmeintervall so ein bisschen hinterhergehinkt.
0:02:08–0:02:11
Und jetzt sind wir ja schon fast auf Kante.
Micz Flor
0:02:11–0:02:14
Ja, das ist ... ehrlich gesagt, wir haben ja nicht wirklich Tagesaktuelles.
0:02:15–0:02:20
Also ich meine manchmal so Themen wie, als wir künstliche Intelligenz als Themenblock hatten.
Florian Clauß
0:02:20–0:02:22
Ja, genau, da musste ich Kunden aktuell sein.
Micz Flor
0:02:22–0:02:25
Nee, das war schon so ein Gefühl, dass wir immer so ein bisschen hinten dran sind.
0:02:26–0:02:32
Aber was natürlich auch immer nur für das eigene Verständnis des Themas gilt.
0:02:33–0:02:36
Also man hat dann irgendwie so eine Meinung, dann liest man sich rein und dann
0:02:36–0:02:39
ändert sich die Meinung und dann habe ich immer schnell das Gefühl,
0:02:39–0:02:42
dass alles schon sich weiterentwickelt hat.
0:02:42–0:02:45
Habe ich einfach was gelesen, was vielleicht schon zwei Jahre alt ist.
Florian Clauß
0:02:45–0:02:47
Ja, das stimmt. Aber es ist, glaube ich, so vor allen Dingen,
0:02:47–0:02:48
was die Jahreszeiten anbelangt.
0:02:51–0:02:55
Wir waren gar nicht so weit von hier, hatten wir auch mal eine Folgeaufnahme,
0:02:55–0:02:58
sind da durch den Hauptbahnhof gegangen. Und... Weißt du noch,
0:02:58–0:03:04
was das war? Das war, das war... ähm... mein... Stalker.
Micz Flor
0:03:04–0:03:05
Ah ja, stimmt.
Florian Clauß
0:03:05–0:03:05
Und da war...
Micz Flor
0:03:05–0:03:08
Sind wir in die andere Richtung raus und kamen da unten an.
Florian Clauß
0:03:08–0:03:10
Da sind wir in der Moabit hoch und an den Kanal lang gegangen.
0:03:11–0:03:12
Und das war so ein bisschen,
0:03:12–0:03:17
da war ja so der erste Frühlingstag, also es gab noch keinen,
0:03:17–0:03:21
also es war letztes Jahr und es war so, es sprießte so langsam,
0:03:21–0:03:23
dass die Bäume das Grün...
Micz Flor
0:03:23–0:03:26
Die Zone, die Zone überwucherten.
Florian Clauß
0:03:27–0:03:32
Irgendwie war das Gras schon alles braun gebrannt von der Sonne.
Micz Flor
0:03:34–0:03:39
Wenn wir jetzt gerade ganz tagesaktuell über eine Strandbar laufen, wie spannend.
Florian Clauß
0:03:39–0:03:44
Genau. Und es ist Wochenende und ich habe dich schon angekündigt,
0:03:44–0:03:48
du bist aus, es ist ein bisschen falsch, wie ich dich angekündigt habe,
0:03:48–0:03:50
aber zu Besuch aus Stuttgart.
Micz Flor
0:03:50–0:03:54
Zu Besuch aus Stuttgart. Zurück aus Stuttgart.
Florian Clauß
0:03:54–0:03:58
Ja, genau. Zurück aus Stuttgart mit einem leeren Gitarrenkoffer.
0:03:59–0:04:00
Willst du darüber was sagen, oder?
Micz Flor
0:04:00–0:04:04
Naja, ich habe ja diese Stromgitarrenfolgen gemacht, zwei, und parallel eben
0:04:04–0:04:06
ist die Band jetzt 20-jähriges Jubiläum.
Florian Clauß
0:04:08–0:04:09
Die Band?
Micz Flor
0:04:09–0:04:10
Das Art Critics Orchestra.
Florian Clauß
0:04:11–0:04:16
Ach, du hast eine Band? Ja, jetzt direkt. Das war jetzt früh alles wieder.
Micz Flor
0:04:18–0:04:19
Früher waren wir authentisch, oder?
Florian Clauß
0:04:20–0:04:23
Für unsere HörerInnen muss ich das ja nochmal so kontextualisieren.
Micz Flor
0:04:24–0:04:27
Und dieses Jahr haben wir ein paar Auftritte und ich habe irgendwie dann,
0:04:27–0:04:32
weil ich für die Band vor, glaube ich inzwischen 17 Jahren,
0:04:32–0:04:36
eine Fender Stratocaster zersägt, habe alles weggeschmissen,
0:04:36–0:04:41
habe was nicht gebraucht, weil ich mich geschämt habe mit einem Stratcopy-Gerät
0:04:41–0:04:45
irgendwie auf der Bühne zu stehen, habe neue Pickups reingemacht und war auch super das Instrument.
Florian Clauß
0:04:45–0:04:49
Können Sie das noch bitte mehr ausführen? Was heißt geschämt?
0:04:49–0:04:50
Wie kann man sich für eine Strat...
0:04:52–0:04:56
Irgendwas mit Bakterien auf der Bühne schämen.
Micz Flor
0:04:58–0:05:00
Da mache ich eine eigene Folge vielleicht zu.
0:05:03–0:05:06
Weil ein Grund, weshalb wir uns heute treffen und beide Aufnahmegeräte schon
0:05:06–0:05:13
liefen, ist der gleiche Grund eigentlich wie bei der Episode,
0:05:13–0:05:16
wo du drei chinesische Filme vorgestellt hast.
0:05:16–0:05:20
Und da die Aufnahme auch schon lief, weil wir haben nur begrenzt Zeit.
0:05:20–0:05:22
Du holst mich vom Bahnhof ab, totaler Luxus.
0:05:23–0:05:28
Und wir stürzen hinein ins Thema. Ähm ...
0:05:29–0:05:34
Das ist jetzt irgendwie ... Hat das gar nichts mit dem Jahrestag zu tun,
0:05:34–0:05:38
aber es hat mich schon irgendwie beschäftigt, warum passt das jetzt zum Jahrestag oder nicht.
0:05:38–0:05:43
Aber auf jeden Fall wollte ich heute eine Folge machen, die heißt,
0:05:43–0:05:48
was ist eigentlich Gestalltherapie? Au. Psychotherapie ist immer so ein Thema
0:05:48–0:05:50
geworden, in den letzten Monaten.
0:05:52–0:05:57
Und dann hattest du nämlich in einer Folge ja mich schon mal irgendwas gefragt.
0:05:57–0:05:59
Da hatte ich, glaube ich, Gestalttherapie schon mal angesprochen.
0:06:00–0:06:04
Und jetzt ist es soweit. Jetzt mache ich halt diese Folge zum Thema Gestalttherapie.
0:06:04–0:06:07
Was ist das? Ich habe eine Ausbildung zum...
0:06:08–0:06:12
Also ich bin ja Diplompsychologe, habe eine abgeschlossene Ausbildung zum Gestalttherapeut
0:06:12–0:06:16
und bin auch Mitglied des Deutschen Dachverbandes der GestalttherapeutInnen
0:06:16–0:06:23
und habe auch noch eine abgeschlossene Ausbildung in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie.
0:06:24–0:06:26
Also habt ihr quasi zwei Verfahren.
0:06:27–0:06:30
Das tiefenpsychologische Verfahren ist auch anerkannt von den gesetzlich Versicherten.
0:06:31–0:06:35
Für den Krankenkassen, das heißt, da kann ich auch über Kasse abrechnen.
0:06:37–0:06:44
Gestalttherapie als humanistisches Verfahren ist nicht Teil der Richtlinienverfahren für Psychotherapie,
0:06:44–0:06:51
das heißt, das ist was im Prinzip Menschen sich leisten, weil sie denken,
0:06:51–0:06:53
Gestalttherapie ist vielleicht gut für mich.
0:06:54–0:06:57
Gleichzeitig fragen mich immer viele Menschen, was ist eigentlich Gestaltherapie?
0:06:57–0:06:59
Hat das was mit Malen zu tun?
Florian Clauß
0:06:59–0:07:03
Da wiegt ganz kurz noch einer, weil ich hatte das tatsächlich in der Zusammenfassung
0:07:03–0:07:09
von unserer letzten Sendung hatte ich ja auch dann diesen Ansatz,
0:07:09–0:07:12
der kam ja auch bei Eisenhans ein bisschen zum Tragen.
Micz Flor
0:07:12–0:07:13
Da hatte ich das reingewebt.
Florian Clauß
0:07:13–0:07:18
Ja, und da hatte ich Gestaltungstherapie geschrieben und du hast vielleicht
0:07:18–0:07:22
noch mal so, also nicht Gestalttherapie, nicht Gestaltungstherapie,
0:07:22–0:07:23
sondern Gestalttherapie.
Micz Flor
0:07:25–0:07:28
Kannst du ganz kurz, bevor wir dann wirklich reintauchen, jetzt sind wir noch
0:07:28–0:07:29
so ein bisschen zerfahren,
0:07:29–0:07:35
weg vom Bahnhof und links von uns der Reichstag, eben das Kanzleramt und jetzt
0:07:35–0:07:41
oder Kanzlerinnenamt und jetzt gehen wir gleich dann Richtung Tierpark und ich
0:07:41–0:07:43
bin gespannt, hast du dir eine Tour überlegt oder?
Florian Clauß
0:07:44–0:07:47
Nein, ich habe mir, ich habe kurz auf die Karte geguckt und dachte,
0:07:47–0:07:53
du hast Tierpark gesagt. Das Feld geht mir auch immer so. Aber es ist ja der Tiergarten.
Micz Flor
0:07:53–0:07:57
Tiergarten, genau.
Florian Clauß
0:07:57–0:08:01
Wir wollen ein bisschen in den Tiergarten spazieren gehen. Da gibt es,
0:08:01–0:08:06
glaube ich, genügend Wege, die wir da lang gehen können. Wir streifen dann vorherige Routen.
0:08:06–0:08:12
Aber ich denke, das ist angemessen, weil wir sind ja im Herzen von Berlin.
0:08:13–0:08:15
Und ich mag den Tiergarten total gern.
Micz Flor
0:08:15–0:08:15
Ja.
Florian Clauß
0:08:16–0:08:18
Okay, Mitch, ich habe dich so ein bisschen unterbrochen.
Micz Flor
0:08:18–0:08:24
Nee, gar nicht. Also Also deine Frage ist für mich nochmal Anlass auch zu sagen,
0:08:24–0:08:29
dass es ganz gut ist, glaube wenn du fragst, weil manchmal die Innenansicht...
