"Wenn ich jetzt rauskomme, da steht bestimmt jemand hinter der Tür und schlägt dir ins Gesicht. Konspirative Operation, Zersetzung des Menschen, es geht darum, dich zu brechen." Hendrik Voigtländer (Min 57:01)

Ali Hackalife vom Podcast "Auch-interessant" ist wieder in Berlin. Wir nutzen die Gelegenheit unsere Reihe zu historischen Orten fortzusetzen und besuchen die Gedenkstätte Hohenschönhausen. Hohenschönhausen war das zentrale Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit. Von 1951 bis 1989 war die Anstalt Haftort für zahlreiche meist politische Gefangene, die dort oft monatelang in Untersuchungshaft verbrachten. Wir haben eine Führung gebucht und werden von Hendrik Voigtländer über das Gelände geführt. Er ist einer der Zeitzeugen, die neben den Historiker*innen Führungen im Auftrag der Gedenkstätte anbieten. Hendrik hat wegen eines Fluchtversuches im November 1988 in Hohenschönhausen gesessen, bevor er von der BRD freigekauft wurde. Hendrik berichtet von den Haftbedingungen und Foltermethoden der Stasi. Er schildert eindringlich den Alltag und die Zersetzung, die im Januar 1976 in Kraft getretenen Richtlinie Nr. 1/76 offiziell von der Stasi als Methode zum Umgang mit Nicht-Linientreuen Staatsbürger*innen verabschiedet wurde. Leider ist die Tonqualität nicht immer optimal, aber wir haben in der Postproduktion alles gegeben, um das Beste rauszuholen. Wir hoffen, dass trotz der Tonqualität die großartige und eindrucksvolle Führung von Hendrik ansatzweise so rüberkommt, wie wir sie vor Ort erlebt haben.

Shownotes

Mitwirkende

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Hendrik Voigtländer
Führer und Zeitzeuge
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Ali Hackalife
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Florian Clauß