0:08:31–0:08:36
Gar nicht unbedingt die Art ist, wie man das beschreibt, damit man Fragen beantworte.
0:08:36–0:08:40
Also wenn du Fragen hast, ist es gut und genau die Frage, die du gestellt hast,
0:08:40–0:08:44
ist sogar eine gute Brücke zur Antwort auf die Frage,
0:08:44–0:08:48
weil du hast gefragt, Gestaltungstherapie, Gestaltstherapie,
0:08:48–0:08:55
Gestalltherapie, was ist das, warum Gestalt und ich hatte angefangen,
0:08:55–0:08:59
was zu erklären, wo ich dachte, es wird eine runde Sache und du hast mich gleich unterbrochen,
0:09:00–0:09:06
Und das ist auch so ein Thema in der Psychotherapie oder auch so in Gruppenprozessen,
0:09:06–0:09:10
gar nicht jetzt wirklich essentiell in der Gestaltherapie, aber sowas zu sagen
0:09:10–0:09:12
wie Störungen haben Vorrang.
0:09:12–0:09:15
Wenn irgendeine Unterbrechung da ist, wo du merkst, ich kann nicht ganz anwesend
0:09:15–0:09:19
sein, ich kann mich nicht öffnen, ich bin nicht entspannt, dann ist es besser,
0:09:19–0:09:23
diese Störung wegzunehmen, anstatt irgendwie versuchen zum Beispiel die Beine
0:09:23–0:09:25
zusammenzupressen, nicht aufs Klo zu gehen.
0:09:25–0:09:28
Ich werde das schon irgendwie schaffen. Das heißt, was du jetzt gemacht hast,
0:09:28–0:09:29
ist eine Störung wahrgenommen.
0:09:30–0:09:34
Das heißt, stopp, stopp, stopp, ich erinnere mich gerade an irgendwas. Und das war im Weg.
Florian Clauß
0:09:34–0:09:37
Ich habe meine Moderationrolle eingenommen. Wollte ich da jetzt nur mal so an.
Micz Flor
0:09:38–0:09:40
Und auch, auch das, genau.
Florian Clauß
0:09:40–0:09:43
Ich dachte, ich hätte jetzt gut moderiert, aber ich habe gestört.
0:09:44–0:09:47
Nein, aber sehr schön, wir sind auf so einer Metaebene. Mach weiter.
Micz Flor
0:09:49–0:09:53
Gestalttherapie heißt Gestalttherapie wegen der Gestaltpsychologie.
0:09:54–0:09:59
Das war so Ende des 19. Jahrhunderts, ein Thema, wo einfach auch versucht wurde,
0:09:59–0:10:04
sowohl philosophisch als auch psychologisch sich mit Wahrnehmungsprozessen auseinanderzusetzen.
0:10:06–0:10:13
Und eigentlich alles, was man zum Beispiel so an optischen oder akustischen
0:10:13–0:10:19
Täuschungen kennt, hat mit Gestaltpsychologie irgendwie auch zu tun oder wurde
0:10:19–0:10:21
sogar vielleicht mal Gegenstand von bestimmten Experimenten.
0:10:23–0:10:30
Zum Beispiel gab es Experimente, wo man so eine glühende Kohle am Stock gedreht
0:10:30–0:10:33
hat und dann geguckt hat, wie schnell muss man diesen Stock drehen,
0:10:33–0:10:37
damit man einen geschlossenen Kreis wahrnimmt und nicht mehr in sich bewegende Kohle.
Florian Clauß
0:10:38–0:10:40
Das war jetzt noch vor dem Malteser-Kreuz.
0:10:42–0:10:48
Also quasi so, das Malteser-Kreuz, was dann diese... Ach, für Filme.
Micz Flor
0:10:49–0:10:50
Im Film.
Florian Clauß
0:10:51–0:10:55
Eigentlich noch. Was quasi die Verschlusszeit in so einer Mechanik regelt,
0:10:55–0:11:02
dass dann aus den Einzelbildern ein fortlaufender Film wird.
0:11:03–0:11:07
Also das ist ja so, aber das war ja schon vorher, weil man hat ja eine gewisse
0:11:07–0:11:08
Wahrnehmungsfrequenz,
0:11:08–0:11:14
so eine Taktung, und wenn du eine geschlossene Bewegung wahrnimmst,
0:11:14–0:11:19
dann sind das, glaube ich, so über 40 Hertz.
Micz Flor
0:11:19–0:11:23
Ich weiß nicht, das weiß ich, also das müsste ich jetzt in die Show Notes packen,
0:11:23–0:11:28
aber die Idee war natürlich bei solchen Sachen immer aufgrund der physikalischen
0:11:28–0:11:33
Messbarkeit von um Drehungen und Geschwindigkeiten auf die Nervenleitfähigkeit zu schließen.
Florian Clauß
0:11:33–0:11:39
Ah, okay, also dann auch wirklich so eine psychologische Forschung.
0:11:39–0:11:42
Also neurologisch dann auch.
Micz Flor
0:11:42–0:11:44
Genau, das ist immer der Versuch, das zusammenzubringen.
0:11:46–0:11:49
Beim Malteserkreuz, wenn ich mich recht erinnere, ist es sogar so,
0:11:49–0:11:54
dass das doppelt so schnell läuft, wie die Bildfrequenz ist.
0:11:54–0:11:57
Und dass es dann nämlich noch smoother ist. Also das heißt,
0:11:57–0:12:03
du hast rein physikalisch gemessen sogar weniger Exposure Time für das Bild,
0:12:03–0:12:08
weil bei jedem einzelnen Bild, und sind dann glaube ich beim Kino 24,
0:12:08–0:12:14
traditionell 24 pro Sekunde, bei jedem einzelnen Bild läuft dieses Malteser Kreuz zweimal durch.
0:12:14–0:12:19
Das heißt, das nimmt sogar noch so ein bisschen Zeit weg von der Exposure Time,
0:12:19–0:12:21
aber dadurch wird das Bild flüssiger in der Wahrnehmung.
0:12:22–0:12:25
Also das sind solche Effekte. Wir haben da in anderen Situationen auch drüber
0:12:25–0:12:31
gesprochen, MP3, dass man halt guckt bei MP3, welche Frequenzen kann man irgendwie weglassen?
0:12:31–0:12:36
Wo kann man irgendwie die Datenbreite optimieren, indem man Sachen weglässt,
0:12:36–0:12:40
die man nicht wirklich so fein ziseliert wahrnehmen kann wie andere Sachen?
0:12:40–0:12:44
Oder bei Bildkompositionen auch, dass manche Hintergründe dann einfach nicht.
0:12:48–0:12:51
Farbe hinterlegt wird, sondern eine Fläche beschrieben wird und die bekommt
0:12:51–0:12:55
eine Farbe zugewiesen, während Gesichter wieder ganz feinteilig sind.
0:12:55–0:13:03
Also all das sind so Sachen, die wir heute immer noch auch technisch nutzen, um Dinge zu optimieren.
0:13:04–0:13:09
Und gleichzeitig aber die Spuren darin liegen vor allen Dingen eben in der Psychologie
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oder in der Forschung, Wahrnehmungsforschung Ende des 19.
0:13:12–0:13:19
Jahrhunderts. Idee der Gestalt, weil man gemerkt hat, die Wahrnehmung drängt
0:13:19–0:13:24
von sich aus dazu, also neurologisch schon fast dazu, Dinge als Gestalt wahrzunehmen.
0:13:24–0:13:29
Diese drei Häkchen, die man auf einem weißen Blatt Papier malt und man dann
0:13:29–0:13:34
ein Dreieck sieht, obwohl nur drei kleine Häkchen, also die Ecken vom Dreieck
0:13:34–0:13:39
beschrieben werden, das sind alles Dinge, wo man dann von einer Gestalt spricht.
Florian Clauß
0:13:40–0:13:48
Auch die optischen Täuschungen, ich kenne diese Darstellung von optischen Täuschungen,
0:13:48–0:13:52
wo keine Ahnung, ist das jetzt eine junge Frau oder eine alte Frau,
0:13:52–0:13:56
dann hast du ja immer so eine Frequenz, wo das im Gehirn hin und her swappt.
0:13:58–0:13:59
Kam das dann auch zu der Zeit auf?
Micz Flor
0:14:00–0:14:06
Das war alles Gegenteil, auch was man heute so sieht, diese bestimmten Farbkombinationen
0:14:06–0:14:11
mit Form, wo man dann durch die Augenbewegung selbst auf einmal das Gefühl hat, ein Rad dreht sich.
0:14:11–0:14:14
Solche Sachen. Es ist ja wirklich ziemlich viel, wo man merkt,
0:14:14–0:14:18
unser Wahrnehmungsapparat versucht Sinnhaftes zu erzeugen.
0:14:19–0:14:24
Das ist, glaube ich, vielleicht die kürzeste Beschreibung für dieses Thema der
0:14:24–0:14:30
geschlossenen Gestalt, was in der Gestalttherapie dann auch ein Thema sein wird.
0:14:31–0:14:35
Und da ist es halt so, dass unser Gestaltapparat ist ausgelegt,
0:14:35–0:14:38
Farben wahrzunehmen, aber gar nicht so gut, wie wir das wahrnehmen.
0:14:38–0:14:43
An der Seite nehmen wir eigentlich wenig Farbe wahr, aber wir rechnen uns das
0:14:43–0:14:46
sozusagen dazu. Bewegung können wir wahrnehmen.
0:14:47–0:14:51
Also diese ganzen Illusionen sind natürlich auch Hilfestellung,
0:14:51–0:14:57
um mit möglichst wenig Informationen, möglichst viel Realität zu konstruieren.
0:14:58–0:15:04
Und das heißt, verkürzt gesagt, alles, was wir wahrnehmen, ist eine Illusion, eine Konstruktion.
0:15:07–0:15:12
Wenn du einen Würfel siehst, dann siehst du maximal drei Seiten davon, oder vier.
0:15:16–0:15:20
Und den Rest konstruierst du. Das heißt, wir haben Wissen, was auch noch dazu
0:15:20–0:15:27
rechnet. Und wir haben aber auch neuronale Bereiche im Gehirn oder Fähigkeiten
0:15:27–0:15:30
im Gehirn, bestimmte Sachen einfach während der Wahrnehmung schon zu kompletieren.
0:15:31–0:15:36
Es gibt auch so Bewegungsillusionen, wenn du zum Beispiel auf eine Spirale guckst,
0:15:36–0:15:39
die sich dreht, dann hast du das Gefühl, die kommt auf dich zu.