Transcript

Florian Clauß
0:00:00–0:00:05
Okay, jetzt sind wir on air, auf Aufnahme und...
Ali Hackalife
0:00:05–0:00:09
Hallo und herzlich willkommen zum Eigentlich-Podcast, wo wir laufend reden,
0:00:09–0:00:10
während wir laufen und reden.
Florian Clauß
0:00:12–0:00:19
Ali, du kannst das jetzt schon besser als ich. Ja, hallo, hier ist Flo und neben mir läuft wieder Ali.
Ali Hackalife
0:00:19–0:00:19
Hallo, hallo.
Florian Clauß
0:00:20–0:00:23
Und keinen Monat später und wir treffen uns schon wieder, Ali.
Ali Hackalife
0:00:23–0:00:24
Ja, eine Plage.
Florian Clauß
0:00:24–0:00:28
Eine Plage, nein, eine Wonne, würde ich fast sagen.
Ali Hackalife
0:00:28–0:00:30
Du weißt, wo wir langen müssen. Dann laufe ich dir einfach nur nach.
Florian Clauß
0:00:31–0:00:33
Ich habe jetzt gerade groß verkündigt,
0:00:33–0:00:36
ich würde sofort gleich den Track aufnehmen und das mache ich auch.
Ali Hackalife
0:00:36–0:00:40
Wir laufen von einem Springbrunnen aus Lost an der, was ist das, Greffestraße oder so?
Florian Clauß
0:00:42–0:00:48
Gänzlerstraße. Ja, wir haben unsere Themen so mitgenommen aus dem letzten Mal, so ein bisschen.
0:00:48–0:00:52
Und zwar, die Brücke ist wohl Gedenkstecken, würde ich mal sagen.
Ali Hackalife
0:00:52–0:00:56
Ja, wir werden heute Hohenschönhausen besichtigen.
0:00:56–0:01:03
Hohenschönhausen ist das Gefängnis der DDR und ein Ort, der mich total beklemmt,
0:01:03–0:01:05
denn, und das war die Frage, die ich dir an er stellen wollte,
0:01:06–0:01:07
Flo, wie hältst du es denn mit dem Sozialismus?
Florian Clauß
0:01:09–0:01:11
Ja, stets bereit.
Ali Hackalife
0:01:12–0:01:18
Als seid bereit, immer bereit. Naja, das Ding ist, ich bin in der Theorie von
0:01:18–0:01:21
ganz viel sozialistischer Theorie überzeugt.
0:01:21–0:01:24
Also wir haben genug Kalorien auf der Welt für alle Menschen.
0:01:24–0:01:28
Wir haben genug Internet für alle Menschen. Wir haben genug Strom für alle Menschen.
0:01:28–0:01:29
Eigentlich könnten wir das teilen.
Florian Clauß
0:01:29–0:01:34
Das stimmt. Ich bin auch von meiner Sozialisation so durchgegangen,
0:01:34–0:01:39
dass ich immer schon so mich den Linken, zugehörig gefühlt habe.
0:01:39–0:01:47
Ich war mit 16 in der Antifa, dann irgendwann bei den Jusos und Jungsozialisten
0:01:47–0:01:51
der SPD und damals in einer entristischen Gruppe.
0:01:51–0:01:56
Wir hatten das Konzept des Trotzkismus, des Entrismus, nämlich Entrismus in
0:01:56–0:02:00
der SPD, dass man wirklich so ganz progressive, revolutionäre Vorstellungen
0:02:00–0:02:03
in der SPD dann noch marktfähig machen kann.
0:02:03–0:02:06
Das war die Idee dabei, hat aber nicht funktioniert.
Ali Hackalife
0:02:06–0:02:11
Ich bin ja bekennendes SPD-Mitglied und trotzdem habe ich bei einer Wahl mit
0:02:11–0:02:16
meiner Erststimme bereits das BSW gewählt, weil ich halte das BSW nicht für
0:02:16–0:02:19
die Lösung, aber ich hätte sie gerne mit am Tisch, wenn man die Lösung rausfindet.
0:02:20–0:02:25
Wie gesagt, in der Theorie finde ich super viele sozialistische Ideale grundsätzlich gut.
0:02:26–0:02:29
So Sachen wie, wir können halt für jeden eine Wohnung bauen.
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Niemand muss auf der freien Straße schlafen.
0:02:32–0:02:35
Wir können für alle Menschen Kalorien bereitstellen. Niemand muss hungern.
0:02:35–0:02:39
Das finde ich halt wirklich überzeugend. Und das kann der Kapitalismus nicht gewährleisten.
Florian Clauß
0:02:40–0:02:45
Das stimmt, weil Kapitalismus ist ja immer Kapitalakkumulierung und Eigentum,
0:02:46–0:02:47
die dann an dem Kapital hängt.
0:02:47–0:02:51
Und Arbeitsmittel sind dann quasi in der Hand von wenigen.
0:02:51–0:02:58
Und der Sozialismus als gesellschaftliche Theorie, dass die Arbeitskraft vergesellschaftet
0:02:58–0:03:00
wird und dementsprechend auch der Gewinn.
Ali Hackalife
0:03:00–0:03:04
Ja, nun, das Ding ist, wir sehen in der Geschichte, sowohl in der Geschichte
0:03:04–0:03:08
der Sowjetunion als auch in der Geschichte der DDR, dass es halt als Staatsform
0:03:08–0:03:12
nicht funktioniert, weil man totalitär die Menschen zwingen muss.
0:03:12–0:03:16
Und selbst wenn Dinge gut laufen, wie zum Beispiel, dass in der DDR die Mieten
0:03:16–0:03:21
niedrig waren, dass das Essen günstig war, du kannst halt Leute auf Dauer nicht zwingen.
0:03:21–0:03:25
Ich habe erst heute Morgen mit John Roderick genau darüber geredet.
0:03:25–0:03:29
Die meisten Leute wählen halt nicht ihren Interessen entsprechend.
0:03:29–0:03:33
Also für die meisten Leute wäre eine Regierung, die mehr Umverteilung fordert,
0:03:33–0:03:36
eine gute Regierung. Aber alle denken, ja, aber ich könnte ja auch Millionär werden.
Florian Clauß
0:03:37–0:03:40
Ja, ja, ja. Das ist so das Dilemma.
0:03:41–0:03:46
Gleichzeitig muss man ja auch sagen, dass das Menschenbild jetzt von den grundlegenden
0:03:46–0:03:50
Theorien, also das Kapitalismus, da wird ja der Mensch eher als Ressource angesehen,
0:03:50–0:03:54
während in sozialistischen Theorien der Mensch immer im Mittelpunkt steht.
0:03:54–0:03:59
Und das ist halt das, was mich dann auch überzeugt an der Ideologie.
0:04:00–0:04:06
Und ich meine, da, wo wir jetzt hingehen, da ist aber auch komplett das Menschenbild
0:04:06–0:04:07
des Sozialismus infrage gestellt.
Ali Hackalife
0:04:07–0:04:13
Ja, wir gehen nach Hohenschönhausen zum DDR-Gefängnis, die Verwahranstalt Hohenschönhausen.
0:04:13–0:04:17
Und ich war dort mal als Schüler im Rahmen einer Führung.
0:04:17–0:04:22
Und es ist halt ein Ort, an dem dir bewusst wird, wie hilflos die DDR war.
0:04:23–0:04:27
Es gibt keinen anderen Ort, an dem dir so klar ins Gesicht geschrien wird,
0:04:27–0:04:30
wir haben es nicht geschafft, wir müssen die Leute jetzt zwingen.
0:04:30–0:04:35
Ich habe dir von Klaus Kordon das Buch Krokodil im Nacken empfohlen, in Vorbereitung.
0:04:36–0:04:42
Und da geht es um den 29-jährigen Insassen, der in Hohenschönhausen sitzt und
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der über seine Zeit nachdenkt, über seine Aufwachsen in Berlin in den Nachkriegsjahren.
0:04:49–0:04:51
Und ich finde das Buch sehr schön, weil es halt Leute beschreibt,
0:04:52–0:04:53
die es damals so gegeben haben wird,
0:04:54–0:04:59
ohne dass man jetzt sagen würde, das ist so eine zu spezifische Beschreibung,
0:04:59–0:05:06
also es sind so Typen so Pippi Heinemann die im Kiez lebt und sie ist eine Prostituierte,
0:05:06–0:05:10
aber sie ist eine Gute und wenn du ihr 100 Mark gibst gibt sie dir 200 Mark zurück,
0:05:10–0:05:14
nur damit keine Fragen gestellt werden und so weiter also das sind halt so richtige
0:05:14–0:05:17
Charaktere die da beschrieben werden, ich finde dieses Buch sehr gut,
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weil es halt zeigt diese Hoffnungslosigkeit.
0:05:20–0:05:24
Wenn du in Hohenstchenhausen einsetzt und du wirst verhört und egal was du sagst,
0:05:25–0:05:28
die Stasi wird sich Mühe geben, mit deinem Kopf zu ficken.
0:05:29–0:05:33
Also du kommst halt nicht drumherum. Dann erzählen sie, ja, deine Frau hat ja schon ausgesagt.
0:05:33–0:05:36
Möchtest du jetzt nicht auch endlich zugeben? Es wäre doch für euch alle besser.
0:05:36–0:05:38
Möchtest du deine Kinder nicht wiedersehen?
0:05:38–0:05:43
Und das ist halt so perfide. Also bei jeder Argumentation für einen Rechtsstaat,
0:05:43–0:05:49
ich finde das, was die DDR mit ihren Gefangenen gemacht hat, nicht vertretbar.
0:05:49–0:05:52
Also so sehr ich vom Sozialismus überzeugt bin, aber das kann nicht der Weg dahin sein.
Florian Clauß
0:05:53–0:05:56
Nein, sollte es auf keinen Fall. Das sollte es nicht so sein.
0:05:56–0:06:01
Ich meine, die Stasi hat sich ja legitimiert. So im Sinne von,
0:06:02–0:06:05
wir wollen auch den Kapitalismus abwehren und wir wollen unseren Staat schützen.
0:06:06–0:06:10
Und haben deswegen dieses Überwachungssystem so aufgebaut. Auch eine andere
0:06:10–0:06:13
Argumentation von Ihnen, dass Sie da im Recht gehandelt haben,
0:06:13–0:06:14
ist, dass Sie keinen umgebracht haben.
0:06:14–0:06:19
Ja, also ich meine, das war ja jetzt nicht so lange her, dass die Gestapo an
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die Tür geklopft hat und die Leute abgeführt und umgebracht hat.
Ali Hackalife
0:06:22–0:06:25
Ja, wobei es gibt unten im Keller von Hohenschönhausen gibt es gefließte Zellen,
0:06:26–0:06:30
die nur dafür da waren, dass man den unerwarteten Genickschuss verurteilt hat.
0:06:30–0:06:34
Also, dass jemand nach vorne in diese Zelle geführt wurde. Das Letzte,
0:06:34–0:06:37
was er sieht, ist ein gekachelter Raum und er wird von hinten ins Genick geschossen.
Florian Clauß
0:06:37–0:06:43
Okay, jetzt muss ich auch schlucken. Aber das Prinzip, was Sie da letztendlich
0:06:43–0:06:48
auch so implementiert haben in Hohenschönhausen, ist das Prinzip der Zersetzung.
0:06:48–0:06:52
Das finde ich eigentlich einen ganz schönen Begriff dafür, dass es darum ginge,
0:06:52–0:06:59
die Leute in ihrer Persönlichkeit zu brechen, dass sie dann eben mehr oder weniger
0:06:59–0:07:00
phlegmatisch den Staat annehmen.
Ali Hackalife
0:07:01–0:07:06
Ja, also jetzt mal die DDR in allem, was sie schlecht gemacht hat, ausklammernd.
0:07:07–0:07:14
Wenn du eine Bevölkerung davon überzeugen möchtest, dass dein Staatssystem,
0:07:14–0:07:18
das altruistisch orientiert ist, das mit allen teilt, das Beste ist,
0:07:18–0:07:22
dann kannst du nicht darauf setzen, dass es rein aus Überzeugung funktioniert.
0:07:22–0:07:25
Also ich möchte es nicht gutheißen, ich möchte hier nichts schönreden,
0:07:25–0:07:29
aber ich verstehe aus Sicht der DDR, dass sie gesagt haben, wer den Sozialismus
0:07:29–0:07:34
untergräbt, der betrügt nicht nur einen, sondern alle und muss dafür bestraft werden.
Florian Clauß
0:07:34–0:07:40
Ja, das ist absurd. Und das ist auch ein Zeugnis dafür, dass der ganze Staat
0:07:40–0:07:44
ineffektiv war, ist ja auch die hohe Anzahl von Mitarbeitern in der Stasi.
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Ich glaube, am Ende hatten die in den Hochjahren fast 200.000 inoffizielle Mitarbeiter.
0:07:52–0:08:00
Man kann das aber auch mit den Nazis vergleichen, die ja viel weniger an Mitarbeitern
0:08:00–0:08:04
in der Gestapo hatten, in der Geheimpolizei. Und dann kann man sich fragen,
0:08:04–0:08:06
warum brauchten die weniger?
0:08:06–0:08:10
Ob das nicht im Grunde so angelegt ist, dass dieser Führerkult,
0:08:10–0:08:16
den die Nazis mitgebracht haben, dann etwas glanzvoller war in diesem System
0:08:16–0:08:18
als das, was die DDR da versprochen hat.
Ali Hackalife
0:08:19–0:08:26
Ja, und natürlich die Frage, hast du Familie und Verwandte, die in der DDR gelebt haben?
Florian Clauß
0:08:26–0:08:29
Nein, damals nicht, nein.
Ali Hackalife
0:08:29–0:08:37
Man kann ja die Akten mittlerweile sehr einfach online beantragen und die Täter-Akten
0:08:37–0:08:42
einzusehen, ist halt wirklich, wirklich frustrierend, weil das ist jetzt nicht so,
0:08:42–0:08:46
dass die da gespitzelt haben wie noch was, sondern ganz viele von diesen Akten
0:08:46–0:08:49
sind halt seitenweise, ja...
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Sekretär wusste bereits, dass seine Familie das und das plant.
0:08:54–0:08:57
Heimlich haben sie Westzeitschriften gelesen. Sie hatten einen Spiegel zu Hause.
0:08:58–0:09:02
Und das sind so unschuldige Informationen, bei denen du dir denkst,
0:09:03–0:09:06
also niemand, der das Spiegelmagazin liest, wird den Staat stürzen.
0:09:07–0:09:10
Und trotzdem sind das alles Dinge, die aufgeschrieben und notiert wurden.
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Und diese Pedanterie, die macht mir wirklich Angst, weil ich glaube,
0:09:14–0:09:18
wenn Menschen das Gefühl haben, das Richtige zu tun, dann können sie zu jeder
0:09:18–0:09:20
Zeit genauso pedantisch ihre Mitbürger verpetzen.
0:09:21–0:09:25
Das fand ich auch während Corona sehr beklemmend, wo Leute anfingen,
0:09:25–0:09:29
Fotos zu teilen und der Polizei auf Twitter zu schreiben, dürfen die sich hier
0:09:29–0:09:31
gerade überhaupt zum Grillen treffen?
0:09:31–0:09:34
Wo ich mir gedacht habe, ja, aber es ist ja auch ein bisschen egal.
Florian Clauß
0:09:34–0:09:42
Ja, das ist komisch. Also diese Detailtreue dann in dieser Dokumentation und
0:09:42–0:09:45
auch die Relevanzlosigkeit, die dahinter steht,
0:09:45–0:09:49
aber dadurch, dass es halt irgendwo in Akten notiert ist, dann wieder wieder
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ein Gewicht bekommt, eine Relevanz bekommt, die es eigentlich überhaupt keinem Verhältnis steht.
Ali Hackalife
0:09:54–0:09:57
Wir laufen hier gerade durch einen eigentlich total schönen Stadtteil.
0:09:57–0:10:01
Es sind viele freistehende Eigenheime.
0:10:01–0:10:08
Wir sind nicht mehr umgeben von den großen Fassaden mit den vielen Wohneinheiten.
0:10:08–0:10:12
Und eigentlich denkt man an nichts Böses. Und gleich werden wir an den Ort gehen,
0:10:12–0:10:15
wo Menschen Jahrzehnte ihres Lebens verloren haben.
Florian Clauß
0:10:15–0:10:19
Ja, wir sehen schon hier an der Ecke, in der Gämsler Straße,
0:10:19–0:10:23
eine Umzäunung, ein Zaun, eine Mauer.
0:10:23–0:10:28
Das ist die Mauer von der Haftanstalt Hohenschönhausen. Jetzt müssen wir,
0:10:28–0:10:31
glaube ich, sogar hier rechts in die Straße rein.
0:10:31–0:10:34
Ein kleiner Wachtturm ist an der Ecke positioniert.
Ali Hackalife
0:10:34–0:10:35
Meinst du mit rechts links?
Florian Clauß
0:10:36–0:10:41
Nee, das ist hier. Ich meine schon das richtige rechts.
Ali Hackalife
0:10:43–0:10:50
Ja, wir sehen eine DDR-triste Fassade. Das war, was mich in Magdeburg so richtig fertig gemacht hat.
0:10:51–0:10:55
In Magdeburg hast du halt breite Straßen und es stehen überall die Plattenbauten
0:10:55–0:10:59
und auch wenn die renoviert sind mit neuer Farbe und so weiter,
0:11:00–0:11:02
so eine Platte ist halt ein richtig unfreundlicher Ort.
Florian Clauß
0:11:02–0:11:08
Ja, stimmt. Es wird nur ein bisschen freundlicher, wenn dann so im Frühling
0:11:08–0:11:13
die Blätter kommen und dann hat auch Ronschönhausen und Marzahngrüne Flächen
0:11:13–0:11:14
und dann wird es ein bisschen lockerer.
0:11:15–0:11:19
Aber sonst ist das hier sehr trist und da hilft die Farbe auch nichts.
Ali Hackalife
0:11:19–0:11:22
Ich glaube, das sieht aus wie in jeder JVA überall.
Florian Clauß
0:11:22–0:11:26
Glaube ich hier. Ne, das ist noch in der Gänzlerstraße. Ich bin mir nicht sicher,
0:11:26–0:11:28
ob der Eingang da drüben ist oder dort.
0:11:29–0:11:30
Wir gucken mal da.
Ali Hackalife
0:11:32–0:11:36
Auf dem Gelände gibt es einen Transporter und sie erzählten,
0:11:36–0:11:39
dass die DDR-Häftlinge, damit sie nicht wussten, wo sie sind,
0:11:40–0:11:41
in diesen Transporter gesetzt wurden.
0:11:42–0:11:44
Und dann ist der Transporter über den Innenhof mehrere Runden gefahren,
0:11:45–0:11:47
damit du verwirrt bist, wo du gerade bist.
0:11:48–0:11:51
Und das, bevor sie hier das Gelände verlassen haben. Und ich finde das,
0:11:51–0:11:53
wie gesagt, auf jeder Ebene perfide.
Florian Clauß
0:11:53–0:11:59
Ja, die Gefangenen mussten auch immer irgendwie Gesichtsbedeckung tragen.
0:11:59–0:12:02
Dass überhaupt nicht hier diese Stelle lokalisiert werden konnte.
0:12:02–0:12:05
Und auch, wie du sagst, die Fahrzeit so künstlich verlängert wurde,
0:12:06–0:12:08
damit man überhaupt keine Entfernungsmessung mehr hat.
Ali Hackalife
0:12:08–0:12:11
Wir laufen jetzt auf ein großes Rolltor zu.
Florian Clauß
0:12:11–0:12:17
Das wird hier der Eingang sein. Hier steht Gedenkstätte Berlin, Hohenschönhausen.
Ali Hackalife
0:12:18–0:12:21
Hier auf dem Innenhof bin ich mal in diesem Transport herumgefahren worden,
0:12:21–0:12:23
als wir uns demonstrieren wollten, wie das denn ist.
Florian Clauß
0:12:23–0:12:26
Ach wirklich? In Schulzeiten?
Ali Hackalife
0:12:26–0:12:31
Ich war hier als 16-jähriger Schüler und wir waren mit einer Gruppe da,
0:12:31–0:12:34
weil ich im Internat war, waren die Leute halt überall aus Deutschland.
0:12:34–0:12:39
Und wir hatten so ein Mädel aus Thüringen, die unbedingt die DDR verteidigen wollte.
0:12:40–0:12:44
Und dann hat der Führer gefragt, würden Sie denn sagen, das ist ein starkes
0:12:44–0:12:47
oder ein schwaches System, wenn man seine Bevölkerung einsperrt?
0:12:47–0:12:50
Und sie meinte, ja, es ist ein starkes System, sonst hätten Sie das ja nicht tun können.
Florian Clauß
0:12:51–0:12:56
Ja, eine gewisse Stärke gehört dazu, fraglich, ob das die richtige Stärke ist.
0:12:57–0:12:58
Ich melde uns mal hier an.
Ali Hackalife
0:13:02–0:13:03
Hocken wir uns in die Cafeteria oder?
Florian Clauß
0:13:04–0:13:09
Ja, können wir uns gerne hier reinsetzen. So starkes System.
Ali Hackalife
0:13:11–0:13:15
Der Podcast-Tisch, wie für uns gemacht. Ich meine, überleg mal,
0:13:16–0:13:22
du bist einfach nur Bürger, so wie in dem Buch von Klaus Korten, Krokodil im Nacken.
0:13:22–0:13:25
Und du wächst in diesem System auf und du hast keine Entscheidung.
0:13:26–0:13:30
Also du hast dir nicht ausgesucht, ob du im Kapitalismus oder im Sozialismus leben möchtest.
0:13:30–0:13:36
Und alle sagen jetzt, ja nun, den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
0:13:37–0:13:41
Ich kann schon nachvollziehen, wie Leute sagen, Hände falten,
0:13:41–0:13:43
Köpfchen senken, fünf Minuten Stalin denken.
0:13:43–0:13:45
Und einfach nicht kritisieren, was da passiert.
Florian Clauß
0:13:46–0:13:52
Ja, ich habe mich auch gefragt, wie das jetzt für mich persönlich wäre,
0:13:52–0:13:54
wie ich mich mit dem System arrangiert hätte.
0:13:55–0:13:58
Und im Nachhinein kann man ja immer moralisch gut verurteilen.
0:13:58–0:14:02
Dann kann man ja immer sagen, ja, hier die und ich und so.
0:14:02–0:14:05
Ich glaube so, wenn du drin hängst, ist das gar nicht so einfach.
0:14:06–0:14:12
Und ich glaube auch, wenn ich dann auch tatsächlich so diese Macht so gespürt
0:14:12–0:14:15
hätte, von dieser Macht der Unterdrückung,
0:14:15–0:14:21
dann kann ich nicht sagen, ob ich da nicht irgendwie zurückgewichen wäre. Ich werde mich.
Ali Hackalife
0:14:21–0:14:25
Mit der Mutter von einem Freund von mir unterhalten. Die ist in der DDR groß
0:14:25–0:14:28
geworden und hat da auch noch relativ lange gelebt.
0:14:28–0:14:33
Also die ist halt jetzt Mitte 50, die war Teenager, als die DDR zusammengefallen ist.
0:14:34–0:14:39
Und sie meinte, naja, aber ganz vieles davon, das waren ja Dinge, die überzeugt haben.
0:14:39–0:14:44
Also wir gehen alle mit der FDJ Altpapier und Altglas sammeln,
0:14:44–0:14:45
um das zu recyceln und so. Das ist ja gut.
0:14:46–0:14:50
Also da kannst du ja sehr wertneutral, die DDR hat das aus Mangel gemacht,
0:14:50–0:14:52
aber du kannst da nichts gegen haben.
0:14:53–0:14:57
Und so Sachen, dass man Dinge, wenn Kleidung verschlissen ist,
0:14:57–0:14:59
die aufgeschnitten hat und als Lappen benutzt hat und so weiter.
0:14:59–0:15:02
Während im Westen, das war so das Bild, mit dem sie groß geworden ist,
0:15:02–0:15:03
im Westen hat man alles verschwendet.
0:15:04–0:15:08
Ist jetzt auch nicht ganz wahr, aber trotzdem, natürlich, die DDR hat aus ihrem
0:15:08–0:15:09
Mangel eine Tugend gemacht.
0:15:09–0:15:14
Und ich kann durchaus verstehen, warum Leute das überzeugt. Also Recycling,
0:15:15–0:15:16
Doppelverwendung und so weiter.
0:15:17–0:15:21
Und da ist es halt so tragisch, dass dieser Staat so totalitär die Leute zwingen
0:15:21–0:15:23
musste und nicht überzeugen konnte.
Florian Clauß
0:15:23–0:15:26
Richtig, ja, das sehe ich auch so. Also weil ideologisch ist das ja nicht falsch.
0:15:26–0:15:31
Es ist ja gegen Faschismus, es ist aufbauend auf Vergesellschaftung.
0:15:32–0:15:35
Aber die Mittel, die da gewählt wurden, sind dann natürlich nicht in dem Bild,
0:15:36–0:15:38
in dem man das dann halt auch ideologisch gesehen hat.
0:15:38–0:15:43
Und ich glaube ganz viel, also es ist so, dass die DDR ja eigentlich nur aus
0:15:43–0:15:46
der Geschichte des Kalten Krieges so verständlich ist.
0:15:46–0:15:50
Das war ja im Prinzip das Bollwerk von der Sowjetunion, UdSSR damals,
0:15:50–0:15:53
um dann halt auch gegen den Westen was zu setzen.
0:15:53–0:15:58
Und die DDR konnte, glaube ich, auch nur so bestehen, weil sie halt diese Rückendeckung
0:15:58–0:16:02
aus der UdSSR hatte. Und wenn man sich dann Ulbricht anguckt,
0:16:02–0:16:06
das war ja keine charismatische Figur. Das war ja wirklich nur ein Handlanger.
0:16:07–0:16:10
Du hast mir ja ein paar Hausaufgaben aufgegeben.
Ali Hackalife
0:16:10–0:16:11
Ich habe dir zwei Bücher geschickt.
Florian Clauß
0:16:12–0:16:15
Genau, eines davon war Goodbye DDR.
Ali Hackalife
0:16:15–0:16:16
Frank Gito Knopp.
Florian Clauß
0:16:16–0:16:21
Genau, und da war das sehr ausführlich beschrieben, was für eine unbelichtete
0:16:21–0:16:23
Figur das Walter Ulbricht ist.
0:16:24–0:16:27
Dass der eigentlich auch ein Handlanger der UdSSR war.
0:16:27–0:16:31
Und dass er sich da sehr ergeben hat, er hatte ein ganz gutes Gespür,
0:16:31–0:16:36
sich da in den Machtdiskurs der UdSSR einzureihen und war deswegen von Stalin
0:16:36–0:16:41
so auserkoren, die DDR aufzubauen, weil er da eigentlich mit wenig Widerstand rechnen konnte von ihm.
Ali Hackalife
0:16:42–0:16:45
Das ist ja eh so interessant. Erich Honecker, der aus dem Saarland kommt,
0:16:47–0:16:51
zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs geflohen ist, über das Saarland nach Frankreich
0:16:51–0:16:54
rein und dort als Köhler gelebt hat und unterm Radar geblieben ist,
0:16:55–0:16:59
der dann halt einer von den Ersten war, die die Truppen aus Moskau kontaktieren
0:16:59–0:17:03
konnten, weil sie sich auf ihn verlassen konnten und die ganzen Leute,
0:17:03–0:17:06
Walter Ulbricht, der halt ein totaler Pedant war,
0:17:07–0:17:10
begeisterter Hobbysportler, aber ansonsten irgendwie wenig Spaß am Leben gehabt
0:17:10–0:17:14
und also das sind halt alles Charaktere, bei denen ich glaube,
0:17:15–0:17:16
die wollten halt wirklich etwas Gutes.
0:17:16–0:17:21
Also ich glaube, niemand von denen hat sich gedacht, wir bauen hier den totalitären
0:17:21–0:17:23
Polizeistaat und trotzdem haben sie es gemacht.
0:17:23–0:17:28
Und das ist etwas, was mich durchaus gruselt, weil ich mir jetzt auch unterstellen
0:17:28–0:17:32
würde, ich möchte etwas Gutes, aber was übersehe ich vielleicht bei dem, was ich vorhabe?
Florian Clauß
0:17:32–0:17:39
Ja, okay. Ich denke, die Figur, die das überhaupt so einrichten konnte,
0:17:39–0:17:45
ist sicher Erich Mielke mit seiner über 30 Jahre, war er dann hier Staatsminister,
0:17:45–0:17:48
der, ich weiß gar nicht genau die Bezeichnung.
Ali Hackalife
0:17:48–0:17:52
Die er hatte. Mielke war, genau, der, ich glaube, Offizier, das war ja ein Militärland
0:17:52–0:17:55
und er hat die Stasi angeführt.
0:17:55–0:17:59
Und ich glaube auch, dass, wenn du dir die Reden von Mielke anhörst,
0:17:59–0:18:04
da sind ja bei Gedo Knopp ein paar, die glauben halt wirklich, dass sie das Gute tun.
0:18:04–0:18:08
Die glauben halt, dass die Menschheit es durch den Kapitalismus zu sehr gefährdet
0:18:08–0:18:13
aneinander auszunutzen und Gott sei Dank kann der Sozialismus ihm da neue Wege zeigen.
0:18:14–0:18:18
Fast weh, dazu zu hören, weil ich mir so oft denke, ich verstehe das.
0:18:18–0:18:20
Ich verstehe, warum er das denkt.
Florian Clauß
0:18:20–0:18:24
Ja. Gleichzeitig ist aber die Frage, wie kann er das dann moralisch rechtfertigen,
0:18:24–0:18:27
dass er dann solche Methoden der Entmenschlichung angewandt hat.
Ali Hackalife
0:18:27–0:18:31
Ja, spätestens beim Schießbefehl, da kannst du ja nicht argumentieren.
0:18:31–0:18:34
Also egal wie gut dein System ist, du kannst Leute nicht erschießen, weil sie rausholen. Ja.
Florian Clauß
0:18:35–0:18:38
Und dann bist du wahrscheinlich wieder bei dieser Grammatik,
0:18:38–0:18:42
dass du den anderen so diffamierst und so als Nichtmensch darstellst,
0:18:42–0:18:44
dass dass du überhaupt so diese Schritte machen kannst.
0:18:45–0:18:49
Also das sind ja dann auch wieder Sachen, Methoden, die dann zur Nazizeit so
0:18:49–0:18:51
angewendet wurden, um die Dunen zu vernichten.
Ali Hackalife
0:18:51–0:18:56
Ja, die DDR hat auch ein eigenes EDV-System aufgebaut, um Leucht zu bewachen.
0:18:56–0:19:00
Und da hatte ich mit Joshua Bach drüber geredet, dass eine der Sachen,
0:19:00–0:19:05
vor denen ich Angst habe, ist, dass ein moderner Überwachungsstaat mit KI jeden
0:19:05–0:19:08
Chat von uns mitlesen kann und nicht nur die Schlagworte sieht,
0:19:08–0:19:10
sondern versteht, was wir gemeint haben.
Florian Clauß
0:19:10–0:19:15
Ja, das ist ein Szenario, also du musst ja nicht mehr, also wenn man jetzt Tools
0:19:15–0:19:19
der Stasi, hier gibt es ja auch nochmal ein Stasi-Museum,
0:19:19–0:19:24
wo das dann ausführlicher vorgestellt wird, was die dann im Laufe der Geschichte
0:19:24–0:19:28
von der DDR alles entwickelt haben, ja die Mikrofone, die Kameras und so weiter,
0:19:28–0:19:32
ja wenn man das in unser digitales Zeitalter überträgt, man muss ja nicht mehr
0:19:32–0:19:34
vor Ort sein und die Steckdose aufschrauben,
0:19:34–0:19:39
ja es reicht ja einfach, dass du ein Zero-Day-Exploit hast oder sowas.
0:19:39–0:19:43
Und dann hast du im Prinzip, also je mehr sich quasi der echte Desktop virtuell
0:19:43–0:19:47
wird oder das echte Leben virtuell wird, desto mehr hast du auch die Methoden
0:19:47–0:19:50
da eben so ein Gaslighting und sowas zu machen.
Ali Hackalife
0:19:51–0:19:52
Da stehen ein paar Leute.
Florian Clauß
0:19:52–0:19:54
Wir verpassen sonst unsere Führung.
0:19:58–0:20:03
Sie warten auch auf die Führung? 16 Uhr. Ich wollte Sie fragen,
0:20:03–0:20:07
weil wir nehmen heute einen Podcast auf und ich hatte gefragt im Besucherzentrum,
0:20:07–0:20:11
ob wir eine Aufnahme machen können von den O-Touren und die meinten generell, wäre das okay.
0:20:11–0:20:14
Wir sollten aber auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fragen und den Guide,
0:20:14–0:20:20
ob das für Sie okay wäre, wenn wir dann die einfach das Mikro laufen lassen. Ja, okay, super, gut.
Ali Hackalife
0:20:20–0:20:24
Nein, der war für die Führung. 16 Uhr, bitte mir folgen. 16 Uhr,
0:20:24–0:20:28
Führung. Sie geben die Führung? Ja. Wir sind verkabelt.
Hendrik Voigtländer
0:20:28–0:20:30
Ich bin informiert, ja, ja. Okay, und das ist okay für Sie? Ja, ja, ja.
Ali Hackalife
0:20:30–0:20:33
Ich bin Ali, das ist Flo, wenn du magst, was verkabelt haben.
0:20:34–0:20:35
Ja, freu ich mich sehr, freu ich mich sehr. Woher kommt ihr?
0:20:35–0:20:37
Was macht ihr? Wir machen einen Podcast.
0:20:37–0:20:41
Ich rede zu 40.000 Leuten im Monat über Dinge, die mich interessieren.
0:20:41–0:20:43
Und ich war vor einigen Jahren hier schon mal bei einer Führung.
0:20:44–0:20:48
Und wir hatten eine längere Unterhaltung über die DDR. Und deswegen dachten
0:20:48–0:20:49
wir, gehen wir hier mal die Führung mitlaufen.
Hendrik Voigtländer
0:20:49–0:20:52
Ja, es wird interessant. Also es gibt 2500 Fuchtgeschichten,
0:20:52–0:20:53
ich bin in Deutschland Nummer 4.
Florian Clauß
0:20:54–0:20:55
Okay.
Hendrik Voigtländer
0:20:55–0:20:58
Ich bin der einzige Podcast-Satz und das ist in 19. Woche vorbei.
0:20:58–0:21:01
Heute ist es okay mit euch, mit dem Fokabeln? Alles gut, kein Problem.
0:21:01–0:21:04
Darf ich wissen, woher ihr kommt? Jürgen Berlin. Berliner?
0:21:04–0:21:09
Auch. Berliner? Ruhrpott. Ruhrpott? Genauer? Bochum. Bochum? Leider abgestiegen.
0:21:10–0:21:14
Ja, wir mögen Burfer. Ich bin oft Berliner. Wir kommen nach Berlin, wir sind blau-weiß.
Ali Hackalife
0:21:14–0:21:15
Echte Liebe kennt keine Liga.
Hendrik Voigtländer
0:21:16–0:21:20
Ja, die Fans haben richtig Stimmung gemacht. Ja, aber Vollvollbuchung gehört
0:21:20–0:21:22
natürlich in die Bundesliga, ja, das ist natürlich so.
0:21:22–0:21:25
Ich werde auch ein paar Fragen stellen, ja, wenn das okay ist. Also.
0:21:26–0:21:28
Und er ist auch sozial im Kart, oder?
Ali Hackalife
0:21:29–0:21:32
Wir haben auf dem Weg hierher lang darüber gesprochen, wie wir so zum Sozialismus stehen.
0:21:32–0:21:35
Und wir sind schon dafür, Ressourcen zu teilen, aber wir haben,
0:21:35–0:21:37
glaube ich, eine unterschiedliche Vorstellung, wie man das machen sollte.
Hendrik Voigtländer
0:21:38–0:21:39
Und das ist welche Richtung?
Florian Clauß
0:21:39–0:21:40
Im Sozialismus.
Hendrik Voigtländer
0:21:41–0:21:45
Nein, nein, nein. Allgemein, deine Weltanschauung, ist der Linkspartei nahe,
0:21:45–0:21:46
oder was, wenn ich das fragen darf?
Florian Clauß
0:21:46–0:21:51
Naja, ich würde es jetzt nicht in ein Parteisystem eingliedern,
0:21:51–0:21:53
sondern es ist eher die grundsätzliche Ideologie,
0:21:53–0:21:59
dass dann halt der Sozialismus auf Vergesellschaftung und nicht Kapitalakkumulierung
0:21:59–0:22:03
und dass vor allen Dingen der Mensch da im Mittelpunkt steht und nicht was anderes.
0:22:03–0:22:06
So jetzt mal so vom Herzen gesprochen.
Hendrik Voigtländer
0:22:06–0:22:08
Ja, aber die Linkspartei ist natürlich für uns schon, also ich spreche jetzt
0:22:08–0:22:13
nicht von mir nur alleine, sondern für viele Leute, Gregor Gysi, ja, das sind Leute...
Ali Hackalife
0:22:13–0:22:14
E.M. Sekretär, ja.
Hendrik Voigtländer
0:22:15–0:22:16
Oh, weiß Bescheid, was ich meine.
Ali Hackalife
0:22:17–0:22:18
Jetzt der Alterspräsident des Deutschen Bundestags.
Hendrik Voigtländer
0:22:18–0:22:21
Ich weiß, ich weiß, ich kenne mich auch, ich bin durch, ich bin mit Bundestag
0:22:21–0:22:22
groß geworden, ich habe im Westen an sie geguckt.
0:22:23–0:22:25
Wir stehen an dieser Stelle hier, Deutschland hat die Zweiten Weltkrieg begonnen,
0:22:25–0:22:27
war nach der Zweiten verloren im Weltkrieg in vier Sektoren eingeteilt.
0:22:28–0:22:30
Ostdeutschland, wo wir uns befinden, wird von einem Sowjets-Gesetz.
0:22:30–0:22:32
Das war vorher eine Großgeschichte, die gucken uns gleich von unten an,
0:22:32–0:22:37
ja, wir gingen gleich runter. Aber zuerst werden 1945 diese beiden Häuser ausgebaut
0:22:37–0:22:38
zum Speziallager 3 von den Sowjets.
0:22:39–0:22:46
Hier und da, also hier und da, sitzen insgesamt 16.000 deutsche Nazis.
0:22:46–0:22:48
Nicht auf einmal, 4.000 maximal in dem Haus.
0:22:48–0:22:52
Nach einem Jahr und 849 Toten wird der Speziallager 3 geschlossen.
0:22:52–0:22:56
Die deutschen Nazis, die meisten zumindest, müssen nach Oranienburg, Sachsenhausen.
0:22:57–0:23:03
Oranienburg, Sachsenhausen, ungefähr 35 Kilometer von hier, war bis 1945 Konzentrationslager,
0:23:03–0:23:06
bis 1951 nutzt Lisa Witz das als Straflager.
0:23:06–0:23:11
Um genau zu sein, am 8. Februar 1950 wird die Stasi gegründet.
0:23:11–0:23:14
Die Staatssicherheit der DDR ist dafür da, um die Macht zu halten.
0:23:14–0:23:17
Es gibt in der DDR nur eine Partei, die das sagen hat.
0:23:17–0:23:20
Das ist die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, kurz SED.
0:23:20–0:23:23
Eine Zwangsversicherung zwischen SPD und KPD aus dem Jahr 1946.
0:23:24–0:23:28
Es gibt damals in Westberlin eine Probeabstimmung unter den Sozialdemokraten.
0:23:28–0:23:31
81 Prozent der Sozialdemokraten in West-Berlin sind dagegen,
0:23:31–0:23:34
in Ost-Berlin gibt es keine Abstimmung, in Ost-Berlin gibt es keine Demokratie.
0:23:35–0:23:39
Die Staatssicherheit betreibt das U-Boot als Schild in Schwert der Partei von 51 bis 60.
0:23:40–0:23:43
1960 macht es Ugo zu, sie bauen Neubau, ich guck mal, sollen wir nicht hinten raus?
0:23:44–0:23:48
Wo ist diese Tür? Der Chef der Stasi, ein gewisser Erich Mielke,
0:23:48–0:23:52
Erich Mielke, der für dieses Terra Incognita, das sich auf weiße Umrande zählt,
0:23:52–0:23:54
ist weder im West-Berlin noch eine DDR-Fanierlandkater zu sehen.
0:23:54–0:23:58
Der, der es hier gebaut hat, hat sich nach seiner Haft in Haftzelle 8,
0:23:58–0:24:01
der liegt hier oben im Haftkrankenhaus, in Haftzelle 8 über die Schaftbedingungen
0:24:01–0:24:05
geschwärt, wurde, wie sich das gehört, in ein West-Berlin-Gefängnis verlegt.
0:24:05–0:24:07
Die Leute, die drumherum unten haben in Sicherheit wenig Verwandte,
0:24:07–0:24:10
in Hamburg, München, Stuttgart, auf dem Misten, Amsterdam.
0:24:11–0:24:13
Bis 1974 stelle ich Stasi im Lager
0:24:13–0:24:16
X. Das ist eine Arbeitslage von der Stasi-Betriebe in dem Haus da hinten.
0:24:16–0:24:19
Wasserkocher her. Hat jemand eine Idee von euch, wozu die Stasi,
0:24:19–0:24:23
die Höllner sagen dazu, Watercorker, ich finde den Namen so schön,
0:24:23–0:24:27
wozu hat die Stasi Wasserkocher hergestellt? Er schneidet mit, siehst du das?
Ali Hackalife
0:24:27–0:24:28
Billige Arbeitskräfte?
Hendrik Voigtländer
0:24:28–0:24:31
Nee, nee, guck mal hier, ihr wisst doch das. Was kann man mit Wasserdampf machen?
Florian Clauß
0:24:31–0:24:32
Briefe öffnen.
Hendrik Voigtländer
0:24:32–0:24:35
Mit Wasserdampf, schönen Dank, dass Sie bei mir sind. Wir machen Briefe auf.
0:24:35–0:24:38
Meine Oma und mein Opa kommen von zufüßen in West-Berlin.
0:24:38–0:24:42
Meine Oma schickt uns in die DDR, damit wir leben konnten, die 50 D-Mark-Scheine.
0:24:42–0:24:44
Mit diesem Wasser, dann machte man den Brief auf, holte das Geld raus,
0:24:45–0:24:46
steckte sich das Geld in eine eigene Tasche.
0:24:46–0:24:50
Ab 1974 werden die Briefe dann nur noch durchleuchtet. Nimm den grünen Grauenhaus,
0:24:50–0:24:51
das ist ein grauer Flachbau.
0:24:51–0:24:55
Meine Oma machte dann Silberpapier oder Blaupapier um die 50 D-Mark Scheine
0:24:55–0:24:57
drumherum. Aber auch da fehlte manchmal Geld.
0:24:57–0:25:01
Sie haben anhand der Adresse gesehen, die Stasi, aha, die bekommen ja Westgeld.
0:25:02–0:25:06
Damals, wir haben von Westdeutschland in die DDR am Tag 90.000 Briefe geschickt.
0:25:06–0:25:10
Ich würde damit sagen, viele Familien, auch meine Familie, hätte es nicht geschafft,
0:25:10–0:25:13
auch wenn das Geld aus Westdeutschen nicht geflossen wäre, solidarisch waren
0:25:13–0:25:15
die Westdeutschen immer, die Leute haben mich freigekauft.
0:25:15–0:25:20
Was daran nicht so schön ist, von 83 bis 88 offizielle Zahlen zieht die Stasi
0:25:20–0:25:23
aus den Briefen 33 Millionen D-Mark.
0:25:23–0:25:25
Ich stehe meistens in einer Legende hier mittendrin.
0:25:26–0:25:28
Da sagt ein Lehrer letztes Jahr, vor anderthalb Jahren, keine Ahnung,
0:25:28–0:25:30
bin schon eine ganze Weile hier, sagt ein Lehrer zu mir aus Wuppertal,
0:25:31–0:25:34
sagt er, wir haben auch immer Geld in die DDR geschickt, so von oben herab.
0:25:34–0:25:38
Sagt er, egal, egal, egal, es kam nur jeder zweite Brief an.
0:25:38–0:25:40
Ich bin nach der Führung zu mir hingegangen, unter vier Augen,
0:25:40–0:25:43
ohne Schulkasse habe ich ihn gefragt, waren Sie wirklich so dumm?
0:25:44–0:25:46
Also nicht gegen die Westdeutschen und sagen, nochmal, die Leute haben mich
0:25:46–0:25:49
freigekauft. Aber man fragt doch mal nach, ob das Geld angekommen ist.
0:25:49–0:25:53
33 Millionen ist die offizielle Zahl. Meine Zahl ist 60 bis 70 Millionen.
0:25:53–0:25:56
Die schicken Geld in der DDR. Die Westdeutschen, ob das Geld angekommen ist.
0:25:56–0:25:59
Ich habe ja mal einen Gewissen beruhigt. Steht auch noch auf einem anderen Blattpapier.
Ali Hackalife
0:25:59–0:26:00
60 Millionen Mark West.
Hendrik Voigtländer
0:26:01–0:26:05
West-Demach. Natürlich, dafür gehen die Stasi-Leute. Ich weiß von Leuten von
0:26:05–0:26:07
der Stasi, die mit dem Geld einkaufen gehen. Ich weiß davon.
0:26:07–0:26:09
Das ist reines Systemgeld.
Ali Hackalife
0:26:10–0:26:12
Du hast vorhin U-Boot gesagt. Warum heißt das so?
Hendrik Voigtländer
0:26:12–0:26:15
Kommen wir noch zu. Ich erzähle alles, versprochen. Ich erzähle dir immer alles.
Ali Hackalife
0:26:16–0:26:16
Ich bin gespannt.
Hendrik Voigtländer
0:26:16–0:26:22
Mit dem Geld konnten auch, ich weiß nicht, ab wann, DDR-Bürger einkaufen. Natürlich schon lange.
0:26:23–0:26:27
Ich auch. Ich bin ja jemand, der damit einkaufen geht. Na klar. Wisst ihr das ja, wa?
Ali Hackalife
0:26:27–0:26:29
Ja, im Intershop dann offiziell.
Hendrik Voigtländer
0:26:29–0:26:32
In jeder kleinen Stadt gibt es da, wo ich herkommentare, Viedlenburg,
0:26:32–0:26:35
Halberstadt, Magdeburg. In jeder kleinen Stadt gab es einen Intershop.
0:26:35–0:26:39
Und mit dem Geld, mit Oma 50 DM geschickt, oder meistens in der Hand mir gedrückt,
0:26:39–0:26:42
könntest du gute Levi's kaufen. Die hat 55 DM damals gekostet.
Ali Hackalife
0:26:42–0:26:42
Und die blauen Fliesen.
Hendrik Voigtländer
0:26:43–0:26:44
Blaue Fliesen haben wir nicht gekauft.
Ali Hackalife
0:26:45–0:26:48
Es gab ja die Anzeigen mit Suche Handwerker für blaue Fliesen.
Hendrik Voigtländer
0:26:48–0:26:53
Ja, so meinst du das. Natürlich, auch Autos. Ich habe dann irgendwie Autos, wir kommen von Thema ab.
0:26:53–0:26:57
Ich habe Autos gehandelt, da standen irgendwann mal drin, 8000 DDR und 1000
0:26:57–0:27:00
DN. Ich habe das gar nicht gescheckt. Da wollte ich mich für den Trabant.
0:27:00–0:27:03
8000 DDR-Mark und 1000 Westmark. Als ich das begriffen hatte,
0:27:03–0:27:04
hatte ich ein anderes Auto gehabt.
0:27:05–0:27:07
Ich bin nach Blanken auch mal gefahren. Ich sage, geben Sie mir das.
0:27:07–0:27:09
1000 Westmark, weiß nicht, wie viel Geld das war. Für einen scheiß Trabi.
0:27:11–0:27:15
Schreibt der mir. Ich habe das gar nicht geschickt. Das ist damals der OTS-Operativ-Technische
0:27:15–0:27:17
Sektor auf diesem grünen Grauenhaus.
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Arbeiten 1889, 1085 Personen. Da werden unter anderem kleine Kameras in Gießkannen hergestellt.
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Wenn Beerdigungen sind, da läuft die Stasi mit Gießkannen in den Plüten.
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Sie filmen damit die Dissidenten, die bei dem Beerdigung dabei sind,
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die Nachschlüsse für die Wohnung hergestellt, die Abhörerlagen hergestellt.
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Der Kleber, damit die Prüfwürde schneller zugehen, die vorher illegal öffnen, der wird hier erfunden.
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Und die RAF, brauche ich euch nicht näher bringen. RAF, Rot-Armei-Fraktion,
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zehn von denen eben unter uns.
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Und die zweite Generation bekommt hier ein Passport ausgestellt in diesem Haus.
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Bei dem gibt es einen Kupferraum, 17 x 30 Quadratmeter, keine Fenster drin.
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Der Kupferraum ist abhörsicher, genau hinter dem Gebäude.
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In diesem weißen Block werden damals von der Stasi chemische Kampfstoffe ausprobiert.
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Also hier wird Plastik drin hergestellt.
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Und dann kommen wir zum Heikehaus. Richard Heike hat das 1910 hier erschlossen.
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Seht ihr Büchsen hergestellt, sind Fleischkonserven. Heike wurde am 23.
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April 1945 mit zwei anderen Personen vor seinem Haus von den Sowjets standdurch
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erschossen. Ich bin kein Anhänger Stasi.
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Logistisch ist es gut gemacht. Auf diesen Areal arbeiten damals 2.500 Leute.
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Ein Jahr nach dem Pfarrer der Maus geschlossen.
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Streng, streng geheim. Ist gut gemacht. Die Autos, die damals in den Garagen
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stehen, werden in diesem Bereich hier hinten gebaut. Gibt es eine Frage zu dem Areal?
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Habt ihr das so weit verstanden? Wann werden wir hier im Lagerbereich hin?
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Das ist eine Untersuchungshaftanstalt. Und hier in dem Lagebereich ist nicht
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bekannt, dass hier Leute erschossen wurden. Außer jetzt der Heike.
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Und dann zur Gewaltigung ist aber nicht, sollen wir fünf im Hof erschossen worden sein.
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Aber das ist so kurz nach dem Krieg, 46, 47, soll das gewesen sein.
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Aber das ist nicht so hundertprozentig belegt. Also ich bin jetzt zehn Jahre hier.
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Ich denke, ich weiß immer alles. Jetzt hatte ich ja vor einem vierten Jahr Leute
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von der Evangelischen Kirche. Die sind hier, sind hier um die Ecke.
0:28:58–0:29:00
In diese Himmelsrichtung, sind ich zur Schule gegangen.
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Und jetzt stehe ich hier mit meinen zehn Jahren Erfahrung und denke, ich weiß immer alles.
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Und dann sage ich zu der Gruppe, hier leben die alleinstehenden Männer und Frauen
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von der Staatssicherheit. Unter anderem.
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Single Männer und Single Frauen. Jetzt kommt dieses Pärchen,
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stand bei mir hier, wo du gerade stehst, sagt zu mir, hier war immer viel Betrieb.
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Ich sage, das ist ausgeschlossen.
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Jetzt habe ich mich erkundigt. Natürlich war hier viel Betrieb.
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Hier leben zum Beispiel, hier werden die Gigolos und die Evas ausgebildet.
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Ja, die Alleinstehenden, Gigolo kennst du ja, Gigolo ist ein Mann,
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der in Westdeutschland diese Kriterien anspricht, in hohen Ämtern und die sagen
0:29:36–0:29:38
dann, ich bin in dich verliebt, gib noch ein paar Informationen her.
0:29:38–0:29:41
Ich wüsste nicht, dass man dafür eine Ausbildung braucht, aber es scheint so zu sein.
Florian Clauß
0:29:41–0:29:45
Und das ist dann reger Betrieb, ja. Das ist reger Betrieb, ja. Dann wurde es laut.
Hendrik Voigtländer
0:29:47–0:29:49
Eisschnelllaufer, Eisschnelllauferinnen wohnen auch hier drin.
0:29:49–0:29:52
Ah ja, okay. Nee, Frau Witt, glaube ich nicht. Die war ja keine Eisschnelllauferin.
Florian Clauß
0:29:53–0:29:58
Und nochmal eine Frage, gab es denn überhaupt Hinrichtungen offiziell in der DDR?
Hendrik Voigtländer
0:29:58–0:30:02
Ja. Das gab? Ja. Und da gibt es auch nachher, da mache ich darauf aufmerksam,
0:30:02–0:30:04
der Letzte, der hier hingerichtet wird, der sitzt auch hier,
0:30:04–0:30:07
Herr Teske, Hauptmann Teske, keine Ahnung.
0:30:07–0:30:11
Und der wird von hier aus nach Leipzig transportiert. Der Film dazu ist Nachschuss
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mit Lars Eidinger. Das sage ich nachher nochmal.
Florian Clauß
0:30:13–0:30:16
Okay, weil die Stasi hat doch immer gesagt, wir bringen keinen um.
Hendrik Voigtländer
0:30:16–0:30:20
Ne, ne, die machen, ne, doch, doch, hin, also so offiziell nicht,
0:30:20–0:30:23
hier wird keiner von der Stasi im Hof erschossen, so nicht, sie machen das raffinierter.
Ali Hackalife
0:30:23–0:30:26
Genau, wir hatten uns auf dem Weg hier unterhalten über den unvermittelten Genickschuss.
Hendrik Voigtländer
0:30:26–0:30:29
Genau, in Leipzig, genau, der ist aber nicht hier. Habt ihr das soweit erstmal
0:30:29–0:30:33
verstanden? Okay, gibt es hier noch eine Frage dazu? Wir kommen gleich zum U-Boot.
Florian Clauß
0:30:33–0:30:37
Nochmal ganz kurz zu deiner Person. Wie ist die Verbindung hier zu U-Boot schon draußen?
Hendrik Voigtländer
0:30:37–0:30:37
Ich habe hier gesessen.
Florian Clauß
0:30:38–0:30:39
Du hast hier gesessen? Okay.
Hendrik Voigtländer
0:30:39–0:30:41
Ja, ich bin einer von den Zeitzeugen. Kommt, wir gehen mal ein bisschen durchs
0:30:41–0:30:46
Haus. Pausende Führungen, Pausende, nicht hunderttausende, habe ich gerade gesagt.
Ali Hackalife
0:30:47–0:30:48
Wie satt ist man dann den Ort?
Hendrik Voigtländer
0:30:49–0:30:52
Gute Frage. Naja, ich komme eigentlich immer und macht das nach wie vor Spaß.
0:30:53–0:30:55
Das Drumherum war ein bisschen schwierig, als ich angefangen habe,
0:30:55–0:31:00
aber die Führungen haben mir immer Spaß gemacht. So, war jemand von euch schon mal hier?
Ali Hackalife
0:31:01–0:31:02
Vor zehn Jahren. Okay.
Hendrik Voigtländer
0:31:02–0:31:04
Wir gehen jetzt noch ins U-Boot. Vielen Dank. Und dort reden Sie langsam.
0:31:05–0:31:07
Es gibt ja Fehler in der Kante, dass ich keine verletze. Ja, be careful. Auf geht's.
Ali Hackalife
0:31:13–0:31:17
Wegen Brandgefahr ist die Ablagerung von Eidpapier verboten.
Florian Clauß
0:31:20–0:31:22
Ja, neues Papier gab es ja nicht.
Hendrik Voigtländer
0:31:23–0:31:26
So, ich möchte euch bitten, die Telefone bitte auf lautlos zu stellen.
0:31:26–0:31:28
Fotografieren ist gestattet.
0:31:28–0:31:33
Also, willkommen im U-Boot. U-Boot, wie wir es genannt, von den Insassen, weil es unten war.
0:31:34–0:31:36
Man hört doch mal ein leichtes Motorengeräusch im Hintergrund.
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Deswegen nannte ich das U-Boot 1946, 1947 einbrichtend von der Super-Türchen-Geheim-Pilizei.
0:31:44–0:31:48
Im Sommer sehr heiß und im Winter sehr kalt.
0:31:48–0:31:51
Der Zweite Weltkrieg war der größte Krieg der Welt. Der Deutsche-Teilte-Krieg
0:31:51–0:31:55
begonnen, der Deutsche-Teilte-Krieg verloren. Wie viele Tote gab es insgesamt? Weiß das jemand?
0:31:56–0:32:00
Aber... Wie viele Tote insgesamt im Zweite Weltkrieg? 40 Millionen weltweit.
0:32:00–0:32:05
Ja, ich habe eine Studie, wir lernen 50 Millionen. Heute saßen wir zwischen 60 und 70 Millionen.
0:32:06–0:32:10
Ja, schütteln wir das in die Zahl auf. 5,2 Millionen Tote Soldaten,
0:32:10–0:32:14
die Deutschen zu beklagen. Die Amerikaner, die hatten etwa 400.000 Tote.
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Aber überhaupt, das hatten die Sowjets.
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37 Millionen. 27 Millionen steht bei Wikipedia. 51 übernimmt die Stasi. Das lag von NKWD.
0:32:23–0:32:27
Die deutschen Frauen, die getrennt liegen von Männern, werden nicht mehr vergewaltigt.
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Wir wollen weiter erzählen, das gehört auch dazu. Seit 51 gibt es keine Vergewaltigung mehr.
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Auf dem Flur, jubber Mann, sind damals rote Teppiche. Wozu rot?
Ali Hackalife
0:32:35–0:32:37
Damit man das Blut nicht sieht. Damit man das Blut nicht sieht.
Hendrik Voigtländer
0:32:37–0:32:40
Gut, dass du bange bist. Und dann muss man das Blut an der Werte nicht hören.
0:32:40–0:32:43
Die Vorhörer sind nicht hier unten, die Vorhörer sind hier oben.
0:32:43–0:32:46
Und wenn du nach dem Vorhör das weißen Papier nicht unterscheidest,
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1947, was macht der Sekundärische Offizie?
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Man nimmt in die Zähne ein, wir haben halt von den drei Zeitzönen,
0:32:53–0:32:56
der ab und zu mal noch hier auftaucht, der ist mittlerweile über 90 Jahre alt.
0:32:56–0:33:00
Der hat nach dem Verhörden 1947 gesagt, ich schaff da kein weißes Blatt Papier
0:33:00–0:33:03
und schnitt mit der Faust vier Zähne ein, die anderen zehn hat sich mit dem
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Finger aus dazu. Es wird von den Sowjets um ins Gesicht geschlagen.
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Sie haben damit fast 30 Millionen Tote die Hauptlast des Zweiten Weltgibes getragen
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und wir hatten den Krieg begonnen und wir hatten den Krieg verloren.
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Das gehört auch zur historischen Wahrheit. Überall in Ostdeutschland in der
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Schule in der Gefängnis hängt ja ein Gewinner des 2.
0:33:20–0:33:24
Der Strix, Josef Varsaryani Vetschuga-Studie, kurz Stardin.
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Ihre Karimann ist eine 15-jährige Schülerin aus Thüringen.
0:33:28–0:33:32
Sie meint 1946, sie ist ein wachflöser Stardin mit Lipschiff-Nach.
0:33:33–0:33:35
Wie ist die Bestrafung? Keine Ahnung.
0:33:35–0:33:40
Was hat sie dafür bekommen? Sie ist 15 Jahre alt. Meint die Wachflösstardin? F-Bopp.
Florian Clauß
0:33:40–0:33:43
Ich glaube, sie war zehn Jahre oder so in Haft.
Hendrik Voigtländer
0:33:43–0:33:46
Zehn Jahre Gefängnissetzung. Sie hat dafür, weil sie den Bart von Stadien nach
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dem Wahltatsschule lernt, hat sie zehn Jahre Entrennung bekommen.
0:33:50–0:33:52
Das bestverkaufte Buch bei uns im Buchladen ist die Schleife an Stadien ins
0:33:52–0:33:56
Bart von Helika Riemann. Helika Riemann, Bodo nach dem Tod von Jesus Stadien.
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Stadien stoppt ab 5. März 1953.
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Nach dem Tod von Stadien entspannt sich der zurück ein wenig.
0:34:01–0:34:05
Es gibt Nollettelpapier, es gibt Zahnbürsten und es gibt Frei- oder Hochskar.
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Wir dürfen bei der Stasi nicht auch umgucken. Ich hatte in vier Monaten Stasi
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nicht ein einziges Mal umgeguckt. Die Leute, die gerade 50, das erste Mal in
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die Frischluft geht, die Frischlufters hier draußen, berichten davon,
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dass sie etwa so eine Viertelstunde im Kreis gegangen sind.
0:34:21–0:34:24
Und ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich habe vier Wochen in Bulgarien in
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so einer Zelle gelegen, ohne Tageslicht.
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Nach vier Wochen Bulgarien und mit einer kleinen Abwirkung auf die Tür,
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ich spreche jetzt von mir, kannst du nicht rausgehen und sagen,
0:34:31–0:34:33
jetzt umarme ich mal die Welt.
0:34:33–0:34:34
Das schafft der Körper einfach nicht.
0:34:34–0:34:37
Und ich habe gedacht, das bin eine Unterverfassung. Ich war es nicht.
0:34:38–0:34:41
Ich war es nicht. Soweit verständlich. Gibt es eine Frage, jetzt musst du irgendwas
0:34:41–0:34:43
umklagen? U-Boot beantwortet.
Ali Hackalife
0:34:43–0:34:44
U-Boot beantwortet.
Hendrik Voigtländer
0:34:45–0:34:47
Komm, gehen wir weiter. Kommen Sie, kommen Sie, kommen Sie. Wenn du jetzt jeden
0:34:47–0:34:50
Tag so drei, vier, fünf Führungen hast, jetzt mache ich hier keine fünf Führungen
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mehr am Tag, aber wenn du dich anfängst, da schnell zu sprechen,
0:34:53–0:34:55
du schaffst Führungen. Ich habe ja gerade so das mit euch geschafft.
0:34:56–0:34:58
Ich bin in Klaas-Klaas-Klaas. Ich hatte wirklich Interesse. Ja,
0:34:58–0:35:00
wirklich großes Interesse. Im Gegensatz zu uns.
Florian Clauß
0:35:01–0:35:02
Nee, nee, nee.
Hendrik Voigtländer
0:35:02–0:35:05
Auch Interesse. Ja, man ist nicht blöd, wenn du jetzt sagst,
0:35:05–0:35:07
ich habe jetzt keine Zeit für euch, ich quatsche mal ein bisschen schneller.
0:35:07–0:35:08
Ich finde es interessant.
0:35:08–0:35:11
Ja, danke, danke, danke. Deswegen ist es ja gut, dass hier Leute herkommen und
0:35:11–0:35:14
ohne Werbung. Wir sind ein einziges Museum von Berlin, das keine Werbung macht. Es holen schön aus.
0:35:21–0:35:22
Das ist ja Sozialismusbohrer.
Florian Clauß
0:35:22–0:35:23
Das wollen wir nicht.
Hendrik Voigtländer
0:35:23–0:35:27
Ich sowieso nicht. Ich wollte das System nicht. Ich wollte das System Sozialismus
0:35:27–0:35:29
nicht. Es hat sich auch in meiner Weltanschauung nichts geändert.
0:35:30–0:35:31
Nichts geändert, wirklich nichts geändert.
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Meine Weltanschauung ist genau die gleiche, wie vor 30 oder 40 Jahren.
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Ich wurde so erzogen, auch dass man ihm seine Meinung sagt, dass jeder seine
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Meinung hat, verstehst du auch, wenn jemand eine andere Meinung hat,
0:35:40–0:35:44
dass man diesen Personen akzeptiert, aber nicht machst du den Leuten wegen nichts
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und wieder nichts in so eine Zelle rein. Was habe ich denn gemacht?
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Ich wollte nur ein anderes Land, ja nicht. Ich wollte nur von einer anderen Strafenseite.
Ali Hackalife
0:35:49–0:35:52
So erzogen? Bist du so selbstkritisch groß geworden?
Hendrik Voigtländer
0:35:52–0:35:55
Nein, mein Oma hat einen Großeltern gehabt von Kugelstendamm und die haben natürlich,
0:35:55–0:35:57
wenn ich das schon mal an der Tür habe, als Kind gesagt haben,
0:35:57–0:36:01
meine Mutter kommt aus der DDR, die ist in der DDR groß geworden, 40 geboren.
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Wenn meine Mutter mir nicht was gesagt hat, hör euch ja an, scheiße,
0:36:04–0:36:07
dann sagte meine Mutter, ruhe jetzt. Meine Oma hat gesagt, meine Mutter hat
0:36:07–0:36:08
einen Kugelstendamm, lass dich doch ausreden, das ist seine Meinung.
0:36:09–0:36:13
So, das wurde so und ich war Lieblingsenkel, ja, von Oma, als wäre ich auch
0:36:13–0:36:14
gerade dafür rübergefallen.
0:36:15–0:36:17
Ich stehe auf jeden Fall an der Ecke und sage zu der großen Gruppe,
0:36:17–0:36:19
wir schauen uns gleich zur linken Seite die Einzelzellen an.
0:36:19–0:36:20
Da steht der Mann zum Mann natürlich
0:36:20–0:36:24
und sagt zu mir, ich habe in so einer Einzelzelle sieben Monate gelegt.
0:36:24–0:36:28
Ja, sieben Monate, ich muss das von Luft holen. Ja, ich bin so konzentriert auf diese große Gruppe.
0:36:28–0:36:31
Nach einer Schaltpause habe ich ihn gefragt, haben Sie Schach gespielt?
0:36:31–0:36:33
Vielleicht kennt jemand von euch die Schachnovelle von Stefan Zweig.
0:36:34–0:36:37
Große deutsche Literatur von Österreichern geschrieben, ist gut geschehen.
0:36:37–0:36:42
Ich habe den Mann gefragt, haben Sie Schach gespielt, wie ich bei der Stasi?
0:36:42–0:36:45
Da sagt der mann zu mir ich kann gar keinen schach spielen ich
0:36:45–0:36:49
habe sieben monate mit den karten gespielt ich habe keine karten damit
0:36:49–0:36:52
er nicht wirkt wird spät und 50 karten die hände zählen haben keine heizung
0:36:52–0:36:55
und dir das holzbett was ihr am ende sehen werdet haben wir jetzt ausgemessen
0:36:55–0:37:00
ist 162,5 die temperaturen wird das 8 bis 11 grad linke seite ins einzelnen
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komplett sieht auch mal die umriss von wird ja ein bett stand auf der seite
0:37:04–0:37:06
das andere bett stand auf der seite,
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die beiden einer ab 1960 war ein einer an da festgeräumt der andere war dann
0:37:10–0:37:13
eine ecke festgeräumt hier ist sicher die Lüftung und das Licht geht nur,
0:37:13–0:37:17
wenn ich es auch nicht gesagt haben sollte, nur von außen an und aus zu machen. Das ist schwierig.
0:37:18–0:37:20
Ich kenne auch Personen, die hier saßen auf dieser Seite.
0:37:22–0:37:26
Gibt es eine Frage zu der Zelle? Lass uns mal weiter beginnen.
Florian Clauß
0:37:27–0:37:29
Aber wenn die hier gesessen haben, konnten die auch mal rausgehen?
Hendrik Voigtländer
0:37:29–0:37:33
Nein, ab 53, nach dem Tod von Stalin, habe ich ja gesagt, gibt es Freigang,
0:37:33–0:37:35
aber davor nicht. Vorher nicht? Nein, nein.
0:37:36–0:37:38
Das ist schwierig in so einer Zelle, sieben Monate.
Florian Clauß
0:37:38–0:37:39
Ja, dann gehst du ja kaputt.
Ali Hackalife
0:37:40–0:37:46
Bei Klaus Cordon schreibt vom Tigerkäfig, wenn man Hofgang hatte und unter Gitter laufen durfte.
Hendrik Voigtländer
0:37:46–0:37:50
Ja, ich kenne das alles. Ich liess es ja an. Das Bett ist original,
0:37:50–0:37:53
vielleicht ja nicht. Guck mal kurz rein. Das Bett ist original, die Kulette ja nicht.
0:37:53–0:37:56
Naja, bei den Lobbets gibt es keine Matratze, bei der Stasi gibt es eine Matratze.
0:37:56–0:37:58
Und wenn wir dich nicht bemühen, gibt es eine Matratze in den Zug.
0:37:59–0:38:02
So, an der Stelle frage ich immer, wie viele Länder, wie viele Staaten gibt
0:38:02–0:38:04
es auf der Welt? How many countries? Was sind Mark Foster?
Ali Hackalife
0:38:05–0:38:05
193.
Hendrik Voigtländer
0:38:05–0:38:10
194 sind Mark Foster. 192, 93 sind die UNO. Sehr gut. In wie vielen Ländern
0:38:10–0:38:11
wird noch Gott fördert heute?
0:38:12–0:38:14
Sagen Sie mal, du bist nicht die Frage, ich muss ja alle mitreißen.
0:38:14–0:38:16
Sagen Sie mal eine Zeit zu stellen. 30. 30?
0:38:19–0:38:24
Es sind laut Amnesty International Jahr 2019 146 Länder, die Zahlen sind eher
0:38:24–0:38:25
nach oben gegangen, 2019.
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Also ich hätte es nicht gedacht. Man hat mir die Frage hier vor zehn Jahren,
0:38:28–0:38:31
hat man hier die Frage, ist es gedacht, so viel? Gedacht, ja? Echt?
0:38:32–0:38:34
Ich auch nicht. Man hat mir die Frage gestellt, ich sage, ich schätze so 70,
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80 Länder, auf 160, 150 Länder wäre ich nicht gekommen.
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Wir kommen zu den vorderen Methoden der Sowjets. Hier 67, 68 waren die beiden
0:38:42–0:38:44
Stehzellen, in der Tür hat keiner drum gestanden.
0:38:44–0:38:47
Man geht von hier aus frei, man geht von hier aus frei, die Stehzellen gibt
0:38:47–0:38:49
es nicht mehr. Ich habe hier vor zehn Jahren angefangen zu arbeiten,
0:38:50–0:38:54
da steht hier bei dem ersten öffentlichen Rundgang neben mir Herr August aus Cottbus.
0:38:54–0:38:56
Herr August aus Cottbus sagt, ich habe in so einer Stehzelle,
0:38:56–0:38:59
die es nicht mehr gibt, sieben Stunden gestanden.
0:38:59–0:39:04
Die Stehzelle sagt, er ist so eng, dass man nicht den Fuß zur Seite bekommt.
0:39:05–0:39:07
Ich habe Herrn August gefragt, ich sage, Herr August, was denkt man,
0:39:07–0:39:10
wenn sieben Stunden so im Schwank steht? Was hat er geantwortet? Was denkt man danach?
0:39:11–0:39:14
Ja, nichts. Er sagt, was soll ich gedacht haben, das sieben Stunden im Schwank,
0:39:14–0:39:17
da kann man nicht mehr denken. Die Wärter sind zwei, die nicht auf die Schulter,
0:39:17–0:39:19
weil diesen Schritt war, ja.
0:39:19–0:39:22
Diesen Schritt, nach sieben Stunden nicht mehr hinbekommen ist.
0:39:22–0:39:24
Er sagt, er wird dann nach vorne gefallen, der ist tot gewesen.
0:39:24–0:39:26
Also sie wollen nicht erst so sterben, sie wollen schon noch quälen.
0:39:26–0:39:28
Nach sieben Stunden schlagen, da kann man nicht mehr denken.
0:39:28–0:39:30
Herr August wollte hier arbeiten.
0:39:30–0:39:32
Ich habe ihn nie wieder gesehen. Viele Kommentare haben mir hinter mich gehabt.
0:39:33–0:39:36
Der war nie wieder hier in Berlin nicht ein Rad. Ich habe extra eine Rezeption gefahren.
0:39:36–0:39:38
Ich sage, hier war doch mehr August. Ja, der wollte hier arbeiten.
0:39:39–0:39:41
Er war nie wieder hier. Der kann es nicht. So, das war die Vorderbetonung von
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47 bis 51 in Ost-Berlin von den Sowjets.
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Schlagen, wie bei den Stehzellen. Es gibt auch diese Tröpfchenvater.
0:39:48–0:39:51
Die Tröpfchenvater ist nicht hier, diesen Treptower Park.
0:39:51–0:39:54
Wir stehen hier, um den Leuten zu sagen, egal welche Religion,
0:39:54–0:39:57
welche Hautfarbe die Leute haben, wir wollen, dass die Leute,
0:39:57–0:40:00
egal wo auf der Welt, wenn sie in Gefangenschaft da sind, dass die Leute anständig behandelt werden.
0:40:00–0:40:04
Ich habe hier vor anderthalb Jahren noch gesagt, wir beten für die ukrainischen
0:40:04–0:40:05
Soldaten aus dem Asov-Stahlwerk.
0:40:06–0:40:09
Die Soldaten sind ja Gott sei Dank nicht alle in der Ukraine wiedergekommen.
0:40:09–0:40:12
Ich bleibe dabei, es ist nicht das Land der Russen, was mir gefallen würde,
0:40:12–0:40:15
als es sozusagen der Ukraine dazu gefallen würde, dass uns in der ständigen
0:40:15–0:40:16
Fertigenschaft stehen.
0:40:16–0:40:20
Noch mal zusammenfassen. Stalin stirbt. Um das Papier zu haben, das ist ein Freigam.
0:40:20–0:40:22
Es ist ein bisschen entspannter nach dem Tod von Stalin.
0:40:24–0:40:28
1960 werden die 68-Zellenjurken geschlossen. Gibt es hierzu eine Frage?
Florian Clauß
0:40:28–0:40:32
Die Russen hier gefoltert haben, waren dann schon Leute dabei,
0:40:32–0:40:37
die das, Deutsche, die das dann halt so mitbeobachtet haben und mitgemacht haben.
0:40:37–0:40:38
Oder war das nur rein russisch?
Hendrik Voigtländer
0:40:38–0:40:44
Ab 1951, gute Frage. Ab 1951 nimmt die Stasi das Lager und da sind die Sowjets
0:40:44–0:40:48
umgedreht, sind dann noch vier Jahre hier und beachten, dass die Stasis richtig machen.
0:40:49–0:40:52
Umgedreht ist es der Fall. Kann schon sein, dass es vorher ein paar Leute angelehrt
0:40:52–0:40:56
hat, das weiß ich nicht, aber ich weiß, dass ab 1951 sie, die Stasis gibt keine
0:40:56–0:41:02
Vergewaltigung mehr und ab 1951 sie hier das Sagen haben und die Sowjets das nun begleiten.
Florian Clauß
0:41:02–0:41:04
Also ein Know-how-Transfer von den Sowjets.
Hendrik Voigtländer
0:41:05–0:41:11
So ist es. Noch was zu den Vergewaltigungen. Man schätzt in Berlin 100.000 Vergewaltigungen
0:41:11–0:41:13
nach dem Krieg von den Sowjets. 100.000.
0:41:13–0:41:16
Dass sonst nicht weiter stehen, die Amerikaner, die Engländer haben auch vergewaltigt.
0:41:17–0:41:21
Aber nicht in diesen Ausmaß. Nicht in diesen Ausmaß. Das ist schon heftig.
0:41:22–0:41:26
Ich habe ja heute gerade die Führung davor gehabt. Die beiden Lehrerinnen haben das auch bestätigt.
0:41:26–0:41:31
Die Leute stehen Schlange um, eine Frau zu vergewaltigen. Das ist bei den Amerikanern,
0:41:31–0:41:34
bei den Engländern bestimmt gibt es diese Ausnahme auch mal nicht der Fall.
0:41:35–0:41:37
Das ist nicht so, wie die Sowjets sind.
0:41:39–0:41:44
Von euch noch eine Frage? Gut, dann schauen wir uns als letzte Station noch eine Zelle aus 1950 an.
0:41:44–0:41:49
Diese Zelle, die wir uns jetzt anschauen, sind 1950 drei bis sechs Personen.
0:41:49–0:41:52
So sieht man in der Zelle 88 nach meiner missglückten Flucht in Bulgarien aus.
0:41:53–0:41:54
Wenn ihr wollt, erzähle ich mal über die Zustände in Bulgarien.
0:41:55–0:41:58
Und dann geben wir wieder eine warme Luft. Ja, das ist immer die Richtung.
Ali Hackalife
0:41:58–0:42:04
Bei der Zahl, wie viele Staaten foltern. Ich meine, schau dir Julian Assange und Edward Snowden an.
0:42:04–0:42:07
Leute, die nur Presse betreiben und trotzdem gefoltert werden.
Hendrik Voigtländer
0:42:08–0:42:09
Naja, das ist ja meine.
Ali Hackalife
0:42:11–0:42:16
Wir hatten mal über historische Orte gesprochen, habt ihr mal überlegt,
0:42:16–0:42:20
so eine von den Stehzellen nochmal nachzubauen, dass man sehen kann, was passiert ist.
Hendrik Voigtländer
0:42:20–0:42:26
Wir hatten ja auch hier noch vor Jahren, die Tröpfchen, also die in Eimer,
0:42:27–0:42:31
aber es ist falsch, es ist falsch, verstehst du, du kannst dir nicht zeigen, das ist falsch.
0:42:32–0:42:35
Also sie hatten hier die Tröpfchen, sie hatten hier einen Eimer, zu
0:42:35–0:42:38
meiner zeit war das noch hier und da
0:42:38–0:42:40
hinten ein eimer aber es ist doch falsch du kannst hier
0:42:40–0:42:44
nicht ein eimer hin und so tun als ob das hier das war das ist so
0:42:44–0:42:47
sieht meine zähle 88 in bulgarien aus soll ich mal ein zwei sätze
0:42:47–0:42:51
die zählte bulgarien erzählen meine zähle in bulgarien hat nur den nachteil
0:42:51–0:42:54
dass sie rauchputzern rauchputz kennt ja da putz von draußen an der wand also
0:42:54–0:42:58
wenn ich nicht in die wand lehnte was natürlich nicht gestartet war da hatte
0:42:58–0:43:02
ich steige in den nahen ich durfte mit mittig schlafen mit zwei männern war
0:43:02–0:43:05
schön kuschelig einer von den haben war immer Ich habe nur Heißkorb, auch keine Heizung.
0:43:05–0:43:08
Auch das hatte seine Vorteile. Ivan liebte mich sehr, aber ich liebte Ivan nicht.
0:43:08–0:43:10
Ein geiler Typ, vier Sprachen, zwei Zähne.
0:43:10–0:43:14
Da bekam das Weißbrot nicht runter. Ein geiler Typ, wirklich ein geiler Typ.
0:43:14–0:43:16
Kannst dir nicht vorstellen, was ich mit dem erlebt habe. Es gibt sogar ein
0:43:16–0:43:17
Buch drüber in der Story.
0:43:18–0:43:21
Wenn wir das Weißbrot aßen, musste Ivan mit dem Kanister, wo er in der Brei
0:43:21–0:43:24
draus tranken, musste Ivan nachspielen. Und durch diese beiden Zähne.
0:43:26–0:43:29
Das ist so ein Kanister, die Brühe von dem schmeckt richtig geil.
0:43:29–0:43:32
Ich hab's mir gesagt, aber ich konnte nicht dafür, weil er noch zwei Zähne gemacht
0:43:32–0:43:34
hat. Der dritte Mund ... Oh, tatsächlich.
0:43:34–0:43:38
Was ich mit dem erlebt habe. Der dritte Mund ist Mike aus Thüringen,
0:43:38–0:43:41
ein ostdeutscher Leistungssportler, der bei der Festnahme Zähne geschlagen wurde.
0:43:41–0:43:43
Ich wurde von dem Wunder nicht geschlagen.
0:43:43–0:43:47
Ich bin 1,88 Meter. Wenn ich meine Beine gerade machte, ich könnte mich einmal
0:43:47–0:43:48
so reinigen in die Zelle.
0:43:48–0:43:51
Dann macht der Mike aus Thüringen, ich hab das nicht geglaubt,
0:43:51–0:43:54
in der kleinen Zelle auf den Daumen, 26 Liegestütz. Ich hab mich mal 8-Tümmel
0:43:54–0:43:56
gekümmt. Ich habe keine Achtliegestütze bekommen.
0:43:57–0:44:00
Ich bin mit der Situation total überrockt. Ivan und Maik haben nach vier,
0:44:00–0:44:01
fünf Tagen nicht besonder miteinander klar.
0:44:02–0:44:05
Ivan wurde sauer, nicht auf mich. Mich liebt er, ja. Er liebt mich wirklich.
0:44:06–0:44:09
Er wurde sauer auf Maik und sagte vier, fünf Tagen einfach so zu Maik.
0:44:09–0:44:12
I shut you down. Ich schieße dich tot. Ich wäre gerne vor die Tür gegangen.
0:44:13–0:44:14
Es war aber in den Schleswig-Holstein.
0:44:15–0:44:18
Gegen Bulgarien ist die Staatsseine in Erholung sein. Du hast dir erzählt, dass du kommentiert.
0:44:18–0:44:21
Ich verliebe nach vier Wochen sieben Kilo an Körpergewicht. Ja,
0:44:21–0:44:24
warum Bulgarien? Mein Schuh von ich, von Bulgarien, von Boristan,
0:44:25–0:44:26
ist dann wohl zufrieden. Ja, genau.
0:44:26–0:44:31
Von Bulgarien ist die Hölle. Es ist die Hölle. Ja, wir bekommen alle drei Tage frisches Wasser.
0:44:31–0:44:35
Ja, ein Mann liegt neben mir im Bett auf der Holzputschel, der mich liegt. Schwierig.
0:44:36–0:44:38
Ich liebe keinen mehr. Ja, das ist schwierig.
0:44:39–0:44:44
Schließlich liegt der... Ich will mir die Leute lachen, aber ich wünsche es
0:44:44–0:44:46
keinem. Ja, der liegt nicht da, da oder ja, irgendwo.
0:44:46–0:44:50
Der liegt genau neben mir. Schwierig. So, dann sag ich Ihnen mal abschließend Satz hierzu.
0:44:51–0:44:55
113 Gefangene gehen im November 1960, von hier in Neubau, in November 1960 wird
0:44:55–0:44:55
das Jürgen geschlossen.
0:44:57–0:45:00
Soweit verständlich, alles auch verstanden? Habt ihr es überall verstanden?
0:45:00–0:45:01
Okay, dann lassen wir mal das Wochenende.
Ali Hackalife
0:45:02–0:45:05
Wir waren eine halbe Stunde da drin und trotzdem ist es schön da draußen zu sein.
Hendrik Voigtländer
0:45:05–0:45:08
Ja, sieh das auch mit Licht, ja, stell dir vor, du bist jetzt hier eine halbe
0:45:08–0:45:10
Stunde, wie lange wir waren drin, eine halbe Stunde und kannst dir vorstellen,
0:45:10–0:45:13
bist du länger drin in so einer Zeit, wie schwierig das ist.
0:45:13–0:45:18
Ja, ich brauche also wirklich Jahre, um das zu realisieren, als ich angekommen bin. Aus Bulgarien.
0:45:18–0:45:21
Da kommt ja keiner und sagt, du stell dich erstmal Ruhe an der Ecke,
0:45:21–0:45:24
jetzt kannst du erstmal Luft holen. Das gibt's ja nicht. Das ist ja sofort Ton.
0:45:24–0:45:26
Kommen Sie, gehen Sie. Das ist ja sofort die Ankunft.
0:45:28–0:45:30
Das ist so eine Art Raubputz. Ja, so fässt sich der Raubputz im Bulgarien an,
0:45:30–0:45:31
so müsst ihr euch das vorstellen.
0:45:32–0:45:34
Und alle Zähne, in denen ich liege im Bulgarien, also grober Raubputz,
0:45:34–0:45:35
haben so einen hellen Touch.
0:45:36–0:45:38
Auf Kopfhörigen Bulgarien, also alle Zähne drin sehen so aus.
0:45:39–0:45:41
Und auf Kopfhörigen Bulgarien ist alles schwarz, weil wir natürlich alle mit
0:45:41–0:45:42
dem Kopf gegengelehnt haben.
0:45:42–0:45:44
Ich hatte unter meinen langen Polor eine Uhr mit reingeschmuggelt.
0:45:44–0:45:47
Deswegen weiß ich, dass der Wärter im Bulgarien nur alle vier Stunden kommt.
0:45:48–0:45:51
Das ist hier neu bei was ganz anderes. Der Wärter kommt im Viertelstunden-Takt,
0:45:51–0:45:52
im Halbenstunden-Takt am Tag.
0:45:52–0:45:55
Und einmal nur eine Stunde in der Nacht kontrolliert, wie du schläfst.
0:45:55–0:46:00
Zur Wahrheit gehört, hier liegen 31 Nationen, das Essen bei der Stasi ist gut,
0:46:00–0:46:01
das gehört zur Wahrheit.
0:46:01–0:46:05
Es gehört dazu. Der Unterschied zwischen den westdeutschen Gefangenen und ostdeutschen
0:46:05–0:46:07
Gefangenen, die ich kenne, die Westdeutschen, die ich kenne,
0:46:07–0:46:10
kriegen zum Verhörsch, war zu welcher Kirschtorte oder ein Kännchen Kaffee.
0:46:10–0:46:11
Ich bekomme nicht mal ein Glas Wasser.
0:46:12–0:46:14
Wir sind immer mal in der zweiten Klasse. Was denkst du dir oft,
0:46:14–0:46:16
dass dein Bodenkaffee auf dem Flur liegt? Aber nicht für mich.
0:46:16–0:46:20
Essen ist gut, es gibt keine Bananen, aber es ist uns gut. Gehört zur Wahrheit.
Ali Hackalife
0:46:20–0:46:21
Und der Alternativkaffee?
Hendrik Voigtländer
0:46:22–0:46:25
Es gab Tee, der war fast immer bitter, der Tee. Und ich glaube,
0:46:25–0:46:29
da haben sie was rein immer. Aber Kaffee habe ich auch die Alternative nicht bekommen. Aber egal.
Ali Hackalife
0:46:30–0:46:33
Klaus Kordon hat über seine Zeit hier geschrieben, dass der Muckefuck,
0:46:33–0:46:35
der Rübenkaffee, wirklich die Seuche war.
Hendrik Voigtländer
0:46:35–0:46:38
Habe ich nicht mehr bekommen. Aber ist noch mal gut. So, dann nimmt mal ein
0:46:38–0:46:39
bisschen Platz hier. Dann nimmt mal Platz.
Ali Hackalife
0:46:40–0:46:40
Auf der Freiheit.
Hendrik Voigtländer
0:46:41–0:46:46
Auf der Freiheit, genau. Wir sind hier im Rosenhof der Staatssicherheit angekommen.
0:46:46–0:46:52
Das hat das Rosenhof genannt. Die sind hier, 120 Vernehmensräume,
0:46:52–0:46:55
die sind da, die Top-Präsidenten der DDR werden hier verhört.
0:46:55–0:46:59
Unter anderem Werbel Boley, Jürgen Fuchs, Rudolf Barow, die werden hier verhört.
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Von uns 7253 Personen ab 1962 hat ihr sowieso keiner gesehen.
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Der Einzige hat das gleiche Film gesehen, nämlich Mielke. Für Richtig Mielke
0:47:07–0:47:08
hatte man da hinten eine Bank aufgebaut.
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Ich wiederhole mich nochmal, von uns 7253 Personen hat sie sowieso keiner gesehen.
0:47:13–0:47:18
Interessant ist, die Grautür hier und die Grautür da ist immer geschlossen.
0:47:18–0:47:20
Man kann diesen Rosenluft, das macht die Stasi gut im Spätsommer,
0:47:21–0:47:23
kann man diesen Rosenluft hinter diesen Glasbausteinen riechen.
0:47:23–0:47:25
Was bringe ich mit Rosenluft in Verbindung? Schauen Sie mal hier.
0:47:26–0:47:30
Liebe. Liebe, genau. Dann gut, dass Sie beinhalten. Da steht man nicht mehr
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ins Gesicht wie unten im U-Boot. Hier macht man das perfider.
0:47:34–0:47:38
Vergesst bitte nicht, vier Vorfälle weiß ich, vier. Das ist hier ein Vorzeigeknast.
0:47:38–0:47:41
Hier liegen Jugoslawen, hier liegen Syrer. Das ist hier ein Vorzeigeknast.
0:47:41–0:47:45
Das ist in Leipzig ein Stasi-Knast nicht der Fall. Die Punker werden richtig
0:47:45–0:47:48
verhauen, richtig übelst verhauen. Und ich spreche jetzt nicht von ein,
0:47:48–0:47:49
zwei oder drei Vorfällen.
0:47:50–0:47:53
Pankow in Leipzig, machst eine Ansage, ziehen dir den Sack über den Kopf und
0:47:53–0:47:54
halten die Schusswaffe an.
0:47:55–0:47:58
Das ist hier nicht der Fall. Ja, Vorzeigeknast. Der Jugoslabe,
0:47:58–0:48:01
der Syrer geht nach Hause und sagt, du darfst laut. Also mal sind Sie ruhig.
0:48:02–0:48:04
Mann, Onkel, war für die Versorgung von Ost-Berlin zuständig.
0:48:05–0:48:07
Und Honecker und Nielke haben einmal eine Woche Dienstagnachmittag,
0:48:07–0:48:11
wo wir nach der Politbüro-Sitzung, haben die Klartext geredet.
0:48:11–0:48:15
Also ob er alles geglaubt hat, die wussten schon, was los war hier,
0:48:15–0:48:16
dass die Leute gegangen sind.
Ali Hackalife
0:48:17–0:48:20
Honecker war ehrlich verwirrt, dass nicht alle in der DDR so viel Spargel essen
0:48:20–0:48:23
wie er. Also er hat das geschrieben, er ging davon aus, dass.
Hendrik Voigtländer
0:48:24–0:48:30
Naja, egal. Ich würde jetzt zu weit führen. Wir kommen vom Thema ab.
0:48:30–0:48:33
Das ist damals die Lüftung, das ist die Gummizelle. Die Gummizelle ist rund,
0:48:33–0:48:35
damit man keine Orientierung hat. Es gibt dafür Zwangsserben.
0:48:35–0:48:36
Zwangsserben kennt ihr.
0:48:36–0:48:39
Die müssen nach drei Stunden gewechselt werden. Das hat etwas mit der Blutpopulation
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zu tun. Den Fußboden, den man hier sieht, ist nicht original.
0:48:42–0:48:45
Und wer da 19 Tage ein Stück drum war, der hat es im Leben nicht geschafft.
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Also kriegst du oben nicht mal repariert. Was interessant ist für euch,
0:48:49–0:48:52
wenn die Kappe zu ist und die Tür zu ist, wie da, ist der Sauerstoffgrad bei
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17 Prozent. Was jemand wieder sagt, sonst so eine Luft ist.
0:48:55–0:48:58
20,9 Prozent, gut, dass du bei einer bist. Was ich auch bisher nicht wusste,
0:48:59–0:49:00
machen sie clever, sind sie wirklich sehr clever.
0:49:01–0:49:05
Bei 17 Prozent nicht, bei 16 Prozent wird dir schon ruhig, bei 15 Prozent fängst du an zu sterben.
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Musst dir mal vorstellen, bei 1960, 1962, ich hatte den Tag eine Partei hier,
0:49:09–0:49:12
jetzt schon zweimal, einmal war es die SPD, ich glaube, das andere Mal war es die CDU.
0:49:13–0:49:15
Das sind Zahlen von den Nazi-Experimenten.
Florian Clauß
0:49:15–0:49:17
Ja, ja, klar, da kommen ganz viele her.
Hendrik Voigtländer
0:49:17–0:49:19
Haben die mir gesagt, ich kann es nur sagen, was die mir gesagt haben,
0:49:19–0:49:22
ich weiß es nicht. Aber stell dir vor, dass sie so clever sind,
0:49:22–0:49:25
dass du gerade so Luft holen kannst, wenn ein Klappler und die Tür zu ist,
0:49:26–0:49:29
bei 16% wird es dir schummert, bei 15% fängst du an zu sterben.
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Hier oben drüber sitzt du da mal zum Backkommandur, Stasi, da du bist ein Arztplatz
0:49:32–0:49:34
und da du fangst die Zelllast an.
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Okay, dann wollen wir versuchen, mal ein bisschen weiter zu gehen.
0:49:36–0:49:40
Ich kann jetzt nicht alle Leute zur Seite schieben, der links auch ein Zeitzeuger da drinsteht.
0:49:40–0:49:42
Ja, hier ist kein Zeitzeuger, aber jemand ist drin, da kannst du nicht sagen,
0:49:42–0:49:45
geh mal zur Seite, jetzt komm ich. Das kannst du bei den Historikern machen,
0:49:45–0:49:46
aber sonst ist ihr bei mir.
Florian Clauß
0:49:46–0:49:48
Das haben wir schon gemerkt. Das mache ich auch.
Hendrik Voigtländer
0:49:48–0:49:52
Ich bin am 2. November 1988 in Berlin-Schönefeld gelandet. Ich hatte versucht,
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am 3. Oktober 1988 von Bulgarien in die Türkei zu fliehen.
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Wir haben bei der Flucht niemanden beleidigt, niemanden bedroht.
0:49:58–0:49:59
Wir haben keine obszöne Geste gemacht.
0:50:00–0:50:03
Wir sind während des Fluges von Sowjetor aus Berlin an den Sitzungen gekettet.
0:50:04–0:50:07
Das ist nach internationaler Regel noch für Terroristen wie für mich oder für uns verboten.
0:50:07–0:50:10
Da hat der Genosse Honecker, der Regierungschef der DDR, hieß damals Erich Honecker,
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am 1. August 1975 in Helsinki über unterschrieben.
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Ich wüsste schon im Flugzeug, dass sie uns nicht anketten dürfen.
0:50:15–0:50:19
Unter uns, ich bin so klein mit tot. Auch der Leistungspotler Maik ist dabei,
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der Schulfreund, ja, der Maik ist dabei, der Schulfreund ist dabei.
0:50:21–0:50:24
Wir dürfen nicht aus dem Fenster gucken. Ich komme mir vor, als ob ich in die
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Bank gefahren habe, wo fünf Leute ermordet habe.
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Nö, ich will zum Kupfersen an, ich will zu meiner Oma zum Kaffee trinken,
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mehr nicht. Wir kommen Schönefeld in den Transporter rein.
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Die Hiete am 2. November zwischen 17 und 18 Uhr. Wir versuchen mal hier ein bisschen.
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Ja, also die graue Tür war zu, die grünen grauen Türen gehen auf.
0:50:39–0:50:42
Der Transport für Staatssicherheit, also hier ist unsere Ankunft.
0:50:42–0:50:45
Noch was wichtiges zu sagen, als wir in Berling-Schönefeld landen,
0:50:45–0:50:47
wir sind fünf junge Männer, zwei junge Frauen.
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Wir müssen über die Lüderleiter und so viel rein, als wir vorne rauslaufen,
0:50:51–0:50:54
also fünf junge Männer, zwei junge Frauen, als wir vorne rauslaufen aus dem
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Flugzeug, da hörten wir die Blatterinnen, dass Frauen schon im hinteren Teil
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des Flugzeugs schreien.
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Kannst du dir vorstellen, im hinteren Teil des Flugzeugs hörten wir die Blatterinnen schreien.
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Ich hab so gedacht, da ist wirklich viel Dach. Wenn ich jetzt rauskomme,
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da steht bestimmt jemand hinter der Tür und schlägt dir ins Gesicht.
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Konspirative Operation, Zersetzung des Menschen, es geht darum, dich zu brechen.
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In dem Transport allein, der HTA, wie ich es bereits sagte, am 2.
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November 88, zwischen 17 und 18 Uhr, die graue Tür war zu, die grün-graue Tür ging auf.
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Ich kann schon mal einen Satz dazu sagen zu den Transportern.
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Ich bin mit dem Auto öfter gefahren, sie fahren mit mir einfach nur im Kreis,
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damit ich die Orientierung verliere.
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93 Prozent, das sind die Zahlen der Gedenksteine, nicht von mir,
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der Leute, die hier ankommen, geben in der ersten Nacht zu, was ihnen vorgeworfen wird.
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Ich bin einer von den 7 Prozent, der nach 10 Stunden Verhör sagt,
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ich unterschreibe ihr gar nichts.
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Sie waren begeistert. Sie waren so begeistert, die haben mich zur Sau gemacht.
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Ich habe gezittert, als ich aus dem Raum rausging.
0:51:45–0:51:48
Ob ich das Verhör unterschreibe oder nicht, ist das vollkommen Banane.
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Als wir in Berlin-Schönefeld landen, ist das vollkommen egal.
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Als wir in Berlin-Schönefeld landen, sagst du, war jetzt 5-2 junge Frauen hinten
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rein, vorne raus. als wir in Schönefeld landen, als die Frauen da so rumschreien,
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da sitzen die Stasi in tiefen Sesseln.
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Als wir landen, hat die Stasi schon entschieden, dass ich an den Westen verkauft werde.
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Er, er und sie müssen zum Militär. Was wir mit mir machen, ist Makulatur.
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Ich darf nur nicht persönlich werden. Irgend so ein Spruch, man sieht sich,
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man sieht sich immer zweimal im Leben. Ihr habt doch an der Berlin-Mauer 140 Leute erschossen.
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Das darf ich nicht sagen. Für mein Ego ist es gut, aber es ist vollkommen nah
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an, ob ich das vorher nicht unterschreibe. Was denkst du, was da los war?
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Was denkst du, was? Die haben geschrien, ich habe gezittert,
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ich spreche nie mit mir. Ich bin aus dem Raum raus und hab zu mir gesagt,
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jetzt haben sich alle getroffen, Hendrik Zweig gezittert. Aber ich hab's nicht unterschrieben.
0:52:31–0:52:35
Wie viele Jahre haben Sie in Bulgarien? Einen Monat in Bulgarien.
0:52:35–0:52:37
Einen Monat. Und kam dann hierher? Genau. Am 2.
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Oktober. Am 2. Oktober. Am 2. Oktober. Das Urteil war dann zehn Jahre Haft.
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Nee, ein Jahr und sechs Monate Republikfurt in Schwermfall.
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Besonders intensiv vorbereitet. Mit Landkarten und so weiter und so fort.
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Also nicht spontan, schwer im Fall.
Ali Hackalife
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Wann wusstest du, dass du in Hohenschönhausen bist?
Hendrik Voigtländer
0:52:58–0:53:02
Sie sagen schon beim ersten Vorhör, dass ich beim MFS in Berlin angekommen bin.
0:53:02–0:53:05
MFS habe ich dann zu mir gesagt, ja, was bedeutet das?
0:53:05–0:53:09
Bin aber selber drauf gekommen, MFS heißt Ministerium für Staatssicherheit.
0:53:09–0:53:12
Das sagen sie sofort, sie sagen das sofort. Ich weiß auch die Richtung,
0:53:12–0:53:14
ja, wir gehen jetzt mal rein. Ich kann noch mal in Salzenach.
0:53:15–0:53:17
Ich sitze vorne, ja, als ich hier ankomme, sitze ich vorne.
0:53:18–0:53:22
Du siehst, die Tür hier, die Tür geht nicht richtig zu, siehst du das?
Ali Hackalife
0:53:22–0:53:24
Ich habe mir vor vielen Jahren in diesem Transporter den Kopf gestoßen.
Hendrik Voigtländer
0:53:25–0:53:26
Echt, ja? Du bist schon mal durchgefahren?
Ali Hackalife
0:53:26–0:53:28
Also ich bin auf dem Internat für Seminar schon blind gewesen,
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weil ich nicht gut gucken kann. Und sie haben uns in den Transporter reingelassen
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und oben die Auslösse für die Luft, die sind nicht abgeschmägelt.
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Da sind harte Metallkanten und gegen die bin ich gestoßen.
Hendrik Voigtländer
0:53:38–0:53:42
Seht ihr, also du siehst, die Tür da unten ist nicht zu und das hier ist auch so.
0:53:42–0:53:45
Du hast hier nur dünnen Vorhang, also ich weiß nicht, wo ich ganz genau bin,
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aber wenn der eine Kurve fährt am Platz der Vereinten Nationen,
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da weiß ich, ich habe ja schon damals hier gearbeitet in Ostberlin 83,
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da weiß ich in welche Richtung es geht.
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Also ich kann nicht aus dem Fenster gucken und sehe den Fernsehturm,
0:53:55–0:53:57
aber die beiden Türen nicht richtig zu gehen.
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Siehst du, du hast da überall so, die Tür ist ja auch, die Klappe ist hier nicht richtig zu.
0:54:00–0:54:02
Die kriegen sie ja nicht richtig zu. Es geht nur, diese Tür geht nur zu,
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wenn der Sitz hoch ist und du siehst ungefähr die Richtung.
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Also das weiß ich in welche Richtung es geht, aber genau wo ich bin, weiß ich nicht.
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So, die ersten jahre steht hier dran als werbung obst und gemüse oder frischer
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fisch das hat die stasi nachher abgebaut und weil nicht mit dem tabi oder mit
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dem wachbau die autos hinterlärm gefahren sind und sollten ein bisschen durch
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die künstlichkeiten haben.
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Obst und gemüse, frischer fisch gab es in der DDR fast etwas anders,
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gab es in der DDR nicht, sie nannten sich der drittgeste geheimdienst der welt
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auf solche Da sind dann Sachen, Obst und Gemüse, Fisch auf Fisch,
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sind sie nicht gekommen.
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Die Frauen, wo es wohnen, haben sich beschwert bei Magistrat in Berlin und in
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Ostberlin und haben sich beschwert, wo gibt es Obst und Gemüse,
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Fisch auf Fisch, darauf rennen sie es ab.
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Die Grautür ist original, das Gras wurde später eingebaut. Das ist ein Zweitrakter.
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Die Stasi hat von diesem Auto ca. 500. Hier ist die Ankunft.
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Der Ton ist sehr lau. Gucken Sie!
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Gehen Sie! Sie schreien hier einen Wifo und hier. Sie kommen auf die Fläche, sagt der Wetter zu mir.
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In ganz anderen Wetter, in ganz ruhigem Ton. Kommen Sie. Hä?
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Mach ich so ein Gehen. Frische Fischalter als Hieser.
Ali Hackalife
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Zu meiner Zeit durfte man noch in den Transporter rein.
Florian Clauß
0:55:21–0:55:26
Da hast du was vorraus. Aber hier riecht es noch nach Linoleum.
Ali Hackalife
0:55:26–0:55:29
Beim Juso-Parteitag erwähnte ich, dass ich in der Schule Russisch gelernt habe.
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Und ich wurde gefragt, ob ich in der DDR-Kurskrone hätte.
Hendrik Voigtländer
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Die Zentrale der Staatssicherheit ist hier. Mein Verschlüsselungsanamme. Ich heiße am Anfang 35 2.
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35 ist die Zelte, wo ich mich hinter befinde. 2 ist die Holzputsch, wo ich drauf liege.
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Die wird hier entschlüsselt. Denn die Warte kann auf die Etage meinen Namen nicht, nur hier hinter.
0:55:47–0:55:51
Sollte irgendwo eine Tür aufgehen, weiß die Stasi, wo das ist.
0:55:51–0:55:54
Sollte es zu Problemen kommen, zwischen mir und dem Wärter, hat der Wärter dieses
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Hilfssignal. Er zieht hier dran, es wird ein Lautschaussalarm,
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ein Sign-Ins-A-Narm ausgelöst.
0:56:00–0:56:04
Und das Wachkommando, was an dieser Stelle sitzt, sind die Etagen.
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Das letzte Pult sieht es hinter dem Kabel.
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Sehr, sehr einfach, aber sehr effizient. Und von hier aus geht das Wachkommando
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los. unter uns die beiden Gummizellen. Hier bei uns ist die Frauenstation.
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Da sitzt der Volk noch für die Schleusen, wenn die Leute ankommen.
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Ich wiederhole mich noch mal. Von hier aus wird alles geregelt.
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Ist eine gute Anlage. Okay, dann können wir weitergehen.
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Nicht sehr effizient. Ich kenne jemand, der hat 1981, das war der Sturm,
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vor zwei Jahren, der hat 1981 hier im Haus, nicht hier an der Stelle,
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hat der ein Pappe gezogen. Er sagt, was ist denn, wie schnell die da waren?
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Und haben auf mich vier Personen für mich eingeschlafen.
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Das war der Sturm, also auch der Sturm. Er hat über viele Tage in der Gummizelle
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gelesen. Michael Nauer heißt der.
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Der wird es immer wissen.
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So, alle führenden im Haus, wo wichtige Besprechungen drin sind,
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sind doppelt gepolstert.
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Einmal, zweimal, brauche ich nachher nicht mehr drauf aufmerksam machen,
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einfach hören, ob es jetzt auch aufmerksam ist, sind doppelt gepolstert.
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Ja, wir gehen weiter. Alt-Schrägen-Nein-Deutsche Volkspolizei.
0:56:58–0:57:00
Das funktioniert immer noch. Ja, wunderbar.
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Ich mache mal einen Satz dazu. Ich mache hier mal die Rot-Lampe an,
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mit der roten Lampe mache ich da hinten die grüne Lampe. Seht ihr,
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das ist rot und grün ist wie eine Ampelkreuzung.
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Das wäre damals das Signal für meinen Wärter gewesen. Nicht für mich als Gefangenwirt.
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Der Wärter geht über die Lampe, ich muss mich hier herstellen.
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Der Wärter geht zu dieser Tür, die ist damals geschlossen vorricht.
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Der Wärter guckt hier durch, sieht da hinten die grüne Lampe.
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Erst dann macht den Führer auf und sagt zu mir, kommen Sie. Es geht der Stasi
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da rum, dass wir uns hinter die Augen schauen.
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Augenkontakt bedeutet Menschlichkeit. Sie wollen nicht hier hinter Entmenschlichen.
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In den vier monatlichen Soziologien habe ich nicht gesehen, dass da oben Lücher am Deckel drin sind.
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Die Klappe kommt mit dem Zellnab. Man nimmt die Klappe raus,
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macht ein Mikro hinter und kann so die Zellen abhören. Ich kann heute sagen,
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ich habe dreimal da oben geguckt.
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Ich habe nicht ein einziges Mal da oben geguckt. Das sind Leute im System, die mir langlaufen.
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Ich mag das System nicht. Ja, ich bin ja großer Fußballfan. Der Präsident von
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Union Berlin, Zingler, ist auch einer von der Truppe.
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Baki Münter, DDR-Staatssicherheit, Dirk Zingler hat für die Stasi gearbeitet.
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Wir fanden mit DDR-Fan der Union gut, muss ich wirklich sagen.
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Wir waren ein großer Freundeskreis. Die haben immer für Union.
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Wir fanden die Union gut, weil wir eine Mannschaft, die gegen alles war.
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Heute ist das nicht mehr der Fall.
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Keiner von denen, die die mal gut fanden. Wir sind auch dahingegangen,
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Altforster, Rathbohleider.
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Die finden die alle nicht mehr gut. Alle, keiner mehr.
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Ich finde es nicht gut. Verstehst du, wenn du... Was für ein Stasi-Mann kannst
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du auch einen anderen den Laden von den Juden leiden.
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Muss doch nicht einer von der ehemaligen Staatssicherheit gewesen sein.
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Finde ich. So, hier hinten müssen wir uns ausziehen.
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Wenn man hier reinkommt, auf der linken Seite von mir aus, ich will nicht zuerstören.
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Auf der linken Seite kommen wir noch privaten Sachen an. Auf der rechten Seite
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muss ich mich ausziehen.
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Also ich hatte zwei Gold-Ketten dabei. Ich hatte einen Ovexring,
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ein Erbststück von Rüstendamm dabei.
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Ich hatte zwei Quarzohren dabei. Die waren dafür gedacht, wenn wir in die Türkei gekommen wären.
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Konjunktiv, um den Tag zu fahren, ist dann Null zu bezahlen.
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Wie du hier ankommst, hier muss ich die Hosen unterhalb der Kniekehren ziehen.
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Nicht komplett nackt, der Polarum ist hier hoch. Es kommen zwei Frauen,
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es sind keine Männer, mit so einer 8-Eckigen-Angriff löscht mir immer den Mundwürden rum.
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Ich dachte so, was denkt ihr, was ich nach 30 Teilen Bulgarien in meinem Mund habe?
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Von den anderen Körpern wollen wir gar nicht reden. Wenn man eine Tante aus
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Bremerhaven kam in die DDR, sagte sie immer, wir kommen hier nach Dunkeldeutschland,
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alle Straßen waren dunkel, die Straßen in der DDR haben, das ist kein Licht
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für die Grenzanlagen und man erwertet es dann nicht ohne Ende,
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hier geht es um Demütigung.
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Ich habe nicht alles erzählt. Ich hatte vier Wochen dreimal gelustet,
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ich bin total verdreckt, warum muss ich mich für Frauen ausziehen?
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Es ist aber nicht immer so, dass sich Männer für Frauen ausziehen müssen.
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Mein Schulfreund musste sich hier vor zwei Männern ausziehen,
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komplett nackt, mein Schulfreund.
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Und der Leistungssportler Mike, habe ich euch erzählt, der muss sich ja gar
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nicht ausziehen. Der hat 2018 bei mir gewohnt, ein paar Tage,
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ich habe mehrfach gefragt.
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Meine Vermutung ist, als wir in Schönefeld landen, als die Stasi da im Flugzeug
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sitzt, steht schon fest, dass der Schulfrond und ich an den Westen verkauft
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werden und der Leistungsportler muss finken mit der DDR.
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Uns, den Schulfrond und ich, müssen sie besonders demütig sein.
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Ich habe natürlich für den Schmuck nichts wiederbekommen.
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Nichts, nichts. Ist ja mein Eigentum, auch das Geld, was ich dabei hatte, hatte 183 DM.
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Du siehst du in der Stasi-Akte, von jeder, jede Stelle nimmt sich 50 DM raus.
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Da war eine harte Währung, egal, nehmen sie schon 50 weg und am Ende sind es
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noch 53 und die haben sich auch noch rein gestrichen.
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Von einem Knast zum anderen kannst du nachgucken, sind für ihn nur 50 DM.
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Vorsicht, Vorsicht, Vorsicht.
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Ja, wir kümmern die privaten Sachen an und hier müssen wir uns auszählen.
1:00:14–1:00:17
Wir stehen hier vor einer Zellentür, wir werden miteinander gesprochen.
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125 A, B oder C kommen es ist die Ansprache. Nur der israelische Geheimdienst,
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der Mossad, die Stasi und der KGB sprechen die Leute mit einer Zahlenkognition an.
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Die haben eine Geheimdienst zu sprechen, wie sich das gehört,
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die Leute mit der vollständigen Namen ein.
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Die Warte haben nur zwei Lampen. Wenn die Lampe kaputt geht,
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hat der Warte eine zweite Lampe, dass er nicht rein muss in die Zelle.
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Das ist die Bestrahlung, die ich so nicht bestätigen kann. Bei der Stasi schläft
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man immer mit der Bettdeckwürze her und immer mit den Händen auf dem Bett.
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Das hatten sie mir vergessen zu sagen.
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Einfach vergessen zu sagen, die erste Nacht werde ich verhört,
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die zweite Nacht darf ich mich hierher nehmen.
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Dieser Drecksack wartet, bis ich in den Tiefschlag bin und haut ihn zweimal gegen die Tür.
1:00:56–1:01:00
Ich bin gerufen wie so ein Klappmesser und ruft rein, legen Sie sich mal anständig hin.
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Woher sollte ich wissen, wie man anständig schläft? Das ist die Revenge,
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dass die erste Nacht das Verhören schon ist.
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Das macht er eine Stunde später nochmals. Ich schlafe immer so.
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Du musst hier irgendwo in die Hände sein.
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Stress so, um zu schlafen. Ich seh nach vier Wochen und zwei Tagen auf meiner
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rechten Auge nachts nichts mehr. Ich mach mich hier wieder bemerkbar.
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Der Wetter steht hier draußen ab. Ich sag zu dem Wetter, ich seh schon,
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ich hab keine Probleme, nachts ist es immer schlimmer.
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Ich seh schon drei, vier Tage auf dem rechten Auge nichts mehr.
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Der schreit mich hier draußen an. Warum melden sie sich denn nicht?
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Ich denke, na ja, ich denke, wir uns behandelt auf ein Auge mehr.
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Oder weniger kommt es zu so einem Schuf an.
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Aber ich werde an den letzten Verkauf und es wäre nicht gut gewesen,
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wenn ich am Kuhfesten dann bei meiner großen Mutter nur mit einem Auge aufgetaucht wäre.
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Bild-Zeitung, einäugiger Ossi am Kuhfesten abendecke. Du bist,
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glaube ich, der richtige Mann für mich. Bist du mal so ein nächstes Mann.
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Ja, okay, danke, dass du das nicht machst.
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Geht mal zur Seite. Will man ein Wetter und für mich? Ich will es nie.
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Ich will es nie und habe herausbekommen, dass wir in den Gitaro reingekommen
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sind, bis so eine Gitaro-Ernte ist. aber in vier Leuten Staatssicherheit Tag
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und Nacht. Ein geiler Job.
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Die haben die Lohnstrafen von denen gefunden, das ist sehr wenig Geld.
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585 DLM, dafür wäre ich nicht aufgestanden. In drei Schichten.
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Überzeugungsstätten. Das ist sehr wenig Geld.
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Wir haben die Lohnstrafen von denen hier gefunden, von 1987.
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Da wäre ich nicht mehr aufgestanden.
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Ich habe jetzt gerade rausbekommen, also einer kriegt die Leute drei Raufen
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hoch, runter und guckt, ob wir den Zellen machen.
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Ich habe als Gefangener gerade rausbekommen, dass nur er, das bist du,
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den Schlüssel hat, wo die Tür ist. Ja, die Lampe ist die Tür an,
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die nun bis zur Krise liegt.
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Wir bauen alles in Zeigerröhrer. Entschuldige, bitte mal, ich schrake dir ins
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Gesicht. Hab doch für den Schlüssel geklaut.
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Du liegst auf der Erde. Nein, nein, nicht fantasieren. Ich hab ein bisschen
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verabschiedet. Der liegt auf der Erde.
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Das Problem, was ich als Gefangener habe, ist 103, 104, 105,
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106. Die will den Zahlen nö. Da sind keine Zahlen dran.
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126, 125, 124, 222. Die werden in San Benio stehen eine ganz verrückte Zahl
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da. Sie haben ein eigenes Zahlensystem.
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Hohenschönhausen ist das einzige Gefängnis auf der Welt, wo es keinen Fluchtversuch gibt.
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Auf diese lindse. Versuchen 12 Personen zu fliegen. Das gelingt eine Brücke 62.
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Hier gibt es keinen Fluchtvorsuch. Man wettler nicht immer, der kommt in der Tür.
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Er muss den großen Riegel freischalten.
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Warum sollte er von der Zentrale, nachdem wir uns gerade zärtlich begegnet sind,
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warum sollte er die Riegel freischalten?
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Und soweit wie ich weiß, hat der Sattler den Schlüssel in der Hose integriert.
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Der hat den Schlauch in der Hose, legt den Schlüsselbund aus,
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macht die Tür aus und der Schlüsselbund geleitet, automatisch zurück in die
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Hose. Vielleicht gesagt, müsste ich mir erstmal die Hose runterziehen.
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Wenn ich der andere genossen muss, drum umstehen, abbaldieren,
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dann bin ich ja auch nicht weiter. Weil er sich war, glaub ich,
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die Riege vorzuschalten.
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Das sind viel kündigstens dabei. Ich glaub auch nicht, dass der Werkel sich
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von mir oben haben lassen würde.
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Das sind trainierte Leute. Nicht so groß wie die Oma. Aber es sind trainierte
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Leute. Du siehst hier kein Übergewicht.
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Was ich erzählt, ist Fantasie. Wie soll das gehen, ihm die Schlüssel aus der
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Hose zu reißen? Das ist ein trainierter Mann.
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Mit mir ist die Fantasie gerade durchgegangen. Es ist keine Chance zu führen. Keine.
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Du weißt nicht mehr, wo du bist, plus diese drei Leute, plus dieses Kabel,
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wie willst du hier fliehen?
1:04:07–1:04:11
Ja, ist keine Chance. Man geht zu den roten Linien und die beiden Türen,
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die ihr hier seht, hier und da, hier wird das zwischendurch geparkt.
1:04:14–1:04:16
Die haben gedacht, das dauert nicht so lange, bis die Ampel grün ist.
1:04:16–1:04:17
Auch das irritiert mich.
1:04:17–1:04:21
Beim ersten, zweiten, erst 15, 15 Minuten hinter, ist was nach vier Monaten
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noch mal nicht, warum ich hier hinter stehe.
1:04:23–1:04:26
Sie wollen nicht, dass wir uns in die Augen schauen. Das liegen niemals mit in die Gesichter Tür.
1:04:27–1:04:29
Da könnte irgendwo ein Ritzwappen sein. Ich bin momentan bis zur Wand,
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ich sag's nochmal, rotiert mich ungemein.
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Rotlinie anschließend leer, alles ist video-wach, die nächste Videokamera seht
1:04:36–1:04:37
ihr da hinten in der Ecke, kommt ihr bitte.
1:04:37–1:04:40
Wir sind hier auf der Frauenstation angekommen, hier ist die Frauenstation,
1:04:40–1:04:42
die 222 hier unten schon gesehen hat.
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Das sind die nur auf der rechten Seite. Die 222 gibt es hier zweimal auf.
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Lass uns mal eine Sekunde hin.
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Zur Kommunikationsstätzung, wenn nachts um halb zehn das Licht ausgeht,
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man schon mal ein paar. Wir köpfen uns das Alphabet zu.
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A, B, X, G, D, G, F, G, H, I. Das heißt, ich, das wäre jetzt in der weiteren
1:04:59–1:05:00
Etage, der Gegenüber geklopft.
1:05:01–1:05:04
Also verstanden. So erzählt man sich die Geschichten. Das ist interessant,
1:05:04–1:05:07
aber das ist so christlich nicht. Nach sieben Tagen ist er in einem Werbe-Celebration geworden.
1:05:08–1:05:11
Ich gehe mit dem Werter, das ist die Grandstation. Der Werter nimmt meine Hand,
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guckt drauf und sagt nichts.
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Der Werter begann von Anfang an zu verstehen, dass er weiß, dass ich ein Klopfer
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will. Er guckt nach zehn Tagen auf, wie Wochen drauf.
1:05:21–1:05:25
Ich klopfe wie ein verrückter. Wenn man sich eine Idee, was das für meine Hengen
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bedeutet, wenn ich jetzt klopfen würde, ich bin Republik für stehen.
1:05:29–1:05:31
Ich habe gerade einen Klopf, lass uns verstehen.
1:05:32–1:05:40
Republik. Flüchtigen, warum Leute? A, B, C, D, F, B, H, N, N, R, E, Kopf, R, E, Kopf, R.
1:05:40–1:05:43
Ja, ist verstanden. Kopf ich A, B, C, D, E, Kopf, R.
1:05:43–1:05:47
Einfach verstanden. Kopf ich runter, ein bisschen E, D, Kopf, R.
1:05:47–1:05:49
Aha, dann müsst ihr auf dem Ding flüchtigen. Könnt euch vorstellen,
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wie immer das aussehen? Ja, der kommt nie wieder drauf. Psychologie.
1:05:53–1:05:55
Und dann hat das gesagt, wir kommen in der Kommunikation, weil wir nach dem
1:05:55–1:05:56
Markt ziehen, es nicht rausgehen.
1:05:56–1:05:59
Dann zwölf den Plastikbecher, dann schöpfen wir das Wasser auszutünneln.
1:05:59–1:06:02
Wenn der Kranfasser kliniert ist, machen wir noch ein Krankeraktor.
1:06:02–1:06:04
Einmal natürlich telefonieren.
1:06:04–1:06:08
Sollten die Zähne abgehörig werden, ist das Recomersenziel hinter sehr stabil.
1:06:09–1:06:13
In dem Bereich, oder in dem Bereich, das wissen wir schon sehr früh,
1:06:13–1:06:15
dass ihr irgendwo mittelversteckt ist.
1:06:15–1:06:17
Deswegen unterhalten nur zu sagen, wie wir es wichtig haben,
1:06:18–1:06:21
immer von dieser Ecke weg. Auch da wollen wir ehrlich sein.
1:06:21–1:06:25
Meine Akte ist mittlerweile 1.014 Seiten. So ein Schadensball im Stasiak.
1:06:25–1:06:29
Da steht drin, dass dieser Rauschanwurf, also nicht Lausschalber,
1:06:29–1:06:32
sondern Lausschalber auf diese Zelle, nur fünf Tage nach Ort.
1:06:32–1:06:35
Wir sind von ausgegangen, dass Sie immer mithören, aber ich bin zu ungedeutend.
1:06:36–1:06:39
Ich bin kein Computershmukler, ich bin kein Geldhändler, ich bin eine kleine
1:06:39–1:06:39
Republik über die Schlegen.
1:06:40–1:06:44
Für mich ist das Mikrofilme. Für mich damals, Mikrofilme zu installieren,
1:06:44–1:06:46
ist die Stasi zu aufwendig.
1:06:46–1:06:49
Wie ich bereits sagte, das erste Mal der Staatssicherheit ist gut,
1:06:49–1:06:54
aber es ist so gut wie immer bei den Verhörern auf dem Hocker und immer auf den Händen.
1:06:54–1:06:57
Sie wollen mir dann die Körpersprache nähen. Das kann nicht sein,
1:06:57–1:07:00
was Sie sagen. Ich kann mich auch nicht aufstehen, kann nicht schlagen,
1:07:00–1:07:02
wo ich gar keinen HVCR habe.
Ali Hackalife
1:07:03–1:07:08
Gab es Überwachung, also dass, wenn ihr geklopft habt, bewusst die Stasi in
1:07:08–1:07:08
anderen Zellen mitkörde?
Hendrik Voigtländer
1:07:10–1:07:14
Anders. Anders. Einer von den drei ist in Spitze. Einer von den drei ist in Spitze.
1:07:15–1:07:17
Ja, also einer bringt mir den Ball, der klopft der Bünder nicht.
1:07:17–1:07:19
Der bringt mir den Ball, der ist sieben Jahre alt als ich. Der Rest,
1:07:19–1:07:22
der reinkommt mit ich in so eine Dreilexel, das ist sieben Jahre Einzelnerv.
1:07:22–1:07:25
Der Zweite ist sieben Jahre alt, da macht man halt so zu mir,
1:07:25–1:07:28
Bünder, zeigt den Schwiegel und macht das Zeichen für Tungenbein.
1:07:28–1:07:30
Da wüsste ich, dass hier irgendwo Mikro ist. Und der Dritte,
1:07:30–1:07:34
der reinkommt, hat eine andere Pregimentierung, an der Hautfahre und der rückt
1:07:34–1:07:36
dabei, wie man uns das gut informiert.
1:07:37–1:07:39
Der hat natürlich nichts wie wir, wird dort richtig in den Klassensfächer,
1:07:39–1:07:44
sagt, ihr habt die Freude, klopft uns zweimal rein in diese Schlüssel und dann
1:07:44–1:07:44
hat er in der Lüschte der Rücher.
1:07:45–1:07:50
Das ist eine spitze, ich weiß nicht, 2018, muss der Drecksau. Was Sie sagen, ist nett.
1:07:50–1:07:53
Ich hab die Tage in so einem Jahr gehabt, 5 Stunden ohne 1000 geredet.
1:07:53–1:07:54
5 Stunden, ich kann erzählen, oder?
1:07:56–1:08:00
Ja, super, krass. Verstehst du, weshalb ich so viele Klicks mache?
1:08:00–1:08:03
Das ist ja eine ganz normale Geschichte, natürlich, ich bin den aufrecht in
1:08:03–1:08:05
irgendwas rausgegangen. Das kann auch nicht jeder sagen.
1:08:05–1:08:07
Verstehst du, im Verhör zehn Stunden auf dem Auto? Also so?
1:08:08–1:08:11
Ja, das kann schon mal sein, dass da der Einzelner in der Amtswelt ja nicht
1:08:11–1:08:14
gut ist. Ja, wo sie sagen, ach, den haben wir auch gar nicht auf der Liste.
1:08:15–1:08:18
Aufrecht in Gang, das ist nicht einfach. Wie gesagt, bei den Referenten sind
1:08:18–1:08:21
ein paar sehr interessantes Werte dabei, so wie jeder kann es nichts sagen.
1:08:22–1:08:23
Schwierig zum Beispiel.
Florian Clauß
1:08:23–1:08:26
Aber wie wurde denn entschieden, wer dann quasi verkauft wird?
Hendrik Voigtländer
1:08:26–1:08:31
Nein. Ich habe keine Vorstrafen. Ich bin Tagesvorseher. Das Tagesvorfall wurde damals schon gebracht.
1:08:32–1:08:35
Damals hat der oberste Rechtsanwalt Vorgehen in der DDR in der Tagesordnung
1:08:35–1:08:39
gefahren. Es gibt andere Wege, als über die Grenze zu gehen.
1:08:39–1:08:43
Und er hat schon gewusst, wenn du hier landest, bist du da furchtendapfer.
1:08:43–1:08:47
Googlen konnte er damals nicht. Verstehst du, wenn du dich hier auf der Straße
1:08:47–1:08:50
anhaltest? Ganz nur Sachen, wie man am besten von Bulgarien in die Türkei kommt.
1:08:52–1:08:55
Diese Person gibt es auch nicht. Wer sowas weiß, der wird mich in der DDR auf
1:08:55–1:08:58
der Straße spazieren gehen. Und gar nicht rauszulösen, wo bin ich da,
1:08:58–1:08:59
wo ich komme? In Quetenburg.
Florian Clauß
1:08:59–1:09:02
Aber du musstest dann schon einen Ausreiseantrag schreiben?
Hendrik Voigtländer
1:09:02–1:09:05
Das wollte ich ja nicht. Ich hatte einen sehr guten Job in Quetenburg,
1:09:05–1:09:09
da war ich hergekommen, einen sehr guten Job gehabt und wirklich viel,
1:09:09–1:09:12
viel Spaß da, auch in der Firma. Das hat mir auch Spaß gemacht, da zu arbeiten.
1:09:12–1:09:15
Und das wollte ich nicht aufs Spiel setzen. Wenn du nämlich keine Leute aus
1:09:15–1:09:19
Quetenburg, die den Ausreise erstellt haben, die sind für den Einsatz zu machen,
1:09:19–1:09:22
aber waren wieder ausgewechselt. Die haben nicht von dir gesprochen, das normal.
1:09:22–1:09:24
Verstehst du, ich wusste, ich kann zwei Leute, die waren wie,
1:09:24–1:09:27
Ich hab mal an die Tür gekröpft, er sagt, ich bin nicht so, dann bin ich weg.
1:09:28–1:09:31
Aber er wollte nicht mehr mit dir in Kontakt. Zwei Personen wollten nicht mehr
1:09:31–1:09:32
mit dir in Kontakt. Und das wollte ich nicht.
1:09:33–1:09:37
Ich wollte nicht aus der Firma entlassen bleiben. Ich hatte keine Arbeit gehabt.
1:09:37–1:09:39
Ich hatte immer einen Job, hatte ich immer Geld.
1:09:39–1:09:42
Mir ging es immer gut. Aber das wollte ich nicht.
Ali Hackalife
1:09:42–1:09:45
Wie war es mit Familie? Repression für deine Flucht?
Hendrik Voigtländer
1:09:45–1:09:47
Die einen. Also meine Mutter war, als die Hausdurchsuchung war,
1:09:48–1:09:52
ist am 2. November lang hier. Am 1. Dezember kommt mein...
1:09:54–1:09:58
Am 3. Oktober festgenommen und am 2. November lande ich hier und am 4.
1:09:58–1:10:00
November ist die Hausdurchschule, wo ich herkomme.
1:10:00–1:10:03
Und meine Mutter hat sich schon vorbereitet, der Nachbars Jünger,
1:10:03–1:10:06
wir sind ja mit Jungs, du bist nach Bulgarien geflogen, der war mit in der Reise.
1:10:07–1:10:10
Und wir sind 33 Leute gewesen, die von Leipzig nach Borges geflogen sind,
1:10:10–1:10:11
zu uns sind dann noch ein Dreisig gegangen.
1:10:11–1:10:14
Also alle wussten im Hotel, wo ich da, als sie da in Borges,
1:10:14–1:10:18
in dem Hotel, wo wir waren, das versucht haben, zwei Leute zu fliegen.
1:10:18–1:10:21
Und dann sagt dieser Herr Weber zu meiner Mutter, die sind beide in einem Flugklasse
1:10:21–1:10:25
gegangen, Märbel, da ist meine Mutter, Nimm mal Platz, was will dein Sohn Hendrik
1:10:25–1:10:28
längere Zeit nicht sehen? Meine Mutter sagt, was ist passiert?
1:10:28–1:10:30
Ja, der hat versucht mit einem Schiff, das war nicht stimmt,
1:10:30–1:10:33
mit einem Schiff von Bulgarien in Türkei zu fliegen.
1:10:33–1:10:37
So, da hat nämlich meine Mutter sich darauf vorbereitet und hat auch,
1:10:37–1:10:40
sie wusste schon von jemanden, vom Kreis Staatsanwalt, wir kannten ein paar
1:10:40–1:10:42
Leute, wir haben den Kunden aus anstehenden Verhältnissen, ja,
1:10:42–1:10:44
ich bin nicht jemand von den Tatsen gewesen.
1:10:44–1:10:48
Sie wusste schon, dass die Leute quasi nicht einfach durch die Räume gehen können
1:10:48–1:10:50
ohne Begleitung. Und es steht auch in der Schlau-Sekte drin,
1:10:51–1:10:54
dass meine Mutter uns dafür unterschreiben muss, dass sie körperlich unversehrt gedehnt ist.
1:10:54–1:10:57
Steht in der Akte drin. Körperlich unversehrt. Muss ich mir vorstellen.
1:10:58–1:11:01
Und dann hat mein Bruder, der hat als Maschinist für Großanlagen in Witterfeld
1:11:01–1:11:03
gearbeitet, in so einen Schaufelräume gefahren.
1:11:04–1:11:07
Den haben sie einen Dakob, fünf Leute, fünf Personen, fünf Personen.
1:11:07–1:11:08
Und dann hat sie gesagt, was?
1:11:09–1:11:11
Mein Bruder wurde fliegt? Er vermusste ich ja überhaupt nicht.
1:11:12–1:11:15
Und konnte nach dem Laufen stimmen, konnte wieder gehen. Das war's. Na ja, so ist das Geld.
Ali Hackalife
1:11:17–1:11:18
Träumst du noch von der Haft?
Hendrik Voigtländer
1:11:18–1:11:22
Also das einzige Mal, das kann ich dir noch erzählen, als interessante Story,
1:11:22–1:11:25
es gibt ja so Flashbacks da, wo du wach wirst, oh Gott,
1:11:25–1:11:29
ja, aber ich habe irgendwo geslafen, es stand im Jahr 2000, ich habe einen Blut
1:11:29–1:11:31
geführt, ich stand nicht mal in der Schrecklich-Vorbe, vier Sprachen,
1:11:31–1:11:34
zwei Zähne, ja, Ivo liegt übrigens sehr,
1:11:35–1:11:39
und der stand vor meinem Bett, und ich habe, ich habe, ich habe,
1:11:39–1:11:43
oh Gott, der stand vor meinem Bett, es war ja nicht an, ich habe zur Überschreit,
1:11:43–1:11:46
ich glaube, es ist so. Da stand der Tisch nicht vor meinem Bett.
1:11:47–1:11:53
Da stand irgendwie Gurgel so, ja, ich hab nie weder vor noch nachts in dem Land geholfen. Echt?
1:11:54–1:11:57
Ja, ich bin mit, damit hab ich ja gewonnen. Damit hab ich ja den Schlüssel,
1:11:57–1:11:59
da hab ich dich klar sehen. Aber es hat so richtig vorgemacht.
1:12:00–1:12:02
Wenn ich im ganzen Tag sage und sage, natürlich ist es auch falsch.
1:12:02–1:12:05
Ja, ich wünsche ich keinen. Also nicht nur so gerade auf das hier.
1:12:06–1:12:09
Ja, das ist schwierig. Aber ich habe mich jetzt am Ende der Pech gewonnen.
Florian Clauß
1:12:09–1:12:12
Und wie sind die Gefühle gegenüber den Wärtern und denen.
Hendrik Voigtländer
1:12:13–1:12:16
Die das... Das war ein Wärter und der Erste, der zu mir gesagt hat,
1:12:16–1:12:20
kommen Sie, der hat mir Hürde getragen, Bullträger, der auch auf halber Zeit
1:12:20–1:12:23
noch stehengegeben ist und wollte wissen, wie die Hartbedingungen sind,
1:12:23–1:12:25
sie würde ich heute noch die Hand geben. Der war wirklich nett.
1:12:26–1:12:30
Der hat auch in die Zelle reingelassen, dass er nicht darf, es steht,
1:12:30–1:12:32
es ist alles dokumentiert.
1:12:32–1:12:34
Am 4. November bekomme ich die Rechtsanwälte.
1:12:35–1:12:37
Und da habe ich mir gedacht, du schreibst hier nur aus der Rechtsanwälte an.
1:12:38–1:12:44
Nur, der stand nicht mit drauf. Dann habe ich diesen Mann, mit den anderen kam ich nicht gar.
1:12:44–1:12:47
Der tippte in die Zelle rein, ich sagte, welchen Rechtsanwälte soll ich nehmen?
1:12:49–1:12:52
Und dann tippte er an den Unterhändler von Halle, den musst du nehmen,
1:12:52–1:12:53
den habe ich auch angeschrieben.
1:12:55–1:12:57
Rechtsanwalt, also ich habe dem am 4. November geschrieben, den Brief,
1:12:57–1:13:00
der wurde so nie angekommen. Erst als meine Ohren übergriffen,
1:13:00–1:13:02
war auch von der Schulenburg, im Hofwissen, da wach.
1:13:02–1:13:05
Das sieht man in meinen Notanlagen, am 16. Dezember bekommt der Rechtsanwalt
1:13:05–1:13:07
Vogel von der Schulenburg einen Fax.
1:13:08–1:13:11
Der Rechtsanwalt Vogel hat die Oblecke, seine Kanzlei gehabt, ja nun zu draußen.
1:13:12–1:13:15
Und am selben Nachmittag kommt der Unterhändler Albrecht nach Halle zur Stasi
1:13:15–1:13:18
und sagt, das ist kein Scherz, quatschen Sie ein bisschen schneller,
1:13:18–1:13:19
wollen Sie besser oder nicht? Das war man nicht sagen.
1:13:20–1:13:22
Ich habe es Ihnen gesagt, das kann doch nicht wahr sein. Was ich nicht darf,
1:13:22–1:13:25
ich stehe im Haus auf dem Raum, weil ich so perplex war, quatschen wir ein bisschen,
1:13:25–1:13:31
ich darf mich nicht umdrehen, selbst der Werther hat nichts zu mir gesagt,
1:13:32–1:13:34
genau so sehen der Werther, wie irritiert ich war.
1:13:34–1:13:37
Quatschen sie ein bisschen schneller, waren sie im Westen oder nicht,
1:13:37–1:13:40
ich hatte so viel auf der Seele und der Rechtsarbeiter kriegt natürlich für 1000 DM,
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also für die Vermittlung, der sagt zu mir quatschen wir ein bisschen,
1:13:44–1:13:47
wir sind ein bisschen bei ihm eingeritten, nach einer Saade,
1:13:47–1:13:50
mit ein paar anderen Leuten haben richtig eingeritten, richtig derart oder nach,
1:13:50–1:13:53
ich möchte meinen Schmutzhohl haben, Da hat die Sekretär nach einer Handstimmung
1:13:53–1:13:55
gesagt, wenn sie nicht das Haus verlassen, hol die Grillzahl. Das ist einfach egal.
Florian Clauß
1:13:57–1:14:01
Aber ich meine, die Devisen, die da rausgefallen sind, das war ja fast eine eigene Industrie.
Hendrik Voigtländer
1:14:03–1:14:07
Natürlich. Die haben 3,55 Milliarden D-Mark für uns bekommen.
1:14:07–1:14:09
Milliarden. Ja, das ist Wahnsinn.
Ali Hackalife
1:14:10–1:14:14
3,5 Milliarden D-Mark West, das ist fast 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der DDR.
Hendrik Voigtländer
1:14:16–1:14:19
So, das ist so, wir sind die Augenade, wenn man die hier sieht.
1:14:19–1:14:22
Am Tag darf man sich, glaube ich, diese Holzbrüche als Gefangener nicht aufhalten.
1:14:22–1:14:26
Als ich ankam, bekam ich einen Lagen. Ich bekomme 14 Tage eine Dratze.
1:14:26–1:14:28
Nachwalt 14 Tage ins Neue Deutschland.
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Nach 14 Tage, da braucht man Schachspiel, kurz um einander, sind sie gar ins
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Gartspiel drin. Nach vier Wochen nachher ich hier Liebschlitz machen. Da habt ihr mehr als 8.
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September bekommen. Wobei ich nicht mag, Liebschlitz bekommen.
1:14:39–1:14:41
Auch mal eine CDI-Schnitz. Da habe ich den nochmal versetzen.
1:14:41–1:14:43
Ich habe hier aber richtig gewandelt. Auf Frankreichs ganz real.
1:14:43–1:14:46
Aber so, wie ich es jetzt gerade mache, nicht. In dem Mai, da wo hier steht,
1:14:46–1:14:47
da steht noch ein Tisch. Da hört man oben.
1:14:48–1:14:51
Das ist so eine Zelle von denen. Gibt es Hinzungen zu der Zelle?
Ali Hackalife
1:14:51–1:14:53
Bist du auch gewandert, um die Zeit umzubekommen?
Hendrik Voigtländer
1:14:54–1:14:57
Nee. Nee, überhaupt nicht. Ich habe immer Programme.
1:14:57–1:15:00
Also ich habe immer Programme. Also du kannst zum Beispiel in Deutschland das
1:15:00–1:15:03
Kreuzwort dritte lösen. Dann haben wir hier Samstagabend war unser Skalspiel.
1:15:04–1:15:06
Glaubt man nicht, dass ich am Samstagabend hier am Tisch gewirrsen habe, wo man haftgeweigen.
1:15:06–1:15:11
Wir haben vor Tränen gelacht, haben wir hier Tränen, haben wir nicht laut.
1:15:11–1:15:14
Das geht nicht. Hahaha, das geht nicht. Damit provoziert es zu sehen.
1:15:15–1:15:17
Aber dass ich am Tisch, wenn die Tränen nicht nur einmal ausgewischt haben,
1:15:18–1:15:20
wenn wir Skals gespielt haben, wir haben so gelacht, aber endlich laut.
1:15:21–1:15:24
Ich sag's noch mal für ein bisschen Schritt nach vorne. Ich hab dann gesagt,
1:15:24–1:15:26
ich hab dann mal einen Liegestütz gemacht, wenn die ja nur neun zu verhörsen,
1:15:27–1:15:28
dann mach ich meine 10 Liegestütze.
1:15:28–1:15:30
Hab hier die Schachfiguren, dann stell ich eine Schachfigur hin,
1:15:30–1:15:33
mach eine Pause, das ist ziemlich hell, mach dann wieder 10 Liegestütze und
1:15:33–1:15:36
mach das dann ganz nah. Ich hab dann X99 Liegestütze.
1:15:36–1:15:39
Vier Monate, ein Monat, nur geil. Stasi vier Monate, insgesamt.
1:15:39–1:15:40
Also nicht nur hier, auch alle nach Wagen.
1:15:41–1:15:44
Und dann komm ich, das wird die Leute, die sich sehr irritiert,
1:15:44–1:15:45
das sind insgesamt im Siebenknasten.
1:15:45–1:15:48
Dann muss ich über Leipzig nach Rackvitz. Und Rackvitz ist ein Leichtspitalwerk,
1:15:48–1:15:51
wo ich nochmal zwei Monate arbeiten muss.
Ali Hackalife
1:15:51–1:15:54
Was macht man, wenn man rausgekauft wird? Gibt es vor allem im Westen ein Programm,
1:15:55–1:15:58
das der Blickflüchtling aufgenommen hat? Oder warst du dann auf einmal in Westdeutschland?
Hendrik Voigtländer
1:15:59–1:16:04
Naja, ich hatte ja meine Oma. Aber das Programm war, also was auch noch wichtig
1:16:04–1:16:08
ist, zum Beispiel aus Gießen, wir haben erstmal 50 DM bekommen.
1:16:08–1:16:10
Jeder hat da 50 DM bekommen, also du konntest erstmal einkaufen gehen.
1:16:11–1:16:13
Essen, Trinken war in Gießen, Essen war gut.
1:16:13–1:16:16
Ja, in Gießen, das war natürlich schon mal ein anderes, wenn ich mal ein Norbert kaufe und sowas.
1:16:16–1:16:19
Nach sieben Tagen hat mich, glaubte ich denn, also ich hätte es auch vorher
1:16:19–1:16:21
schon gekonnt, vom Fahrt von Main nach
1:16:21–1:16:24
West-Berlin, auch den Flug hat die Bundesrepublik Deutschland bezahlt.
1:16:24–1:16:27
Das hat damals über 350 D-Mark gegostet. Das habe ich nicht vergessen.
1:16:27–1:16:33
Das Taxi dann vom Flughafen Tegel zum größten Gamm zum Radrum hat man unterbezahlt, 23 D-Mark.
1:16:34–1:16:36
Aber auch das habe ich nicht vergessen. Du konntest natürlich ein Programm machen,
1:16:37–1:16:38
aber ich hatte keinen Bock darauf.
1:16:39–1:16:41
Ich wollte auch keine anderen, meine Herren mich 1990 immer gefragt,
1:16:41–1:16:44
ob ich hier arbeiten will. Ich habe eine betreue Rundsenat. Da habe ich wieder
1:16:44–1:16:45
Frau Schulz und war zu dem Mittwochland.
1:16:46–1:16:50
Fahren Sie mich nicht noch mal. in Hochschulenhaus würde ich niemals arbeiten.
1:16:50–1:16:54
Da würden Sie sich mit einer anderen Republikfischung niemals in Kontakt haben. Nein!
1:16:54–1:16:56
Wie können Sie mich denn fragen, ich habe mich dann entschuldigt bei ihr,
1:16:57–1:17:00
weil ich mich wundervolle Frage, wie können Sie mich fragen zehn Jahre nach
1:17:00–1:17:02
der zweiten Mauer, ob ich hier arbeiten soll, ich will hier nicht arbeiten,
1:17:02–1:17:04
13 Jahre später Peter Schaden meinen.
1:17:05–1:17:10
Das ist das Leben. So, komm, so kommen. Ja, so ist das Leben.
1:17:11–1:17:14
Was ist damals hier, hier hinterher schreiben die Spitze für uns die Berüchte.
1:17:15–1:17:18
Essen ihren Bräuler, kennst du den Bräuler noch? Gucken DDR-Fernsehen.
1:17:19–1:17:21
Das Programm ist eher nicht gut.
1:17:21–1:17:25
Ja, ich bin ja ein Mensch von MDR, der Mitteldeutsche Rumpfung gibt sich große Mühe mit mir.
1:17:25–1:17:29
Aber wenn ich diesen Unsinn höre, am Samstagabend haben die Ostdeutschen den
1:17:29–1:17:32
Kessel Bundes geguckt. So war es nicht.
1:17:32–1:17:36
Also wir, wir, mein großer Bekanntenkreis, wir haben West-Tanzen geguckt.
1:17:36–1:17:39
Wir fanden den Inspektor Schimanski, Wetten, das verstehen Sie Spaß.
1:17:40–1:17:43
Rudi Carell war doch immer ein großes Kino, viel unterhaltsamer.
1:17:43–1:17:44
Das Kinderprogramm war gut in der DDR.
1:17:45–1:17:49
Wir fanden den DDR2 besser als Stimme der DDR. Ja, das West-Programm war besser.
1:17:49–1:17:52
Das war besser auch, wir haben vor Arbeit, HR3 gehört, das war besser auch hier
1:17:52–1:17:55
in Berlin, weißt du. Die haben Musik nach der Schule gehört.
1:17:55–1:18:01
RIA 2 oder RS2, RIA 2 war es damals, oder SFB 2, das war viel bessere Unterhaltung als das DDR-Radio.
1:18:01–1:18:05
Klar gab es mal am Abend, man guckt doch mal den Kesselbundes,
1:18:05–1:18:06
das will ich auch gar nicht sagen,
1:18:06–1:18:09
aber wir am Montagmorgen, guck mal, ich habe ja Grenzbrigade Küste,
1:18:10–1:18:12
was denkst du, die haben sich extra die, Dallas, haben sich extra die Serien
1:18:12–1:18:15
schreiben lassen, so war das damals, heute schreibst du eine E-Mail,
1:18:15–1:18:18
damals haben die das als Brief schreiben lassen, was in der Serie Dallas,
1:18:18–1:18:21
das war so eine, weißt du, kennst du das, das war so eine amerikanische Serie,
1:18:22–1:18:24
haben sich extra was schreiben lassen, wir haben nur über Westfernsehen,
1:18:24–1:18:27
natürlich wer kein Westfernsehen bekommen hat, Dresden, Strassuth hat auch keinen
1:18:27–1:18:30
guten Westempfang gehabt, die Ecke da, ja, die könnten kein Westfernsehen gucken,
1:18:30–1:18:34
oder wenn ich in der Partei war, in der SED war, ist es auch nicht so gut,
1:18:34–1:18:36
wenn man so viel den Westfender geguckt hat.
1:18:36–1:18:39
Aber wir, die kleinen Leute, wir haben am Montagmorgen über die Bundesliga,
1:18:40–1:18:43
die Sportschau gesprochen, über die Tagesschau gesprochen und nicht über das DDR-Programm.
1:18:43–1:18:47
Aküle Kammer und Karl-Heinz von Schmitz, leer haben wir nicht geguckt.
1:18:47–1:18:49
Ja, wir fanden das Programm best, haben wir besser.
1:18:54–1:18:59
Wir sind wie in Tirol noch anders. So ist es. Das ist die Aus...
1:18:59–1:19:03
Deswegen hat sich das Politbüro, ihr müsst es ja wissen, das Politbüro hat sich
1:19:03–1:19:06
damit beschäftigt, in Dresden Westfernsehen zu...
1:19:07–1:19:12
Weißt du das? Nee. Sie haben sich damit beschäftigt, weil da die Ausreisenwelle
1:19:12–1:19:14
am höchsten war. Die Ausreisen waren in Dresden am höchsten.
1:19:14–1:19:17
Deswegen hat sich das Politbüro, kannst du googeln, hat sich damit beschäftigt,
1:19:17–1:19:19
dass Dresden Westfernsehen gekommen ist.
Ali Hackalife
1:19:19–1:19:22
Ich dachte, dass die Ausreise aus Dresden so hoch war, weil die über die Uni
1:19:22–1:19:24
halt auch viele Westkontakte hatten.
Hendrik Voigtländer
1:19:24–1:19:27
Das war eines der Gründe, weil sie kein Westfernsehen sind, die sind ja echt
1:19:27–1:19:30
nach Berlin gefahren, nach Berlin und Westfernsehen. Das ist kein Scheiß.
1:19:31–1:19:33
Ihr hört mich da hinten, ja, geh mal rein, geh mal ein Stück rein,
1:19:33–1:19:35
dann kann ich euch das mal erklären, wie das hier so aussieht.
1:19:35–1:19:37
Ich sitze da auf dem Hocker auf den Helden, wenn die Feuerwehr fahren,
1:19:37–1:19:39
wenn die Feuerwehr fahren, laufen immer zwei Turmbänder.
1:19:40–1:19:43
Ein Turmband läuft auf den Tisch, das zweite Turmband läuft da im Schrank.
1:19:43–1:19:47
Von dem Turmband auf den Hocker, auf den Händen, im Schrank weiß ich nichts,
1:19:47–1:19:50
diese Leute und Herstuhl mögen uns überhaupt nicht, kommt da das Turmbänder nicht ran.
1:19:51–1:19:54
Damit er jetzt nicht sagt, dass wir uns beiden ich mach mal das Turmbänder auf
1:19:54–1:19:56
den Tisch aus, wenn du das sagst, kannst du ergehen.
1:19:57–1:20:01
Für mich, klein Mann, zwei Turmbänder, das System ist krank. Nicht immer, aber oft.
1:20:01–1:20:03
Wenn die Frau Romane ist von Flur in den Roten Lamm gegangen,
1:20:03–1:20:06
eine Videokamera zentral habt ihr da und die andere Videokamera zentral habt ihr da.
1:20:07–1:20:11
Ja, guck mal kurz rein, wen das sieht. Geh mal rein, da sitzt er da auf dem
1:20:11–1:20:13
Hock auf den Händen, die Frau Romane, das ist weit. Turmbänder läuft da an den
1:20:13–1:20:14
Schranken, von dem ich nichts weiß.
Ali Hackalife
1:20:14–1:20:19
Der Klaus Cordon erzählt, dass er Raucher ist und er damit gefoltert wird,
1:20:19–1:20:21
dass man ihm sagt, hier sind drei Zigaretten, aber nur ein Streichholz,
1:20:21–1:20:27
damit man auf einmal rauchen kann, aber nicht, wie man sich das selbst einteilen möchte.
Hendrik Voigtländer
1:20:27–1:20:29
Das kenne ich nicht, das habe ich noch nicht gehört.
1:20:30–1:20:33
Ja, es gibt immer wieder Schikanen, aber wie gesagt, ich bekomme das nicht mit
1:20:33–1:20:36
Zigaretten, ich bin nicht Schraucher, so gewesen, aber das Verhältnis zwischen
1:20:36–1:20:36
ihm und mir ist verstanden.
Ali Hackalife
1:20:36–1:20:39
Womit hat man dich geködert? Also es gab ja so ein Entgegenkommen.
Hendrik Voigtländer
1:20:40–1:20:42
Ja, ich komme vielleicht drauf. Wir sagen gleich mal einen Satz dazu.
1:20:43–1:20:46
Tja, das Haus wurde wieder renoviert, das ist zum Beispiel ein großer Kostenfaktor
1:20:46–1:20:47
gewesen hier, ja, diese Verblendung.
1:20:48–1:20:52
Das war auch einer der großen hinten Fahrstuhl, nicht nur, aber jetzt die Tapetenre gemacht.
1:20:52–1:20:54
Das Haus wurde für acht Millionen, ein paar anderthalb Jahre,
1:20:54–1:20:57
wie gesagt, die Hälfte der Bundesrepublik bezahlt, die andere Hälfte der Berliner Senat.
1:20:58–1:21:01
Teure Geschichte. Wenn du am Tag 2009 da hast, musst du natürlich auch irgendwann mal renovieren.
1:21:02–1:21:06
Wir können uns gerne auf den Händen, auf den Händen, meine Herren,
1:21:07–1:21:09
auf den Händen, setzt sich mal jemand hin von euch. Sehr gut.
1:21:11–1:21:13
Ja, sehr gut. Du sitztig damals da, wenn die Feuerwehr um an,
1:21:13–1:21:17
wenn die Feuerwehr um an steht, wenn die Feuerwehr um an steht hier im Tonband,
1:21:17–1:21:19
das Mikro steht da und das Feuerwehr um an steht hier im Schrank,
1:21:20–1:21:20
dann nehme ich nichts weiß.
1:21:21–1:21:24
Leute, wir mögen uns überhaupt nicht. Ich möchte ihn noch nicht treffen.
1:21:24–1:21:28
Ich fahre bestimmt fünf, sechs, sieben, acht Mal nach einem Glas Wasser,
1:21:28–1:21:31
Kopfschmerztablette, ob ich auf die Toilette gehen kann.
1:21:31–1:21:34
Das gibt es bei ihm nicht. Er sitzt auch zehn Stunden hier von ihm.
1:21:34–1:21:38
Er braucht eine Leistung. Zehn Stunden sitzt er hier und trinkt seinen Kaffee.
1:21:39–1:21:43
Ich kann es doch mal sagen, ich habe die Leute hier sitzen, tiefste Verachtung.
1:21:43–1:21:47
Er war dann an den Totenstationsgeschäftler, zwei Jahre älter als ich,
1:21:47–1:21:48
und lässt mich nicht auf die Toilette gehen.
1:21:48–1:21:51
Er sagt, es gibt keine Toilette. Natürlich, es gibt ja nicht keine Toilette.
1:21:51–1:21:55
Wenn die Feuerwehrwohnstätüren und Drangbein nicht machen, die haben kein Verhör in der Tür.
1:21:56–1:22:00
So, das ist wichtig. Ich darf nach 80 Tagen zu deinem Vorgesetzten lösen dich gleich.
1:22:00–1:22:03
Wenn man sagt, was man in gut aussehen. Normalerweise ist erst mal nach 80 Tagen
1:22:03–1:22:07
sicht sich im Gesicht und im Licht. Ja, du lüsst es immer mit dem Gesicht im Licht.
1:22:07–1:22:10
Das darf man mal in gut aussehen. Normalerweise ist ein riesengroßer Raum, ganz anders als hier.
1:22:10–1:22:13
Er sagt zu mir, Händen, ich werde mit Vornamen umgeschworen,
1:22:13–1:22:16
nehmen Sie am Tisch Platz. Das geht bergauf mit dem Ocker an den Tisch.
1:22:16–1:22:18
Daran geht es kaum. Zeig mal, ob dir dein Händ ist.
1:22:19–1:22:23
Sieht ihr das? Und dann brauchst du zwei Minuten? Krass. Krass.
1:22:25–1:22:26
Zehn Stunden kannst du das vorstellen?
Ali Hackalife
1:22:27–1:22:28
Ich hoffe nicht.
Hendrik Voigtländer
1:22:28–1:22:31
Ja, nee, ich sag, du musst mal so eine Vorstellung. Und er ist nicht dumm.
1:22:31–1:22:33
Nicht, dass du denkst, er fragt hier zehnmal hintereinander,
1:22:33–1:22:35
wollten sie fliegen, wollten sie fliegen, wollten sie fliegen.
1:22:36–1:22:38
Er stellt keine dummen Fragen. Nicht, dass du denkst, das ist jeden Tag,
1:22:38–1:22:40
du hast ja ein anderes Thema.
1:22:40–1:22:43
Das ist natürlich dumm, wenn er mich eine Stunde dazu befragt,
1:22:43–1:22:45
warum ich mit in die VR Ungarien Kaffeefee trittet.
1:22:46–1:22:49
Das ist eine Stunde nur das VR. Er kann mir nicht beweisen, wie der Leutnant
1:22:49–1:22:50
herrscht, dass ich fliegen will.
1:22:50–1:22:53
Ich glaube, mal 80 km zu sein vorgesetzten Mario Grossmann. Das sagte ich bereits,
1:22:53–1:22:56
ein gutaussehender Mann. Mario Grossmann sagt zu mir, ich habe für Sie,
1:22:56–1:23:00
Hendrik, Hendrik Sieh, einen Schriftstück vorbereitet, aber es steht,
1:23:00–1:23:02
dass ich über die haftbedingende DDR keine Auskunft zu geben habe.
1:23:03–1:23:05
Wenn du jemanden in der DDR getroffen hast, kann man eine zweite Jankmusskultur
1:23:05–1:23:09
um Brocken zu fliegen. Wenn du die gefragt hast, du hast in meiner Straße gesessen, wie war es denn?
1:23:10–1:23:13
Warum lachst du mich an? Ich habe dir eine Frage gestellt, die überhaupt noch nicht reden.
1:23:13–1:23:15
Mario Grossmann sagt zu mir, sehr, sehr freundlich, wenn Sie das so unterschreiben,
1:23:16–1:23:19
Hendrik, hört gut zu, linke Seite ist der Ausgang, dass ich über die haftbedingende
1:23:19–1:23:22
DDR keine Auskunft zu geben habe, linke Seite ist der Ausgang in die sozialistische,
1:23:22–1:23:25
in Deutschland spricht DDR, Oder müssen Sie dann Zellen bleiben?
1:23:25–1:23:31
Was hat sich dann gesagt, DDR und Zelle? DDR-Zelle. DDR-Zelle gibt es nicht, DDR und Zelle. Ach DDR.
1:23:32–1:23:33
DDR. DDR.
1:23:36–1:23:38
Du sagst Zelle? Er sagt DDR? Was habe ich nach 80 Tagen gesagt?
1:23:38–1:23:42
DDR und Zelle? Ich würde DDR sagen. Was habe ich nach 80 Tagen gesagt? DDR und Zelle?
Ali Hackalife
1:23:42–1:23:45
Du bist aufrecht hier rausgegangen. Du bist in der Zelle geliehen. Natürlich.
Hendrik Voigtländer
1:23:47–1:23:52
Ich wusste das. Ja, ja. Ich will zurück. Danke. Ich will zurück in den Zellentrakt.
1:23:52–1:23:58
Er guckte mich etwas irritiert an, war ja ein Profi, die Tür ist offen und sagte,
1:23:58–1:24:00
Hendrik, warum zurück in den Zellentrakt? Ich habe ihm eine Antwort,
1:24:00–1:24:01
bitte nicht falsch verstehen.
1:24:02–1:24:04
Nicht mit dem Kopf nach oben, sondern mit dem Kopf nach unten.
1:24:04–1:24:07
Herr Major, wissen Sie, was ich die letzten Monate mitgemacht habe?
1:24:08–1:24:09
Er hat auf die Frage nicht geantwortet.
1:24:09–1:24:12
Nach einer klitzelkeilen Pause habe ich ihn gefragt, was passiert mit mir.
1:24:12–1:24:17
Er sagte, Sie bekommen ein Jahr und sechs Monate. Das hat der Zellmisch mit mir schon gesagt.
1:24:17–1:24:19
Sie haben mich auf das Gespräch in der Zellmischung vorbereitet.
1:24:19–1:24:24
Und er sagte danach wortwörtlich, und Ostern sitzen Sie bei Ihrer Oma im Kurwesten
1:24:24–1:24:25
zusammen und trinken Kaffee.
1:24:25–1:24:29
Ich habe ein kleines bisschen selbstbewusster gefragt, Herr Major, wann ist Ostern?
1:24:29–1:24:33
Er sagte zu mir am 15. April, am 5. April 89 war Ostern. Ich habe nicht bei
1:24:33–1:24:36
meinem Ohr gesessen am Kohlfirsendamm, habe Kaffee getrunken.
1:24:36–1:24:40
Ich werde erst am 9. Mai 1989 an die Bundesrepublik Deutschland verkaufen.
1:24:41–1:24:44
Ich bin einer von knapp 34.000 Bürgern, die frei gekauft wurden.
1:24:44–1:24:47
Die Kanzlerin ist Willy Brandt, Helmut Schmidt, Helmut Kohl,
1:24:47–1:24:50
die Außenministerin Genscher, der Bundesrepublik von Weizsäcker.
1:24:50–1:24:54
Die Leute haben dafür besorgt, dass wir mit Respekt und Wörter landet wurden.
1:24:54–1:24:57
Und ich zum Menschen warten, wie es die Bürgaren und die der Staatssicherheit gemacht haben.
1:24:58–1:25:00
Ich bin sehr stolz, dass ich einer von Leuten bin, die es auch halbwegs mit
1:25:00–1:25:04
Tagenschaften haben. Du darfst in dem Moment nicht sagen, also ich,
1:25:04–1:25:06
ja, was hätte ich in meiner Heimat sagen sollen?
1:25:06–1:25:09
Du siehst ja ganz schön scheiße aus, wer kommst du jetzt gerade?
1:25:12–1:25:15
Für die Nummer, die eine Waktorite bekommen. Ja, musst du auch richtig leben.
1:25:16–1:25:18
Komm, wir gehen fast in eine Idee. Auslands.
1:25:19–1:25:27
Zelle, ich bin die Zelle, amigo. Ich wüsste, das ist egal, ich habe gesagt, ich würde.
Florian Clauß
1:25:28–1:25:29
Ja, ich würde.
1:25:31–1:25:33
Ich glaube, ich hätte es nicht so ausgehalten.
Hendrik Voigtländer
1:25:35–1:25:39
Bist du unter Kinderschein? Da musst du aufpassen. GDR-Republikverschüler.
1:25:40–1:25:43
So, zeig ich euch noch ein paar Bilder von mir. Wir müssen mal gucken,
1:25:43–1:25:44
wie wir von der Zeit her sind.
1:25:45–1:25:48
Wir sind schon weit drüber, aber ich zeig euch trotzdem noch ein paar Bilder.
1:25:49–1:25:52
Er hatte die Idee zur Flucht. Warte mal, fang ich mal bei dir an.
1:25:52–1:25:54
Das ist mein Schulfreund, er hat die Idee gehabt zur Flucht.
1:25:54–1:25:55
Das ist der Schulfreund von mir.
Ali Hackalife
1:25:56–1:25:58
Das ist aber nicht der Leistungssportler. Nee, nee, die zeig ich gleich.
Hendrik Voigtländer
1:25:58–1:26:01
Das ist der Schulfreund von Jürgen, der Idee gehabt zur Flucht.
1:26:02–1:26:04
Er hatte die Idee, ne, gab es zur Flucht. Das ist kurz vor der Fluchtum Begeinheft
1:26:04–1:26:07
genommen worden. So seh ich kurz vor der Flucht aus. Das ist eine von den guten
1:26:07–1:26:09
Quarzohren. Ich lache noch viel.
Florian Clauß
1:26:09–1:26:10
Darf ich die aufnehmen?
Hendrik Voigtländer
1:26:10–1:26:14
Ich sage immer viel, ich bin immer sehr lustig. Ja, das ist nach vier Wochen
1:26:14–1:26:17
begeistert. Ich sage nicht mehr, das wird hier ausgenommen. Das ist ein Bild aus der Stadion.
1:26:18–1:26:22
Nach vier Wochen begeistert sehe ich sehr aus. Hast du da einen Akte?
1:26:22–1:26:25
Ja, nee, nicht alles. Nicht alles davon. So sehe ich, Moment.
1:26:27–1:26:29
Festnahme sehe ich nach sieben halben Monaten aus. Kein Bild machen mehr.
1:26:29–1:26:32
Ja, so sehe ich aus nach sieben halben Monaten. Das ist doch nicht erdnass.
1:26:33–1:26:35
Elf Tage später sieht es so aus. Zwischen dem Bild und dem Bild sind elf Tage.
1:26:36–1:26:39
Oma kocht gut am Kuchen. Das sieht trotzdem scheiße aus, ja. Ja, ist ja so.
1:26:40–1:26:42
So sieht er aus, wenn die deutsche Nationalmannschaft gut spielt.
1:26:42–1:26:45
Das ist Mike, der Leitstainsportler, hab ich euch erzählt, der auf den Daumen-Liegeschnitz macht.
1:26:45–1:26:49
Ja, das ist Mike. Der ist zur Zeit mit dem Schiff nach Alaska.
1:26:49–1:26:49
Der hat mir ein Bild geschickt.
1:26:50–1:26:53
Im Video, sorry. Der schickt ihm ein Bild, der fährt mit dem Schiff nach Alaska
1:26:53–1:26:55
einfach so. Der ist ein Kunde, du, kann ich dir sagen.
1:26:56–1:26:58
Sechs Sprachen, aber kann keine Jugendliche machen. Der kann es mental leider nicht.
1:26:59–1:27:02
Der hat bis zum letzten Tag in der Aknast gesessen. Der weint bei den Thüringen. Der weint.
1:27:03–1:27:05
Der kann es nicht. Also Köpper will ich mir immer noch überlegen.
1:27:05–1:27:07
Der kann das immer mit dem Liegeschnitz, ja. aber kann es nicht.
1:27:07–1:27:09
Und das ist der Zellenspitze, das ist der David, der schreibt nämlich Berichter.
1:27:09–1:27:11
Und das ist mein Podcast. Wollt ihr mal ein Bild machen? Könnt ihr euch mal
1:27:11–1:27:13
die Zluft anhören? Macht mal ein Bild, das Buch dazu.
1:27:14–1:27:17
Das ist im Moment sowieso ausverkauft, aber vielleicht kannst du dir mal,
1:27:17–1:27:20
da sind 30 Zluftgeschichten. Ja, zweimal bundesweit ausverkauft.
1:27:20–1:27:21
Das ist sehr interessant.
1:27:22–1:27:25
Aber wie ist das Buch? Das sind Niedersachsen und Sachsen-Analatine.
1:27:25–1:27:29
Das war zur Leipziger Buchmesse vorgestellt. Und nach zwei Monaten bundesweit zweimal ausverkauft.
1:27:31–1:27:34
Aber es ist eine Fluchtgeschichte, ja, also zum Beispiel Brockenbennus dabei.
1:27:34–1:27:37
Brockenbennus ist jemand, der als die Mauer fällt. Ich bin 9000 Mal auf dem Brocken.
1:27:38–1:27:42
9000 Mal, der Brocken ist 1142 Meter hoch. Du durftest 9000 Mal hoch und runter.
1:27:42–1:27:45
Leider vor der Veröffentlichung des Buches, kurz vorher ist er gestorben.
1:27:46–1:27:48
Sehr, sehr gutes Buch. Ich kann es nur empfehlen. Das ist wirklich was,
1:27:48–1:27:51
wo man sagen kann, nicht nur ostdeutsche Fluggeschichte, auch westdeutsche Fluggeschichte.
1:27:52–1:27:55
Wir haben große Filme gedreht, unter anderem aus Steven Spieberg und von Hemsie
1:27:55–1:27:58
2014. Die haben unsere Lichtanlage daraus kaputt gemacht.
1:27:58–1:28:02
Der Fullise mit Kat Vincent wurde gedreht, die ARD-Fansiv, Weißen Seebogen gedreht
1:28:02–1:28:06
und der sehr gute Film Nahschuss, habe ich vorhin schon darauf aufmerksam gemacht,
1:28:06–1:28:07
mit Lars Eidinger wurde ja auch gedreht.
1:28:08–1:28:10
Die Stasi hat dafür gesorgt, dass man sich nicht das nehmen nimmt,
1:28:10–1:28:13
deswegen ist die VW hier drin. Wenn die Vorhörerung auf die Rote Langbahn gegangen
1:28:13–1:28:15
ist, also die Kahlbahnbahn kennt ihr auch.
1:28:15–1:28:20
Unter normalen Umständen haben wir am Tag zwischen 1000 und 2500 Befugel, was hier los ist.
1:28:20–1:28:23
Wir bieten die Führung in Zehensprache an, ich bin einer von 110 Referenten.
1:28:23–1:28:24
Es ist gut, dass so viele Leute herkommen.
1:28:24–1:28:26
Wir werden uns noch draußen verabschieden, weil es noch ein,
1:28:26–1:28:29
zwei Sätze draußen ist und die Führung zu Ende. Ja, wir sind schon weit drüber.
1:28:30–1:28:31
So, vorhin, komm, wir gehen runter.
1:28:32–1:28:34
So, damals ist hier Leichtstrom drauf, nochmal das zu Ende zu führen,
1:28:34–1:28:36
die Führung hier, was wir sonst nicht machen.
1:28:36–1:28:38
Ja, wir sind weit drüber von der Zeit her, aber wir mussten natürlich,
1:28:38–1:28:40
wenn der Podcast schon mal läuft, dann müssen wir das auch mal bis zum Ende
1:28:40–1:28:42
durchführen. Sorry, dass wir drei Minuten noch überziehen.
1:28:43–1:28:45
Hier ist damals Leichtstrom drauf, wenn sich hier eine Taubel draufsetzen,
1:28:45–1:28:49
hatten die drin Alarm. In diesem Areal arbeiten damals 255 Leute, Stasi-Tag und Nacht.
1:28:50–1:28:52
Rechts von mir ist hier Teilung 9, bei schweren Kommunalförden oder bei neuen
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Diplomatungsleben kommt es auch. Die Teilung 9 geht mal zur Seite,
1:28:55–1:28:56
jetzt sagen wir, wo es lang geht.
1:28:56–1:29:00
480 Leute arbeiten da drin, besser ausgebildet als die DDR-Kriminalpolizei.
1:29:00–1:29:03
Ja, die haben bessere Sachen, also auch besseres Equipment und wie ich ja bereits
1:29:03–1:29:06
einleitend sagte, 1085 Personen in dem Haus.
1:29:06–1:29:10
Ein Fluchtversuch ist ja ausgeschlossen. Selbst wenn ich, wie du gekommen wäre,
1:29:10–1:29:12
hast du hier hinten noch eine Staffel, dann noch einen Zaun.
1:29:12–1:29:13
Du weißt nicht mehr, wo du bist.
1:29:13–1:29:16
Hier hinter werden die Kugeln rausoperiert. Ja, wenn jemand eine Kugel gefahren
1:29:16–1:29:20
hat in der deutschen Grenze oder Berliner Mauer, werden die Kugeln nur hier rausoperiert.
1:29:20–1:29:22
Das gibt es nur in Berlin, Hohenschnausen, in Verbindung mit der Charité.
1:29:23–1:29:26
Das gibt es in Halle in Leipzig oder in Dresden zum Beispiel nicht. Das gibt es nur hier.
1:29:26–1:29:29
Wenn man mich fragen würde, nach meinem negativen Höhepunkt durch die Klasse,
1:29:29–1:29:32
anstatt DDR zu reisen, würde ich immer sagen, ich bin mit diesem Grotewoll-Express
1:29:32–1:29:34
von Halle nach Leipzig gefahren.
1:29:34–1:29:36
Du siehst mit leiten Brust am Brust, der eine hat keine Zähne im Mund,
1:29:36–1:29:37
der andere ist tätowiert, bis zum anderen Dach.
1:29:38–1:29:41
Ich habe den Wärter damals zweimal gefragt nach Toilette. Der Wärter sagt zu
1:29:41–1:29:42
mir, es gibt keine Toilette.
1:29:42–1:29:44
Ich habe hier vor zehn Jahren angefangen, ich habe das keinem erzählt,
1:29:44–1:29:46
habe mir heimisch still und leise einen Schlüssel von dem Grotewoll-Express
1:29:46–1:29:49
besorgt und habe herausbekommen, dass es sogar zwei Toiletten gibt.
1:29:49–1:29:51
Es gibt eine für die Wärter, es gibt eine für die Gefangenen.
1:29:51–1:29:55
Es gibt für mich keine Toilette, sie wollen mich demütigen. Das war eine negative Lippe.
1:29:56–1:29:58
Möchte ich mich von euch verabschieden, auch dank für das Interesse,
1:29:58–1:30:01
was ihr mitgebracht habt. Und ich möchte die Führung enden mit Albert Einstein.
1:30:01–1:30:03
Die reinste Form des Wahnsinns ist...
1:30:04–1:30:07
Alles beim Alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.
1:30:07–1:30:11
Ich wünsche euch, ich wünsche Ihnen ein schönes Leben in Freiheit und Frieden. Vielen Dank.
1:30:12–1:30:14
Vielen Dank. Los!
1:30:17–1:30:18
Ganz herzlichen Dank.
Ali Hackalife
1:30:18–1:30:19
Ich danke euch auch. Das war sehr interessant.
Florian Clauß
1:30:20–1:30:22
Kann ich nochmal deinen vollen Namen, Hendrik?
Hendrik Voigtländer
1:30:23–1:30:23
Volkländer.
Florian Clauß
1:30:24–1:30:27
Volkländer mit O-I. So.
1:30:29–1:30:30
Das war kompakt.
Ali Hackalife
1:30:31–1:30:33
Das war sehr energisch.
Florian Clauß
1:30:33–1:30:33
Ja.
Ali Hackalife
1:30:33–1:30:37
Ich freue mich jetzt auf ein bisschen Ruhe in meinem Kopf.
Florian Clauß
1:30:39–1:30:40
Wir müssen noch abmoderieren.
Ali Hackalife
1:30:41–1:30:43
Ah ja, ja. Schließfächer?
Florian Clauß
1:30:43–1:30:47
Schließfächer sind hier. Wir hatten ja eigentlich noch vor, so ein bisschen
1:30:47–1:30:52
weiter zu machen, weiter zu wandern und noch mehr über die DDR zu sprechen.
1:30:53–1:30:55
Aber ich glaube, das ist jetzt hier so ein Akzent.
Ali Hackalife
1:30:55–1:31:00
Es war interessant, das war ein interessanter Typ, also sehr energisch vorgechlagen.
1:31:00–1:31:04
Also in der Erzählung waren auch jetzt recht viele Sprüge drin,
1:31:04–1:31:06
man musste ständig mitdenken.
1:31:06–1:31:10
Deswegen war es aber auch so frisch, weil er das halt wirklich so.
Florian Clauß
1:31:10–1:31:12
Spontan erzählt hat.
Ali Hackalife
1:31:13–1:31:17
Du merkst den Moment, wo er gefangen wurde in Bulgarien.
1:31:18–1:31:24
Und ich habe das Gefühl, so wie er jetzt redet, da ist halt immer noch der Pan-20-Jährige.
Florian Clauß
1:31:24–1:31:27
Und auch in der Aktion einfach, was da passiert ist alles.
1:31:28–1:31:31
Wenn man direkt vor Ort ist und das so erlebt hat, das ist glaube ich nochmal
1:31:31–1:31:34
so, dass ich kann es mir nicht vorstellen.
Ali Hackalife
1:31:34–1:31:39
Nee, vor allem egal, wie nah man drankommt. Ich habe Bücher darüber gelesen,
1:31:39–1:31:43
ich habe mich wirklich viel mit der DDR befasst und trotzdem hier zu sein,
1:31:43–1:31:45
ist immer nochmal was ganz anderes.
Hendrik Voigtländer
1:31:47–1:31:50
Wir kommen nicht raus. Wir sind eingesperrt. Eingesperrt. Wo wollen wir denn
1:31:50–1:31:52
hin? Ja, wir wollen raus. Ach, wir kommen nicht raus.
1:31:54–1:31:56
Die Tür ist auf. Haben wir nochmal Glück gehabt.
Ali Hackalife
1:31:56–1:31:58
Wollen wir für die Sendung noch ein Foto machen zusammen?
Hendrik Voigtländer
1:31:58–1:31:59
Gerne, gerne.
Ali Hackalife
1:32:00–1:32:03
Wo wollt ihr hin? Wir können uns ja mal vor das Gitter stellen.
1:32:03–1:32:04
Das ist ja repräsentativ.
Hendrik Voigtländer
1:32:05–1:32:09
Ich bin mein bester Foto-Kraft der Welt. Aber es sind ja super interessante
1:32:09–1:32:11
Geschichten. Also Leute müssen das hören.
1:32:11–1:32:14
Ja, vor allen Dingen, wenn du richtig dornach denkst, ich hab's ja aus wie Tricks.
1:32:14–1:32:17
Ich habe im Flugzeug schon, nicht im Flugzeug, als wir in Bulgarien sitzen,
1:32:18–1:32:20
in der Zelle, habe ich so gedacht, wenn du in der DDR ankommst,
1:32:21–1:32:22
das wussten wir ja nicht, was passiert.
1:32:22–1:32:26
Ob die mit dem Flugzeug oder mit 1000 oder was weiß ich, da gibt es ja 1000
1:32:26–1:32:28
Geschichten dazu, wie man von Bulgarien in der DDR kommt.
1:32:28–1:32:31
Wenn du in der DDR in Leipzig drehst oder in Ostberlin ankommst,
1:32:32–1:32:33
da kriegst du eine Dracht Prügel, habe ich so gedacht.
1:32:33–1:32:37
Und dann werde ich sagen, nach ein paar Tagen, guck mal an, guck mal mein Gesicht
1:32:37–1:32:39
an, guck mal mein Auge an, guck mal meine Hände an, die hat mich so verhauen,
1:32:39–1:32:40
jetzt möchte ich hier nicht leben.
1:32:41–1:32:44
Ich habe vier Wochen gebraucht und dann schreibt der Stasi-Spitze genau das
1:32:44–1:32:46
über mich. Ich habe das auch die ersten Jahre hier nicht erzählt.
1:32:47–1:32:50
Dass ich, Fugt, steht ein Stasi-Akt drin, also von ihm. Ja, ich habe die,
1:32:50–1:32:52
der Spitze schreibt über der Stasi.
1:32:52–1:32:56
Jetzt mal, nach einem Monat, jetzt ändert er komplett seine Meinung.
1:32:56–1:32:59
Jetzt will er ausreisen. Das war von Anfang an ein Plan.
1:32:59–1:33:02
Natürlich die Festnahme nicht, die Festnahme war kein Plan. Aber Hendrik.
1:33:02–1:33:04
Die Festnahme war scheiße. Du hast gewonnen.
1:33:05–1:33:08
Ja, es ist aber, du musst ja auch mental, du musst ja das auch alles so ein
1:33:08–1:33:10
bisschen, Ja, am Ende, du musst es auch sehen, sonst geht es nicht.
1:33:10–1:33:12
Du hast gewonnen, das ist doch das Krasse. Wenn du hier gehst als Verlierer,
1:33:13–1:33:15
wenn du sagst, wir haben jemanden, der auch richtig auf die Straße gegangen
1:33:15–1:33:19
ist, gegen das System, also demonstriert, also für sein Recht,
1:33:19–1:33:21
ja, den haben sie auch richtig vermöbelt, ich will jetzt nicht Namen nennen.
1:33:21–1:33:25
Wenn der mit über den Flur geht, Leute, das, das, das, das, das,
1:33:25–1:33:27
das, komm mal mit, lass doch das sein.
1:33:29–1:33:31
Der geht auch nicht runter in eine Gummizelle oder sowas. Der geht da nicht
1:33:31–1:33:33
runter, der hat Angst. Ja, krass.
1:33:33–1:33:37
Ja, der hat eine richtige Familie und alles bei ihm intakt. Aber wenn der mit
1:33:37–1:33:39
dir auf den Flur geht oder sowas, der läuft mit den Leuten wie,
1:33:39–1:33:41
ja, die kommen doch hierher und wollen die Geschichte, aber der kann es nicht.
Ali Hackalife
1:33:41–1:33:44
Ich glaube, wenn das hier einmal deine Biografie gebrochen hat,
1:33:44–1:33:46
dann ist es schwer, da wieder drüber wegzusehen.
Hendrik Voigtländer
1:33:46–1:33:50
So ist es, so ist es. Das war super interessant. Vielen, vielen Dank. Ich auch.
Ali Hackalife
1:33:50–1:33:57
Ciao. Tschüss. So, und mit diesen Worten verlassen wir die Untersuchungshaftanstalt
1:33:57–1:34:02
Hohenschönhausen. Wenn wir dann rausgelassen werden, wollen wir mal so rauslassen.
Florian Clauß
1:34:03–1:34:08
Wie hier so ein großes Freihand. Und ja, die Tür geht auf.
Ali Hackalife
1:34:10–1:34:12
Mein lieber Herr Gesangsverein, das war eine Packung.
Florian Clauß
1:34:12–1:34:17
Wir verlassen das Gelände. Wir laufen noch an einem Zaun vorbei von der Haftanstalt.
1:34:17–1:34:20
Wieder Richtung Straßenbahn, da wo wir uns getroffen haben.
1:34:20–1:34:25
Das heißt, der Track heute sieht wahrscheinlich auch so aus wie die Gefängniszelle.
1:34:26–1:34:30
Wie viel man da in einer Gefängniszelle dann laufen kann, nämlich recht konzentriert
1:34:30–1:34:32
auf einen Punkt, nicht so ein epischer Track geworden.
1:34:32–1:34:35
Ich dachte, wir hätten nochmal so hinten zum jüdischen Friedhof gehen können.
1:34:36–1:34:38
Aber das machen wir jetzt nicht.
1:34:38–1:34:44
Ich würde sagen, wir machen jetzt Schluss. Vielleicht können wir das ja mal fortsetzen.
1:34:45–1:34:48
Lebende Gedenkstätten in Berlin, ja, oder was wir daraus machen.
1:34:49–1:34:58
Das war jetzt eigentlich Podcast Episode 79 mit Ali, Ali Hackeleif von auch
1:34:58–1:34:59
interessant Podcast und.
Ali Hackalife
1:34:59–1:35:00
Flo vom eigentlich Podcast.
Florian Clauß
1:35:01–1:35:06
Ja, wir hören uns in 14 Tagen wieder. Bis dahin, macht's gut. Tschüss.
Ali Hackalife
1:35:06–1:35:06
Ciao, ciao.
Florian Clauß
1:35:07–1:35:08
So.

Mehr

"Deine Stimme, den seltensten Wohllaut, wird man vernehmen im Gestammel des Ungeordneten, des Weggeworfenen und des als wertlos Verdammten." -- C.G. Jung: "Das Rote Buch" Liber Novus, Kapitel 8 "Gottes Empfängnis"

Zwischen Empirie und Vision, Wissenschaft und Glauben. Wir nehmen uns der Frage an: Wie unterscheidet sich klassische empirische Forschung von C.G. Jungs Ansatz einer "neuen empirischen Psychologie"? Jung verstand unter Empirie nicht nur die systematische Beobachtung äußerer Phänomene, sondern auch die methodische Erkundung innerer Erlebniswelten. Für viele überschreitet er spätestens da die Grenzen der Wissenschaft, indem er subjektive Überzeugungen in seine Methodik mit einschließt. Seine Psychologie basiert auf der Überzeugung, dass solche subjektiven Erfahrungen, insbesondere Träume, Imaginationen und archetypische Bilder, wissenschaftlich ernst genommen und erforscht werden können. Im Zentrum dieser Auseinandersetzung steht *Das Rote Buch*, eine Art psychologisches Tagebuch und zugleich ein symbolisch verdichteter Erfahrungsraum, in dem Jung seine eigenen inneren Bilder und psychischen Prozesse dokumentierte und interpretierte. Die über zehn Jahre dauernde Entstehung des Buches werden auch beschrieben als eine Zeit, in der Jung fast schon psychotische Phasen hatte und regressiv mit Holzklötzen seiner Kindheit spielte. Schwer erschüttert von der Trennung Freuds, öffnete er seine tiefenpsychologische Theorie symbolischen, mythologischen und spirituellen Dimensionen. Ist das noch Wissenschaft? Tune in an find out (what we think).

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:03
Und da gibt es doch, glaube ich, auch dann diese Gondelbahn.
Florian Clauß
0:00:03–0:00:04
Ja, genau, das ist Kienberg.
Micz Flor
0:00:04–0:00:09
Meine Eltern sind da gerne mit hingegangen und dann sind Elsa und ich und meine
0:00:09–0:00:11
Eltern diese Gondelbahn gefahren.
Florian Clauß
0:00:11–0:00:14
Und dann seid ihr auch am Wolkenhain vorbeigekommen.
Micz Flor
0:00:14–0:00:15
Den Wolkenhain kenne ich nicht.
Florian Clauß
0:00:15–0:00:17
Leute, es ist diese Stahlkonstruktion.
Micz Flor
0:00:18–0:00:20
Die auf der Spitze von Kienberg auch.
Florian Clauß
0:00:20–0:00:24
Und da gehen wir jetzt hin. Ja, hallo und herzlich willkommen.
0:00:24–0:00:28
Eigentlich Podcast, der Podcast, wo wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:28–0:00:33
Und wie ihr schon gehört habt, wir sind jetzt in Wuhletal, S-Bahnhof,
0:00:33–0:00:38
ausgestiegen und wollen den wunderschönen Wuhle-Wanderweg heute laufen.
Micz Flor
0:00:38–0:00:39
Heißt du so? www?
Florian Clauß
0:00:40–0:00:41
Www.www.
Micz Flor
0:00:41–0:00:46
Kann man weglassen. Eigentlich-podcast.de. Findet ihr dann die Strecke auch.
0:00:48–0:00:58
Und jetzt teilt es hier sehr schön, weil wir noch mit diesen wunderschönen Farben der ja noch ddr.
Florian Clauß
0:00:58–0:01:03
Fließen hier sind das ist glaube
0:01:03–0:01:10
ich hier noch so aus der aus den 50er jahren gefließt ja und ja wir wollen dann
0:01:10–0:01:16
den den kinnberg hochsteigen und auf dem wolkenhain und mit mit hat uns diesmal
0:01:16–0:01:20
ein thema mitgebracht ich bin gespannt hallo mit.
Micz Flor
0:01:20–0:01:23
Hallo das thema du bist gar nicht so, also du bist halt voll gespannt.
0:01:24–0:01:26
Das Thema habe ich dir schon verraten, indirekt.
Florian Clauß
0:01:26–0:01:28
Ja, ich wollte jetzt ein bisschen Suspens für die Zuhörer.
Micz Flor
0:01:29–0:01:35
Ja, genau, aber die lesen ja immer den Titel schon. Wir haben nochmal die CG
0:01:35–0:01:38
Jung Folge aus dem Giftschrank geholt, oder ich?
0:01:39–0:01:44
Wo wir damals, man erinnere sich, ein bisschen darüber gesprochen haben, wie C.G.
0:01:44–0:01:52
Jung in den 50er Jahren als eine seiner ganz späten Schriften über moderne Mythen,
0:01:52–0:01:54
über UFOs geschrieben hat.
0:01:54–0:01:58
Und versucht hat, die in sein Archetypen-Weltbild mit einzupacken und damals
0:01:58–0:02:02
dann auch geschrieben hat, dass Archetypen ja auch veränderlich seien und nicht
0:02:02–0:02:04
so festgeschrieben, wie man das vielleicht annehmen würde.
Florian Clauß
0:02:04–0:02:07
Also wir haben schon ein paar Mal über Zige Jung gesprochen.
0:02:08–0:02:09
Wir müssen das dann nochmal so ein bisschen...
Micz Flor
0:02:09–0:02:10
Einmal haben wir.
Florian Clauß
0:02:10–0:02:14
Nein, wir hatten zwei Folgen. Die andere Folge war über Märchen.
0:02:15–0:02:18
Da hattest du ja auch schon Zige Jung rausgeholt.
Micz Flor
0:02:19–0:02:21
Mit Freude und Fromm zusammen.
Florian Clauß
0:02:21–0:02:27
Das ist ja, also Zige Jung ist ein fortwährender Gast in unserem Sinne.
Micz Flor
0:02:27–0:02:33
Ja, es ist so, dass diese nachhaltiges dran knabbern an Jungen,
0:02:34–0:02:37
und das war bei der Folge mit den Ufos auch so ein bisschen unser Thema,
0:02:38–0:02:42
dass Jungen dann irgendwie sich so zwischen den Welten positioniert und trotzdem
0:02:42–0:02:44
einfach immer darauf pocht. Ich bin Empiriker.
0:02:45–0:02:52
Die Naturwissenschaftler sagen, ich sei religiös, metaphysisch.
0:02:52–0:02:58
Das ist falsch. Und die ReligionswissenschaftlerInnen sagen,
0:02:58–0:03:02
ich sei naturwissenschaftlich, das ist auch falsch. Also alle sind falsch.
0:03:02–0:03:07
Er ist halt einfach Empiriker. Und dieser Empiriebegriff, da wollen wir heute
0:03:07–0:03:11
nochmal ein bisschen drauf gucken, aber auch nochmal ein bisschen eben dadurch
0:03:11–0:03:13
auch nochmal auf Jung zu gucken,
0:03:13–0:03:19
weil speziell das rote Buch, was auch jetzt ein bisschen vorkommt,
0:03:20–0:03:22
Was ja wirklich auch in einem Giftschrank war.
0:03:22–0:03:26
Jung hatte damals per Testament verfügt, dieses rote Buch, was er gemacht hat,
0:03:26–0:03:28
sollte nur in der Familie bleiben.
0:03:29–0:03:31
Da gehen wir gerade rein.
Florian Clauß
0:03:31–0:03:32
Weil es auch sehr persönlich ist.
Micz Flor
0:03:32–0:03:36
Es ist sehr persönlich, es sind viele Träume drin und Traumdeutungssachen drin.
0:03:36–0:03:43
Aber es ist für viele einfach auch so eine metaphysische Bibel geworden für die Verbindung.
0:03:44–0:03:48
Also in so einem esoterischen Weltbild, wo alles miteinander verbunden ist.
0:03:48–0:03:51
Und eben Jung dazu einlädt.
0:03:51–0:03:54
Und wir werden ein bisschen über diese Ambivalenz sprechen.
Florian Clauß
0:03:54–0:03:54
Ja.
Micz Flor
0:03:55–0:03:57
Weil, ähm...
0:03:58–0:04:04
Bei allen Dingen, die irgendwie ins Religiös-Metaphysische abdriften,
0:04:04–0:04:09
gibt es dann immer so letztendlich keinen Beweis oder Falsifikation,
0:04:09–0:04:11
sondern man muss es dann halt glauben.
0:04:11–0:04:14
Wir kommen also eben zurück auf dieses Thema Glauben.
Florian Clauß
0:04:14–0:04:15
Auf das Glaubenthema.
Micz Flor
0:04:15–0:04:17
Ich weiß nicht, ob ich das Wort Glauben in den Titel nehme.
Florian Clauß
0:04:18–0:04:19
Ja, vielleicht Empfinden auch.
Micz Flor
0:04:20–0:04:21
Empfinden, okay.
Florian Clauß
0:04:22–0:04:29
Aber vielleicht, ich weiß nicht, wie du jetzt dir die Folge so eingeleitet gedacht hast.
Micz Flor
0:04:29–0:04:31
Ich habe auch noch einen riesen Twist drin. Ich weiß gar nicht,
0:04:31–0:04:35
ob es eine oder zwei Folgen sind. Du wirst wahrscheinlich hinten umfallen.
0:04:35–0:04:37
Ich muss dich wahrscheinlich wieder benehmen.
Florian Clauß
0:04:37–0:04:40
Wenn ich dann diesen Twist... Wir haben ja schon so ein paar eigentlich...
0:04:42–0:04:47
Aber wollen wir vielleicht noch mal um so die Grundlagen von Freud,
0:04:47–0:04:49
wollte ich schon sagen, Grundlagen von Jungen.
0:04:49–0:04:56
Wollen wir die vielleicht noch mal so voranstellen, bevor wir dann in die Empirie gehen?
0:04:57–0:05:03
Weil das ist ja so ganz fundamental, ist ja so ein bisschen diese Idee der Archetypen
0:05:03–0:05:07
und des Unbewussten vielleicht da auch in Abgrenzung zu Freud.
0:05:09–0:05:14
Ich weiß nicht, ob ich dich jetzt auf einen kalten Fuß erwische oder kann man
0:05:14–0:05:20
das noch mal so ganz kurz zumindest so in den Grundbegriffen sortieren?
Micz Flor
0:05:20–0:05:23
Ja, es ist gut, weil man dann einfach auch oder ich nochmal vorne heranstellen
0:05:23–0:05:31
kann, dass ich sehr ambivalente Haltung gegenüber dem habe, was ich weiß und ich bin kein Experte.
0:05:31–0:05:34
Das heißt, ich habe mich da so reingelesen und,
0:05:35–0:05:39
Und wahrscheinlich auf einer Ebene wie viele andere Esoteriker,
0:05:39–0:05:44
die sich damit auseinandersetzen, die dann halt ein paar Primärtexte,
0:05:44–0:05:46
viel Sekundärmaterial und was vom Netz ist.
Florian Clauß
0:05:49–0:05:53
Gut, du bist aber Tiefenpsychologe, das heißt, du kommst auch aus einer gewissen
0:05:53–0:05:56
Richtung. Du kannst zumindest fachlich beurteilen.
Micz Flor
0:05:57–0:06:00
Ja, fachlich. Gut, das ist aber interessant, weil da geht es ja um Empirie und
0:06:00–0:06:04
Wissenschaft, wissenschaftliche Haltung. Und also man kann erst mal sagen,
0:06:04–0:06:10
und da kann ich mich so ein bisschen alignen, wie man neudeutsch sagt, so align mit Jung.
0:06:11–0:06:16
Der hatte schon als Kind irgendwie dann oder als Jugendlicher so eine Beschreibung
0:06:16–0:06:19
von sich selbst, dass er eigentlich so zwei Personen ist, so zwei Typen.
0:06:20–0:06:26
Der erste Typ ist quasi der alltäglich rationale Schuljunge aus Basel und der
0:06:26–0:06:30
halt Schwermut hinterlich lassen will, so ein bisschen lebenslustiger ist und
0:06:30–0:06:33
sowas. und der so naturwissenschaftlich geprägt ist.
0:06:33–0:06:39
Und er hat immer wieder auch so diesen zweiten, der ist so eher rückzügig introvertiert
0:06:39–0:06:42
und der beschäftigt sich eher mit religiösen Themen, den verknüpft er so ein
0:06:42–0:06:43
bisschen mit dem Mittelalter auch.
0:06:44–0:06:50
Und die zwei zum Beispiel sah die eins immer nur als so eine notwendige Seite.
0:06:51–0:06:53
Mit der man halt so in der Welt war.
0:06:53–0:06:57
Und diese zwei, die war irgendwie für ihn halt mit was Vergangenem verbunden.
0:06:57–0:07:01
Und da sind wir dann schon auch bei diesen Grenzen. Also das Bild war für ihn
0:07:01–0:07:04
gleich so, das ist von früher. Auch schon relativ jung hat er es gedacht.
0:07:06–0:07:13
Und diese Person 2 war mit den Geisteswissenschaften verbunden und der Theologie.
0:07:13–0:07:17
Und bei mir kann ich mich da insofern mit verbinden, weil ich auch irgendwie
0:07:17–0:07:24
damals nach dem Abi so zwei Dinge hatte. Ich hatte Abi in Mathe und Bio gemacht
0:07:24–0:07:27
und wollte eigentlich in die Naturwissenschaften gehen.
0:07:27–0:07:31
Biologie war mir schon fast so ein bisschen zu weich. Ich hatte überlegt,
0:07:31–0:07:32
vielleicht sogar Physik zu machen oder so.
0:07:33–0:07:35
Und dann hatte ich die anderen beiden Fächer, waren halt Musik und,
0:07:36–0:07:38
vielleicht vergessen, wie hieß das nochmal?
0:07:38–0:07:45
Ich wollte sagen Geisteswissenschaften, aber diese Gemeinschaftskunde, nee, wie hieß das?
0:07:45–0:07:52
Gesellschaftskunde oder so? Das waren dann eher so musisch, softe und so soziale Interessen.
0:07:52–0:07:57
Und ich hatte die so beide und hatte mich dann nach dem Abi entschieden für Naturwissenschaften.
0:07:57–0:08:00
So, deshalb sage ich Alligning, so wie Jung sich zuerst für Medizin entschieden hat.
0:08:01–0:08:06
Und dann habe ich aber später, als die, damals war Zivildienst 20 Monate,
0:08:06–0:08:11
habe ich in der mobilen Altenpflege viele alte Männer beim Sterben betreut.
Florian Clauß
0:08:11–0:08:12
Die zu Hause gestorben sind.
Micz Flor
0:08:13–0:08:19
Und hatte dann da mich, glaube ich, für dieses Sozialpsychologische schon ein
0:08:19–0:08:22
bisschen auch erwärmt und hatte dann wirklich auch so ein,
0:08:23–0:08:28
Ja, so eine ganz seltsame psychosomatische Erfahrung, als ein Patient,
0:08:28–0:08:33
der einen Dekubitus hatte, also wundgelegen war, den ich halt betreut habe und
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immer so auf die Seite gedreht und dann mit ihm gesprochen, öfter mal da und so.
0:08:38–0:08:42
Und der heilte dann, das ist zugeheilt.
0:08:44–0:08:47
Und das hat mich einfach irgendwie sehr gefreut und ich wusste gar nicht,
0:08:47–0:08:52
wie wichtig mir das war, bis es dann passierte, dass das irgendwann wieder aufgebrochen ist.
0:08:52–0:08:57
Und als es ihm dann schnell schlechter ging und als ich ihn dann morgens besucht
0:08:57–0:09:01
hatte zum Bett wechseln, Windel wechseln, reden und gesehen habe,
0:09:02–0:09:03
dass das wieder wund geworden ist.
0:09:04–0:09:09
In der Nacht habe ich auf, ich bin am nächsten Morgen der Nacht,
0:09:09–0:09:14
nach der Nacht aufgewachen und hatte so eine Hühnerei große Brandblase an der Hüfte.
0:09:14–0:09:19
Also ich hatte mich in der Nacht wund gelegen, Es war voller Wasser und das
0:09:19–0:09:21
war wirklich ein komisches Erleben.
0:09:22–0:09:25
Ich hatte später nochmal sowas, als ich in Manchester studiert habe,
0:09:26–0:09:29
da hatte ich einen Mitbewohner, der war komplett kahl.
0:09:30–0:09:33
Ich habe zum Anfang gar nicht gecheckt, der hatte entweder so ein Kopftuch auf
0:09:33–0:09:37
oder hat so eine Mohiken-ähnliche Punk-Frisur.
0:09:37–0:09:40
Ich habe mich immer gefragt, wer die Haare unter dem Kopftuch liegt,
0:09:40–0:09:41
wie sie gecheckt haben. Das war eine Perücke.
0:09:42–0:09:46
Hat er mir dann erklärt und hat erzählt, das heißt glaube ich im Deutschen Kreisrunde Haarausfall.
0:09:47–0:09:51
Und da habe ich gedacht, nie gehört, man weiß nicht warum, aber das fängt dann
0:09:51–0:09:55
an und dann hast du wie so eine Münze, auf einmal keine Haare mehr und das ist
0:09:55–0:09:57
dann über seinen ganzen Kopf gewandert und er hat einfach alle Haare verloren.
Florian Clauß
0:09:58–0:09:58
Okay.
Micz Flor
0:10:00–0:10:05
Und was ist ein paar Tage später passiert, bei mir unten am Kinn sind so ein
0:10:05–0:10:09
paar Haare, war so ein bisschen so eine Fleischstelle und die ist dann größer
0:10:09–0:10:13
geworden, bis auf so eine, würde man heute mit 10 Cent großes,
0:10:13–0:10:15
hatte ich hier einfach keine Haare mehr.
0:10:15–0:10:18
Und ich hab im Spiegel gedacht, das darf doch nicht wahr sein.
0:10:18–0:10:20
Und dann ist es aber stehen geblieben.
0:10:22–0:10:25
Dann war es irgendwann nachgewachsen, dann waren die weiß, die Haare,
0:10:25–0:10:26
und dann wurden sie wieder dunkel am Bart.
Florian Clauß
0:10:26–0:10:28
Ja, Stalker-mäßig.
Micz Flor
0:10:28–0:10:31
Es war wirklich, wirklich, also ich habe gedacht, so Mensch,
0:10:31–0:10:33
ey, mitschwingen ist ja schön und gut.
0:10:34–0:10:37
Aber wie kann es sein, dass ich über dieses psychische Mitschwingen bis auf
0:10:37–0:10:41
den Körper, in der Brandblase und im kreisruhen Haarausfall,
0:10:41–0:10:47
da diese Symptome, die jetzt wirklich nicht psychisch sind, ja.
0:10:47–0:10:50
Also man kann ja auch messen, dass wenn ein Team einer Stress hat,
0:10:50–0:10:54
kriegen alle Stress. Kann man jetzt drüber philosophieren, wie die stressige
0:10:54–0:10:57
Interaktion dann auch die Stresshormone freisetzt.
0:10:57–0:11:02
Okay, aber das waren wirklich so Sachen, wo ich auch dachte, krass.
Florian Clauß
0:11:02–0:11:05
Ja, ich meine, diese Synchronicität, das ist ja, glaube ich,
0:11:05–0:11:11
schon so ein übergreifendes Konzept da auch in der Jungschenlehre.
Micz Flor
0:11:12–0:11:14
Das ist nochmal was anderes, dazu habe ich aber auch ein Beispiel aus meiner
0:11:14–0:11:17
Biografie, das du auch schon ein bisschen kennst.
0:11:18–0:11:22
Also ich kann jetzt schon sagen, es werden zwei Folgen. Ich werde diese Folge
0:11:22–0:11:26
beenden mit dem Intro für den Twist für die zweite Folge.
Florian Clauß
0:11:26–0:11:34
Okay, das heißt ein Cliffinger. Das können wir auf dem Wolkenhain auf Kienberg dann machen.
Micz Flor
0:11:35–0:11:41
Zum Beispiel. So, jetzt ist dann, wir waren bei Jung, der hatte dann eben die
0:11:41–0:11:46
Psychiatrie für sich entdeckt, so wie ich damals die Psychologie entdeckt habe.
0:11:46–0:11:47
Ich möchte mich damit gar nicht erhöhen.
0:11:47–0:11:52
Ich möchte mich insofern alignen, als dass ich in diesen Folgen wahrscheinlich
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immer wieder auch zwischen diesem sehr naturwissenschaftlichen Kopfschütteln
0:11:56–0:12:02
und diesen selbst erlebten Synchronicitäten komme ich gleich das Beispiel an.
Florian Clauß
0:12:02–0:12:03
Vielleicht heißt die Folge dann Ich und Jung.
Micz Flor
0:12:05–0:12:06
Ewig Jung.
0:12:10–0:12:15
Es gibt auf alle Fälle aber auch Unterschiede. Also zum Beispiel beschrieb Jung
0:12:15–0:12:18
auch dann später, dass er schon als Kind auch viele Halluzinationen hatte.
0:12:20–0:12:27
Er hatte dann auch in der Mitte des Lebens, so Mitte 30, nachdem er von Sigmund
0:12:27–0:12:34
Freud damals ja sozusagen als Prinz, als Kronprinz erkoren wurde und rangezogen wurde,
0:12:35–0:12:39
gab es dann den Bruch, nachdem die beiden irgendwie gemerkt haben,
0:12:39–0:12:40
dass sie nicht zusammenpassen.
0:12:40–0:12:47
Für Freud war Jung dann irgendwie doch zu okkult und schlammig und metaphysisch.
0:12:48–0:12:55
Für Jung war Freud dann eben doch auch ein Vater, gegen den er rebellieren wollte,
0:12:55–0:12:57
könnte man vielleicht mal so sagen.
Florian Clauß
0:12:57–0:13:00
Darf ich da vielleicht mit meinem angelesenen Halbwissen nochmal rein?
Micz Flor
0:13:00–0:13:01
Ja.
Florian Clauß
0:13:01–0:13:08
Und behaupten, dass sich ja die Lehre von Jung und von Freud in einem Punkt
0:13:08–0:13:14
des Unbewussten noch, die Interpretation des Unbewussten noch, unterscheidet.
0:13:15–0:13:22
Freud, derjenige, der sehr viel aus diesem Trieb und Sexualität erklärt hat,
0:13:22–0:13:30
hat das alles im Unbewussten mitgeparkt und daraus sehr viel Theorie entwickelt.
0:13:30–0:13:36
Und Jung hat ja die Idee der Archetypen im Unbewussten gepflanzt.
0:13:36–0:13:42
Und das ist, glaube ich, nochmal so, was die beiden unterscheidet,
0:13:42–0:13:43
jetzt auch für unseren Zugang.
Micz Flor
0:13:44–0:13:47
Ich versuche es nochmal, also was du sagst, noch mal bildlich darzustellen, weil,
0:13:50–0:13:55
Das ist rückblickend zusammengefasst wahr, aber beide haben ihre Theorien ja
0:13:55–0:13:56
immer wieder auch umgebaut.
0:13:56–0:14:00
Aber es gibt so fundamentale Ideen, die sich da unterscheiden.
0:14:00–0:14:04
Und diese ganze Idee mit dem Archetypen und dem kollektiven Unbewussten,
0:14:05–0:14:10
Fußnote kommt auch noch drin, während des Dritten Reichs nannte Jung,
0:14:11–0:14:14
weil er nämlich dann sehr gerne diesen Job auch angenommen hat,
0:14:14–0:14:23
Das offizielle psychoanalytische Magazin, was dann aber schon nicht mehr,
0:14:24–0:14:29
also ihm wurde angetragen, das zu übernehmen, nachdem die ganze psychoanalytische
0:14:29–0:14:33
Vereinigung dann von Juden gesäubert wurde.
0:14:33–0:14:38
Und er hat das gerne übernommen und hat dann auch sehr opportunistisch in gewisser
0:14:38–0:14:43
Weise gleich sein kollektives Unbewusstes in ein Rassenunbewusstes umbenannt.
Florian Clauß
0:14:43–0:14:49
Ja, ich glaube, die Gefahr des Totalitären im Universellen ist sehr nah.
Micz Flor
0:14:50–0:14:53
Ja, und man könnte aber vielleicht das, was du sagst, als Bild,
0:14:54–0:14:58
habe ich mir auch nämlich überlegt, das habe ich jetzt vorhin verpasst.
0:14:58–0:15:02
Ich wollte es so auch einführen zu sagen, wenn man sich das so anschaut, bei Freud war es so,
0:15:02–0:15:07
dass das Unbewusste, auch in seinen ganz frühen Zeichnungen,
0:15:07–0:15:09
gibt es halt eben diesen Blob, das habe ich ja glaube ich in einer anderen Folge
0:15:09–0:15:13
schon mal beschrieben, wo das Unbewusste ist, Vorbewusste ist Bewusste und dann
0:15:13–0:15:17
gibt es so einen kleinen Würfel, das ist quasi das auditive Interface zur Welt.
0:15:17–0:15:22
Also der so ein organismus und diffusen organismus den er da malt der ist geschlossen
0:15:22–0:15:31
ja das unbewusste ist unten drin nimmt viel platz ein aber ist geschlossen da drin später nimmt die,
0:15:32–0:15:38
freut das Über-Ich mit dazu, als auch noch etwas, was wirksam ist.
0:15:39–0:15:44
Und da öffnet er natürlich dann diesen Organismus für, sage ich mal,
0:15:44–0:15:48
den Zeitgeist, soziale Interaktionen, soziale erwünschte Themen und so.
0:15:48–0:15:55
Aber bei Jung ist es fundamental unterschiedlich, weil bei dem ist das Unbewusste nach unten offen.
Florian Clauß
0:15:56–0:15:56
Ja.
Micz Flor
0:15:57–0:16:01
Und da geht es dann, also man kann sich das wirklich sofort in so einem esoterischen
0:16:01–0:16:06
Bild auch vorstellen. Also da ist oben das Individuum und nach unten raus ist
0:16:06–0:16:08
es aber verbunden mit so tiefen Wurzeln.
0:16:09–0:16:12
Und da geht es durch das eigene Unbewusste durch.
0:16:12–0:16:15
Und dann gibt es noch, ich weiß nicht mehr genau, wie ihr das nennt,
0:16:15–0:16:18
diese tiefe Stimme oder sowas.
0:16:18–0:16:21
Also wie gesagt, das wandelt sich ja auch mit der Zeit so ein bisschen.
0:16:21–0:16:24
Ich lese, glaube ich, danach auch ein Stück was vor aus dem Roten Buch.
0:16:25–0:16:28
Aber ich glaube, ich habe mich jetzt gegen diese tiefe Stimme entschieden,
0:16:28–0:16:33
sondern eher was, was ihn so ein bisschen auch als Religionsgründer so etabliert.
0:16:34–0:16:38
Aber diese Verbindung des Unbewusstes nach unten offen, das ist dann der Ort,
0:16:38–0:16:40
wo sich dann das kollektive Unbewusste trifft.
0:16:41–0:16:47
Also die, die Dune 2 gesehen haben, alles Wasser fließt in diesen unterirdischen Pool.
0:16:47–0:16:54
Also alle Seelen der Gestorbenen vom Dune-Planeten sind da unten drin.
Florian Clauß
0:16:54–0:17:00
Ja, also ich habe das auch jetzt nochmal so in Vorbereitung,
0:17:01–0:17:05
muss ich gestehen, bei Wikipedia so, was sehr handfest war, um dieses kollektive
0:17:05–0:17:06
Unbewusste zu beschreiben.
0:17:07–0:17:09
Und was mich auch wieder sehr ergriffen und beschäftigt hat.
0:17:10–0:17:14
Nämlich, dass dieses kollektive Unbewusste, wir haben es ja auch in anderen
0:17:14–0:17:17
Folgen schon erwähnt, könnte ja sowas wie...
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Wie wir bei den Märchen gesprochen haben, ein Meme sein.
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Das heißt, ein kollektives Gedächtnis, was sich weiterpflanzt.
0:17:27–0:17:29
Keine Gene, sondern ein Meme.
0:17:30–0:17:33
Beziehungsweise auch die Glutkerne, die in Märchen auch irgendwo drin sind.
0:17:33–0:17:36
Und dann sind wir an der Grenze zum Schamanismus und dann kommen wir wieder zum Roten Buch.
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Das ist ja der Bogen. Aber das finde ich halt total stark, dieses Bild.
0:17:40–0:17:42
Das ist fast sehr wissenschaftlich beschrieben.
0:17:42–0:17:52
Wenn dann eben ein Säugling auf der Welt ist und es gibt ja kein genetisch vererbtes Bild der Mutter.
0:17:54–0:17:58
Sondern es gibt ja irgendwie nur so ein gefühltes Bild der Mutter.
0:17:58–0:18:03
Das heißt, es gibt ein gefühltes Pattern. Wenn ich schreie, dann kriege ich was.
0:18:04–0:18:08
Woher weiß dieser Säugling, dass er das so tun muss? Und das ist ja so dieses
0:18:08–0:18:15
kollektive Unbewusste, was dann erst mal so wirkt. Und dann prägt sich ja erstmal
0:18:15–0:18:17
diese Individuation aus.
0:18:17–0:18:24
Aber erstmal ist dieser Druck da, dieses Archetyp, was dann eben den Säugling
0:18:24–0:18:27
zum Schreien und zum Verhalten drängt.
0:18:27–0:18:33
So ganz grob beschrieben. Und das ist halt, was es dann im Unterschied,
0:18:34–0:18:37
vielleicht kann man nicht sagen, ob es bei Tieren anders ist.
0:18:37–0:18:43
Ich meine, wenn eine Giraffe geboren wird, dann steht die auf und läuft weg. Woher kann die das?
Micz Flor
0:18:44–0:18:48
Das ist instinktiv. Die Ameisen, das ist ja auch deine Ameisenfolge.
0:18:49–0:18:52
Da ist es, finde ich, am anschaulichsten. In keiner einzelnen Ameise ist das
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komplexe System verhaftet.
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Und trotzdem ist das komplexe System mit Absurdesten. Also wer es noch nicht
0:18:58–0:19:00
gehört hat, das ist echt auch eine meiner Favorite-Folgen.
0:19:00–0:19:02
Auch weil wir eine tolle Wanderung dabei hatten.
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Da kann jeder gerne mal nachgehen. Im Sommer hat es gebrutzelt. War super.
0:19:07–0:19:11
Aber das ist ja wirklich dann so, dass in keiner Ameise ist es drin und trotzdem
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ist es zwischen allen Ameisen gegeben.
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Und mit dem, was du sagst, also das Bild der Mutter...
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Ich versuche das manchmal immer so ein bisschen zu beschreiben,
0:19:23–0:19:27
das ist zumindest in meinem Verständnis, jetzt sind wir auch wieder natürlich
0:19:27–0:19:30
bei sehr individuellen Erklärungsmodellen für solche Sachen.
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Bei den Large Language Models habe ich mal so einen kurzen Vortrag gesehen,
0:19:35–0:19:37
wo jemand meinte, was ist denn eigentlich eine Idee?
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Und es gibt bei den Large Language Models dann so eine Phase von,
0:19:42–0:19:45
in Anführungszeichen, Interneuronen zwischen irgendwie, keine Ahnung,
0:19:45–0:19:49
es ist ja alles quasi von Menschen gemacht, das Abbild von irgendetwas.
0:19:49–0:19:53
Also im Endeffekt im Computer, aber eine Vorstufe von dem, was dann als Output kommt.
0:19:54–0:19:58
Der Output ist immer wieder einzigartig, wird ja auch immer wieder quasi tabula
0:19:58–0:19:59
rasa und neu rausgepusht.
0:20:00–0:20:05
Aber die Idee sei sozusagen ein Freeze von dem, bevor der Output kommt.
0:20:06–0:20:11
Und ähnlich habe ich oft das Gefühl, dass es weniger die Mutter und das Kind
0:20:11–0:20:16
sind, sondern was angelegt ist im Formmodell, sind die Möglichkeiten der Verbindung.
0:20:16–0:20:21
Ja, die Bindung ist das, was wir eben als soziale Verbindung,
0:20:22–0:20:23
aber auch Interaktion können.
0:20:24–0:20:29
Und das ja in sich selbst, da sind wir wieder bei den Ameisen,
0:20:29–0:20:33
aber bei uns trägt ja dieses zwischen den Menschen auch noch die ganze Kultur,
0:20:33–0:20:36
das ganze Wissen, ja, generational, was da weitergegeben wird.
0:20:36–0:20:39
Also irgendwo ist das hier festgehalten.
0:20:39–0:20:45
Und solche Bilder wie zum Beispiel bei dem vorletzten Alien-Film,
0:20:45–0:20:50
glaube ich, wo dann die ganzen Menschen-Embryos halt so Deep Freeze mäßig einfach
0:20:50–0:20:53
rausgeschossen werden ins Universum.
0:20:53–0:20:58
Und ein Androide kommt halt mit, der ja dann auch eben diesen einen Alien mit reinsetzt.
0:20:58–0:21:02
Das war jetzt der Plot-Spoiler, dass die Menschen nie ankommen, so nur Aliens.
0:21:04–0:21:08
Man die einfach so wegschicken könnte und dann entsteht da wieder Menschheit.
0:21:08–0:21:10
Das ist wahrscheinlich nicht so leicht.
0:21:11–0:21:14
Oder, wir werden es ja wissen, vielleicht ist es ja viel leichter als gedacht.
Florian Clauß
0:21:14–0:21:20
Ja, ich meine, was du sagst, auf der einen Seite ist es halt ein ganz biologischer Trieb.
0:21:20–0:21:22
Es ist die Geburt, es ist die Paarung.
0:21:23–0:21:29
Das sind ja so diese Initiationsmomente von Menschheit, Menschheitsgeschichte.
0:21:29–0:21:34
Das heißt, irgendwas muss ja da ein Ideebild sein, wie sich das halt zu gestalten
0:21:34–0:21:37
habe. Deswegen ist es irgendwo eingepflanscht.
0:21:38–0:21:43
Und auf der anderen Seite entsteht daraus Kultur, weil dieses Ideenbild lässt
0:21:43–0:21:48
sich ja nicht eins zu eins immer so umsetzen, sondern du hast ja so einen Möglichkeitsraum
0:21:48–0:21:52
und einen Wirklichkeitsraum, der dann irgendwann in dem Moment,
0:21:53–0:21:59
ja vielleicht, da sind dann die Traumata bei Jung, wenn halt eben das Schreien
0:21:59–0:22:03
des Säuglings nicht beantwortet wird. Ja, dann entsteht ja eine Störung.
0:22:03–0:22:08
Ja, so wie beim Urknall, dann irgendein Teilchen anders gedreht hat und damit
0:22:08–0:22:13
halt die Expansion ausgelöst hat und damit dieses ganze Ungleichgewicht reingebracht
0:22:13–0:22:15
hat und damit wieder diese Entstehung der Sterne.
0:22:16–0:22:20
Also das ist ja irgendwie so das kleinste Teil, was dann halt nicht mehr so
0:22:20–0:22:24
in diesem Wirklichkeitsraum da ist, wo es halt irgendwie, das kann man ja auch
0:22:24–0:22:26
nicht sagen, man kann ja nicht sagen, du bist falsch hier,
0:22:26–0:22:31
sondern es ist ja irgendwie die Prozesshaftigkeit, die da in dem Modell drin wird.
Micz Flor
0:22:31–0:22:35
Und die Prozesse generieren dann, und dann sind wir bei einer Form der Emergenz,
0:22:35–0:22:41
also das Ungreifbare, Strukturierte, was dann so dazwischen passiert.
0:22:41–0:22:48
Aber ich wollte noch eine Sache sagen zu diesem Archetypenbild und so.
0:22:50–0:22:55
Also vorher sage ich noch was anderes. Und zwar hat, wenn es darum geht,
0:22:55–0:22:57
diese Modelle zu bauen, hat Jung auch,
0:22:58–0:23:04
nicht Jung Freud, einen interessanten Subtext eingepackt in seinem wichtigen
0:23:04–0:23:07
Artikel, ich glaube von 24 über Narzissmus.
0:23:08–0:23:12
Und zwar hat er dann irgendwie mehr gesagt, stopp, jetzt muss ich mal hier was loswerden.
0:23:12–0:23:16
Und er sagt dann irgendwie nochmal kurz, ja, wie ist es denn jetzt mit der Libido,
0:23:17–0:23:21
die sich als Objekt-Libido und da muss die wieder umgewandelt werden in freie
0:23:21–0:23:23
Energie. Und wo passiert das denn?
0:23:23–0:23:27
Also so wurde dann, wenn du es alleine liest, denkst du, hä?
0:23:28–0:23:31
Selbst wenn du dem Thema vertraut bist, jetzt macht das aber echt kompliziert.
0:23:31–0:23:34
Und dann sagt er nämlich nochmal Stopp im Stopp und sagt, ja,
0:23:34–0:23:36
so ist es halt. Ja, so müssen wir halt arbeiten.
0:23:36–0:23:40
Wir müssen halt Modelle bauen und wir denken, das sei Wissenschaft,
0:23:40–0:23:42
aber dieses Modell ist natürlich völlig fiktiv.
0:23:43–0:23:46
Freud selbst, und er ist ja auch als Mediziner und Wissenschaftler,
0:23:46–0:23:48
war immer der Meinung, irgendwann wird man das alles finden können,
0:23:48–0:23:50
aber jetzt muss er es halt ableiten.
0:23:50–0:23:54
Er baut diese Modelle und wo wird das denn dann wissenschaftlich?
0:23:54–0:23:56
Und er sagt, ja, wissenschaftlich wird es in dem Moment, wo wir unsere Modelle
0:23:56–0:23:58
dann in der klinischen Praxis erproben.
0:23:58–0:24:04
Weil aufgrund dieser Modelle entstehen ja auch Hypothesen über Veränderung dieses Modells.
0:24:04–0:24:11
Und wenn wir die dann probieren und wir haben einen Erfolg, dann können wir
0:24:11–0:24:15
dieses Modell erstmal nutzen. Es ist quasi, so würde der Mediziner denken, es funktioniert.
0:24:16–0:24:22
Und in der ganzen Psychopharmaka ist es ja auch so, dass die Kategorisierung,
0:24:22–0:24:27
welches Medikament jetzt als antipsychotisch oder angstlösend eingestuft wird,
0:24:27–0:24:34
ist nicht in der Chemie, sondern ist erstmal hauptsächlich in der Wirkweise.
0:24:34–0:24:42
Da werden die halt erst mal kategorisiert und sagen, okay, das ist ein Neuroleptika,
0:24:42–0:24:46
hatte man früher gesagt Antipsychotika, das ist gut gegen Stimmenhören,
0:24:46–0:24:47
gegen Warnhafte und so weiter.
0:24:48–0:24:51
Aber in geringer Dosierung bei manchen Menschen ist es total gut als Schlafmittel.
0:24:52–0:24:55
Aber es wird nicht im Schlafmittel, das ist dann Off-Label-Use.
0:24:55–0:25:01
Aber das heißt, diese ganzen Sachen, die sind auch immer Sachen, die so gebaut werden.
0:25:01–0:25:08
Und Freud hat dann 1924 eben gesagt, um das Ganze auch noch mal auf die Hand
0:25:08–0:25:10
mit der Faust auf den Tisch zu sagen, das ist völlig okay so.
0:25:12–0:25:17
Indem er sagt, schauen wir doch mal an die Physik. Weil das war ja gerade Oppenheimer,
0:25:17–0:25:18
die Quantenphysik in der Zeit.
0:25:19–0:25:26
Da ist es ja auch so, dass auf einmal alle Wissenserfahrungen durch den Boden
0:25:26–0:25:30
fallen, weil wir auf einmal völlig neu denken müssen. Und da gibt es auch noch
0:25:30–0:25:32
keine guten Modelle und man ist einfach am Forschen.
0:25:32–0:25:38
Also das finde ich auch nochmal einen wichtigen kleinen Exkurs, dann mal reinzugucken.
0:25:38–0:25:44
Wir sind immer im Plausiblen, nicht wirklich im Wissen.
0:25:44–0:25:48
Und auch schön nochmal zu sagen, ja 1924 hatte man das Gefühl,
0:25:48–0:25:52
dass man bei der Quantenphysik auch nicht im Wissen ist, sondern auch noch im Stochern.
Florian Clauß
0:25:52–0:25:56
Ja, und dann, ja, das war ja quasi der Höhepunkt der Moderne und in dem Moment,
0:25:56–0:26:02
wo dann Trinity losging und Oppenheimer und die Atombombe, ist ja die Postmoderne
0:26:02–0:26:04
quasi mehr oder weniger angefangen.
0:26:04–0:26:09
Also dann ist ja wieder dieses, also auf einer Kulturgeschichte betrachtet.
0:26:09–0:26:13
Aber noch ein anderer Gedanke dazu, zu den Wirkweisen der Medikamente jetzt
0:26:13–0:26:14
nochmal zurückzuhalten.
0:26:15–0:26:18
Fromm, freut Jung, Fromm.
Micz Flor
0:26:18–0:26:19
Fromm kommt, glaube ich.
Florian Clauß
0:26:19–0:26:20
In dieser Folge eigentlich gar nicht vor.
Micz Flor
0:26:21–0:26:23
Das ist aber lustig, eine Jung, freut Fromm.
Florian Clauß
0:26:23–0:26:24
Ja, das ist deine Folge.
Micz Flor
0:26:25–0:26:30
Wenn die Schmidt, Schulze und Schuster gehen, dann werden wir so gerne über die reden.
Florian Clauß
0:26:31–0:26:36
Ja, das könnte man auch übertragen. Aber das auf die Psychotherapie dann übertragen
0:26:36–0:26:40
ist natürlich auch, der Ansatz zur Heilung ist ja quasi das Unbewusste,
0:26:40–0:26:43
sich irgendwie zugänglich zu machen in verschiedenen Methoden.
0:26:43–0:26:51
Und bei Jung ist ja dann eine Methode diese aktive Imagination.
0:26:51–0:26:58
Das heißt, sich das in so einem Halbwachzustand, dann eben seinen Traumbildern
0:26:58–0:27:02
nachzugehen und da zu schreiben, beschreiben, zu malen, zeigen und so weiter.
0:27:02–0:27:06
Das heißt, da gibt es ja auch die Möglichkeit zu heilen.
0:27:07–0:27:11
Das ist ja ähnlich wie das Medikament, dann auch irgendeine Disposition mitbringt.
0:27:11–0:27:15
Und auch hier eigentlich ist es ein Methodenwerk dann letztendlich,
0:27:15–0:27:17
was daraus abgeleitet werden kann.
0:27:17–0:27:21
Und das ist natürlich total flexibel. Also das ist dann auch immer,
0:27:21–0:27:26
also das ist glaube ich das, was du ursprünglich zu Freud gesagt hast, dass es,
0:27:27–0:27:31
man kann nicht sagen, dass es diese eine Methode ist, die dann wirkt,
0:27:31–0:27:36
sondern das ist ja dann im kulturellen Kontext sind es unterschiedliche Möglichkeiten.
0:27:36–0:27:41
Jetzt kannst du vielleicht Large Language Models einsetzen, die auch eine heilende
0:27:41–0:27:45
Wirkung, eine methodische Wirkung haben können. Die ist halt irgendwie vor einer Zeit nicht klar.
Micz Flor
0:27:45–0:27:53
Ja, klar. Genau, aber jetzt habe ich den Faden für mich ganz kurz verloren, weil diese,
0:27:53–0:28:05
was du sagst, es wirkt in Anfangszeichen, ist natürlich dann auch noch ein ganz großes Thema,
0:28:06–0:28:12
weil die Psychoanalyse ursprünglich gar nicht unbedingt so denken wollte wie
0:28:12–0:28:14
die medizinische Empirie oder Evidenzforschung.
0:28:15–0:28:18
Aber inzwischen, vor allen Dingen auch in Deutschland, weil halt alles über
0:28:18–0:28:22
die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet wird, Evidenz vorliegen muss,
0:28:22–0:28:27
damit der soziale Pool das auch zahlt.
0:28:27–0:28:31
Deshalb war ja Homöopathie einfach so lange auch unter Beschuss,
0:28:31–0:28:37
weil es einfach überhaupt keine Evidenzbeweise gab, dass es wirkt.
0:28:38–0:28:44
Und das Geld, was alle in einen Pool stecken, was dann allen auch helfen darf,
0:28:45–0:28:46
wird halt danach auch geprüft.
0:28:46–0:28:51
Aber die Evidenzforschung ist halt so nah an der Medizin, dass du halt so ein
0:28:51–0:28:54
Doppelblindverfahren, Psychopharmaka zum Beispiel, testen kannst.
0:28:54–0:28:57
Kann man sich ja vorstellen, wie das geht. Und dann hast du bestimmte Varianzen,
0:28:57–0:29:00
in denen Symptome reduziert werden und dann kannst du gucken,
0:29:00–0:29:04
sind die signifikant oder nicht, gibt es Nebenwirkungen, wird alles dann geschaut
0:29:04–0:29:05
und dann kommt es auf den Markt.
0:29:10–0:29:14
Psychotherapie, deshalb auch manualisierte psychotherapeutische Verfahren,
0:29:14–0:29:23
die auch versuchen, eben möglichst gleich die Prozesse, Intervention in der Therapie,
0:29:26–0:29:29
auszuführen, nenne ich es mal, sodass man zum Schluss dann wirklich sagen kann,
0:29:29–0:29:35
dieses manualisierte psychotherapeutische Verfahren für Angst ist wirksam und
0:29:35–0:29:38
deshalb zahlt das die Kasse und empfiehlt es auch.
Florian Clauß
0:29:38–0:29:42
Ja, ja, ich meine, das hattest du ja auch so exponiert in der einen Folge.
Micz Flor
0:29:42–0:29:49
Genau, und dann ist es aber eben, um darauf zurückzukommen, mit den psychodynamischen
0:29:49–0:29:52
Verfahren geht es ja immer um das ganz spezielle.
0:29:52–0:29:54
Warum jetzt? Warum das?
0:29:55–0:29:57
Warum Angst vor Pferden?
0:29:59–0:30:01
Das heißt, da wird ja immer ein Schritt, eben laut language,
0:30:01–0:30:04
man ist ein Schritt hervorgeguckt. Da wird ja halt gesagt, okay,
0:30:04–0:30:11
es gibt eine Angst, zum Beispiel die klassische Geschichte mit Angst vor Pferden vom kleinen Hans.
0:30:12–0:30:17
Der Papa und der Junge hatte dann Angst vor dem Papa, würde man dann natürlich
0:30:17–0:30:18
gleich sagen Kastrationsangst.
0:30:20–0:30:25
Aber das darf er sich nicht gestehen oder zulassen, das ist nicht ausführbar.
0:30:26–0:30:29
Und dann hat er auf einmal Angst vor Pferden, also es verschiebt sich.
0:30:29–0:30:33
Das ist ja ein ganz schillernder Fall, jetzt ganz kurz erklärt.
0:30:33–0:30:37
Das heißt, würdest du jetzt empirisch sagen, Pferdeangst müssen wir wegmachen,
0:30:37–0:30:41
was gibt's? Können wir mal unter P wie Pferde gucken und was machen wir jetzt?
Florian Clauß
0:30:43–0:30:45
Da steht nur ein Penis.
Micz Flor
0:30:49–0:30:53
Papa und Penis und Pferde, alles passt ja sogar, also sind wir sogar mit drin.
0:30:54–0:30:58
Aber deshalb ist natürlich oft diese Evidenzbasierung, gerade auch bei psychodynamischen
0:30:58–0:30:59
Verfahren, einfach nicht so.
Florian Clauß
0:30:59–0:31:02
Ja, das ist spannend, das finde ich jetzt, das ist mir jetzt wirklich tatsächlich
0:31:02–0:31:04
zum ersten Mal so klar geworden.
0:31:04–0:31:09
Da knüpfe ich wieder an, was wir gerade gesagt haben, diese unendlichen Möglichkeiten,
0:31:10–0:31:19
die erstmal in diesem Unbewussten drinnen liegen, die dann halt einen potenziellen 2 hoch N Raum hat,
0:31:20–0:31:25
wie sich das dann ausprägen kann in der konkreten Wirkungsweise und so weiter.
0:31:26–0:31:28
Wie du das gerade beschrieben hast, und dann sind es auf einmal Pferde.
0:31:29–0:31:31
Bei den anderen sind es vielleicht Gartenzwerge oder sowas.
0:31:31–0:31:37
Das heißt, dieses Objekt oder das Subjekt oder das, was dann die Angst bereitet,
0:31:37–0:31:44
ist dann quasi nur der Endpunkt eines Prozesses, der vorher dann irgendwo anders angefangen hat.
0:31:44–0:31:47
Und das heißt, es ist deswegen nicht wiederholbar.
Micz Flor
0:31:47–0:31:51
Und das ist dann oft auch eine Kritik, die aber auch nicht bewiesen ist,
0:31:51–0:31:55
aber oft eine Kritik vom psychodynamischen Verfahren, früher in verhaltenstherapeutischen
0:31:55–0:32:00
Verfahren, die dann zum Beispiel nachweislich in der Expositionstherapie sehr
0:32:00–0:32:02
gut, sowas wie Höhenangst, bearbeiten können.
0:32:02–0:32:06
Sogar per SMS, es gab eine Zeit lang, bevor es dann die Apps gab,
0:32:07–0:32:11
schon Angebote auch von Krankenkassen, dass man per SMS eine Expositionstherapie machen kann.
0:32:11–0:32:15
Man wird dann in bestimmten Abständen hingehalten, bestimmte Dinge zu tun,
0:32:15–0:32:21
dann auszuhalten, bis die innere Aufregung wieder abschwillt und dass man sich
0:32:21–0:32:23
dann wieder völlig entspannt fühlt und so weiter.
0:32:23–0:32:27
Es gibt bestimmte Methoden, es funktioniert und die Psychodynamik hat dann immer
0:32:27–0:32:30
den Vorwurf parat, ja gut, dann entsteht halt Symptomverschiebung.
0:32:31–0:32:37
Wenn der eigentliche Konflikt nicht gelöst ist, dann bleibt der psychische Druck
0:32:37–0:32:45
erhalten und wenn dieser psychische Druck da ist, dann wird sich ein neues Symptom finden.
0:32:45–0:32:50
Und es gibt auch einen Text, den hatte ich neulich, weiß gar nicht,
0:32:50–0:32:54
ob ich den nochmal finde, aber wo jemand auch bei Zwangspatienten darüber gesprochen
0:32:54–0:32:55
hat, welche Rolle hat denn eben Zwänge?
0:32:56–0:33:01
Das war, ich habe den Namen, Lerch, glaube ich, heißt der, der gehemmte Rebell
0:33:01–0:33:03
ist das Buch, was er geschrieben hat über Zwänge.
0:33:04–0:33:08
Und der hat halt gesagt, dass anhand der PatientInnen, mit denen er gearbeitet
0:33:08–0:33:13
hat, eine meinte, dass die Zwänge auf einmal weg waren und dann fehlte ihr was.
0:33:14–0:33:18
Dann fehlte auf einmal was und dann hat sie irgendwie was anderes gefunden,
0:33:19–0:33:23
was sie zwanghaft annehmen konnte, um halt so eine bestimmte Struktur,
0:33:23–0:33:25
die sie scheinbar einfach braucht.
Florian Clauß
0:33:25–0:33:31
Ja, es ist im Prinzip wie dann auf der anderen Seite, wenn du dann halt medikativ
0:33:31–0:33:36
da eingreifst, dann wird wahrscheinlich dieser Druck,
0:33:38–0:33:42
gedämpft, aber der ist nicht wirklich weg. Also die Frage ist,
0:33:42–0:33:46
ob das dann eine Form von Heilung ist oder Verschiebung.
Micz Flor
0:33:47–0:33:51
Da gibt es dann eben die ganzen Abwehrmechanismen, die ausgelegt sind,
0:33:51–0:33:54
um diese inneren Unruhezustände zu bändigen.
0:33:55–0:33:59
Und dann kann zum Beispiel Somatisierung, also das war dann meine Brandblase,
0:33:59–0:34:01
das hat mich so tief erschüttert, Ich habe das nicht zugelassen,
0:34:01–0:34:08
ist ja nur mein, das wäre jetzt die Theorie dazu, die ist ja hier nur mein Zivildienst.
0:34:08–0:34:12
Ich kenne den Typ ja eigentlich gar nicht und dann kommt halt die Brandblase
0:34:12–0:34:16
an meine Hüfte raus. Ich habe die Narbe immer noch, kann ich dir mal im Intim-Moment zeigen.
Florian Clauß
0:34:18–0:34:19
Beim Schneiden.
Micz Flor
0:34:20–0:34:21
Beim Schneidung im Himmels Willen.
0:34:24–0:34:28
Ich wollte eine Sache noch sagen mit diesem Archetypen-Ding.
0:34:28–0:34:32
Also auch da haben wir schon, so wie wir drüber gesprochen haben, du genauso wie ich,
0:34:33–0:34:38
ich hatte ein bisschen gehofft, dass du der methodisch inkorrekt Gegenspieler
0:34:38–0:34:41
bist, der sagt, Leute, so muss es gemacht werden.
0:34:42–0:34:49
Aber du hast ja jetzt auch selber schon gesagt, man kann bei einer starken Plausibilität
0:34:49–0:34:52
schnell auch mal schulterzuckend sagen, kann ich glauben.
0:34:52–0:34:57
Und dann sind wir bei unserer allerersten Folge Contact.
0:34:57–0:35:02
Also Jodie Foster, die halt irgendwann glaubt, dass es Aliens gibt.
0:35:03–0:35:08
Und es ist in dem Buch, weiß ich gar nicht mehr, aber im Film ist es dann wirklich
0:35:08–0:35:12
so, dass der Vorwurf, den sie kriegt, ist, dass sie halt fantasiert und sie
0:35:12–0:35:14
war ja ohnmächtig in dieser großen Kugel.
0:35:14–0:35:19
Das hat sie alles nur so Hingespinste, der wird im Film ja ausgehebelt,
0:35:20–0:35:25
weil dann nochmal jemand sagt, also sie sagt halt so, das Tape,
0:35:25–0:35:26
die Videoaufnahme, da ist nichts drauf.
0:35:26–0:35:30
Und dann ist das Gespräch vorbei und dann sagt die Kollegin von dem aber,
0:35:31–0:35:35
trotzdem, es waren 17 Stunden Aufnahme, auf denen nichts drauf war.
0:35:35–0:35:40
Während eigentlich nur die Kugel ist. Also Jodie Foster glaubt an Aliens und
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vorher war sie die Wissenschaftlerin, die halt jeden Schritt so,
0:35:43–0:35:46
und jetzt ist sie die Einzelkämpferin mit ihrem Glauben.
0:35:47–0:35:50
Und jetzt ist es bei dem, was wir mit den Archetypen gesagt haben,
0:35:50–0:35:57
also Archetypen, die erstmal auch so in Mythen immer vorkommen, da hat.
0:36:00–0:36:12
Da ist es so, dass in der Hirnforschung, in der angstbezogenen Hirnforschung
0:36:12–0:36:14
ist es so, dass man inzwischen festgestellt hat,
0:36:14–0:36:19
dass über die Signale, die halt reinkommen, zum Beispiel über was man sieht,
0:36:19–0:36:26
werden an der Ermückterlage gesplittet in schnelle Sachen, die zum Hypothalamus
0:36:26–0:36:31
geschossen werden und langsameren Sachen, die halt hinten zum visuellen Kortex geschickt werden.
0:36:32–0:36:36
Im Hypothalamus wird in irgendeiner Form, wie auch immer, schnell mal abgeglichen.
0:36:36–0:36:39
Das ist das Angstgedächtnis quasi, kenne ich das schon.
0:36:39–0:36:44
In der Exposition, in der Expositionstherapie der VT wird erfolgreich dieses
0:36:44–0:36:46
Angstgedächtnis umgebaut.
0:36:46–0:36:49
Da habe ich dann keine Höhenangst mehr. Das ist da rausgenommen.
0:36:50–0:36:55
Aber was da ankommt als Signal, wird abgeglichen und dann wird halt gleich gesagt
0:36:55–0:36:56
Gefahr oder nicht Gefahr.
0:36:57–0:37:01
Und wenn es Gefahr ist, dann entsteht halt so eine Übernahme des ganzen Systems
0:37:01–0:37:06
und in drei Phasen werden dann Stresshormone ausgeschüttet und der Körper ist gestresst.
0:37:06–0:37:18
So, aufgrund dieser Struktur ist es gut erklärbar, warum es sehr viel mehr Hühnerphobien
0:37:18–0:37:21
gibt als Starkstromphobien.
0:37:21–0:37:21
Ja.
0:37:23–0:37:27
Es ist empirisch nicht nachweisbar, dass Hühner tödlicher sind für Menschen
0:37:27–0:37:30
als irgendwelche Zwischenfälle mit Steckdosen oder so.
Florian Clauß
0:37:30–0:37:30
Ja.
Micz Flor
0:37:32–0:37:37
Aber es ist einfach so. Schlangen, Insekten, das ist alles, da sind wir sehr anfällig.
0:37:38–0:37:43
Und das ist zumindest auch eine plausible Erklärung, zu sagen,
0:37:43–0:37:53
dass eine Weitergabe auf einer genetischen Ebene von solchen Archetypen möglich zu sein scheint.
Florian Clauß
0:37:53–0:37:57
Aber da ist vielleicht diese mimetische Weitergabe, dass du die Bilder dann
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irgendwie vererbst, in der Kultur eingebettet.
Micz Flor
0:38:04–0:38:08
Ja, das ist Das kann man nicht ausschließen,
0:38:08–0:38:13
aber zumindest ist es so, dass das Huhn nachweislich, ich weiß nicht wie das
0:38:13–0:38:17
mimetisch erhalten blieb, dass das Huhn so gefährlich ist, aber es gibt Hühnerphobien
0:38:17–0:38:19
oder Vögelphobien, die einfach nicht wirklich,
0:38:22–0:38:25
Die irgendwie nach Jahrhunderten jetzt, glaube ich, dann vielleicht auch mal
0:38:25–0:38:26
nicht mehr notwendig sind, aber die es immer noch gibt.
Florian Clauß
0:38:27–0:38:33
Vielleicht hier noch mal die Anekdote, als ich von Benjamin Worf ein Buch mal
0:38:33–0:38:37
gelesen habe über den Sprachanalytiker.
0:38:38–0:38:41
Und er hat die Sprache der Hopi-Indianer untersucht.
0:38:42–0:38:47
Und das ist eine völlig andere Struktur in der Sprache. Hat mich sehr fasziniert damals.
0:38:49–0:38:53
Und die jetzt ganz anders strukturell aufgebaut ist.
0:38:53–0:38:57
Und da ist sowas, weil wir hier gerade durchs Gebüsch laufen,
0:38:57–0:39:03
da ist zum Beispiel der Satz, ich schiebe einen Ast beiseite oder ich habe einen
0:39:03–0:39:06
zusätzlichen Zeh an meinem Fuß, das ist das Gleiche.
Micz Flor
0:39:07–0:39:07
Echt?
Florian Clauß
0:39:09–0:39:16
Wie geht das? Aber es ist halt diese Struktur, die das in dieser Hopi-Indianer-Sprache
0:39:16–0:39:20
beschreibt. und vielleicht ist es genau das gleiche wie mit Enten und Starkstrom.
0:39:20–0:39:24
Es ist dann halt irgendwie eine Hülle für irgendwas, was man erst mal wieder
0:39:24–0:39:26
füllen muss mit Bildern.
Micz Flor
0:39:26–0:39:31
Also die Hörer und Hörerinnen, die jetzt nicht dabei waren, während wir hier
0:39:31–0:39:35
lang liefen, müssen wissen, wir sind gerade über einen kleinen Fluss gelaufen und da waren Enten.
0:39:35–0:39:39
Deshalb hat Flo jetzt von Enten gesprochen. Er meinte Hühner.
0:39:41–0:39:46
Ja, im Deutschen gibt es das ja auch. Das erzählt Elsa immer gerne anderen Menschen.
0:39:48–0:39:52
Nur durch die Betonung werden diese beiden Sätze sehr unterschiedlich.
0:39:52–0:39:56
Ich werde dich umfahren oder ich werde dich umfahren.
Florian Clauß
0:39:57–0:39:58
Das sind andere Konsequenzen.
Micz Flor
0:39:58–0:40:03
Das ist ein sehr, sehr anderer. Der eine ist eher altruistisch mitdenkend und
0:40:03–0:40:06
der andere ist eher übergriffig, invasiv.
0:40:07–0:40:10
Aber das nochmal ganz kurz mit diesen Ängsten.
0:40:11–0:40:16
Es ist scheinbar möglich, dass in gewisser Form wirklich solche Sachen übergeben
0:40:16–0:40:23
werden und dann auch wieder evidenzbasierter Daten, sich da bestimmte Sachen festkrallen,
0:40:25–0:40:27
Und das muss man einfach mal so hinnehmen.
Florian Clauß
0:40:28–0:40:33
Ja, das muss man mal so hinnehmen. Okay, es ist natürlich ein heikles Gebiet,
0:40:33–0:40:40
weil du dann auch anfängst, ja, Homopathie und Evidenz und die Frage,
0:40:40–0:40:42
was dann eben Heilung bringt.
0:40:42–0:40:47
Aber ich meine, was in diesem Zusammenhang auch immer wieder gesagt wird und
0:40:47–0:40:53
als Sticker vom Böhmermann rausgekommen ist, ist halt, es ist,
0:40:54–0:40:57
jetzt fällt mir eine Spur nicht mehr ein. Warte mal, wie ging es nochmal?
0:41:00–0:41:03
Also Placebo-Effekt ist wirksam.
0:41:03–0:41:08
Das ist ja so die Essenz davon. Das heißt, die Homöopathie liefert ja ein Konstrukt,
0:41:09–0:41:11
ein Erklärungsmuster, von dem sie sagen, das ist wahr so.
0:41:12–0:41:17
Aber dieser Placebo-Effekt, der ist ja wissenschaftlich anerkannt.
0:41:17–0:41:20
Man weiß es nicht, wie es funktioniert in Teilen.
0:41:21–0:41:24
Aber es ist so, dass es eine unglaubliche Wirkung hat.
0:41:25–0:41:32
Und das ist, glaube ich, das, wo jetzt die Medizin noch nicht in diese Gefilde gekommen ist.
0:41:33–0:41:38
Aber es wird nach wie vor, also dieser Placebo-Effekt wird ja so angewandt.
0:41:38–0:41:42
Und das ist ja auch in dem Bereich, ist es dann auch wieder wissenschaftlich
0:41:42–0:41:46
akzeptiert, wenn du nicht sagst, ich habe jetzt hier irgendwie Hühneraugen und
0:41:46–0:41:52
Entenfüße, mixe ich zusammen und dann wirkt das 100% so.
0:41:52–0:41:55
Sondern du sagst halt irgendwie so, okay, ich baue dir jetzt mal ein Konstrukt
0:41:55–0:41:58
und ob du dran glaubst oder nicht, ist mir egal, aber es wirkt.
Micz Flor
0:42:00–0:42:03
Und jetzt habe ich eine absolute Déjà-vu Sache.
0:42:04–0:42:10
Da musst du jetzt sagen, habe ich neulich schon mal in unserem Podcast über
0:42:10–0:42:11
EMDR gesprochen, über die,
0:42:15–0:42:19
Diese Traumatherapie, psychotherapische Traumatherapie, EMDR?
Florian Clauß
0:42:19–0:42:21
Ich glaube, wir haben darüber gesprochen.
Micz Flor
0:42:22–0:42:24
Also gut, ich sage es jetzt einfach nochmal, weil es so gut passt.
0:42:25–0:42:26
Bei EMDR ist es auch so, dass man,
0:42:28–0:42:33
versucht, mit bestimmten Augenbewegungen, die durch den Finger,
0:42:33–0:42:41
den der Therapeutin bewegt, das traumatische Erleben dann abgeschwächt werden kann, die Erinnerung.
0:42:41–0:42:43
Also es ist eine Traumatherapie, ohne in die Symptome reinzugehen.
0:42:44–0:42:49
Und man hat aber irgendwann gemerkt, dieser Finger, das muss man gar nicht machen.
0:42:49–0:42:51
Man kann auch auf den Handrücken tippen oder man kann auch im Vorhang auf und
0:42:51–0:42:52
zu machen. Das ist nicht so wichtig.
0:42:54–0:42:58
Lange hielt man an diesen Finger fest. Und jetzt ist die neue plausible Theorie
0:42:58–0:43:01
einfach zu sagen, es geht um geteilte Aufmerksamkeit.
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Es geht darum, dass das Trauma nicht die ganze Aufmerksamkeit bekommt,
0:43:07–0:43:10
sondern dass ein Teil der Aufmerksamkeit auf etwas anderem bleibt.
0:43:11–0:43:15
Sodass dann traumatische Erlebnisse nochmal berichtet werden können und dann
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besser integriert werden können, sich entspannen können.
0:43:17–0:43:24
Und bei meinem Modell dazu merkt man schon, wie plausibel und gleichzeitig lose
0:43:24–0:43:25
das dann auch wieder ist.
0:43:25–0:43:32
Aber es ist gerade wohl der aktuelle Stand in der Forschung zu diesem Thema.
0:43:33–0:43:37
Warum muss man nur irgendwas machen und EMDR funktioniert?
0:43:37–0:43:43
Während man lange Zeit sich überlegt hat, was ist es denn bei dieser Augenbewegung,
0:43:43–0:43:44
was dann im Gehirn wirklich passiert.
0:43:44–0:43:46
Aber es war gar nicht das, sondern das Thema war Aufmerksamkeit.
Florian Clauß
0:43:46–0:43:53
Ja, interessant. Jetzt kommt da wieder so ein bisschen so, dass da quasi eine
0:43:53–0:43:55
Bewegungsstruktur hinterliegt.
0:43:55–0:43:58
Das ist dann wieder auf einer komplett strukturellen Ebene, aber sobald es eben
0:43:58–0:44:02
materiell wird, dann vielleicht gar nicht so interessant.
0:44:02–0:44:06
Also das ist dann das Augenfälligste, was man erstmal untersuchen möchte.
Micz Flor
0:44:07–0:44:09
Augenfälligste war jetzt auch wegen Augen, meinst du?
Florian Clauß
0:44:09–0:44:13
Ja, das, was man dann halt anfassen kann, weil es halt irgendwie konkret wird.
0:44:14–0:44:16
Aber es ist vielleicht gar nicht das, worum es da geht. So ein bisschen,
0:44:17–0:44:18
das hatten wir auch erwähnt,
0:44:19–0:44:23
ich glaube, als wir das erste Mal über Large Language Models gesprochen haben,
0:44:23–0:44:29
dass dann der Hautkrebs oder Krebs in so Modellen,
0:44:29–0:44:33
wo verschiedene Bilder waren und so weiter, dann irgendwann ein Bios drin hatte,
0:44:33–0:44:39
das im Krebs immer nur dann erkannt wurde, wenn halt so ein Lineal daneben liegt.
0:44:39–0:44:43
Also dann hat man die ganze Zeit, okay, das ist Lineal, das muss irgendwas bedeuten.
0:44:43–0:44:46
Da muss ich mal hin. Das ist ein bisschen wie der Finger, der Finger, der Finger.
0:44:46–0:44:49
Dabei geht es eigentlich um eine andere Sache, die dahinter liegt,
0:44:49–0:44:52
die dann halt irgendwie unterschiedlich ausgeführt werden kann.
0:44:52–0:44:57
Und vielleicht geht es dann immer eher um Bewegung als um irgendwas Materielles.
Micz Flor
0:44:58–0:45:01
Wir haben jetzt irgendwie das Eigentliche, Eigentlich Thema ja so ein bisschen
0:45:01–0:45:04
übersprungen, also Jung ist jetzt so ein bisschen hinten dran.
0:45:06–0:45:10
Ich wollte da aber noch so ein paar Sachen dazu sagen, dass wir vielleicht das,
0:45:10–0:45:14
was wir besprochen haben, was wir eigentlich später hätten besprechen können,
0:45:14–0:45:18
aber jetzt nochmal hinten dran zu setzen, was eigentlich vorne dran gewesen
0:45:18–0:45:28
wäre, wäre halt der Jung in seiner Genese hin zum Psychiater und dann Psychoanalytiker.
0:45:28–0:45:34
Also er hat analytische Psychotherapie oder Psychologie dazu gesagt. Oder analytische oder?
Florian Clauß
0:45:36–0:45:36
Analytische, glaube ich.
Micz Flor
0:45:36–0:45:41
Analytische Psychologie, genau. Und bei ihm war es so, das hatte ich ja gesagt,
0:45:41–0:45:45
biografisch, er schon von sich auch gesagt hat, das Kind schon immer auch mal Halluzination.
0:45:47–0:45:54
Und ein kindliches Beispiel auch, was ja 1935 nochmal in einem Vortrag eben
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auch angeführt hat, Was ich jetzt anführen werde als etwas,
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was sehr fragwürdig ist, als empirische Evidenz, aber was er da angeführt hat,
0:46:05–0:46:11
als Kind schon das konnte, er hatte einmal so lange das Bild des Großvaters
0:46:11–0:46:12
angeschaut, was vor ihm war,
0:46:13–0:46:15
bis diese dann wahrhaftig die Treppe runtergekommen ist.
0:46:17–0:46:20
Und jetzt würde man mal methodisch inkorrekt natürlich gleich sagen,
0:46:21–0:46:24
wie oft hast du das wiederholen können?
0:46:25–0:46:30
Hast du da sieben Stunden gesessen oder war das immer nach maximal 20 Sekunden passiert?
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Hast du auch mal versucht, den Aschenbecher vom Opa anzugucken oder irgendwas anderes?
0:46:36–0:46:40
Also all diese Sachen, die einem sofort als wissenschaftlich empirisch denkender
0:46:40–0:46:47
Mensch in den Kopf kommen, die sind dann bei Jungen nicht fassbar.
0:46:48–0:46:53
Und als es dann, also ich rutsche, jetzt ein bisschen die Biografie,
0:46:53–0:46:54
weil ich finde das schon immer wichtig auch.
0:46:55–0:46:57
Als es dann darum ging, dass,
0:46:58–0:47:05
Ja, Freud und Jung sich getrennt haben, aber jetzt bin ich ein bisschen von
0:47:05–0:47:09
den Hunden abgelenkt hier, aber ich muss ja laufend reden beim Laufen.
Florian Clauß
0:47:09–0:47:12
Ja, du musst dich mal konzentrieren einfach beim Laufen.
Micz Flor
0:47:13–0:47:17
Nach der Trennung, Freud hat dann letztendlich Schluss gemacht und war dann
0:47:17–0:47:20
auch total erleichtert, hat dann wohl jemanden auch mal geschrieben,
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ich bin so froh, dass wir den los sind und seine Anhänger,
0:47:25–0:47:29
ist Jung wohl richtig in eine tiefe Krise gestürzt.
0:47:30–0:47:36
Das war 1912, 1913 und hat da angefangen dann auch an diesem roten Buch zu arbeiten.
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Wird beschrieben auch von anderen, er hat dann angefangen wie mit Bauklötzen zu spielen.
0:47:41–0:47:44
Er hatte früher auch schon Angst, dass es bei ihm diese psychotischen Anteile,
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dass er das Schicksal von Zarathustra teilen könne.
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Nietzsche, dass er dann eben auch wahnsinnig sei.
0:47:53–0:47:57
Und das musste er dann irgendwie für sich auch nochmal wieder sich da rausarbeiten.
0:47:58–0:48:01
In der Zeit hat er ja ganz viele Visionen gehabt und hat dann auch das,
0:48:01–0:48:05
was du vorhin schon beschrieben hast, diese Mechanik erfunden,
0:48:05–0:48:11
wie er auch im Tage, nicht nur über Träume, sondern im Tage auch aktiv diese.
0:48:13–0:48:18
Aktive Imagination, dass er das auch am Tag machen kann, weil er auch dachte,
0:48:18–0:48:20
die Träume sind meistens auch so ein bisschen verwässert, aber da wirklich,
0:48:21–0:48:27
einzusteigen, so, als ob diese Tagträume dann wirklich auch der Ort ist,
0:48:27–0:48:30
wo er wirklich in Kontakt treten kann, die auch nicht mehr auslassen kann.
0:48:31–0:48:34
Die Methode hat er dann auch einer Patientin erklärt, die es aufgeschrieben
0:48:34–0:48:36
hatte, wo dann das ganz schön nochmal beschrieben ist, auch im Vorwort,
0:48:37–0:48:41
von das rote Buch, das so war, er hat dann die Augen beschlossen und hat dann
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quasi durch die Augenlider einfach über die, weil ja doch immer irgendwas blitzt und blinkt,
0:48:46–0:48:50
hat er im Prinzip sowas wie einen permanenten animierten Rohrschachttest und
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hat halt geguckt, was sehe ich denn aus dem, was da in meinen Augenlidern,
0:48:54–0:48:58
ja, wo sehe ich da Menschen, was sind das für Menschen und hat dann mit denen Dialog aufgegriffen.
Florian Clauß
0:48:58–0:49:01
Hat er schon so eine Engine eingebaut.
Micz Flor
0:49:01–0:49:09
Hat er sich, genau, er hat quasi in so einem Tagtraum, in einem leicht hypnotischen
0:49:09–0:49:12
Zustand hat er das dann so erlebt.
Florian Clauß
0:49:12–0:49:12
Wahnsinn.
Micz Flor
0:49:15–0:49:17
Vorgeschichte auch nochmal, er kommt auch, muss man dazu sagen,
0:49:18–0:49:25
sein Vater war Pfarrer und wohl auch lange von Zweifel am Glauben geschüttelt.
Florian Clauß
0:49:26–0:49:27
Ja, das passiert mir auch immer.
Micz Flor
0:49:30–0:49:34
Aber das war dann so auch ein Auftrag des Vaters, dass er hatte wohl auch einmal
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einen Traum, wo er auf dem Boot eingeschlafen ist.
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Und dann im Halbschlaf auf einmal das Gefühl hat, dass sein inzwischen verstorbener
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Vater legt ihm die Hand auf die Schulter und sagt, gut gemacht.
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Als Zwölfjähriger war er in Basel und sieht dieses wunderschöne Kirchendach
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und hat dann wohl auch so ein inneres Bild, was er ganz fürchterlich wegdrängen wollte.
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Und dann habe er aber wohl, ich weiß gar nicht mehr als Stimme oder wie auch
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immer gehört, nein, nein, ist schon okay, lass es zu, lass es zu.
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Und das sieht er wohl als eine Stimme Gottes oder so.
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Und das Bild war, dass Gott von oben auf diese Kirche scheißt und einen riesen
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Scheißhaufen auf diese Kirche drauf geht.
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Und in dieser Anekdote ist es so, dass das Jung da rausgeht und sagt,
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es gibt Gott, er hat auch mit mir gesprochen.
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Diese Bilder sind auch nicht zufällig, sondern gewollt. Also er kommt jetzt dahin, während Freud,
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wenn er vielleicht dann jemanden analysierte, er versuchen würde,
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warum ist es, dass das Kind, das
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so unter diesem Pfarrer, Vater und dessen Depressivität so leiden musste.
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Interessant, dass der solche Bilder träumt.
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Aber bei Jung ist immer wieder auch dieses Ermächtigung, bei mir ist es anders.
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Und er hat auch mal beschrieben, das Psychotische, was er erlebt hat,
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dass daraus kommt dann auch in dem Roten Buch, kommen dann auch eben so Bilder,
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wo diese tiefe Stimme, das ist quasi unter dem persönlichen Unbewussten,
0:51:06–0:51:10
das kollektive Unbewusste, diese tiefe Stimme, mit der er dann spricht,
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mit der muss man sich dann irgendwie, die muss man integrieren.
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Das eigene Unbewusste und das kollektive Unbewusste, das kann zusammenspielen,
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aber man muss halt in der Lage sein und deshalb eben das Expertentum,
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das voneinander erst auch mal trennen zu können, zu wissen, was ist bei mir, was ist im Kollektiven.
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Und da wird es natürlich hochgradig, hochgradig grauzonig, aber das ist das,
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wo er dann auch über sich gesagt hat, weil er das Göttliche, so nennt das dann auch,
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trennen kann von diesem individuellen, persönlichen, deshalb kann er dann auch,
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hat er keine Psychosen, sondern hat er einfach Erleuchtung.
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Und der Unterschied.
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Von außen betrachtet ist natürlich vielleicht gesellschaftlich gesehen erst
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mal die Produktivität. Bist du produktiv, dann keine Fragen.
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Oder bist du psychotisch dann stationär untergebracht, dann bist du krank,
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wenn man das mal so gemein sagen könnte.
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Aber für dieses Selbstverständnis von Jung und in dem Roten Buch arbeitet er
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sich durch ganz viele solcher Visionen durch.
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Natürlich kommt er immer wieder hinten raus und sagt, weil ich der bin,
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erstens, der es erkannt hat, zweitens, der es beschrieben hat,
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drittens, der es auch beherrschen kann und viertens auch bei anderen analysieren
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kann, eben nicht deuten, sondern,
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das ist nochmal ein Unterschied, ja, es geht um die Wahrheit,
0:52:31–0:52:36
nicht um eine Deutung eines Bildes, sondern es geht um die Wahrheit,
0:52:36–0:52:38
die Trennung zwischen dem Kollektiv und dem eigenen zu sehen.
Florian Clauß
0:52:38–0:52:42
Ja, also vielleicht muss man da ja nochmal den Einschnitt machen,
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dass eben dieses kollektive Unbewusste natürlich einen unglaublichen Universalitätsanspruch
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hat, so einen Wahrhaftigkeitsanspruch, so eine Wahrheit, die dahinter liegt.
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Und wenn er das so sagt,
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sich dann quasi als ein Advokat desjenigen einrichten kann, der sagt,
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das ist jetzt deine individuelle Psychose und das ist jetzt aber der Teil,
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der dann auch kollektiv uns betrifft.
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Das ist ja schon, wie du sagst, ein schmaler Grat, eine absolute Grauzone.
Micz Flor
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Das ist dann auch so, dass zum Beispiel im Umgang mit Toten,
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wenn Tote in Träumen erscheinen, dann,
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Dann ist es so, dass, jetzt habe ich den Namen gerade vergesst,
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ich glaube von Franz heißt sie, Marie-Louise von Franz, genau.
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Die beschreibt dann in ihren Schriften über das Tote Ding, dass man da einen Unterschied weiß.
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In den Träumen, wenn tot und trocken, dann weiß man einen Unterschied,
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ob das wirklich jetzt der, die Tote ist oder ob das nur ein Traum über die ist.
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Und das ist natürlich auch schwierig.
0:54:02–0:54:05
Und wenn es wahr ist, wie Placebo, was du ja schon gesagt hast,
0:54:06–0:54:09
und Placebo ja nachweislich sogar dann funktioniert, wenn die Leute wissen,
0:54:09–0:54:11
dass kein Wirkstoff drin ist.
0:54:11–0:54:13
Nicht bei allen, aber bei vielen.
0:54:14–0:54:18
Aber da wird es natürlich dann schwierig zu sagen, okay, wie kann man das jetzt
0:54:18–0:54:22
greifen? Und dann auch noch die Frage, muss man das greifen?
0:54:25–0:54:33
Ich bin jetzt auch oft total froh, wenn Patienten oder Patientinnen sozial eingebunden
0:54:33–0:54:38
sind mit bestimmten Störungen, einfach auch wenn es eine kirchliche Gemeinde
0:54:38–0:54:39
ist, die sich dann trifft.
0:54:39–0:54:42
Und dann haben die so einen Bibelkreis und treffen sich jeden Donnerstag.
0:54:43–0:54:46
Und ich denke dann aber, du verstehst, was ich meine.
Florian Clauß
0:54:46–0:54:52
Es ist egal, letztendlich. Da fehlt die soziale Interaktion.
Micz Flor
0:54:52–0:54:59
Ich glaube Seligmann, so ein 70er Jahre Psychologe und Professor aus Amerika,
0:54:59–0:55:03
der hat irgendwann mal ein Vorwort gesagt, in unserer Gesellschaft ist es so,
0:55:03–0:55:07
dass wenn man mit Gott spricht, dann ist man gläubig, wenn Gott antwortet, ist man verrückt.
Florian Clauß
0:55:07–0:55:15
Ja, ja, das ist ein klassisches Zitat. Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen, ja. Das ist das zweite.
Micz Flor
0:55:16–0:55:17
Und dann ist es halt so, dass,
0:55:20–0:55:24
Das Jung in seiner Biografie mit dem Bruch in diese lange Phase von,
0:55:24–0:55:30
also hat gleichzeitig seine Privatpraxis aufgemacht und hat dann dieses rote Buch geschrieben.
0:55:30–0:55:34
Parallel auch noch vorher hauptsächlich noch ein schwarzes Buch.
0:55:34–0:55:40
Das ist auch was Erinnerung, irgendwas ist seine Memoiren quasi offiziell dazu gehandelt.
0:55:40–0:55:43
Und das rote Buch war eben im Giftschrank, war weggesperrt.
0:55:44–0:55:49
Und ich zück jetzt mal ganz kurz mein Handy aus der Tasche, weil ich...
Florian Clauß
0:55:49–0:55:54
Wir sind jetzt hier am Fuße des Kienbergs und wir haben die Möglichkeit,
0:55:54–0:55:59
den offiziellen Wanderweg zu gehen oder halt querfeldein und so ein bisschen
0:55:59–0:56:01
alpines Gefühl zu bekommen,
0:56:02–0:56:06
indem wir dann halt wieder schnaufen beim Reden. Ja, wollen wir das?
Micz Flor
0:56:06–0:56:09
Schnaufen beim Reden. Hast du das gerade ausgedacht oder hast du schon öfter
0:56:09–0:56:12
gesagt, schnaufen beim Reden und schnaufend reden?
Florian Clauß
0:56:12–0:56:15
Ja, das mache ich ja immer. Ich höre mich doch.
Micz Flor
0:56:15–0:56:17
Okay, dann kann ich ja vorlesen.
Florian Clauß
0:56:17–0:56:19
Und ich schnaufe, du musst nicht rausnehmen.
Micz Flor
0:56:20–0:56:23
Also wie ich gerade schon angesagt habe, ich habe jetzt Handy aus der Tasche
0:56:23–0:56:27
gezogen, um ganz kurz hier was vorzulesen, wenn ich gleichzeitig versuche, nicht überwurzeln.
0:56:28–0:56:33
Also perfekte EMDR-Situation, geteilte Aufmerksamkeit, wahrscheinlich zulasten
0:56:33–0:56:35
meiner Betonung des Textes.
0:56:36–0:56:40
Mitten rausgegriffen, das ist jetzt aus dem achten Kapitel über Gottes Empfängnis.
0:56:42–0:56:46
Als ich so sprach, da brach plötzlich der Geist der Tiefe hervor.
0:56:47–0:56:52
Das ist diese Tiefe, also eben das Göttliche, ja, unter dem persönlichen Unbewussten.
0:56:52–0:56:55
Nach unten offen und damit auch gleichzeitig nach oben offen.
0:56:57–0:57:01
Plötzlich der Geist der Tiefe erfüllte mich mit Rausch und Nebel und sprach
0:57:01–0:57:02
mit starker Stimme diese Worte.
0:57:03–0:57:07
Ich habe deinen Keim empfangen, du Kommender.
0:57:07–0:57:11
Ich habe ihn in tiefer Not, in tiefster Not und Niedrigkeit empfangen.
0:57:12–0:57:17
Ich hüllte ihn in fratzenhafte Lappen und bettete ihn auf das Lager arme Worte.
0:57:18–0:57:23
Und der Spott betete ihn an, dein Kind, dein wundersames Kind,
0:57:23–0:57:27
das Kind eines Kommenden, das den Vater verkündigen soll, eine Frucht,
0:57:27–0:57:30
die älter ist als der Baum, an dem sie wuchs.
0:57:31–0:57:35
Mit Schmerzen wirst du empfangen und Freude ist deine Geburt.
0:57:35–0:57:41
Angst ist dein Herold, Zweifel steht zu deiner Rechten, Enttäuschung zu deiner Linken.
0:57:42–0:57:45
Wir vergingen in unserer Lächerlichkeit und Vernunftlosigkeit,
0:57:46–0:57:47
als wir dich erblickten.
0:57:47–0:57:53
Unsere Augen erblindeten und unser Wissen verstummte, als wir deinen Glanz empfingen.
0:57:54–0:58:00
Du neuer Funke vom ewigen Feuer, in welche Acht bist du hineingeboren.
0:58:01–0:58:06
Du wirst von deinen Gläubigen wahrhafte Gebete erzwingen und sie müssen zu deiner
0:58:06–0:58:09
Ehre in Zungen reden, die ihnen ein Graul sind.
0:58:10–0:58:14
Du wirst über sie kommen in der Stunde ihrer Schmach und du wirst ihnen offenbar
0:58:14–0:58:18
werden in dem, dass sie hassen, fürchten und verabscheuen.
0:58:19–0:58:25
Deine Stimme, den seltensten Wohllaut wird man vernehmen, Im Gestammel des Ungeordneten,
0:58:25–0:58:29
des Weggeworfenen und des als wertlos Verdammten.
0:58:29–0:58:33
So, und da höre ich jetzt mal auf. Es ist einfach so von der,
0:58:33–0:58:36
also es ist einfach sehr,
0:58:38–0:58:42
biblisch. Von der Sprache und auch.
Florian Clauß
0:58:43–0:58:43
Mysterienhaft.
Micz Flor
0:58:44–0:58:49
Ja, und auch dann wird er halt angesprochen von der Tiefe. Du bist das.
0:58:51–0:58:53
Jetzt hatte ich dir einen Link geschickt.
0:58:55–0:59:01
Sternstunden der Philosophie, wo Verena Kast als Leiterin des,
0:59:01–0:59:04
ich glaube, Züricher Junginstituts, oder ich weiß nicht genau, wie es heißt,
0:59:05–0:59:11
eingeladen war zum Erscheinen des Roten Buchs, was erst noch über 40 Jahre nach
0:59:11–0:59:13
seinem Tod veröffentlicht wurde.
Florian Clauß
0:59:13–0:59:18
2007 wurde das veröffentlicht. Ohne Zeichnung, ohne die Zeichnung.
Micz Flor
0:59:20–0:59:24
Und hat und Brena Kast ist so ein bisschen, hat man das Gefühl,
0:59:25–0:59:27
die sagt sehr schnell, naja, der war in der Lebenskrise.
0:59:28–0:59:33
Gerade Bruch mit Freud, Midlife-Crisis, wo Junge auch selber gesagt hat,
0:59:33–0:59:35
da hat man gerne mal Depressionen.
0:59:36–0:59:39
Und sagt dann auch sehr schnell, es ist nichts Neues.
0:59:42–0:59:46
Vieles kennen wir schon aus dem Schwarzen Buch. Aber hier ist so ein rotes Buch,
0:59:46–0:59:52
was Jung auch mit eigenen Zeichnungen, künstlerischen Zeichnungen,
0:59:52–0:59:54
für die auch Entwürfe gemacht hat. Und nicht nur Skizzen.
0:59:55–0:59:58
Er hat das Ganze kalligrafisch aufgearbeitet, ich glaube in der gotischen Schrift.
0:59:59–1:00:01
Also da ist wirklich viel Arbeit reingeflossen in dieses Werk.
1:00:04–1:00:04
Und...
1:00:07–1:00:12
Und jetzt kann man, was ich vorgelesen habe, natürlich, wenn jemand jetzt beweisen
1:00:12–1:00:16
möchte, anhand des Textes zu sagen, das klingt doch verdammt nach einem,
1:00:16–1:00:18
der sich als Religionsgründer in die Welt stellt.
1:00:18–1:00:22
Wenn der Geist der Tiefe die Stimme Gottes ihn anruft und sagt,
1:00:22–1:00:30
du, deine erhabenen Worte, dann könnte man sagen, ja, plausibles Argument,
1:00:30–1:00:31
sind wir wieder bei Plausibilität.
1:00:32–1:00:40
Und wenn wir aber dann wieder sagen, das ist der Psychiater und analytische Psychologe C.G.
1:00:40–1:00:46
Jung in einer Midlife-Crisis, in der er hier sich mal öffnet und vulnerabel
1:00:46–1:00:52
zeigt, mit welchen Eingebungen und psychotischen Erleben er da umgegangen ist
1:00:52–1:00:55
und das für uns dokumentiert hat,
1:00:56–1:01:00
kann man jetzt auch mal von außen drauf gucken und sagen nein,
1:01:00–1:01:07
das ist doch nicht wahr sondern das sind Visionen das hat er doch klar gemacht das wissen wir doch ja.
Florian Clauß
1:01:07–1:01:12
Zumal das Buch oder die Schriften sind ja über einen Zeitraum von über 17,
1:01:12–1:01:20
18 Jahren 1913 bis 1930 oder so entstanden also das könnte ja nicht eine Midlife Crisis ja.
Micz Flor
1:01:20–1:01:25
Es war parallel er hat ja parallel auch wirklich gearbeitet aber hatte wohl auch ganz viel Rückzug.
1:01:25–1:01:29
Und wie gesagt, wirklich irgendwo stand das mal, hat mit Holzklötzen Häuser
1:01:29–1:01:33
gebaut, also mit der Kindheit. Also hat ganz viel Regress.
Florian Clauß
1:01:33–1:01:41
Und er hat auch einige Reisen unternommen, nur noch zu indigenen Kulturen.
1:01:41–1:01:48
Er war in Mexiko und er war in Zentralafrika und hat da die Kulturen untersucht.
1:01:48–1:01:55
Also da kommt immer so die Untersuchung zum Schamanismus.
Micz Flor
1:01:56–1:01:59
Ja, und gleichzeitig war es, glaube ich, auch eine kulturelle Einbettung.
1:01:59–1:02:02
Also die Mittel des Reisens waren auf einmal verfügbar geworden.
1:02:02–1:02:05
Man musste nicht sieben Wochen auf so einem Holzschiff sitzen,
1:02:05–1:02:09
sondern konnte dann auch mal fliegen oder so. Sage ich jetzt mal so,
1:02:09–1:02:10
weiß ich gar nicht genau.
1:02:12–1:02:18
Aber sind ja viele gereist in der Zeit. Also wenn du im Humboldt-Forum in die
1:02:18–1:02:24
Archive guckst, was da reiche Bürger und Bürgerinnen, hauptsächlich Bürger,
1:02:24–1:02:30
aus allen Teilen der Welt nach Berlin gezerrt haben und das ist dann da jetzt
1:02:30–1:02:33
irgendwie archiviert und indiziert wurde,
1:02:34–1:02:38
das war glaube ich wirklich einfach sowas, was auch im Zeitgeist mit angelegt war.
1:02:40–1:02:43
Freut ab, wenn man jetzt überlegt, was ist er denn?
1:02:43–1:02:47
Ist er Religionsgründer oder nicht Gründer, aber zumindest Verkünder?
1:02:48–1:02:51
Ja, genau. In seiner Selbsteinschätzung.
1:02:52–1:03:03
Oder ist er Wissenschaftler, der auch seine eigenen Untiefen mit der Welt teilt und verfügbar macht?
1:03:03–1:03:08
Er selbst hat später im Leben nochmal in einem Interview, was auch auf YouTube
1:03:08–1:03:12
zu finden ist, ganz kurz nochmal über diesen Glauben gesprochen.
1:03:13–1:03:14
Glauben Sie an Gott? Oder so war die Frage.
1:03:16–1:03:17
Und er hat dann so eine kurze Pause.
1:03:20–1:03:25
Und dann sagt er, ich muss nicht glauben, ich weiß es. Und dieser Satz ist natürlich
1:03:25–1:03:27
auch wieder perfekt ambivalent.
1:03:28–1:03:31
Was hat er in dieser kurzen Pause gedacht? Er hat gedacht, wie sage ich jetzt
1:03:31–1:03:33
nichts? Oder wie sage ich es clever?
1:03:34–1:03:39
Oder hat er vielleicht sogar gedacht, die Frage ist falsch, aber ich weiß doch.
1:03:40–1:03:42
Also man kann es nicht wirklich genau sagen, aber der Eindruck,
1:03:43–1:03:46
der entsteht, ist, dass er mit diesem Satz, der vieldeutig bleibt,
1:03:46–1:03:50
sagen kann, ich weiß, dass es einen Gott gibt.
1:03:51–1:03:57
Und wenn das dann eben die Essenz ist, und wir hatten ja auch am Anfang des Spätwerks,
1:03:58–1:04:03
moderne Mythen über Ufos, auch diese Age of Aquarius, die Sternkonstellation,
1:04:03–1:04:07
die sich alle 2000 Jahre verändert und jetzt Age of Aquarius beginnt,
1:04:07–1:04:09
da spricht der am Anfang auch ganz stark darüber,
1:04:10–1:04:12
dass jetzt ganz viele Dinge hochkommen werden.
1:04:16–1:04:24
Der 90er Jahre X-Files, I want to believe, lässt sich auf alle Fälle irgendwie
1:04:24–1:04:26
auf ihn, finde ich, anwenden.
1:04:26–1:04:32
Also der Glaube war hinter allen Dingen dann auch was, was er sich beweisen musste.
1:04:33–1:04:37
Auf dem Sterbebett wiederum habe er dann gesagt, weil sich dann eben mit der
1:04:37–1:04:41
Wiedergeburt, auf buddhistischer Wiedergeburt beschäftigt hat,
1:04:41–1:04:43
habe er wohl gesagt, na ja, bald werde ich es wissen.
1:04:45–1:04:48
Das finde ich auch nochmal so ein schöner Satz, bald werde ich es wissen.
1:04:48–1:04:53
Also er bleibt irgendwie ambivalent, aber er grenzt sich irgendwie...
1:04:56–1:04:57
Nicht davon ab.
Florian Clauß
1:04:57–1:05:01
Ja, also das ist ja so, greicht ja so ein bisschen in die Lehre von ihm über
1:05:01–1:05:04
die Grundfunktion des Bewusstseins.
1:05:05–1:05:11
Er stellt ja dann so diese Paare Denken-Fühlen und Empfindung-Intuition gegenüber.
1:05:11–1:05:18
Und das Denken ist halt quasi das Ich, dass du den halt kausal logisch und Zusammenhänge
1:05:18–1:05:20
erschließen kannst und beurteilen kannst.
1:05:20–1:05:25
Und Fühlen ist dann eher nach so einer Bewertung von Sachen, die dann halt aus diesem,
1:05:26–1:05:31
Raum des Denkens dann irgendwo empirisch sind und bei den Empfinden ist es ja
1:05:31–1:05:35
klar, du hast dann einen Sinne zum Wahrnehmen,
1:05:35–1:05:39
aber die Intuition ist quasi so das Instinktive,
1:05:39–1:05:43
was dann auch wieder so ein bisschen an dem kollektiven Unbewussten dranhängt
1:05:43–1:05:51
und dir so eine Möglichkeit der Einschätzung auf so einer Empfindungsbasis gibt.
Micz Flor
1:05:51–1:05:55
Was ja dann auch irgendwie mit dieser Phänomenologie von Husserl verbunden ist,
1:05:55–1:06:01
also dieses als wahrnehmende Person Teil der Messung zu sein gewisserweise,
1:06:01–1:06:02
der Beschreibung zu sein,
1:06:02–1:06:08
was wir in der Gestalttherapie-Folge 2, glaube ich, noch mehr hatten als 1.
1:06:08–1:06:12
Das ist cool, wir machen jetzt auf dem höchsten Punkt unserer Wanderung den
1:06:12–1:06:16
Schnitt und wir nehmen dann weiter auf und machen daraus eine zweite Folge, die dann aber erst in 2.
Florian Clauß
1:06:16–1:06:19
Also wir stehen jetzt hier vor dem Wolkenhain.
Micz Flor
1:06:20–1:06:24
Wir gehen jetzt ganz kurz zum Balkon, weil ich muss jetzt noch zwei Dinge machen.
Florian Clauß
1:06:24–1:06:24
Okay.
Micz Flor
1:06:25–1:06:28
Ich werde ganz oben noch aus einem Buch vorlesen.
Florian Clauß
1:06:28–1:06:29
Okay.
Micz Flor
1:06:29–1:06:32
Ganz kurz. Und das ist dann die Bridge in die nächste Folge.
1:06:32–1:06:39
Und ich werde hier unten aber noch mal ganz kurz über so in Anführungszeichen strenge Wissenschaft.
1:06:40–1:06:46
Es gibt ja diese Grauzone in der Wissenschaft, in der Chaosforschung.
1:06:47–1:06:51
Und in der Chaos-Forschung ist es ja so, dass man eben nicht Ursache,
1:06:51–1:06:53
Wirkung und das so genau beschreibt, sondern da geht es eher darum,
1:06:54–1:06:56
Prozesse zu beschreiben, Möglichkeiten zu beschreiben.
Florian Clauß
1:06:56–1:06:59
Möglichkeiten zu räumen. Drei Körperprobleme sind wir mit dem Drei Sonnen.
Micz Flor
1:07:00–1:07:07
Und da gibt es ja diesen Lorenz Attractor, heißt das.
1:07:07–1:07:11
Attraktoren, Attractors sind in der Chaos-Sache, wenn ich ein Pendel schwingen
1:07:11–1:07:14
habe, das bleibt irgendwann an diesem Punkt stehen.
1:07:15–1:07:17
Das Schwingen kann immer wieder unterschiedlich sein, unterschiedliche Formen
1:07:17–1:07:21
beschreiben, aber der Attraktor, wo das dann stehen bleibt, ist halt dieser eine Punkt unten.
Florian Clauß
1:07:21–1:07:25
Ja, das ist dann diese Zeitrafferaufnahme, wenn man dann halt irgendwie eine
1:07:25–1:07:27
Nichtquelle an dem Pendel hängt oder so.
Micz Flor
1:07:27–1:07:30
Ja, beim Drei-Körper-Problem zum Beispiel gibt es auch einen Attraktor,
1:07:30–1:07:34
weil die müssen sich ja nicht verlieren. Und das gibt dann so eine dichte Wolke,
1:07:34–1:07:35
wenn die so miteinander kreisen.
Florian Clauß
1:07:35–1:07:37
Ja, das ist dann ein gutes Zeitalter.
Micz Flor
1:07:38–1:07:45
Ja, genau. Genau. Und dieser Lawrence Attractor, da war jemand ein Wetter,
1:07:45–1:07:49
ich habe den Namen jetzt vergessen, ein Meteorologe, der mit diesen frühen Computern gearbeitet hat.
1:07:50–1:07:52
Und dann hatte er irgendwann für irgendwelche Werte mal statt,
1:07:53–1:07:56
sieben Stellen nach dem Komma, nur drei Stellen nach dem Komma reingegeben,
1:07:56–1:07:58
um schnelle Ergebnisse zu kriegen.
1:07:58–1:08:02
Und hat gemerkt, dass diese Ergebnisse total voneinander ab,
1:08:02–1:08:06
also er ließ das Ding laufen, es wich aber das Ergebnis immer voneinander ab.
1:08:06–1:08:08
Und hat gemerkt, das kann doch nicht sein. Und hat dann gemerkt,
1:08:08–1:08:12
es ist wirklich sieben Stellen nach dem Komma, kriege ich mehr oder weniger
1:08:12–1:08:15
immer das gleiche Gemisch, da nicht so, was ist denn da eigentlich los?
1:08:15–1:08:19
Und hat dann angefangen, damit rumzuspielen und hat dann eine Sache genommen, da geht es um diese,
1:08:20–1:08:27
wenn du zum Beispiel Wasser auf den Gastopf stellst, steigt in der Mitte das
1:08:27–1:08:29
warme Wasser auf und nach außen, also wie der Atompilz auch,
1:08:29–1:08:31
nach außen kräuselt sich das so.
1:08:31–1:08:34
Und das hat er dann irgendwie mit durchgerechnet und hat dann da eben so ein
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Attraktorenbild gemacht, mit unterschiedlichen Ausgangswerten,
1:08:38–1:08:40
in welchem Rahmen das bleibt.
1:08:40–1:08:44
Es bleibt halt im gewissen Rahmen, es sprengt nicht aus. Es ist eben nicht chaotisch,
1:08:44–1:08:46
aber es ist auch nicht vorhersehbar.
1:08:47–1:08:49
Und das ist eine neue Form vom wissenschaftlichen Denken eigentlich.
1:08:50–1:08:54
Und dieser eine Attrakte sah halt so ein bisschen aus wie ein Schmetterling
1:08:54–1:08:57
und da kam er dann zum Schluss eben auf diesen Spruch, den alle kennen,
1:08:57–1:09:04
so ein Schmetterling, der in Brasilien die Flügel schlägt, kann in Florida ein Tornado auslösen.
Florian Clauß
1:09:04–1:09:09
Oder sowas in der Art. Russell. Oder wer war das?
Micz Flor
1:09:09–1:09:09
Russell.
Florian Clauß
1:09:10–1:09:12
Wer war das jetzt? Lorenz hieß der. Lorenz, ja.
Micz Flor
1:09:13–1:09:16
Und das ist nochmal sowas, das wollte ich einfach nochmal so mit hinten ranflanschen,
1:09:16–1:09:21
weil gerade auch in der Neurophysiologie natürlich diese Chaos-Operationen,
1:09:21–1:09:25
mit denen man arbeitet, wichtig sind. Weil du hast nie zweimal das gleiche Gehirn.
1:09:25–1:09:29
Und trotzdem musst du bestimmte Bereiche bestimmen in sichtgebendem Verfahren,
1:09:29–1:09:34
wo du dann 400 Aufnahmen machst und die übereinanderlegst und dann Sachen rausrechnest
1:09:34–1:09:35
wie zufälliges Rauschen.
1:09:35–1:09:39
Und versuchst, dann kannst du Regionen identifizieren, aber du kannst es nicht
1:09:39–1:09:42
abgrenzen, nicht sagen, von diesem Neuron zu dem ist ein Sprung.
1:09:42–1:09:51
Also diese Unschärfe, auch in der tiefsten wissenschaftlichen Arbeit an Gehirn, bleibt es drin.
1:09:52–1:09:57
Das wollte ich nochmal sagen, weil das hebt gerade nochmal auch diese Klausibilitätsfrage
1:09:57–1:10:00
und diesen Wunsch nach klaren Antworten nochmal auch, finde ich,
1:10:00–1:10:04
so eine greifbare Entspannung zu sagen, nee, stimmt, kann ich was mit anfangen.
Florian Clauß
1:10:04–1:10:09
Ja, also das ist ja dann auch wieder dieser, was wir zu Anfang der Episode hatten,
1:10:09–1:10:12
dass wir einen unglaublichen Möglichkeitsraum haben, also wo wir dann halt wirklich
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so einen potenziellen Raum sind von verschiedenen,
1:10:15–1:10:19
wo sich die Teilchen, wo unglaublich viele Teilchen in Bewegung,
1:10:19–1:10:21
also wenn man das auf so einer Entropiebasis sieht,
1:10:21–1:10:26
eigentlich ein hoher Entropiezustand, das heißt, ja jetzt verwechsel ich wieder
1:10:26–1:10:30
hoch und niedrig, also wo sich ja jetzt quasi das System noch nicht diffundiert hat.
1:10:30–1:10:35
Also das heißt, ein hoher Wert, wo noch viele Möglichkeiten bestehen.
1:10:35–1:10:39
Und da kannst du ja nicht sagen, das prägt jetzt diese Gestalt aus,
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sondern du kannst ja nur Räume angeben.
1:10:42–1:10:47
Das ist ja dann dieser Accelerator, wo du dann Räume angibst.
1:10:48–1:10:54
Gleichzeitig, wenn wir das jetzt wieder auf Jung mappen, oder auf die Individualität,
1:10:54–1:10:56
das Gehirn, jeder Mensch ist unglaublich individuell.
1:10:56–1:10:58
Es gibt dann halt so, wie du es gerade gesagt hast, das Gehirn.
1:10:58–1:11:03
Man kann nur so bestimmte Bereiche festlegen, aber es nicht scharf abgrenzen.
1:11:03–1:11:11
Gleichzeitig gibt es aber so Dispositas, die dann halt alle Menschen beschäftigen.
1:11:12–1:11:19
Wie eben so diese ganz archaischen Sachen von wegen, ich brauche jetzt als Säugling
1:11:19–1:11:21
Milch, um halt wachsen zu können.
1:11:21–1:11:24
Oder ich möchte mich als Jugendlicher paaren.
1:11:24–1:11:27
Das sind ja so Sachen, die vereint ja alle.
1:11:27–1:11:32
Das ist halt so, diese kollektive Menschsein.
Micz Flor
1:11:32–1:11:38
Aber das ist ja genau interessant, wie dann eben auch die freudianische Triebkonzeption arbeitet.
1:11:40–1:11:42
Da würde man vielleicht sagen, der kleine Säugling, der weiß nicht,
1:11:42–1:11:44
dass er Milch braucht, der hat,
1:11:45–1:11:48
In Amerika wird das dann immer so in diesen Kategorien gesagt,
1:11:48–1:11:52
entweder hat das Kind Hunger oder es will in den Arm genommen werden oder die
1:11:52–1:11:54
Windel muss gewechselt werden oder es will schlafen.
Florian Clauß
1:11:54–1:11:56
Ja gut, das hat einen Ausdruck.
Micz Flor
1:11:57–1:12:00
Ja und dann wird eben dieses Chaos wieder zusammengeschrumpft.
1:12:00–1:12:05
Da muss man halt gucken, willst du Milch? Nein. Willst du schlafen? Sieht nicht so aus.
1:12:06–1:12:09
Windel ist auch okay, dann nehme ich dich mal ein bisschen in den Arm. Wir spielen.
1:12:09–1:12:13
Und dann wird das so abgearbeitet. Aber das Kind selber, so würde man jetzt
1:12:13–1:12:16
psychodynamisch zumindest argumentieren, weiß nicht, dass es Durst hat.
1:12:17–1:12:23
Es weiß nur, dass es gerade einen unfassbar schlechten inneren Zustand hat.
1:12:24–1:12:28
Und die Mutter als Teil dieser emotionalen Matrix ist die Person,
1:12:28–1:12:31
die dem Kind spiegeln muss, was da gerade los ist.
1:12:31–1:12:34
Diese frühen Spiegelungen in der Bindung sind wir genau wieder bei dem,
1:12:34–1:12:37
was wir vorhin gesagt haben, dass bei dir die Graffe steht auf und läuft weg.
1:12:38–1:12:43
Aber beim Kind, das zu früh geboren wurde, um aufzustehen, wegzulaufen,
1:12:43–1:12:48
muss soziale Kommunikation passieren und passiert dann eben auf dieser Ebene,
1:12:48–1:12:51
dass die Bezugsperson, die Primäre in dem Moment,
1:12:51–1:12:56
angehalten ist, zu spiegeln und zu handeln, nicht zu imitieren,
1:12:57–1:13:01
nicht, hör auf, zu spiegeln, oh Mensch,
1:13:01–1:13:03
da geht es gerade nicht gut, mal gucken, vielleicht hast du ja Hunger,
1:13:04–1:13:05
also auch wenn das nicht.
1:13:07–1:13:11
Unbedingt immer angemessen und wirksam scheint, ist das der Prozess,
1:13:11–1:13:15
in dem das Kind dann irgendwann in der Lage sein wird, eigene innere Emotionen
1:13:15–1:13:20
zu verstehen und zu halten und auch nicht auszuagieren.
Florian Clauß
1:13:20–1:13:27
Das ist ja quasi die Entwicklung von Grammatik, Syntax, also Sprache.
Micz Flor
1:13:28–1:13:28
Symbolisierung.
Florian Clauß
1:13:29–1:13:32
Symbolisierung. So, jetzt sind wir auf den höchsten Punkt.
Micz Flor
1:13:33–1:13:33
Der Tour.
Florian Clauß
1:13:34–1:13:35
Der Tour, ja.
Micz Flor
1:13:35–1:13:40
Aus dem Atem und hole jetzt trotzdem mal den Text raus und lese es jetzt vor,
1:13:40–1:13:44
weil jetzt kommt der Cliffhanger für dich Flo.
Florian Clauß
1:13:45–1:13:45
Oh ja.
Micz Flor
1:13:47–1:13:52
Muss mal gucken, wo habe ich das denn? Achso, ich hatte ja noch dieses Synchronicitätsbeispiel
1:13:52–1:13:56
aus meiner Biografie, das mache ich dann in der kommenden Folge jetzt,
1:13:56–1:14:00
für die, die sich jetzt fragen, ob ich alle offenen Enden zusammengeknotet habe.
1:14:02–1:14:07
Folgendes wirst du wahrscheinlich nicht das Buch lesen. Das gibt es aber auch als BBC-Serie von 2015.
1:14:07–1:14:12
Im Original von Susanna Clark 2004 geschrieben.
1:14:12–1:14:17
2005 hat sie damit den Hugo Award und den World Fantasy Award in der Kategorie
1:14:17–1:14:21
Beste Roman bekommen und den Locus Award als Bester Erstlingsroman.
1:14:22–1:14:26
Da lese ich jetzt die ersten Absätze und die letzten Absätze aus dem ersten
1:14:26–1:14:28
Kapitel dieses Buchs vor.
1:14:29–1:14:34
Und das Buch heißt das kann ich jetzt hier in der Sonne nicht so gut sehen.
1:14:36–1:14:39
Jonathan Strange und Mr. Norrell glaube ich.
1:14:42–1:14:48
Die Bridge in die zweite Folge. Vor Jahren gab es in der Stadt York eine Gilde von Zauberern.
1:14:49–1:14:52
Sie trafen sich jeden dritten Mittwoch des Monats und lasen sich lange,
1:14:52–1:14:56
langweilige Traktate über die Geschichte der englischen Zauberkunst vor.
1:14:56–1:15:00
Sie waren Gentleman-Zauberer, das heißt, sie fügten niemandem mit Zauberei Schaden
1:15:00–1:15:03
zu, taten aber auch niemandem etwas Gutes damit.
1:15:04–1:15:08
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, keiner dieser Herren hatte auch je nur den
1:15:08–1:15:13
kleinsten Zauber getrieben, noch durch Zauber ein Blatt an einem Baum erzittern lassen,
1:15:14–1:15:20
ein Staubkörtchen vom Weg abgebracht oder ein einziges Haar auf einem Kopf verwandelt.
1:15:20–1:15:25
Aber abgesehen von dieser geringfügigen Einschränkung standen sie in dem Ruf
1:15:25–1:15:28
zu den weisesten und zauberischsten Männern im ganzen Yorkshire zu gehören.
1:15:29–1:15:33
Ein großer Zauberer sagte einmal über die Angehörigen seines Berufsstandes,
1:15:33–1:15:38
dass sie, Zitat, sich das Hirn zermatern und den Kopf zerbrechen müssen,
1:15:38–1:15:43
damit ein Mindestmaß an Gelehrtheit hineingeht. Aber am liebsten streiten sie.
1:15:43–1:15:49
Und seit Jahren stellten die Zauberer von Jörg die Wahrheit dieser Behauptung unter Beweis.
1:15:49–1:15:51
Also da geht es um das Gilde von Zauberern.
1:15:52–1:15:55
Dann geht in dem Kapitel weiter, dass jemand die Frage stellt,
1:15:55–1:16:02
sagt gibt's können wir mal was sehen? Irgendwas?
Florian Clauß
1:16:03–1:16:04
Wir wollen Beweise.
Micz Flor
1:16:05–1:16:11
Und dann, oh, unfassbar! Frevel! Also dann geht es das erste Kapitel darum.
1:16:12–1:16:15
Und es gäbe aber wohl einen, dem habe man auch mal einen Brief geschrieben.
1:16:16–1:16:18
Und der hat das dann aber abgelehnt. Ein gewisser Mr. Norrell.
1:16:18–1:16:22
Und den könnte man doch, also vielleicht der hat auch mit Zauberei zu tun.
1:16:22–1:16:24
Können wir den mal, irgendwie ist der interessant.
1:16:25–1:16:29
Und das ist das Ende des ersten Kapitels. Fange ich jetzt mit an.
1:16:29–1:16:35
Das sind zwei Leute, die da hingegangen sind, um ihn zu treffen.
1:16:35–1:16:37
Und das ist auch total schön, also wirklich schön geschrieben.
1:16:37–1:16:40
Ich habe ihn irgendwann ausgestiegen, weil es mir dann wirklich als Buch auch
1:16:40–1:16:42
schon zu sehr eine Serie wurde.
1:16:42–1:16:46
Aber es ist wirklich eine eigene Schrift. Es ist nicht so ein Harry Potter-Ding.
1:16:47–1:16:50
Es ist total knuffig und gleichzeitig aber auch sehr smart geschrieben.
1:16:52–1:16:58
Und am Ende sind zwei Leute jetzt bei diesem Mr. Norrell, der Herr Segundus und der Herr Honeyfoot.
1:16:59–1:17:02
Und Norrell lädt die auch ein und führt die dann durch sein Haus.
1:17:03–1:17:05
Und die haben das Gefühl, das Haus war doch gar nicht so groß.
1:17:05–1:17:08
Auf eine riesen Bibliothek, aber wir sind wieder hingekommen.
1:17:08–1:17:11
Wir waren stundenlang in diesen Gängen. Also sie sind wirklich in so einem Zustand,
1:17:11–1:17:13
als ob sie Pilze gegessen hätten.
1:17:13–1:17:17
Und das ist schon zauberhaft, schön beschrieben und trotzdem natürlich nicht
1:17:17–1:17:19
wirklich zauber, sondern nur deren Erfahrung wird beschrieben.
1:17:20–1:17:22
Und jetzt sind sie dann zum Schluss wieder im Salon.
1:17:23–1:17:27
Als sie erneut im Salon saßen, wandte sich Mr. Honeyfoot an Mr. Norrell.
1:17:27–1:17:31
Was ich heute hier gesehen habe, Sir, bestärkt mich in der Überzeugung,
1:17:31–1:17:34
dass sie die Person sind, die uns helfen kann in diesen Streit.
1:17:35–1:17:41
Mr. Segundus und ich sind der Ansicht, dass moderne Zauberer sich auf einem Irrweg befinden.
1:17:41–1:17:44
Sie verschwenden ihre Energie auf Nichtigkeiten.
1:17:44–1:17:49
Sind sie nicht auch dieser Meinung, Sir? Oh, aber gewiss, sagt Mr. Norrell.
1:17:50–1:17:55
Unsere Frage lautet, fuhr Mr. Honeyfoot-Wort, warum die Zauberei in unserem
1:17:55–1:17:57
großen Land ihren einst großen Ruf verloren hat.
1:17:57–1:18:01
Unsere Frage lautet, Sir, warum wird in England nicht mehr gezaubert?
1:18:02–1:18:07
Mr. Norrells kleine blauen Augen wurden härter und leuchteten und er kniff die
1:18:07–1:18:11
Lippen zusammen, als wollte er eine große heimliche Freude unterdrücken.
1:18:12–1:18:16
Es war so, dachte Mr. Sekundus, der andere beobachtet die beiden,
1:18:17–1:18:20
als hätte er lange Zeit darauf gewartet, dass ihm jemand diese Frage stellte
1:18:20–1:18:24
und als hätte er die Antwort darauf seit Jahren parat.
1:18:24–1:18:29
Mr. Norrell sagte, ich kann Ihnen bei Ihrer Frage nicht helfen,
1:18:29–1:18:31
Sir, denn ich verstehe Sie nicht.
1:18:31–1:18:35
Es ist die falsche Frage, Sir. In England wird noch gezaubert.
1:18:35–1:18:39
Ich selbst bin ein ziemlich passabler, praktischer Zauberer.
1:18:40–1:18:45
Ende erstes Kapitel. Und auch Ende unserer Folge. Es geht in 14 Tagen weiter.
1:18:45–1:18:48
Wie kommt dieser Zauberer zu jung?
Florian Clauß
1:18:49–1:18:54
Wow. Okay, das war eigentlich Podcast Episode 78.
1:18:55–1:19:01
Und Mitch, weißt du, dass diese Episode der auch unsere dreijährige Jubiläumsfolge ist.
Micz Flor
1:19:02–1:19:07
Das weiß ich sehr wohl, Florian. Denn wir haben besprochen, ob wir was Besonderes
1:19:07–1:19:09
machen. Aber wir hatten alle nicht die Zeit dazu.
Florian Clauß
1:19:09–1:19:12
Aber es ist schon was sehr Besonderes geworden, muss ich sagen.
1:19:12–1:19:16
Es hat so ein bisschen den Spillt unseres, weil wir sind auch hochgewandert,
1:19:16–1:19:22
außer Atem gekommen, so ein bisschen den Spillt unseres Gründungsmythos.
1:19:22–1:19:23
Unseres Bildkampspitzen.
Micz Flor
1:19:24–1:19:24
Genau.
Florian Clauß
1:19:24–1:19:30
Ja, genau. Ihr könnt mehr Informationen zum Podcast über uns und zu der Episode
1:19:30–1:19:32
auf eigentlich-podcast.de finden.
1:19:33–1:19:38
Jetzt seid ihr wahrscheinlich gespannt, was dann in 14 Tagen Mitch aufklären wird.
1:19:38–1:19:41
Wie kommt Mr. Norrell zu...
Micz Flor
1:19:41–1:19:41
Norrell.
Florian Clauß
1:19:41–1:19:45
Norrell zu jung. Bis dahin, macht's gut. Tschüss. Tschüss.
Micz Flor
1:19:46–1:19:48
Und Klappe.
Florian Clauß
1:19:48–1:19:49
Ja, sehr schön.
Micz Flor
1:19:49–1:19:50
Mal kurz stoppen.
Florian Clauß
1:19:50–1:19:51
Ja, alles stoppen.
Micz Flor
1:19:52–1:19:54
Alles stoppen.
Florian Clauß
1:19:54–1:19:57
Also ich stopp die Aufzeichnung.