0:15:39–0:15:43
Und wenn du die dann wegnimmst, dann hast du wirklich das Gefühl, alles geht von dir weg.
0:15:44–0:15:48
Irgendwann merkst du wirklich so innerlich, dann reibt sich das langsam an diesem Realitätssinn.
0:15:50–0:15:53
Das kann ja nicht sein. Wie kann es sein, dass ein Feld, das vor mir ist ein
0:15:53–0:15:55
geschlossenes Bild, das geht von mir weg?
0:15:55–0:15:59
Aber es geht ja nicht von mir weg. Wie kann das entstehen? Es gibt auch akustische
0:15:59–0:16:05
Halluzinationen, dass man zum Beispiel einen Ton hat, der gefühlt immer höher
0:16:05–0:16:06
geht oder immer tiefer geht.
0:16:07–0:16:11
Aber in Wahrheit geht es ja nicht, sondern die Obertöne, wie die dazu geschaltet
0:16:11–0:16:15
werden, die erzeugen die Illusion, dass der Ton einfach immer tiefer, immer tiefer geht.
Florian Clauß
0:16:15–0:16:23
Ja, das ist bei dem Mario-Spiel, wenn man die Treppe hochrennt zum Bowser zu kommen.
0:16:23–0:16:27
Echt? Ja, dann gibt es halt immer die Wüli-Wüli-Wüli in dem Schloss.
0:16:27–0:16:33
Und das wird häufig in so irgendwelchen Games eingesetzt. Ja. Das ist so verrückt.
Micz Flor
0:16:34–0:16:38
Und der Begriff der Gestalt in dem Zusammenhang heißt eben so, was könnte...
0:16:39–0:16:42
Also es gibt da zwei Sätze, die man kennt. Das eine ist halt so eine geschlossene
0:16:42–0:16:48
Gestalt, eine harmonische Gestalt. Wir versuchen etwas herzustellen oder wir
0:16:48–0:16:50
stellen etwas her, auch ohne, dass wir es versuchen.
0:16:50–0:16:54
Manchmal versuchen wir sogar unsere Herstellung eben zu hinterfragen über so
0:16:54–0:16:56
einen Realitätscheck von wegen, in dem Moment das Geld ist.
0:16:57–0:17:03
Ein Haus, das leicht schief steht und wir wackeln die ganze Zeit da durch,
0:17:03–0:17:06
weil man das Gefühl hat, die Optik sagt mir, der Horizont ist so.
0:17:11–0:17:14
Mein Wahrnehmungsapparat konstruiert einen Horizont, der aber nicht mit der
0:17:14–0:17:19
Schwerkraft übereinstimmt und wir wackeln quasi durchs Haus.
0:17:19–0:17:26
Das sind so Sachen, wo wir dann die von uns hergestellte Gestalt sogar manchmal hinterfragen müssen.
0:17:27–0:17:32
In der Gestalltherapie wird dieser Begriff hergezogen, wird da gesagt,
0:17:32–0:17:36
auch dort ist es so, und da komme ich wieder auf deine Unterbrechung vorhin,
0:17:36–0:17:38
wir versuchen Dinge zu schließen.
0:17:39–0:17:42
Dieses, oh man, ich komme nicht drauf, mir fällt es gleich ein,
0:17:42–0:17:46
das ist so ein klassischer Moment, wo halt eine offene Gestalt ist,
0:17:46–0:17:49
die ist nicht geschlossen, wie hieß der noch, wie hieß der noch,
0:17:49–0:17:51
wenn der Name dann kommt, dann ist das wie so eine Erleichterung,
0:17:51–0:17:53
man hat so das Gefühl, wenn ich das Bild mache,
0:17:54–0:17:58
wirklich diese Form schließen und kannst da seitliegen, kannst sagen,
0:17:58–0:18:00
okay, ich bin wieder ganz da, jetzt habe ich es.
0:18:01–0:18:04
Also deine Frage vorhin ist halt eben auch so eine offene Gestalt so.
0:18:04–0:18:07
Das hatte ich da vielleicht, keine Ahnung, vielleicht auch in der Art,
0:18:07–0:18:10
wie ich es formuliert habe oder wie auch immer, aber es ist geblieben in deiner
0:18:10–0:18:15
Aufmerksamkeit, nicht permanent anwesend, aber es war noch nicht in sich geschlossen
0:18:15–0:18:16
und jetzt findet es so einen Abschluss.
0:18:17–0:18:21
Ach übrigens, da hast du mir das quasi noch mal gespiegelt, dass das das falsche ist.
0:18:22–0:18:26
Warum, wo kommt das denn her? Das ist quasi die Frage, die dahinter steht.
0:18:27–0:18:31
Und wenn ich das jetzt schließe, indem ich sage, das kommt aus dem Bereich der
0:18:31–0:18:35
Gestaltpsychologie und die Brücke schlage, wie es in der Gestalttherapie verwendet
0:18:35–0:18:39
wird, dann kann sich das vielleicht für dich schließen und dich auch irgendwie entspannen.
0:18:43–0:18:48
Und dieser Begriff der Gestalt in der Gestalttherapie ist jetzt nicht nur eben
0:18:48–0:18:54
ein Wahrnehmungsthema, sondern es kann auch ein rein emotionales Thema sein
0:18:54–0:18:57
oder bestimmte Stressoren, die man irgendwie erlebt.
0:18:57–0:19:03
Es geht bloß darum, dass man in der Therapie diese Dinge in Anführungszeichen
0:19:03–0:19:04
behandelt oder begleitet.
0:19:06–0:19:13
Und dabei die sich schließen können. Und dann ist man vielleicht fertig,
0:19:13–0:19:15
aber vielleicht wenigstens einen Schritt weiter.
0:19:18–0:19:23
Weil hinter Dingen, die sich schließen, die dann sozusagen im Hintergrund verschwinden
0:19:23–0:19:26
können, da kommt natürlich dann wieder was Neues hoch.
0:19:27–0:19:30
Also jetzt habe ich zum Beispiel, ich weiß nicht, was ich gerade beschäftigt,
0:19:30–0:19:32
das könnte man ja sagen, sagen.
0:19:33–0:19:39
Die Frage habe ich beantwortet, Adapter gelegt. Jetzt kommt vielleicht eine neue Frage, die du hast.
Florian Clauß
0:19:40–0:19:44
Ja, dieses ... Also, was mir jetzt spontan dazu einfällt, ist,
0:19:44–0:19:46
das Ding zu schließen. Also, es
0:19:46–0:19:51
geht dazu, wenn man das jetzt prozessual betrachtet, geht's ja darum ...
0:19:52–0:19:53
Ja, ich will nicht sagen, einen
0:19:53–0:19:59
Prozess zu schließen, aber irgendwo auf so eine ... auf so eine ... Ja ...
0:20:00–0:20:03
Vielleicht so eine Ganzheitswahrnehmung zu kommen.
0:20:04–0:20:08
Oder wie man das jetzt irgendwie noch ausdrucken möchte. Also,
0:20:08–0:20:10
was rund ist, ist so ein bisschen ...
0:20:11–0:20:15
Dann merk ich selber meine kleinen autistischen Adern in mir,
0:20:15–0:20:17
wenn ich dann halt am Tisch sitze.
0:20:18–0:20:23
Und ich merk, dass das Besteck nicht parallel ausgerichtet ist zu der Tischkante.
0:20:24–0:20:29
Dann richt ich das gerne aus. Und dann hat man halt ein Zufriedenheitsgefühl dabei.
0:20:30–0:20:35
Also ist das da vielleicht auch so mit, gehört das mit dazu?
0:20:35–0:20:40
Also ist das dann dieses gestört sein? Also wenn man die Störung dann,
0:20:40–0:20:45
von der du berichtet hast am Anfang, die Störung, um wieder sowas zu machen.
0:20:46–0:20:50
Ganze Gestalt zu erleben.
0:20:52–0:20:58
Aber gleichzeitig, und das ist vielleicht was, was es für mich noch so schwierig anfassbar macht,
0:20:58–0:21:03
ist also auf der einen Seite wissenschaftlich,
0:21:03–0:21:08
neurologisch, auf der zweiten Seite psychologisch,
0:21:08–0:21:14
auf der dritten Seite, also was macht diese Erfahrung,
0:21:14–0:21:25
Wer macht diese Erfahrungen und ist die dann irgendwo auch untersuchbar und kann man die dann auch,
0:21:25–0:21:30
keine Ahnung, in so einem wissenschaftlichen Apparat oder was gibt es da für
0:21:30–0:21:31
eine Symbiotik in der Gestalttherapie?
Micz Flor
0:21:33–0:21:34
Oh wow, okay.
Florian Clauß
0:21:37–0:21:41
Das war jetzt mehr, aber vielleicht noch erstmal bei dem autistischen Ganzen.
Micz Flor
0:21:45–0:21:51
Ja, ja, aber das ist eine Sache, die ich auch, wenn ich über Gestalttherapie
0:21:51–0:21:55
spreche, was halt eben auch manchmal passiert, auch mit PatientInnen,
0:21:55–0:21:57
die halt fragen, was ist das eigentlich, was ist der Unterschied?
0:21:58–0:22:03
Dann ist man, wie wir generell auch, beim Podcasten verpflichtet,
0:22:03–0:22:08
alles hintereinander wie auf einer Perlenkette aufzureiben. Und das ist nie richtig.
0:22:09–0:22:12
Aber natürlich ist das dieses Narrativ, wir haben über Märchen auch gesprochen,
0:22:12–0:22:18
Und was du jetzt die Frage gestellt hast, da habe ich dann sozusagen ganz viele
0:22:18–0:22:23
Perlen bereitgelegt, aber ich weiß nicht, wie ich die jetzt irgendwie gut in Reihenglied kriege.
0:22:23–0:22:26
Ich fange mal so an, dass ich erstmal diesen Begriff des Prozess aufnehme,
0:22:26–0:22:31
weil eine Gestalt zu schließen ist in der Tat was Prozesshaftes.
0:22:33–0:22:37
Was muss man denn tun? Man muss erstmal wahrnehmen, dass das Ding im Weg ist.
0:22:38–0:22:43
Das würde übertragen heißen, dass das im Vordergrund ist. Es ist einfach Thema.
0:22:44–0:22:48
Da ist was, da stört was, was ich vorhin sagte, Störungen haben vor.
0:22:49–0:22:51
Das überhaupt erstmal wahrzunehmen, ist schon wichtig.
0:22:52–0:22:55
Dann das formulieren zu können, worum geht es in Anführungszeichen eigentlich?