Mehr

Ein Spaziergang mit Ali Hackalife durch die historische Mitte von Berlin.

Zum 2. Mal ist Ali Hackalife als Gast bei Eigentlich-Podcast. Ali betreibt den wunderbaren Podcast auch-interessant mit vielen spannenden Gästen und Themen. Das letzte Mal haben wir uns beim 38c3 in Hamburg getroffen. Diesmal ist Ali in Berlin und wir haben uns in der Friedrichsstraße zu einem gemeinsamen Rundgang durch das Regierungsviertel verabredet. Ali erzählt von seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Linken zur Corona-Hochzeit: von den Herausforderungen im politischen System, den Bedenken gegenüber digitalen Technologien und der Desillusionierung durch parteipolitische Dynamiken, die oft wichtiger erscheinen als die Themen selbst. Wir sprechen auch über die historische und kulturelle Dimension der Denkmäler und Gebäude, die uns auf unserem Weg begegnen: Reichstag, Brandenburger Tor und Siegessäule. Ein zentrales Thema ist auch die Deutungshoheit über historische Orte und ihre künstlerischen Repräsentationen, wie etwa die Verhüllung des Reichstags durch Christo. Aber auch in dieser Frage gehen wir viel weiter in die Geschichte zurück, bis in die Jungsteinzeit. Ali ist gerade aus England zurück und hat viel über Stonehenge zu erzählen. In den 50er Jahren wurde Stonehenge komplett umgestaltet und in eine Form gebracht, die nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht der ursprünglichen kulturellen Praxis entspricht. Am Beispiel des Denkmals für die ermordeten Juden Europas diskutieren wir auch die Frage, inwieweit historische Stätten und Denkmäler persönliches oder kollektives Gedächtnis stiften können. Es ist also ein Potpourri an Themen, das durch Orte und Geschichte führt, und Ali glänzt wie immer mit Detailwissen und Anekdoten. Viel Spaß beim Hören.

Shownotes

Mitwirkende

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Ali Hackalife
Gasterzähler
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Florian Clauß

Transcript

Florian Clauß
0:00:01–0:00:06
Dann geht's los. Okay, hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast.
0:00:07–0:00:11
Eigentlich der Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:11–0:00:13
Und diesmal wieder mit einem Gast.
0:00:13–0:00:18
Und diesmal auch zum zweiten Mal ist Ali Hacke live dabei. Hallo Ali.
Ali Hackalife
0:00:18–0:00:20
Hallo, hallo. Freut mich, dass ich wieder da sein darf.
Florian Clauß
0:00:21–0:00:24
Ja, Wahnsinn. Das ist ja gar nicht so lange her, dass wir uns getroffen haben.
0:00:24–0:00:30
Wir haben uns zuletzt auf den 38C3 in Hamburg gesehen. Da eine Folge aufgenommen.
0:00:31–0:00:37
Und jetzt in der Zwischenzeit sind knapp vier Monate vergangen.
0:00:37–0:00:40
Es ergab sich, dass du hier in Berlin bist.
0:00:40–0:00:44
Und wir haben kurz miteinander geschrieben. Und dann kam der Vorschlag,
0:00:44–0:00:46
dann lass uns doch nochmal eine Folge aufnehmen.
Ali Hackalife
0:00:47–0:00:50
Apropos aufnehmen, nehmen wir schon unseren GPS-Track auf.
Florian Clauß
0:00:50–0:00:57
Ah, danke Ali. Das ist immer der Teil, den ich vergesse, wenn wir loslaufen.
0:00:58–0:01:01
Nicht, dass ich das irgendwie nachzeichnen könnte. Nein, aber...
Ali Hackalife
0:01:01–0:01:09
Also, wir sind losgelaufen vom Café Zimt und Zucker und wir sind im Regierungsviertel in Berlin.
0:01:09–0:01:14
Und ähnlich wie beim CCH ist es auch hier wieder so, mit dem Ort verbinde ich eine Geschichte.
0:01:15–0:01:20
Ich habe ja 2020 im Bundestag für einen Abgeordneten von der Linkspartei gearbeitet,
0:01:21–0:01:24
und ja, doch recht viel Zeit hier verbracht.
0:01:24–0:01:28
Das war oft so der Spaziergang nach dem Bürotag, dass man dann immerhin noch
0:01:28–0:01:32
ein paar Schritte gemacht hat, dass man dann vom Bundestagsgebäude hier rüber
0:01:32–0:01:35
zur Friedrichstraße gelaufen ist und da dann in die Bahn eingestiegen.
Florian Clauß
0:01:35–0:01:40
Und 2020 war das dann schon zur Hochphase von Corona?
Ali Hackalife
0:01:40–0:01:43
Ja, das war noch bevor es den Impfstoff gab.
0:01:43–0:01:47
Ich erinnere mich, dass zu der Zeit gerade mein iPhone, das 12 Pro Max,
0:01:47–0:01:51
rauskam. Ich habe es mir zum Release gekauft und das war dann auch noch alles
0:01:51–0:01:53
so in der Bundestagszeit.
0:01:53–0:01:56
Ab dahin fängt es dann an, dass ich sehr gute Fotos gemacht habe im Alltag.
0:01:57–0:02:03
Und ja, es war Corona, es war Masken in Gebäuden tragen, teilweise Masken außerhalb von Gebäuden tragen.
0:02:04–0:02:08
Es ging die ganze Zeit die Frage rum, gibt es schon den Impfstoff?
0:02:08–0:02:10
Werden Parlamentarier bevorzugt geimpft?
0:02:10–0:02:14
Wer ist alles Teil von Parlamentarier? Warum kann ich nicht meinen Job komplett
0:02:14–0:02:15
aus dem Homeoffice machen?
0:02:16–0:02:21
Und dann saß ich recht regelmäßig im Reichstagsgebäude, auf das wir gerade zulaufen,
0:02:21–0:02:25
und habe festgestellt, dass Politik auch nur mit Wasser kocht.
0:02:25–0:02:28
Und das war ein bisschen ernüchternd. Also ich habe ja Politikwissenschaften
0:02:28–0:02:31
studiert, mit der festen Absicht in die Politik zu gehen, um dann in der Politik
0:02:31–0:02:34
festzustellen, dass die Theorie, die man gelernt hat, eigentlich,
0:02:34–0:02:35
also ich möchte nicht sagen, völlig
0:02:35–0:02:38
wertlos ist, aber doch weitestgehend nichts mit der Realität zu tun.
0:02:39–0:02:44
Und das wichtiger ist, wer wen von etwas überzeugen kann, als die Frage,
0:02:45–0:02:46
stimmt denn das, wovon man überzeugt wurde?
Florian Clauß
0:02:47–0:02:53
Also die klassischen Sachthemen werden eher zurückgestellt und es geht eher um Beziehungsthemen.
Ali Hackalife
0:02:53–0:02:58
Ja, also halt so ein klassisches Teil, also das Bicycle Stand Problem.
0:02:58–0:03:02
Das kommt ja aus der Soziologie von der Feststellung. Es ist sehr schwer,
0:03:03–0:03:07
ein Atomkraftwerk zu bauen. und über die Frage, wie jetzt genau die Brennstäbe
0:03:07–0:03:10
im Kühlkörper sind und so weiter, da können halt Experten streiten.
0:03:11–0:03:14
Aber die Frage, welche Farbe soll das Dach vom Fahrradständer haben,
0:03:14–0:03:16
da können alle mitreden und deswegen reden auch alle mit.
0:03:16–0:03:20
Und das hat dazu geführt, dass wir teilweise Papiere bekommen haben,
0:03:20–0:03:25
also so richtig dicken Ausdruck, 800 Seiten, der erstmal an fast alle Abgeordneten
0:03:25–0:03:28
rausgereicht wurde, die irgendwas mit digital gemacht haben.
0:03:28–0:03:33
Und das war die Druckversion der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz.
0:03:34–0:03:36
Und da stand halt nur Scheiße drin.
0:03:37–0:03:41
Da hatten dann die FDPler Leute eingeladen, die erzählt haben,
0:03:41–0:03:43
wie KI tolle neue Dinge schafft.
0:03:43–0:03:49
Und mein Lieblingswort ist Verteilungsgerechtigkeitschancen.
0:03:49–0:03:52
Der Satz, dass KI uns hilft, Verteilungsgerechtigkeitschancen zu erhöhen.
0:03:52–0:03:56
Wo man sich fragen kann, was soll denn das sein? Und wie?
0:03:57–0:03:57
Und warum?
0:03:58–0:04:02
Und dann habe ich festgestellt, dass dieses 800-Seiten-Dokument,
0:04:03–0:04:06
was ja schon mal ein ganz schöner Stoß Papier ist, das habe ich in die Hand
0:04:06–0:04:10
genommen, um die ABO-Kordnusser zu fragen, was damit passiert.
0:04:10–0:04:13
Und sie hat gesagt, naja, mal gucken, vielleicht braucht man das später nochmal.
0:04:14–0:04:15
Und es wanderte ins Altpapier.
0:04:16–0:04:21
Und jetzt sind wir noch eine der Arbeitsgruppen gewesen, die sich damit befasst
0:04:21–0:04:25
hat. Und die anderen, die nur Beisitzer waren in derselben Enquete-Kommission,
0:04:26–0:04:28
die haben halt auch alle diese 800 Seiten ins Büro bekommen,
0:04:28–0:04:30
damit sie eins zu eins als Altpapier kommen.
0:04:31–0:04:35
Und das war eine Erkenntnis, also der Bundestag hat zumindest damals vor fünf
0:04:35–0:04:39
Jahren unfassbar viel Papier produziert und noch mehr Altpapier.
0:04:40–0:04:42
Wo ich mir gedacht habe, wir leben im Zeitalter der PDF.
0:04:43–0:04:48
Also es gab gar keinen Grund. Und ja, und auch die Bürgerpost,
0:04:48–0:04:50
also wenn man sich denkt, schreibt mal eurem Abgeordneten, ja.
0:04:51–0:04:54
Das bedeutet dann aber auch, wir nehmen uns diese 200 Briefe vor,
0:04:55–0:04:56
dann machen wir jetzt bis zum Mittagessen.
0:04:56–0:04:59
Und wenn Mittagessen ist, kommt der Rest der Briefe auch ins Altpapier, ungeöffnet.
0:05:00–0:05:03
Also es hat mich schon sehr desillusioniert.
0:05:03–0:05:07
Dann kommt da halt das klassische Problem von arbeitenden Gruppen dazu.
0:05:07–0:05:13
Also man erfährt etwas und wenn man dann darüber offen redet und es läuft schief
0:05:13–0:05:17
dann darfst du dir anhören du musst es ja auch unbedingt mit allen darüber reden
0:05:17–0:05:22
und wenn du etwas mitbekommst und du redest nicht darüber und es läuft gut dann
0:05:22–0:05:25
heißt das du hast aber nicht unterstützt und wenn.
Florian Clauß
0:05:27–0:05:33
Okay, ich sehe schon, da hat dich so eine gewisse Frustration auch erfahrbar gemacht.
0:05:33–0:05:36
Was war denn da deine Aufgabe?
Ali Hackalife
0:05:36–0:05:40
Wissenschaftliche Mitarbeit und es hatte wenig mit Wissenschaft zu tun.
Florian Clauß
0:05:40–0:05:42
Hast dich beworben auf dem Posten?
Ali Hackalife
0:05:43–0:05:48
Genau, als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen der Linksfraktion im Bereich Netzpolitik.
0:05:48–0:05:52
Wobei, also ich habe den Job bekommen, das wurde mir auch durch die Blume so
0:05:52–0:05:53
gesagt, weil ich schwerbehindert bin.
0:05:54–0:05:56
Und es ging ihnen auch sehr viel mehr darum, dass ich ständig sage,
0:05:57–0:05:59
wie sehr für mich als Behinderten, dass alles beklemmend und bedrückend ist,
0:06:00–0:06:03
als dass ich über die Technik rede. Also es ging damals die Corona-Warn-App rum.
Florian Clauß
0:06:03–0:06:04
Ja.
Ali Hackalife
0:06:04–0:06:07
Und dann gab es halt eine Fraktionssitzung, in der Sarah Wagenknecht erzählt
0:06:07–0:06:10
hat, sie kann diese App niemandem empfehlen mit der Begründung.
0:06:10–0:06:16
Man könne als Linke mit der DDR-Historie den Bürgern nicht Software auf ihre
0:06:16–0:06:17
Smartphones verpflichtend empfehlen.
0:06:17–0:06:22
Dann haben halt Leute wie ich, die das White Paper von Google damals gelesen
0:06:22–0:06:26
hatten, wie das Bluetooth LE, die das Contact Tracing macht,
0:06:26–0:06:27
deren Meinung war halt völlig egal.
0:06:28–0:06:32
Also es war auch, dass der CCC damals gesagt hat, wir sehen keine Bedenken bei dieser App.
0:06:32–0:06:35
Und dass das ja eine Ausnahme ist, weil der CCC eigentlich kein Ziel of Approval gibt.
0:06:35–0:06:40
Aber das war alles völlig egal. Und es ging ja nur um das gefühlte Faktenargument
0:06:40–0:06:43
von, also wir können den Leuten jetzt nicht vorschreiben, was sie auf ihre Telefone installieren.
0:06:44–0:06:49
Und wenn man mit solchen Leuten zusammensitzt und versucht, einen Arbeitsbeschluss
0:06:49–0:06:53
zu fassen, das ist doch eher frustrierend, weil man das Gefühl hat,
0:06:53–0:06:55
es ist völlig egal, ob du verstehst, worum es geht.
0:06:55–0:06:58
Wenn du es glaubhaft verkaufen kannst, dann reicht das.
0:06:58–0:07:01
Und das war etwas, was dann dazu geführt hat, dass ich danach beschlossen habe,
0:07:01–0:07:03
ich möchte erst mal nicht in die Politik.
0:07:03–0:07:10
Also wir laufen jetzt gerade am Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vorbei.
Florian Clauß
0:07:10–0:07:14
Kannst du da auf dem Finger drauf zeigen, wo dein Büro war?
Ali Hackalife
0:07:14–0:07:15
Ja, wir können dran vorbeilaufen.
Florian Clauß
0:07:16–0:07:16
Ah ja, sehr schön.
Ali Hackalife
0:07:17–0:07:22
Zwischen diesen beiden Gebäuden ist eine kleine Brücke unten für den Plebs und
0:07:22–0:07:26
eine Brücke oben für die Abgeordneten und für alle, die einen Hausausweis haben.
Florian Clauß
0:07:27–0:07:30
Aber kann man da wirklich als Normalbürger drüber gehen? Ich habe es noch nicht versucht.
Ali Hackalife
0:07:30–0:07:32
Unten? Ja, oben. Nein, oben.
Florian Clauß
0:07:32–0:07:36
Ah ja, da ist eine Treppe hoch. Ja, ich bin immer über die oder über die andere gegangen.
Ali Hackalife
0:07:36–0:07:41
Fun Fact, der obere Weg hat einen Namen. Das ist der Jakob-Maria-Mirscheid-Weg.
0:07:42–0:07:48
Jakob-Maria-Mirscheid ist ein Abgeordneter der SPD, den sich die Jusos ausgedacht haben.
0:07:49–0:07:51
Also den gibt es gar nicht als Person.
0:07:51–0:07:54
Wir gehen außen rum, hätte ich gesagt.
Florian Clauß
0:07:54–0:07:58
Ich würde sagen, wir gehen hier am Kanzleramt lang oder wolltest du nochmal?
Ali Hackalife
0:07:58–0:07:59
Nein, da hinten ist mein Büro, da hätte man...
Florian Clauß
0:07:59–0:08:01
Achso, okay, dann gehen wir da.
Ali Hackalife
0:08:01–0:08:04
Jakob Maria Mirschheit ist eine Erfindung der Jusos gewesen.
0:08:04–0:08:08
Und Mirschheit veröffentlicht gelegentlich lustige Texte.
0:08:08–0:08:13
Zum Beispiel, wie die Wahlergebnisse der SPD mit der Rohstahlproduktion Deutschlands
0:08:13–0:08:15
zusammenhängen. Und...
0:08:17–0:08:21
Es lohnt sich. Also Mirscheid war lange Zeit der älteste im Amt befindliche Parlamentarier.
0:08:22–0:08:25
Hat auch ein schönes Foto, das zusammengewürfelt ist aus mehreren anderen Fotos.
0:08:26–0:08:30
Und dann hatten Leute irgendwann mal ein Schild gekauft, um dort oben offiziell
0:08:30–0:08:33
den Jakob-Maria-Mirscheid-Weg auszuschreiben.
Florian Clauß
0:08:33–0:08:36
Und das Pseudonym wird dann rumgereicht und jeder darf mal schreiben.
Ali Hackalife
0:08:37–0:08:40
Wir laufen jetzt an der Hinterseite des Reichstagsgebäudes vorbei.
0:08:41–0:08:45
Und dort wehen ja mehrere Flaggen, unter anderem die Deutschland-Flaggen und
0:08:45–0:08:47
auf einem Türmchen weht die Europaflagge.
0:08:48–0:08:51
Und unter dem Türmchen hat die Linke ihren Sitzungssaal gehabt.
0:08:51–0:08:55
Also da oben in den Türmchen sind von Linke, Grüne,
0:08:55–0:08:59
damals zu meiner Zeit waren es noch FDP und AfD, hatten dort ihre Fraktionsräume
0:08:59–0:09:05
und dazwischen waren auf der langen Seite CDU und SPD, die halt einfach mehr
0:09:05–0:09:07
Abgeordnete hatten und mehr Platz dafür brauchten.
0:09:08–0:09:11
Diese Türmchen haben die Akustik der Hölle, weil sie nicht dafür gedacht wurden,
0:09:11–0:09:15
dass viele Leute miteinander reden, sondern sollten das einfach nur nett aussehen.
Florian Clauß
0:09:15–0:09:21
Wir sind ja, als wir uns zum Podcast verabredet haben, haben wir so ein bisschen
0:09:21–0:09:25
so einen Themenpool aufgemacht und da ist dann was reingeworfen.
0:09:26–0:09:29
Also ich dachte, ich suche dann jetzt auch eine Strecke aus,
0:09:29–0:09:30
die sind dann ganz gut verbinden.
Ali Hackalife
0:09:30–0:09:35
Wir sehen jetzt hier oben eine Brücke, beziehungsweise mehrere,
0:09:36–0:09:40
die Bundestagsgebäude, also der ganze Komplex hier, ist über- und unterirdisch
0:09:40–0:09:44
mit Brücken miteinander verbunden und Tunnels, damit du von einem Gebäude zum
0:09:44–0:09:46
anderen kannst, ohne durch eine Sicherheitsschrittläuse zu müssen.
0:09:47–0:09:53
Und am Anfang ist das gewöhnungsbedürftig, weil auch im Gebäude gibt es viele
0:09:53–0:09:57
hohe Brücken auf einer Ebene, damit man das Gefühl von Luftigkeit hat.
0:09:57–0:10:01
Und der Architekt hat sich was gedacht zum Thema Transparenz, weite Sichtachsen.
0:10:01–0:10:04
Aber ich finde Hängebrücken auch schon ein bisschen gruselig, muss ich sagen.
0:10:05–0:10:10
Wir laufen jetzt zwischen zwei Verwaltungsgebäuden lang, unter denen ein Tunnel
0:10:10–0:10:12
ist, der Techno-Tunnel heißt.
0:10:12–0:10:19
Weil er damals gebaut wurde mit so LED-Streifen, die über den Gang Bögen machen.
0:10:19–0:10:23
Und es sieht halt alles sehr nach Rave aus und wenig nach ernster Bürobetrieb.
Florian Clauß
0:10:23–0:10:29
So wie der Eingangsgang im Tresor damals. Aber auch mit LED-Streifen gekennzeichnet.
Ali Hackalife
0:10:30–0:10:35
Apropos Tresor, Gregor Gysi hatte sein Büro in einem Teil, der Bundestagsgebäude,
0:10:35–0:10:37
das früher mal eine Bank war.
0:10:37–0:10:41
Und deswegen ist direkt neben seinem Büro eine Treppe runter zu einem dicken
0:10:41–0:10:43
Tresorraum mit einer Panzertür.
Florian Clauß
0:10:43–0:10:45
Sie sind ja auch richtig aufgehalten, meine wirklichen Abgeordneten.
Ali Hackalife
0:10:47–0:10:50
Ja, also wie gesagt, meine Geschichten sind ja jetzt alle auch ein bisschen
0:10:50–0:10:54
alt, weil damals hatten Gysi und Wagenknecht halt auch noch nebeneinander ihre
0:10:54–0:11:01
Büros. und Wagenknecht hat ja jetzt kein Büro mehr und wir wollen gleich rechts rüber.
Florian Clauß
0:11:04–0:11:07
Das ist ja hier die französische Botschaft, das ist auch direkt um die Ecke.
0:11:08–0:11:11
Ich hatte eigentlich vor, in die andere Richtung zu gehen, aber das holen wir dann nach.
0:11:12–0:11:18
Also ich glaube, hier in diesem Bereich von Berlin liegen auch eine Menge Themen
0:11:18–0:11:21
am Weg, die wir ganz gut aufgreifen können.
Ali Hackalife
0:11:22–0:11:25
Ja, wir hatten einerseits noch Themen vom letzten Mal und andererseits hatte
0:11:25–0:11:30
ich vorgeschlagen, dass wir über das Neugestalten von historischen Orten reden könnten.
0:11:31–0:11:34
Aber da kommen wir dazu, wenn wir soweit sind.
Florian Clauß
0:11:34–0:11:35
Müssen wir jetzt über die Straße?
Ali Hackalife
0:11:36–0:11:39
So, lass mich kurz gucken. Nein, hier links ist es.
0:11:40–0:11:44
Da hinten ist irgendwo eine sehr sicher bewachte Garage, weil Sicherheit.
0:11:45–0:11:48
Und das ist auch so ein Ding, um in den Bundestag reinzukommen,
0:11:49–0:11:51
musst du durch Drölfzig schleusen.
0:11:51–0:11:54
Wenn du einen Gastausweis hast, dann darfst du auch keine Wasserflaschen mitnehmen,
0:11:54–0:11:55
keine Glasflaschen und so weiter.
0:11:55–0:11:58
Ab dem Moment, wo du einen Hausausweis hast, ist völlig egal,
0:11:58–0:12:00
was du reinbringst, wie viel und wo.
0:12:00–0:12:05
Also wir haben Möbel nachgebracht, da hätte in den Paketen alles sein können.
0:12:05–0:12:08
Und hier der Bäcker direkt, also der Butterlindner direkt. Der Butterlindner
0:12:08–0:12:13
ist immer für, oh, wir haben gleich noch Besuch, hol mal schnell ein paar Teilchen.
0:12:14–0:12:16
Also Butterlindner verdient sich blöd.
Florian Clauß
0:12:16–0:12:17
Aber nicht nur hier.
Ali Hackalife
0:12:18–0:12:22
Hier war der Eingang.
0:12:23–0:12:28
Und direkt dahinter ums Eck war mein Büro. Und hier oben ein paar von denen
0:12:28–0:12:34
haben Balkons und es ist theoretisch Rauchverbot im ganzen Gebäude,
0:12:34–0:12:38
aber in den Büros der Abgeordneten herrscht natürlich parlamentarische Immunität.
0:12:38–0:12:42
Das heißt, wenn man im Büro raucht, dann das Schlimmste, was passieren kann,
0:12:42–0:12:46
ist, dass der Hausmeister sagt, mach mal bitte nicht, aber man kann dich nicht wirklich aufhalten.
0:12:48–0:12:52
Das war auch eine Erkenntnis, wie viel, also ich hätte immer gedacht,
0:12:52–0:12:54
ja, das Gebäude ist ja geheizt, wenn man da drin ist, braucht man keine Jacke.
0:12:55–0:12:58
Du gehst aber gefühlt jede Stunde mit jemand anderem mal kurz eine rauchen,
0:12:59–0:13:02
um über Gott und die Welt zu reden.
0:13:02–0:13:07
Und ich als Nichtraucher war dann doch immer auch ein bisschen einerseits fehl
0:13:07–0:13:10
am Platz und andererseits wollte man dann ja doch trotzdem mitgehen,
0:13:10–0:13:12
weil in der Raucherecke passieren die wichtigen Gespräche.
Florian Clauß
0:13:12–0:13:14
Ja, es war wie früher auf dem Schulhof, oder?
Ali Hackalife
0:13:14–0:13:20
Apropos Ecken und wichtig, hier ist die egalste Ecke. Hier ist ein unfassbar teurer Tresen drin.
0:13:21–0:13:24
Und dort geht es darum, irgendwas mit europäischer Repräsentation.
0:13:25–0:13:29
Hier passiert nichts. Also ich schimpfe ja viel über die Politik,
0:13:29–0:13:32
aber das hier ist wirklich nur ein, wir hatten ein paar Millionen und wir hatten
0:13:32–0:13:34
das Gebäude, also machen wir das hier.
0:13:36–0:13:38
Ich habe mich mit vielen Leuten unterhalten, hier passiert halt nichts.
0:13:38–0:13:42
Es gibt manchmal Empfänge für Europa, wie toll das alles ist.
0:13:42–0:13:47
Aber es hat keine nennenswerte Funktion.
0:13:47–0:13:49
Man kann nicht mal gratis ein Schnittchen abgreifen.
0:13:51–0:13:54
Wir laufen jetzt auf den Pariser Platz Richtung Brandenburger Tor.
Florian Clauß
0:13:54–0:13:57
Ja, wir haben direkt vor uns das Brandenburger Tor.
Ali Hackalife
0:13:58–0:14:00
Apropos historische Orte, kennst du den Saal der Stille?
Florian Clauß
0:14:01–0:14:02
Nein, den kenne ich nicht.
Ali Hackalife
0:14:03–0:14:04
Du hast ihn gerade in der Sicht.
Florian Clauß
0:14:05–0:14:05
Ah ja.
Ali Hackalife
0:14:05–0:14:10
Der Saal der Stille ist oben zwischen den Ebenen des Brandenburger Tors.
0:14:11–0:14:15
Und dort haben die Sowjets Funktechnik drin gehabt. Und als Napoleon hier war,
0:14:15–0:14:17
hat er dort oben Leute verhört.
0:14:18–0:14:24
Und man kann über das rechte Gebäude mit einer Treppe hoch und dann in den schrägen
0:14:24–0:14:26
Klotz des Brandenburger Tors rein.
Florian Clauß
0:14:26–0:14:29
Also das ist jetzt quasi da über den Giebel?
Ali Hackalife
0:14:30–0:14:34
Also genau, da über das rechte kleinere Gebäude kannst du mit einer Treppe hoch
0:14:34–0:14:36
und dann unter die Quadriga rein.
Florian Clauß
0:14:36–0:14:38
Und da ist der Saal der Stille?
Ali Hackalife
0:14:38–0:14:40
Oben in diesem Querkasten ist der Saal der Stille.
Florian Clauß
0:14:45–0:14:50
Wie lange war dann deine Zeit bei der Linken?
Ali Hackalife
0:14:51–0:14:55
Eingetreten bin ich in die Partei mit 18, direkt zum Geburtstag.
0:14:56–0:15:00
Und dann habe ich erst mal lange als Karteileiche existiert.
0:15:00–0:15:05
Dann habe ich mich im September beworben und habe dann insgesamt,
0:15:05–0:15:09
ich glaube, fünf Monate in Berlin gearbeitet.
0:15:09–0:15:13
Aber da war dann der letzte Monat auch schon im Homeoffice und ich sehr deprimiert von der Politik.
0:15:13–0:15:18
Und es war halt während Corona, das heißt, es war vieles, was sonst zum politischen
0:15:18–0:15:23
Alltag gehört, also Winke-Winke und Podiumsdiskussionen und so,
0:15:23–0:15:24
das hat wenig stattgefunden.
0:15:25–0:15:29
Stattdessen bestand ein substanzieller Teil meiner Arbeitszeit daraus,
0:15:30–0:15:33
dass man schauen musste, wie man die Wiederwahl gewinnen könnte,
0:15:33–0:15:37
weil es war ja nur noch ein Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl.
0:15:38–0:15:42
Und ich fand es sehr enttäuschend, wie wenig es um das aktuelle Tagesgeschäft
0:15:42–0:15:43
ging und wie viel um die Frage.
0:15:43–0:15:46
Also ich wette, ich habe eine komplette Arbeitswoche damit verbracht,
0:15:46–0:15:50
dass wir darüber diskutiert haben, ob man Desinfektionstücher oder Fächer reichen möchte.
0:15:51–0:15:54
Und das Ding ist, es war ja Pandemie. Das heißt, ich fand die Idee,
0:15:55–0:15:58
Desinfektionstücher zu, also die Verpackung zu bedrucken und halt so Reinigungstücher
0:15:58–0:16:00
rauszugeben, fand ich total schlau.
0:16:00–0:16:04
Aber wenn man in einem Wahlkampf vor Jahren schon mal einen Fächer gemacht hat,
0:16:04–0:16:05
muss das wieder ein Fächer sein.
0:16:06–0:16:10
Und dann wurden Produktmuster bei AliExpress bestellt und dann war das Rot nicht
0:16:10–0:16:12
das Rot von der Linken, weil die Druckerei das anders gemacht hat und so und
0:16:12–0:16:15
auf so etwas ging substanziell viel Zeit drauf.
0:16:17–0:16:20
Damals beschlossen wurde, dass der Fingerabdruck in den Personalausweis reinkommt.
0:16:21–0:16:24
Und bei der Abstimmung darüber war die Abgeordnete, für die ich gearbeitet habe,
0:16:25–0:16:26
nicht mal im Parlament, weil sie lief.
0:16:28–0:16:33
Und ich habe mir gedacht, wie kann es sein, dass wir hier sind für digitale Politik, Netzpolitik.
0:16:33–0:16:37
Und wenn dann ein wichtiges Thema verhandelt wird, dann bin ich der Einzige,
0:16:37–0:16:39
der es zufällig mitbekommen hat und die anderen schlafen.
Florian Clauß
0:16:40–0:16:43
Ich meine, aber das ist ja sehr ernüchternd. Da hat man, glaube ich,
0:16:43–0:16:46
den politischen Betrieb so gleich von unten aufgefressen.
Ali Hackalife
0:16:46–0:16:52
Oder? Ja, also es ist ja nicht nur schlecht, aber unfassbar viel entsteht als
0:16:52–0:16:56
Entwurf von Interessensgruppen und Lobbyisten und ist darauf ausgelegt,
0:16:57–0:16:58
dass es durchgewunken wird.
0:16:58–0:17:03
Und jetzt kann man sagen, es ist grundsätzlich gut, wenn Agrarverbände oder
0:17:03–0:17:08
Medizintherapieverbände und so weiter wissen, was ihnen fehlt und sie können
0:17:08–0:17:11
dann daraus ein kompetentes Gesetz entwerfen.
0:17:11–0:17:15
Aber es fehlt mir so ein bisschen die Kontrollinstanz, vor allem wenn es um
0:17:15–0:17:19
Überwachung und Überwachungsprotokolle geht.
0:17:19–0:17:23
Und naja, man geht dahin mit dem Idealismus.
0:17:23–0:17:27
Ich möchte die Welt gerechter machen mit Technik. Und man trifft auf Leute,
0:17:27–0:17:30
die sagen, ja, das ist schon ein gutes Ziel, aber auf dem Weg dahin würde ich
0:17:30–0:17:32
gerne nochmal wiedergewählt werden.
0:17:32–0:17:37
Mir ist darüber hinaus sehr wichtig, dass wir hier nicht zu sehr gegen die Parteilinie
0:17:37–0:17:39
gehen, auch wenn die Parteilinie nicht rechtfertigbar ist.
0:17:40–0:17:43
Und so diese Idee von wegen, die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen verpflichtet
0:17:43–0:17:47
und können frei abstimmen, das stimmt halt nicht.
0:17:47–0:17:50
Am Ende des Tages geben die Fraktionen im Wesentlichen raus,
0:17:50–0:17:53
was wie beschlossen wird und da musst du nicht mal anwesend sein,
0:17:53–0:17:54
wenn für die Fraktionen gestimmt wird.
0:17:56–0:17:58
Ich finde die Idee des arbeitenden Parlaments ja auch erst mal gar nicht schlecht,
0:17:59–0:18:02
also dass die Leute nicht die ganze Zeit im Plenarsaal sitzen.
0:18:02–0:18:05
Aber wenn du dir dann anschaust, was für ein Theater es ist,
0:18:06–0:18:10
also alle geben ihre Reden rein, halten ihre Reden, ein paar Parteien nutzen
0:18:10–0:18:12
die Reden besser für Social Media als andere.
0:18:12–0:18:15
Aber diese Reden sind ja nicht dafür gedacht, irgendwen von irgendwas zu überzeugen.
0:18:15–0:18:18
In der Regel ist die Stimmliste, wie sich die Fraktion verhält,
0:18:18–0:18:21
schon bekannt, bevor die Reden gehalten werden. Das heißt, du weißt,
0:18:21–0:18:24
wenn du ans Rednerpult gehst, ich kann hier sagen, was ich will,
0:18:24–0:18:26
es wird eh passieren oder es wird eh nicht passieren.
0:18:26–0:18:29
Und dann, finde ich, kann man sich die Reden eigentlich auch sparen.
Florian Clauß
0:18:29–0:18:33
Ja gut, das ist halt ein symbolischer Akt und das ist auch sicher ein Akt der
0:18:33–0:18:37
Transparenz gegenüber dem Volk, dass man dann halt da eine gewisse Position
0:18:37–0:18:40
vertritt und die in der Rede dann entsprechend exponieren kann.
0:18:41–0:18:46
Aber so wie du es beschreibst, klar, das ist alles sehr deterministisch und
0:18:46–0:18:50
eigentlich gibt es da nicht so viel Handlungsfreiheit.
0:18:50–0:18:54
Und ich meine auch, ich glaube, wenn man dann so als junger Mensch wie du in
0:18:54–0:18:59
die Politik kommt, mit einem gewissen Enthusiasmus und einer gewissen Tatkraft
0:18:59–0:19:02
und dann merkt, dass du da halt nicht sehr viel weiterkommst.
0:19:03–0:19:07
Aber ich meine, das war ein kurzes Kapitel in deinem Leben. Also nach fünf Monaten
0:19:07–0:19:11
und die Bedingungen mit Corona ist es vielleicht gar nicht so schlecht gewesen,
0:19:11–0:19:15
dass es dann halt so dahin geführt hat, dass du Homeoffice gemacht hast und
0:19:15–0:19:17
dir dann andere Wege gesucht hast.
Ali Hackalife
0:19:17–0:19:22
Ja, was ich positiv hervorheben möchte, das ist der Sessel Figura.
0:19:22–0:19:24
Figura ist der Typ der Sessel, die im Parlament verbaut sind.
0:19:25–0:19:29
Das ist ein sehr guter Schreibtischstuhl. Da keine Kritik, das ist eine gute Wahl.
Florian Clauß
0:19:30–0:19:31
Figura, ja.
Ali Hackalife
0:19:32–0:19:37
Ja, wir stehen jetzt hier und dort vorne vorm Reichstagsgebäude.
0:19:37–0:19:39
Da wird ja demnächst ein Graben gebaggert.
0:19:39–0:19:43
Das war nämlich auch eine Erkenntnis der Corona-Pandemie. also in der in der
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scheibe aus dem parlamentsgebäude raus sind große glasblöcke verbaut sind so
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20 zentimeter dick und die sind so eingelassen dass du da auch mit dem panzer
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nicht so ein weiteres durchfahren kann aber es stand ja mal demonstranten auf der tage,
0:19:56–0:19:59
Und deswegen baut man jetzt hier einen Graben, einen Sichtgraben.
0:20:00–0:20:02
Das heißt, in der Optik fällt er nicht auf, aber es wird nie wieder eine Demo
0:20:02–0:20:05
direkt auf der Treppe geben können, weil da dann halt ein Burggraben ist.
Florian Clauß
0:20:05–0:20:12
Ah, okay. Also das ist der Sturm auf den Reichstag, den du hier angeführt hast?
Ali Hackalife
0:20:12–0:20:16
Ja, aber Sturm, finde ich, macht das Ganze zu ernst.
0:20:17–0:20:24
Da standen halt so um die 150 Verrückte und drei Polizisten haben sie komplett im Zaum gehalten.
Florian Clauß
0:20:25–0:20:29
Es war auch so ein bisschen so, wenn man das in den Originalaufnahmen gehört
0:20:29–0:20:31
hat, ja, machen wir halt mal, oder?
0:20:31–0:20:34
Ich habe noch eine Bockwurst auf der Hand, aber egal, wir gehen mal hin.
0:20:36–0:20:37
Völlig verpeilt.
Ali Hackalife
0:20:38–0:20:45
Was ich viel krasser fand, war, als die AfD-Abgeordnete die Schwurbler dann
0:20:45–0:20:48
auch als Gäste reingeholt hat, Da gibt es einen Moment,
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wo eine verwirrte Heilpraktikerin den Peter Altmaier, wie er gerade in den Aufzug
0:20:54–0:20:58
steigt, anschreit und sie ruft, du fetter, eitler König.
0:21:00–0:21:04
Und ich bin ja, obwohl ich der CDU nichts abgewinnen kann, großer Peter Altmaier-Fan.
Florian Clauß
0:21:04–0:21:05
Ach, wirklich?
Ali Hackalife
0:21:05–0:21:08
Ja, also nicht seine Politik. Ich finde, dass er die Solarindustrie kaputt gemacht
0:21:08–0:21:10
hat, das ist schon ein dickes Problem.
0:21:10–0:21:16
Aber der Typ ist also sehr belesen, hat kluge Gedanken und jetzt,
0:21:17–0:21:20
wo er nicht mehr aktiv in der, also er hat damals sein gewonnenes Mandat zurückgegeben,
0:21:20–0:21:23
damit eine jüngere CDUlerin nachrücken kann.
0:21:23–0:21:27
Also ich finde, er sagt schon, jetzt, wo er nicht mehr im Tagesbetrieb ist,
0:21:27–0:21:29
oft Dinge, die hörenswert sind.
0:21:29–0:21:31
Gibt ein sehr gutes Gespräch mit ihm und Gregor Gysi.
Florian Clauß
0:21:31–0:21:32
Ah ja.
Ali Hackalife
0:21:33–0:21:38
Ja, wir laufen jetzt über das, was früher mal eine schöne Wiese war.
Florian Clauß
0:21:38–0:21:42
In Vorbereitung zur Sendung habe ich mir auch ein paar wenige Gedanken gemacht.
0:21:42–0:21:45
Das ist jetzt wieder Platz der Republik.
0:21:45–0:21:50
Und ich spiele so ein bisschen auf das andere Thema an, nämlich wie sich dann
0:21:50–0:21:55
so kulturelle Kontexte und die Kontexte von Monumenten ändern können.
0:21:55–0:21:57
Hier stand mal die Siegessäule.
Ali Hackalife
0:21:57–0:21:59
Ja, mit der Goldelse.
Florian Clauß
0:21:59–0:22:05
Goldelse, ja die Siegessäule, so das Symbol für den deutschen Nationalstaat
0:22:05–0:22:10
von Bismarck so initiiert, wo die deutschen Einigungskriege,
0:22:10–0:22:13
der Dänische Krieg, der Österreichische Krieg und der Französische,
0:22:13–0:22:20
dann alles auf die Fassaden mit Kanonen von dieser Goldelse dann geschmiedet wurde.
0:22:20–0:22:27
Und der stand hier und im Zuge von der Umgestaltung von Albert Speer,
0:22:27–0:22:28
von den Nationalsozialisten,
0:22:29–0:22:34
hatte Speer dann diese Goldelsen verlegt da hinten hin und ein bisschen höher
0:22:34–0:22:37
gebaut, ja, aufgebockt.
0:22:38–0:22:42
Gleichzeitig sollte hier dann diese Nord-Süd- und Ost-West-Süd-
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und Germania als Welthauptstadt zu initiieren. Also ich weiß nicht,
0:22:48–0:22:49
ob du diese Pläne kennst.
Ali Hackalife
0:22:50–0:22:52
Ich kenne auch die Halle, die sie in Germania bauen wollten,
0:22:52–0:22:53
mit der größten Kuppel der Welt.
Florian Clauß
0:22:53–0:22:58
Ja, das ist so Wahnsinn, wenn man sich diese Pläne anguckt.
0:22:58–0:23:04
Das ist dann am Ende von der Nord-Süd-Achse im Moabit, sollte diese Halle entstehen.
0:23:04–0:23:07
Und die haben extra nochmal so einen künstlichen See geplant,
0:23:07–0:23:09
in dem sich dann die Halle spiegeln kann.
Ali Hackalife
0:23:10–0:23:12
Kennst du den Maschsee in Hannover?
Florian Clauß
0:23:12–0:23:14
Ja, den kenne ich.
Ali Hackalife
0:23:14–0:23:17
Der ist auch so ein Nazi-Projekt, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
0:23:17–0:23:19
Und jetzt bauen wir einen künstlichen See.
0:23:19–0:23:23
Gedanke noch, bevor wir dann rübergehen zu Monumenten.
Florian Clauß
0:23:23–0:23:23
Ja.
Ali Hackalife
0:23:23–0:23:28
Gibt es ein Foto nach dem Zweiten Weltkrieg. Das ist etwas, das würde ich mir,
0:23:28–0:23:33
wenn ich mal Abgeordneter werden sollte, als großes Poster, als Druck ins Büro hängen.
0:23:33–0:23:37
Und zwar sieht man, wie eine Frau Kartoffeln auf der Wiese da vorne vollgehebt.
0:23:38–0:23:41
Im Hintergrund sieht man das Reichstagsgebäude. So dieses, ja,
0:23:41–0:23:44
wir müssen halt doch irgendwas essen, jetzt wo der Krieg vorbei ist.
0:23:44–0:23:49
Und ich finde das ein total starkes Bild. Erstens, weil ich mit dem Hobbygärtnern
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halt auch immer den Gedanken verbinde von, ich möchte Dinge können,
0:23:52–0:23:54
die am Ende des Tages nützlich sind.
0:23:54–0:23:56
Und Aktenlesen ist nicht nutzlos,
0:23:56–0:24:00
aber Kartoffeln anbauen, es gibt Situationen, da ist das nützlicher.
0:24:00–0:24:06
Und ich finde, es hat irgendwie so ein starkes Bild von Wiederaufbau und die
0:24:06–0:24:12
Marie-Elisabeth Lührs, nach der das eine Gebäude benannt ist von den beiden Parlamentsgebäuden.
0:24:13–0:24:17
Die war auch Frauenrechtlerin, eine der ersten Frauen, die damals in der Weimarer
0:24:17–0:24:20
Republik ab 1919 im Reichstag saßen.
0:24:20–0:24:27
Und sie hat nach 1949 bei der Neugestaltung der Bundesrepublik auch mitgewirkt
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und war, ich glaube, noch bis 1961 oder so, also richtig lange Parlamentarierin.
0:24:32–0:24:40
Der Paul Löbe, nachdem dieses Haus dort benannt ist, der war zweimal hintereinander
0:24:40–0:24:45
der Präsident des Weimarer Reichstags und hat sich gegen die Nazis gestellt.
0:24:45–0:24:48
Und er war dann auch nochmal nach dem Krieg Parlamentarier.
0:24:49–0:24:52
Und beides SPDler, nach denen die Gebäude hier benannt wurden.
0:24:54–0:24:58
Und ich finde es eigentlich ganz cool, Leuten diese Gebäude zu widmen.
0:24:58–0:25:00
Aber ich habe auch in der Zeit, in der ich in diesen Gebäuden gearbeitet habe,
0:25:01–0:25:04
wenig Leute getroffen, die wussten, nach wem diese Gebäude benannt wurden.
0:25:04–0:25:08
Und damit haben wir doch eine perfekte Brücke zu Historizismus,
0:25:08–0:25:11
während wir auf die Waschmaschine zulaufen, das Bundeskanzleramt.
0:25:12–0:25:19
Hier zwischen Paul-Löbe-Haus und Bundeskanzleramt sollte es mal ein Besucherbegegnungszentrum
0:25:19–0:25:22
geben, aber es war kein Geld mehr dafür da und es war zufälligerweise genauso
0:25:22–0:25:24
teuer wie das, was der Andi Scheuer mit der Maut rausgeklotzt hat,
0:25:24–0:25:25
nämlich 600 Millionen Euro.
Florian Clauß
0:25:27–0:25:30
Vielleicht auch nochmal, um diese Brücke so ein bisschen zu stärken,
0:25:30–0:25:35
das, was ich bei dem Reichsgebäude hier so, wirklich, wo ich das noch bewusst
0:25:35–0:25:38
erlebt habe, diese Verhüllung des Gebäudes.
Ali Hackalife
0:25:39–0:25:40
Christo, 2001, glaube ich.
Florian Clauß
0:25:40–0:25:47
Oder? Nein, das war 1995. Ja, stimmt. Also es war 1995 und ich habe die Debatten
0:25:47–0:25:49
davor mitbekommen und so weiter.
0:25:49–0:25:52
Das ganze Projekt hat sich ja auch schon in den 70ern so abgezeichnet.
0:25:52–0:25:56
Ich meine, das Gebäude war ja auch unter den Nazis dann nicht mehr besetzt.
0:25:56–0:26:01
Da war ja dieser Reichsbrand, der das dann erstmal so lahmgelegt hat.
0:26:01–0:26:04
Hitler selber war in der Reichskanzlei, die er sich da gebaut hat.
0:26:05–0:26:08
Dann war es ja auch quasi so Sinnbild der Weimarer Republik,
0:26:08–0:26:10
also der Demokratie, dieses Gebäude hier.
0:26:11–0:26:17
Und dann eben in der Zeit nach dem Krieg war das mehr oder weniger brach.
0:26:17–0:26:20
Da gab es so ein paar Veranstaltungen drin und so weiter, aber keiner wusste
0:26:20–0:26:22
so richtig, was man damit machen konnte.
0:26:22–0:26:26
Es wurde dann halt auch renoviert, aber das wurde dann halt nicht so renoviert,
0:26:26–0:26:27
dass es wirklich so nutzbar wurde.
0:26:28–0:26:31
Es gab viel mit Neonlicht und so weiter, was dann halt auch nicht so schön war.
0:26:31–0:26:36
Und dann kam natürlich die deutsche Einheit und die Frage nach der,
0:26:37–0:26:38
ja, was machen wir jetzt?
Ali Hackalife
0:26:38–0:26:44
Genau, 2001 war dann der Reichstagsbeschluss, dass Berlin neu als Hauptstadt
0:26:44–0:26:49
bezogen wird. Und der Umzug damals war ja auch ein verrückter Kompromiss.
0:26:49–0:26:55
Also jetzt vor kurzem verstorben Wolfgang Schäuble war damals sehr dagegen mit
0:26:55–0:26:59
dem Argument, in Bonn seie man doch näher zu Frankreich und Paris.
0:26:59–0:27:04
Und vor allem sei man auch näher zu Brüssel und zu Straßburg und zur EU.
0:27:05–0:27:10
Und ich fand, damals wäre eigentlich der logische Schritt gewesen zu sagen,
0:27:10–0:27:13
wir nehmen Frankfurt, weil es halt wirklich am zentralsten liegt.
0:27:13–0:27:18
Ja, aber man hat sich dann damals darauf geeinigt, dass einige Ministerien noch
0:27:18–0:27:21
nicht umziehen und daraus ist dann Gewohnheit geworden.
0:27:21–0:27:24
Deswegen sind, ich glaube, Verteidigung ist immer noch in Bonn.
0:27:25–0:27:29
Also es sind noch ein paar Ministerien und Entwicklungshilfe in Bonn,
0:27:29–0:27:31
was dazu führt, dass immer noch sehr viel hin und her geflogen wird.
Florian Clauß
0:27:31–0:27:37
Ja, aber dieser Schritt, die Stadt zu initiieren für diesen Machtauflauf,
0:27:37–0:27:41
dann halt eben dieses Gebäude zu verhüllen.
0:27:41–0:27:45
Verhüllen und als künstlerische Plastik auszustellen.
0:27:45–0:27:49
Und ich weiß noch, ich fand am Anfang, also als ich das dann halt so mitbekommen
0:27:49–0:27:52
habe, die Diskussion darum, fand ich die Idee dann völlig hanebüchen und was
0:27:52–0:27:54
soll das denn und so weiter.
0:27:54–0:27:57
Und dann ist man hingegangen, das war nur für 14 Tage verhüllt.
0:27:57–0:28:01
Also es war ein relativ kurzer Zeitraum und es hatte eine unglaubliche Kraft,
0:28:01–0:28:04
also eine friedvolle Kraft.
0:28:04–0:28:08
Also hier war dann halt auch Happening, die ganzen Leute saßen davor Es waren
0:28:08–0:28:16
fünf Millionen Besucher, hatten wir dann diese Verlängerung gehabt und ich war wirklich begeistert.
0:28:18–0:28:22
Bietvoller Ort geworden, ja, und ich fand es toll und es war diese Skulptur,
0:28:22–0:28:25
diese riesige Skulptur und da knüpfe ich an, ich glaube ich,
0:28:26–0:28:29
wir sind so schnell reingegangen in unseren Podcast, dass ich dich gar nicht
0:28:29–0:28:30
ausführlich vorgestellt habe.
0:28:32–0:28:40
Ali, Ali Hackeleif, Ali hat einen Podcast, der ist auch interessant und du machst
0:28:40–0:28:45
ja viele Sendungen, alles, was dich interessiert und da ist total viel auch interessant.
Ali Hackalife
0:28:46–0:28:47
Danke für die Blut.
Florian Clauß
0:28:47–0:28:50
Und das Tolle ist, Wenn man dann selber einen Podcast macht,
0:28:51–0:28:54
dann kann man halt auch die anderen Podcaster einladen und mit ihnen über ihre
0:28:54–0:28:58
Sendung sprechen, was man normalerweise nicht machen kann, weil es immer One-Way ist.
0:28:58–0:29:02
Aber du hattest eine tolle Sendung mit Christian Gürndt, heißt er,
0:29:02–0:29:04
glaube ich, über England.
0:29:05–0:29:10
Und jetzt komme ich noch zu dem Punkt. Ihr seid durch die verschiedenen Orte
0:29:10–0:29:14
gegangen, die ihr in London und England so liebt. Und das eine war,
0:29:14–0:29:19
wo ich auch eine Verbindung habe, wo ich auch, ich bin auch total oft und gern nach London gefahren.
0:29:20–0:29:24
Und das war die Tate Modern, diese riesen Turbinenhalle.
0:29:24–0:29:32
Und da war 2002 oder 2003 auch eine Ausstellung von Anish Kapur,
0:29:32–0:29:34
heißt er, glaube ich, ein indischer Bildhauer.
0:29:34–0:29:39
Und der hat in der Tate Modern die größte Skulptur jemals erschaffen.
0:29:39–0:29:45
Also wer diese Tate Modern, wer schon mal da war, weiß, wie groß dieser Innenraum ist.
0:29:47–0:29:52
Wenn man reinkommt in diese Turbinenhalle, wo früher Turbinen gestanden haben,
0:29:52–0:29:56
es sind fünf oder sechs Stockwerke, die man auch sehen kann, innen drin.
0:29:57–0:30:02
Und diese Halle ist riesig groß und hat Anish Kapur ein Monument errichtet,
0:30:02–0:30:06
eine Skulptur, die den kompletten Innenraum gefüllt hat.
0:30:06–0:30:10
Und das war auch so ähnlich überwältigend wie hier dieser Reichstag,
0:30:10–0:30:15
die Verhüllung des Reichstages, weil dann auf einmal diese Größendimensionen ganz anders werden.
0:30:15–0:30:20
Also du stehst davor und denkst so, boah, das ist dieser Erlebnis,
0:30:20–0:30:23
wo wirklich Kunst so erlebbar wird, so körperlich wird.
Ali Hackalife
0:30:23–0:30:27
Über die Turbinenhalle habe ich mit Johnny Schneider auch ein paar Mal gesprochen,
0:30:27–0:30:33
weil dort unter anderem die Flux Games stattfanden. olympische Spiele mit Quatschdisziplin,
0:30:33–0:30:36
also wo sie zum Beispiel Wettrennen in Taucherflossen machten.
0:30:36–0:30:41
Da gab es eine große Kunstinstallation Making a Salad, wo sie mit hunderten
0:30:41–0:30:46
Leuten zusammen Salatzutaten geschnitten haben und sie dann von der Empore runter
0:30:46–0:30:50
in eine LKW-Plane warfen, in der LKW-Plane mischten und dann gab es für alle Salat.
Florian Clauß
0:30:51–0:30:56
Und die Vinaigrette, die wurde dann durch die Turbine angetreten.
Ali Hackalife
0:30:56–0:30:59
Es wurde groß aus, halt so ein Stockwerk drüber reingeschüttet.
0:31:00–0:31:04
Sehr contemporary Art, weil da ist ja auch die Frage, wie verkauft man so ein Kunstwerk?
0:31:05–0:31:08
Aber offensichtlich hat es in meine Gehirnwindung und jetzt auch in deinen Podcast geschafft.
Florian Clauß
0:31:08–0:31:11
Ja, das ist so soziale Plastik.
Ali Hackalife
0:31:11–0:31:14
Und um hier nochmal ein paar Punkte abzuhaken.
0:31:17–0:31:22
Wo fangen wir an? Ich war ja gerade noch kurz gepackt bei der Reichstagsverhüllung.
0:31:22–0:31:25
Ich habe ein Stück davon geschenkt bekommen zum Geburtstag von der Plane.
0:31:25–0:31:28
Und es ist ein relativ festes Lkw-Plan und sie ist gar nicht so teuer.
0:31:28–0:31:33
Also es kostet ungefähr ein Zehner für so einen 10 zu 15 Zentimeter großen Patch.
0:31:34–0:31:39
Und ja, ich verstehe die Faszination total. Christo hat ja mehrere Gebäude,
0:31:39–0:31:41
den Arc der Triumph unter anderem auch noch verhüllt.
0:31:41–0:31:44
Und er hat teilweise so ganze Küstenlandschaften eingepackt.
0:31:44–0:31:47
Das sieht halt aus, als wäre es noch nicht gerendert oder eine falsche Textur.
0:31:47–0:31:49
Also ich finde es sehr sehenswert.
0:31:50–0:31:54
Wir laufen jetzt Richtung Tiergarten und wir kreuzen den Ort,
0:31:55–0:31:57
wo der Berlin-Marathon startete und endete.
Florian Clauß
0:31:57–0:32:01
Ja, gleich da vorne an der Straße 17. Juni. Aber ich will nochmal hier darauf
0:32:01–0:32:03
hinweisen, die Schwangere Auster.
0:32:04–0:32:05
Kennst du was in meinem Gebäude drin?
Ali Hackalife
0:32:06–0:32:07
Nee, ich kenne es nur von außen.
Florian Clauß
0:32:07–0:32:11
Das ist ein schönes Gebäude, was dann auch zu Berlinale bespielt wird und auch
0:32:11–0:32:14
zu irgendwelchen anderen Kulturveranstaltungen.
0:32:14–0:32:18
Und das hat so ein bisschen eine tragische Geschichte, weil irgendwann in den
0:32:18–0:32:21
70ern, ist das glaube ich kurz nachdem es gebaut wurde, ist dann oben das Dach
0:32:21–0:32:24
eingefallen und hat zwei Leute in den Tod gerissen.
0:32:25–0:32:28
Und das ist dann rekonstruiert worden. Aber ich mag diesen Ort sehr gerne.
0:32:29–0:32:32
Also das ist auch so einer der Orte, wo ich gerne hingehe.
Ali Hackalife
0:32:32–0:32:34
Wo wir gerade bei großen Skulpturen waren.
Florian Clauß
0:32:35–0:32:36
Ein Glockenturm.
Ali Hackalife
0:32:36–0:32:40
Um ein paar offene Fäden zu schließen. Mit Christian Gürn sprach ich über unsere
0:32:40–0:32:45
Begeisterung für England und ich war dieses Mal dort und hatte die Gelegenheit,
0:32:48–0:32:53
mir Stonehenge anzuschauen. Und ich bin ja an sich großer Fan von Uhr- und Frühgeschichte,
0:32:53–0:32:57
und muss doch ganz ehrlich sagen, bei Stonehenge, ich habe Redebedarf.
Florian Clauß
0:32:57–0:33:03
Ja, sehr gut. Wir können auch an unsere letzte Folge so ein bisschen anklüpfen,
0:33:03–0:33:08
weil wir auch in der letzten Folge über die Außenalster. Die Außenalster, genau.
0:33:08–0:33:12
Über neolithische Kulturtechniken gesprochen haben.
0:33:12–0:33:14
Nämlich mit Ackerbau und Kochen.
0:33:15–0:33:17
Zumindest haben wir es angeschnitten.
Ali Hackalife
0:33:17–0:33:22
Wir laufen jetzt in den Tiergarten und auch das, weißt du, warum der so sternförmig angelegt ist?
Florian Clauß
0:33:23–0:33:24
Nein, klär mich auf.
Ali Hackalife
0:33:25–0:33:28
Und zwar, damit Hochwohlgeboren eine Drückjagd veranstalten kann,
0:33:29–0:33:31
hat man Tiere gehalten hier im Park.
0:33:32–0:33:38
Und dann hat man entlang der Achsen Schnüre aufgehangen, an denen hingen Stoffbahnen,
0:33:38–0:33:41
dann konnte man von außen in diese Trichter, die sich zu der Mitte des Sterns
0:33:41–0:33:44
gebildet haben, die Tiere aufscheuchen.
0:33:44–0:33:47
Die sind halt in den immer enger werdenden Trichter reingelaufen und in der
0:33:47–0:33:48
Mitte des Sterns stand dann die
0:33:48–0:33:51
adelige Jagdgesellschaft und hat auf die Zustörung den Tiere geschossen.
0:33:52–0:33:55
Und daher kommt die Redewendung durch die Lappen gehen, wenn ein Tier durch
0:33:55–0:34:00
eine dieser Stoffbahnen ausgebrochen ist und dann über eine der Sternachsen abgehauen ist.
Florian Clauß
0:34:01–0:34:06
Wahrscheinlich unter Friedrich den Großen oder so. Wie hat sich das dann so ausgeprägt?
0:34:06–0:34:08
Irgendwas Adliges.
Ali Hackalife
0:34:08–0:34:10
Ich kenne nur die Geschichte zur Redewendung und den Park.
Florian Clauß
0:34:11–0:34:15
Das ist eine andere preußische Redewendung. Wir haben ja oft Krawall gebürstet.
0:34:16–0:34:17
Kennst du diese Redewendung?
Ali Hackalife
0:34:18–0:34:20
Also ich kenne die Redewendung und ich hätte jetzt vermutet,
0:34:20–0:34:22
das ist, wenn ich die Katzenfall drum streiche.
Florian Clauß
0:34:22–0:34:27
Ja, das ist so ähnlich. Nämlich ist es, wenn die preußischen Kavallerie,
0:34:27–0:34:30
wenn die in den Krieg gezogen sind, Kavallerie ist, glaube ich, die mit den Pferden,
0:34:31–0:34:34
dann haben die Pferde mit Stahlbürsten gebürstet, damit die ordentlich Adrenalin
0:34:34–0:34:38
und gereizt sind und damit die halt irgendwie ordentlich durchpesen.
0:34:38–0:34:40
Deswegen auf Krawall gebürstet, kommt daher.
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Man muss ja sagen, Berlin, Berlin hat ja nicht so eine lange Geschichte wie
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andere Orte auf der Welt.
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Das ist ja doch, naja, so 17. Jahrhundert hat sich das so ausgeprägt mit Friedrich,
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den großen Preußenstaat und so weiter.
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Und es war ja sehr militärisch immer ausgerichtet. Es gibt Exerzierplätze überall
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und es war auch relativ klein.
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Es waren ja eigentlich zwei Städte, Köln und Berlin, die sich dann am Roten
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Rathaus hinten, Nikolai-Viertel, gekreuzt haben und dann zu einer Stadt gewachsen
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sind. Aber eigentlich war es relativ unbedeutend.
Ali Hackalife
0:35:17–0:35:21
Das ist ja eh das Ding mit den ganzen Kiezen, von denen viele eigene Städte
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waren und eigene Gemeinden, die dann hier eingemeindet wurden in die Metropolregion.
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Und ich finde nach wie vor sehr gut, dass, wie war es, Neukölln hieß früher
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Rixdorf und wurde umbenannt, damit es attraktiver ist, damit Leute dahin ziehen.
Florian Clauß
0:35:41–0:35:44
Rixdorf, aber jetzt ist Rixdorf wieder eigentlich so ein hipster Begriff,
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weil Rixdorfer Brause und Rixdorfer Bier gibt es da überall.
Ali Hackalife
0:35:50–0:35:51
So, die Frage ist.
Florian Clauß
0:35:52–0:35:57
Wie kommen wir hier rüber? Aber hier, genau, hier ist der Marathon.
Ali Hackalife
0:35:57–0:36:04
Genau, hier wird Public Viewing betrieben und hier.
Florian Clauß
0:36:04–0:36:10
Bin ich auch, einmal im Jahr gibt es das Fahrradrennen, das startet auch hier,
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da habe ich auch mal mitgemacht.
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Also es macht schon Spaß, wenn man halt diese breiten Straßen einfach quer durchfahren
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kann. Und das ist auch so die Ost-West-Verbindung, also die Achse,
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die mehr oder weniger noch steht, ne?
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Hier kann man ja einfach bis zur Bismarckstraße einfach durchfahren.
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So, jetzt aber rüber.
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Und wir blicken hier auf die Siegelsäule.
Ali Hackalife
0:36:39–0:36:43
Genau, Berlin, nicht so eine lange Geschichte wie andere Orte.
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Und da kommen wir zu dem, was ich dir als Thema vorgeschlagen hatte.
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In der historischen Geschichte von Stonehenge wurde das so vor,
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von heute aus gerechnet, ungefähr 5000 Jahren.
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An einem Dienstag hat man mit den Bauarbeiten begonnen.
Florian Clauß
0:37:00–0:37:02
Zu zweit, ja.
Ali Hackalife
0:37:02–0:37:11
Ja, und zwar hat man damit begonnen, erst mal einen Erdwall aufzuhäufen und
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einen Erdkreis zu graben.
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Dann hat man in diesem Erdkreis ungefähr 1000 Jahre später, also vermutlich
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andere Leute, angefangen kleinere Steine zu stellen in Kreisformationen.
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Und das war ungeklärt, Kultstätte, sieht einfach cool aus.
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Viele der Geschichten klingen für mich immer so wie etwas, wo man mit Freunden
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draufkommt, wenn man zu lange am Lagerfeuer sitzt.
Florian Clauß
0:37:31–0:37:32
Ja.
Ali Hackalife
0:37:32–0:37:40
Dann hat man angefangen vor knapp 4000 Jahren mit den Sarsen,
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das sind die großen Steine, die dort stehen, und den Megalithen.
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Megalithen sind eigentlich eigene, freistehende große Steine,
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von denen gibt es auch durch ganz Europa verteilt welche und auch teilweise
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viel größere als die, die bei Stonehenge stehen.
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Und dann hat man mit den Sarsen den ersten Kreis gebaut und den hat man dann die,
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Trilonites, also die Dreisteinkonstruktion gebaut, das sind auch die,
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die die meisten Leute in Erinnerung haben, wenn du an Stonehenge denkst,
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dann denkst du an diese Steintore, zwei Poller und einen Stein obendrauf und
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dann wuchs diese Anlage ein bisschen zusammen, ein bisschen auseinander,
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also dieser erste Kreis mit den kleinen Steinen, mit blauen Steinen aus Wales,
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die waren, die Steine waren auch schon schwer, aber jetzt nicht so unerklärlich schwer.
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Dieser kleine Kreis wuchs dann zusammen, ein paar Steine gingen verloren,
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ein paar Steine sind in die Nachbarschaft gezogen.
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Also man findet Steine aus demselben Steinbruch in Grabkammern drumherum.
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Die letzte Phase, in der Stonehenge so betrieben wurde, wie wir es heute vermuten,
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die ist ungefähr, Moment, was war das?
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Vor 3600 Jahren war die Himmelsscheibe von Nebra und der letzte Ausbau Stonehenge
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war 800 Jahre vorher. also vor 4.400 Jahren von heute gerechnet. Genau, 2.400 Jahre vor.
Florian Clauß
0:38:54–0:38:59
Also quasi um 2.500 vor der Zeit.
Ali Hackalife
0:39:00–0:39:07
Auch das, ich schreibe in meinen Texten BC, aber es ist ja eine große Frage,
0:39:08–0:39:12
ob man BC oder BCI, VCH oder VUZ.
Florian Clauß
0:39:12–0:39:15
Ja, ich bin immer für Säkularisierung.
Ali Hackalife
0:39:15–0:39:21
Ja, aber das tust du ja nicht wirklich, denn BC before Christ und BCI before
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Common Era. Wo beginnt denn die Common Era? Erklär mal.
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An einem zufälligen Tag haben wir beschlossen, wir zählen jetzt hoch und herunter.
Florian Clauß
0:39:30–0:39:33
Aber es geht ja auch darum, den Namen nicht immer wieder zu wiederholen,
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sondern auch dann halt ein anderes Branding zu machen.
Ali Hackalife
0:39:37–0:39:43
Der hat Jehova gesagt. Ich würde sagen, es ist Quatsch, wenn deine Zählrichtung
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weiterhin dieselbe ist.
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Die Leute von In A Nutshell, der kurz gesagt erfolgreichste internationale deutsche
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YouTube-Kanal, Die haben vorgeschlagen, dass man anfängt, mit vor 12.000 Jahren zu zählen.
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Und dass vor 12.000 Jahren die ersten Agrarkulturen in Göbekli Tepe begonnen
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haben, in dem, was heute die Türkei ist.
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Und ihre Argumentation ist, wir leben dann halt heute im Jahr 12.025.
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Das heißt, du schreibst einfach vor, die Jahreszahl nochmal an 1, 10.000 Jahre mehr.
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Und dann ist dein Startpunkt bei, die Menschheit wird sesshaft.
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Was ja irgendwie ein ganz guter Punkt ist, um zu sagen, ab jetzt an lohnt es
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sich zu zählen. Weil wenn du als Jäger unterwegs bist, als Beutesammler,
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dann musst du nicht so viel zählen.
Florian Clauß
0:40:26–0:40:33
Und vor allen Dingen, das ist ja so das ausbringende Merkmal von vielen neolithischen Monumenten,
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dass die alle so kreisförmig sind, zyklisch sind, dass die immer so in Zyklen
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aufgehangen sind, dass die einen saisonalen Bezug haben.
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Ja, also eigentlich ist immer alles rund irgendwie.
Ali Hackalife
0:40:45–0:40:49
Ja, aber ein Kreis ist einfach eine Form. Also für einen Kreis brauche ich zwei
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Leute und ein Seil. Das ist relativ einfach zu machen.
Florian Clauß
0:40:53–0:40:55
Achso, zwei Leute und ein Seil.
Ali Hackalife
0:40:55–0:40:58
Du kannst sogar alleine mit einem Stein und einem Seil.
Florian Clauß
0:40:59–0:41:00
Einfach so drehen das so.
Ali Hackalife
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Also ich brauche irgendetwas, was eine konstante Länge hat und damit laufe ich
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um den Punkt in der Mitte und schon habe ich meinen Kreis.
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Und dementsprechend, dass es kreisförmig ist. Ich meine, wenn dein Leben bestimmt
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ist durch die Sonne und durch die Jahreszeiten, dann würde ich auch anfangen,
0:41:19–0:41:20
runde Dinge zu verehren.
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Denn alles, das warme Wetter, die neuen Pflanzen, die Tiere,
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alles kommt dadurch, dass...
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Gar nicht so weit weg ein Fusionsreaktor offen brennt.
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Und ich würde auch anfangen, runde Dinge zu verehren, wenn ich in einer neolithischen
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Kultur lebe. Ich finde, das ist noch der offensichtliche Teil.
Florian Clauß
0:41:38–0:41:42
Also als ich jetzt ein paar Dokumentationen zu dem Thema gesehen habe,
0:41:42–0:41:46
eine Sache, die mir da so aufgefallen ist, aber die nirgendwo so explizit gesagt
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wurde, wenn du anfängst, dann eben Ackerbau zu betreiben,
0:41:51–0:41:55
dann stößt du irgendwann auf diese Steine, diese Findlinge.
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Weil eben der Gletscher irgendwann mal durchgegangen ist und diese Steine überall
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in der Landschaft verteilt hat.
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Und wenn du nicht weißt, dass da vorhin ein Gletscher war, dann fängst du ja
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auch an zu glauben, was ist das denn? Wer hat das denn dahin gebracht?
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Und deswegen ist wahrscheinlich die Stone Age, das ist auch so auf diese Steine
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fixiert, weil die dann halt einfach überall rumlagen und keiner konnte sich
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erklären, wie die da hingekommen sind.
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Und deswegen fängt da auch so eine religiöse, mythische Aufladung an.
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Also so kann ich mir das nur erklären.
Ali Hackalife
0:42:23–0:42:28
Und wie gesagt, wir sehen, dass Stonehenge zur Sonne hin ausgerichtet ist,
0:42:28–0:42:34
aber diese ganzen Theorien über zeigt es genau auf den Aufgang bei Sommersonnenwende,
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Wintersonnenwende und so weiter.
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Da haben wir ein großes Problem. Wir wissen es nicht.
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So wie es heute steht, tut es das. Ja. Aber in den 1950er Jahren hat man,
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weil einerseits sind mit der Zeit und durch Erdbeben viele Steine umgefallen,
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in den 1950er Jahren hat man die Steine alle bewegt, unter vielen von ihnen
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ein Betonfundament gegossen und damit stehen die Steine heute,
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Einfach nicht mehr in derselben Orientierung. Und ich meine,
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es ist faszinierend da zu sein. Das ist gar nicht die Frage.
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Aber es nimmt im Ganzen irgendwie etwas Mythisches, wenn du weißt,
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so wie der jetzt da steht, steht der da, weil ein benzinbetriebener Kran ihn hochgehoben hat.
Florian Clauß
0:43:19–0:43:20
Das ist nicht original.
Ali Hackalife
0:43:21–0:43:24
Ja, und das ist so die Frage, warum ist mir das wichtig?
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Also hätte ich es nicht gewusst und wäre ich da gewesen, dann hätte ich einen
0:43:29–0:43:31
Respekt davor gehabt, der mir jetzt irgendwie fehlt.
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Und das Ding ist ja, das Erstaufbauen mit Muskelkraft ist und bleibt weiterhin total faszinierend.
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Also es ist halt so eigentlich eine totale Idee, die, wie ich sagen würde,
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Schnapsidee oder Bierlaune.
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Komm, wir gucken mal, ob wir diesen riesigen Stein aufstellen können.
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Und dann geht das und dann suchst du dir eine Begründung, warum du sagst,
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ja, ihr müsst jetzt hier leider Haselnüsse sammeln und die Feldarbeit alleine machen.
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Wir Männer, wir müssen jetzt eben mal weg mit dem Stein holen.
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Also das ist ja, ich finde, das ist eine gute Ausrede, aber das ist auch schon
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ein bisschen großer Quatsch.
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Und wenn man sich anschaut auf dem Weg zwischen Stonehenge und dem Steinbruch,
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aus dem die Steine kommen,
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ungefähr 20 Meilen, also 36 Kilometer um den Dreh, weg, auf dem Weg dahin liegen
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auch noch ein paar Steine, die vermutlich aus dem selben Bauprojekt kommen und
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die halt nicht zu Ende geschleppt wurden.
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Und es liegen auch im Steinbruch noch Steine, die rausgekloppt wurden,
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aber nicht mehr bewegt. Das heißt, die Kommunikation war auch nicht gut genug,
0:44:25–0:44:27
um zu sagen, der ist jetzt angekommen, wir brauchen noch einen, das reicht.
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Also da ist super viel Zeit reingegangen in einer Gesellschaft,
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bei der Zeit eigentlich viel gebraucht wurde, um zu überleben.
Florian Clauß
0:44:37–0:44:41
Ja, ich meine aber generell ist ja auch die Frage, warum haben die das da gebaut
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und ist es denn halt tatsächlich so etwas Effektives gewesen?
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Also ich habe gehört, dass als es dann fertig war, sind die einfach auseinandergegangen
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und haben es so stehen lassen. Genau, es ist keine Siedlungsgebende. Ende, so tschüss.
Ali Hackalife
0:44:54–0:44:57
Das ist so das Ding. Also es gibt keine Besiedlung, die dort stattfand.
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Und es gibt, also es gab Funde von insgesamt 63 Individuen, die dort verscharrt waren.
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Aber bei denen auch unklar ist, nach welchem Kriterium. Also da waren Erwachsene,
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da waren Kinder bei, Männer, Frauen.
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Also es gab kein konkretes Kriterium, an dem man sagen konnte,
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also wären es zum Beispiel nur ältere Männer mit schweren Knochenbrüchen.
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Dann könntest du sagen, hier liegen wichtige Krieger.
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Oder werden es überwiegend Kinder und Frauen, dann könntest du sagen,
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das sind die, die den wichtigen Personen wichtig waren.
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Aber so dadurch, dass dort im Prinzip demografisch einmal alles liegt, wissen wir es nicht.
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Und dazu kommt, dass in den 50er Jahren die Archäologen, die dort die Fundamente
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gegraben haben, erstmal alle Knochen in den Knochenberg geworfen haben und einen
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großen Haufen mit allen Knochen, die wir gefunden haben, erstellt haben.
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Und das hat in den 80er und 90er Jahren dann wirklich viel Arbeit gebraucht,
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bis man die Knochen wieder zusammen puzzeln konnte und sagen,
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wie viele Leute da überhaupt gefunden wurden.
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Das ist wild durcheinander. Und vor allem, wir wissen, dass die Leute,
0:45:54–0:46:00
die dort gelebt haben, die hatten den großen Vorteil von Upfront Energy,
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heißt das in der Archäologie.
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Also, dass du in einem Umfeld lebst, wo du Nahrung zu dir nehmen kannst,
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deren Zubereitung wenig Energie braucht.
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Und das heißt zum Beispiel, wenn du Walnüsse sammelst oder Haselnüsse,
0:46:11–0:46:15
wie im Fall von Stonehenge, und du hast einen großen Vorrat Haselnüsse,
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dann kann ich mehr Haselnüsse sammeln, als es mich braucht, als Energie braucht,
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die zusammenzubringen.
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Das heißt, ich kann dich versorgen, während du dich um etwas anderes kümmerst.
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Und das ist beeindruckend, weil das eigentlich erst dann nach dem.
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Agrarkulturellen Revolution passiert, dass Menschen regelmäßig mit Upfront-Energy
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leben und Dinge bauen können.
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Also warum die Ägypter ihre Pyramiden bauen konnten, liegt halt auch daran,
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dass sie mehr Energie gewinnen konnten durchs Andenbauen von Essen und durchs
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Zusammentragen von Essen, als es gebraucht ist.
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Also das Brauchen zum Zusammentragen war nicht so viel wie das,
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was sie aufgenommen haben. Und dadurch konnte man sich dann leisten,
0:46:49–0:46:50
entsprechende Handwerker zu haben.
Florian Clauß
0:46:51–0:46:56
Ja, genau. Also da sind wir ja wieder bei Theorization. Und auch beim Kochen
0:46:56–0:47:01
und Essen. Also klar, du hast einen Energieüberschuss, kannst den Energieüberschuss
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dann irgendwo gesellschaftlich verwalten und dann fängst du an, so Sachen zu bauen.
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Was ich auch gehört habe, ist, dass so wie man das jetzt, diese Ausgrabung,
0:47:11–0:47:16
es gab diesen Ort, der dann auch so, ich weiß nicht, ein paar Kilometer, Meilen...
Ali Hackalife
0:47:16–0:47:16
Avonbury.
Florian Clauß
0:47:16–0:47:21
Genau, wo dann anfangs wurde angenommen, das ist so eine Sklavenarbeit,
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ähnlich wie bei den Pyramiden, wo ein streng hierarchisches Faron-System,
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die Leute dazu gezwungen hat, diese Bauten zu machen.
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Bei Stonehenge geht man davon aus, dass es auf einer freiwilligen Basis passiert
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ist. Und dieses Dorf, was sie da gefunden hat, auch riesig groß ist.
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Da konnten so 4.000 bis 5.000 Menschen wohl wohnen.
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Und dass die aber so gebaut waren, dass es nicht wirklich eine Hierarchie gab.
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Es gab dann vier größere Häuser, die in der Mitte von diesem Dorf stehen,
0:47:51–0:47:54
wovon ausgegangen wird, dass es dann so die Stammesführer waren.
0:47:54–0:47:58
Aber es wurde nicht unterschieden bei den anderen. Es gab nicht so ein irakisches System.
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Später dann, als Stonehenge dann quasi in dieser neolithischen Phase dann fertig
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gebaut wurde und dann 500 Jahre später sind diese Hühnengräber da in der Nähe
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entstanden, wo dann im Prinzip auch da...
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Leute begraben waren, aber die hatten dann halt auch so Grabbeilagen und so
0:48:16–0:48:21
weiter drin, dass es darauf geschlossen werden konnte, dass das eher Hörgestellte waren.
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Also da fing es schon an mit der Kupferzeit und so weiter.
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Bei Bronze Zeit, dass die dann halt auch da so Grabbeilagen hatten und so weiter.
0:48:30–0:48:34
Also es ist so ein stetiger Bedeutungswandel, der dann auch da und dagegen passiert.
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Dann kommt man irgendwo als Kultur dahin.
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Also ich weiß nicht genau diese Kultur, die Stonehenge aufgebaut haben.
Ali Hackalife
0:48:41–0:48:44
Die Windmill Hill Culture war das.
Florian Clauß
0:48:44–0:48:45
Die Glockenbecher.
Ali Hackalife
0:48:45–0:48:48
Nee, Windmill Hill waren die, die den Graben ausgehoben haben.
Florian Clauß
0:48:49–0:48:52
Die finde ich auch so geil, als wenn man die nachher an den Artefakten benennt.
Ali Hackalife
0:48:53–0:48:58
Ja, also Windmill Hill heißt nicht nach einem Fundort, sondern nach einem Fundort so.
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Genauso wie die Michelbacher oder die Ornitizer Kultur nicht an Objekten benannt
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werden, sondern nach Fundorten für kulturverbindende Gemeinschaften,
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die man dort ausgegraben hat.
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Also Windmill Hill hat als Erste angefangen und hat diesen Graben ausgehoben.
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Die, die dann das Henge gebaut haben, Stonehenge, ein Henge aus Steinen,
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ist das eine, aber es gibt auch Woodhenges.
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Zum Beispiel in Pömmeltill in Sachsen-Anhalt, da haben sie ein großes Woodhenge
0:49:26–0:49:29
gefunden, also einen Holzpfahlkreis.
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Und bei der zweiten Stufe, also als man dann angefangen hat,
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diese Saarzen dort aufzubauen, das war Beaker-Culture, also die Becher- bzw.
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Glockenbecher-Kulturen.
Florian Clauß
0:49:38–0:49:38
Ja.
Ali Hackalife
0:49:39–0:49:45
Da ist aber auch so ein bisschen das Ding, wir wissen, dass die viel Zeit dafür gebraucht haben.
0:49:45–0:49:48
Also in 800 Jahren wechseln die Kulturen schon mal durch.
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In Zentraleuropa auf dem europäischen Festland würde man dann wieder unterscheiden
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zwischen Schnurrbandkeramik, Linearbandkeramiker und dann gibt es neben dem
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Glockenbecher auch den Becher mit Füßen und so weiter. und nach denen teilt
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man dann Kulturen nochmal ein. Also es gibt Füßchenbecher.
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Und da wissen wir halt aus den Funden der Gräber, von denen,
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wie ich gerade sagte, 63 Individuen, das war dann Beaker-Culture.
0:50:13–0:50:16
Aber in der Beaker-Culture, also in der Becherkultur, ist die Frage,
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welcher Bechertyp, durchaus umstritten, weil es halt viele Jahrhunderte gesauert hat.
Florian Clauß
0:50:22–0:50:24
Da kann man schon mal so einen Becher variieren.
Ali Hackalife
0:50:24–0:50:32
Ja, die letzte Ausbauphase war, ich glaube, Willex-Culture, weil Funde bei Willicks
0:50:32–0:50:34
für die Epoche führend sind.
0:50:34–0:50:39
Und in der Nähe gibt es, wie gesagt, Avebury. Das ist die größte europäische
0:50:39–0:50:42
menschengemachte geografische Veränderung.
0:50:43–0:50:47
Also aus dem Neolithikum. Das ist ein 39 Meter hoher Berg.
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Und es ist unklar, wofür er gebaut wurde. Es gab jetzt mehrere Scans und man
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hat im Boden nichts gefunden. Das heißt, es ist kein Grabhügel vermutlich.
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Er war nicht besiedelt. Das heißt, es war auch keine Festung.
0:50:58–0:51:03
Und die Frage ist, wofür bauen Menschen im Schweiß ihres Angesichts einen riesigen Jügel?
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Ja, und es gibt drumherum Grabhügel. Und dann gibt es natürlich auch die Ideen
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von wegen, was ist, wenn sie den einen Grabhügel ihrer Gottheit gewidmet haben
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oder so und man deswegen dort kein Grab vor Ort finden kann,
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weil es etwas Mythisches hat.
0:51:19–0:51:25
Aber gilt bis heute als eines der größten, ungelösten Mysterien der europäischen
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Ethnologie und Archäologie, warum da dieser Hügel ist, der eindeutig menschgemacht
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ist, aber man weiß nicht warum.
0:51:30–0:51:34
Und wenn man auf ihm steht, dann kann man im Umland andere Grabhügel sehen,
0:51:34–0:51:37
aber er hat jetzt keine so prominente Position, dass klar ist,
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das ist ein Observatorium, weil dafür reichen die paar Meter nicht.
0:51:40–0:51:46
Also wir sehen, dass im südamerikanischen Regenwald, da gibt es Observatorien,
0:51:46–0:51:50
die gebaut wurden, damit man aus der Baumdecke, aus der Laubdecke raus konnte in den Himmel gucken.
0:51:51–0:51:54
Und das macht halt keinen Sinn, wenn du auf einer platten Ebene bist.
Florian Clauß
0:51:56–0:52:03
Ja, interessant. Aber ich meine, das ist ja sowieso bei so Monumenten eben bei
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Kulturen, die nicht wirklich Schrift hinterlassen.
0:52:05–0:52:10
Da gibt es ja einen ständigen Bedeutungswandel.
0:52:10–0:52:13
Steht da wahrscheinlich auch, wenn andere Kulturen, wenn die eine dann weitergezogen
0:52:13–0:52:16
oder ausgestorben ist, kommen andere Kulturen, die fangen dann auch an.
0:52:16–0:52:20
Haben dieses Framework Stonehenge aufgebaut und denken auch,
0:52:20–0:52:23
okay, jetzt machen wir halt unser Ding da raus.
0:52:23–0:52:26
Erstmal die Frage, ich meine, das ist ja so Archäologie, ist ja nichts anderes
0:52:26–0:52:29
als, jetzt mal so platt gesprochen, Reverse Engineering.
0:52:29–0:52:33
Du musst ja dann irgendwie, du hast ein System, das ist dann überlagert von
0:52:33–0:52:37
Artefakten und von Zeitschichten, die musst du ja irgendwie auseinander friemeln
0:52:37–0:52:40
und kannst dann Bedeutung irgendwo reinlesen.
0:52:40–0:52:45
Das ist ja so ein Ding, sich das zu erschließen, so ein Kulturkontext.
0:52:45–0:52:48
Aber ich meine, wenn man dann auch selber, wenn man weiter zurückgeht in die
0:52:48–0:52:51
Geschichte, es ist ja auch so ähnlich, kommt eine Kultur.
0:52:51–0:52:56
Und die haben wahrscheinlich was ganz anderes, als dann die nach den Glottenbecher
0:52:56–0:53:01
Kulturen, als die gekommen sind, die haben ja auch wahrscheinlich keine Bedienungsanleitung
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von Stonehenge irgendwo gefunden,
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sondern ihr Ding draus gemacht und haben dann auch angefangen umzuformen.
0:53:06–0:53:10
Und jetzt kommen wir zu deiner eigentlichen Entrüstung. Ja,
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dass du das jetzt nicht so authentisch fandst, weil da in den 50ern halt die
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Steine so gebaut wurden, dass es sie nach der Sonnenwende ausrichtet und dass
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es überhaupt nicht der ursprüngliche Effekt von diesem Monument war.
0:53:23–0:53:24
Aber ist es dann nicht egal?
Ali Hackalife
0:53:26–0:53:31
Nun, wir können uns die Frage stellen, hat irgendetwas einen Wert? Aber das hilft ja nicht.
0:53:32–0:53:37
Also ist es wichtig zu wissen, warum diese Steine dort stehen, wie sie stehen?
0:53:37–0:53:40
Nein. Ist es interessant? Ja, okay.
0:53:41–0:53:49
Und ich finde spannend, einerseits die Craftmanship, also wie man diese Steine
0:53:49–0:53:50
aufgebaut und aufgerichtet hat,
0:53:51–0:53:57
die ist ganz faszinierend, weil mittlerweile relativ gut nachgeforscht ist mit
0:53:57–0:54:00
Experimentalarchäologie, wie man halt so große Steine bewegt.
0:54:00–0:54:03
Und dass du die nicht, also es gibt die lange Zeit, gab es die Theorie,
0:54:04–0:54:10
dass man über Holz, über Stämme gerollt hat, aber im Moment und das ist auch, wozu ich tendiere,
0:54:10–0:54:17
Pivot Points, also dass du einen Gegenstand, einen Stamm, einen Stein unter
0:54:17–0:54:21
diesen großen Stein bringst und dann im Prinzip durchs Hebeln den Stein anhebst
0:54:21–0:54:25
und um diesen Punkt, auf dem er pivotet, auf dem er balanciert, drehen kannst.
Florian Clauß
0:54:25–0:54:29
Also Schwerpunkt, also Hebel, also quasi Verlagerung.
Ali Hackalife
0:54:29–0:54:35
Ja. Und also finde ich jetzt erstmal eine recht interessante und plausible These,
0:54:35–0:54:39
weil wenn du dir die Gegend anschaust, durch die sie die Steine gebracht haben,
0:54:39–0:54:43
dann ist das viel Marschland, wo ich vermuten würde, dass da einfach der Stein
0:54:43–0:54:44
sofort einsinkt, wenn du ihn ziehst.
0:54:44–0:54:48
Es ist ja spannend, sich Gedanken zu machen, wie bewegt man diese Steine.
0:54:48–0:54:51
Und da hat die Ägyptologie mittlerweile viele Erkenntnisse zu,
0:54:51–0:54:55
die man eins zu eins auch übernehmen kann, die auch plausibel aussehen.
0:54:55–0:55:01
Aber das erste Mal, dass die Steine schriftlich auftauchen, ist, ich glaube, im 12.
0:55:01–0:55:06
Jahrhundert in einer Geschichtserzählung über den Magier Merlin.
0:55:06–0:55:14
In der ältesten Aufzeichnung einem Kodex, der die Geschichte Schottlands und Englands beschreibt.
0:55:14–0:55:18
Da erklärt Merlin, dass Stonehenge von Riesen aufgebaut wurde,
0:55:18–0:55:24
was ja nett von den Riesen ist, und gibt aber auch keinen Kontext wofür, warum und überhaupt.
0:55:26–0:55:31
Jetzt, während ich da war, überschnitt sich das mit dem kalendarischen Frühlingsanfang.
0:55:31–0:55:34
Und entsprechend waren sehr viele Esoteriker dort vor Ort.
Florian Clauß
0:55:35–0:55:36
Du warst zur Sonnenwende da?
Ali Hackalife
0:55:36–0:55:36
Ja.
Florian Clauß
0:55:37–0:55:40
Nein, zum Tag-Nacht-Gleiche.
Ali Hackalife
0:55:41–0:55:46
Ja. Und da waren viele Esoteriker da, ihre Haltsteine aufladen und was man halt so macht.
Florian Clauß
0:55:47–0:55:49
Hast du da auch ein Relikt mitgebracht?
Ali Hackalife
0:55:51–0:55:51
Also.
Florian Clauß
0:55:52–0:55:55
Kann man eigentlich da direkt auf die Steine, also ist es so,
0:55:55–0:55:58
dass du da hingehen kannst, kannst und deine Stirn drauflegen kannst.
Ali Hackalife
0:55:59–0:56:03
Also, es gab in den 60er Jahren das Free Stonehenge Festival.
0:56:04–0:56:08
Da sind die Hippies direkt da drangegangen und haben Musik zwischen den Steinen
0:56:08–0:56:11
gemacht und haben getanzt. Finde ich mega cool, würde ich auch gerne.
0:56:11–0:56:14
Dann verkleide ich mich auch gerne als Hippie. Ich glaube, ich könnte es schaffen,
0:56:14–0:56:15
da optisch reinzupassen.
0:56:16–0:56:21
Und dann gab es in den letzten Jahren halt für dieses Besucherzentrum einen
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Ring mit ziemlich viel Abstand, einen Weg, wie man um diese ganze Anlage laufen
0:56:25–0:56:29
konnte. Aber da warst du 20, 30 Meter weg von den Steinen.
0:56:30–0:56:34
Und jetzt gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit, mit einem Weg näher ranzugehen
0:56:34–0:56:35
auf 10 Meter an die Steine.
0:56:36–0:56:40
Aber es steht da für Wachtpersonal, denn die Leute von der letzten Generation,
0:56:41–0:56:45
nee, Extinction Rebellion, irgendeine dieser Umweltgruppen, die haben vor gar
0:56:45–0:56:47
nicht so langer Zeit die Steine mit Farbe besprüht.
0:56:48–0:56:51
Und deswegen ist da gerade immer noch High Alert. Und ich denke mir,
0:56:52–0:56:53
das sind ja sehr robuste Steine.
0:56:54–0:56:58
Ich wäre auch bereit, meinen Rucksack abzugeben und ohne Wasserflasche dorthin
0:56:58–0:57:01
zu gehen, wenn ich mal wirklich dazwischen durchlaufen könnte.
0:57:01–0:57:06
Aber ich glaube, das haben sie nicht so gerne. Alleine die in den 50er-Jahren
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gegossenen Fundamente sind jetzt künstlich mit Rasen bepflanzt,
0:57:09–0:57:10
damit du sie nicht siehst.
0:57:11–0:57:13
Also für die Illusion braucht es ein bisschen Abstand.
Florian Clauß
0:57:14–0:57:14
Ja.
Ali Hackalife
0:57:15–0:57:19
Apropos, für die Illusion braucht es ein bisschen Abstand. Und wir nähern uns
0:57:19–0:57:24
wieder den Häusern vom Regierungsviertel, oder?
Florian Clauß
0:57:24–0:57:26
Ja, das ist tatsächlich die Häuser,
0:57:26–0:57:32
die für die Familien der Regierungsviertelangestellten gebaut wurden.
0:57:32–0:57:35
Das ist da direkt an der S-Bahn-Trasse.
0:57:36–0:57:40
Und das ist so dieses S-förmige, schmengelt sich diese Linie lang.
0:57:40–0:57:45
Also es sind noch keine offiziellen Gebäude, aber es wurde so ein Zeitraum 2000er gebaut.
Ali Hackalife
0:57:45–0:57:50
Das neue Bundeskanzleramt, das geplant ist, mit Hubschrauberlandeplatz und vor
0:57:50–0:57:51
allem Gebäudeverlängerung.
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Das sieht dann ja aus wie ein großes J.
0:57:54–0:57:56
Ich weiß nicht, ob du da mal Bauskizzen von gesehen hast.
Florian Clauß
0:57:56–0:57:57
Nee, hab ich nicht.
Ali Hackalife
0:57:57–0:58:00
Das war auch so eine der Sachen. Wolfgang Schäuble ist ja nun nicht mehr,
0:58:01–0:58:04
aber er war immer sehr dagegen, weil er ja generell, also eine seiner Missionen
0:58:04–0:58:06
war, der Bundestag soll nicht noch größer werden.
0:58:06–0:58:11
Und er meinte, mehr Parlamentsgebäude, das verleitet dazu dann noch mehr Mitarbeiter zu haben.
0:58:13–0:58:17
Und Deutschland hatte ja nach der Volksrepublik China das größte Parlament.
Florian Clauß
0:58:18–0:58:23
Ja, aber Merlin und die Riesen. Da waren wir ja zuletzt.
Ali Hackalife
0:58:23–0:58:29
Apropos historische Dinge erhalten. Im Reichstagsgebäude sind noch die Graffiti
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von den Rotarmisten, die damals Berlin befreit haben.
0:58:33–0:58:38
Und es stehen dort noch auf Kyrill die Namen der Leute, die sich da verewigt haben.
0:58:38–0:58:42
Und das wiederum finde ich cool, dass die dieses Graffiti trotz Renovierung dort gelassen haben.
Florian Clauß
0:58:42–0:58:47
Das ist ja auch so, dass du die Einschusskerben an den historischen Gebäuden
0:58:47–0:58:49
hast ja auch noch so erhalten.
0:58:50–0:58:55
Diese letzte Schlacht um Berlin, da sind ja auch am Ende, glaube ich,
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über 150.000 Soldaten noch gestorben in diesem Kampf.
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Und das sowjetische Ehrendenkmal, glaube ich, da haben das gestriffen,
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sind nicht direkt dann vorbeigelaufen, wo dieser Panzer davor.
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Genau, und das haben die Sowjeten damals direkt quasi noch 1945 hingebaut,
0:59:16–0:59:20
zum Gedenken an die letzte Schlacht, wo 80.000 Rotarmüsten gestorben sind.
0:59:20–0:59:25
Und das war genau an der Stelle, wo diese Achse durchlaufen sollte.
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Das fand ich auch nochmal so ein Blocker dahin.
0:59:27–0:59:32
Fand ich auch nochmal einen ganz guten symbolischen Akt, da halt so einen Akzent
0:59:32–0:59:35
zu setzen und zu sagen, nee, geht halt nicht.
Ali Hackalife
0:59:36–0:59:42
Ich habe vor kurzem die Guido-Knopf-Biografie über Goebbels,
0:59:43–0:59:44
Josef Goebbels gelesen.
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Das Ding ist, wenn man sich immer mal wieder mit den verschiedenen Personen
0:59:49–0:59:53
befasst, die um Hitler in den letzten Jahren rumschwirren.
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Also Theodor Morel, sein Arzt, Traudel Junge, seine Sekretärin,
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Linge, der Leibwächter und dann Familie Goebbels, Josef und Magda Goebbels,
1:00:02–1:00:03
die auch noch im Führerbunker waren.
1:00:03–1:00:09
Ich habe mittlerweile von so vielen von denen Biografien und Werke gelesen,
1:00:09–1:00:11
also teilweise Autobiografie, teilweise Werke über sie.
1:00:15–1:00:18
Und nachdem ich Normen-Ola da hatte, sehe ich das Ganze ja dann immer ein bisschen
1:00:18–1:00:22
anders mit dem unfassbaren Medikamentenkonsum, der dort betrieben wurde.
1:00:22–1:00:26
Und ich bin schwer überrascht, dass das so eine Perspektive ist,
1:00:26–1:00:30
die so wenig im öffentlichen Geschichtsbewusstsein stattfindet.
1:00:30–1:00:35
Also wenn du dir die Schlacht um Berlin anschaust, wo sie Goebbels auf dem Weg
1:00:35–1:00:39
durch Berlin macht noch eine Fahrt von der Reichskanzlei zum Wendlerblock und
1:00:39–1:00:43
trifft währenddessen, weil Luftalarm ist, in mehreren Bunkern auf die Leute.
1:00:44–1:00:46
Und obwohl gerade alle in diesen Bunkern sitzen und das ist klar,
1:00:46–1:00:50
Berlin fällt, ist er immer noch der Liebling der Bevölkerung,
1:00:50–1:00:53
macht Witze, dass er ja gesagt hat, wenn jemals auf Berlin eine Bombe fällt,
1:00:53–1:00:54
dann möchte er Meier heißen.
1:00:55–1:00:58
Und dann kommt er in den Bunkern und begrüßt alle mit, guten Tag, Meier mein Name.
1:00:58–1:01:03
Also es ist so absurd, was Menschen, also du sitzt in diesem Bunker und du hattest
1:01:03–1:01:06
jede Berechtigung zu sagen, diese Regierung hat einen Scheiß gemacht,
1:01:06–1:01:09
hat alle ins Verderben gestürzt und die Leute klönen dann trotzdem noch mit
1:01:09–1:01:12
ihm. Ein Schnäpschen auf dem Weg zum nächsten Bunker.
1:01:12–1:01:17
Und diese Galgenhumor-Stimmung in den letzten Kriegstage ist etwas,
1:01:17–1:01:19
was sich mir völlig nicht erschließt.
Florian Clauß
1:01:20–1:01:25
Ja, absolut nachvollziehbar. Also es ist nicht, ich weiß nicht,
1:01:25–1:01:28
man kann es wirklich nicht beschreiben, was da menschlich vor sich gehen muss,
1:01:29–1:01:30
um an so einem Punkt zu sein.
Ali Hackalife
1:01:30–1:01:35
Ja, wenn du weißt, wir haben in jeder Form moralisch, strategisch,
1:01:35–1:01:38
menschlich verloren, aber wir machen jetzt einfach weiter.
1:01:39–1:01:43
Also auch das Traudl Junge, die Sekretärin, hat die Anweisung bekommen,
1:01:43–1:01:46
dass sie noch mit der Goebbels-Familie fliehen könnte aus Berlin.
1:01:46–1:01:51
Es gab eine Maschine, mit der man noch nach Süddeutschland fliegen wollte.
1:01:51–1:01:56
Also Flugzeug war da und Josef Goebbels war ja im Ersten Weltkrieg auch erfolgreicher
1:01:56–1:02:00
Pilot und hat sich immer damit geschmückt, dass er ja auch die Luftwaffe unter
1:02:00–1:02:02
seiner Kontrolle hatte, er das Fliegerass.
1:02:02–1:02:04
Das heißt, es hätte Mittel und Wege gegeben rauszufliegen und dann sagt Familie
1:02:04–1:02:08
Goebbels, nein, wir wollen zusammen mit unserem Führer hier unten im Bunker sterben.
1:02:09–1:02:13
Komm, Theodor Morell, bitte vergifte unsere Kinder, damit die nicht mitbekommen, wenn wir uns töten.
Florian Clauß
1:02:13–1:02:19
Da muss ja so eine Affinität zum Tod und zum Verderben, die ist ja so implementiert in dem System.
1:02:19–1:02:23
Das heißt, es ist ja auch dann nicht verwundernswert, dass die dann halt auch
1:02:23–1:02:27
überhaupt nicht nach normalen, menschlichen Entscheidungen dann irgendwelche
1:02:27–1:02:27
Entscheidungen fallen.
1:02:28–1:02:32
Wir hatten eine Eigentlich-Folge, eine Doppelfolge über den Laser-Film.
1:02:34–1:02:36
Wie heißt der noch, der letzte? Jetzt komme ich nicht drauf.
Ali Hackalife
1:02:36–1:02:39
Ah, Zone of Interest.
Florian Clauß
1:02:39–1:02:45
Genau, Zone of Interest. Zone of Interest ist quasi das Interessensgebiet um eine ganze Zeit.
1:02:45–1:02:52
Und wir hatten dann auch die Folge begonnen auf dem jüdischen Mahnmal.
1:02:53–1:02:59
In den 90ern gab es halt auch diese Debatte, jetzt auch wieder so Kultur und so, Berlin-Mitte.
1:02:59–1:03:03
Wo kommt dieses Mahnmal hin und was kann man machen? Da gab es verschiedene Ausschreibungen.
1:03:03–1:03:05
Und eine Ausschreibung, die fand ich eigentlich auch so,
1:03:06–1:03:13
clever, auch von wegen Umdeutung. Ein Entwurf war eben, dass man nicht was hinzubaut, sondern was wegnimmt.
1:03:14–1:03:18
Und das Wegnehmen war, dass man die beiden zentralen, also die mittleren Säulen
1:03:18–1:03:20
des Brandenburger Tors ausbaut.
1:03:21–1:03:24
Und das war, um halt was Fehlendes zu demonstrieren.
1:03:24–1:03:29
Und das fand ich eigentlich einen total guten Entwurf, so damit umzugehen mit
1:03:29–1:03:31
Geschichte, dass du was wirklich wegnimmst, ja.
Ali Hackalife
1:03:31–1:03:36
Ich war letztens das erste Mal in Weimar und ich muss ganz ehrlich sagen,
1:03:36–1:03:38
Weimar ist eine total erdrückende Stadt.
1:03:38–1:03:41
Also alles atmet Geschichte, alles atmet schwere Geschichte.
1:03:42–1:03:44
In der Nähe ist Buchenwald, das heißt der Platz, Buchenwaldplatz,
1:03:44–1:03:49
da stehen große schwarz-weiß Schraffur Bilder von Leuten, die dort deportiert wurden.
1:03:49–1:03:53
Alle Ecken haben historisch besondere Namen und ich finde Erinnerungskultur wichtig.
1:03:53–1:03:58
Aber ich glaube, wenn du jeden Tag auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit,
1:03:58–1:04:00
was auch immer, daran vorbeifährst und in diese Gesichter schaust,
1:04:01–1:04:03
wirst du nicht geschichtsbewusster, sondern du wirst blind dafür und siehst
1:04:03–1:04:04
es irgendwann nicht mehr.
1:04:05–1:04:09
Und ich habe in Weimar das Gefühl gehabt, man merkt so einen Hauch von Bedeutung,
1:04:10–1:04:11
den diese Stadt mal hatte, der ist komplett weg.
1:04:12–1:04:14
Ich war da und ich wollte um 8.30 Uhr noch Abendessen gehen.
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Und 8.30 Uhr ist jetzt noch, also in Berlin machen da die meisten Lokale erst
1:04:18–1:04:22
auf. Und in Weimar war einfach der Bürgersteig hochgekleppt, es gab nichts mehr.
Florian Clauß
1:04:24–1:04:26
Und dann vor allem nichts Vegetarisches.
Ali Hackalife
1:04:26–1:04:31
Ich finde den Spagat total schwer zwischen, wie schaffe ich es,
1:04:31–1:04:35
historisches Bewusstsein zu schaffen, dass die Leute aktiv wahrnehmen und wann
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ist es vielleicht zu viel.
1:04:38–1:04:40
Und ich habe in Weimar das Gefühl, es ist zu dicht zugestellt.
1:04:40–1:04:44
Also man nimmt das Einzelne gar nicht mehr wahr. Und wenn du vom Hiroshimaplatz
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zum Buchenwaldplatz gehst und du gehst von einem Grauen zum nächsten,
1:04:49–1:04:52
also ich möchte nicht sagen beliebig, weil das so ein unschönes Wort ist,
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aber es hat nicht mehr die Gravitas, die es eigentlich haben sollte.
Florian Clauß
1:04:56–1:05:00
Ja, verstehe. Ja, obwohl ich das mal für die ermordeten Juden,
1:05:01–1:05:04
also es hat nicht so einen grauen Faktor, sondern es hat einen Erlebnisfaktor.
1:05:04–1:05:06
Das finde ich glumm, einfach das.
1:05:07–1:05:11
Und die Idee jetzt, tatsächlich diese mittleren Säulen des Brandenburger Tors
1:05:11–1:05:14
wegzunehmen, das wäre wahrscheinlich, sieht sich das dann auch irgendwann glatt.
1:05:15–1:05:19
Du wirst dann auch irgendwann vorbeigehen und dann nicht mehr merken, dass da was fehlt.
1:05:19–1:05:23
Aber vielleicht eine gewisse Irritation bleibt, wo du dann denkst du,
1:05:23–1:05:25
Moment, das war doch mal anders.
1:05:26–1:05:29
Und ich glaube, dieser Moment, das ist schön, ich weiß gar nicht,
1:05:29–1:05:32
ich glaube, wir müssen hier hineingehen, um zu dem Uferweg zu kommen.
Ali Hackalife
1:05:33–1:05:34
Da ist das Kanzleramt wieder, oder?
Florian Clauß
1:05:35–1:05:38
Da ist das Kanzleramt und hier ist der Uferweg. Aber das fand ich so einen ganz
1:05:38–1:05:40
schönen... Was die Leute jetzt nicht sehen.
Ali Hackalife
1:05:41–1:05:43
Wir klettern illegal auf ein Baugerüst.
Florian Clauß
1:05:44–1:05:46
Überhaupt nicht. Das ist total lauber.
Ali Hackalife
1:05:46–1:05:51
So hat ein Seil mitgebracht. Hier ist ein Nicht-Durchgehen-Schild.
Florian Clauß
1:05:51–1:05:52
Das sieht man ja im Podcast nicht.
Ali Hackalife
1:05:53–1:05:58
Jetzt sind wir über den Dächern Berlins. Im Geben von Pressspan laufen wir über
1:05:58–1:06:01
ein Baugerüst, das den Weg über die Spree führt.
Florian Clauß
1:06:02–1:06:03
Aber wir kommen gleich.
1:06:04–1:06:08
Rückseite zum Kanzleramt, zu der Waschmaschine, wie du schon gesagt hast.
1:06:09–1:06:10
Es steht jetzt eigentlich leer.
1:06:11–1:06:16
Das Kanzleramt? Ja, naja, gibt es jetzt schon? Nee, offiziell gehört es noch.
Ali Hackalife
1:06:17–1:06:22
Der Koalitionsvertrag steht seit gestern. Und Friedrich Merz hat erst,
1:06:22–1:06:27
wenn er als Kanzler ins Amt eingeschworen wird, so war ihm Gott helfe.
Florian Clauß
1:06:27–1:06:29
Wird er wohl sagen müssen.
Ali Hackalife
1:06:29–1:06:34
Bei der vorletzten Vereidigung Corona, also die Regierung, die dann durch Corona
1:06:34–1:06:36
musste, die große Koalition,
1:06:37–1:06:42
also die, unter der Jens Spahn Gesundheitsminister wurde, da haben noch zwölf
1:06:42–1:06:46
der 16, nee, da haben acht der 16 Minister auf die Bibel geschworen.
1:06:47–1:06:52
Und jetzt bei der Ampel haben zwölf von 16 Ministern auf die Bibel geschworen.
Florian Clauß
1:06:52–1:06:53
Und es waren Grüne dabei.
Ali Hackalife
1:06:55–1:07:00
Und da denke ich mir immer, ich bin kein gläubiger Mensch, aber wenn du da stehst
1:07:00–1:07:04
und sie halten dir diese Bibel hin, wie groß ist der Impuls zu sagen,
1:07:04–1:07:06
na gut, ich mache es trotzdem, die Leute wollen das.
1:07:07–1:07:11
Also die meisten von denen, die geschworen haben mit der Hand auf der Bibel,
1:07:11–1:07:12
haben ja eh keine Ahnung, was drinsteht.
1:07:13–1:07:15
Es ist ja mehr so ein Symbol.
Florian Clauß
1:07:16–1:07:20
Also das heißt, du kannst es nachvollziehen, dass es noch so ein hoher Anteil ist.
Ali Hackalife
1:07:21–1:07:24
Stell dir das doch mal fest, du stehst da, vor dir steht Frank-Walter Steinmeier
1:07:24–1:07:28
und neben ihm steht ein Saaldiener mit seinem Frack und er hält eine Bibel hin
1:07:28–1:07:31
und dann sagt der Steinmeier, hier ist Ihre Urkunde,
1:07:32–1:07:37
Flo, Sie werden jetzt Minister für Podcasts, das sprechen Sie mir bitte nach
1:07:37–1:07:41
und dann legst du den Anzeiten ab, also dann dem Saaldiener zu sagen,
1:07:41–1:07:43
nee, nee, passt schon, ich glaube,
1:07:43–1:07:45
ich könnte das nicht, ich würde aus Verlegenheit meine Hand drauflegen.
Florian Clauß
1:07:45–1:07:48
Genau, ich würde es hier irgendwo abstützen, aber ich meine,
1:07:48–1:07:52
das wäre doch genauso symbolisch, Das ist doch nicht mal ein Akt des Widerstandes,
1:07:52–1:07:55
da nicht die Hand drauf zu legen, sondern auch nicht mal so wie mit Turnschuhen
1:07:55–1:07:58
ins Gebäude, ins Parlamentsgebäude zu legen.
Ali Hackalife
1:07:58–1:08:01
Das fand ich einen guten Post der Titanic. Cem Özdemir ist damals mit seiner
1:08:01–1:08:04
Ministerurkunde mit dem Fahrrad gefahren.
1:08:04–1:08:07
Und es gab ein Foto, wie er halt hinten auf dem Gepäckträger das Dokument in
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einer Dokumententasche verstaut hatte.
1:08:09–1:08:12
Und dann hat die Titanic gephotoshoppt, wie er sein Ministeramt antritt und
1:08:12–1:08:15
dabei den Fahrradhelm trägt und schrieben, jetzt ist es wirklich genug.
Florian Clauß
1:08:17–1:08:20
Ja, das war aber auch total lächerlich, muss ich sagen. mit den Fahrradhäden
1:08:20–1:08:24
da. Ich meine, er wollte ja auch was Ikonisches schaffen, aber es ist,
1:08:25–1:08:28
Ich würde von der Bildsprache nicht ganz gepasst.
Ali Hackalife
1:08:28–1:08:32
Ja, ich finde vor allem, Fahrradfahren ist cool und alles. Aber ab dem Moment,
1:08:32–1:08:35
wo ich so eine staatstragende Funktion hätte, würde ich nicht und vor allem
1:08:35–1:08:37
nicht in Berlin Fahrrad fahren.
Florian Clauß
1:08:39–1:08:42
Und vor allen Dingen, naja, mit Helm, ja unbedingt.
Ali Hackalife
1:08:42–1:08:46
Ja, naja. Ich möchte jetzt nicht sagen, wo waren wir denn, da war viel.
1:08:47–1:08:50
Wir sind mittlerweile vom Baugerüst wieder runter und befinden uns auf einem offiziellen Weg.
Florian Clauß
1:08:51–1:08:55
Wir gucken jetzt auf die Rückseite des Hauptbahnhofs. Ich überlege,
1:08:55–1:09:00
ob hier noch irgendwas Interessantes, Bautechnisches zu erwähnen ist.
Ali Hackalife
1:09:00–1:09:05
Zum Hauptbahnhof. Ich habe da ja so eine Idee. Und wenn jemand aus dem Land
1:09:05–1:09:07
Berlin zuhört, ich schenke die euch.
1:09:07–1:09:11
Und zwar, es passiert mir relativ oft, man kann ja im Berliner Hauptbahnhof
1:09:11–1:09:15
auf der mittleren Zwischenebene, also wenn du von den untersten Gleisen eins
1:09:15–1:09:17
hochkommst, ist da so ein Ring einmal außenrum.
1:09:17–1:09:20
Und es gibt eine Seite, wo man zu den Trams direkt mit so einem Tunnel durchgehen kann.
Florian Clauß
1:09:21–1:09:22
Ja, genau.
Ali Hackalife
1:09:22–1:09:26
Und ich habe in meinem Leben bestimmt, ungelogen, 50 Runden auf diesem Ring
1:09:26–1:09:29
gedreht, weil ich mich in die falsche Richtung entschieden habe und dann drei
1:09:29–1:09:31
Ecken abgelaufen bin, bis ich in der richtigen war.
1:09:31–1:09:35
Und ich glaube, das ist ja ein Designfehler, dass dieses Gebäude symmetrisch ist.
1:09:35–1:09:39
Es wäre so einfach, ein Pfeiles, der nach Norden zeigt, damit du weißt,
1:09:39–1:09:41
in welche Richtung du diesem Gebäude möchtest.
1:09:41–1:09:45
Also es wäre wirklich einfach, ein einfaches optisches Merkmal zur Orientierung
1:09:45–1:09:47
in diesem Gebäude zu bauen. Denn das gibt es nicht.
Florian Clauß
1:09:48–1:09:51
Ja, das stimmt. Das ist wirklich fürchterlich. Mir geht es auch so.
1:09:52–1:09:56
Man hat überhaupt keine Orientierung. Und ich habe auch tatsächlich mal meinen Kompass rausgeholt.
1:09:57–1:10:00
Ich benutze nie oft meine Kompass-App, aber da schon.
Ali Hackalife
1:10:01–1:10:06
Oh, ich würde nochmal zu dem Denkmal hier in Berlin mit den Stählen zurückrechnen.
Florian Clauß
1:10:06–1:10:06
Ja, gerne.
Ali Hackalife
1:10:06–1:10:11
Und zwar, ich finde die Optik ja erstmal relativ selbsterklärend.
1:10:11–1:10:15
Ich bin einigen Leuten begegnet, die das nicht so sahen und sie nicht so selbsterklärend
1:10:15–1:10:17
fanden. Kennst du Shahak Shapira?
Florian Clauß
1:10:17–1:10:19
Shahak Shapira, nee.
Ali Hackalife
1:10:19–1:10:24
Shahak Shapira ist ein israelischer Comedian. Und seinen Bruder kennst du vielleicht,
1:10:24–1:10:30
das war der, der von den pro-palästinensischen Demonstranten der FU zusammengeprügelt wurde.
Florian Clauß
1:10:30–1:10:31
Ja, das habe ich gehört.
Ali Hackalife
1:10:32–1:10:37
Und Jacques Shapira hatte mal eine Kunstreihe mit dem Thema Hashtag Yolocaust,
1:10:37–1:10:41
wo er Fotos von Leuten gesammelt hat, die sich auf dem Stehlen daneben benehmen.
Florian Clauß
1:10:43–1:10:45
Das ist großartig.
Ali Hackalife
1:10:47–1:10:52
Also es ist halt ein sehr humoristischer Umgang mit etwas total Geschmacklosem,
1:10:52–1:10:56
nämlich Touristen aus aller Welt, die auf denen liegen, weil das sind ja große
1:10:56–1:10:59
Steine, die schön warm werden in der Sonne, die über die balancieren,
1:11:00–1:11:02
von Stein zu Stein hüpfen und so weiter.
1:11:02–1:11:05
Ich weiß nicht, wie da dein Referenzwert ist, aber mein erster Gedanke,
1:11:05–1:11:07
als ich es das erste Mal gesehen habe, und der ist ja auch gewollt,
1:11:08–1:11:09
ist der eines jüdischen Friedhofs.
1:11:11–1:11:15
Also jüdische Friedhöfe sind ja nicht, dass du verbuddelt, sondern du baust
1:11:15–1:11:19
eine Kammer nach oben, in der der Körper dann verschlossen ist aus Stein.
1:11:20–1:11:23
Und daran erinnert das mich von der Optik und das ist ja auch gewollt.
1:11:24–1:11:27
Und wenn man da durchgeht, sinkt der Boden ab und die Stehen um dich herum werden
1:11:27–1:11:30
immer höher und sollen dann beklemmend auf dich wirken.
Florian Clauß
1:11:30–1:11:31
Ja.
Ali Hackalife
1:11:31–1:11:35
Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wenn ich sehe, wie Schulklasse nach Schulklasse
1:11:35–1:11:39
davor und da drum steht, dass diese Beklemmung sich transportiert.
Florian Clauß
1:11:39–1:11:45
Es ist ja ein Raum, der dann quasi sich erschließt, in dem Moment, wenn man den begeht, ne?
1:11:45–1:11:49
Am Anfang ist alles offen und dann springen halt irgendwelche Schulklassen über
1:11:49–1:11:53
die Stehlen und schlagen sich die Zähne aus, weil sie den Abstand falsch einschlägen.
1:11:54–1:11:58
Das kriegt man mit, aber in dem Moment, wenn man dann wirklich so tiefer absinkt
1:11:58–1:12:03
und die Stehlen über einen über den Kopf wachsen, ja, dann finde ich schon,
1:12:03–1:12:07
dass es so eine Enge passiert, ja, die erlebbar ist.
1:12:09–1:12:14
Ich finde, das funktioniert wirklich so, als eine Beklemmung der Enge.
1:12:14–1:12:17
Das würde ich so haken hinter. Das geht mir so bei diesem.
1:12:18–1:12:21
Ich meine, gut, dieses respektvoll sich benehmen.
1:12:21–1:12:27
Ich finde, es ist halt irgendwie so ein Platz, wo das auch zugelassen ist.
1:12:28–1:12:29
Und das finde ich halt offen.
1:12:29–1:12:34
Also man muss sich dann, man hat keinen, natürlich ist es ein Benimm-Code irgendwo
1:12:34–1:12:39
da. Aber es ist jetzt nicht so, dass du halt komplett freudlos oder sowas daraus denkst.
Ali Hackalife
1:12:39–1:12:41
Ist nicht da oben auch so eine Kunstinstallation?
Florian Clauß
1:12:41–1:12:43
Ja, da ist, glaube ich, hier so der Garten.
Ali Hackalife
1:12:43–1:12:47
Oh, und wir hören den Gong im Bundestag.
Florian Clauß
1:12:47–1:12:50
War das der Bundestag oder war das das Schiff?
Ali Hackalife
1:12:51–1:12:53
Also es ist derselbe Gong, der den Bundestag kriegt.
Florian Clauß
1:12:54–1:12:57
Okay, jetzt wird dein akustisches Gedächtnis getriggert.
Ali Hackalife
1:12:57–1:13:04
Mach doch mal ein Foto. Das hier, finde ich, zeigt Leere und Trostlosigkeit viel besser.
Florian Clauß
1:13:04–1:13:06
Ich weiß nicht, ob das so gewollt ist hier.
Ali Hackalife
1:13:06–1:13:08
Das ist Absicht, das hier ist eine Kunstinstallation.
Florian Clauß
1:13:09–1:13:12
Es ist so ein bisschen wie beim Potsdamer Platz, gibt es dann auch so diese
1:13:12–1:13:16
Hügel und dann auch diese Roststellen.
Ali Hackalife
1:13:16–1:13:19
Also das ist Absicht. Ich habe vergessen, wofür es hier ist,
1:13:19–1:13:20
aber das ist halt auch Geschichte.
1:13:20–1:13:23
Aber ich erinnere mich daran, ich finde hier, dadurch, dass so mitten in der
1:13:23–1:13:27
Promenade einfach ein Stück fehlt, das ist ja näher an dem Modell von Venet
1:13:27–1:13:30
mit der Siegessäule eine Säule, der Katsch dem Brandenburger Tor.
1:13:31–1:13:35
Hast du mal die alten Zeichnungen des Brandenburger Tors gesehen?
1:13:35–1:13:41
In der Wikipedia sind Bilder von ich glaube 1711 oder 1715, wo wirklich noch
1:13:41–1:13:45
das Tor nach Brandenburg war und im Prinzip nur aus zwei Häusern bestand.
1:13:46–1:13:50
Und das ist ja mehrfach umdesignt worden. Napoleon ist da durchgezogen,
1:13:50–1:13:52
natürlich die Nazis mit ihrem Fackelzug.
1:13:52–1:13:56
Und so wie es heute aussieht und so eine antike Ästhetik haben soll,
1:13:56–1:13:58
so sieht das ja noch gar nicht so lange aus.
Florian Clauß
1:14:00–1:14:03
Die Quadriga wurde dann irgendwann drauf gesetzt.
Ali Hackalife
1:14:03–1:14:06
Genau, die hat Napoleon zwischendurch eingesackt und mit nach Frankreich.
Florian Clauß
1:14:06–1:14:11
Ja, genau, das ist ja die Anekdote. Ich meine, so wie es dann aussieht nach Napoleon, oder?
1:14:12–1:14:16
Oder so um, wann war denn das dann? 1810?
Ali Hackalife
1:14:16–1:14:19
Also, ich glaube, 1815 war Völkerschlacht in Leipzig.
1:14:20–1:14:25
Das wird ja danach passiert sein. Also vielleicht 1813 oder so.
Florian Clauß
1:14:25–1:14:29
Aber dann die Quadriga, aber ja. Also ich meine, früher war es halt wirklich so ein Stadttor.
1:14:30–1:14:35
Das ist so ein Zolltor, wo man halt durchgekarrt ist.
Ali Hackalife
1:14:36–1:14:42
So, wir befinden uns jetzt zwischen Bahnhof und dem Bundestagskomplex.
1:14:42–1:14:46
Ein Gebiet, über das ich schon sehr viel gerannt bin, weil ich nicht die U-Bahn
1:14:46–1:14:48
zum Bundestag genommen habe.
1:14:49–1:14:51
Das ist ja mittlerweile die U5 auf der Strecke.
Florian Clauß
1:14:53–1:14:55
Die war doch nicht fertiggestellt zu deinen Zeiten.
Ali Hackalife
1:14:56–1:15:00
Ich weiß, dass es eine U-Bahn gab und gibt, und es gibt ja da direkt an Paul-Löbehaus
1:15:00–1:15:03
den Ein- und Ausgang mit der Station Bundestag.
1:15:03–1:15:08
Aber ich glaube, sie fuhr gerade eben erst und ich bin oft losgegangen und habe
1:15:08–1:15:08
die Strecke unterschätzt.
1:15:08–1:15:13
Also ich bin hier die Promenade doch sehr oft in meinem Leben rauf und runter gelaufen.
1:15:14–1:15:20
Und gleich kommt die Bundestagskita zu unserer Rechten, der sogenannte kurze Dienstweg.
Florian Clauß
1:15:20–1:15:25
Ich hatte aber meine Kollegin, die nicht irgendwie in Verbindung mit dem Bundestag
1:15:25–1:15:28
steht, ihre Kinder trotzdem hingegeben. Also sie hätten auch viele Plätze.
Ali Hackalife
1:15:30–1:15:34
Es ist halt auch sehr familienfeindlich. Also ich meine das im Ernst.
1:15:34–1:15:37
Ich glaube, es ist nicht möglich, beides gut zu machen.
1:15:37–1:15:41
Ich glaube, es ist nicht möglich, gutes Familienmitglied und Abgeordneter zu sein.
1:15:41–1:15:46
Für eine der Sachen brauchst du halt 60 Stunden in der Woche und du hast nicht
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die Kapazität, 120 Stunden in der Woche aufzubringen.
Florian Clauß
1:15:49–1:15:54
Ja, ich glaube, du kannst nicht zwei Berufspolitiker als Eltern haben,
1:15:54–1:15:56
sondern einer muss halt die Arbeit machen.
Ali Hackalife
1:15:57–1:16:00
Ja, und wie gesagt, ich selber habe keine Kinder. Ich habe überlegt,
1:16:00–1:16:01
in Berufspolitik zu gehen.
1:16:02–1:16:06
Ich würde es meinen Kindern gegenüber als unfair empfinden, so große Teile einfach nicht da zu sein.
1:16:06–1:16:09
Und wenn ich da bin, die ganze Zeit mit, wenn das Telefon klingelt,
1:16:09–1:16:12
bist du wieder weg. Es geht wieder in die Fraktionssitzung, Sondersitzung,
1:16:12–1:16:14
Notfallplanung, Enquete-Kommission.
1:16:14–1:16:17
Also du bist ja selbst in den Momenten, wo du frei hast, nicht frei.
1:16:18–1:16:24
Und ich glaube, das verträgt sich nicht gut mit ein präsenter Elternteil sein.
Florian Clauß
1:16:24–1:16:26
Also ich will es auch nicht machen. Ich
1:16:26–1:16:30
kann es verstehen, aber hast du Politikwissenschaft dann zu Ende studiert?
Ali Hackalife
1:16:31–1:16:33
So ein leidiges Thema.
Florian Clauß
1:16:33–1:16:36
Wollen wir das Thema einfach mal rausschneiden?
Ali Hackalife
1:16:36–1:16:37
Nee, wir können das gerne ansprechen.
Florian Clauß
1:16:38–1:16:40
Wir gehen jetzt gleich über diese untere Brücke.
Ali Hackalife
1:16:40–1:16:44
Ich habe Politikwissenschaft weiter studiert, aber ich habe dann irgendwann
1:16:44–1:16:48
angefangen, vermehrt Philosophie-Module zu belegen, weil ich auf der Sinnsuche
1:16:48–1:16:51
war, nachdem ich festgestellt habe, der Politikbetrieb gibt mir nicht das,
1:16:51–1:16:52
was ich mir dort erhofft habe.
1:16:52–1:16:55
Habe ich sehr viel Zeit mit Philosophie verbracht und habe ja jetzt zwischendurch
1:16:55–1:16:57
auch mein erstes philosophisches Werk veröffentlicht.
Florian Clauß
1:16:57–1:17:01
Ja, genau, das haben wir doch schon erwähnt in der Zwischenzeit.
1:17:01–1:17:04
Du hast dein erstes Buch geschrieben. Herzlichen Glückwunsch.
Ali Hackalife
1:17:04–1:17:08
Danke, danke. Ja, zum Thema denkende Maschinen und die Philosophie des Denkens
1:17:08–1:17:14
und die Grundlage der modernen Koordinationswissenschaft und der computerisierten bzw.
1:17:15–1:17:17
Der elektronischen Emulation von Denken.
1:17:18–1:17:21
Und ja genau darüber habe ich geschrieben zusammen mit
1:17:21–1:17:26
dem dr christian christian schröter der seines zeichens am kti forscht also
1:17:26–1:17:31
am karlsruher institut für technologie das ist ja so das letzte bisschen an
1:17:31–1:17:36
echter kri-forschung die wir in deutschland noch haben alles andere wandert
1:17:36–1:17:39
ja zunehmend in die usa und nach paris ab.
Florian Clauß
1:17:39–1:17:43
Das buch ist auch aus einem podcast von dir hervorgegangen.
Ali Hackalife
1:17:43–1:17:44
Genau wir haben,
1:17:46–1:17:50
geführt und danach stand im Raum, dass in diesem Gespräch er und ich uns halt
1:17:50–1:17:56
auf fachlicher Basis unterhalten und für Leute, die nicht so viel Zeit haben,
1:17:56–1:18:00
sich so sehr mit Philosophie zu beschäftigen, habe ich mal alle Referenzen erklärt.
1:18:00–1:18:04
Also es sind Erklärtexte, es sind Quellen, es hat, ich glaube,
1:18:05–1:18:10
ich zitiere 60 verschiedene Bücher und Werke und das rangiert von der Sendung
1:18:10–1:18:11
mit der Maus bis zu Karl Marx.
1:18:12–1:18:14
Kommt übrigens auf derselben Seite vor.
1:18:15–1:18:18
Ich glaube, es ist ein guter Einstieg Es ist vor allem etwas,
1:18:18–1:18:21
das ich gerne gelesen hätte Bevor ich mich mit dem Thema befasst habe Ja.
Florian Clauß
1:18:22–1:18:26
Also man muss wirklich sagen Das war auch ein ganz, ganz tolles Gespräch Das
1:18:26–1:18:30
war eines dieser magischen Podcasts Wo ich dann dachte so, wow,
1:18:31–1:18:35
Und deswegen war ich noch so viel erfreut Weil ich tatsächlich auch angefangen
1:18:35–1:18:40
habe Alle möglichen Wiki-Seiten rauszusuchen Während des Gesprächs,
1:18:40–1:18:42
weil es mich dann wieder gepackt hat Und als ich dann gehört habe,
1:18:42–1:18:46
du hast ein Buch geschrieben Wie praktisch ist das denn?
Ali Hackalife
1:18:46–1:18:49
Ja, es ist halt, es ist während des Gesprächs klar geworden,
1:18:49–1:18:52
dass Shownotes machen keinen Spaß machen wird.
1:18:52–1:18:55
Wir laufen jetzt unterm Jakob-Maria-Mirscheid-Weg.
Florian Clauß
1:18:56–1:19:00
Ja, genau. Jetzt wissen aber auch nur die, die den Podcast gehört haben,
1:19:00–1:19:02
das ist ordentlich zu verorten.
Ali Hackalife
1:19:02–1:19:07
Da drüben ist die Kantine vom Paul-Löbe-Haus. Und ich bin ja Vegetarier.
1:19:08–1:19:14
Und Vegetarier im Deutschen Bundestag war zumindest damals 2020 eine schwere Geschichte.
Florian Clauß
1:19:14–1:19:15
Wirklich?
Ali Hackalife
1:19:15–1:19:21
Weil, also erstmal ist es so, im Gebäude, also da drüben in dem Komplex, wo auch mein Büro war,
1:19:22–1:19:26
da gibt es ein Casino, also eine Kantine und es gibt dort unter anderem von
1:19:26–1:19:29
jeder Bank, die in Deutschland Geschäfte hat, einen eigenen Automaten,
1:19:29–1:19:32
damit du gebührenfrei bei deiner Hausbank abheben kannst.
1:19:32–1:19:35
Denn im Jahr 2020 konnte man sein Mittagessen nicht mit Karte bezahlen.
1:19:35–1:19:40
Es gab Karten, auf die du Geld aufladen konntest, so MyFair-NFC-Karten.
1:19:41–1:19:44
Und du konntest mit Bargeld bezahlen. Das heißt, der deutsche Magen möchte um
1:19:44–1:19:45
12 Uhr gefüttert werden.
1:19:46–1:19:50
Also ab 11.30 Uhr lange Schlange an den Bankautomaten, weil als Abgeordneter
1:19:50–1:19:54
hast du ja nicht mal eben einen Zehner auf Tasche, um dir dein Mittagessen zu kaufen.
1:19:54–1:19:59
Und es gibt einen Ausgabestand, an dem gibt es an jedem Tag Currywurst-Pommes.
1:19:59–1:20:04
Und dann war das vegetarische Essen halt oft so ein absurder Quatsch.
1:20:04–1:20:08
Also so, was wir hier, Wir haben für alle einen Hähnchensalat gemacht,
1:20:08–1:20:09
für die Vegetarier gibt es ihn ohne Hähnchen.
1:20:10–1:20:14
Ich möchte dir jetzt nichts anmerken, aber nur so eine große Schüssel grün essen
1:20:14–1:20:16
macht nicht so richtig satt.
Florian Clauß
1:20:16–1:20:20
Ja, das ist absurd. Das klingt ja wie irgendwie Mensa-Essen aus den 90ern.
Ali Hackalife
1:20:20–1:20:26
Wir laufen am Eingang zur Tiefgarage vom Bundestag vorbei. Und das ist,
1:20:26–1:20:30
wenn du etwas ins Gebäude bekommen möchtest und du möchtest nicht das alles
1:20:30–1:20:33
mitbekommen, sind die Zugänge der Tiefgaragen.
1:20:33–1:20:38
Wir hatten zwischendurch das Problem, dass wenn du große Möbel reinbringen möchtest,
1:20:38–1:20:42
die auffällig groß sind, in der Richtung eines Sofas, dann musst du dafür einen Antrag stellen.
1:20:42–1:20:45
Oder du stellst keinen Antrag und gehst damit durch die Tiefgarage.
Florian Clauß
1:20:46–1:20:53
Ja, genau. Hier so richtige Hacks und Tricks lernen, wenn ich meinen Bundestag einziehe.
Ali Hackalife
1:20:54–1:21:00
Hier wieder zu unserer Rechten das Paul-Löbe-Haus. Nein, hier ist das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.
1:21:00–1:21:01
Da sind die Rotunden drin.
1:21:01–1:21:05
In den Rotunden finden die Anhörungen der Untersuchungsausschüsse statt.
1:21:05–1:21:10
Und die sind so gebaut, dass die Außen- und die Innenwand schwingungsgleich
1:21:10–1:21:11
voneinander getrennt sind.
1:21:11–1:21:15
Das heißt, wenn du mit einem Lasermikrofon auf die äußere Scheibe zielst,
1:21:15–1:21:18
da kannst du nicht abhören, was drinnen gesprochen wird.
Florian Clauß
1:21:18–1:21:18
Ja, sehr gut.
Ali Hackalife
1:21:19–1:21:22
Hat aber den großen Nachteil, Rotunden sind rund. Stell mal in einem runden
1:21:22–1:21:23
Raum einen Tisch an die Wand.
Florian Clauß
1:21:23–1:21:26
Aber vielleicht gibt es auch runde Tische oder halbrunde Tische.
Ali Hackalife
1:21:26–1:21:31
Und hier in die Ecke ertagt die Bundespressekonferenz. Bei dem Innenhof der
1:21:31–1:21:39
BPK gibt es so ein Wasserspiel im Boden und es gibt da eine Kaffeebar mit einem Barista und du kannst,
1:21:39–1:21:42
wenn du ein bisschen Zeit wegbringst und deine Mittagspause in diesem Innenhof machst,
1:21:43–1:21:46
siehst du einmal am Tag jemanden, der bei dem Wasserspiel sind so Stufen,
1:21:46–1:21:49
wie man da durchlaufen kann, um nass zu werden und dann gucken die Leute halt
1:21:49–1:21:53
konzentriert auf ihre Tasse, um nicht zu kleckern und treten neben die Stufen
1:21:53–1:21:55
von dem Wasserspiel und haben nasse Füße. so.
Florian Clauß
1:21:57–1:21:59
Hat der auch so Betten abgeschlossen.
Ali Hackalife
1:22:00–1:22:04
So nieder war es dann doch nicht, aber ich habe wenig Pausen gemacht,
1:22:04–1:22:06
aber die wusste ich dann immer ganz gut rumzubringen.
1:22:07–1:22:10
Genau, jetzt siehst du hier nochmal die Rotunden in der Nahbetrachtung.
1:22:12–1:22:19
Und das ist dann so unten im Kreis sitzen die Abgeordneten und ihre eingeladenen Sachverständigen.
1:22:20–1:22:24
Und es gibt oben drüber nochmal eine Empore, von der man zuschauen kann.
1:22:24–1:22:28
Weil viele Untersuchungsausschüsse tagen nicht öffentlich.
1:22:28–1:22:32
Also es gibt manche, die mit Absatz öffentlich tagen und dann gibt es auch eine
1:22:32–1:22:35
Live-Obertragung dazu. Aber die meisten tun es nicht.
1:22:35–1:22:39
Und unter Merkel war das erste Mal in ihrer dritten oder vierten Amtszeit die
1:22:39–1:22:43
Frage, wollen wir das umdrehen, dass standardmäßig die Ausschusssitzungen öffentlich
1:22:43–1:22:46
sind und nur auf Antrag privat.
1:22:47–1:22:50
Und es wurde zumindest diskutiert, während seit ich noch im Bundestag war,
1:22:51–1:22:53
aber es ist unter der Ampel dann leider nicht umgesetzt worden.
1:22:53–1:22:57
Ich finde es eigentlich eine gute Transparenz-Offensive gegenüber der Bevölkerung
1:22:57–1:23:01
zu sagen, wenn wir hier im Ausschuss die Experten hören, sollen alle hören können, was die Experten,
1:23:03–1:23:09
Jetzt habe ich doch ein bisschen viel über Politik geredet, abseits von Stonehenge.
1:23:09–1:23:12
Fast so, als hätte das Regierungsfeld etwas damit zu tun.
Florian Clauß
1:23:12–1:23:17
Wie könnte es sein? Bei uns ist das ARD-Hauptstadtstudio. Und da gibt es ja
1:23:17–1:23:22
auch ein Studio, wo man halt auch so den Reichstag dann sehen kann.
1:23:22–1:23:25
Das heißt, die müssen sich da nicht frierend draußen hinstellen,
1:23:25–1:23:28
was du neulich auch kritisiert hast in einer deiner Sendung.
1:23:29–1:23:33
Dass dann die Authentizität von Journalismus darin ausartet,
1:23:33–1:23:36
dass alle Korrespondenten sich dann immer irgendwo hinstellen müssen.
Ali Hackalife
1:23:36–1:23:40
Um zu beweisen, das ist der Ort. Genau, das war mit C-Light über die Unterhaltung zum Thema Weltlage,
1:23:40–1:23:45
wo ich kritisierte, dass Katrin Eigendorf nachts in der kalten Ukraine stehen
1:23:45–1:23:47
muss, während mir auch gereicht hätte, wenn sie gesagt hätten,
1:23:48–1:23:51
wir erreichen Frau Eigendorf im Kiew-Studio und im Hintergrund steht einfach
1:23:51–1:23:52
Kiew an der Wand. Das wäre für mich okay gewesen.
Florian Clauß
1:23:53–1:23:56
Das finde ich auch für mich nachvollziehbar. Aber hier haben sie es ja richtig
1:23:56–1:23:59
gemacht, die ARD. einfach direkt das Studio vor dem Reichstag aufzubauen.
1:24:00–1:24:02
Genau, wie kriegen wir jetzt noch den Bogen zu Stonehenge?
Ali Hackalife
1:24:02–1:24:06
Der Bogen über die Stählen ist tatsächlich gar kein schlechter zu sagen.
1:24:06–1:24:09
Wie integrieren wir Erinnerungskultur so, dass sie nicht verfälscht ist?
1:24:09–1:24:12
Sodass sie nicht wie in Weimar erdrückt, sodass sie präsent ist?
1:24:13–1:24:17
Ich muss sagen, ich finde zum Beispiel gut, das Gebäude, wo der Führerbunker
1:24:17–1:24:21
war, ist ja komplett aufgefüllt mit Schutt und es steht da noch eine Gedenktafel,
1:24:22–1:24:23
also der Führerbunker neben dem Wendlerblock.
1:24:23–1:24:26
Im Wendlerblock sitzt ja heute immer noch die Verteidigung.
1:24:27–1:24:31
Und ich finde es eigentlich sehr gut, dass es da keine Pilgerstätte gibt und
1:24:31–1:24:33
dass es da auch keine Mahnstätte gibt.
1:24:33–1:24:37
Also ich finde, manche Orte sind, es ist gut, sie zu verfüllen,
1:24:37–1:24:40
ein Schild hinzustellen, aber kein Gewesen drumrum zu machen.
1:24:40–1:24:44
Und bei Stonehenge hätte ich mir gewünscht, dass wenn man schon sagt,
1:24:44–1:24:47
wir bauen das jetzt hier künstlich auf, dass man dann sagt, und jetzt kann man
1:24:47–1:24:49
auch direkt durch die Steine gehen.
Florian Clauß
1:24:49–1:24:56
Dass man das wieder nahbar macht. Nach diesem maximal invasiven Eingriff in
1:24:56–1:25:02
die Geschichte von dem Monument von Stonehenge ist ja dann auch eine Charter erlassen worden,
1:25:03–1:25:06
die dann für die Archäologie und Anthropologie dann so auch vorschreibt,
1:25:07–1:25:10
dass man jetzt nie mal invasiv das machen muss. Also das war in den 60ern.
1:25:11–1:25:14
Also die haben dann auch irgendwann lessons learned gemacht und gesagt,
1:25:14–1:25:15
was sollten wir nicht machen.
1:25:16–1:25:19
Und ich meine, gut, die Messmethoden sind sehr viel besser geworden.
1:25:19–1:25:21
Das heißt, mit dieser Mann...
Ali Hackalife
1:25:21–1:25:23
Ich erinnere nochmal an den Knochenberg. Oh, wir haben noch eins geklappt.
1:25:23–1:25:25
Ja, wirf es in den Knochenhaufen.
Florian Clauß
1:25:26–1:25:29
Genau, wir haben Praktikanten, die puzzeln gerne.
1:25:29–1:25:32
Das ist schon enorm, was es aber jetzt für Möglichkeiten gibt,
1:25:32–1:25:35
da auch noch mehr Informationen aus dem Boden rauszuholen.
1:25:35–1:25:38
Das ist ja wirklich so ein Sprung, der dann nochmal nach vorne getan hat.
1:25:38–1:25:42
Und deswegen funktionieren, glaube ich, jetzt auch ganz gut so minimalinvasive
1:25:42–1:25:46
Methoden, um dann halt auch zu rekonstruieren, was war da mal.
1:25:46–1:25:51
Generell ist auch die Frage von, ja, wenn ich die Bedeutung weiß und dann.
1:25:52–1:25:54
Aber das ist ja auch schon, ja, es ist halt interessant. Ja,
1:25:55–1:25:56
ich glaube, es ist einfach auch interessant.
Ali Hackalife
1:25:56–1:26:03
Es ist auch interessant. Ich glaube, dass die Warum-Frage die zweckloseste aller Fragen ist.
1:26:03–1:26:06
Das merkt man auch in der Philosophie, wenn man erzählt, ich studiere Philosophie.
1:26:06–1:26:09
Und Leute sich dann fragen, warum oder was ist der Sinn des Lebens?
1:26:09–1:26:13
Ich glaube, der Sinn des Lebens ist eine klassische Fehlschlussfolgerung,
1:26:13–1:26:18
weil wir feststellen, dass um uns herum, also die Vergangenheit wirkt immer deterministisch.
1:26:19–1:26:22
Weil wir jetzt hier sind, weil wir den Weg gelaufen sind, den wir gelaufen sind,
1:26:22–1:26:25
weil wir ganz viele Entscheidungen auf dem Weg nicht getroffen oder getroffen haben.
1:26:25–1:26:28
Also deterministisch sind wir hier an diesem Ort.
1:26:28–1:26:33
Daraus abzuleiten, dass alle Entscheidungen, die passieren, einen Zweck haben,
1:26:33–1:26:35
ist ein einfacher, logischer Fehler.
1:26:36–1:26:40
Dass Dinge einfach aus Coincidence, aus Gleichzeitigkeit, aus Zufälligkeit passieren,
1:26:40–1:26:41
ist etwas, das wir oft übersehen.
1:26:42–1:26:46
Und bei der Sinnfrage, bei so etwas wie, warum lebe ich, die biologische Antwort
1:26:46–1:26:49
ist meistens gar nicht so spannend Und wofür lebe ich?
1:26:49–1:26:53
Naja, wir sind Flughäfe auf einem Stein irgendwo im Weltall.
1:26:54–1:26:57
Also ich glaube, die Sinnfrage zu stellen ist nicht zielführend.
1:26:57–1:26:58
Und es ist ja auch befreiend.
1:26:59–1:27:02
Also Zootiere zum Beispiel haben eine ganz klare Sinnfrage, warum sie leben.
1:27:03–1:27:05
Und da ist es doch ganz schön zu wissen, dass wir die nicht haben.
Florian Clauß
1:27:07–1:27:11
Ja, nee, was kann besser als Schlusswort dienen als diese letzten Worte?
1:27:11–1:27:14
Ali, hat mich gefreut, dass es geklappt hat.
1:27:14–1:27:16
Es war wieder sehr schön, dich hier in der Sendung zu haben.
1:27:17–1:27:19
Danke, hört auch interessant.
Ali Hackalife
1:27:19–1:27:20
Lest mein Buch.
Florian Clauß
1:27:20–1:27:24
Genau, lest das Buch, kauft das Buch und bald wird auch ein Hörbuch erscheinen.
1:27:24–1:27:26
Wann nennen das? Worauf warte ich noch?
Ali Hackalife
1:27:28–1:27:32
Also die Dateien habe ich ja. Nach dem jetzt noch zu schneidenden Interview
1:27:32–1:27:33
werde ich wieder das Hörbuch schneiden.
1:27:34–1:27:37
Also ich denke so in zwei, drei Wochen geht es da weiter und ich hoffe,
1:27:38–1:27:41
dass das nur noch eine Frage von einer einstelligen Anzahl Wochen ist.
1:27:42–1:27:44
Ich schicke dir auf jeden Fall einen Link, wenn es das Ganze gibt.
1:27:44–1:27:46
Danke für die Einladung, es hat mich gefreut.
1:27:46–1:27:48
Ich bin ja immer mal wieder in Berlin. Vielleicht drehen wir noch mal eine Runde
1:27:48–1:27:50
durch einen anderen Bezirk.
Florian Clauß
1:27:50–1:27:55
Ja, sehr gerne. Das war jetzt eigentlich Podcast Episode 77.
1:27:56–1:28:02
Das Ganze könnt ihr auf eigentlich-podcast.de nach, ich wollte schon sagen hören,
1:28:02–1:28:04
aber ihr könnt sehen, wo wir langgelaufen sind.
1:28:04–1:28:08
Ihr könnt Shownotes euch anschauen und ein bisschen Text, was wir noch zusammengestellt haben.
1:28:08–1:28:13
Das Ganze wird erscheinen, wenn du wahrscheinlich schon deine Folge herausgegeben
1:28:13–1:28:17
hast, weswegen du hier in Berlin bist. Deswegen können wir jetzt glaube ich,
1:28:17–1:28:18
brauchen wir nicht zu spoilern.
1:28:18–1:28:20
Also hört die Joscha-Bach-Folge an.
Ali Hackalife
1:28:21–1:28:24
Jawohl. Danke für die Einladung. Ich verabschiede mich.
Florian Clauß
1:28:24–1:28:25
Tschüss.