0:22:56–0:23:00
Einer der eigentlichen Begriffe für unseren Podcast-Titel auch.
0:23:01–0:23:05
Worum geht es eigentlich? Warum stört Sie das denn so? Was ist denn,
0:23:05–0:23:08
also da ist dann die Form der Begleitung, weil darauf gibt es keine Antwort.
0:23:08–0:23:15
Das ist quasi dann die Erfahrung, der Hintergrund, auf dem sich diese offene
0:23:15–0:23:20
Gestalt zeigt, der oder die Patientin hat.
0:23:21–0:23:24
Und da begleitest du die Person, das zu explorieren, herauszufinden,
0:23:24–0:23:28
um dann vielleicht irgendwie an so Punkte zu kommen, wo sie dann auch emotional
0:23:28–0:23:33
reagiert, wo sie merkt, ah nee, da ist was, ich weiß nicht genau,
0:23:33–0:23:35
irgendwie merke ich grade, ich werde ganz traurig.
0:23:35–0:23:39
Wo du merkst, okay, jetzt wird das Ganze nicht nur beschrieben,
0:23:39–0:23:40
sondern es wird auch was erlebt.
0:23:41–0:23:44
Emotionalität ist auch immer sehr wichtig in diesem Prozesshaften,
0:23:44–0:23:50
weil man da auch eine Form von Öffnung und Kontakt herstellt zu Themen,
0:23:50–0:23:53
die man mitgebracht hat, die man vielleicht im ersten Schritt gar nicht so genau formulieren kann.
0:23:53–0:23:59
Das heißt, in diesem Prozess spüre ich das, kann es auch formulieren,
0:23:59–0:24:05
kann mich dem auch öffnen und kann dann vielleicht das auch in den Hintergrund
0:24:05–0:24:08
wieder gleiten lassen. Das ist ein Prozess und der ist gar nicht so banal.
0:24:09–0:24:13
Sondern das ist es, wenn wir jetzt in der Ampel warten und die Ampel wird grün, dann gehen wir rüber.
0:24:13–0:24:16
Das kriegen wir vielleicht alles gar nicht mit. Das ist ein relativ banaler
0:24:16–0:24:24
Prozess, aber in so einer Sitzung dann irgendwas, was einen gestört hat morgens.
0:24:24–0:24:28
Ich habe keine Ahnung warum, aber es war wieder der Kühlschrank auf.
0:24:29–0:24:32
Und ich habe es hunderttausend Mal gesagt. Ich weiß nicht, warum mich das so
0:24:32–0:24:34
aufregt und was ist jetzt dahinter?
0:24:34–0:24:37
Das ist jetzt ein völlig fiktives Beispiel, ich habe keine Antwort,
0:24:37–0:24:41
aber es ist ein Prozess. Und dieser Begriff des Prozesses ist sehr wichtig,
0:24:41–0:24:44
weil ich glaube, das ist etwas, was Ich persönlich an der Gestaltherapie am
0:24:44–0:24:47
meisten schätze, dass es sehr prozesshaft ist.
0:24:49–0:24:54
Es ist nicht so, wie wenn man jetzt in die klassische diagnostische Beobachtung geht.
0:24:57–0:25:02
Die phänomenologische Beobachtung, wie es heißt für solche Manuale wie den ICD-10,
0:25:02–0:25:07
in dem Symptomgruppen beschrieben und zusammengefasst werden.
0:25:08–0:25:13
Und diese Beobachtung anhand auch von Checklisten von bestimmten Symptomen,
0:25:13–0:25:16
sind die da, wie lange sind die schon da, da wird dann eine Diagnose erstellt.
0:25:16–0:25:21
Das ist quasi so eine Bestandsaufnahme und vor dem Hintergrund der Bestandsaufnahme
0:25:21–0:25:27
wird dann administrativ entschieden, dass man Zeit und Geld investieren kann,
0:25:27–0:25:28
um da etwas zu verändern.
0:25:28–0:25:31
Aber die Veränderung der Symptome steht dann natürlich im Vordergrund.
0:25:31–0:25:33
Das ist ein sehr medizinisches Denken.
0:25:34–0:25:40
Bei der Gestalttherapie, wenn man prozesshaft denkt, dann ist natürlich das,
0:25:40–0:25:44
was ich gerade als in Anführungszeichen Störung bestrieben habe,
0:25:44–0:25:47
ist ja permanent ein Thema.
0:25:47–0:25:49
Das muss ja nicht nur ein störendes Thema sein.
0:25:50–0:25:57
Es ist halt so, warum bin ich immer so angespannt, wenn ich beim Wandern auf
0:25:57–0:26:01
der Hütte bin und dann wird gefragt, ob ich Mitglied im Alpenverein bin oder nicht.
0:26:01–0:26:05
Warum? Das stört mich gar nicht mehr so sehr, aber ich kenne das irgendwie.
0:26:05–0:26:08
Es gibt Dinge, die einfach in Prozessen sich immer wiederholen.
Florian Clauß
0:26:08–0:26:10
Vielleicht haben wir deinen Alpenvereinsausweis vergessen.
Micz Flor
0:26:11–0:26:14
Vielleicht war das die Zeit, wo du und Lars nicht drin waren.
0:26:15–0:26:20
Ich dachte, mach ich was falsch? Keine Ahnung. Aber in dem Moment ist es auch
0:26:20–0:26:22
was Prozesshaftes, was passiert.
0:26:22–0:26:27
Und die Frage ist weniger, was hab ich für Symptome, wie Schwitzen oder sonst
0:26:27–0:26:32
was, was ist an der Grundlage? Sondern warum hab ich immer wieder diese gleichen ...
0:26:35–0:26:40
Prozesshaften Konflikte oder Störungen vielleicht sogar, wenn ähnliche Prozesse ablaufen.
Florian Clauß
0:26:40–0:26:46
Okay, das heißt also, wenn ich das mal so jetzt in meinen Worten zusammenfassen möchte,
0:26:46–0:26:49
es gibt ein, ich sag mal,
0:26:49–0:26:54
ein Intervall, ein Zeitintervall, da gibt es eine Empfindung,
0:26:54–0:27:00
eine Störung, ja, und es wird eigentlich sich so eher dieses Intervall sich
0:27:00–0:27:05
angeschaut, als jetzt weniger die Referenzen, was könnte es auslösen.
0:27:05–0:27:10
Also das heißt, es wird mehr in den Prozess geguckt und weniger Kausalität erforscht.
0:27:13–0:27:14
Weißt du, was ich meine?
Micz Flor
0:27:14–0:27:20
Ja, der Schwerpunkt liegt vielleicht anders. Man würde vielleicht weniger sagen,
0:27:20–0:27:24
was löst es aus und was tun sie, damit sie wieder weg ist.
Florian Clauß
0:27:24–0:27:24
Ja, genau.
Micz Flor
0:27:24–0:27:30
Sondern man würde eher fragen, wie erleben sie das? Das war's. Bis zum nächsten Mal.
0:27:32–0:27:37
Wie brechen Sie den Kontakt ab? Oder wie bleibt der Kontakt nicht mehr lebendig?
0:27:39–0:27:40
Und im Bewegen, sondern wird irgendwie starr?
Florian Clauß
0:27:41–0:27:46
Also, das war's, die Kausalität. Bist du gleichzeitig in so einem Apparat von ...
0:27:47–0:27:52
Von Kategorien, was du meintest, das Manual, ICCD, oder wie das heißt?
Micz Flor
0:27:53–0:27:56
ICD-10 bei uns, oder ICD-11, der neue, der jetzt offiziell schon draußen ist,
0:27:56–0:27:59
aber der wahrscheinlich noch lange nicht akzeptiert werden kann,
0:27:59–0:28:04
überkomplex ist. Aber das ist ein anderes Thema.
Florian Clauß
0:28:04–0:28:15
Okay. Wo im Prinzip da die Symptome kategorisiert werden und in Zusammenhänge,
0:28:15–0:28:16
kausalen Zusammenhänge gestellt werden.
0:28:18–0:28:24
Das weniger als zu schauen, das Wie. Also in dem Moment, also es geht ja um
0:28:24–0:28:25
die Arbeit mit den Patienten.
Micz Flor
0:28:25–0:28:29
Ja. Und wir bleiben bei diesem Begriff Prozess und die Frage,
0:28:29–0:28:33
die ich jetzt dann mir selber stellen würde, oder wenn ich dich begleite,
0:28:33–0:28:38
wäre eine mögliche Frage zu sagen, was ist denn für ein, wie wird denn Prozess
0:28:38–0:28:39
beschrieben der Gestalttherapie?
0:28:39–0:28:43
Ist es einheitliche Beschreibung oder gibt es ganz viele Prozesse?
0:28:43–0:28:44
Was ist das, ein Prozess?
0:28:45–0:28:47
Und da ist es in der Gestalt-Therapie so das...
0:28:51–0:28:53
Das ist was zweites, was du vorhin schon angesprochen hast, was Holistisches.
0:28:54–0:28:57
Es gibt im Prinzip ein zentraler Begriff, das ist die Kontaktgrenze.
0:29:00–0:29:10
Kontaktgrenze ist nämlich das, wo diese Prozesse stattfinden und wo eigentlich
0:29:10–0:29:15
immer ähnliche Phasen durchlaufen werden, die man so in der Gestalttherapie festgelegt hat.
0:29:19–0:29:21
Und diese Phasen habe ich vorhin schon so ein bisschen formuliert,
0:29:21–0:29:31
wenn so eine offene Gestalt beschrieben wird, dass man überhaupt als erstes wahrnimmt, da ist was.
0:29:32–0:29:37
Und das ist der Schritt raus aus der, in Anführungszeichen, Konfluenz.
0:29:39–0:29:42
Anführungszeichen nicht, weil es ist eigentlich kein, sondern Anführungszeichen,
0:29:42–0:29:47
weil das ist der Begriff dafür. Konfluenz. Konfluenz kann man auch beschreiben,
0:29:47–0:29:50
also wenn ich in Konfluenz bin, bin ich eigentlich in so einem symbiotischen
0:29:50–0:29:52
Raum. Alles erst mal so ganz gut.
0:29:54–0:29:58
Und da geht es mir auch ganz gut. Da bin ich vielleicht so einfach verspielt
0:29:58–0:29:59
oder liege so in der Wiese oder sowas.
0:30:00–0:30:04
Und dann merke ich aber auf einmal, ohne es vielleicht genau benennen zu können,
0:30:04–0:30:07
irgendwas ist gerade blöd.
0:30:08–0:30:11
Habe ich einen Sonnenstich bekommen? Lege ich im Ameisenhaufen?