Mehr

In Erinnerung an C.W.

In dieser Episode befassen wir uns mit dem schottisch-irischen anglikanischen Geistlichen, Dichter und Hymnenschreiber Henry Francis Lyte (1793–1847). Micz hat dieses Thema gewählt, weil er für die Beerdigung einer Kollegin und guten Freundin mit anderen „Abide with Me“ singt und einstudiert. (Ab ca. Minute 39 singt Micz die erste Strophe von „Abide with Me“ und interpretiert Text und Melodie.) Wir arbeiten uns anfangs durch viele Daten, Fakten und Zitate zum Leben, Glauben und Schaffen von Lyte. Dass Micz mit dieser Fülle an Fakten seine Emotionen der Trauer und Melancholie verdrängt, entdeckt Flo – der alte Psychotherapeut – bevor Micz draufkommt (ca. Minute 34, den Abwehrmechanismus könnten wir als Intellektualisierung oder Sublimierung benennen). Henry Francis Lyte wurde besonders bekannt durch seine Hymne „Abide with Me“, die er kurz vor seinem Tod 1847 verfasste. Lytes Kindheit war von familiären Umbrüchen und frühen Trennungen überschattet. Nach der Trennung seiner Eltern verließen diese ihn, und er lebte ab dem neunten Lebensjahr als Waise. Bereits in jungen Jahren begann Lyte, Gedichte zu schreiben, und zeigte außergewöhnliche sprachliche und geistige Begabung. Nach seinem Theologiestudium in Dublin und Cambridge trat Lyte in den kirchlichen Dienst ein und wirkte in mehreren Gemeinden, zuletzt über zwei Jahrzehnte lang in Brixham, Devon. Ein prägendes spirituelles Erlebnis am Sterbebett eines Mitbruders führte zu einer Vertiefung seines Glaubens und prägte seine spätere Theologie. Gesundheitlich war Lyte seit jungen Jahren angeschlagen. Seine Tuberkulose zwang ihn immer wieder zu Aufenthalten in wärmerem Klima – unter anderem in Südfrankreich und Italien. Er starb 1847 in Nizza, zuvor hatte er die letzte Version und Anmerkungen zu „Abide with Me“ nach England geschickt. Die Hymne vereint Lytes persönliche Glaubensgewissheit mit dem Wunsch göttlicher Nähe im Angesicht des Todes. Die Hymne wurde überkonfessionell bekannt, bei königlichen und staatlichen Trauerfeiern sowie Sportveranstaltungen gesungen und gehört bis heute zu den meistgeschätzten Kirchenliedern im englischsprachigen Raum. Schließlich finden wir noch zwei popkulturelle Referenzen, die von Lyte inspiriert scheinen: „Help“ von den Beatles und „Hey Hey, My My (Into the Black)“ von Neil Young.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:01
Okay, dann fängst du an.
0:00:06–0:00:09
Ist das eigentlich manchmal peinlich, hier anzufangen zu reden,
0:00:09–0:00:10
wenn so Leute um uns rum sind?
Florian Clauß
0:00:10–0:00:11
Nö, überhaupt nicht.
Micz Flor
0:00:12–0:00:14
Deshalb machst du es aber nicht so enthusiastisch, wirklich.
0:00:15–0:00:20
Wir haben den signifikanten Glockenturmschlag gerade verpasst.
Florian Clauß
0:00:21–0:00:29
Aber ich sag hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Podcast Episode 76.
0:00:30–0:00:37
Mitch, weißt du das? In deiner nächsten Episode, 78, da werden wir drei Jahre alt.
Micz Flor
0:00:37–0:00:38
Wirklich?
Florian Clauß
0:00:40–0:00:44
78, dreijähriges Bestehen von eigentlich Podcast, der Podcast,
0:00:44–0:00:49
wo wir im Laufen reden und laufend reden. Oder so ähnlich.
0:00:50–0:00:53
Das wird immer besser in der 8 nach 76 Podcast.
Micz Flor
0:00:53–0:00:55
Wobei jeder macht ja die Hälfte.
Florian Clauß
0:00:55–0:01:00
Immer wieder laufe ich dagegen. Aber wir sind unterwegs hier,
0:01:01–0:01:05
ich sage jetzt, ich verrate den Ort, am Lausitzer Platz.
0:01:05–0:01:08
Wir sind ziemlich oft in Kreuzberg, muss ich sagen.
0:01:08–0:01:13
Am Lausitzer Platz haben wir uns getroffen. Mitch meinte, da möchte er gerne starten.
0:01:13–0:01:17
Unser Podcast funktioniert so, dass wir uns irgendwo in Berlin,
0:01:17–0:01:20
meistens Berlin, treffen, gemeinsam eine Strecke laufen.
0:01:21–0:01:26
Den könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de nachschauen, wie wir langgelaufen sind.
0:01:26–0:01:31
Die nehmen wir dann auch auf. und einer bringt dem anderen ein Thema mit,
0:01:31–0:01:33
das wir dann besprechen.
0:01:33–0:01:36
Wir haben jetzt in letzter Zeit ziemlich viele Gastfolgen gehabt.
0:01:36–0:01:44
Zum Beispiel hatte ich, letzte Folge, 75, Rolf Behringer dabei.
0:01:45–0:01:49
Die hatten wir aber auch schon vor einer Zeit aufgenommen. Ist jetzt released worden.
0:01:49–0:01:54
Und, so viel kann ich verraten, nächste Folge von mir wird wieder eine Gastfolge.
0:01:55–0:01:59
Nämlich mit Ali, Ali Hacke live, mit dem ich schon mal auf dem 34,
0:01:59–0:02:02
die 38 C3 zusammen eine Folge gemacht habe.
0:02:03–0:02:10
Der Ali hostet den Podcast auch interessant und ist war in Berlin oder ist noch in Berlin.
0:02:10–0:02:13
Und wir sind durch das Regierungsviertel gelaufen.
0:02:14–0:02:19
Ja, so viel Sneak. Vielleicht hast du auch eine Gastfolge in Aussicht.
Micz Flor
0:02:20–0:02:24
Ja, und wenn es soweit ist, also ich kann auch keine Nummer drauf geben,
0:02:24–0:02:27
aber es gibt in der Tat Planung für eine Gastfolge.
0:02:27–0:02:30
Aber ich hatte ja bis jetzt nur zwei Gäste, entweder meinen Bruder und der ist
0:02:30–0:02:34
gerade nicht in Berlin und dann wahrscheinlich eine Folge mit Anja Ullrich.
Florian Clauß
0:02:34–0:02:38
Ja, die ist auch sehr frequentiert und beliebt, die Folge, muss ich sagen.
Micz Flor
0:02:38–0:02:41
Ja, ja, ja. Was ist eigentlich systemische Therapie?
Florian Clauß
0:02:41–0:02:44
Ist auch super. Ich habe mir die sogar zweimal angehört.
Micz Flor
0:02:44–0:02:44
Echt?
Florian Clauß
0:02:44–0:02:45
Ich glaube, ja.
Micz Flor
0:02:45–0:02:47
Dann müssen wir mal einen Fragebogen rausgeben und gucken.
Florian Clauß
0:02:49–0:02:52
So funktioniert Psychotherapie.
Micz Flor
0:02:53–0:02:59
So und jetzt das neue also wie gesagt einer bereitet ein Thema vor das bin ich,
0:03:01–0:03:05
und manchmal wissen die anderen was das Thema ist, aber heute weiß Flo es nicht
0:03:05–0:03:13
und vielleicht wollte ich auch das ist glaube ich nicht so dein Lieblingsthema Gitarren ne,
0:03:13–0:03:18
diesmal geht es nicht um Gitarren aber es ist ja so dass eigentlich Podcast
0:03:18–0:03:19
manchmal unfassbar viel Arbeit ist.
0:03:20–0:03:23
Und jetzt bei mir ist irgendwie so viel zusammengekommen und halt eben auch
0:03:23–0:03:25
der Ort hier im Lausitzer Platz.
0:03:25–0:03:27
Und wir beginnen mit der Kirche.
0:03:28–0:03:30
Also es geht auch um kirchliche Themen.
0:03:32–0:03:36
Und da stehen wir jetzt vor der, die hast du gerade schon fotografiert zum Vorbeigehen,
0:03:36–0:03:37
aber ich mache nochmal ein großes Foto.
0:03:37–0:03:41
Da steht jetzt ein Text auf der Kirche.
Florian Clauß
0:03:41–0:03:43
Interessant, den habe ich tatsächlich noch nicht wahrgenommen,
0:03:43–0:03:50
bis zu diesem Moment, wo du jetzt dieses Thema vorgestellt hast.
0:03:50–0:03:51
Du hast noch kein Thema vorgestellt.
0:03:51–0:03:57
Auf dem Ikonenbild, wie heißt die Kirche?
Micz Flor
0:03:57–0:04:02
Das ist die Emaus-Gemeinde, Emaus-Ölberg-Gemeinde. Ich weiß gar nicht genau,
0:04:02–0:04:03
wie die Kirche wirklich heißt.
0:04:04–0:04:09
Aber da steht, wir sehen zwei Menschen oben in der Mitte.
0:04:10–0:04:12
Das ist Jesus, können wir vielleicht verraten.
Florian Clauß
0:04:12–0:04:13
Für die, die es nicht sehen. Drei Menschen.
Micz Flor
0:04:14–0:04:17
Insgesamt drei Menschen, genau, Jesus ist ein Mensch, da sind wir schon mitten im Thema.
0:04:19–0:04:23
Und unten drunter steht, wenn du das kurz vorlesen könntest.
Florian Clauß
0:04:23–0:04:27
Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden. Ja, genau.
0:04:28–0:04:33
Also ein typischer Bibel, hebräisches, aus dem Hebräisch übersetzt.
0:04:35–0:04:36
Da kommen die Fanfaren.
Micz Flor
0:04:40–0:04:43
Die andere, der Aufhänger, weil es so viele Aufhänger gibt.
0:04:44–0:04:51
Wir nehmen jetzt vor Ostern auf und es wird nach Ostern gesendet.
Florian Clauß
0:04:51–0:04:53
Eine Woche nach Ostern.
Micz Flor
0:04:53–0:04:57
Im Prinzip handelt es sich nämlich hier um etwas, was sehr eng mit Ostern verbunden ist.
0:04:58–0:05:07
Also am Karfreitag, da ist ja die Kreuzigung Jesu in Golgatha und das Begräbnis in einem Felsengrab.
0:05:08–0:05:12
Am Samstag, Ruhe im Grab, die Jünger trauern, keine Aktivitäten.
0:05:13–0:05:15
Und das ist der Tag des Schweigens.
Florian Clauß
0:05:16–0:05:19
Der höchste evangelische Feiertag.
Micz Flor
0:05:21–0:05:22
Der Karsamstag?
Florian Clauß
0:05:22–0:05:23
Nee, der Karsfreitag.
Micz Flor
0:05:23–0:05:24
Der Karsfreitag.
Florian Clauß
0:05:24–0:05:31
Und der Ostersonntag ist der höchste katholische Feiertag.
Micz Flor
0:05:31–0:05:36
Und an dem ist die Auferstehung Jesu. Früher Morgen, Frauen,
0:05:36–0:05:41
die Salben mitgebracht haben, um den Leichnam wahrscheinlich zu salben,
0:05:42–0:05:47
entdecken das leere Grab, Engel erscheinen und Jesu zeigt sich ersten Jüngern.
Florian Clauß
0:05:48–0:05:49
Das ist am Ostersonntag.
Micz Flor
0:05:49–0:05:53
Und jetzt wird es interessant, beziehungsweise auch wieder verwirrend,
0:05:53–0:06:04
weil am Ostermontag geht es dann darum, dass zwei Jünger nach E-Maus wandern, tief betrübt.
0:06:05–0:06:08
Und Jesus ist bei ihnen, aber sie erkennen ihn nicht.
Florian Clauß
0:06:09–0:06:12
E-Maus ist das, also du hast gerade gesagt, eine Stadt.
Micz Flor
0:06:13–0:06:15
Ein Ort. Ein Ort, ja, ich weiß nicht genau.
Florian Clauß
0:06:15–0:06:20
Aber der muss ja dann auch irgendwo da in der Nähe von Jerusalem sein, ne?
Micz Flor
0:06:21–0:06:23
Wenn man, ja, oder eben Golgatha.
Florian Clauß
0:06:23–0:06:30
Golgatha ist ja quasi das Tal vor Jerusalem. Ist doch am Ölberg, oder?
Micz Flor
0:06:30–0:06:33
Genau, eben aus Ölberggemeinde heißt es hier am Lausersalber.
0:06:33–0:06:35
Du kennst dich richtig gut aus.
Florian Clauß
0:06:35–0:06:44
Naja, ich war ja vor sieben Jahren da. War ich auf dem Ölberg und hab Jerusalem besucht.
0:06:46–0:06:49
Und ich habe das auch bildlich vor mir. Das ist alles nicht so weit.
Micz Flor
0:06:49–0:06:55
Okay, gut. Aber an diesem Tag, an dem Ostermontag, wie ich gerade vorgelesen
0:06:55–0:06:56
habe, so hatte ich es an einer Quelle gefunden.
0:06:57–0:07:02
Aber woanders hieß es, dass Lukas berichtet, also im Lukas Evangelium,
0:07:02–0:07:08
dass ein jünger Kleopas heißt, ja, mit jemand anderem, der anonym bleibt,
0:07:08–0:07:12
am gleichen Tag, also am Auferstehungssonntag wäre das dann,
0:07:12–0:07:16
in niedergeschlagene Stimmung von Jerusalem nach Emaus ging.
0:07:17–0:07:21
Und unterwegs treffen sie den auferstandenen Jesus, aber sie erkennen ihn nicht.
0:07:22–0:07:28
Und der so deshalb unbekannter Begleiter spricht mit ihnen auch über Spiritualität.
0:07:28–0:07:30
Es ist gar keine so lange Passage da.
0:07:31–0:07:36
Und wenn sie dann ankommen in Emaus, dann laden sie ihn ein,
0:07:36–0:07:40
nochmal mit hineinzukommen. Und das ist genau, den werden wir gleich nochmal
0:07:40–0:07:42
wörtlich, diese Passage hören.
0:07:43–0:07:46
Also das ist genau der Moment, den wir da gesehen haben. Also die beiden sprechen
0:07:46–0:07:50
Jesus an, den sie aber nicht erkennen, sind aber gut zu ihm und sagen,
0:07:50–0:07:53
es ist schon Abend, tritt doch ein oder bleib bei uns.
0:07:55–0:07:57
Und dann gibt es das Abendmahl.
0:07:59–0:08:00
Als Jesus das Brot bricht.
Florian Clauß
0:08:01–0:08:04
Also das ist das legendäre Abendmahl zu dem Zeitpunkt.
Micz Flor
0:08:04–0:08:07
Ja, ich denke, es ist das Abendmahl. Ich bin nicht so bibelfest.
Florian Clauß
0:08:08–0:08:11
Nee, das Abendmahl ist eigentlich vor der Kreuzigung.
Micz Flor
0:08:12–0:08:14
Okay, dann ist es einfach nur ein Abendmahl.
Florian Clauß
0:08:14–0:08:15
Ein Abendmahl, ja.
Micz Flor
0:08:15–0:08:21
Ach genau, das Abendmahl, dieses Bild, ja stimmt, da sind ja dann alle mit versammelt.
0:08:22–0:08:27
Weil Petrus ist ja noch in Golgatha und hat da sich auch verwundert dass das
0:08:27–0:08:33
Grab leer war, wie ich lesen konnte in der Lutherbibel Version 2017 heißt es im Deutschen,
0:08:33–0:08:37
bleibe bei uns denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt,
0:08:38–0:08:44
ich habe jetzt insgesamt glaube ich 13 Übersetzungen gefunden von diesem Abschnitt,
0:08:44–0:08:51
also ins Deutsche und es gibt diesen Begriff Herr den gibt es gar nicht,
0:08:51–0:08:55
weil der Begriff Herr erinnert mich eigentlich immer auch an Gott und nicht an.
Florian Clauß
0:08:55–0:09:00
Ja, das ist Elohim. Elohim ist das hebräische Wort für Herr und das Ding ist
0:09:00–0:09:08
halt die, also im Judentum darfst du ja nicht den Namen des Gottes sagen, was Jahwe ist.
0:09:09–0:09:14
Deswegen gibt es diese Punktierung im Hebräischen, die dann halt Jehova,
0:09:14–0:09:16
es sind die gleichen Wurzelbuchstaben.
Micz Flor
0:09:16–0:09:18
Also es ist die Konsonanten oder so sind.
Florian Clauß
0:09:19–0:09:22
Glaube ich, aber die Fülsel sind nicht. Aber die Punktierung,
0:09:22–0:09:27
die du im modernen Hebräisch nicht hast, die zeigen im Prinzip die Vokale und
0:09:27–0:09:31
deswegen ist Jahwe, also wenn das so geschrieben ist, ohne Punkte, sieht das gleich aus.
0:09:31–0:09:34
Und Jehova, da wird halt die Punktierung anders gesetzt.
0:09:34–0:09:38
Und das wird dann halt immer, Jehova wird dann ausgesprochen,
0:09:38–0:09:42
wenn dann Texte vorgelesen werden. Oder Elohim ist der Herr.
Micz Flor
0:09:43–0:09:48
Ja, siehst du, mit dir kann man über alles reden. Deshalb mache ich das so gerne mit dir.
Florian Clauß
0:09:48–0:09:49
Über alles kann man reden.
Micz Flor
0:09:50–0:09:52
Wie hat Hertha beim letzten Spieltag...
Florian Clauß
0:09:52–0:09:53
Nein, nicht über alles.
Micz Flor
0:09:55–0:10:02
Ja, warum beschäftigen wir uns damit? Im Englischen heißt dieses...
Florian Clauß
0:10:03–0:10:07
Wollen wir durch den Krater gehen?
0:10:07–0:10:10
Also wir sind jetzt hier am Gurley und stehen vor diesem Krater.
0:10:11–0:10:15
Hier war mal so ein Gurley-Tunnel. Weißt du darüber was?
Micz Flor
0:10:15–0:10:16
Wo ist der Tunnel?
Florian Clauß
0:10:16–0:10:19
Ich weiß nicht, ich habe es nur auf OpenStreetMap vorhin gesehen,
0:10:19–0:10:22
habe mich gefragt. Wahrscheinlich sind es...
Micz Flor
0:10:22–0:10:24
Auf OpenStreetMap war der eingezeichnet, oder was?
Florian Clauß
0:10:24–0:10:26
Ja, da stand Girlie Tunnel.
Micz Flor
0:10:26–0:10:28
Ja, das war wirklich ein Tunnel unten.
Florian Clauß
0:10:28–0:10:30
Ja, hier doch, da siehst du die Mauerwesten.
Micz Flor
0:10:30–0:10:33
Und wenn du da hinten rechts rausgehst, dann siehst du sogar noch den Eingang,
0:10:33–0:10:35
der halt inzwischen zu ist. Können wir gerne mal gucken.
Florian Clauß
0:10:35–0:10:36
Aber ist das jetzt ein Bombengrad?
Micz Flor
0:10:37–0:10:40
Das ist interessant, weil ich es auch nicht weiß. Aber hier war natürlich Girlie,
0:10:40–0:10:42
der Bahnhof, auch Zugstrecken.
0:10:43–0:10:45
Und ich weiß es nicht.
0:10:46–0:10:49
Vielleicht kannst du diese Sachen in die Shownotes packen.
0:10:49–0:10:54
Aber ich habe auch immer überlegt, ob es entweder hier ein angelegter Krater
0:10:54–0:10:56
ist, der so dann nochmal...
0:10:58–0:11:02
Verdeutlichen und festhalten wollte, dass hier Krieg war und dass hier natürlich
0:11:02–0:11:10
die Gleise wegen Munition und Abtransport in die Konzentrationslager bombardiert wurden.
0:11:10–0:11:14
Also hier Gleistreieck, das waren ja, oder auch hier Anhalter Bahnhof,
0:11:14–0:11:17
die waren ja schwer bombardiert.
0:11:18–0:11:22
Und ich weiß auch nicht, ob das hier entweder eine künstlerische Interpretation
0:11:22–0:11:26
ist, das festzuhalten, um zu sagen, was hier passiert ist, oder ob es wirklich
0:11:26–0:11:30
so geblieben ist und man dann einfach entschieden hat, das hier anders zu bauen
0:11:30–0:11:31
und es hier nicht zuzuschütten.
Florian Clauß
0:11:31–0:11:37
Ich würde vermuten, dass es also, dass es nicht beabsichtigt ausgehoben wurde,
0:11:37–0:11:39
sondern muss irgendwie was passiert sein.
0:11:40–0:11:43
Aber wir nehmen das mal so mit, weil wir werden bestimmt nicht das letzte Mal
0:11:43–0:11:43
durch den Görlitz gehen.
0:11:44–0:11:47
Letztes Mal, als wir hier durchgegangen sind, oder eines der letzten Male,
0:11:47–0:11:52
ich bin ja auch hier mit Rolf gegangen und der hat sich dann auch in den Görlitzer
0:11:52–0:11:55
Park, er wusste nicht, als Freiburger geht man da nicht, wenn es dunkel ist,
0:11:56–0:11:58
dass man so viel konnte. Aber wir sind dann durchgegangen.
Micz Flor
0:11:58–0:12:00
Auch beim Dunkeln?
Florian Clauß
0:12:00–0:12:03
Ja, es war dunkel. Es war mitten im Winter.
0:12:05–0:12:11
Es war aber die Trasse da hinten, die war ein bisschen dunkel.
0:12:11–0:12:16
Aber das letzte Mal, als wir da durchgegangen sind, das möchte ich mal referenzieren,
0:12:16–0:12:18
da sind wir ja von Maikäfern, Junikäfern angegriffen worden.
0:12:19–0:12:21
Aber war das da hinten? Das war hier. Das war hier, die Allee.
Micz Flor
0:12:22–0:12:23
Kapteurer Park?
Florian Clauß
0:12:23–0:12:29
Nee, aber hier gab es auch Das war so die Schlüpfphase, wo dann alle rausgekommen
0:12:29–0:12:32
sind und uns für Bäume gehalten haben.
Micz Flor
0:12:34–0:12:36
Wo wir uns einfach für im Weg gehalten haben.
Florian Clauß
0:12:37–0:12:42
Nein, die haben sich ja in die Haare so verfranst. Das ist halt so deren instinktives, ja, irgendwas.
Micz Flor
0:12:42–0:12:43
Irgend so was.
Florian Clauß
0:12:43–0:12:46
Im Mund reinkrabbeln und Eier legen durch die Nase.
Micz Flor
0:12:46–0:12:49
Das erinnert uns an die Folge von Drood. So, jetzt wie finde ich die Brücke
0:12:49–0:12:52
wieder zurück ins Thema.
0:12:52–0:12:59
Und zwar wollte ich jetzt erstmal die englische Version der King James Bibel vorlesen.
0:12:59–0:13:04
Von dem gleichen Text, die heißt But they constrained him saying,
0:13:04–0:13:09
abide with us, for it is toward evening and the day is far spent.
0:13:11–0:13:12
Also dieses ...
Florian Clauß
0:13:12–0:13:14
Was heißt constraint in dem Zusammenhang?
Micz Flor
0:13:15–0:13:17
Nein, die haben ihn festgehalten oder zurückgehalten.
Florian Clauß
0:13:17–0:13:20
Es ist immer recht übergriffig, die Formulierung.
Micz Flor
0:13:20–0:13:25
Es ist eine sehr direkte Ansprache. Da müssen wir durch, wieder raus jetzt.
Florian Clauß
0:13:25–0:13:28
Wir gehen jetzt einfach geradeaus die Straße runter.
Micz Flor
0:13:29–0:13:33
Und abide with us ist eben bleibe bei uns. Stay with us ist auch manchmal moderne.
0:13:33–0:13:35
Abide with us ist wohl so ein altenglisches.
0:13:36–0:13:40
Bleib bei uns. Also abide with me ist eigentlich das, wo ich hin will jetzt.
0:13:40–0:13:46
Weil es gibt ein Lied, also diese Verknüpfung mit der Emaus-Ölberg-Gemeinde
0:13:46–0:13:53
und dem Lied, was ich gerade singe mit ein paar Menschen für,
0:13:54–0:13:57
jetzt bleibt es so ein bisschen anonymer, du weißt ja, es ist die Beerdigung
0:13:57–0:13:58
nächste Woche am Mittwoch.
Florian Clauß
0:13:59–0:13:59
Ja.
Micz Flor
0:13:59–0:14:07
Und dafür singe ich mit ein paar anderen, die völlig unerwartet verstorbene
0:14:07–0:14:11
Kollegin, mit der wir auch privat, du kennst ja auch was auf der Weihnachtsparty und so,
0:14:12–0:14:15
da singen wir ein Lied und das heißt Abide With Me.
0:14:15–0:14:18
Und das ist so ein ganz schön englisches Lied und das ergreift mich auch sehr
0:14:18–0:14:20
und das hat mich einfach viel beschäftigt.
0:14:20–0:14:24
Und weil ich jetzt eine Folge machen möchte, aber auch eine Folge machen muss,
0:14:24–0:14:26
habe ich dann eben gedacht, ich nehme mir das mal, ich gucke mir das mal ein
0:14:26–0:14:32
bisschen genauer an. Und dann kam dieser Link halt zu Berlin über die Kirche,
0:14:32–0:14:35
wo wir gerade angefangen haben. Fand ich irgendwie, das passt so ganz gut.
Florian Clauß
0:14:35–0:14:40
Ah, okay. Also du hast dann auf dem, also das Wort Abide hatte ich ja noch.
Micz Flor
0:14:40–0:14:43
Abide with me. Und dann habe ich gedacht, als ich angefangen habe,
0:14:43–0:14:46
so jetzt möchte ich mal ein bisschen recherchieren zu dem Lied und ein bisschen
0:14:46–0:14:48
was darüber sagen. Vielleicht ist es ja eine Folge.
0:14:51–0:14:54
Dann kam ich halt in der Übersetzung drauf, Moment Mann, das kennst du doch
0:14:54–0:14:58
den Spruch. und dann bin ich halt eben nochmal hingegangen und hab's mir angeschaut
0:14:58–0:15:00
und hab gesagt, ach, das ist ja lustig, da können wir wirklich auch anfangen.
0:15:01–0:15:06
Das war wie so eine Bestätigung, dass ich darüber sprechen darf und Verifikation oder dass.
Florian Clauß
0:15:06–0:15:07
Das relevant ist. Wer erlaubt dir das?
Micz Flor
0:15:09–0:15:11
Die Stadt Berlin hat's mir erlaubt.
Florian Clauß
0:15:12–0:15:14
Der Vibe, der Vibe.
Micz Flor
0:15:15–0:15:21
Und das andere, was du gerade gesagt hast, hier mit, na, mit,
0:15:22–0:15:28
wo ich Drood gesagt hatte, wie kann man da gerade nochmal Du hattest irgendetwas Unheimliches?
Florian Clauß
0:15:31–0:15:34
Übergriffig oder meinst du das davor?
Micz Flor
0:15:34–0:15:39
Nee, hab's vergessen. Aber auf jeden Fall sprechen wir auch über die Zeit,
0:15:39–0:15:51
in der eben zum Beispiel Charles Dickens, den ich über die Folge Drood mal vorgestellt hatte, auch.
0:15:52–0:15:57
Das ist so diese Zeit, also so frühes, mittleres, spätes 19.
0:15:58–0:15:59
Jahrhundert in England.
Florian Clauß
0:15:59–0:16:05
Ja, das fällt mir auch, also Druid, das ist so, was ich zuletzt auch dann mit
0:16:05–0:16:09
Chris über Nosferatu besprochen habe, das Dread, das war mir als Ausdruck,
0:16:09–0:16:11
Dreadlocks und so weiter, das kennt man ja,
0:16:12–0:16:17
aber das ist halt so dieses morbide, das Wort, das ist auch in diesem Kontext
0:16:17–0:16:22
mit den Ramm Stokers, mit dem Dracula, ist das dann auch so verwendet worden.
Micz Flor
0:16:22–0:16:25
Genau, Dread ist so eine Art Schrecken, so ein tiefer Schrecken.
0:16:25–0:16:31
Also Drood wiederum ist benannt nach dem letzten unfertigen Roman von Charles Dickens.
0:16:31–0:16:36
Edwin Drood heißt er, die Hauptperson. Und da so kam es dann auf den Titel drauf.
0:16:36–0:16:39
Aber es sieht auch einfach gut aus. D-R-O-O-D ist echt einfach.
0:16:39–0:16:43
Du siehst es so und es ist irgendwie unheimlich. Wahrscheinlich wegen Dread.
0:16:46–0:16:49
Und dieser Schreiber, über den wir uns jetzt, der kommt aber aus einer anderen Richtung.
0:16:49–0:16:55
Der heißt Henry Francis Light, lebte von 1793 bis 1847,
0:16:56–0:17:05
ist also 54 Jahre alt geworden und hat viele Texte, Poems, Hymnen geschrieben.
0:17:05–0:17:09
Und Abide With Me ist auch eine Hymne, die, wie wir später noch herausfinden
0:17:09–0:17:16
werden, kulturell in England immer noch ganz, ganz, ganz zeitgemäß ist.
0:17:16–0:17:22
Also ganz viel gesungen wird, zum Beispiel bei jedem FA Cup Final oder bei jedem
0:17:22–0:17:27
Rugby Spiel der Liga wird halt dieses Abide With Me am Anfang gesungen als Lied.
0:17:27–0:17:35
Obwohl es ein sehr morbides Lied ist, einfach im Sinne von es geht um Sterben,
0:17:35–0:17:39
es geht um die Zeit kurz vor dem Tod.
0:17:40–0:17:47
Das ist eigentlich auch irgendwie ein Gebet. 1947 ist Henry Francis Light gestorben.
0:17:48–0:17:55
Und erst 16 Jahre nach einem Tod wurde dann dieser Text von einem Komponisten,
0:17:55–0:17:58
William Henry Monk, aufgegriffen.
0:17:58–0:18:03
Und der hat dann 1861 die Melodie Eventide, heißt das.
0:18:04–0:18:06
Das Wort Eventide kommt auch vor. Wir gucken uns nachher nochmal den Text an.
0:18:06–0:18:11
Da hat er eine Melodie geschrieben, die jetzt quasi eins zu eins verwoben ist
0:18:11–0:18:14
mit diesem Lied und auch so immer aufgeführt wird.
0:18:14–0:18:18
Ich habe in einer Quelle auch noch gefunden, dass William Henry Monk,
0:18:18–0:18:23
der als Komponist und aber auch als Redakteur, wo sie eine ganze Sammlung von
0:18:23–0:18:25
christlichen Hymnen gebastelt hat,
0:18:26–0:18:32
dass 1861 eine seiner Töchter dreijährig verstorben sei Und vielleicht,
0:18:32–0:18:37
dass auch dann die Melodie mit inspiriert hätte, beziehungsweise die Auseinandersetzung
0:18:37–0:18:38
mit dem Lied Abide With Me.
0:18:38–0:18:44
Weil das, was wir gerade genannt haben, bleibt bei uns, das will Abend werden oder so.
0:18:45–0:18:48
Und heißt in diesem Lied einfach Stay With Me in dem Moment,
0:18:48–0:18:51
in dem mich das Leben verlässt, in dem ich sterbe.
0:18:52–0:18:56
Und das eher vielleicht da war so meine Vermutung aufgrund von einem persönlichen
0:18:56–0:19:01
Schicksalsschlag, dass ich auch sehr tief mit verbinden konnte.
0:19:01–0:19:06
Aber ich habe das nur einmal gelesen und dann keine weitere Quelle dazu gefunden.
0:19:07–0:19:10
Ich lese mal kurz die ersten beiden Strophen vor.
Florian Clauß
0:19:10–0:19:11
Ja, gerne.
Micz Flor
0:19:11–0:19:14
In Englisch und dann so in einer deutschen Übersetzung.
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Abide with me, fast falls the eventide. The darkness deepens, Lord, with me abide.
0:19:25–0:19:32
When other helpers fail and comforts flee, help of the helpless, oh, abide with me.
0:19:34–0:19:41
In Deutsch, bleib bei mir, schnell sinkt das Tageslicht, die Dunkelheit wächst, Herr, bleibe bei mir.
0:19:42–0:19:51
Wenn Trost versiegt oder eben die Helfer mich verlassen, hilft den Hilflosen, bleibt bei mir.
0:19:52–0:19:56
Help of the Helpless heißt eigentlich die Hilfe der Hilflosen,
0:19:56–0:20:00
aber ich habe es ja als hilft den Hilflosen übersetzt, weil ich dachte mir,
0:20:00–0:20:06
es ist vielleicht sinngemäßer, aber nicht wörtlich.
0:20:07–0:20:14
Die zweite ist wirklich sehr düster. Du kannst jetzt den Nosferatu-Stimmung irgendwie anmachen.
0:20:15–0:20:20
Das heißt Zwift to its close ebbs out life's little day.
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Earth's joy grow dim, its glories pass away. Change and decay in all around I see.
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O thou who changest not, abide with me.
0:20:33–0:20:38
Im Deutschen etwa rasch eilt dahin das Lebens kurzer Tag.
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Die Erde glanzverblasst und die Glorie verstreicht.
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Wechsel und Zerfall sehe ich in allem um mich herum.
0:20:55–0:21:01
O du, der du dich nicht änderst, abide with me. Also bleib bei mir.
Florian Clauß
0:21:02–0:21:07
Und das ist dann schon immer so eine göttliche Instanz angerufen?
Micz Flor
0:21:10–0:21:14
Ja, also ich weiß auch nicht genau, wie kurz oder lang die Folge wird und wo es genau hingeht.
0:21:14–0:21:17
Ich weiß bloß bei mir gerade, dass mich das richtig tief ergreift.
0:21:17–0:21:18
Ich bin einfach auch gerade in Trauer.
0:21:20–0:21:24
Und du weißt ja, ich bin jetzt nicht, ich bin aus der Kirche ausgetreten.
0:21:24–0:21:31
Ich bin kein Mensch, der betet oder in einer Religion irgendwie so sich,
0:21:31–0:21:37
ich wollte sagen, verfangen hat. Aber das ist schon bewertend.
Florian Clauß
0:21:38–0:21:39
Aufgehoben fühlt.
Micz Flor
0:21:40–0:21:44
Ja, oder sich dazugehörig fühlt oder so. Und gleichzeitig muss ich schon sagen,
0:21:44–0:21:49
dass es so ist, dass ich in meinem Beruf als Psychotherapeut natürlich viel
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mit Menschen zu tun habe,
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wo aus all dem, was alle irgendwie so haben, auf einmal so ganz emergent etwas hochsteigt.
0:21:59–0:22:04
Ein Zwang oder eine Angst oder es ist halt so, dass die Sachen manchmal neurophysiologische
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Hintergründe oder Substrate haben, aber oft wirklich auch stimmungsmäßig dieses Gefühl,
0:22:11–0:22:17
dass Dinge entstehen, dass Dinge irgendwie entstehen und irgendwie diese Trauer,
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die einfach entsteht aus Sachen, die man benennen kann,
0:22:20–0:22:24
Aber nichts von dem, was man benennen kann, was rundherum passiert,
0:22:24–0:22:30
in der Summe lässt diese, also kann die Trauer beschreiben.
0:22:30–0:22:32
Also wer nicht getrauert hat, weiß das auch nicht so.
0:22:35–0:22:40
Und irgendwie ist es da so, dass mich das einfach gerade sehr begleitet,
0:22:40–0:22:43
das Lied, weil wir es auch viel üben.
0:22:43–0:22:47
Und dann entstehen halt so bestimmte Dinge, die so auch so ganz widersprüchlich
0:22:47–0:22:51
sind. Und wenn du dann mit anderen Menschen zusammen singst und du dann irgendwie
0:22:51–0:22:53
merkst, wow, wir werden da irgendwie wirklich eine Stimme.
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Es kommt so langsam zusammen und vielleicht singe ich auch noch ein bisschen was vor, ich weiß nicht.
0:22:59–0:23:05
Aber weil die Stimme auch immer was so, die Melodie selbst auch ergreift in
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der Dramatik, finde ich.
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Und dann gibt es so Momente, wo man auf einmal lacht und sich freut,
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weil es einfach so ergreifend ist. und dann aber vor dem Hintergrund,
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warum wir das machen, dann eben die Trauer auch wieder durchkommt.
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Da entstehen so völlig widersprüchliche Emotionen in solchen Situationen.
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Und das ist ja auch nur alles sehr menschlich, aber es ist sehr emotional.
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Da wollte ich eben einfach mal so mich ein bisschen damit auseinandersetzen
0:23:31–0:23:36
und kam dann dazu, dass ich daraus erste Folge mache.
Florian Clauß
0:23:36–0:23:37
Ja, verstehe.
Micz Flor
0:23:39–0:23:46
Ja, die kurze Einordnung so zeitlich, also Leid,
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Stab, so um die Zeit als Charles Dickens, ich glaube ein bisschen früher,
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Oder den Ebenezer Scrooge, wie heißt es nochmal,
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Christmas Carol, das Buch geschrieben hat.
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Was immer noch heute an Weihnachten von der Augsburger Puppenkiste oder irgendwelchen
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anderen noch vorgetragen wird, aufgeführt wird.
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Was als Zeichentrickfilm existiert. Also in der Zeit starb Light und geboren
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wurde er in der Zeit, als England gerade mit Frankreich im Krieg war.
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Da ging das quasi los und der Vater von Light war beim Militär und die wurden also immer versetzt.
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Geboren wurde er in Schottland und dann ist er aber viel umgezogen mit seiner
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Familie, Edinburgh, Newmarket, Manchester, Liverpool.
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Und dann schließlich sind sie nach Irland gekommen, weil Thomas Light,
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so hieß der Vater, da eben auch zum Einsatz kam.
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England hatte man große Angst, das Irland war, ich weiß gar nicht,
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was der politische Begriff ist, aber es wurde quasi von England regiert,
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obwohl es ein eigenes Parlament gab.
Florian Clauß
0:25:02–0:25:04
Sag nochmal bitte die Zeit.
Micz Flor
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Das war 1793 und beim Lesen war es dann auch für mich ein bisschen so, dass ich schon.
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Es ist schon auch tragisch, so dessen Leben.
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Also irgendwie hat mich das auch nochmal ergriffen. Er hat dann irgendwie sehr
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früh seine Familie quasi verloren.
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Die ließen sich eben in Irland nieder.
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Und 1803, da war er dann neun Jahre alt, begann er in Annisgillen in Nordirland
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auf der Portora Royal School.
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Das hatte sein Vater wohl irgendwie noch eingefädelt für seinen älteren Bruder und ihn.
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Und dann hat er sich aber acht und eins schon von seiner Frau getrennt und hat
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dann die Familie verlassen.
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Da habe ich ein kurzes Zitat dazu von Evelyn Miller, die Henry Francis Light
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His Life and Times geschrieben hat.
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Und jetzt beginnt das Zitat. Kurz danach verließ er seine Familie und ging nach
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Jersey. Ich glaube, das ist die Insel, heißt es Insel Jersey.
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Henrys Bruder Thomas ist vielleicht mit ihm gegangen oder blieb möglicherweise
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in der Schule in Annisgillen.
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So oder so gibt es von diesem Zeitpunkt an keinen Hinweis mehr auf den Bruder.
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Anna Maria und ihr Sohn George kehrten nach England zurück, wo nach kurzer Zeit
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beide starben und Henry erfuhr nie, was mit ihnen geschehen war.
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Er fand sich im Alter von neun Jahren allein und ohne jegliche Unterstützung wieder.
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Ein bisschen, also auch wieder versuchen, eine wortliche Übersetzung zu machen.
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Und in dieser Schule fiel er aber schon sehr früh dem Herrn Boros auf.
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Der hat ja die Schulleitung, die ihn dann auch mit in seine Familie genommen
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hat. Können wir hier durchgehen? Ja.
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Hat ihn auch sehr unterstützt und hat auch bei ihm schon eben diese poetische Ader entdeckt.
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Der hat damals schon geschrieben und hat dann später, ging er dann aufs Trinity
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College nach Dublin und wollte dort zuerst Medizin studieren,
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aber hat sich dann für die Kirche entschieden.
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Und er hatte vorher aber auch schon wohl irgendwie Wettbewerbe gewonnen für
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Poetry und so und war da wohl sehr gut mit dabei.
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Er hat dann drei Jahre hintereinander eben diesen Chancellor's Prize for English Verse gewonnen,
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und im Jahre 1813 den ersten Platz unter 24 Studenten und gewann damit eben
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Stipendium aufs Trinity College nach Dublin.
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Nachdem er 1840 die Ordination, also sich auf die Ordination vorbereitet in Dublin,
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hat er so einige Orte, wo er dann als Geistlicher tätig war.
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Er war ein anglikanischer Geistlicher, was das genau bedeutet,
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weiß ich auch nicht. Man möge mir vergeben, wenn ich da ein bisschen unscharf bin.
Florian Clauß
0:28:06–0:28:12
Aber ist es eventuell die anglikanische, ist es die Kirche, die dann irgendein
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englischer König gegründet hat, um sich von Maria Stuart scheiden zu lassen?
Micz Flor
0:28:19–0:28:24
Ja, also es war so, dass Henry Francis Light ein anglikanischer Geistlicher
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war und von der hochkirchlichen Tradition der Church of England geprägt war.
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Und das war aber ein bisschen traditioneller, also legte großen Wert auf die
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Liturgie, auf die Sakramente und auf die klassische Theologie der anglikanischen Kirche.
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Nachdem er so zwei, dreimal umgezogen ist, traf er nämlich, und deshalb ist
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die Ausrichtung der Kirche jetzt dann doch Thema, traf er nämlich Anne Maxwell.
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Da habe ich nur ein kurzes Zitat. Also Anne Maxwell war wohl aus einer auch
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großen Familie, hatte auch genügend Geld, sodass er später seine Schulden abzahlen
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konnte, noch von der Ausbildung, was ihn wohl sehr stolz gemacht hat.
0:29:01–0:29:05
Und die aber, die war sieben Jahre älter, hat ihn ein Leben lang unterstützt,
0:29:05–0:29:08
und auch später, er hat dann irgendwann eine Lungenkrankheit gehabt,
0:29:08–0:29:12
man nimmt an, es sei Tuberkulose gewesen, und hat ihn dann wohl auch lange gepflegt.
0:29:12–0:29:14
Aber sie war Methodistin.
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Dadurch, dass es da wirklich eigentlich einen Konflikt gab zwischen den beiden
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auf dieser Glaubenshebung, die waren aber verheiratet, da habe ich nur einen
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ganz kurzen Ausschnitt von einem Text von Skinner von 1974.
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Und zwar, den muss ich jetzt kurz übersetzen, den habe ich noch nicht übersetzt.
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Oder ich lese mal in Englisch vor und dann in Deutsch. On Sunday mornings in
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Brixham, Brixham war der letzte Ort, also da hat er 25 Jahre allerdings als
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Geistlicher weiter tätig.
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On Sunday mornings in Brixham, Lyle would drive his wife, das war jetzt nicht
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mit dem Auto, das ist länger her.
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Also die hatten das dann scheinbar irgendwie gut hingekriegt,
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dass sie mit unterschiedlichen Glauben und unterschiedlichen Gemeinden auch zusammenkamen.
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Er war wohl auch in Brixham sehr beliebt, ist im Süden Englands, ich glaube in Devon,
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war 25 Jahre da und hatte allerdings immer wieder dann auch aufgrund seiner
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Lungenkrankheit die Notwendigkeit, England zu verlassen, in wärmere Gefilde
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zu gehen, an die Atlantikküste zu gehen.
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Oder ja, das wurde dann auch so eine Routine.
0:30:35–0:30:41
Und da war es dann so oft so, dass eben seine Frau in Briggs & Bleep sich um
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alles gekümmert hat und er dann auf den Reisen war, wo er heilen sollte.
0:30:49–0:30:54
In den 1830er bis 1847, in dieser Zeit, ging es los, dass er halt eine Lungenerkrankung
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hatte. Man vermutet heute sei Tuberkulose und das ist auch wieder so ein bisschen so ein Sprung.
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Du nennst dich vielleicht in die Folge Hyperion, ja, da war ja Kiez, der Poet Kiez.
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Das war jetzt allerdings 30, 40 Jahre vorher, der auch aufgrund seiner Erkrankung dann...
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Starb, sehr jung, starb und der hat Hyperion geschrieben. Das war ja dann irgendwie
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Namensgeber für diese andere Dan Simmons.
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Bevor er mit seiner Frau zusammenkam, gab es so einen Zwischenschritt und den
0:31:30–0:31:33
wollte ich noch erwähnen, weil der für ihn wohl auch so, was diese Spiritualität
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angeht, so ein Wendepunkt war.
0:31:35–0:31:40
Und zwar war er da in Maratio und ich weiß nicht, wie man es ausspricht.
0:31:41–0:31:44
Das ist aber, glaube ich, auch schon in England, nicht mehr in Irland.
0:31:44–0:31:45
Da bin ich mir nicht ganz sicher.
0:31:46–0:31:49
Es war während seiner Zeit in Maration, habe ich wieder übersetzt,
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das ist jetzt aus dem Oxford Dictionary of National Biography von 2004.
0:31:55–0:32:00
Es war während seiner Zeit in Maration, dass Lyle eine spirituelle Erfahrung
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am Sterbebett eines benachbarten Geistlichen, Abraham Swan, machte.
0:32:06–0:32:11
Lyle behauptete, dass diese Begegnung seine ganze Sicht auf das Leben verändert habe.
0:32:12–0:32:18
Er ging daraus mit einem tiefen Glauben hervor und predigte mit neuer Lebenskraft.
0:32:19–0:32:23
Und er hat woanders auch schon mal gesagt, dass er eben da diese,
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so eine Art spirituelle Wende erlebt hat.
0:32:26–0:32:30
Und sich dann, vorher hat er sich manchmal auch so ein bisschen lustig gemacht
0:32:30–0:32:31
über Leute, die so predigten halt.
0:32:31–0:32:35
Das war nicht so ganz sein Ding, also er war jetzt auch nicht so ganz tief in dem Glauben drin.
0:32:35–0:32:41
Aber das, am Sterbe diesen Tod zu begleiten, da hat er sich danach wohl auch
0:32:41–0:32:45
eher dieser Erlösungstheologie zugeschrieben, also diese Suche danach,
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wie man, das ist ja eine irre Strecke, die du gefunden hast.
0:32:49–0:32:52
Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, wir rennen in Sackgassen rein,
0:32:53–0:32:54
aber irgendwie kommen wir dann doch immer wieder weiter.
Florian Clauß
0:32:55–0:32:59
Ja, es ist ganz spannend. Ich habe das Orex herausgesucht, diese Stelle.
0:33:00–0:33:06
Die laufen jetzt parallel zu dem Kanal und treffen dann irgendwann oft.
0:33:08–0:33:10
Die Weichselstraße.
Micz Flor
0:33:11–0:33:14
Gibt noch so den Hintergrund, dass er vielleicht in dieser Zeit schon dieses
0:33:14–0:33:17
Abide With Me in der ersten Fassung geschrieben hat.
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Das war jetzt auf Wikipedia, der Spectator in Magazinen schrieb 1925,
0:33:22–0:33:28
dass es damals geschrieben hätte und also fast drei Jahrzehnte vor seinem eigentlichen Tod.
0:33:29–0:33:33
Aber es lässt sich nicht wirklich belegen und ich habe das auch nur auf Wikipedia
0:33:33–0:33:35
gefunden, was mich wundert.
0:33:35–0:33:40
Aber es ist so, und das habe ich nachher noch mal als Text, das eben dieses
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Abide with me wohl wirklich erst kurz vor seinem Tod geschrieben wurde.
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Ich lese das jetzt noch mal ganz kurz vor und dann gucke ich mal,
0:33:51–0:33:54
ob wir dann fertig sind oder ob dann noch irgendwas entsteht,
0:33:54–0:33:56
emergent aus unserem Gefüge heraus.
Florian Clauß
0:33:56–0:33:59
Du, so war die Folge angekündigt, ja.
0:33:59–0:34:04
Ich meine, du machst hier gerade einen Vortrag über die Lebensgeschichte und
0:34:04–0:34:08
hast hier irgendwelche theologischen Strömungen drin, ja. Und sagst du,
0:34:08–0:34:10
ich will einfach mal frei reden.
Micz Flor
0:34:10–0:34:14
Ja, nee, es stimmt. Das ist vielleicht so ein bisschen, aber auch die Vermeidung,
0:34:14–0:34:17
sich damit nochmal auseinanderzusetzen, weil ich ja vorhin schon angedeutet
0:34:17–0:34:21
habe, ich habe einerseits sehr viele Emotionen, weshalb ich mich dafür so interessiert habe.
0:34:21–0:34:27
Und dann komme ich aber nicht anders an das Thema ran, als mich zu rechtfertigen.
0:34:27–0:34:28
Es ist ja sehr protestantisch.
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Ich habe gute Arbeit geleistet und darf deshalb über das, was mich emotional berührt, reden.
0:34:39–0:34:43
Also bevor er abgefahren ist, hat er wohl eine Version von diesem Abide with me geschrieben.
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Am 1. Oktober 1847, bevor er dann wieder in den Süden, er ist dann bis Nizza
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gekommen und ist dort am 20.
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November 1847 gestorben im Hotel de Angleterre.
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Ich kann das nicht so gut sagen.
Florian Clauß
0:35:02–0:35:04
Da war ich neulich.
Micz Flor
0:35:04–0:35:05
Wirklich?
Florian Clauß
0:35:05–0:35:11
Nein. Ich war in Nizza. Aber das war bestimmt eines von diesen Hotels, wo ich dann wobei ging.
Micz Flor
0:35:12–0:35:17
Es gab damals oder vielleicht, ich glaube immer noch sogar, diesen englischen
0:35:17–0:35:19
Friedhof, der Holy Trinity Church in Nizza.
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Und da ist er auch beerdigt am 22. November.
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Bevor er in der Südenreise hinterließ, er eine Kopie von seinem Text und der
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Musik. Es gibt auch Noten von ihm.
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Davon habe ich aber nur irgendwie eine ganz schlechte Fotokopie gefunden.
0:35:33–0:35:38
Die stelle ich aber auch mit unten zu den Bildern ab, weil vielleicht kann irgendjemand
0:35:38–0:35:40
mit KI die Noten dann nur zusammenschrubben.
0:35:41–0:35:45
Es sieht auf den ersten Blick jetzt auch vierstimmig aus und gar nicht so unähnlich
0:35:45–0:35:47
wie das, was dann später so berühmt wurde.
0:35:47–0:35:52
Aber gleichzeitig habe ich so das Gefühl, dass die Melodien,
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die 16 Jahre später draufgeschrieben wurden, die haben wir, glaube ich,
0:35:56–0:35:58
das Ganze wirklich erst packend gemacht.
Florian Clauß
0:36:01–0:36:05
Guck mal, ich will mir aber deinen Blick auf dieses Gebäude lenken,
0:36:05–0:36:09
das finde ich so gerade überhaupt nicht so klar, was es ist.
0:36:10–0:36:12
Sieht aber auch aus wie eine Kirche, oder?
Micz Flor
0:36:13–0:36:16
Sieht nix? Nein, das sieht aus wie eine Brauerei oder sowas.
Florian Clauß
0:36:16–0:36:18
Brauerei, ja, so was Brauereien.
Micz Flor
0:36:19–0:36:23
Wasserwerk, irgendwie ein Reinigungsding. Ein hohes Gebäude,
0:36:23–0:36:24
das schon fotografiert für unsere...
Florian Clauß
0:36:24–0:36:29
Nee, ich hab noch nicht den guten Dinkel gefunden. Aber ...
Micz Flor
0:36:29–0:36:34
Das ist eine Korkenzieherweide, oder? Ist das eine Korkenzieherweide? Eine Pappe?
Florian Clauß
0:36:34–0:36:34
Ja.
Micz Flor
0:36:35–0:36:37
Und eine Korkenzieherweide und ein paar Kastanenbäume.
Florian Clauß
0:36:46–0:36:49
Ich glaube, hier kann ich ein Foto aufnehmen.
Micz Flor
0:36:51–0:36:51
Darfst du.
0:36:54–0:37:01
Ja, und Abide With Me ist halt in England zum Beispiel beim Begräbnis von King
0:37:01–0:37:04
George 1936 gesungen worden.
0:37:04–0:37:12
Von Queen Mary wurde es 1953 gesungen.
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Und interessanterweise steht Wikipedia auch, ich weiß nicht genau,
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wie ich das aussprich, Sun Yat-Zen 1925, das war ein chinesischer Revolutionär
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und er ist der Präsident der Republik China.
0:37:27–0:37:30
Bei seiner Beerdigung wurde das auch gesungen, also da passt das jetzt vielleicht.
Florian Clauß
0:37:31–0:37:35
Also es klingt ja auch so, wie das jetzt eingeleitet und vorgestellt ist,
0:37:35–0:37:39
es ist ja quasi so ein Requiem vom Stück her.
0:37:39–0:37:42
Ich weiß nicht, ob das jetzt zu sehr auf Klassisch stand so formatiert ist,
0:37:42–0:37:47
Requiem wird man das sagen da, aber so wie es auch jetzt eingesetzt wird mit
0:37:47–0:37:53
der Begräbnis Historie von anderen, könnte man das als Requiem.
Micz Flor
0:37:56–0:37:59
Ich weiß nicht, wie man Requiem definiert. Was ist eine Requiem?
Florian Clauß
0:38:00–0:38:04
Naja, das ist ja im Prinzip das Stück, was man zu seinem Sterben schreibt.
Micz Flor
0:38:05–0:38:09
Was jeder für sich zu seinem Sterben schreibt oder was man vorträgt, wenn jemand stirbt?
Florian Clauß
0:38:09–0:38:14
Ich glaube, Das ist dann halt was von den großen Komponisten.
0:38:14–0:38:18
Das ist dann halt immer das eigene und das ist meistens auch das letzte Stück.
0:38:20–0:38:22
Ich rede völlig aus der hohlen Hand.
Micz Flor
0:38:22–0:38:25
Nein, aber es war auf alle Fälle das letzte Stück. Also er hat dann,
0:38:26–0:38:28
ich weiß auch nicht genau, was mich so richtig, vielleicht weißt du es besser,
0:38:28–0:38:32
was mich da so richtig hinzieht zu dieser ganzen Geschichte.
0:38:35–0:38:39
Aber es ist so, dass diese erste Strophe in sich selbst auch,
0:38:42–0:38:47
Schon, obwohl es die erste Strophe ist, finde ich, in gewisser Weise den Tod so vorweg nimmt.
0:38:48–0:38:52
Das ist auch in der Melodieführung. Ich gehe da vielleicht gerade nochmal zu dem Text rein.
Florian Clauß
0:38:53–0:38:58
Aber ich fände es total schön, wenn du das jetzt singen würdest.
0:38:59–0:39:03
Das nimmt gerade so eine Form an, wo ich das jetzt auch gerne von der Melodie
0:39:03–0:39:06
her hören möchte. Machst du das?
Micz Flor
0:39:08–0:39:11
Ich singe die Bassstimme. Es ist nicht die führende Stimme, aber da kann ich
0:39:11–0:39:15
dann trotzdem vielleicht ein, ich versuch's mal.
0:39:15–0:39:18
Ich bin jetzt nicht eingesungen und wir sind hier auf dem öffentlichen Raum,
0:39:19–0:39:20
aber ich versuch's mal zu machen.
Florian Clauß
0:39:21–0:39:23
Okay, wir können uns da so ein bisschen beiseite stellen.
Micz Flor
0:39:23–0:39:28
Und zwar die erste Folge, Abide with me, fast falls the even tight.
0:39:28–0:39:31
The darkness deepens, load with me, abide.
0:39:32–0:39:34
When other helpers fail and comforts flee.
0:39:35–0:39:39
Also dieses Flüchten, das ist auch so, wenn ich in einem Text so ein Drang,
0:39:39–0:39:43
ein Comforts Flee, also irgendwie verlässt es da alles, es haut alles so ab.
0:39:44–0:39:47
Und dann Help of the Helpless, oh abide with me.
0:39:49–0:39:51
Ich versuche es mal zu singen.
0:39:52–0:40:01
Also, abide with me, fast falls the eventide,
0:40:02–0:40:09
the darkness deepens, Lord with me abide.
0:40:10–0:40:15
Und jetzt kommt halt dieses Drängen zu dem Flea und danach dann schon irgendwie der Tod so.
0:40:17–0:40:24
When other helpers fail and comforts flee,
0:40:25–0:40:34
help of the helpless, oh abide with me.
0:40:35–0:40:38
Eigentlich meh, aber so tief komme ich nicht runter.
Florian Clauß
0:40:38–0:40:40
Wow, ich habe schon so ein bisschen Shower.
Micz Flor
0:40:40–0:40:48
Und das ist dieses when other helpers fail and come da kommt so ein Synkopierand fail,
0:40:48–0:40:54
wie so ein Stolpern fail and comforts flee und dann wird es laut und dann hast
0:40:54–0:40:59
du auf einmal auch alle drei alle vier Stimmen so auf so einem Höhepunkt und
0:40:59–0:41:00
dann kommt dieser komische help,
0:41:01–0:41:06
help das ist eine große Sekunde über dem eigentlichen Ton vom Tenor,
0:41:06–0:41:11
also du überrumpelst wobei, warte mal, es ist immer vielleicht muss ich nochmal
0:41:11–0:41:12
gucken, aber es ist auf alle Fälle,
0:41:12–0:41:16
ein dissonanter Ton, der da reingeschmissen ist so, help und dann denke ich
0:41:16–0:41:20
halt wirklich an die Bete so, help, I need somebody, help help,
0:41:21–0:41:27
I need somebody, help also irgendwie so dieses Rufen, so help of the helpless,
0:41:28–0:41:33
und dann kommt eine Atempause oh, abide with me und für mich sind diese letzten
0:41:33–0:41:37
beiden Teilen einfach auch so when others fail and come let's flee und dann
0:41:37–0:41:42
help und dann ist der Moment auf der anderen Seite des Berges.
0:41:42–0:41:46
Also in dem Moment ist er eigentlich schon gegangen. Er weiß, ich sterbe jetzt.
0:41:47–0:41:49
Der Rest danach ist dann vielleicht eher so ein innerer Monolog.
0:41:50–0:41:56
Aber ich finde diese erste Strophe einfach wirklich ergreifend.
Florian Clauß
0:41:57–0:42:03
Ja, krass. Ich kann absolut nachvollziehen, dass sich das jetzt in der Trauer
0:42:03–0:42:09
so auch dass du da auch so reingehst einfach.
0:42:11–0:42:18
Und das finde ich auch sehr ergreifend. Das habe ich gerade schon mal gesagt. Aber berührend.
Micz Flor
0:42:18–0:42:23
Es ist aber wirklich dann auch beim Singen diese Sache, dieses Glücksgefühl,
0:42:23–0:42:29
wenn es dann eben auch das erzeugt, was eigentlich das ergreifende Traurige ist.
0:42:29–0:42:37
Also diese dieses erleben von diesen sehr sehr sehr unterschiedlichen emotionen ist erstaunlich und,
0:42:39–0:42:45
Dass es möglich ist, gleichzeitig unvereinbare Gefühle zu erleben.
0:42:46–0:42:48
Aber es ist nichts, was man im Alltag tut.
0:42:48–0:42:51
Oder ich habe jetzt vielleicht wirklich eine ganze Folge lang vorgetragen,
0:42:51–0:42:53
um mich damit nicht so richtig auseinanderzusetzen.
0:42:54–0:42:57
Und gleichzeitig, wenn es dann mal möglich ist, in solchen kurzen Momenten,
0:42:57–0:42:59
finde ich, dann erlebt man sich auch viel lebendiger.
0:42:59–0:43:03
Es ist einfach, man sagt ja berührend, man berührt sich dann auch selbst oder
0:43:03–0:43:07
einen Teil von sich selbst, den man sonst nicht so leicht berühren kann.
Florian Clauß
0:43:08–0:43:15
Ja, ich meine, wir sind ja, oder du bist ja mit Ostern eingestiegen und das
0:43:15–0:43:21
ist ja genau Karfreitag und Ostersonntag, das sind ja diese beiden Pfeiler von
0:43:21–0:43:23
absoluter Trauer und absoluter Freude.
0:43:24–0:43:30
Das ist ja genau dieses Komplimentäre, was innerhalb dieser Tage so erlebt wird.
0:43:30–0:43:33
Was jetzt nicht gleichzeitig erlebt wird, aber es ist ein Teil der Prozession.
0:43:34–0:43:41
Und klar geht es da im christlichen Sinne immer dieses Herr,
0:43:41–0:43:45
es gibt eine Auferstehung und ich freue mich drauf.
0:43:45–0:43:49
Also es ist ja dieses Versprechen, was da drin hängt.
0:43:50–0:43:56
Gleichzeitig, wie du sagst, dass in dem Moment des Helps dann der Klimax des
0:43:56–0:43:58
Berges überstiegen ist und du auf der anderen Seite bist.
0:43:59–0:44:03
Also das heißt, dann ist der Sitz noch warm, aber du wirst schon weg.
0:44:04–0:44:09
Also das ist so die Wärme, die noch so nachwirkt, aber die Person ist nicht mehr da.
0:44:11–0:44:15
Eigentlich, das ist ja das, wenn man Sterben als Prozess dann sieht.
0:44:16–0:44:19
Irgendwann gibt es dann halt, dass die Körperwärme entweicht.
0:44:20–0:44:26
Und ich glaube, das ist so dieser Moment eben, wo es halt so in der Welt ist.
Micz Flor
0:44:26–0:44:26
Ja.
Florian Clauß
0:44:27–0:44:31
Also das ist... Und ich würde... Ich weiß nicht, ob ich...
0:44:33–0:44:37
Also ich hatte es ja selber überrascht, dass du dich da jetzt so mit dieser
0:44:37–0:44:41
Lebensgeschichte so auseinandergesetzt hast.
0:44:41–0:44:45
Was mir da noch als Assoziation einfällt, aber ich weiß nicht,
0:44:45–0:44:49
ob du das dann so verwenden kannst, ist so ein bisschen wie.
0:44:50–0:44:55
Ich kriege es auch nur noch fragmentarisch zusammen, aber es ist so wie der
0:44:55–0:44:57
Film Drawing by Numbers von Peter Greenaway.
0:44:58–0:45:02
Ich habe da auch nur noch so Snapshots im Kopf, wo ein Kind,
0:45:03–0:45:09
Junge, dann eben bei den überfahrenen Tieren oder ich glaube, es sind tote Tiere,
0:45:09–0:45:16
dann anfängt, da so bestimmte Nummern so einzuzeichnen und so ein bestimmtes Raster zu entwickeln.
0:45:16–0:45:25
Und einen gewissen Überbau da drauf zu legen, um eben irgendwie mit diesem Tod
0:45:25–0:45:30
in irgendeiner fassbaren Form dann zurecht zu kommen.
0:45:30–0:45:34
Und so ein bisschen denke ich, vielleicht ist es ja so,
0:45:34–0:45:38
dass du hast dich damit auseinandergesetzt und hast dann dieses Wort gefunden,
0:45:38–0:45:43
du hast dann in dem Wort eine Biografie gefunden und du bist in diese Biografie
0:45:43–0:45:49
eingestiegen, du hast diesen Menschen kennengelernt und gleichzeitig ist das
0:45:49–0:45:53
so dieses Nummernwerk drumherum um ein Ereignis, was einfach nicht beschreibbar ist.
0:45:53–0:45:59
Und damit wird es irgendwie zu so einer Form, die dann wieder erlebbar wird
0:45:59–0:46:04
und die eine gewisse Identifikation dann vielleicht auslösen kann.
0:46:07–0:46:11
So habe ich jetzt einen Eindruck. Ich weiß nicht, ob du das irgendwie so...
0:46:12–0:46:16
Also ich glaube, es ist aber auch so eine total natürliche Reaktion,
0:46:16–0:46:22
weil dieses Unbegreifbare muss man ja irgendwo auch für sich irgendwo sortieren können.
0:46:22–0:46:28
Und dafür sind dann halt solche Biografien, glaube ich, sehr stark.
0:46:30–0:46:33
Also ich fand's wirklich,
0:46:35–0:46:36
Also eine tolle Geschichte.
Micz Flor
0:46:37–0:46:41
Ja, also es ging auch beim Vortragen so wirklich, dass es so schwierig war,
0:46:41–0:46:44
dann zwischen Zahlen und dem Versuch, das irgendwie einzuatmen,
0:46:44–0:46:47
diesen Mensch zu zeigen.
0:46:48–0:46:51
Sondern es blieb dann, glaube ich, auch ein Schritt davor für mich.
Florian Clauß
0:46:52–0:46:53
Ja, verstehe.
Micz Flor
0:46:56–0:47:00
Und es gab auch diese anderen Spuren. Ich hatte in der Tat mit Hyperion oder
0:47:00–0:47:03
mit Root, mit Charles Dickens und so, hatte ich schon immer auch das Gefühl,
0:47:04–0:47:12
da so in was reinzukommen, was nochmal ein anderes, morbides Gefühl ist.
0:47:12–0:47:19
Also wo Morbidität, dann stirbt halt ein Kind mit drei Jahren,
0:47:19–0:47:22
dann stirbt halt die Frau oder der Rektor früher.
0:47:22–0:47:25
Das war einfach eine andere Zeit.
0:47:25–0:47:31
Wie bei Nosferati auch, wo dann diese Schattenhand einfach eine ganze Stadt ergreift.
0:47:31–0:47:36
Man wusste nicht, woher es kommt. Man hatte kein richtiges Verständnis davon,
0:47:37–0:47:40
vielleicht von Giften noch mehr als von Bakterien und so weiter.
0:47:40–0:47:49
Aber das war einfach eine Zeit, in der Tod noch viel anwesender war und auch
0:47:49–0:47:51
immer in so Schüben dann so kam.
0:47:51–0:47:57
Also wie bei Kiez oder eben bei Leit hier, dass die mit ihrer Tuberkulose,
0:47:57–0:48:01
dann wurden da unterschiedlichste Sachen vorgenommen, die alle...
0:48:02–0:48:06
Die jetzt heute nicht mehr unbedingt wissenschaftlich nachvollziehbar sind.
0:48:07–0:48:12
Zum Beispiel wurde ja Kiez, wurde dann Adalas, hat er so viel Blut verloren,
0:48:12–0:48:15
dass er es eigentlich dann gar nicht mehr schaffen konnte.
0:48:15–0:48:18
Also da fehlte ihm eigentlich die Kraft, hatte ich ja in einer Quelle dann auch
0:48:18–0:48:22
so vorgetragen, im heutigen Blick, und denke, das war genau nicht das, was gut hier war.
0:48:24–0:48:29
Und diese Idee von so wissenschaftlichem Blick auf die Vergangenheit dreht sich dann auch immer reihum.
0:48:30–0:48:35
Ich wollte jetzt noch einen Filmkurs mit reinnehmen und zwar kannst du dich
0:48:35–0:48:37
an Highlander erinnern?
Florian Clauß
0:48:37–0:48:44
Ja, also ich habe den vor Ewigkeiten, aber weil ich den Hauptdarsteller nicht mag Ah ja.
Micz Flor
0:48:44–0:48:48
Okay deshalb hast du ihn vor Ewigkeiten gesehen aber du kannst dich vielleicht
0:48:48–0:48:50
noch an den in Anführungszeichen bösen,
0:48:51–0:48:54
Highlander erinnern ne, ne, war nicht Highlander, aber einer von denen,
0:48:54–0:48:58
ich weiß gar nicht wie die hießen der Kurgan dieser Rasierte,
0:48:58–0:49:00
der dann quasi das letzte auch steht.
0:49:01–0:49:06
Und der hat so eine Szene in der Kirche, wo er sagt so, I have something to say.
0:49:07–0:49:13
Und dann ruft er einfach so, it's better to burn out than to fade away.
0:49:13–0:49:21
Und das ist so ein Zitat aus dem Lied Hey, hey, my, my, into the black von Neil Young.
0:49:23–0:49:29
Und dann glaube ich mal, hey, rock'n'roll is here to stay. it's better to burn out than to fade away.
0:49:29–0:49:35
Und das ist dann auch so ein Satz, der hat es dann in Kurt Cobains Suicide Note geschafft.
0:49:35–0:49:37
Also it's better to burn out than to fade away.
0:49:38–0:49:42
Das steht halt so da. Und dann, man sagt ja auch manchmal so,
0:49:42–0:49:47
ja gut, wenn man die Kerze an beiden Seiten ansteckt, dann brennt sie kürzer so irgendwie.
Florian Clauß
0:49:47–0:49:51
Aber dafür heller. Ja, ist so ein bisschen das Rock'n'Roll-Versprechen.
Micz Flor
0:49:52–0:49:57
Und ich fand es ganz lustig, das schon früh, als es mit seiner Krankheit losging,
0:49:57–0:49:59
wo man ihm gesagt hat, so mit Ende 20, Anfang 30, mach mal langsam,
0:50:00–0:50:03
mach mal langsam, dann hat er gesagt, also hier Light, hat gesagt,
0:50:04–0:50:07
it's better to wear out than to rust out.
0:50:08–0:50:12
Das ist so eine ganz milde Form, genau das gleiche Zitat. Better to wear out.
0:50:13–0:50:16
Also es ist besser, sich abzunutzen, als zu verrosten.
0:50:17–0:50:22
Also dass man tut und macht und arbeitet und nicht einfach nur verrostet.
Florian Clauß
0:50:22–0:50:27
Das ist so eine gläubige Variante, ne?
Micz Flor
0:50:28–0:50:29
So eine protestantische Sprache.
Florian Clauß
0:50:29–0:50:30
Ja, man muss es halt schaffen.
Micz Flor
0:50:31–0:50:36
Ja, aber ich wollte ja, hatte ja versprochen, dass ich ein paar Pop-Trivia-Zitate anziehe.
0:50:36–0:50:42
Das eine meine, eine Entdeckung ist eben, Better to wear out than to rust out,
0:50:42–0:50:44
ist quasi der Vorgänger von Neil Youngs.
0:50:44–0:50:51
Und das andere war ja klar, das Help von den Beatles, ist auch in Light Abide with the.
Florian Clauß
0:50:54–0:50:59
Ja, das finde ich irgendwie schön, wie du das herausgearbeitet hast. Dieses Dissonante.
0:50:59–0:51:04
Das war diese Harmonie und auf einmal dieses Herb.
0:51:06–0:51:11
Ja, ich meine, klar, es geht halt, eins ist sicher, wir werden alle sterben.
0:51:12–0:51:18
Jeden führt keinen Weg drumherum. Das heißt, wer kann.
Micz Flor
0:51:18–0:51:20
Darf aber in zwei Wochen wieder einschalten.
Florian Clauß
0:51:22–0:51:30
Gute Überleitung Das war eigentlich Podcast Epidone 76 Danke Mitch für diese,
0:51:31–0:51:34
Teilnahme Anteilnahme Danke dir.
Micz Flor
0:51:35–0:51:40
Dass du so ein bisschen mich gekitzelt hast dabei, dass ich dann wieder wie
0:51:40–0:51:46
würde man sagen, den rechten Pfad gefunden habe Genau, den Gottespfad Dass ich
0:51:46–0:51:48
mich nicht aus meiner eigenen Folge rausschneide,
0:51:51–0:51:51
Ja.
Florian Clauß
0:51:53–0:51:59
Ihr könnt das Ganze, wo wir jetzt langgelaufen sind, könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de sehen.
0:51:59–0:52:02
Und ich denke, Mitch, du wirst auch die Noten.
Micz Flor
0:52:03–0:52:07
Ja, ich habe das vielleicht noch für die, die selber mit Musik zu tun haben.
0:52:07–0:52:15
Es gibt, wie heißt das, Gitarrtux für Gitarrensätzen. Es gibt Rose Garden und
0:52:15–0:52:20
was ich gerade benutze, heißt Muse Score, also wie Muse und Score.
0:52:21–0:52:24
Das sind Software, mit der man Noten setzen kann.
0:52:24–0:52:29
Und ich lade die dann hoch, weil ich habe jetzt wirklich die vier Stimmen für
0:52:29–0:52:31
unsere kleine Gesangsgruppe nochmal gesetzt.
0:52:32–0:52:35
Und mich deshalb auch viel mit den Noten nochmal, also weil du musst dann wirklich
0:52:35–0:52:37
ja jede Note nochmal einzeln setzen.
0:52:38–0:52:41
So ein meditatives Verfahren wo du gleichzeitig aber auch nochmal drauf guckst
0:52:41–0:52:48
und wirklich nochmal verstehst wie die gegenläufig arbeiten und welche Melodie wo erscheint also.
Florian Clauß
0:52:48–0:52:53
Das heißt du veröffentlichst quasi jetzt die Noten zu dem die vier Stimmen zu dem.
Micz Flor
0:52:53–0:52:58
Ja ne ich hab die nur nochmal quasi das sind die Originale von 1861 nicht von
0:52:58–0:53:01
mir das steht auch so drauf aber die lade ich auch nochmal hoch wer Lust hat
0:53:01–0:53:07
das sich nochmal irgendwie anzueignen und ja,
0:53:08–0:53:10
durchzuschauen, kann das dann da auch machen.
Florian Clauß
0:53:10–0:53:14
Ja, sehr schön. Also das finden wir auch auf unserer Seite. Ansonsten,
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Mitch hat es dann gesagt, das nächste Mal wieder in 14 Tagen.
0:53:17–0:53:19
Da habe ich schon gesneakt mit Ali.
0:53:19–0:53:23
Eine Runde, bis dahin, mach...

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Gemeinsam gestalten wir Wandel

Wieder eine Gast-Folge von Eigentlich-Podcast: Flo hat Rolf Behringer getroffen, Geschäftsführer des Vereins Solare Zukunft. Wir haben die Episode Anfang des Jahres aufgenommen und waren noch zum einen in euphorischer Stimmung direkt nach dem 38c3 zum anderen im Ungewissen, was da uns das Jahr bescheren wird. Wir sind uns aber einig, dass wir eine gesellschaftliche Resilienz aufbauen müssen, um demokratische Strukturen zu stärken. Hierfür setzt Rolf in seiner Projekt-Tätigkeit die Gemeinwohl-Methode ein. Rolf erläutert, wie diese Methode darauf abzielt, den Austausch und die Zusammenarbeit in der Zivilgesellschaft zu fördern. Dabei wird unter anderem die Auswahl zufälliger Bürgerinnen und Bürger strategisch eingesetzt, um repräsentative Ergebnisse zu erzielen und eine breitere Akzeptanz der Entscheidungen zu erreichen. Wir sprechen über die Herausforderungen, die es in der Gesellschaft gibt, wenn es um Klimawandel und Energiewende geht, und wie wichtig es ist, unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen, um die Akzeptanz zu steigern. Wir sind diesmal wieder in Kreuzberg unterwegs und trauen uns im Dunkeln in den Görlitzer Park, obwohl selbst Rolf als Freiburger weiß, dass dies ein NoGo-Area ist.

Shownotes

Mitwirkende

avatar
Rolf Behringer
Erzähler
avatar
Florian Clauß

Transcript

Rolf Behringer
0:00:02–0:00:05
Eins, zwei, drei, vier.
Florian Clauß
0:00:06–0:00:11
Ja, sieht gut aus. Ich mache aus, stecke es ein und sage...
0:00:11–0:00:15
Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast.
0:00:16–0:00:19
Der Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:20–0:00:26
Und heute auch wieder mit einem Gast neben mir läuft Rolf. Hallo Rolf.
Rolf Behringer
0:00:26–0:00:29
Ja, hallo Florian. Schön, dass wir zusammen spazieren gehen.
Florian Clauß
0:00:29–0:00:34
Es hat sich so ergeben, dass wir jetzt einen Podcast aufnehmen und zwar,
0:00:34–0:00:37
ich muss jetzt das Datum sagen, wir sind heute am 2.
0:00:38–0:00:44
Januar, es hat sich so ergeben, dass du in Berlin bist und wir auch gemeinsam
0:00:44–0:00:46
das Jahr begonnen haben.
Rolf Behringer
0:00:46–0:00:47
Ja, sehr schön.
Florian Clauß
0:00:47–0:00:53
Genau. Ich kam vom Kongress, vom Chaos Communication Kongress.
0:00:53–0:00:59
Das war zwischen den Jahren und natürlich mit lauter Euphorie und Inspiration.
0:01:00–0:01:06
Und jetzt ist doch, wenn wir am Anfang von 2025 stehen, merken wir,
0:01:06–0:01:09
dass es wahrscheinlich ein Jahr werden wird,
0:01:10–0:01:16
bei dem man sich auf bestimmte Umstände einstellen muss, die nicht ganz positiv sind aus unserer Warte.
0:01:16–0:01:23
In Amerika wird ein neuer Präsident wieder ins Amt gehoben und in Deutschland
0:01:23–0:01:26
steht eine Bundestagswahl schon bevor.
0:01:27–0:01:33
Naja, die Aussichten sind jetzt wahrscheinlich nicht so rosig und wir haben
0:01:33–0:01:38
auch für uns so gesehen, dass wir uns einfach auch stärken müssen,
0:01:38–0:01:41
wo wir eine gewisse Resilienz aufbauen.
0:01:41–0:01:48
Und da hast du ja auch Erfahrung, sage ich mal so als Übergang,
0:01:48–0:01:52
nämlich du bist Geschäftsführer des Vereins Solare Zukunft.
0:01:53–0:01:57
Du bist Buchautor, hast schon einige Bücher publiziert.
0:01:58–0:02:03
Der Verein Solare Zukunft hat als Slogan, soweit ich das noch in Erinnerung
0:02:03–0:02:08
habe, gemeinsam Wandel gestalten.
0:02:08–0:02:10
Richtig? Ja, sehr gut.
0:02:13–0:02:17
Genau. Und solare Zukunft, da steckt es schon im Wort.
0:02:17–0:02:24
Ja. Du hast dich viel mit Solar, Solarzellen, Solarmodulen, aber auch mit Gesellschaft.
0:02:24–0:02:29
Wie kriege ich das an die Gesellschaft, an den Mann, an die Frau ran? Richtig?
Rolf Behringer
0:02:30–0:02:33
Ja, genau. Wobei sich das nicht nur auf Solarmodule beschränkt.
0:02:33–0:02:40
Im Grunde war sogar der Beginn des ganzen Wirkens 1990, 1991 rum,
0:02:40–0:02:43
als ich mich dann vertieft mit Solarkocher befasst habe.
Florian Clauß
0:02:44–0:02:46
Solarkocher, du hast auch ein Buch dazu geschrieben.
Rolf Behringer
0:02:46–0:02:50
Genau, ein Buch über Solarkocher, Solaröfen.
0:02:51–0:02:55
Dem Ziel auch eine ordentliche Bauernleitung mit dazu zu geben,
0:02:55–0:02:58
damit die auch selbst gebaut werden können bei Bedarf.
Florian Clauß
0:02:58–0:03:03
Ist das so, dass tatsächlich jeder so mit Haushaltsmitteln einen Solarkocher bauen kann?
Rolf Behringer
0:03:03–0:03:08
Naja also nicht den, den ich in dem Buch versuche da zu vermitteln.
0:03:09–0:03:13
Das ist schon so, dass man handwerklich geschickt sein sollte oder vielleicht
0:03:13–0:03:17
handwerkliche Unterstützung hat, Aber letzten Endes geht es schon.
0:03:17–0:03:23
Wir waren viel in Workshops, auch in südlichen Ländern, sonnigen südlichen Ländern.
0:03:24–0:03:29
Da habe ich viele Menschen ausgebildet, um auch die Solaröfen selbst zu bauen.
0:03:29–0:03:35
Und es gibt da die Unterscheidung zwischen Solaröfen, die halt einen inneren
0:03:35–0:03:36
Raum haben, der sehr heiß wird.
0:03:36–0:03:41
Und die Parabolspiegel, die auch Solarkocher genannt werden,
0:03:41–0:03:47
die bündeln ja das Sonnenlicht direkt auf den Topf, idealerweise auf den schwarzen Topf.
0:03:47–0:03:51
Also das unterscheidet sich auch nochmal. Und deshalb habe ich mich für diese
0:03:51–0:03:52
Holzkonstruktion entschieden.
0:03:52–0:03:54
Das heißt eine Holzbox von außen.
0:03:55–0:04:00
Innen drin ist ein bisschen schwarzes Blech, meistens sehr dünnes Aluminiumblech
0:04:00–0:04:06
und eine Doppelverglasung. Verglasung und damit kann man so ein Gerät schon
0:04:06–0:04:06
zum Funktionieren bringen.
0:04:07–0:04:09
Wir hatten Temperaturen von bis
0:04:09–0:04:15
zu 180 Grad in Afrika erzielt und bei uns ungefähr maximal 150, 160 Grad.
Florian Clauß
0:04:15–0:04:21
Okay, das kommt aber dem Trend von Slow Cooking, dass man bei niedrigen Temperaturen dann auch kocht.
Rolf Behringer
0:04:22–0:04:25
Genau, damals hat noch niemand von Slow Cooking geredet, muss ich sagen.
0:04:25–0:04:30
Und inzwischen bläst der Wind uns in die Segel. Also der Trend.
0:04:32–0:04:37
Tatsächlich gibt es Leute, die halt sagen, das ist ja total gut, dass es so langsam geht.
0:04:38–0:04:42
Also es geht, je nachdem, was man so macht, kann es bis doppelt so lange dauern
0:04:42–0:04:44
wie bei dem konventionellen Kochen und Backen.
Florian Clauß
0:04:45–0:04:48
Und gibt es da so eine Mitführtechnik?
0:04:49–0:04:52
Weil die Sonne, die wandert ja um die Erde.
Rolf Behringer
0:04:52–0:04:52
Habe ich gehört.
Florian Clauß
0:04:53–0:04:55
Um die flache Erde.
Rolf Behringer
0:04:56–0:05:03
Genau. Also bei den Parabolspiegeln ist es wichtiger, dass die exakt nachgeführt
0:05:03–0:05:05
werden, wegen dem Brennpunkt.
0:05:05–0:05:10
Aber auch da gibt es letzten Endes die relativ günstigen Anwendungen,
0:05:10–0:05:12
die werden auch von Hand nachgeführt.
0:05:12–0:05:18
Und die Solaröfen, die sind nicht ganz so empfindlich, was die Richtung anbelangt.
0:05:18–0:05:23
Aber natürlich ist es trotzdem so, je senkrechter die Sonne in den Solarofen
0:05:23–0:05:26
reinscheint, desto besser ist die Energiezufuhr.
0:05:27–0:05:34
Aber alle 20 Minuten ungefähr, würde ich jetzt sagen, lohnt es sich denn nachzustellen.
Florian Clauß
0:05:34–0:05:39
Und wie sieht es aus? Ich habe tatsächlich, als ich die mal in Freiburg besucht
0:05:39–0:05:44
habe, das zum ersten Mal überhaupt so gesehen und darüber überhaupt gedacht, dass es ginge.
0:05:45–0:05:48
Vorher ist mir das nie begegnet. Das sieht man ja nicht so oft,
0:05:48–0:05:52
diese Technik. Hat sich das irgendwo durchgesetzt?
Rolf Behringer
0:05:52–0:05:56
Also durchgesetzt ist natürlich die Frage, wann hat sich irgendwas durchgesetzt.
0:05:56–0:06:01
Ich sage immer ganz gerne so das Beispiel, wir haben angefangen mit dem Projekt
0:06:01–0:06:03
in Afrika, bevor das Handy verbreitet wurde.
0:06:04–0:06:07
Und wir hatten auch so die Fantasie, das wird doch irgendwann,
0:06:07–0:06:12
muss ich doch dann die tolle Technik, die so sinnvoll ist, sich dann auch verbreiten, ganz schnell.
0:06:12–0:06:16
Und dann haben wir halt natürlich im laufe der jahre zu geguckt wie es ganz
0:06:16–0:06:20
schnell ging mit den handys in den letzten hinterletzten dörfern sage ich jetzt
0:06:20–0:06:23
mal auch in afrikanischen ländern,
0:06:25–0:06:29
konntest du handys finden aber immer noch keine solarkocher also da gibt es
0:06:29–0:06:32
halt schon einige gründe warum das da nicht so ist,
0:06:33–0:06:37
Aber es gibt nach wie vor Projekte, die existieren, schon über 20 Jahre.
0:06:37–0:06:42
Die bauen nach wie vor Solaröfen, aber es ist halt nach wie vor ein Nischenprodukt.
0:06:43–0:06:49
Außer, ich würde mal sagen, in China und in Indien, da werden wirklich auch
0:06:49–0:06:52
großem Stile Solarkocher genutzt.
0:06:52–0:06:58
Auch Nepal, also viele, die in Nepal waren, erzählen mir, dass sie halt oft
0:06:58–0:07:01
den Parabolspiegel begegnen, weil die eigenen sich halt zum Tee kochen.
Florian Clauß
0:07:01–0:07:05
Sehr gut. Okay, abgefahren. Ja, es ist im Prinzip eine Low-Tech-Sache,
0:07:06–0:07:10
also die einfachste Form, in Anführungsstrichen, einfachste,
0:07:10–0:07:14
um eben aus der Sonne Energie rauszuholen.
0:07:14–0:07:18
So, weil das fast nur mit, also es geht ja eigentlich nur mit mechanischen Mitteln.
0:07:19–0:07:23
Ist das irgendwann mal früher in der Geschichte so aufgetaucht?
0:07:23–0:07:27
Wahrscheinlich haben auch die Griechen schon in irgendeiner Form damit experimentiert,
0:07:27–0:07:28
würde ich mal behaupten.
Rolf Behringer
0:07:28–0:07:32
Ja, ich habe natürlich bei meiner Buchrecherche dann auch, bin ich auf was gestoßen,
0:07:32–0:07:37
dass zum Beispiel die Griechen, die Römer versucht haben abzuwehren mit Spiegeln,
0:07:38–0:07:44
indem sie ganz viele Spiegel genommen haben und die auf das Segel von den Schiffen zu lenken.
0:07:44–0:07:48
Und wenn du halt dann viele Spiegel, also wirklich viele Spiegel hast,
0:07:48–0:07:52
dann hast du ja dann auch, sagen wir mal, 100 Sonnen.
0:07:52–0:07:56
Und das gleiche Prinzip hast du ja auch bei einem Parabolspiegel oder bei einer
0:07:56–0:07:58
Lupe, dass du einfach das Sonnenlicht verstärkst.
0:07:59–0:08:04
Ob das wirklich so funktioniert hat und ob das so war, wird manchmal angezweifelt.
0:08:04–0:08:07
Theoretisch ist es möglich, man hat es versucht nachzubilden,
0:08:07–0:08:08
also das ist auch möglich.
0:08:09–0:08:09
Zu bauen.
Florian Clauß
0:08:10–0:08:13
Aber man kennt das ja alles, was irgendwie möglich ist, ist wahrscheinlich auch passiert.
0:08:14–0:08:19
Ich meine mich dann in Asterix und Obelix auch mal so eine ähnliche Szene gelesen zu haben.
0:08:20–0:08:23
Aber es ist sehr comicmäßig, deswegen kann ich mir das so gut vorstellen.
0:08:23–0:08:27
Du hast ein anderes Buch geschrieben, das ist gar nicht so alt,
0:08:27–0:08:29
sag ich mal, über Balkonkraftwerke.
Rolf Behringer
0:08:30–0:08:34
Ja, genau. Das hat ja vor drei, vier Jahren hat das so angefangen zu hypen in Deutschland.
0:08:35–0:08:39
Und da wir halt praktisch so nah dran sind mit unserem Verein.
0:08:39–0:08:42
Wir versuchen ja, also unser Verein,
0:08:43–0:08:50
wir sind ja kein installierender Verein, würde auch gar nicht so einfach gehen,
0:08:50–0:08:53
weil da musst du dich als Firma anmelden und wir sind ja gemeinnützig,
0:08:53–0:08:54
weil wir Bildungsarbeit machen.
0:08:55–0:09:00
Das heißt, wir versuchen Workshops anzubieten oder wir tun es auch,
0:09:00–0:09:00
wir versuchen es nicht nur.
0:09:01–0:09:06
Wir gehen sehr viel an Schulen, Also das war eigentlich so in den vergangenen
0:09:06–0:09:09
Jahrzehnten unser Hauptbetätigungsfeld.
0:09:09–0:09:14
In Schulen zu gehen, machen wir heute noch, aber inzwischen sind wir auch verstärkt
0:09:14–0:09:15
in der Zivilgesellschaft unterwegs.
Florian Clauß
0:09:16–0:09:18
Schulen, du hast auch einen pädagogischen Background, ne?
Rolf Behringer
0:09:19–0:09:21
Ja, genau. Ich habe tatsächlich Lehramt studiert, Technik, Mathe,
0:09:21–0:09:26
Englisch und dann noch Diplompädagogik, weil ich dann beschlossen hatte,
0:09:26–0:09:32
nicht in den Schuldienst zu gehen, sondern mich außerschulisch für die erneuerbaren
0:09:32–0:09:33
Energien zu engagieren.
Florian Clauß
0:09:33–0:09:37
Wann war das so, dass diese Entscheidung ist?
Rolf Behringer
0:09:37–0:09:43
Die Entscheidung ist so, Anfang 90 hat sich das so dargestellt und ich bin dann
0:09:43–0:09:49
1992 das erste Mal vor einer Schulklasse gestanden und habe ganz offiziell ein Konzept.
0:09:52–0:09:53
Solartag genannt hatte.
Florian Clauß
0:09:53–0:09:57
Wow, damals waren Solarmodule noch in irgendwelchen Baukästen,
0:09:58–0:10:01
wo man eine Hubschraube hat. Das war ja erst das.
Rolf Behringer
0:10:01–0:10:06
Die waren dann auch sehr teuer. Und ich hatte dann natürlich keine richtig großen
0:10:06–0:10:08
Solarmodule dabei, aber schon ein Solarmodul.
0:10:09–0:10:13
Und da hatte ich dabei, das war wahnsinnig teuer. Und ich habe immer überlegt,
0:10:13–0:10:15
soll ich das den Schülern in die Hand geben oder nicht?
0:10:16–0:10:20
Und die Schüler dann auch so, boah, der hat ein echtes Solarmodul dabei.
0:10:20–0:10:24
Und so, also es war schon abgefahren. Ja, und dann habe ich halt gesagt,
0:10:24–0:10:29
naja, in Zukunft werdet ihr wahrscheinlich mehr Dächer sehen,
0:10:29–0:10:32
auf denen solche Solarmodule zu finden sein werden.
Florian Clauß
0:10:32–0:10:35
Als Kohlekraftwerke am Horizont.
Rolf Behringer
0:10:36–0:10:42
Ja, und dann hatte ich auch so ein Schaubild gezeigt mit den verschiedenen Energieträgern,
0:10:42–0:10:48
wie unser Energiesystem, also unser Stromsystem halt gefüttert wird.
0:10:49–0:10:52
Und da gab es halt noch keinen Wind und keine Photovoltaik zu sehen.
0:10:52–0:10:59
Die Grafik hat es nicht hergegeben, beziehungsweise die Anzahl von Windkraft und Photovoltaik.
Florian Clauß
0:10:59–0:11:01
Es gab noch keine Icons dafür.
Rolf Behringer
0:11:01–0:11:06
Ja, es gab natürlich schon ein paar, aber die wurden nicht abgebildet, weil es zu wenige waren.
Florian Clauß
0:11:06–0:11:06
Krass, ja.
Rolf Behringer
0:11:07–0:11:12
Und das fand ich dann immer so ein bisschen peinlich und habe dann so sehr selbstbewusst
0:11:12–0:11:15
gesagt, aber das wird sich ändern.
0:11:15–0:11:19
In Zukunft werdet ihr da auch Solarstrom und Windkraft,
0:11:20–0:11:24
Und wenn man heute guckt, dann ist es tatsächlich ein Ergebnis,
0:11:24–0:11:25
worüber ich mich doch schon auch freuen kann.
Florian Clauß
0:11:26–0:11:31
Ja, also der Wandel, ich muss ja sagen, Anfang der 90er, von so einer Vision
0:11:31–0:11:35
dann auch auszugehen, ist ja noch unüblich.
0:11:35–0:11:40
Das war, glaube ich, nicht vielen Leuten klar, dass sich das Energiesystem wandeln muss.
Rolf Behringer
0:11:40–0:11:40
Ja.
Florian Clauß
0:11:41–0:11:46
Aber du warst dann vorne dabei und hast es auch gleich an die Stellen reingebracht,
0:11:46–0:11:50
die wahrscheinlich auch fänglich noch dafür sind.
0:11:50–0:11:55
Weil Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung, im Schulunterricht ja natürlich
0:11:55–0:12:01
zu begeistern sind, aber auch noch zu prägen in der Ausrichtung, in der Meinung.
0:12:01–0:12:06
Und das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Arbeit, die ihr auch mit euren macht.
0:12:06–0:12:10
Nämlich eine Begeisterung zu schaffen, Aha-Momente zu schaffen und Wissen aufzubauen.
Rolf Behringer
0:12:10–0:12:11
Ja, genau.
Florian Clauß
0:12:11–0:12:17
Es gibt verschiedene Module, die er anbietet, die auch die Schulen buchen können
0:12:17–0:12:20
oder wie läuft das denn organisatorisch?
Rolf Behringer
0:12:20–0:12:24
Ja, also die große Herausforderung war natürlich, wie kann ich davon leben?
0:12:25–0:12:26
Zunächst ging es nur um mich.
0:12:26–0:12:29
Inzwischen sind wir zu viert, also ich habe noch drei MitarbeiterInnen,
0:12:30–0:12:32
aber die Schulen haben ja kein Geld.
0:12:32–0:12:34
Du kannst ja nicht sagen, ich habe ein tolles Angebot und wenn ihr wollt,
0:12:34–0:12:35
könnt ihr uns buchen und bezahlen.
0:12:36–0:12:39
Da macht keine Schule mit. Wenige, also ganz wenige. Manche haben vielleicht
0:12:39–0:12:43
so einen Förderverein für die Schule, da können die manchmal ein bisschen Geld
0:12:43–0:12:47
ziehen, aber ansonsten hätten wir keine Chance gehabt.
0:12:47–0:12:50
Das heißt, wir haben immer versucht, Fördergelder zu beantragen und waren da
0:12:50–0:12:51
halt zum Glück auch erfolgreich,
0:12:52–0:12:58
und konnten halt die Angebote umsonst anbieten oder halt, wenn Materialkosten
0:12:58–0:13:02
involviert waren, haben wir dann meistens gesagt, okay, dann müsst ihr die Materialkosten
0:13:02–0:13:06
übernehmen und wir gucken, dass unsere Arbeit bezahlt wird.
Florian Clauß
0:13:06–0:13:12
Und die Förderanträge, an wen erstellt man die? Ist das das Land oder die Stadt?
0:13:13–0:13:14
Das ist ganz unterschiedlich.
Rolf Behringer
0:13:14–0:13:18
Wir werden von der Stadt Freiburg unterstützt. Wir werden vom Land Baden-Württemberg unterstützt.
0:13:19–0:13:25
Wir antragen auch Gelder beim Bund, also jetzt maßgeblich die Nationale Klimaschutzinitiative,
0:13:25–0:13:27
die natürlich Sinn macht für unsere Arbeit.
0:13:27–0:13:30
Du hattest ja gefragt, was wir da anbieten, gell?
Florian Clauß
0:13:30–0:13:32
Genau, was für Module ihr da anbietet.
Rolf Behringer
0:13:32–0:13:32
Ja, genau.
Florian Clauß
0:13:33–0:13:35
Also ein spektakuläres ist ja das Fahrradkino.
Rolf Behringer
0:13:36–0:13:40
Ja, stimmt, genau. Das ist tatsächlich spektakulär und es ist auch durch Fördergelder
0:13:40–0:13:44
entstanden, sowohl die Entwicklung und die Herstellung von der Hardware.
0:13:44–0:13:54
Dann hatten wir ein gefördertes Projekt von 2015 bis 2018, wo wir dann auch
0:13:54–0:13:57
eine Tour gemacht haben durch ganz Deutschland mit dem Fahrradkino.
0:13:58–0:14:04
Da wurden wir auch relativ bekannt und deshalb sind wir auch eben heute noch bundesweit unterwegs.
0:14:04–0:14:07
Und zum Glück gibt es hier in Berlin einen Ableger, also wir haben einen Partner
0:14:07–0:14:12
in Berlin, die haben eben auch dasselbe System, sodass wir uns Deutschland ein bisschen aufteilen.
0:14:13–0:14:15
Also wir decken den Süden ab und die Berliner den Norden.
Florian Clauß
0:14:15–0:14:18
Ja, das passt ja. Vielleicht muss man nochmal so ein bisschen erklären,
0:14:18–0:14:20
was das Fahrradkino ist.
Rolf Behringer
0:14:20–0:14:26
Ja, genau. Das ist also nicht so, dass dann alle mit dem Fahrrad kommen, wie beim Autokino.
0:14:26–0:14:29
Und dann eine große Leinwand. Liegt irgendwie im Nahen nah.
Florian Clauß
0:14:30–0:14:31
Hopcornständer.
Rolf Behringer
0:14:32–0:14:37
Ja, genau. Es besteht einfach aus zehn Rollentrainern. Die haben dann hinten
0:14:37–0:14:39
an der Rolle direkt einen Generator.
0:14:40–0:14:43
Und dann gibt es so eine Zentraleinheit, wir nennen das das BRAIN,
0:14:44–0:14:50
was die ganzen Ströme und Daten verarbeitet, die da von den zehn Fahrrädern eingespeist werden.
0:14:50–0:14:54
In dem BRAIN gibt es einen Akku, einen Lithium-Ionen-Akku.
0:14:55–0:14:59
Der hat so eine knappe halbe Kilowattstunde und dann halt eine Software,
0:15:00–0:15:04
um dann, wenn wir Kino, also die Energie, die aus den Fahrrädern kommt,
0:15:04–0:15:07
die reicht aus, um einen Beamer, Soundanlage und Laptop zu betreiben.
0:15:08–0:15:13
Das reicht aber wirklich nur aus, wenn wirklich zehn Leute einigermaßen konsequent treten.
0:15:13–0:15:18
Wir hatten das Problem, weil wir auch Schulen adressieren, dann hieß es ja,
0:15:18–0:15:21
Fünfklässler, Sechsklässler und dann haben wir festgestellt,
0:15:21–0:15:24
dass die einfach echt nicht die Power haben. Ja, das war total krass.
0:15:24–0:15:25
Und dann ging der Akku leer.
Florian Clauß
0:15:25–0:15:31
Deswegen macht ihr nur ab 16 Filme, um da schon ein natürliches Filter einzubauen.
0:15:31–0:15:34
Nee, sorry, du kannst leider nicht dabei sein.
Rolf Behringer
0:15:34–0:15:38
Ja, genau. Also tatsächlich haben wir so gesagt, siebte Klasse geht erst ab
0:15:38–0:15:40
der siebten Klasse, haben wir dann festgestellt.
Florian Clauß
0:15:40–0:15:44
Und dann treten die Schülerinnen und Schüler auf den Rädern, wechseln sich ab.
0:15:44–0:15:49
Und wahrscheinlich ist es nicht nur der Film, der dann entsprechend Aufmerksamkeit,
0:15:49–0:15:52
sondern die Räder selber, die dann auch begeistern.
Rolf Behringer
0:15:52–0:15:58
Ja, ja, genau. Auf jeden Fall, also im blödssten Fall lenkt das auch ein bisschen
0:15:58–0:16:00
ab, weil das schon total interessant ist.
0:16:00–0:16:05
Also die Leute, die mitmachen, also sei es jetzt SchülerInnen oder auch die
0:16:05–0:16:09
Erwachsenen, die sind da schon, also viele sind einfach total interessiert und
0:16:09–0:16:11
auch baff, also von wegen so, was?
0:16:11–0:16:16
Das geht wirklich mit zehn Leuten und wir haben natürlich jetzt auch...
Florian Clauß
0:16:16–0:16:21
Aha, dass du dann halt wirklich so merkst, du kannst mit deiner Muskelkraft
0:16:21–0:16:25
auf einmal so komplexe technische Anlagen dann zum Laufen bringen.
Rolf Behringer
0:16:26–0:16:26
Ja, total.
Florian Clauß
0:16:26–0:16:29
Wir müssen hier ein bisschen achtgeben, hier ist ein Radweg und hier ist so
0:16:29–0:16:32
ein Fußgängerweg, deswegen gehe ich hinter dir.
0:16:32–0:16:36
Ja, alles klar. Genau, also das heißt, zehn Schülerinnen und Schüler treten,
0:16:36–0:16:42
die in der Rest der Klasse guckt, dann den Film und dann rotieren die mit der Abwechslung.
Rolf Behringer
0:16:42–0:16:47
Ja, genau. Also es geht halt darum, dass niemand vom Rad fällt vor Erschöpfung
0:16:47–0:16:51
oder dass halt auch nicht das Klassenzimmer innerhalb von einer halben Stunde
0:16:51–0:16:55
wie im Fitnessstudio riecht, in der Umkleide oder so.
0:16:57–0:17:01
Also da ist es natürlich auch witzig dann zu sehen und zu merken,
0:17:01–0:17:05
dass man halt, das ist nach zehn Minuten Schluss oder je nach dem Fitnessgrad,
0:17:05–0:17:08
aber wobei wir handhaben das in der Regel so, das klappt ganz gut,
0:17:09–0:17:10
dass wer nicht mehr möchte und
0:17:10–0:17:14
ausgetauscht werden will, hebt die Hand und dann gibt es einen Wechsel.
0:17:15–0:17:18
So ist auch gut, wenn der Wechsel halt so nach und nach stattfindet und nicht
0:17:18–0:17:22
immer alle auf einmal, dass man sagt, okay, jetzt werden alle zehn ausgetauscht.
Florian Clauß
0:17:22–0:17:25
Was bei diesem Fahrrad, bei diesem Projekt ja auch so interessant ist,
0:17:26–0:17:34
dass eben erstmal so ein Aha-Effekt entsteht und ja, das geht und so eine Mitmach-Atmosphäre da ist.
0:17:35–0:17:39
Aber ich sag mal so, in der ersten Linie ist ja quasi Unterhaltung,
0:17:40–0:17:45
die vorne ansteht, also dass man so einen spielerischen Umgang und Zugang zu
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der Technologie bekommt.
0:17:46–0:17:50
Und man dann, so stellen wir das vor, ihr als Verein dann so Brücken baut,
0:17:51–0:17:52
wer dann tiefer einsteigen will,
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für den, oder überhaupt Klasse oder Schule, für den habt ihr dann auch andere
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Module parat, wo man auch tiefer in Solar und Zukunft weiter.
Rolf Behringer
0:18:04–0:18:07
Ja, absolut, klar, genau. Also da kann ich gleich sagen.
0:18:08–0:18:12
Vielleicht noch ganz kurz, also das Coole an dem Fahrradkino-Prinzip ist einfach,
0:18:12–0:18:17
dass wir schon auch sagen können, mit den Inhalten sind wir flexibel.
0:18:17–0:18:20
Und wenn wir jetzt halt in der Schule sind, dann möchte die Schule manchmal
0:18:20–0:18:24
schon ganz gern, dass dann Filme kommen, die das Thema Nachhaltigkeit oder Klimawandel
0:18:24–0:18:25
auch mit berücksichtigen.
0:18:25–0:18:28
Und da haben wir auch eine Reihe von Filmen, die wir dann anbieten.
0:18:29–0:18:33
Und gleichzeitig schlagen wir halt vor, dass es schon auch immer noch so den
0:18:33–0:18:34
Unterhaltungskarakter haben soll.
0:18:35–0:18:39
Also dass wir dann nicht nur, sagen wir mal, radeln und dann immer noch Input
0:18:39–0:18:43
kriegen, sondern genau das, wie du gesagt hast, ja das Ganze soll Spaß machen.
0:18:44–0:18:48
Und dann kann eine Schule, wenn sie will, das vertiefen.
0:18:48–0:18:51
Und das ist letzten Endes auch so, dass die meisten Schulen,
0:18:51–0:18:55
die uns mit Fahrradkino buchen, hatten entweder vorher schon Kontakt mit uns
0:18:55–0:19:01
oder werden dann danach Kontakt mit uns haben, weil wir dann reingehen mit so Angeboten wie,
0:19:02–0:19:06
Ein Energie-Parcours zum Beispiel. Das sind so sechs bis sieben Stationen, die wir aufbauen.
0:19:07–0:19:10
Und dann kommt eine Schulklasse. Also dann haben wir eine Schulklasse,
0:19:10–0:19:14
die kriegt erst eine Einführung und dann experimentieren die an dem Energie-Parcours
0:19:14–0:19:18
mit Solarenergie, Windenergie, Wasserkraft.
0:19:18–0:19:22
Wir haben dann immer so ein Fahrrad, ein Energiefahrrad mit dabei.
0:19:22–0:19:26
Das ist eigentlich die Vorgänger-Idee vom Fahrradkino.
Florian Clauß
0:19:26–0:19:28
Dass man dann eine Lampe hat.
Rolf Behringer
0:19:28–0:19:32
Einen Hometrainer umgebaut, da kannst du so mehrere Lampen anschalten und es
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wird dann halt immer schwieriger, den Strom, also die Energie zu liefern für diese Lampen.
0:19:38–0:19:43
Und du spürst halt dann direkt mit den Muskeln, wie heftig das ist,
0:19:43–0:19:47
zum Beispiel 100 Watt oder 150 Watt an elektrischer Energie zu liefern.
Florian Clauß
0:19:47–0:19:50
Ja, das ist ein schönes haptisches Beispiel.
Rolf Behringer
0:19:50–0:19:55
Ja, genau. Und das haben wir dann auch immer dabei, weil letzten Endes finde
0:19:55–0:19:58
ich halt immer total wichtig, dass es klar ist, gut über die erneuerbaren Energien,
0:19:58–0:20:02
also über die Produktion zu sprechen.
0:20:03–0:20:07
Aber andererseits finde ich es sehr wichtig, überhaupt mal ein Gefühl zu bekommen
0:20:07–0:20:11
für Energie und zu gucken, ja, wo kommt Energie her einerseits,
0:20:11–0:20:16
wie wird sie erzeugt oder was ist denn eine Kilowattstunde, sowas.
0:20:16–0:20:21
Deshalb haben wir auch eine Einheit, die heißt wirklich explizit die Kilowattstunde.
0:20:21–0:20:22
Was ist eine Kilowattstunde?
0:20:23–0:20:25
Und da könnte ich zwei Stunden...
0:20:27–0:20:29
Zwei Kilowattstunden könnte ich. Genau.
Florian Clauß
0:20:31–0:20:37
Ja, also das ist natürlich auch dann in die Richtung, Energie ist nicht,
0:20:38–0:20:44
also Strom kommt nicht aus der Wand, sondern da ist eine ganze Industrie dahinter.
0:20:44–0:20:50
Und vor allen Dingen, aber auch, dass man selber sich bemächtigen kann,
0:20:50–0:20:52
diesen Strom zu erzeugen. Das ist ja auch nochmal das andere.
0:20:53–0:20:57
Also auch wieder die Zugänglichkeit, aber mit einem gewissen Aufwand.
0:20:57–0:21:02
Und das setzt sich dann wahrscheinlich auch in die jungen Gehirne von Schülerinnen und Schüler fest.
0:21:02–0:21:06
Und man kann da vielleicht auch so ein bisschen dann die Aufmerksamkeit oder
0:21:06–0:21:10
überhaupt die Nachhaltigkeit dann pflanzen in die Richtung.
0:21:10–0:21:17
Und das ist, glaube ich, auch eine andere Sache, die ja dann in diesem Energieparcours
0:21:17–0:21:20
die Optimierungsmöglichkeiten, die man auch hat.
0:21:20–0:21:23
Also Energie nicht nur erzeugen, sondern auch zu sparen.
Rolf Behringer
0:21:23–0:21:24
Ja, genau.
0:21:25–0:21:30
Das müssen wir halt als Gesellschaft verstehen. Also hinter dem ganzen Projekt
0:21:30–0:21:34
steckt bei mir ja natürlich auch die Frage, wie kriegen wir denn die Energiewende
0:21:34–0:21:36
gebubbt? Ja, also wie kriegen wir das hin?
0:21:36–0:21:40
Weil wir haben ja nicht nur die technischen Fragestellungen,
0:21:40–0:21:42
die inzwischen, glaube ich, die einfacheren sind,
0:21:42–0:21:48
sondern wir haben einfach die gesellschaftliche Frage, wie finden wir Akzeptanz
0:21:48–0:21:53
in der Gesellschaft und wie können wir das halt auch so gestalten,
0:21:54–0:21:55
dass es sozial gerecht bleibt?
0:21:55–0:22:02
Dass wir alle mitnehmen und so, das steckt ja letzten Endes auch hinter dem ganzen Projekt bei mir.
Florian Clauß
0:22:03–0:22:07
Genau, dann kommen wir nämlich zu dem eigentlichen Thema, weswegen wir sprechen wollten.
0:22:07–0:22:12
Nämlich, ihr habt in letzter Zeit auch bei verschiedenen Projekten eine Methode
0:22:12–0:22:17
angewendet, um auch in Entscheidungsprozessen die Demokratie zu stärken.
0:22:17–0:22:23
Und die sogenannte, ich habe es mir vorhin gelesen, Gemeinwohlmethode.
0:22:23–0:22:25
Vielleicht kennst du dazu noch was zu sagen.
Rolf Behringer
0:22:26–0:22:31
Ja, sehr gerne. Ja, das ist irgendwas, was halt, habe ich gerade eben schon erwähnt.
0:22:31–0:22:37
Ja, die große Frage letzten Endes, wie können wir denn effektiv miteinander reden?
0:22:38–0:22:41
Und wie können wir uns austauschen und wie können wir Lösungen entwickeln?
0:22:41–0:22:45
Und das funktioniert ja zum Teil wirklich super schlecht aktuell.
0:22:45–0:22:49
Ja, also ich finde, es tut mir manchmal weh, wie stark polarisiert wird,
0:22:49–0:22:53
wenn man guckt in sozialen Medien, was da für ein Bashing betrieben wird, egal von welcher Seite.
0:22:53–0:22:59
Das ist einfach nicht die Art und Weise, wie wir kommunizieren sollten, um etwas zu erreichen.
0:22:59–0:23:03
Ist ja genauso, wenn ich mit dir etwas erreichen will, dann kann ich ja nicht
0:23:03–0:23:07
ständig auf dir rumhacken, sondern wir müssen uns irgendwie was einfallen lassen,
0:23:07–0:23:08
wie wir miteinander reden.
0:23:09–0:23:15
Wie wir unsere Vorstellungen darstellen und wie wir Schnittmengen finden zum Beispiel.
0:23:15–0:23:20
Da ist diese Methode super, die ist abgeleitet vom Professor Peter Dienl.
0:23:21–0:23:23
Der hat die 1973 entwickelt.
0:23:23–0:23:29
Er lebt leider nicht mehr, aber sein Sohn ist da auch noch aktiv und vertreibt es weiter.
0:23:30–0:23:35
Und vor allem aber ein guter Freund von mir, der Wolfgang Schäffler.
0:23:35–0:23:40
Den habe ich allerdings auch durch meine Solaraktivitäten kennengelernt 1990.
0:23:41–0:23:46
Und der ist aber schon seit über 20 Jahren dabei und hat sich da mit den sogenannten
0:23:46–0:23:50
Bürger- und Bürgerinnen-Gutachten befasst.
0:23:50–0:23:51
So heißt die Methode.
0:23:52–0:23:57
Der Wolfgang und auch seine Frau Heike, die haben die Methode im Grunde ein
0:23:57–0:23:58
bisschen reduziert und abgespeckt.
0:23:58–0:24:03
Weil die BürgerInnen-Gutachten, die waren wirklich so für eine Zielgruppe von
0:24:03–0:24:09
200, 400 Menschen, die zusammenkommen und dann letzten Endes so ein BürgerInnen-Gutachten
0:24:09–0:24:11
auch methodisch geführt verfassen.
0:24:12–0:24:16
Das ist aber wahnsinnig teuer und aufwendig. Das dauert auch mehrere Tage.
0:24:17–0:24:21
Und wir haben halt gedacht, das wäre super, wenn man da was Handhabbares hat,
0:24:21–0:24:25
was A, nicht so teuer ist, B, auch ein bisschen einfacher und schneller durchführbar ist.
Florian Clauß
0:24:25–0:24:31
Kannst du noch mal ganz kurz erwähnen, wofür diese Methode dann praktisch eingesetzt wurde oder wird?
Rolf Behringer
0:24:32–0:24:38
Ja, genau. Also als Beispiel, ob jetzt eine Umgehungsstraße gebaut werden soll.
0:24:39–0:24:45
Also wenn so eine Frage im Raum steht, in einer Kommune, brauchen wir,
0:24:45–0:24:47
wollen wir eine Umgehungsstraße?
0:24:47–0:24:52
Und um da eine Antwort zu finden, da gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten.
0:24:52–0:24:56
Da kann man sagen, wir sind ja ein demokratisches Land, das sollen dann die
0:24:56–0:24:57
entscheiden, die damit zu tun haben.
0:24:58–0:25:02
Aber das wissen wir ja, dass es zum Teil einfach nicht gut genug funktioniert,
0:25:02–0:25:07
weil die Menschen dann einfach sich nicht abgeholt fühlen und auch dann so schnell
0:25:07–0:25:09
eine Politikverdrossenheit entsteht.
0:25:10–0:25:16
Naja, also dafür hat der Peter Dienl das entwickelt, auch mit dem Ziel natürlich,
0:25:16–0:25:21
dass halt eben eine Gesellschaft auch Demokratie lebt.
0:25:21–0:25:25
Hier habe ich den Eindruck, die meisten gehen halt mal zur Wahl oder auch nicht.
0:25:25–0:25:28
Und da kann man sagen, ja, das ist jetzt demokratisch gewählt,
0:25:28–0:25:29
außer es ist immer eine Demokratie.
0:25:30–0:25:35
Aber ich habe nicht den Eindruck, dass in unserer Gesellschaft Demokratie gelebt
0:25:35–0:25:37
wird, also in der Zivilgesellschaft.
0:25:37–0:25:40
Es gibt natürlich immer hier und da Vereine und so weiter.
0:25:40–0:25:43
Und die Idee war einfach, immer mehr Menschen zu erreichen.
0:25:44–0:25:47
Und vor allem bei der Methode werden halt die Bürger und Bürgerinnen,
0:25:47–0:25:50
die mitmachen, per Zufall ausgewählt.
0:25:51–0:25:59
Das ist eine sehr besondere Methode jetzt innerhalb von dieser größeren Methode.
Florian Clauß
0:25:59–0:26:03
Darüber kriegt man quasi rein statistisch einen repräsentativen Querschnitt.
Rolf Behringer
0:26:03–0:26:07
Ganz genau, ja, das ist die Idee dahinter. Dass dann halt auch die Menschen,
0:26:07–0:26:11
die nicht dabei waren, weil es wird ja per Zufall gelost und wenn du nicht gewählt wirst,
0:26:12–0:26:17
aber du verstehst, dass da eine repräsentative Gruppe sich getroffen hat,
0:26:17–0:26:22
um was zu besprechen und vielleicht auch zu entscheiden, dann ist es einfacher zu sagen, okay, da,
0:26:23–0:26:27
Das ist wohl dann, also da kann ich mitgehen, da kann ich eher mitgehen und das akzeptieren.
Florian Clauß
0:26:28–0:26:32
Bei solchen Sachen ist ja häufig so, dass da, also das Beispiel Umgehungsstraße,
0:26:32–0:26:37
das ist ja so ein unglaublich langwieriger und gäriger Prozess.
Rolf Behringer
0:26:37–0:26:37
Ja.
Florian Clauß
0:26:38–0:26:42
Ja, und dann ist natürlich auch die Frage, an welchen Punkten holt man dann
0:26:42–0:26:45
eben solche Bürgerentscheider mit rein in dieser Entscheidung.
0:26:46–0:26:53
Ja, kann das nicht auch die Gefahr haben, dass das Verfahren dann zu sehr ausbremst und verlangsamt?
Rolf Behringer
0:26:53–0:26:57
Das Verfahren geht ja relativ schnell, also auch das Ergebnis ist dann relativ schnell da.
0:26:58–0:27:03
Aber was halt ganz ausschlaggebend ist, um das Verfahren zu machen,
0:27:03–0:27:05
braucht es vorher schon einige Informationen.
0:27:06–0:27:11
Weil die Menschen, die da kommen und eingeladen werden, die kriegen immer einen
0:27:11–0:27:14
Input und zwar aus verschiedenen Perspektiven.
0:27:14–0:27:19
Also wenn es da tatsächlich Pro und Contra gibt, dann werden auch diese Positionen
0:27:19–0:27:23
eingeladen, um dann einen Vortrag von einer Viertelstunde oder 20 Minuten zu
0:27:23–0:27:27
geben, der das zusammenfasst, die unterschiedlichen Gesichtspunkte.
Florian Clauß
0:27:27–0:27:31
Also Sie werden aber dann von Experten oder von denjenigen, die sich da schon
0:27:31–0:27:32
auseinandergesetzt haben?
Rolf Behringer
0:27:32–0:27:32
Ja, genau.
Florian Clauß
0:27:32–0:27:33
Also so, okay. Okay.
Rolf Behringer
0:27:34–0:27:34
Ja.
0:27:37–0:27:43
Na ja, und jetzt nochmal zurückzukommen auf die Gemeinwohlmethode,
0:27:43–0:27:49
die dann einfach, ich sag jetzt mal, ab 25 Personen sinnvollerweise durchgeführt werden kann.
0:27:49–0:27:56
Und 25 deshalb, weil dort in Planungszellen gearbeitet wird.
0:27:56–0:28:01
Also eine Planungszelle besteht aus fünf Personen, die dann an einem Tisch sitzen
0:28:01–0:28:09
und sich 30 Minuten lang um diese bestimmte Frage, die es zu formulieren gilt, dann austauschen.
0:28:11–0:28:16
Was nehmen wir jetzt für ein Beispiel? Nehmen wir ein Beispiel Windkraftanlage.
0:28:16–0:28:20
Wäre es vielleicht aktueller, es gibt halt einen Standort, ein guter Standort,
0:28:20–0:28:23
aber in der Bevölkerung gibt es halt großen Widerstand.
0:28:23–0:28:26
Und es ist ja so, dass zum Teil halt die Interessensgruppen,
0:28:26–0:28:31
je nachdem wie gut die aufgestellt sind, eine enorme Wirkung haben auch.
0:28:32–0:28:38
Also bei uns im Schwarzwald, ich fährt gerade die Bahn vorbei,
0:28:39–0:28:46
bei uns im Schwarzwald, da gibt es wirklich eine ganz stark organisierte Anti-Windkraft-Bewegung,
0:28:47–0:28:49
die zum Teil auch noch von außerhalb unterstützt.
0:28:50–0:28:53
Die erreichen eigentlich auch dann die Bevölkerung ganz gut.
0:28:54–0:28:56
Und wenn dann irgendwelche Informationsveranstaltungen sind,
0:28:56–0:29:00
in irgendwelchen Hallen, Gemeindehallen, um das Thema zu besprechen,
0:29:01–0:29:02
machen die richtig Stimmung.
Florian Clauß
0:29:03–0:29:03
Okay.
Rolf Behringer
0:29:04–0:29:07
Das ist natürlich dann, da entsteht ein Ungleichgewicht.
0:29:07–0:29:11
Also diejenigen, die es wollen oder die sich jetzt, die so unentschieden sind
0:29:11–0:29:15
und erstmal Informationen brauchen, die sind ja gar nicht so laut.
0:29:15–0:29:17
Die kommen auch gar nicht so vorbereitet dorthin.
0:29:18–0:29:22
Aber die Gegner, die sind halt super vorbereitet. Und so entsteht halt ein Ungleichgewicht.
0:29:22–0:29:25
Und wenn du aber repräsentative Gruppen hast aus der Bevölkerung,
0:29:25–0:29:28
die per Zufall gewählt sind, dann kriegst du ein ganz anderes Ergebnis.
Florian Clauß
0:29:29–0:29:36
Verstehe. Wie geht man dann in so einer Situation damit um, wenn du so eine laute Gruppe hast?
0:29:37–0:29:40
Ist das dann auch in dieser Methode mit implementiert?
Rolf Behringer
0:29:41–0:29:43
Die wäre ja gar nicht da.
Florian Clauß
0:29:43–0:29:48
Okay, aber dadurch, dass du eben eine statistische, Also eine zufällige Auswahl
0:29:48–0:29:53
von Entscheidern, die, wenn dann eben ein Pro,
0:29:54–0:30:00
also einer, der dann halt gegen Windkraft ist, der ist dann halt einer von vielen
0:30:00–0:30:04
da eben und kann sich dann entsprechend die Meinung bilden.
Rolf Behringer
0:30:04–0:30:08
Und es müssen, also in der Regel, ich habe gerade von den 25 gesprochen,
0:30:08–0:30:13
das ist einfach deshalb gut, also 25 Teilnehmende, die per Zufall dort hinkommen,
0:30:13–0:30:17
das können aber auch dann Vielfache sein, Also 50 oder 75 oder 100.
0:30:18–0:30:21
Und wir haben jetzt viel Erfahrung gesammelt mit 50.
0:30:21–0:30:27
Wo wir dann einfach mit 50 SchülerInnen das Verfahren durchführen.
0:30:27–0:30:29
Da hatten wir jetzt einfach ein dreijähriges Problem.
0:30:30–0:30:34
Februar diesen Jahres zu Ende. Das nennt sich Klimarat Schule.
Florian Clauß
0:30:34–0:30:35
Drei Jahre?
Rolf Behringer
0:30:35–0:30:40
Drei Jahre hat es gedauert. Und da hatten wir jetzt insgesamt 35 Schulen bundesweit
0:30:40–0:30:45
begleitet mit der Fragestellung, wie kann eine Schule klimaneutral werden?
0:30:45–0:30:50
Und da haben wir dann einen CO2-Rucksack der Schule ermittelt als eine große
0:30:50–0:30:54
Maßnahme. Und die andere Maßnahme war, mit den Ergebnissen dann ein Klimarat zu machen.
0:30:54–0:31:00
Mit SchülerInnen, die dann das Ergebnis bekommen, also wie ist der CO2-Rug,
0:31:00–0:31:02
sagt der Schule, wie kommt der zustande.
0:31:03–0:31:10
Und da wurden ganz konkret die Bereiche Energie, Mobilität, Beschaffung und Ernährung angeschaut.
0:31:10–0:31:14
Dann kriegen die Schüler eben auch den Input von uns.
0:31:14–0:31:17
Das ist natürlich nicht so konträr, weil die Schule ja schon gesagt hat,
0:31:18–0:31:24
das Thema ist klar. wir wollen, wir würden gerne klimaneutral werden und so, dann ist es einfacher.
0:31:24–0:31:28
Es ist kein großes Streitthema. Da wurden einfach Lösungen besucht,
0:31:29–0:31:35
Möglichkeiten, die die Schule auch hat, um dann weniger Energie zu verbrauchen
0:31:35–0:31:37
und weniger CO2 auszustoßen.
Florian Clauß
0:31:37–0:31:41
Aber dann hast du eigentlich durch das Projekt eine ganz gute Innenansicht von
0:31:41–0:31:42
verschiedenen Schulen.
Rolf Behringer
0:31:43–0:31:47
Ja, absolut. Sehr, sehr spannend. Ja, genau. Also wir hatten einen Projektpartner
0:31:47–0:31:50
wieder bei dem Projekt in Hannover. in Berlin und in München.
0:31:50–0:31:53
Das heißt, ich habe nicht alle 35 Schulen gesehen.
0:31:53–0:31:57
Ich habe so um die 15 Schulen intensiv begleitet.
Florian Clauß
0:31:57–0:32:02
Also so wie ich die Methode verstehe, ist es auch so, also ihr seid dann rein
0:32:02–0:32:06
in der Methodenverwaltung da.
0:32:06–0:32:10
Also das heißt, ihr führt die einzelnen Workshops und so weiter durch.
0:32:10–0:32:13
Aber ihr versucht ja nicht dann meinungsbildend zu sein.
0:32:13–0:32:17
Das muss ja dann wirklich von den Leuten selber kommen, beziehungsweise die
0:32:17–0:32:20
Experten, die dann auch entsprechend beraten.
Rolf Behringer
0:32:20–0:32:21
Ja, genau.
Florian Clauß
0:32:21–0:32:24
Und ihr seid dann mehr oder weniger Moderatorinnen und Moderatoren,
0:32:24–0:32:30
die diesen Prozess begleiten und sich dann auch bewusst eben zurücknehmen. Gehe ich davon aus?
Rolf Behringer
0:32:30–0:32:35
Ja, genau. Also die sogenannten Experten-Inputs am Anfang, die kommen dann von
0:32:35–0:32:40
den SchülerInnen, die mit uns die CO2-Analyse gemacht haben.
Florian Clauß
0:32:40–0:32:41
Ah, okay.
Rolf Behringer
0:32:41–0:32:45
Also idealerweise. Also wir hatten dann auch Schulen, die...
0:32:45–0:32:50
Also wir hatten tatsächlich auch so eine Förderschule dabei mit Also mit SchülerInnen,
0:32:50–0:32:56
die einfach Lernschwäche haben, die einfach mit Diagnosen auch in der Schule sind.
0:32:57–0:33:01
Und dort mussten wir dann ein bisschen nachhelfen. Aber ansonsten sollen die
0:33:01–0:33:02
SchülerInnen den Experten-Input machen.
0:33:03–0:33:06
Und das ist natürlich jetzt auch ein kleiner pädagogischer Trick.
0:33:07–0:33:10
Wenn wir das mit der Zivilgesellschaft machen, dann ist es anders,
0:33:10–0:33:11
weil dann holen wir wirklich Experten rein.
0:33:12–0:33:14
Und so haben wir aber gesagt, die Schülerinnen beschäftigen sich mit dem Thema
0:33:14–0:33:17
so intensiv, dass sie selbst einen Vortrag halten können.
0:33:17–0:33:20
Und das war natürlich toll. Und dann wurden aus der Schule,
0:33:23–0:33:26
sollen wir weiterreden, trotz Straße?
Florian Clauß
0:33:26–0:33:31
Ja, vielleicht nochmal kurz zur Strecke. Deswegen, wir laufen gerade durch den
0:33:31–0:33:36
Triptower Park, durch den einen Teil und überqueren die Pushkin Allee und gehen
0:33:36–0:33:38
jetzt in den anderen Teil des Triptower Parks.
0:33:38–0:33:41
Eben war sehr viel Bahn zu hören.
0:33:42–0:33:44
Das war S-Bahn Triptower Park,
0:33:44–0:33:48
ja. Aber das ist ja das Authentische von unserem eigentlichen Podcast.
0:33:49–0:33:53
Wir haben viele Nebengeräusche und wir laufen beim Reden, ja.
0:33:53–0:33:56
Ja, und genau, so viel dazu.
0:33:56–0:34:02
Das heißt, wir werden jetzt wahrscheinlich in Richtung Görli irgendwann einschwenken
0:34:02–0:34:05
und oben auf dieser alten Bahntrasse langlaufen.
0:34:05–0:34:11
Ich weiß nicht, ob du die kennst. Das ist eine Gerade, die dann in den Görlitzer Park führt.
0:34:11–0:34:13
Aber erstmal gehen wir hier noch ein Stück durch den Görlitzer Park.
Rolf Behringer
0:34:13–0:34:17
Ja, ich bin gespannt. Also als Freiburger weiß ich nur, dass man bei Dunkelheit
0:34:17–0:34:20
nicht im Görli rumlaufen soll. Ich bin mal sehr gespannt.
Florian Clauß
0:34:21–0:34:25
Aber wir können ja noch abbiegen vor dem Gehörn hier. Je nachdem wie hoch.
0:34:26–0:34:27
Wir werden ja auch noch auf uns zu Ende gehen.
0:34:29–0:34:30
Wie die Stimmung so ist.
0:34:31–0:34:37
Genau, also das heißt, ihr wart dann auch pädagogische Themengeber,
0:34:37–0:34:41
mehr oder weniger, für die einzelnen Schuljahre, Halbjahre.
Rolf Behringer
0:34:41–0:34:42
Ja, genau.
Florian Clauß
0:34:42–0:34:45
Dann haben die sich dann, an was für einen Unterricht war das.
Rolf Behringer
0:34:46–0:34:51
Angedockt? Ja, es gab also oft die Gruppe, also wir brauchen dann quasi eine
0:34:51–0:34:54
Gruppe in der Schule, die mit uns das Projekt macht.
0:34:54–0:34:59
Das heißt auch, die Erfassung von den Energiewerten und von den Verbräuchen
0:34:59–0:35:05
von Papier und Anzahl der Laptops und so weiter, das hatten dann die SchülerInnen
0:35:05–0:35:08
gemeinsam mit den Lehrenden ermittelt.
0:35:08–0:35:12
Und wir haben so ein CO2-Tool, da konnten die das selbst eintragen oder wir
0:35:12–0:35:15
haben es gemacht, je nachdem, ob sie es konnten oder nicht. Wo war ich stehen geblieben?
Florian Clauß
0:35:16–0:35:21
Na, die SchülerInnen, die dann ihren Expertenvortrag vorbereitet hat.
Rolf Behringer
0:35:21–0:35:24
Ja, genau. Du hast gefragt wegen pädagogischem Input.
Florian Clauß
0:35:24–0:35:24
Genau.
Rolf Behringer
0:35:24–0:35:28
Und da gab es halt manchmal AGs, also so eine Klima-AG oder eine Energie-AG
0:35:28–0:35:32
oder auch Kurse jetzt aus dem MINT-Bereich.
0:35:32–0:35:37
Also so Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Da war das sehr willkommen.
0:35:38–0:35:40
Da gab es dann tatsächlich auch Schulleiter und Schulleiterinnen,
0:35:40–0:35:45
die gesagt haben, ja super, das ist ja total spannend. Und thematisch auch der
0:35:45–0:35:47
Inhalt passt ja zu unserem Lehrplan.
0:35:47–0:35:51
Und dann dazu noch das demokratische Element, also Demokratiebildung.
0:35:52–0:35:54
Das wird ja auch jetzt ein Stück weit erwartet von den Schulen.
0:35:55–0:35:59
Das war schon tatsächlich auch, oder das ist jetzt noch das Gegenende-Projekt,
0:35:59–0:36:04
hat mich das überzeugt, dass das einfach richtig gut aufgegangen ist.
0:36:04–0:36:10
Das Thema Klimawandel und was für Lösungen gibt es möglicherweise.
0:36:11–0:36:13
Und das Ganze halt demokratisch.
0:36:14–0:36:16
Dann auch zu versuchen oder so.
Florian Clauß
0:36:17–0:36:20
Also wie du schon gesagt hast, bei den Windrädern ist es ja so,
0:36:20–0:36:27
dass da eine hohe Abneigung meistens irgendwie emotional und nicht vom Sachverstand her existiert.
0:36:27–0:36:35
Und dass der Wandel, der Klimawandel jetzt im Sinne von Klimaerzeugung,
0:36:37–0:36:44
nicht immer unbedingt technisch die Hürde ist, sondern eher gesellschaftlich, in der Akzeptanz.
0:36:44–0:36:50
Und dass solche Methoden und solche Workshops dazu beitragen,
0:36:50–0:36:53
dort eben auch die Akzeptanz zu steigern.
Rolf Behringer
0:36:54–0:36:59
Ja, genau. Also das ist schon auch das Ziel. Nur müsste halt die Methode quasi
0:36:59–0:37:02
wirklich ausgerollt werden in der Gesellschaft.
0:37:02–0:37:06
Und da sind wir ja ganz weit entfernt. Aber letzten Endes haben wir schon die
0:37:06–0:37:10
Idee, also auch mit Wolfgang Schäffler und Meeting Democracy zusammen,
0:37:11–0:37:15
die Idee oder diese Methode im Schneeballprinzip zu verbreiten,
0:37:16–0:37:20
auch Multiplikatoren-Workshops zu machen, weil es ist relativ überschaubar,
0:37:20–0:37:23
es ist nicht wirklich schwierig, so ein Verfahren durchzuführen.
0:37:23–0:37:29
Und das könnten halt in vielen kleinen Tellen sozusagen, in vielen Städten und
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Gemeinden, dann könnten da solche demokratischen Beteiligungsprozesse laufen.
0:37:35–0:37:38
Sobald irgendeine Frage kommt, könnte man einfach ganz entspannt sagen,
0:37:38–0:37:42
okay, machen wir Gemeinwohlmethode und gucken uns das mal an.
0:37:42–0:37:48
Und das ist ja dann auch nicht verbindlich. Das ist ja keine Instanz sozusagen.
0:37:48–0:37:52
Und das ist manchmal auch so ein bisschen das Problem. Also in Freiburg hatten
0:37:52–0:37:55
wir auch von der Stadt Freiburg aus so ein Verfahren.
0:37:55–0:37:58
Und dann kam halt auch die Frage von den Teilnehmenden. Es waren 200.
0:37:59–0:38:03
Wie wird es jetzt umgesetzt? Und wird es überhaupt umgesetzt,
0:38:03–0:38:04
was Sie vorgeschlagen haben?
0:38:05–0:38:09
Und da gibt es aber einen Reader und man kann dann auch bei der Gemeinde nachfragen
0:38:09–0:38:15
und entsprechend sagen, ja, okay, was ist denn jetzt umgesetzt worden?
0:38:15–0:38:19
Und natürlich muss man realistischerweise auch gucken, was kann umgesetzt werden
0:38:19–0:38:22
und wie schnell kann es umgesetzt werden und so weiter.
Florian Clauß
0:38:22–0:38:27
Aber der Vorteil dieser Art, wenn man dann wirklich so ein standardisiertes
0:38:27–0:38:32
Framework nimmt, um dann eben so eine Meinungsbildung festzuhalten,
0:38:34–0:38:39
die Entscheidungsträger dann später auf diese Sachen zugreifen können.
0:38:39–0:38:45
Und das ist ja häufig, glaube ich, auch so, dass dann bei bestimmten Entscheidungen
0:38:45–0:38:48
erst mal dann die Leute dastehen und wissen nicht genau, okay,
0:38:48–0:38:53
da hat noch irgendjemand das und das gesagt und haben aber keine fundierten
0:38:53–0:38:56
Grundlagen, um eine Entscheidung treffen zu können.
0:38:56–0:38:59
Und wenn man das in so einem standardisierten Verfahren einführt,
0:39:00–0:39:04
dann gibt es da auch die Möglichkeit, da eben auf diese Standards zuzugreifen.
0:39:05–0:39:12
Genau. Und das ist eine demokratische Anwendungsmethode, die dann so zählen
0:39:12–0:39:18
von Gemeinden oder von Sachen, die dann unmittelbar einen betreffen,
0:39:19–0:39:22
der natürlich auch einen externen Fortschritt bedeutet.
Rolf Behringer
0:39:22–0:39:26
Genau. Also bei der Schule nochmal, um das ein bisschen konkreter zu machen,
0:39:27–0:39:31
damit die Zuhörenden vielleicht da noch ein klareres Bild bekommen.
0:39:31–0:39:38
Da werden halt zum Beispiel 200 SchülerInnen eingeladen und die sind nicht verpflichtet
0:39:38–0:39:41
mitzumachen, mit dem Ziel, dass 50 dann am Schluss da sind.
0:39:42–0:39:47
Und die 50, die kommen dann frühmorgens und werden begrüßt, kriegen eine kurze
0:39:47–0:39:50
Einweisung, was jetzt da passiert. Die müssen sich auch nicht vorbereiten.
0:39:51–0:39:59
Und dann werden die 50er-Gruppe wieder per Zufall in zwei Gruppen geteilt, also zweimal 25.
0:39:59–0:40:06
Und die 25 gehen dann in einen anderen Raum, also zwei Gruppen in zwei Räumen
0:40:06–0:40:08
und dann kriegen die einen Input.
0:40:08–0:40:12
Die eine Gruppe kriegt einen Input zum Thema Energie und die andere zum Thema
0:40:12–0:40:13
Ernährung meinetwegen.
Florian Clauß
0:40:14–0:40:20
Und dann ist das schon in so einer Pro-Contra-Schablone aufgeteilt oder ist das dann recht?
Rolf Behringer
0:40:20–0:40:23
Also wie gesagt, jetzt in der Schule gibt es jetzt nicht so viel Contra.
0:40:24–0:40:28
Also man versucht da schon auch zu sagen, wo vielleicht auch die Schwierigkeiten liegen.
0:40:28–0:40:32
Also manchmal gibt es auch jetzt in Schulen zum Beispiel eine Mensa.
0:40:32–0:40:37
Die ist dann beauftragt, also das ist dann in Catering extern.
0:40:37–0:40:40
Und da gibt es halt welche, die haben überhaupt keinen Bock.
0:40:40–0:40:41
Die lassen sich da überhaupt nicht ein.
0:40:42–0:40:45
Also die wollen auch keine Informationen rausgeben, weil die sagen,
0:40:46–0:40:49
nachher sagt ihr uns noch, wir sollen vegetarisch kochen. Da haben wir überhaupt keinen Bock drauf.
0:40:50–0:40:55
Das sind halt einfach auch Hindernisse, die es strukturell gibt in der Schule,
0:40:56–0:40:59
ähnlich wie auch in der Gesellschaft. Kann das auch sein.
0:41:01–0:41:05
Darauf wird dann auch eingegangen. Aber wir hatten natürlich auch dann so,
0:41:05–0:41:11
dass Mensen oder halt Cafeterias sehr kooperativ waren. Ist einfach so.
Florian Clauß
0:41:12–0:41:17
Was macht man in so einer Unmarktsituation? Dann kannst du auch nur sagen, okay, ist halt so.
Rolf Behringer
0:41:17–0:41:20
Genau, also wir haben ja keine Möglichkeit, irgendjemanden zu zwingen.
0:41:22–0:41:25
Und dann können wir einfach nur immer versuchen, freundlich,
0:41:25–0:41:31
sachlich zu bleiben und dann zu sagen, ja gut, falls Sie sich doch noch überlegen,
0:41:31–0:41:33
dann sagen Sie Bescheid.
Florian Clauß
0:41:34–0:41:38
Aber gut, das ist jetzt mal was anderes. Aber du kommst ja zwangsläufig immer
0:41:38–0:41:42
so zu bestimmten Stellen, die dann halt so eine, also auch in der Bürokratie,
0:41:43–0:41:47
dann halt einfach sagen so, nee ey, was geht mich das an? Du hast mich in Ruhe.
Rolf Behringer
0:41:47–0:41:47
Ja, genau.
Florian Clauß
0:41:47–0:41:52
Und das ist ja auch häufig die Erfahrung, die dann halt Bürgerinnen und Bürger machen.
Rolf Behringer
0:41:52–0:41:52
Genau.
Florian Clauß
0:41:53–0:41:57
Und die auch eine gewisse Politikfrustration dann nützlich bringen.
Rolf Behringer
0:41:57–0:41:57
Ja, absolut.
Florian Clauß
0:41:59–0:42:06
Aber der Gegenteil ist, wenn eben die Aktionen, die man dann auch macht,
0:42:06–0:42:09
tatsächlich Ergebnisse zeigen.
0:42:09–0:42:15
Und so wie ich das verstehe, kann diese Gemeinwohlmethode auch Ergebnisse produzieren,
0:42:16–0:42:19
mit denen sich dann die Teilnehmenden identifizieren können.
Rolf Behringer
0:42:19–0:42:22
Genau, genau. Das ist halt auch der Punkt, dann zu merken, okay,
0:42:23–0:42:30
die Gemeinde oder die Stadt, die macht zumindest schon mal den Schritt und lädt
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uns ein und will uns zuhören.
0:42:32–0:42:35
Die haben ja da was organisiert. Meistens gibt es noch ein bisschen Catering dazu.
0:42:35–0:42:38
Auch in den Schulen haben wir versucht, das so zu machen. Die haben von uns
0:42:38–0:42:44
als außerschulischer Partner, die haben von uns ein Einladungsschreiben bekommen
0:42:44–0:42:48
mit einer Erklärung, warum sie jetzt da kommen sollen und so.
0:42:48–0:42:51
Also, dass es auch so ein bisschen einen formalen Charakter hat.
0:42:51–0:42:54
Und dann kommen die Schüler und Schülerinnen und werden halt total ernst genommen.
0:42:55–0:42:59
Und dann geht es halt los. Ich habe ja vorhin angefangen, dann stell dir vor, 25.
0:43:00–0:43:05
Und dann werden die 25 wieder per Zufall, per Los, in die Fünfergruppen gelost.
0:43:06–0:43:11
Und dann kriegen die eine Fragestellung, die sehr konkret ist.
0:43:11–0:43:16
Also zum Beispiel, was kann die Schule tun, um den CO2-Ausstoß mittelfristig
0:43:16–0:43:21
und langfristig und kurzfristig zu reduzieren im Bereich Energie?
0:43:21–0:43:24
Also dann werden die einzelnen Bereiche abgefragt.
0:43:24–0:43:29
Und dann werden die in den Fünfergruppen, sitzen die 20 bis 30 Minuten,
0:43:29–0:43:35
je nachdem, das besprechen wir vorher, sitzen die am Tisch und beschäftigen sich mit dieser Frage.
0:43:35–0:43:39
Und dann haben die vorbereitete Zettel auf dem Tisch liegen,
0:43:39–0:43:44
wo sie mit Grußbuchstaben quasi ihre Vorschläge formulieren.
0:43:44–0:43:46
Die können vorher intern sammeln.
0:43:48–0:43:54
Ideen sammeln, aber die fünf sollen mit drei konkreten Vorschlägen rauskommen.
0:43:55–0:44:00
Also nicht mit 20 oder so, sondern jede Gruppe, jede Fünfergruppe kommt mit drei Vorschlägen.
0:44:01–0:44:04
Das heißt, du bist dann, wenn die wieder zusammenkommen nach 20 oder 30 Minuten,
0:44:04–0:44:08
kommen die mit 15 Vorschlägen insgesamt. Also fünf mal drei.
Florian Clauß
0:44:08–0:44:12
Und die sind dann auch schon innerhalb der Gruppe in irgendeiner Form aggregiert?
Rolf Behringer
0:44:12–0:44:15
Genau, genau. Und priorisieren kommt dann noch.
0:44:15–0:44:22
Also dann kommen die 25 zusammen und dann gibt es eine Pinnwand und dann werden
0:44:22–0:44:27
die so gepinnt und werden gegebenenfalls noch geclustert, falls es aus Fünfergruppen
0:44:27–0:44:29
gleiche oder sehr ähnliche Vorschläge gibt.
0:44:30–0:44:35
Dann kriegen alle Teilnehmenden fünf Klebepunkte. Wo geht es lang?
Florian Clauß
0:44:35–0:44:38
Wir gehen jetzt hier. Ich versuche ein bisschen die Straßen zu meinen,
0:44:39–0:44:41
deswegen wäre ich im Gebüsch unterwegs.
0:44:42–0:44:45
Im schlesischen Busch. Nein, der schlesische Busch ist mal anders.
0:44:45–0:44:48
Aber es fühlt sich so an wie der Schlesische Busch.
0:44:49–0:44:53
Wir sind hinter dem Parkcenter langgelaufen, gehen jetzt gleich.
0:44:53–0:44:57
Hier müssen wir noch ein bisschen an der Straße lang, wird es etwas lauter.
0:44:57–0:45:02
Und dann versuchen wir auf die Trasse zu kommen, Richtung Gurley.
0:45:03–0:45:08
Also das heißt, der Zeitinvest ist auch überschaubar für diesen ganzen Busch.
0:45:08–0:45:11
Das ist ja nochmal eine ganz wichtige Komponente.
Rolf Behringer
0:45:11–0:45:12
Ja, genau.
Florian Clauß
0:45:12–0:45:17
Dass es dann halt Ergebnisse schafft in relativ überschaubaren Zeiteinheiten.
Rolf Behringer
0:45:17–0:45:22
Ja, genau. Also du hast im Grunde immer eine halbe Stunde, also man kann sagen,
0:45:22–0:45:26
so pro Thema kann man in anderthalb Stunden, also in 90 Minuten,
0:45:27–0:45:29
Ergebnisse rauskriegen.
0:45:29–0:45:36
Also inklusive Priorisierung. Und in der Schule gibt es noch eine Pause und
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die beiden 25er-Gruppen machen jeweils zwei Themen an einem Vormittag.
0:45:41–0:45:45
Das heißt, die Schüler, die dann bei uns sind, die werden auch befreit und nehmen
0:45:45–0:45:51
dann an dieser wichtigen demokratischen Veranstaltung teil, sozusagen.
Florian Clauß
0:45:51–0:45:55
Ja, ich meine, das ist toll, dass man dann auch innerhalb von einer Zeit,
0:45:56–0:46:01
einer kurzen Zeit eines Schultages dann so konkrete Ergebnisse bekommt.
0:46:01–0:46:06
Das stärkt ja dann auch die Meinung und das Verständnis.
Rolf Behringer
0:46:06–0:46:10
Und das hat auch eine Bedeutung dann letzten Endes, weil die ja so eingeladen werden offiziell.
0:46:10–0:46:14
Und die anderen Schüler, die kriegen das dann doch irgendwie mit im Laufe des
0:46:14–0:46:19
Tages, wenn wir unsere Roll-Ups hinstellen, für die Maratschule und dann sehen
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sie, dass da welche sitzen und konferieren.
0:46:22–0:46:23
Das spricht sich auch um.
0:46:24–0:46:27
Also innerhalb von dem Projekt haben wir noch eine Mobilitätsumfrage.
0:46:28–0:46:30
Da werden quasi alle Schülerinnen und alle Lehrerinnen,
0:46:32–0:46:37
wie sie in die Schule kommen und es werden auch die ganzen Klassenfahrten oder
0:46:37–0:46:41
Schüleraustausche und so weiter aufgelistet, um dann zu gucken halt,
0:46:42–0:46:46
wie viel CO2 entsteht bei der gesamten Mobilität.
Florian Clauß
0:46:47–0:46:48
Beim Skiurlaub zum Beispiel.
Rolf Behringer
0:46:49–0:46:56
Ja genau, Skiurlaub oder Musikfahrten oder Sprachkurse, also alles so was,
0:46:56–0:46:59
Museumsbesuche, kommt alles mit rein.
Florian Clauß
0:46:59–0:47:02
Und dann habt ihr wahrscheinlich auch aufgrund eure Erfahrung schon,
0:47:02–0:47:06
weil ihr in verschiedenen Schulen wart, dann könnt ihr auch relativ schnell
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auf Vollständigkeit prüfen.
0:47:08–0:47:11
Dass dann auch alle Aspekte dann halt auch entsprechend abgedeckt sind,
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weil wenn man das erste Mal sich dann irgendwie die Energiebilanz von einem
0:47:15–0:47:19
Skiurlaub, dann sind das sicher viele Aspekte, die man erstmal gar nicht,
0:47:19–0:47:20
auf die man nicht so einfach kommt.
Rolf Behringer
0:47:20–0:47:25
Ja, und was halt dann manchmal echt die Frustration auslöst,
0:47:25–0:47:31
ist, wenn die Schulen halt irgendwie in die USA fliegen, weil sie dort halt
0:47:31–0:47:32
irgendwie ein Projekt haben oder so.
0:47:32–0:47:37
Also schon aus der Historie heraus. Halt jedes Jahr in die USA fliegen und alle
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eigentlich auch so freuen sich da drauf oder umstellen.
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Kann man ja nachvollziehen. Aber dann zerhaut das einfach die CO2-Bilanz brutal.
0:47:47–0:47:52
Weil dann siehst du halt, okay, die Schule zu heizen das ganze Jahr mit Strom
0:47:52–0:47:54
zu versorgen, da werden wir so Tortendiagramme.
0:47:55–0:47:57
Und dann siehst du halt, okay, das braucht so und so viel.
0:47:58–0:48:03
Aber jetzt durch den Flug ist unsere CO2-Bilanz eine Katastrophe geworden.
Florian Clauß
0:48:04–0:48:11
Ja, gut. Klar, dann ist natürlich hier so ein Thema, dass man sich die ganze Zeit darauf freut.
0:48:12–0:48:17
Aber dann merkt man das ja auch an anderer Stelle, wie teuer das ist zu fliegen.
Rolf Behringer
0:48:17–0:48:17
Ja.
Florian Clauß
0:48:18–0:48:19
Also für einen selber.
Rolf Behringer
0:48:19–0:48:19
Genau.
Florian Clauß
0:48:20–0:48:24
Das ist ja nochmal so ganz handfest, wenn man das auf so ein Schulgebäude ausrollt
0:48:24–0:48:29
und dann überlegt, okay, das kostet einfach so viel. Das sind nochmal so...
0:48:30–0:48:34
So, wir sind jetzt hier oben auf der Brücke, auf der Trasse angekommen.
Rolf Behringer
0:48:34–0:48:38
Ja, ich habe Angst. Es ist ganz dunkel hier und es sind viele fremde Männer.
Florian Clauß
0:48:39–0:48:46
Ja, das wilde Berlin. Die Ecken vom wilden Berlin. Ich mache jetzt mal eine Aufnahme. Okay.
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Also jetzt noch mal so ein bisschen inhaltlich einzusteigen.
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Was gab es denn so rückblickend für Highlights in diesen Einzelnen,
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bei den Einzelnen, wo du sagst, die Schule war am Anfang, hat sich total gesperrt.
0:49:03–0:49:08
Aber als du dann das Ergebnis gesehen hast, dann haben die sämtliche Maßnahmen umgesetzt.
0:49:08–0:49:12
Oder auch das Gegenteil. Hast du da vielleicht noch so ein paar Anekdoten?
Rolf Behringer
0:49:13–0:49:18
Ja, schon. Also das ist sehr vielschichtig, muss man sagen.
0:49:19–0:49:24
Es ist natürlich auch ein Projekt, was doch auch so ein Engagement verlangt.
0:49:25–0:49:33
Und da gab es tatsächlich auch Schulen, die hatten sich übernommen vielleicht auch.
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Also zum Glück nicht bei uns, bei Partnern.
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Also jetzt schiebe ich mal das Negative voraus, sozusagen. weil das jetzt natürlich
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keine Wundermethode ist, sondern die Methode, die muss halt einfach auch gut
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umgesetzt werden, die muss in einem guten Rahmen stattfinden und so weiter.
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Es gab auch Situationen, wo Lehrkräfte erkrankt sind längerfristig und niemand
0:49:56–0:49:58
anderes sich dann bereit, wie sagt man.
Florian Clauß
0:49:58–0:49:59
Erklärt hat oder.
Rolf Behringer
0:49:59–0:50:03
Bereit erklärt hat. Naja, dann war das Ergebnis ein bisschen ernüchternd.
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Aber wir hatten eine Schule, das fand ich richtig grandios, wir haben auf dem
0:50:09–0:50:13
Dach zum Beispiel eine PV-Anlage und da waren wir da oben. Wir machen auch so
0:50:13–0:50:14
einen Energierundgang durch die Schule.
0:50:15–0:50:17
Dann haben wir das halt angeguckt, wir haben uns die Werte geben lassen und
0:50:17–0:50:24
konnten sagen, diese Anlage, die hat 9 Prozent des elektrischen Energiebedarfs, deckt die ab.
Florian Clauß
0:50:24–0:50:27
Okay, ist das hoch in Relation?
Rolf Behringer
0:50:27–0:50:28
Nee, nicht so wirklich.
Florian Clauß
0:50:28–0:50:28
Okay.
Rolf Behringer
0:50:28–0:50:32
Und dann haben wir aber gesagt, aber hier auf dem Dach ist noch viel mehr Platz,
0:50:32–0:50:33
das hat ja ein Riesenpotenzial.
Florian Clauß
0:50:33–0:50:33
Ja.
Rolf Behringer
0:50:34–0:50:39
Und kurz nach Projektende hatten die schon repowered und ich habe mir das angeguckt
0:50:39–0:50:42
und die macht jetzt inzwischen 51 Prozent.
Florian Clauß
0:50:42–0:50:43
Wow. Oh, fett.
Rolf Behringer
0:50:43–0:50:45
Ja, also der Solar-Aktar.
Florian Clauß
0:50:45–0:50:47
Dann können die jetzt auch in die USA fließen.
Rolf Behringer
0:50:47–0:50:52
Genau. Und das ist natürlich dann das Learning, weil dann denkt man jetzt 51
0:50:52–0:50:55
Prozent und wenn die in die USA fliegen, dann ist das alles kaputt.
Florian Clauß
0:50:55–0:50:58
Und zwar ist es dann viel mehr. Ja, das ist schlimm.
Rolf Behringer
0:50:58–0:51:03
Und das ist auch bitter, ein Stück weit. Und es ist auch im Grunde die bittere
0:51:03–0:51:08
Diskussion, die wir in der Gesellschaft führen werden oder müssen.
0:51:09–0:51:10
Ich weiß nicht genau, ob das werden.
0:51:10–0:51:17
Weil wir können einfach nicht immer noch mehr fliegen und mehr und so weiter.
0:51:19–0:51:23
Also bei mir, ich bin schon länger nicht mehr geflogen und überlege halt,
0:51:24–0:51:29
naja, gibt es irgendwas, wo ich sagen kann, ich finde es okay,
0:51:29–0:51:31
dahin zu fliegen, aus irgendeinem Grund.
0:51:31–0:51:36
So und dann, naja, dann guckt man halt so, selbst im Freundeskreis.
0:51:37–0:51:41
Fliegen die Leute halt dann trotzdem so wie früher durch die Gegend,
0:51:41–0:51:46
obwohl wir alle verstanden haben, was für ein Problem wir an der Backe haben.
0:51:46–0:51:51
Und das ist eigentlich auch das, wo ich Hoffnung habe, dass wir mit diesem Tool,
0:51:51–0:51:52
mit der Gemeinwohlmethode,
0:51:53–0:51:59
besser ins Gespräch kommen können als Gesellschaft und Lösungen finden können,
0:51:59–0:52:02
die auch dann eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz bekommen.
Florian Clauß
0:52:02–0:52:08
Verstehe, ja, weil das viel handfester wird, Weil du dann diese Werte dann wirklich
0:52:08–0:52:11
so miteinander vergleichen und erfahren kannst.
0:52:11–0:52:17
Ich glaube, diese Größenverhältnisse, das ist ähnlich wie mit der Pandemie,
0:52:17–0:52:21
als die losging, keiner eine Vorstellung hatte, was exponentieller Wachstum ist.
0:52:22–0:52:27
Und dann auf einmal alle so, okay, das bedeutet exponentieller Wachstum und
0:52:27–0:52:31
das ist immer eine ganz andere Dimension, die sich da so auftun.
0:52:31–0:52:34
Und wenn du das irgendwie der Gesellschaft klar machen kannst,
0:52:35–0:52:36
es geht nicht mehr so weiter.
0:52:38–0:52:41
Und man kann sich immer hinstellen und sagen, es geht nicht weiter.
0:52:41–0:52:45
Aber die Akzeptanz dafür wirst du dann halt wenig finden. Du musst natürlich
0:52:45–0:52:49
dann auch irgendwelche Mittel haben, wo du dann sagen kannst,
0:52:49–0:52:54
okay, überlegt euch, ob ihr diesen Weg einschlagen wollt oder den anderen Weg.
0:52:54–0:52:57
Also es ist spannend, es ist wirklich spannend. Ich freue mich auch,
0:52:58–0:53:02
wie sich das dann jetzt weiterentwickeln kann. wie könnt ihr das jetzt,
0:53:03–0:53:10
Abgesehen von den Schulen, diese Methode noch bei euch in eurem Bereich weiter einsetzen?
Rolf Behringer
0:53:10–0:53:10
Ja, genau.
Florian Clauß
0:53:10–0:53:11
Habt ihr da auch schon Ideen?
Rolf Behringer
0:53:11–0:53:13
Ja, also das Interessante ist
0:53:13–0:53:18
ja, dass mich das ja auch dann praktisch überzeugt hat in der Anwendung.
0:53:18–0:53:22
Also der Wolfgang Schäffler, den ich erwähnt hatte von Meeting Democracy,
0:53:23–0:53:25
mit dem hatte ich öfters gesprochen.
0:53:25–0:53:27
Und dann irgendwann kam das Projekt und ich habe gedacht, nee,
0:53:28–0:53:30
lass uns doch Klimawandel und Beteiligung kombinieren.
0:53:30–0:53:35
Da habe ich dann gemerkt, ja, das ist halt, also das hat für mich,
0:53:35–0:53:40
ich sehe da echt ein Potenzial drin und möchte das halt auch in der Zivilgesellschaft
0:53:40–0:53:44
verbreiten und auch austesten, kurz zu sagen.
0:53:44–0:53:48
Und wir haben ja jetzt seit kurzem, also seit letztem Jahr, Seminarraum.
0:53:48–0:53:51
Also wir waren bisher immer nur mobil in Schulen unterwegs.
0:53:51–0:53:54
Und jetzt können wir zum ersten Mal auch Gruppen zu uns einladen.
Florian Clauß
0:53:54–0:53:56
Also hier als Solare Zukunft.
Rolf Behringer
0:53:56–0:54:02
Als Verein Solare Zukunft. und der soll ja auch belebt werden und ich habe einfach
0:54:02–0:54:09
so eine Vision, dass wir halt regelmäßig solche Gemeinwohlmethode verfahren,
0:54:09–0:54:12
manchmal sagt man auch Planungszellen dazu, das ist so ein Äquivalent,
0:54:13–0:54:16
einfach durchführen zu bestimmten Themen.
0:54:17–0:54:21
Also wir sammeln Themen vielleicht auch von Freunden oder von Menschen,
0:54:21–0:54:25
die wir kennen, die einfach sagen, das Thema, das beschäftigt mich so sehr und
0:54:25–0:54:28
das ist doch auch ein Thema, was andere ist, irgendwie beschäftigt.
0:54:29–0:54:33
Und dann könnten wir dazu so ein Verfahren durchführen. Und es geht halt in einem Abend.
0:54:34–0:54:39
Ein Thema, kann man zusammenkommen, man plant es zwei Stunden mit Input,
0:54:39–0:54:44
Durchführung, Ergebnis und da einfach ein Learning und noch weiter gedacht,
0:54:46–0:54:50
nicht nur in Freiburg zu machen bei uns, sondern halt auch in vielen anderen Städten.
Florian Clauß
0:54:51–0:54:56
Das sind also auch quasi wie so ein Open-Source-Verfahren, wo du dann diese
0:54:56–0:55:01
Methode offenlegst und dass sich dann solche Zentren bilden können,
0:55:01–0:55:05
wo die dann Räumlichkeiten zur Verfügung stehen haben, Leute,
0:55:05–0:55:07
die da schon mal was angewendet haben.
0:55:07–0:55:13
Und dann so einen offenen Entscheidungsprozess, also eine demokratische Zelle
0:55:13–0:55:15
quasi da implementieren können.
Rolf Behringer
0:55:15–0:55:20
Ja, und idealerweise, dass halt auch den Kommunen das kennenlernen und verstehen
0:55:20–0:55:24
und einfach sagen können, hey, also dann gibt es halt einfach so einen Expertenkreis,
0:55:25–0:55:27
um dann sowas durchzuführen.
0:55:27–0:55:31
Dass die dann einfach sagen, wir haben ein Thema und dann würde man das gerne mal durchführen.
0:55:31–0:55:34
Dann werden einfach ein paar Leute über das Anwohnermeldeamt,
0:55:34–0:55:38
über das Register der Zufall eingeladen und dann kann es durchgeführt werden.
Florian Clauß
0:55:38–0:55:44
Ja, also wo mich das, ich habe ja schon gesagt, dass wir jetzt gemeinsam Silvesterabend
0:55:44–0:55:48
verbracht haben, wo die Methode schon im Kleinen überzeugt hat,
0:55:48–0:55:51
war, wir standen vor der Wahl, was machen wir jetzt?
Rolf Behringer
0:55:51–0:55:51
Ja.
Florian Clauß
0:55:51–0:55:53
Spielen wir ein Exit-Spiel?
Rolf Behringer
0:55:53–0:55:54
Ja.
Florian Clauß
0:55:54–0:55:58
Machen wir unser Spiel mit dem Dictionary, wo sich einer einen Begriff raussucht
0:55:58–0:56:02
aus einem Wörterbuch, Bremswörterbuch, den die anderen nicht kennen.
0:56:02–0:56:09
Jeder schreibt eine Definition auf und dann werden die anonym vorgelesen, diese Interpretation.
0:56:09–0:56:14
Und derjenige, der dann gewählt wird als die richtige, und ob nicht die richtige
0:56:14–0:56:16
ist, kriegt einen Punkt.
0:56:16–0:56:20
Beziehungsweise, wenn dann halt derjenige, der die richtige Definition aufgeschrieben
0:56:20–0:56:25
hat, vorgelesen hat und keiner rät die, dann kriegt derjenige auch einen Punkt.
0:56:25–0:56:30
Ja, ganz kurz erklärt. Aber die dritte Variante, was war das nochmal? Das dritte Option.
0:56:31–0:56:32
Die zur Ausschau stand.
Rolf Behringer
0:56:32–0:56:34
Das war, glaube ich, Wünsche.
Florian Clauß
0:56:35–0:56:36
Ach ja, genau, so Wünsche aufschreiben.
Rolf Behringer
0:56:37–0:56:39
Für 2025 aufschreiben.
Florian Clauß
0:56:39–0:56:44
Und fotografieren. Genau, da haben wir schon gemerkt, jeder will so ein bisschen höflich sein.
0:56:44–0:56:49
Und wir haben rumgedruckst. Und eigentlich hatte jeder schon ein klares Bild, was er machen will.
0:56:49–0:56:53
Aber so zu viert ging das dann nicht so richtig zu entscheiden.
0:56:53–0:56:57
Und dann hat Rolf gesagt, Moment, wir können das ganz demokratisch und geheim machen.
0:56:57–0:57:00
Und dann hat jeder einen Zettel ausgefüllt.
0:57:01–0:57:04
Dann, wo die drei Optionen draufstanden und konnte drei Striche vergeben.
0:57:05–0:57:08
Und dann wurde es ausgezählt, kam ziemlich eindeutig dann dieses Dictionary-Spiel.
0:57:09–0:57:13
Und das fand ich auch gut. Wo man dann wahrscheinlich noch eine Viertelstunde
0:57:13–0:57:17
lang rumdiskutiert hätte, war das dann innerhalb von zwei Minuten entschieden.
Rolf Behringer
0:57:17–0:57:20
Und das war gar nicht klar. Also bei unserem Gespräch vorher,
0:57:20–0:57:23
wo wir versucht haben, uns zu einigen, da war das für mich nicht klar.
0:57:24–0:57:25
Ich habe keine klare Tendenz erkannt.
Florian Clauß
0:57:25–0:57:26
Nee, war auch nicht klar.
Rolf Behringer
0:57:27–0:57:29
Und dann plötzlich, zack, war die Tendenz.
Florian Clauß
0:57:29–0:57:35
Das war eindeutig und wo man halt eben so viel im sozialen Zwischenraum dann
0:57:35–0:57:37
halt versucht, dann möglichst höflich und so.
0:57:37–0:57:41
Aber ich weiß, das magst du, aber ich will lieber das.
0:57:41–0:57:43
Dann hat man das einfach abgekürzt.
Rolf Behringer
0:57:44–0:57:48
Ja, ja, genau. Ja, vielleicht noch ganz kurz eine Anmerkung.
0:57:48–0:57:50
Ich habe jetzt Meeting Democracy genannt.
Florian Clauß
0:57:50–0:57:50
Ja.
Rolf Behringer
0:57:51–0:57:54
Und die sind gerade dabei, auch einen Verein zu gründen.
0:57:54–0:57:59
Also es gibt auch die Webseite zu Meeting Democracy. das steht glaube ich dann
0:57:59–0:58:01
in den in deinen footnotes.
0:58:02–0:58:11
Was sie aber machen zum Beispiel ist jetzt in diesem Jahr sechs solche Verfahren mit mehr Demokratie.
0:58:11–0:58:13
Also mehr Demokratie ist auch ein großer Verein.
0:58:13–0:58:19
Die haben fast 10.000 Mitglieder und Mitgliederinnen. 10.000.
Florian Clauß
0:58:19–0:58:19
Ist aber echt viel.
Rolf Behringer
0:58:19–0:58:24
Ja, das ist richtig viel. Das ist schon mit der größte demokratische Verein.
0:58:25–0:58:31
Und da machen die zehn solche Gemeinwohl-Methode-Verfahren,
0:58:31–0:58:34
allerdings mit vereinsinternen Fragestellungen.
0:58:34–0:58:37
Also es ist jetzt nicht so, dass ich leider kann ich jetzt nicht sagen,
0:58:37–0:58:38
es ist für die Öffentlichkeit,
0:58:39–0:58:44
aber wir spielen auch mit dem Gedanken und wir suchen eigentlich noch nach einer Methode,
0:58:45–0:58:51
wie wir aus der Öffentlichkeit und es gerne auch online Themen finden und Leute
0:58:51–0:58:55
per Zufall auch einladen können. Ja, das ist gar nicht so einfach.
Florian Clauß
0:58:55–0:58:58
Ja, ich meine, das ist Öffentlichkeitsarbeit wieder angesagt.
0:58:58–0:59:02
Wenn du in so einem Interessensverband, wie in der Schule bist,
0:59:02–0:59:04
dann sind die Themen schon relativ klar.
0:59:04–0:59:07
Aber wenn du dann selber für deine Themen werben musst, dann kommt auch mal
0:59:07–0:59:09
eine andere Kiste obendrauf.
0:59:09–0:59:14
So, wir überqueren gerade den Kanal. Ich mache hier noch ein Bild.
Rolf Behringer
0:59:14–0:59:17
Wow, schön. Mit ein bisschen Reggae-Musik im Hintergrund.
Florian Clauß
0:59:17–0:59:25
Wir laufen am Fuße des Görlitzer Parks entlang und ich mag die Strecke eigentlich
0:59:25–0:59:29
ganz gerne, aber trotzdem im Dunkeln ist sie etwas aufregend.
0:59:32–0:59:36
Okay, Rolf, ich denke, wir sind auch so am Ende.
Rolf Behringer
0:59:36–0:59:37
Ja.
Florian Clauß
0:59:37–0:59:43
Die Projekte, die ihr mit dem Verein macht und auch einfach auch so den Beitrag,
0:59:43–0:59:47
den ihr für die Gesellschaft dann damit leistet, finde ich ganz großartig.
0:59:47–0:59:52
Und ich danke dir, dass du da warst und dass wir über das Projekt sprechen konnten
0:59:52–0:59:55
und dass vielleicht einige jetzt einen Eindruck bekommen haben,
0:59:55–0:59:59
was eben auch so eine Methode ausrichten kann.
0:59:59–1:00:04
Also auch hier der Aufruf, man kann sich ja in seiner lokalen Community mal
1:00:04–1:00:08
anschauen, ob es solche Bewegungen gibt und dann auch mitmachen.
1:00:09–1:00:13
Also diese sozialen Zellen selber mit aufbauen, das ist ja, glaube ich,
1:00:13–1:00:14
auch ein ganz wichtiger Beitrag.
1:00:15–1:00:20
Auch wenn viele sagen, Demokratie ist, wenn ich alle vier Jahre ein Kreuzchen mache und mehr nicht.
1:00:21–1:00:24
Aber hier fängt der Demokrat hier an, bei sowas.
1:00:25–1:00:32
Und das ist glaube ich, sowas brauchen wir heutzutage dieszulande weil sich
1:00:32–1:00:36
die Gesellschaft jetzt in der Tendenz nicht demokratisch entwickelt,
1:00:38–1:00:40
danke dir.
Rolf Behringer
1:00:40–1:00:42
Für die Möglichkeit mit dir hier spazieren zu gehen.
Florian Clauß
1:00:42–1:00:47
Ja sehr gerne gerne wieder, wenn ich mal wieder in Freiburg bin ich habe natürlich
1:00:47–1:00:53
viele Fragen zu deinen anderen Projekten noch vielleicht ergibt sich nochmal eine Gelegenheit ja.
Rolf Behringer
1:00:53–1:00:55
Sehr gerne Dann schlage ich mal eine Tour vor.
Florian Clauß
1:00:55–1:00:56
In Freiburg.
Rolf Behringer
1:00:56–1:00:57
Alles klar, danke dir.
Florian Clauß
1:00:58–1:01:01
Gut, dann bis zum nächsten Mal. Macht's gut. Tschüss.