0:30:12–0:30:14
Habe ich Hunger? Ich weiß es nicht. Aber du merkst halt irgendwie,
0:30:14–0:30:16
du kannst dich nicht mehr ganz hingeben. Du bist nicht mehr einfach in diesem
0:30:16–0:30:19
Konfluentensymbiotischen mit der Umgebung, mit dem Waldboden,
0:30:19–0:30:22
sondern irgendwas piekst, in Anführungszeichen.
0:30:23–0:30:28
Und damit verlässt du dann in dieser Kontaktkurve, verlässt du diese Konfluenz
0:30:28–0:30:34
und da ist es möglich, dass du in dem Moment schon auch ein typisches,
0:30:34–0:30:36
eine Kontaktstörung, sage ich mal.
0:30:36–0:30:39
Also Störung ist immer so ein relativer Begriff in der Gestalttherapie,
0:30:39–0:30:44
weil das passiert ja immer. und man muss nicht immer alles eins zu eins durchlaufen.
0:30:46–0:30:49
Aber aus der Konferenz rauszukommen, bedeutet wahrzunehmen.
0:30:52–0:30:56
Ein Bedürfnis entstanden ist, eine Form von irgendwie ist etwas entstanden,
0:30:56–0:31:02
was mich in Veränderung bringen möchte und sich dann aber auch die Zeit zu nehmen,
0:31:02–0:31:04
das weiter zu explorieren.
0:31:04–0:31:10
Das ist dieser allererste Impuls. Nach der Konferenz kommt dann die Möglichkeit,
0:31:10–0:31:15
dass man diese Kontaktprozess abbricht durch einen Intrujekt.
0:31:16–0:31:23
Ein Intrujekt heißt, dass man zum Beispiel Das ist ein uralter familiärer Dogmen,
0:31:23–0:31:26
den man einfach so geschluckt hat und nie hinterfragt hat, mitnimmt.
0:31:26–0:31:30
Von wegen, man geht wandern und einem tun die Beine weh und man möchte eigentlich
0:31:30–0:31:37
nur brüllen und alles wegwerfen. Aber in dem Moment exploriert man diesen Impuls, nicht dieses Gefühl.
0:31:38–0:31:42
Sondern erinnert sich, dass Papa immer gesagt hat, du schaffst das. Reiß dich zusammen.
0:31:43–0:31:47
Und dann macht man einfach weiter. Da bricht man dann auch wieder diese Exploration
0:31:47–0:31:51
für diese Veränderung, für dieses Neue, was der Körper will, ab.
Florian Clauß
0:31:51–0:31:57
Ist das Introjekt? Ist das so eine Art von Traumatisierung? Könnte man das so übersetzen?
Micz Flor
0:31:59–0:32:03
Im Begriffen der Gestalt heißt Introjekt etwas, was du internalisiert hast,
0:32:03–0:32:07
aufgenommen hast, aber nie wirklich integriert hast, sondern das sitzt einfach
0:32:07–0:32:08
so wie so ein Tropfen in dir.
0:32:11–0:32:17
Und Trauma in seiner Herkunft bedeutet ja aus der Somatik eigentlich so Zerstörung,
0:32:17–0:32:19
Schädeltrauma, das ist quasi eine Verletzung.
0:32:23–0:32:29
Der Begriff des Intrujekts ist eher etwas, was nie integriert wurde,
0:32:29–0:32:31
aber trotzdem den Organismus mitbestimmt.
0:32:32–0:32:34
Ich müsste jetzt drüber nachdenken, das kann ich dir nicht so...
Florian Clauß
0:32:35–0:32:41
Das, was du eben mit dem Kontakt... Sag noch mal den Begriff Kontakt.
Micz Flor
0:32:41–0:32:43
Kontaktkurve.
Florian Clauß
0:32:43–0:32:49
Also das heißt, wenn ich das so höre, habe ich so ein bisschen auch so eine
0:32:49–0:32:52
spirituelle Vorstellung davon.
0:32:52–0:32:55
Das heißt, es gibt so einen Zustand,
0:32:55–0:33:03
wo dann alles so eins ist und dieses Wohlfinden ist so im Jetzt und Hier,
0:33:03–0:33:09
wie man das dann von diesen ganzen Kalendersprüchen dann kennt. Im Hier und Jetzt.
0:33:10–0:33:16
Und dann gibt es aber irgendwo so eine leichte Störung. Also ist das ein Idealbild
0:33:16–0:33:19
in der Gestaltherapie, im Hier und Jetzt zu sein?
Micz Flor
0:33:21–0:33:25
Da springen wir jetzt von der Kontaktkurve weg und ich versuche das einfach zu beantworten.
0:33:25–0:33:29
Die Idee vom Hier und Jetzt ist sowas, da sind wir eigentlich.
0:33:29–0:33:31
Du hast ja wahrscheinlich auch Kung Fu Panda gesehen.
0:33:32–0:33:36
Und Kung Fu Panda ist ja auch so ein Kalenderspruch, den ich aber total schön
0:33:36–0:33:40
finde und deshalb jetzt wiederhole in Englisch, wo die Schildkröte sagt.
0:33:42–0:33:45
Gestern war Geschichte, morgen ist ein Geheimnis.
0:33:47–0:33:51
Today is a gift, that's why we call it present. Also die Present,
0:33:51–0:33:55
die Gegenwart, das ist halt alles, was wir haben. Da hinten ist Vergangenheit,
0:33:55–0:34:00
vorne ist Mystery, würde man sagen, Geheimnis noch.
Florian Clauß
0:34:00–0:34:01
Ungeklärt, ja.
Micz Flor
0:34:01–0:34:06
Und die Gegenwart ist halt das, worauf wir sind. Wenn du in einer therapeutischen
0:34:06–0:34:10
Sitzung bist, dann kommen Menschen immer mit Sachen, die nicht im Hier und Jetzt sind.
0:34:11–0:34:18
Die kommen an und sagen halt, mein Chef wurde gefeuert und jetzt haben wir so
0:34:18–0:34:21
einen Neuen, mit dem kann ich gar nicht so. Das heißt, hier kommt was von außen.
0:34:22–0:34:26
Und es geht oft natürlich auch um interpersonelle Themen und die Gestalttherapie
0:34:26–0:34:28
ist sehr stark über diese Kontaktgrenze,
0:34:28–0:34:31
Kontaktverständnis auch immer hat einen dialogischen Anteil.
0:34:31–0:34:36
Du bist mit Menschen in Kontakt, du bist mit dir selber, deinem Körper in Kontakt,
0:34:36–0:34:39
mit der Umgebung in Kontakt, mit der Hitze in Kontakt, mit dem Wetter,
0:34:39–0:34:45
mit der Luft. Also wir sind quasi generell immer in Kontaktprozessen und so
0:34:45–0:34:46
auch mit anderen Menschen.
0:34:47–0:34:50
Dann kommt diese Person eben mit etwas ins Hier und Jetzt der therapeutischen
0:34:50–0:34:54
Begegnung und bringt was von dort und damals mit.
0:34:55–0:34:59
Und es ist aber oft so, dass in der Exploration.
0:35:02–0:35:07
Wenn es dann eben auch emotionale Anteile entwickelt, dann ist das anders im
0:35:07–0:35:08
Hier und Jetzt als nur eine Erzählung.
0:35:08–0:35:14
Ja? Wenn du wirklich dann in den Kontakt kommst und wenn du vielleicht hinter
0:35:14–0:35:19
der Wut, mit der du über deinen Chef sprichst, irgendwann auch diese tiefe Verletzung,
0:35:19–0:35:22
die dieser Chef mitgebracht hat, weil der einfach ...
0:35:23–0:35:26
Sich gar nicht für diesen Bericht interessiert, den du sechs Monate hast schreiben
0:35:26–0:35:30
müssen, und das Ding liegt jetzt da rum, und du fühlst dich total entwertet.
0:35:31–0:35:35
Du schützt dich so sehr vor so einer Frage, weil da vielleicht noch andere Sachen
0:35:35–0:35:38
dahinter liegen. Da kommt eine ganze Schublade und die aufspringt.
0:35:40–0:35:43
Dann ändert sich die Art und Weise, wie du über das dort und damals erzählst.
0:35:44–0:35:49
Und das ist dieses dialogische Prinzip, was in der Gestalttherapie sehr eng
0:35:49–0:35:55
mit Martin Buber, einem Philosoph, ich glaube auch Theologe,
0:35:55–0:35:58
ich weiß gar nicht genau, was sein Hintergrund ist, muss ich sagen.
0:35:58–0:36:04
Können wir auch verlinken, der in den 1920er Jahren was über das Ich und das
0:36:04–0:36:07
Du und die Begegnung und den Kontakt geschrieben hat.
0:36:10–0:36:11
Also das ist schon lange, lange
0:36:11–0:36:14
her, aber eine sehr richtungsweisende Beobachtung von Kontaktprozessen.
0:36:19–0:36:23
Der unterscheidet zwischen der Ich-Es-Beziehung und der Ich-Du-Beziehung.
0:36:25–0:36:31
Die Ich-Es-Beziehung ist die Beziehung mit etwas, was wirklich objekthaft ist,
0:36:31–0:36:33
was mich nicht wirklich berühren muss.
0:36:33–0:36:37
Wir können gemeinsam über das Dritte sprechen, da sind wir beide da mit in Kontakt,
0:36:37–0:36:40
wir können es irgendwie hinkriegen, wie vorhin, wir warten auf die Ampel,
0:36:40–0:36:41
dass die grün wird und so.
0:36:42–0:36:46
Und es gibt eine Ich-Du-Begegnung oder Beziehung,
0:36:46–0:36:53
in der es nicht klar ist, was das Ziel ist und in der ich vielleicht auch verändert
0:36:53–0:36:57
herausgehe, weil ich nämlich mich auch öffne und nicht nur Dinge schließe,
0:36:57–0:37:00
erledige und so, sondern vielleicht auch ...
0:37:02–0:37:04
Noch gar nicht genau weiß, wo führt das hin?
0:37:06–0:37:10
Und der Hier-und-Jetzt-Begriff und die Ich-Du-Begegnungen, die sind für mich
0:37:10–0:37:11
sehr eng miteinander verknüpft.
0:37:11–0:37:16
Und du kannst dir das ja vielleicht auch vorstellen, wenn man jemandem begegnet
0:37:16–0:37:20
auf einer Geburtstagsfeier oder wie auch immer irgendwie, keine Ahnung,
0:37:20–0:37:21
zusammen Pizza rollen, sowas.
0:37:21–0:37:27
Und dann gibt es aber so ein Stückchen Unterhaltung, wo man merkt, da ist was passiert.
0:37:28–0:37:32
Das hat mich verändert. So, das ist dann so ein Moment, wo man wirklich eben
0:37:32–0:37:37
auch von der Berührung spricht. Das berührt mich. Wo man gar nicht physikalisch,
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biologisch, körperlich berührt wird, aber man ist geöffnet, Man ist in der Begegnung.
0:37:45–0:37:51
Und es verändern. Und diese Idee von Ich-Du-Begegnung, die wurde von dem Soziologen
0:37:51–0:37:54
Hartmut Roser nicht explizit aufgegriffen,
0:37:54–0:37:57
aber ich finde noch mal ganz interessant ergänzt, der hat dieses Konzept der
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Resonanz vor ein paar Jahren beschrieben, dass Dinge miteinander in Resonanz treten können.
0:38:03–0:38:06
Das kann man ja auch physikalisch messen, das ist bestimmt auch schon irgendwo
0:38:06–0:38:11
Video im Netz gesehen, wo so Metronome alle unterschiedlich ticken auf so einem
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Brett, was auf zwei Rollen steht und irgendwann ticken die alle im gleichen Rhythmus.
Florian Clauß
0:38:15–0:38:21
Ja, das ist das Phänomen, dass im Schiff dann diese Uhren, die Pendeluhren,
0:38:21–0:38:23
alle immer gleich laufen.
Micz Flor
0:38:23–0:38:23
Ja.
Florian Clauß
0:38:25–0:38:29
Und ich meine auch nochmal um diesen physikalischen Raum mit Resonanz,
0:38:29–0:38:31
das ist natürlich, Gravitation ist da.
0:38:32–0:38:40
Auch wenn die ganz, ganz gering ist, aber es gibt eine Gravitationskraft zwischen den Körpern.
Micz Flor
0:38:42–0:38:49
Und die Resonanz gibt es natürlich auch in der Musik, wenn du halt zwei Gitarren
0:38:49–0:38:54
nebeneinander stellst, die genau gleich gestimmt sind und du schlägst eine an,
0:38:54–0:38:56
dann beginnt die andere zu schwingen.
0:38:56–0:38:59
Wenn aber der Körper sehr anders ist oder die Stimmung sehr anders ist,
0:38:59–0:39:04
dann beginnt die nicht zu schwingen oder nicht so stark zu schwingen und das
0:39:04–0:39:07
ist dann dieses Resonanzthema finde ich halt total spannend,
0:39:07–0:39:12
weil das sogar mehr noch eben in diese Kontaktkurve geht.
0:39:12–0:39:16
Wie beginnt das, welche Rolle hat die Resonanz, weil die natürlich auch eine
0:39:16–0:39:17
Feedbackschleife erzeugt.
0:39:17–0:39:23
Das wirkt ja auf mich auch wieder zurück als schwingender Körper und ja das
0:39:23–0:39:28
ist das hier und jetzt. Das sind Dinge, die können nur im hier und jetzt passieren. Und auch,
0:39:30–0:39:30
bei...
0:39:33–0:39:39
Selbst bei den ersten freudianischen Konzepten für Psychotherapie ist es eigentlich
0:39:39–0:39:43
sogar explizit ausformuliert über diesen Begriff der Übertragung,
0:39:43–0:39:47
weil da wurde auch schon gesagt, die Übertragungsneurose bedeutet,
0:39:47–0:39:53
dass ein Mensch in Therapie kommt und in der Beziehung zum Therapeut oder Therapeutin
0:39:53–0:39:57
genau die gleichen neurotischen Themen noch mal...
0:39:57–0:40:00
So, wie geht's Ihnen? Gut, gut, ich weiß gar nicht, warum ich hier bin.
0:40:00–0:40:03
Also da wird gleich wieder genau das hergestellt. Das wäre jetzt zum Beispiel
0:40:03–0:40:05
wieder ein gutes Beispiel in der Gestaltherapie für ein Introjekt.
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Das muss mir immer gut gehen.
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Also das heißt, eigentlich in der Psychotherapie auch von Anfang an ist das
0:40:12–0:40:16
schon Thema. Die Übertragung ist Neurose, die Übertragung, die Beziehung ist Thema.
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Mit Martin Buber ist ja auch die gleiche Zeit in den 1920er Jahren und dann
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jetzt nochmal Hartmut Roser.
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Da kommt dann vielleicht dieser Kontaktverlauf noch so ein bisschen besser rein.
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Und im Hier und Jetzt stellt sich dann eben immer wieder auch da,
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was wir an Fähigkeiten mitbringen und an Defiziten auch.
0:40:39–0:40:43
Also wir können, das weiß ich auch vom Gitarren in die Hand nehmen.
0:40:43–0:40:47
Ich spiele immer wieder die gleichen Soli, ich spiele immer wieder die gleichen Chorde.
0:40:47–0:40:52
Manche davon finde ich super schön und das öffnet mich und ich fühle mich da,
0:40:52–0:40:54
könnte ich stundenlang machen.
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Und manche sind so Sackgassen, wo ich merke, da komme ich nicht raus,
0:40:57–0:41:01
möchte ich mir selber den Arsch treten, möchte es irgendwie besser hinkriegen.
0:41:02–0:41:03
Das heißt, ja.
Florian Clauß
0:41:06–0:41:12
Das vielleicht auch nochmal ergänzen, jetzt aus dem buddhistischen Kontext mit der Resonanz,
0:41:12–0:41:16
da gibt es ja diese Mantren, die gesungen werden, die Omani Pemihung und so weiter,
0:41:16–0:41:20
und das ist in der Theorie auch eben so dieses Resonieren,
0:41:20–0:41:26
das heißt, diese Wiederholung, dass das dann halt auch den Körper eröffnet und
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auch entsprechend dann diese spirituelle Aktivität mit ins Feld bringt.
0:41:33–0:41:39
Das ist ja auch so die Zeit, wo dann solche Ansätze sich so ein bisschen religiös,
0:41:39–0:41:44
wissenschaftlich und psychotherapeutisch vermischen.
Micz Flor
0:41:45–0:41:50
Der Zen-Buddhismus war auch sehr stark, also einer der Mitbegründer,
0:41:50–0:41:55
es waren inhaltlich glaube ich hauptsächlich Fritz Perls,
0:41:55–0:42:00
Lore Perls, seine Frau oder andersrum, Lore Perls Fritz und Fritz Perls,
0:42:00–0:42:06
ihr Mann und dann später in Amerika Paul Goodman, der,
0:42:10–0:42:14
Soziologen waren, die haben das zusammen hauptsächlich ausformuliert.
0:42:14–0:42:18
Es gab dann noch einen Autoren, Hefferlein hieß der, der hat dann so Übungen
0:42:18–0:42:23
gemacht, psychologische oder psychotherapeutische Übungen, aber was dieses Konstrukt
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angeht, waren die hauptsächlich die führenden Köpfe.
0:42:30–0:42:36
Und Fritz Perls war dann auch sehr beeindruckt und beeinflusst von Martin Buber.
0:42:37–0:42:40
Martin Buber eben auch von Zen-Buddhismus, Theologie und Zen-Buddhismus war
0:42:40–0:42:44
damals dann eher auf dem Thema, dass diese ersten Schriften sind so in den 40er
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Jahren, Anfang 50er erschienen und deshalb hat das da auch einen großen Stellenwert.
0:42:52–0:42:56
Und ich versuche jetzt diese Kontaktsache noch mal ein bisschen zu schließen,
0:42:56–0:43:00
auch für mich. Wir machen jetzt viele, wir machen jetzt quasi so Matroschka-mäßig,
0:43:00–0:43:03
nur offene Formen und versuchen, die alle wieder zu schließen.
0:43:05–0:43:10
Also diese Idee von der Kontaktkurve geht durch so bestimmte Phasen,
0:43:10–0:43:14
ich habe schon beschrieben Konfluenz, also das symbiotisch Entspannte, aber irgendwas ist da.
0:43:14–0:43:19
Dann kommt das, Introjektion, die mir im Weg sein könnte, auf dem Weg herauszufinden,
0:43:19–0:43:21
was ist da eigentlich gerade los.
0:43:21–0:43:25
Das heißt, die Introjektion würde auch da wieder abbrechen, aber wenn ich da
0:43:25–0:43:26
durchgehe und nicht sage,
0:43:26–0:43:29
reiß dich zusammen, sondern ne, sorry, das tut weh, ich will wissen,
0:43:29–0:43:33
was das ist, dann komme ich vielleicht an so einen Ort der Projektion,
0:43:33–0:43:38
das wäre die nächste Phase, wo ich ein Bedürfnis habe, das mir aber selber gar
0:43:38–0:43:41
nicht zugestehe, sondern es in die Welt hinaus projiziere.
0:43:41–0:43:48
So von wegen, guck mal der da, der ist doch total sauer, guck dir den an.
0:43:48–0:43:52
Ja, der hat so richtig schlechte Laune, aber in Wahrheit sehe ich einfach die
0:43:52–0:43:55
schlechte Laune, die ich mitgebracht habe in den Menschen, denen ich begegne.
0:43:55–0:43:59
Wenn ich es dann aber zulasse, dass ich mich selber weiter explore,
0:43:59–0:44:05
sage, nee, in dem Moment, das ist ja meine schlechte Jahre, dann gibt es noch
0:44:05–0:44:06
diesen Moment der Retroflexion.
0:44:13–0:44:17
Heißt, dass man nicht in die Welt greift, um sich zu nehmen,
0:44:17–0:44:21
was man braucht, sondern diesen Impuls gegen sich selbst richtet.
0:44:21–0:44:26
Also es ist eine Form von, ich würde gar nicht sagen Selbstverletzung,
0:44:26–0:44:29
aber man richtet etwas gegen sich selbst, anstatt dass man dann wirklich zugreift.
Florian Clauß
0:44:29–0:44:31
Hast du da ein konkretes Beispiel?
Micz Flor
0:44:34–0:44:41
Wenn du bei Rot über die Ampel fährst und danach einen hochroten Kopf hast,
0:44:41–0:44:47
holl in die Bremsen steigst, rechts ran fährst und dich erst mal ohrfeigst, wie blöd du wieder bist.
0:44:48–0:44:52
Da ist ganz viel Wut und Energie, die weiß, woher die kommt,
0:44:52–0:44:56
aber im Endeffekt kriegst du es selber ab. Und nichts da draußen in der Welt
0:44:56–0:44:59
ist verändert. Nichts von dieser ganzen Frustration.
0:45:00–0:45:02
Warum muss ich so schnell stressen? Warum bin ich über die Ampel?
0:45:03–0:45:05
Fucking hell, hätte ich da nicht gestern.
0:45:05–0:45:07
Warum der? Hätten die nicht angerufen? Warum muss ich gleich springen?
0:45:07–0:45:11
All diese Sachen, die dich dazu gebracht haben, völlig Gedanken verloren und
0:45:11–0:45:15
viel zu schnell in so eine Gefahrensituation reinzugehen, werden nicht verändert,
0:45:15–0:45:18
sondern du klebst dir eine und damit ist es vom Tisch.
0:45:18–0:45:21
Das ist die Retroflexion, also die ...
0:45:21–0:45:24
Es geht nicht raus, sondern du führst es auf dich wieder zurück.
0:45:25–0:45:29
Der Impuls, der eigentlich der Welt gehört. Eigentlich schon.
0:45:31–0:45:34
Herausgefunden, was du brauchst, was du willst, was du gerne hättest.
0:45:34–0:45:36
Vielleicht traust du dich nur nicht, die Person anzusprechen.
0:45:38–0:45:41
Sonst traust du dir nicht, das letzte Brötchen vom Buffet zu nehmen,
0:45:41–0:45:42
weil es gehört sich nicht.
Florian Clauß
0:45:42–0:45:47
Aber ist damit dann in diesem Affekt ... ist damit die Konfluenz wiederhergestellt?
Micz Flor
0:45:48–0:45:51
Oder ist das ... Es ist ein Kontaktabbruch, würde man sagen.
Florian Clauß
0:45:51–0:45:52
Okay, ist ein Kontaktabbruch.
Micz Flor
0:45:53–0:45:57
Als Nächstes, es gibt jetzt manche Leute, die sagen, es gibt noch eine Deflektion,
0:45:57–0:46:00
den Begriff mag ich aber nicht so.
0:46:00–0:46:04
Der Egotismus heißt das, das ist quasi du öffnest dich an dieser Kontaktgrenze
0:46:04–0:46:08
und lässt zu, berührt zu werden. Da bist du ganz im Hier und Jetzt.
0:46:09–0:46:12
Und dann bist du eigentlich schon wieder direkt vor der Konfluenz.
0:46:13–0:46:16
Wenn wir jetzt den Begriff des Hungers nehmen, und zwar nicht einfach nur ich
0:46:16–0:46:21
stopfe irgendwas in mich rein, sondern ich will genau, ich brauche so einen
0:46:21–0:46:24
saftigen Apfel, ich habe richtig Bock auf Apfel, ich will keine Bratwürste,
0:46:24–0:46:26
ich will kein Stück Käse, ich brauche jetzt so einen Apfel.
0:46:26–0:46:30
Ich bin durch all diese Phasen durchgegangen und habe nicht gesagt,
0:46:30–0:46:33
nimm doch was auf dem Tisch steht oder so von wegen, ach guck mal,
0:46:33–0:46:34
was hat der für einen Hunger.
0:46:35–0:46:40
All diese Phasen habe ich durchgearbeitet und lasse zu jetzt diesen Apfel zu nehmen,
0:46:40–0:46:47
beiße rein, esse den und in dem Moment habe ich einfach ganz große Lust,
0:46:47–0:46:51
bin total im Moment, vergesse die Zeit, alles um mich drum herum,
0:46:51–0:46:54
öffne mich ganz diesem Apfel und kann den dann eben richtig assimilieren.
0:46:55–0:46:59
Nicht wie ein ein Intrujekt, was ich vorhin gesagt habe, was zwar einverleibt wurde,
0:46:59–0:47:04
aber nie assimiliert und integriert, sondern der Apfel, der wird dann in seine
0:47:04–0:47:08
Einzelteile zerkaut, der wird im Magen nochmal zerlegt, ich behalte,
0:47:08–0:47:11
was ich brauche, ich scheide aus, was ich nicht brauche.
0:47:12–0:47:15
Und in dem Moment ist dann diese Kontaktkurve für den Moment.
0:47:17–0:47:20
Und wir haben angefangen mit diesem Bild von Menschen liegen im Park,
0:47:20–0:47:23
jemand liegt im Park und liest und kommt an diesen Punkt, wo Apfel,
0:47:23–0:47:27
geht da durch, legt das Buch weg, nimmt den Apfel, isst den,
0:47:27–0:47:29
guckt rum, verliert jedes Zeitgefühl.
0:47:31–0:47:35
Dann ist das mit dem Apfel erledigt, legt es wieder weg und dann kommt die nächste
0:47:35–0:47:39
Kontaktkurve quasi schon wieder zu, sagt, wie ging das jetzt eigentlich im Buch
0:47:39–0:47:44
weiter? Und dann ist das Buch auf einmal wieder das, wo die Lust, der Impuls hingeht.
0:47:44–0:47:48
Das heißt, es geht nicht darum, Dinge abzuschließen und irgendwie so viel zu
0:47:48–0:47:51
essen, dass man nie wieder essen muss oder so viel zu lesen,
0:47:51–0:47:55
dass man nie wieder lesen will, sondern diese Kontaktprozesse gehen ineinander über.
0:47:55–0:48:00
Man ist immer irgendwie auch in Kontakt und die Dinge können aber nicht alle
0:48:00–0:48:04
gleichzeitig und parallel abgeschlossen werden, wobei manche werden so ganz nebenher gemacht.
0:48:04–0:48:08
Du pupst, kriegst vielleicht gar nicht mit, aber auch das war irgendwie ein
0:48:08–0:48:11
Unwohlgefühl, was der Körper ganz alleine gelöst hat.
0:48:13–0:48:15
Und das ist sozusagen die Kontaktkurve in der Gestaltherapie.
0:48:16–0:48:22
Es geht von so einem Equilibrium durch all diese möglichen Kontaktabbrüche bis
0:48:22–0:48:25
hin zur vollen Hingabe. Und damit ist es dann geschlossen. Ja,
0:48:25–0:48:26
dann ist die Form geschlossen.
0:48:27–0:48:28
Und im übertragenen Sinn einer
0:48:28–0:48:31
therapeutischen Sitzung kann das bei einem Thema eben auch passieren.
0:48:32–0:48:36
Und du merkst halt, wenn dann diese Hingabe passiert, das ist dann wirklich
0:48:36–0:48:38
ohne Abbruch, wird es dann eben auch emotional.
0:48:39–0:48:42
Dann auch geöffnet. Du bist dann irgendwie geöffnet und denkst halt so,
0:48:42–0:48:46
ja ey, mein Chef ist mir eigentlich egal, aber der Job und dieser Bericht,
0:48:46–0:48:49
den ich habe schreiben müssen und kein Interessiertes und heißt das,
0:48:49–0:48:52
ich bin da also ganz große Selbstzweifel, die vielleicht dahinterstehen.
0:48:52–0:48:54
Das ist dann der Moment, in dem...
0:48:56–0:49:01
Diese Kontaktkurve bis zu dem Punkt kommt, wo man das so weit öffnen kann,
0:49:01–0:49:06
dass dieses Thema, was man mitgebracht hat, auf einmal wirklich auch integriert
0:49:06–0:49:09
werden kann, Dinge erlebt werden können und das dann gewisserweise geschlossen
0:49:09–0:49:11
wird. Wenn ich das jetzt so ...
0:49:12–0:49:15
Beschreibe, merke ich, dass ich ein bisschen unzufrieden bin mit der Beschreibung,
0:49:15–0:49:17
weil ich mir wünschte, es würde besser draufpassen.
Florian Clauß
0:49:18–0:49:19
Auf was passen?
Micz Flor
0:49:19–0:49:25
Ja, irgendwie diese Idee vom Apfel verdauen und ein therapeutisches Thema entfalten
0:49:25–0:49:32
bis hin zum emotionalen neuen verändernden Blick, der was verändern kann,
0:49:32–0:49:34
passt halt nicht eins zu eins aufeinander.
0:49:34–0:49:39
Aber die Urfrage war ja, woher kommt der Begriff Gestalt?
0:49:39–0:49:44
Und das ist quasi, dass die Gestalttherapie hat den Gestaltwahrnehmungsbegriff aufgenommen,
0:49:44–0:49:50
hat gesagt, es gibt immer wieder emotionale Verzwickungen,
0:49:50–0:49:54
die vielleicht auch einfach damit zu tun haben, dass wir diese Gestalt,
0:49:54–0:50:00
die in uns entsteht als Illusion oder als Erklärung von bestimmten Zusammenhängen,
0:50:00–0:50:03
dass die einfach nicht passt, dass da was eben nicht geschlossen werden kann.
0:50:03–0:50:07
Und dann muss das eben in der Therapie geschlossen werden, damit es dann in
0:50:07–0:50:08
den Hintergrund treten kann.
0:50:10–0:50:14
Und dann kommt auch schon das Nächste hoch. Dann ist ja der Boss nur stellvertretend
0:50:14–0:50:16
für diese scheiß Arbeit, die ich habe.
0:50:18–0:50:21
Möchte ich mit meinem jetzigen Boss oder irgendjemandem drüber reden,
0:50:21–0:50:22
wie ich das verändern könnte?
0:50:22–0:50:27
Das ist jetzt auch sehr ein 0815-Thema Arbeit, aber gleichzeitig finde ich auch ganz anschaulich,
0:50:27–0:50:32
dass man an diesem einen Menschen sich abgearbeitet hat, aber in Wahrheit steht
0:50:32–0:50:35
ein ganz anderes Thema dahinter, dahinter, nämlich wie bin ich eigentlich in
0:50:35–0:50:40
diesen Job gekommen und will ich den verändern oder kann ich mich mit dem wirklich gut arbeiten.
0:50:41–0:50:45
Cool, wir sind hier bei diesen gruseligen Hunden. Kennst du die?
Florian Clauß
0:50:46–0:50:47
Äh, nee.
Micz Flor
0:50:47–0:50:47
Komm mal mit.
Florian Clauß
0:50:50–0:50:55
Also, wir haben hier noch so den Sternblick in die Siegessäule.
0:50:56–0:51:01
Wusstest du, dass die Siegessäule einmal neben dem Reichstag stand?
0:51:01–0:51:02
Nee. Und das übersetzt wurde?
Micz Flor
0:51:02–0:51:05
Nee.
Florian Clauß
0:51:05–0:51:09
Es gibt, ganz interessant, es gibt von der Stadt Berlin Karten,
0:51:09–0:51:14
historische Karten, die man so wie Google Maps dann quasi durchscrollen kann.
0:51:14–0:51:20
Da gibt es einen Stadtplan von 1870, glaube ich. Und da habe ich gesehen,
0:51:20–0:51:25
dass diese Siegessäule, oder nee, wann war da der deutsch-französische Krieg?
0:51:26–0:51:27
Vielleicht war es auch 1890.
Micz Flor
0:51:27–0:51:29
Da muss ich aufpassen.
Florian Clauß
0:51:31–0:51:35
Die Siegessäule ist ja gezimmert aus den Kanonen. Aber das hätten wir schon mal als Thema.
Micz Flor
0:51:36–0:51:38
Nee, hast du das schon mal gesagt? Das hätte ich mir gemerkt.
Florian Clauß
0:51:38–0:51:46
Ich glaube, ich hätte das gesagt bei deiner Folge über... Ähm...
0:51:46–0:51:48
Das war über die Do-It-Yourself.
Micz Flor
0:51:51–0:51:55
Ah, okay. Dann gucken wir mal, hier ist nämlich dieser...
0:51:58–0:52:02
Dieser Baum. Kennst du den? Nee. Das ist ein Michael-Jackson-Baum.
Florian Clauß
0:52:04–0:52:09
Das ist ja großartig. Hatte hier so ein Denkmal, so ein Fan-Culture-Denkmal.
Micz Flor
0:52:10–0:52:15
Müsste man jetzt mal gucken, wo der herkommt. Aber das war nach dem Tod von
0:52:15–0:52:18
Michael Jackson, war hier wohl unglaublich viel los. Und jetzt ist es immer noch so.
0:52:20–0:52:27
So ein Ort, aber es wirkt gerade sehr kuratiert. Okay. Kannst du Michael Jackson singen?
0:52:29–0:52:30
Ob ich das singen kann?
Florian Clauß
0:52:30–0:52:32
Ja, kannst du irgendeinen Text von ihm?
Micz Flor
0:52:33–0:52:37
Nee, aber das ist jetzt auch keine offene Gestalt für mich. Da bräuchte ich
0:52:37–0:52:42
nicht. Ehrlich gesagt, möchte ich da einfach durch Abwenden das wieder schließen,
0:52:42–0:52:44
wie die Ampel, die auf Grün geht.
Florian Clauß
0:52:44–0:52:49
Das war jetzt auch nicht angebracht. Sorry, dass ich hier den Konflenzstörer mache.
0:52:50–0:52:52
Da muss ich an mein Wiki denken.
Micz Flor
0:52:55–0:52:58
So, das ist jetzt so, wie ich vorhin gesagt habe, so Perlen,
0:52:58–0:52:59
die man hintereinander macht.
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Ich möchte eine Sache noch kurz nochmal aufgreifen,
0:53:03–0:53:08
wenn wir über die Kontaktgrenze sprechen und dieses holistische Prinzip oder Verständnis,
0:53:08–0:53:12
das Feldtheoretische Verständnis, die Dinge wirken alle aufeinander ein,
0:53:12–0:53:18
sind miteinander in Kontakt, dieser Kontakt zu unserem eigenen Körper,
0:53:18–0:53:21
habe ich vorhin gemeint, das kann der Hunger sein, das kann irgendwas anderes
0:53:21–0:53:23
Müdigkeit oder Kontakt zu anderen
0:53:23–0:53:28
Menschen, aber natürlich auch Kontakt zu der Physikalität der Welt.
0:53:28–0:53:32
Es ist uns zu heiß oder es ist uns zu kalt. Also man ist eingebettet.
0:53:32–0:53:38
Und das ist natürlich auch so ein vielleicht sehr vereinfachtes Verständnis
0:53:38–0:53:44
von so asiatischen Philosophien oder so. Aber diese Idee, dass alles miteinander sich bedingt.
0:53:45–0:53:50
Und die Gestalttherapie hatte dann in den 50er Jahren und 60er Jahren auch so
0:53:50–0:53:55
eine Hochzeit, wo halt eben dann auch in der amerikanischen Kultur des We are
0:53:55–0:53:57
Stardust, wir sind alle in Sonnen entstanden.
Florian Clauß
0:53:58–0:53:59
Am Anfang war da Wasserstoff.
Micz Flor
0:54:00–0:54:06
Ja genau und da hatten wir auch darüber gesprochen, welche, weißt du immer besser
0:54:06–0:54:11
als ich, aber welche Elemente entstehen in Sonnen, welche entstehen im Urknall,
0:54:11–0:54:12
welche entstehen super, nu wäh.
0:54:13–0:54:17
So, guck mal und hier, von wegen Vordergrund und Hintergrund und Gestaltwahrnehmung.
0:54:18–0:54:25
Überall sind Eintracht Frankfurt-Fans in schwarz und schwarz-weiß. Weiß.
Florian Clauß
0:54:25–0:54:27
Spielen die im Olympiastadion? Ciao.
Micz Flor
0:54:29–0:54:35
Genau, Pokal. Meisterschaft Olympiastadion heute Abend um 20 Uhr ist Anstoß,
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um das hier und jetzt unseres Walks nochmal zu erden.
Florian Clauß
0:54:41–0:54:49
Also wir können, wir laufen jetzt in Richtung zoologischer Garten und hier ist
0:54:49–0:54:56
eine ganz schöne Strecke, wo wir dann direkt in den Zoo teilweise schauen können.
0:54:57–0:55:01
Die sind wir da auch mal zusammen. Und hier ist ziemlich dieses Café,
0:55:01–0:55:03
genau, das Café am Neuen See.
Micz Flor
0:55:03–0:55:07
Ja, das ist da noch mal neu gemacht worden, das neue Café am Neuen See.
Florian Clauß
0:55:07–0:55:07
Das neue.
Micz Flor
0:55:08–0:55:09
Ja, müssen wir mal auf die Uhr gucken.
Florian Clauß
0:55:09–0:55:15
Ja, genau, du musst mir so sagen, ich denke, wir können dann einfach in der
0:55:15–0:55:17
S-Bahn am Zoo einsteigen. Ja.
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Und ich steig dann am Hauptbahnhof wieder aus und geh zu meinem Rad.
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Das heißt, jetzt haben wir noch so eine Strecke von 15 Minuten.
Micz Flor
0:55:26–0:55:34
Ja. Gestalttherapie. Wichtig vielleicht auch noch in der Gestalttherapie,
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was haben wir denn schon besprochen?
0:55:38–0:55:40
Gehen wir mal zurück. Wir haben generell über das Thema Gestalt,
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wo kommt der Begriff her, was bedeutet das?
0:55:43–0:55:47
Es ist natürlich aber auch so, dass in der Gestalttherapie schon auch viele
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kreative Mittel als Methoden mit eingeführt werden.
0:55:51–0:55:56
Werden. Man kann da schon auch mal gestalten, tätig werden. Man kann zum Beispiel
0:55:56–0:56:02
auch mal, das ist das bekannteste aus der Gestalttherapie, Stühle aufstellen für die Familie im Raum.
Florian Clauß
0:56:03–0:56:06
Das kommt aus der Gestalttherapie, diese Familienaufstellungen?
Micz Flor
0:56:09–0:56:14
Familienaufstellung nicht, aber die Arbeit mit Stühlen. Da gibt es zum Beispiel dann Parts.
0:56:16–0:56:19
Von so einer Familientherapeutin, die das weiterentwickelt hat,
0:56:19–0:56:23
wo man Anteile von sich, bestimmter Konflikt, Weihnachten, was mache ich da?
0:56:23–0:56:26
Ich will unbedingt hin, aber ich möchte da nicht wohnen, sowas.
0:56:26–0:56:30
Ich sage, ok, nehmen wir den Stuhl mal, der möchte unbedingt zu Weihnachten.
0:56:30–0:56:36
Und dieser Stuhl, das ist der Teil von Ihnen, der eigentlich auf keinen Fall
0:56:36–0:56:39
da wohnen möchte, über Weihnachten, lieber ein eigenes Zimmer nehmen.
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Und dann der dritte Teil, der versucht, die beiden so also diese teile
0:56:43–0:56:46
auf den stühlen kann man dann sogar mal einnehmen kann
0:56:46–0:56:50
mal als stuhl sprechen gesagt ich will unbedingt nach weihnachten und
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ohne wenn und aber darf man sich komplett auf diese freude einlassen
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und die wünsche und die gerüche und die erinnerung im prinzip ist
0:56:56–0:57:01
das mehr oder weniger auch dann eine methode um bestimmte sachen im raum dann
0:57:01–0:57:06
abzulegen also wie so memotechnik oder so was genau das kann passieren man kann
0:57:06–0:57:10
miteinander in dialog treten dass es wirklich dann auch räumlich ist und das
0:57:10–0:57:15
bleibt manchmal eben dann auch über über eine bestimmte Zeit noch bestehen,
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dass die Patienten, Patientinnen dann halt das Gefühl haben so,
0:57:18–0:57:22
ja den Stuhl, ich erinnere mich noch, das ist so jetzt drei Monate her,
0:57:22–0:57:24
aber ich weiß noch, da saß mein Onkel drauf.
0:57:25–0:57:29
Und man kann dann aber auch entweder über Stühle sich selbst abbilden,
0:57:29–0:57:34
mit sich selbst in Kontakt treten und dann zum Beispiel Dialog herstellen zwischen
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den Anteilen, ich möchte unbedingt Weihnachten bei meiner Familie sein versus
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ich möchte mich eigentlich von denen soweit es geht irgendwie distanzieren,
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weil es geht eh nur Stress.
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Das ist eine Methode, man kann aber natürlich auch wirklich gestalterisch tätig
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werden, man kann Dinge auch malen, man kann dann diese Gemälde auch interpretieren,
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ähnlich wie Träume, also Materialien und das wäre vielleicht auch in der Traumreihe als.
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Thema aufmachen. Und ja, das war der Gestaltbegriff.
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Dann haben wir den Prozess, das Prozesshafte, was dazu führt,
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dass die Gestalttherapie oft sich einfach nur anschaut, wie wird denn in Kontaktprozessen
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mit dem eigenen Körper oder auch in der therapeutischen Begegnung,
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wie kommen da zum Beispiel bestimmte Intrujekte, meistens sind das das Erste,
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was irgendwie in die Oberfläche kommen kann, so innere Vorsätze,
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wo man gar nicht weiß, wo die her sind.
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Dann diese ganzen Kontaktfunktion oder wenn sie stören, sind eben Kontaktabbrüche,
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die man so durchläuft, bis man sich dann schlussendlich seinen Impulsen,
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seine