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Wir beginnen diese Episode im Synthesizer-Museum Berlin und verquatschen uns eine halbe Stunde mit den Veranstalter:innen. Unbedingt hingehen und ansehen! Dann geht’s auf die Straße. Eigentlich kennt jede:r das Theremin – ein Instrument, das man spielt, ohne es zu berühren. Dahinter steckt der Erfinder Lev Termen und seine Geschichte als musikalischer Physiker, Spion, verliebt in die USA und Gefangener in Russland. 1919 baute er das Theremin, 1925 entwickelte er Russlands erstes Fernsehgerät. In den späten 1920ern reiste er durch Europa und die USA, zeigte seine Erfindungen. In den USA lebte er 11 Jahre, ließ sich scheiden, heiratete erneut und erfand das erste elektronische Rhythmusinstrument, das Rhythmicon. Die Weltwirtschaftskrise traf ihn schwer, ebenso Patentklagen, Steuerhinterziehung und seine Unfähigkeit als Geschäftsmann. Das Theremin wurde von anderen Instrumenten verdrängt. 1938 ließ sich Termen durch den KGB aus den USA schmuggeln. Zurück in der Sowjetunion landete er im Gulag. In dieser Zeit arbeitete er als Verurteilter und Gefangener für den Geheimdienst. 1945 baute er ein passives Abhörgerät, versteckt in einer hölzernen Nachbildung des Siegels der Vereinigten Staaten. 1945 wurde es als Geschenk an den US-Botschafter überreicht und blieb bis 1952 unentdeckt. Später kam Termen frei, arbeitete am Konservatorium in Moskau. In den USA dachte man, er sei seit Jahrzehnten tot, bis er nach dem Mauerfall wieder auftauchte – auch, um seine große Liebe von 1938 zu finden.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:00
Das ist doch blöd.
Florian Clauß
0:00:01–0:00:03
Dann steht es dann nach außen. Wieso denn?
Micz Flor
0:00:03–0:00:05
Okay, whatever you say.
Florian Clauß
0:00:06–0:00:07
You do what I say.
Micz Flor
0:00:08–0:00:09
Du lies.
Florian Clauß
0:00:09–0:00:09
Wollen wir hier rüber?
Micz Flor
0:00:10–0:00:11
Halt kurz klatschen?
Florian Clauß
0:00:11–0:00:12
Ja, klar, immer.
Micz Flor
0:00:15–0:00:17
Willst du hinten über den Zebrastreifen gehen?
Florian Clauß
0:00:17–0:00:19
Nee, wir gehen jetzt über die Pampel.
Micz Flor
0:00:20–0:00:21
Fang schon mal an.
Florian Clauß
0:00:22–0:00:26
Hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Podcast Episode 74.
0:00:26–0:00:31
Und heute treffen wir uns wieder, wo wir schon öfters uns getroffen haben,
0:00:32–0:00:33
nämlich direkt am Cottbusser Tor.
0:00:34–0:00:41
Und der Anlass ist, dass Mitch seine Folge auch diesmal in einem Museum begehen möchte.
Micz Flor
0:00:41–0:00:43
Diesmal? Du verweist auf?
Florian Clauß
0:00:43–0:00:44
Ja, sehr gut.
Micz Flor
0:00:44–0:00:45
Auf Zuse oder was?
Florian Clauß
0:00:46–0:00:48
Auf Konrad Zuse, das hatten wir im Technikmuseum.
Micz Flor
0:00:49–0:00:50
Aber wir hatten Voyager auch.
Florian Clauß
0:00:50–0:00:52
Voyager hatten wir auch im Technikmuseum angefangen.
Micz Flor
0:00:52–0:00:56
Ja, und jetzt sind wir im Kotti-Museum. Nein, nicht im Kotti-Museum,
0:00:56–0:00:59
sondern über dem Rewe irgendwo. Wir wissen noch gar nicht.
Florian Clauß
0:00:59–0:00:59
Wie der Eingang ist.
Micz Flor
0:01:00–0:01:04
Vorneweg ist das vielleicht eine der Folgen, wo ich mal wieder schneide,
0:01:04–0:01:06
weil ich ja versuche, nicht mehr zu schneiden.
Florian Clauß
0:01:06–0:01:09
Ich habe immer ein bisschen Angst, auch bei der letzten Folge,
0:01:09–0:01:13
dass du nicht schneidest, weil ich dann versuche, die S zu vermeiden.
0:01:13–0:01:17
Und dann kriege ich noch mehr S rein, weißt du? Das ist wie so...
Micz Flor
0:01:17–0:01:17
Ach so, okay.
Florian Clauß
0:01:17–0:01:21
Wenn man nicht stottern will. Ich will nicht stottern und ich... Ja, genau.
Micz Flor
0:01:21–0:01:26
Gut, dann schneide ich das jetzt raus, aber wir müssen jetzt da hochgehen,
0:01:26–0:01:31
wir haben uns angemeldet, guck mal, hier steht schon was, Synthesizer Museum Berlin,
0:01:32–0:01:36
und zwar geht es diese Folge, machst du ein Foto durch diese Folge,
0:01:36–0:01:42
soll es, was soll es, wird es um Lev Thermen gehen.
Florian Clauß
0:01:43–0:01:45
Müssen wir hier durch den Fotoautomaten?
Micz Flor
0:01:45–0:01:45
Ich weiß es nicht.
0:01:47–0:01:53
Termen, der, ich weiß nicht, wie man genau ausspricht, der aber das Instrument des Termins,
0:01:54–0:01:58
wo der in Russland heißt, es wohl immer noch Termenvox entwickelt hat,
0:01:58–0:02:03
das immer noch angeblich einzige Instrument, das man spielt,
0:02:03–0:02:05
ohne es irgendwie zu berühren.
0:02:06–0:02:08
Okay, hier ist kein Eingang.
0:02:10–0:02:12
Und ich fange einfach mal an zu reden.
Florian Clauß
0:02:12–0:02:13
Wir müssen ein bisschen durch den Rewe gehen.
Micz Flor
0:02:13–0:02:19
Keine Dead Air, wir müssen durch den Rewe, meinst du? Auf jeden Fall wollten
0:02:19–0:02:22
wir anfangen und die haben nämlich auch ein Termin im Synthesizer-Museum,
0:02:22–0:02:24
direkt am Kotti, irgendwo beim Rewe.
0:02:24–0:02:27
Aber wir finden den Eingang gerade nicht.
Florian Clauß
0:02:30–0:02:31
Kann man nicht vorstellen.
Micz Flor
0:02:31–0:02:32
Dass es da drin ist.
Florian Clauß
0:02:32–0:02:32
Hier ist es.
Micz Flor
0:02:33–0:02:34
Ah gut, okay.
0:02:37–0:02:39
Direkt neben dem Rewe. Hast du festgedrückt?
Florian Clauß
0:02:40–0:02:41
Ja, ich habe festgedrückt.
Micz Flor
0:02:42–0:02:45
Man muss feste drücken, wie sie feiern. Nee, feste feiern, wie sie drücken.
0:02:45–0:02:49
Nein, feste Fallen, wie sie feiern, drücken.
0:02:51–0:02:55
Ja, und die haben hier im Synthesizer Museum und sind anscheinend doch nicht gekommen.
0:02:56–0:02:59
Wir haben uns angemeldet gestern per E-Mail.
0:03:00–0:03:02
Aber die, da.
Florian Clauß
0:03:02–0:03:04
Ist ein Telefon. Ich ruf mal an.
Micz Flor
0:03:04–0:03:07
All das könnte man jetzt schneiden oder auch nicht. Mal gucken,
0:03:07–0:03:11
ob ich recht habe oder nicht. Sagt mir denn das Schneidelicht?
0:03:17–0:03:20
Wir wollten ins Museum, ja, okay.
0:03:28–0:03:29
Okay, Treppe hoch.
0:03:36–0:03:39
Doch, da ist eine Tür auf, da geht es wahrscheinlich rein.
0:03:40–0:03:44
Hallo, Mitch und Flo. Wir hatten uns, ich weiß gar nicht, mit wem wir gemailt
0:03:44–0:03:49
hatten, Wir wollten heute einen Podcast machen, aus und über das Museum,
0:03:50–0:03:53
haben aber noch keine Tickets vorgekauft. Okay, ich hole mal meinen Kollegen.
Florian Clauß
0:03:53–0:03:53
Ja.
Micz Flor
0:03:58–0:04:02
Hallo, ich bin Mitch. Ich weiß nicht, hattest du gemailt, geantwortet oder dein
0:04:02–0:04:04
Kollege? Nee, hi, ich bin Andi.
0:04:04–0:04:08
Hast du dich mit dem Urschild telefoniert? Nee, warte mal, musst.
Florian Clauß
0:04:08–0:04:10
Du mal kurz. Okay, ich weiß von euch. Dann klärt mich mal auf.
Micz Flor
0:04:11–0:04:15
Wir wollten einfach zwei Tickets haben und die Erlaubnis hatte ich dann per
0:04:15–0:04:17
Mail angefragt, weil wir machen einen Podcast.
0:04:17–0:04:20
Wer macht das nicht? Wer solltet ihr euren Podcast?
0:04:20–0:04:23
Eigentlich Podcast. Und was für Themen hast du denn zu sagen?
0:04:23–0:04:27
Ich habe auch viel über E-Gitarren, aber jetzt wollte ich über Teramin machen
0:04:27–0:04:29
und ihr meint, ihr habt auch einen Teramin.
0:04:29–0:04:31
Ich habe einen Teramin da, weil nur einen von den digitalen,
0:04:31–0:04:32
einen Teramini habe ich da.
0:04:34–0:04:36
Als Auslöser wollten wir das nehmen, weil wir hatten das irgendwie gesehen auf
0:04:36–0:04:40
rbb, hattest du mir geschickt. Dann habe ich gedacht, es wäre cool, wenn wir hier anfangen.
0:04:42–0:04:45
Wir sind ja sowieso hier, dass man alles ausprobieren kann und alles mögliche.
0:04:45–0:04:49
Mit Filmen oder Ausnahmen ist es natürlich auch möglich. Wenn ihr vorher angefragt
0:04:49–0:04:51
habt und ihr habt ihr Erlaubnis bekommen, dann denke ich schon, könnt ihr alles machen.
0:04:52–0:04:54
Ich weiß noch nicht, ob ihr mit dem Digitaltheramin so klarkommt.
0:04:54–0:04:57
Das richtige Theramin, wenn ihr den Unterschied kennt, ist natürlich schon ein bisschen cooler.
0:04:57–0:05:00
Ich habe auch, ich hatte zum 40. von euch ein Theramin geschenkt bekommen.
0:05:00–0:05:02
Das war von MOOC, glaube ich.
0:05:02–0:05:05
Aber das ist wahrscheinlich das Arduino-basierte, das neue, wenn du sagst Digitale.
0:05:05–0:05:07
Das ist dieses Plastik-Ding.
0:05:07–0:05:09
Das ist eigentlich auch cool. Das haben MOOC wahrscheinlich auch.
0:05:09–0:05:13
MOOC bauen, glaube ich, nur noch das, weil nicht mehr das normale Lisa-Reihe.
0:05:14–0:05:17
Aber das ist leichter zu spielen.
0:05:19–0:05:21
Das hat quasi eine unsichtbare Klaviatur.
Florian Clauß
0:05:22–0:05:24
Das hat hier eine Pitch-Correction.
Micz Flor
0:05:24–0:05:28
Ach, das ist ja lustig. Das gilt als eines der am schwersten zu spielen in den
0:05:28–0:05:30
Instrumenten überhaupt. Mal gucken, das Volume.
Florian Clauß
0:05:31–0:05:36
Ja, toll, dass du jetzt ein Konzert machen kannst. Darauf warte ich die ganze Zeit.
Micz Flor
0:05:36–0:05:40
Du hast da jetzt zu Hause den Theramin gehabt. Ja, genau. Ich habe es sogar
0:05:40–0:05:43
schon damit aufgenommen. Wir haben es auf einer Platte auch eingesetzt.
0:05:45–0:05:47
Aber far from expert.
0:05:50–0:05:54
Also das Theramin, um das nochmal kurz zu erklären, das hat ja eben diese sozusagen
0:05:54–0:05:57
Glissandro-Effekt, also keine Tastatur.
0:05:57–0:06:04
Nur die Nähe der Hand zu diesem aufrecht stehenden Antennen-Ding bestimmt halt die Tonhöhe.
0:06:05–0:06:07
Und habt ihr Metallgegenstände an der Einstärkung?
0:06:08–0:06:11
Ich muss es mal neu kalibrieren, weil es gerade ein bisschen rumzickt.
0:06:11–0:06:13
Das braucht immer wieder so ein Setup. Gell, Setup.
Florian Clauß
0:06:14–0:06:14
Hallo.
Micz Flor
0:06:14–0:06:15
Master Volume 0,
0:06:30–0:06:35
Wenn die Pitch Correction ganz unten ist, dann hast du nicht die Steps drin. Hier ist Volume.
Florian Clauß
0:06:36–0:06:38
Kann ich Tickets kaufen?
Micz Flor
0:06:38–0:06:39
Hier die Tonhöhe.
0:06:41–0:06:44
Das Ding ist ein bisschen nervig zu spielen.
0:06:46–0:06:48
Ja, das war auch... Und dann hat er noch Presets.
0:06:51–0:06:55
Digitales. Ja, das hat man jetzt...
0:06:55–0:06:57
Presets habe ich eigentlich voll nie benutzt, so groß bei dem Termin.
Florian Clauß
0:06:59–0:06:59
Lost in Fock.
Micz Flor
0:07:00–0:07:01
Und dann der...
0:07:07–0:07:11
Ja, ist lustig, diese ganzen Presets sind Sachen, wie man sich vorstellt, wie es klingen müsste.
0:07:12–0:07:17
Aber eigentlich ist es ja nur dieser Sinuston. Früher in meinem alten Job,
0:07:17–0:07:20
da stand immer noch das andere Moog-Ding dran. Das fand ich schon irgendwie cooler.
0:07:21–0:07:24
Das ging was superfächig auf zu Hause. Vielleicht liegt da eine Lampe.
0:07:24–0:07:26
Genau, also mir rechts ist...
0:07:27–0:07:30
Dann kann man die Tonhöhe, wenn man rangeht, wird es hoch.
0:07:32–0:07:36
Und links, links ist lautstärke.
0:07:41–0:07:45
Und es ist auch so, also ich habe einmal Caroline Eichleis gesehen,
0:07:45–0:07:46
das ist glaube ich die einzige Charitaministin.
0:07:46–0:07:49
Aber es gibt uns auch die einzige Person, die jemals praktisch ein Lehrwerk
0:07:49–0:07:53
geschrieben hat, wie man Charitamin überhaupt spielt. War auch interessant, das Ding gibt.
Florian Clauß
0:07:53–0:07:54
Es ja erst seit 100 Jahren.
Micz Flor
0:07:54–0:07:56
Kein Aß weiß eigentlich, wie man richtig drauf spielt.
Florian Clauß
0:07:57–0:08:01
Bei ihr habe ich gesehen, die hat so eine Technik, die bewegt ihr den Finger
0:08:01–0:08:02
eher noch in so eine Richtung.
Micz Flor
0:08:03–0:08:06
Es sieht so ein bisschen aus wie Show, aber es ist halt wirklich so,
0:08:06–0:08:08
dass sie die Hand hinhält.
0:08:11–0:08:12
Das ist wie so spinnenhaft.
0:08:16–0:08:18
Ich weiß auch, bei dem Konzert damals, kann ich mich erinnern,
0:08:18–0:08:21
das war bei der Soko-Bus auch auf dieser Seebühne, wo sie meinte, oh.
Florian Clauß
0:08:21–0:08:24
Unten drunter ist Wasser und so. Da hat sie gar nicht wirklich gerechnet,
0:08:24–0:08:26
weil das Ding irgendwie auch anders reagiert. wenn sie einfach auf.
Micz Flor
0:08:26–0:08:32
Diesem Wasser-Ding spielt. Das ist ja voll esoterisch. Alles daran ist total esoterisch.
Florian Clauß
0:08:32–0:08:32
Ich finde,
0:08:35–0:08:38
bei dem echten Moog, wenn es alles so super fließend ineinander übergeht,
0:08:38–0:08:43
da kommt man ja schnell in so ein Good Vibrations-mäßiges Ding rein. Das ist irgendwie cool.
0:08:43–0:08:46
Das ist ein bisschen einfacher zu spielen. Das andere Gerät fand ich eigentlich
0:08:46–0:08:49
schon ein bisschen besser. Der Aufkleber sagt ja auch, schnell das Laden.
0:08:49–0:08:49
Das haben wir praktisch noch von.
Micz Flor
0:08:49–0:08:50
4 Meter übernommen.
0:08:54–0:08:57
Ansonsten fand ich auch immer die Geschichte gut. Das war von Leo Theramin.
0:08:57–0:09:00
Ich glaube, Herr Roster, der wollte eigentlich einen Geigerzähler erfinden.
0:09:02–0:09:05
Die Vorgeschichte war, dass er so ein Distanzmessgerät hat. Sie hatten halt
0:09:05–0:09:12
über Kondensatoren versucht, im Raum, also im Feld, Abstände zu messen oder
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Gaszusammenhang zu messen. Und er hat halt die ganze Zeit gemerkt, dass er ein Fehler war.
0:09:16–0:09:19
Also er hat halt immer, es ging schon um Tonhöhe, aber er hat immer quasi durch
0:09:19–0:09:21
seine Anwesenheit die Messwerte verändert.
0:09:21–0:09:24
Und hat dann irgendwann gemerkt, so einen Moment mal, weil er halt auch Cello
0:09:24–0:09:25
gelernt hatte. früher hatte ich gesagt.
0:09:26–0:09:30
Vielleicht kann man damit ja Musik machen und hat dann parallel zu dieser Entwicklung
0:09:30–0:09:35
von Distanzmessgeräten und so, ja auch für Banken hat er dann so Einbruchssicherungen,
0:09:36–0:09:40
die die gleiche Logik hatten, dass wenn jemand reinkommt, dann kann man quasi Signal schicken.
0:09:41–0:09:44
Und er hat dann irgendwie über seinen Cello-Hintergrund, hat später auch versucht
0:09:44–0:09:45
so ein digitales Cello zu bauen,
0:09:45–0:09:49
aber hat dann angefangen, das Teramin als Musikinstrument zu entwickeln.
0:09:50–0:09:53
Und wie so oft in der Entwicklung halt durch einen Fehler, das Problem,
0:09:53–0:09:58
wie kann ich hier genauer messen? Es gab doch nur diese Clara Rockmore, die Amerikanerin.
0:09:58–0:10:00
Die hat ihn aber doch auch irgendwie getroffen.
0:10:00–0:10:07
Der ist 27, ist der von Russland weggeschickt worden und hat dann quasi eine Tournee gemacht.
0:10:07–0:10:09
War in Paris, im Opernsaal, bei BBC.
0:10:10–0:10:15
Und der wurde weggeschickt, einerseits um Geld zu akquirieren für Russland und
0:10:15–0:10:17
aber auch um die Revolution zu propagieren.
0:10:17–0:10:19
Also er wollte so beides zeigen.
0:10:20–0:10:24
Es ist unfassbar. Und da war er dann auch beim BBC, hat er das vorgestellt,
0:10:24–0:10:27
in Paris in den haag in berlin in rom
0:10:27–0:10:30
glaube ich weiß gar nicht mehr genau und ist danach nach amerika
0:10:30–0:10:33
mit einem sechs monats visum und war dann
0:10:33–0:10:37
aber elf jahre in amerika hat alle sechs monate sind visum erneuert und hat
0:10:37–0:10:45
dann das patent was er hatte dort an rca die radio corporation of america verkauft
0:10:45–0:10:50
die sollten das dinge serie für ihn produzieren und verkaufen und da hat er dann eben auch die.
0:10:51–0:10:53
Du hast den Namen Clara Rockmore.
0:10:54–0:10:57
Die hat er da kennengelernt, die hat er auch angelernt. In die hat er sich wohl
0:10:57–0:10:58
auch ein bisschen verknallt.
0:10:58–0:11:03
In meiner Folklore, ich habe eine Halbwissen, da dachte ich immer so,
0:11:03–0:11:06
ich wusste, ich habe nur gemerkt, Clara Rockmore war eine Violinistin,
0:11:06–0:11:09
die aber durch einen Unfall irgendeinen Arm verloren hat oder irgendwas,
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die konnte nicht mehr spielen körperlich und war natürlich total interessiert
0:11:12–0:11:14
an irgendwas, was man spielen kann, ohne zu berühren.
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Ich dachte dann auch, dann haben sich die beiden noch miteinander verliebt und
0:11:18–0:11:19
so, das stimmt wahrscheinlich nicht alles.
0:11:20–0:11:23
Theoretisch ist das eine total niedliche Geschichte. Bei mir ist es,
0:11:23–0:11:26
weiß ich nicht, was mit ihr die Vorgeschichte war. Die konnte irgendwie nicht mehr spielen.
0:11:27–0:11:30
Er hat sie auf jeden Fall beigebracht und er hat sich in sie verknallt,
0:11:30–0:11:33
aber sie hat jemand anders geheiratet. Da hat er dann den Kontakt abgebogen.
0:11:33–0:11:35
Wir müssen dann einen Film draus machen.
0:11:35–0:11:40
Das geht ja noch weiter. Das ist ja dann auch Teil quasi von dem,
0:11:40–0:11:41
was du erzählen wolltest.
0:11:42–0:11:47
Weil Termin, wie er eigentlich heißt, also Termin war seine französische,
0:11:47–0:11:51
also als er dann raus ist aus Russland, hat er sich statt Lev Thermen hat er
0:11:51–0:11:55
sich dann Leon Thermin genannt und wollte, dass es französisch ausgesprochen wird.
0:11:55–0:11:59
Und Thermin in französischer Aussprache ist wohl Thermin oder so ein bisschen.
0:12:01–0:12:05
Aber jetzt heißt es halt hier Thermin und in Russland heißt es wohl immer noch,
0:12:06–0:12:09
Thermenvox, dieses Gerät, weil die Stimme von Thermen war das.
0:12:11–0:12:13
Jetzt habe ich mal einen Faden verloren. Sag nochmal kurz, wie dein Podcast
0:12:13–0:12:15
heißt, das will ich mir auch mal anhören.
0:12:15–0:12:19
Also das ist eigentlich-podcast.de oder eigentlich Podcast.
0:12:22–0:12:27
Wir machen immer abwechselnd und unser Motto ist, im Laufen reden und laufend reden.
0:12:28–0:12:31
Also wir sind immer unterwegs.
0:12:34–0:12:39
Und da wird es dann, das ist jetzt in 74, in drei Folgen. Wir hatten neulich
0:12:39–0:12:41
erst die Abend Nosterato Abend.
0:12:42–0:12:45
Ah, okay, ja genau. Nosterato ist auch interessant, weil viel von dem,
0:12:46–0:12:49
die Clara Rockwell oder wie sie heißt, Rockmore.
0:12:49–0:12:53
Genau, die hat selber auch versucht, dann möglichst nicht mehr für Filme zu
0:12:53–0:12:55
spielen, weil sie irgendwann das Gefühl hat, das sind immer so billige Sci-Fi
0:12:55–0:12:58
und Horrorfilme, wo sie gebucht wird.
0:12:58–0:13:01
Und dann war aber ein Hitchcock-Film, wo sie gebucht werden sollte.
0:13:01–0:13:05
Und da hatte sie dann aber irgendwie abgesagt. Und jemand anderes,
0:13:05–0:13:10
es gab nur zwei Leute, die da bei der Music Association Amerika als Teremin-Spieler
0:13:10–0:13:13
oder Spielerin registriert waren. Und sie hat abgesagt, weil sie gedacht hat,
0:13:13–0:13:14
bestimmt so ein Horrorstreifen.
0:13:15–0:13:18
Und dann war es aber ein Hitchcock-Film. Und der hat dann auch wohl irgendwie
0:13:18–0:13:19
einen Ausgaben bekommen für Beste Musik.
0:13:20–0:13:20
Welcher Hitchcock-Film hat
0:13:20–0:13:23
denn, ich muss mal hier raus, welcher Hitchcock hat denn denn einen Kerl?
0:13:24–0:13:28
Ich weiß es nicht, das müsste ich noch nachtragen. Aber war das nicht die Vögel oder so?
Florian Clauß
0:13:28–0:13:33
Die Vögel war von Sala, der Trautonium. Trautonium, genau, da war irgendwas.
Micz Flor
0:13:33–0:13:37
Sehr gut, danke sehr. Das war jetzt nur noch, da dachte ich, die Verbindung.
0:13:37–0:13:41
Ich müsste gucken, aber ich könnte jetzt, du hast ja den Podcast schon,
0:13:41–0:13:43
kann ich dir sagen, das muss ich nochmal in die Shownotes packen.
0:13:45–0:13:48
Wir haben... Das hört man immer so oft. Kann man irgendwas mit den Shownotes...
0:13:48–0:13:51
Gibt Sachen und anderes Wort, man kann es immer nur reinpacken.
0:13:51–0:13:52
Man kann es immer reinpacken.
0:13:53–0:13:54
Neudeutsch, man muss es in die Shownotes packen.
Florian Clauß
0:13:57–0:13:57
Anhängen.
Micz Flor
0:13:57–0:14:00
Das ist echt immer so, das hört man immer oft. Pack es in die Shownotes.
0:14:00–0:14:02
Pack es in die Shownotes und dann wirst du es mitbekommen.
0:14:02–0:14:05
Du, ich muss jetzt mal ganz kurz erstens deinen Namen aufschreiben.
0:14:06–0:14:08
Wenn es für dich okay ist, dass du mit drin bist hier.
0:14:09–0:14:12
Du darfst... Wir nehmen ja schon auf... Ich wollte... Was, du nimmst es auch?
0:14:12–0:14:15
Wir nehmen ja, aber deshalb frage ich dich jetzt, ob es für dich okay ist,
0:14:15–0:14:16
dass wir das mit reinnehmen.
0:14:16–0:14:18
Bitte nimmst du mit rein, ja, völlig okay.
0:14:18–0:14:21
Und dann soll ich dich anonym mit reinnehmen oder mit Namen?
0:14:22–0:14:27
Und URL, wenn du willst. Oder Insta-Handle. Nee, nee, musst du nicht.
0:14:28–0:14:33
Mein Spitzname ist praktisch Endai. Das ist mein Spitzname wie Andi. E-N-D-A-I.
0:14:34–0:14:38
Endai, keine Ahnung. Den Namen kannst du ja binden mit Endai vom Synthesizer-Museum.
0:14:38–0:14:41
Okay. Kein Problem. Genau. Da kannst du dir das irgendwie verlinken mit Synthesizer-Museum.
0:14:42–0:14:47
Das sowieso, genau. Und die Idee war, weil du fragst... Du, wir sind Ems unten angemacht.
0:14:49–0:14:51
Du hast ja vorhin schon gesagt, ihr latscht ja auch rum und so.
0:14:51–0:14:53
Ja, genau. Wir gehen einfach laufen.
0:14:53–0:14:56
Und die Idee war, ich hatte vorhin unten schon gesagt, dass wir vielleicht schneiden,
0:14:56–0:14:57
wenn wir nicht wissen, wie es hier ist.
0:14:58–0:15:00
Dass wir einen Schnitt machen und dann draußen weitererzählen.
0:15:00–0:15:03
Aber jetzt ging es los, da habe ich gedacht, ich frage dich einfach nach Erlaubnis.
0:15:03–0:15:05
Ex post factum, würde man sagen.
0:15:06–0:15:09
Und ganz kurz, der Pitch noch für das Synthesizer Museum ist,
0:15:09–0:15:12
also wir stehen hier, direkt Blick auf den Kotti.
0:15:12–0:15:14
Direkt auf Kotti, praktisch, keine Ahnung, wie soll man sagen,
0:15:14–0:15:17
Ort des Elends in Kreuzberg. Kotti.
0:15:18–0:15:20
Ja gut, so kenne ich es noch nicht, aber why not.
0:15:21–0:15:23
Ich meine, das ist schon irre, finde ich, dass man hier, und eigentlich ist
0:15:23–0:15:26
das der beste Blick, den man am Kotti haben kann, und wir haben hier super teure
0:15:26–0:15:28
Synthesizer, also ich meine, diesen Ausblick, ich weiß nicht,
0:15:28–0:15:29
ihr seid wahrscheinlich nicht aus Berlin, oder?
Florian Clauß
0:15:30–0:15:30
Doch.
0:15:33–0:15:34
Monarchies nebenan.
Micz Flor
0:15:34–0:15:35
Ja, das ist alles hier nebenan.
Florian Clauß
0:15:36–0:15:40
Hier war auch mal eine Arztpraxis drin, so eine Radiologie. Genau,
0:15:40–0:15:43
weil die Bar drüben, die heißt noch Fahimi Bar.
Micz Flor
0:15:43–0:15:46
Ich habe im West-Berlin da oben noch live gespielt, vor vielen Jahren,
0:15:46–0:15:48
vor 15 Jahren. Echt, da habe ich auch mal live gespielt. Was hat das denn für
0:15:48–0:15:49
den Bernd vielleicht gehabt?
0:15:49–0:15:53
Das war ich, Solo-Getting-up-every-morning, hieß das. Nein, das hat man leider nicht.
Florian Clauß
0:15:53–0:15:55
Aber das war echt so eine richtige Ranzbude da oben.
Micz Flor
0:15:55–0:15:58
Ja, das war super. Die machen immer noch ein bisschen. Gut, hier ist alles irgendwie
0:15:58–0:16:02
verranzt. Nee, wir brechen jetzt auch mal auf, aber wir zahlen jetzt noch.
Florian Clauß
0:16:02–0:16:04
Ich gehe nochmal auf Toilette. Da ist die Toilette.
Micz Flor
0:16:04–0:16:06
Okay, Toilette, Zahlen und so. Das heißt, jetzt machen wir einen Schnitt.
0:16:07–0:16:10
Jetzt geht das Reden beim Laufen los.
Florian Clauß
0:16:11–0:16:14
Ja, das setze ich jetzt spontan. Das sind die Folgen.
Micz Flor
0:16:14–0:16:18
Ja, dann ist meine Folge jetzt fertig. schalten Sie auch bei Folge 76 wieder
0:16:18–0:16:27
ein, wenn es um Theramin-Telz Neo-Therma geht, beziehungsweise Lev-Therman Ja,
0:16:27–0:16:29
wie komme ich jetzt wieder zurück zum Theramin?
0:16:29–0:16:33
Also das war, wir machen einfach die Tür jetzt zu Ja, dieser Abschluss,
0:16:33–0:16:37
das war das Synthi-Museum, wir beginnen jetzt den GPS-Track,
0:16:37–0:16:43
wir beginnen jetzt die Folge über Lev-Therman oder Leon-Therman oder,
0:16:44–0:16:48
Der Theremin, wie wir ihn in Deutschland nennen, wie das Instrument auch bei ihm heißt.
0:16:53–0:16:58
Und einiges hatten wir jetzt ja schon gesagt. Also die Idee von dem Termin oder
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Thermenvox, wie es in Russland heißt, ist eben, du hast zwei Antennen, in Anführungszeichen.
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Mit einem kannst du die Tonhöhe ändern und mit dem anderen kannst du die Lautstärke ändern.
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Wenn du also dieses Instrument spielen willst und zum Beispiel bei der Lautstärke
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fasst du dann oder kommst ganz nah eben an dieser Antenne ran, kommen wir hier raus.
Florian Clauß
0:17:20–0:17:21
Ich hoffe.
Micz Flor
0:17:25–0:17:31
Dann geht das Signal quasi aus. Und wenn du an die andere Antenne dran fasst,
0:17:31–0:17:33
dann wird das Signal quasi ganz hoch.
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Beziehungsweise je nachdem es eingestellt ist, geht es dann auch aus,
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wenn es ganz nach oben pitcht.
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Und entstanden ist das, also den wir Termin nennen, der Termin.
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Ich sage jetzt Termen für den Mann und Termin für das Instrument.
0:17:54–0:17:55
Wenn ich die beide verwende, dann kann man das.
Florian Clauß
0:17:55–0:17:56
Irgendwie fest auseinanderhalten.
Micz Flor
0:17:58–0:18:05
Also Termin kommt eher aus einer bürgerlichen Familie, obwohl er dann später
0:18:05–0:18:09
auch Lenin-Fan und Fan der Revolution war.
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Hat Cello gelernt und hat dann später Physik studiert und hat sich aber von
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vornherein dafür entschieden, experimentelle Physik zu studieren.
0:18:22–0:18:26
Also nicht Theoretisches, sondern Experimentelles, womit man auch wirklich was machen kann.
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Man wollte was machen und hat dann angefangen, noch in seinen frühen 20er Jahren
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mit diesen Distanzmessungen irgendwie anzufangen,
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wo man halt festgestellt hat, man kann halt in so Feldern mit Kondensatoren
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und Oszillatoren, konnte man einfach Töne herstellen,
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auch die sich verändern, wenn der Körper,
0:18:47–0:18:50
also der Messende, ist ja interessant, ein bisschen so Quantenphysik mäßig,
0:18:51–0:18:53
auch der Messende selbst verändert das Messergebnis,
0:18:54–0:18:55
wenn der sich da drin bewegt.
Florian Clauß
0:18:55–0:18:56
Wie die Katze.
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Obwohl, das hat ja Christus in deiner letzten Folge bei Nosferatu angemerkt.
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Das fand ich auch eine gute Anmerkung.
Micz Flor
0:19:05–0:19:06
Als Beispiel des Humanismus.
Florian Clauß
0:19:06–0:19:12
Warum muss man denn die Katze umbringen? Das ist Anthropozene, was da drin hängt.
0:19:12–0:19:16
Der Mensch muss gucken, dass die Katze tot ist. Die Katze ist erst tot, wenn der Mensch es lag.
0:19:17–0:19:21
Warum kann denn die Katze für sich entscheiden, wann sie tot ist?
Micz Flor
0:19:22–0:19:26
Aber die Idee ist halt eben natürlich, dass da eben der Beobachter,
0:19:26–0:19:30
Wenn man das jetzt mal weiterspinnt, der Beobachter guckt halt in die Kiste
0:19:30–0:19:31
rein, sieht, ob die Katze tot ist oder nicht.
0:19:32–0:19:36
Und ähnlich ist es halt auch so in dem Moment, wenn dieses, damals konnte ich
0:19:36–0:19:38
ja nicht alles aufzeichnen und nachträglich nochmal gucken.
0:19:38–0:19:42
Das heißt, in dem Moment hat er wirklich versucht, Messungen auch für Gasdichten
0:19:42–0:19:46
und sowas herzustellen, die dann im Endeffekt sich über Töne wiedergespiegelt haben.
0:19:47–0:19:50
Aber wenn du dich an dein eigenes Messgerät bewegt hast, dann veränderte sich
0:19:50–0:19:54
der Ton. Da musste es also quasi einen großen Abstand halten oder kalibrieren,
0:19:55–0:19:57
was der hier jetzt ja auch gemacht hat.
0:19:58–0:20:02
Und da hat dann der gelernte Cellist, also jetzt nicht professionell gelernte,
0:20:02–0:20:03
aber der gute Cellist und sehr
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musikalische Ingenieur, hat dann dieses Thermenvox, wie es hieß, gebaut.
0:20:09–0:20:15
Der war noch Anfang 20 und hat gleichzeitig aber auch schon unterrichtet an der Uni.
0:20:15–0:20:21
Und das war dann wohl mit den Studenten auch so absoluter Hammer,
0:20:21–0:20:24
dass halt der eine spielt jetzt, macht jetzt Musik mit der Physik sozusagen.
0:20:24–0:20:28
Das waren halt irgendwie so zwei Dinge, die sich da miteinander verwoben haben.
0:20:31–0:20:35
Und von der Art, wie das halt gemacht wird, der hat dann so ein bisschen rumgebaut
0:20:35–0:20:37
und dann später auch das immer wieder ein bisschen verfeinert,
0:20:39–0:20:44
bis dann die Version, die dann komplett analog bei dem Moog-Ding,
0:20:44–0:20:46
was wir jetzt gespielt haben, Das hat ja scheinbar eine digitale,
0:20:46–0:20:49
zumindest Nachbearbeitung, weil da konntest du ja wirklich auch einstellen,
0:20:50–0:20:51
dass das nur ein Halbtön springt.
Florian Clauß
0:20:52–0:20:53
Das heißt, quantisiert.
Micz Flor
0:20:53–0:20:55
Ja, sozusagen, ja, genau, das waren die Quanten.
Florian Clauß
0:20:56–0:20:59
Quanten-Quinten.
Micz Flor
0:20:59–0:21:02
Der hat das dann so eingestellt, dass letztendlich war es so,
0:21:02–0:21:09
dass eine Frequenz gleichbleibend geschwungen hat in der Maschine und die zweite
0:21:09–0:21:12
Frequenz wurde über die Antenne verändert.
0:21:12–0:21:15
Und die Differenz dieser beiden Frequenzen, das ist dann das,
0:21:15–0:21:18
was hörbar gemacht wurde. Das ist also der Sound, den man gehört hat.
Florian Clauß
0:21:19–0:21:21
Also ich weiß nicht, ob ich mir das eingebildet habe, eben bei dem MOOC,
0:21:22–0:21:26
dass so ein kleines Bitzeln, habe ich den Finger manchmal gespürt.
Micz Flor
0:21:27–0:21:27
Du hast es drangehalten?
Florian Clauß
0:21:28–0:21:30
Nein, auch in dem Feld quasi.
Micz Flor
0:21:30–0:21:31
Das war die Aufregung.
Florian Clauß
0:21:32–0:21:38
Ich glaube schon, dass das Magnetfeld dann relativ stark ist.
0:21:38–0:21:42
Aber es hat sich so ein bisschen wie so ein Bitzeln, so ein elektrisches Bitzeln
0:21:42–0:21:45
angefühlt. Aber vielleicht war es wirklich die Aufregung. Ich will ja nicht übertreiben.
Micz Flor
0:21:46–0:21:50
Es ist natürlich insofern an den Stromgitarrenserien immer so ein bisschen dran.
0:21:51–0:21:53
Wo es da um elektromagnetische Felder ging.
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Hier ist es jetzt ein bisschen was anderes. Und vor allen Dingen geht es auch
0:21:56–0:21:57
wieder um den Kondensator.
0:21:57–0:22:00
Über den haben wir auch schon lange gesprochen, als wir darüber gesprochen haben,
0:22:00–0:22:03
wie man die Tonregelung bei Gitarren macht.
0:22:04–0:22:07
Dass der Kondensator quasi die Möglichkeit ist,
0:22:07–0:22:13
obwohl der kein Draht ist, der durchgängig das Signal auf Masse abführt,
0:22:13–0:22:18
aber der Kondensator wie so eine Art Schaukel ist und bestimmte Kondensatorwerte
0:22:18–0:22:21
dann in so einer hochfrequenten Schaukel ermöglichen, Und das ohne,
0:22:21–0:22:22
dass Strom wirklich fließt,
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trotzdem Teil der Wechselspannung eben abgeführt wird gegen Masse.
0:22:28–0:22:30
Und so kann man dann im Kondensator die Töne ändern.
0:22:31–0:22:34
Und bei der Arbeit, die Thermin gemacht hat, und das war halt 1919,
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hat er die Forschung begonnen, 1920, 21 war dann das erste Thermin gebaut,
0:22:39–0:22:40
hat es dann parallel gemacht.
Florian Clauß
0:22:40–0:22:44
Aber war das jetzt wirklich motiviert aus seiner akademischen Laufbahn heraus
0:22:44–0:22:48
oder hat er dann irgendwann als Zeitprojekt dann quasi für sich entwickelt?
Micz Flor
0:22:49–0:22:53
Er war, also es ist halt so ein absoluter Tinkerer.
0:22:53–0:22:57
Er ist so ein bisschen so ein Bastler einfach gewesen.
0:22:57–0:23:01
Der hat das, glaube ich, einfach parallel weitergemacht und war halt eben praktischer,
0:23:01–0:23:02
experimenteller Physiker.
0:23:03–0:23:06
Und das hat ihn halt alles fasziniert. Er hatte auch wohl diese,
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so drüber reflektiert, das mal irgendwo aufgeschrieben, da habe ich die Quelle
0:23:10–0:23:12
jetzt aber nicht gefunden, dass er darüber...
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Reflektiert hat, dass das Instrument immer zwischen der Idee der Musik und dann
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der finalen Musik steht, also bei seinem Cello auch.
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Und dass du natürlich bei allen Instrumenten, Cello und Theramin sind sich insofern
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ähnlich, als dass du halt keine Bünde hast oder keine Tasten hast.
0:23:30–0:23:36
Das heißt, du kannst auf dem Cello auch stufenlos, kann sich quasi vergreifen.
0:23:36–0:23:39
Deshalb sagt man auch immer, wer Geige spielt und das nicht gut kann,
0:23:39–0:23:43
das kann auch ganz schön anstrengend sein, dazuzuhören, weil du musst halt wirklich
0:23:43–0:23:44
genau auf den Punkt greifen.
0:23:44–0:23:47
Bei einer Gitarre ist es in der Regel so, gibt es auch Ausnahmen,
0:23:47–0:23:51
aber in der Regel so, du drückst hinter so einem Bund und dieser Metallbund,
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der auf den Griffbord eingelassen ist, der sorgt dafür, dass es genau ein Halbton weiter ist.
Florian Clauß
0:23:57–0:23:58
Du musst nicht so eine Finger,
0:24:00–0:24:01
Gedächtnismuskulatur haben.
Micz Flor
0:24:01–0:24:03
Was du Quantisierung nanntest, ist das quasi.
0:24:06–0:24:10
Und er hat so mit seinem Cello-Wissen dann und dieser Erkenntnis,
0:24:10–0:24:13
dass er quasi da ein Musikinstrument macht, ein neuartiges,
0:24:13–0:24:17
hat er angefangen zu basteln und wollte das so ein bisschen überwinden,
0:24:17–0:24:25
dass man dieses Musikinstrument in seiner Materialität und Eigenart so zwischen
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die Musik und sich selbst stellt. Im Endeffekt hat er ja auch ein Musikinstrument gebaut.
0:24:29–0:24:33
Eins, was dann teilweise in einer bestimmten Zeit eben auch intensiv eingesetzt
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wurde, auch für Orchester eingesetzt wurde, teilweise dann wohl in Amerika auch
0:24:39–0:24:42
bei größeren Orkestern eingesetzt wurde, zumindest bei einem,
0:24:42–0:24:46
um die Kontrabässe ein bisschen stärker zu machen.
0:24:46–0:24:49
Die Tiefenfrequenzen, die sind ja ohne Verstärkung relativ schwach.
0:24:50–0:24:55
Da werden ja dann auch teilweise Räume gebaut, um halt möglichst gut bestimmte
0:24:55–0:25:00
Frequenzen irgendwie nach vorne zu verstärken und so. Und die haben das dann
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mit dem Theramin, haben die dann die Kontrabässe gedoppelt sozusagen.
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Und dann war aber das Problem teilweise, dass sie keinen Filter hatten für die
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ganz tiefen Frequenzen, dass es teilweise den Leuten im Publikum schlecht geworden
0:25:14–0:25:18
ist, weil diese ganz tiefen Frequenzen aus den großen Lautsprechern dann so
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in den Magen gehauen haben.
0:25:19–0:25:21
Also ein bisschen Techno-Rave-mäßig.
Florian Clauß
0:25:23–0:25:26
Es ist ein bisschen so ein Mythos wie bei den Lumier-Brüdern,
0:25:26–0:25:31
als die dann den ersten Film von einem Eisenbahn gezeigt haben und alle die
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Leute aus dem Kino gerannt sind, weil die dachten, die Eisenbahn kämen auf sie zu.
0:25:35–0:25:43
Das ist das erste Mal, dass man so tiefe Töne gehört hat und es war jetzt nicht
0:25:43–0:25:47
im Berghain mit dem Function One.
Micz Flor
0:25:48–0:25:52
Aber das war wohl wirklich dann eine Anfrage daran, irgendwie zu arbeiten,
0:25:52–0:25:56
dass man nicht mit dem Theramin diese ganz tiefen Frequenzen auch losstellt.
0:25:57–0:25:59
Es scheint schon eine Vorgabe gegeben zu haben.
0:26:04–0:26:11
Und Thermen wurde dann, also ist geboren Mitte 1890, ich glaube 1895,
0:26:11–0:26:16
laufend Reden, ich habe es jetzt gerade nicht im Kopf, ist fast 100 Jahre alt
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geworden, ist in den 1990er Jahren erst gestorben.
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Ich glaube, 95 geboren und 93 gestorben. Also wirklich sehr alt geworden.
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Ich glaube, 97 geworden, nicht 98.
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Und wurde dann auch im Ersten Weltkrieg schon eingezogen,
0:26:36–0:26:42
um an die Front zu gehen eigentlich. Aber aufgrund seiner Gabe und seines Wissens
0:26:42–0:26:46
wurde er dann eben zu Radiologen, also nicht Radiologen, die ziehen,
0:26:47–0:26:50
sondern zur Radiotechnik gezogen, weil das war ja auch im Ersten Weltkrieg ganz wichtig.
Florian Clauß
0:26:50–0:26:52
Kommunikation. Ja, Kommunikation.
Micz Flor
0:26:53–0:26:56
Hat er ganz viel aufgebaut und eingebaut während des Krieges.
Florian Clauß
0:26:56–0:26:59
Und dann aber für die Russen. Ja.
Micz Flor
0:27:00–0:27:05
Und während des Krieges schloss er dann auch sein Physikstudium ab und hat gleichzeitig
0:27:05–0:27:07
aber auch ein Musikdiplom noch erworben in der Zeit.
Florian Clauß
0:27:07–0:27:08
Wow, okay.
Micz Flor
0:27:08–0:27:13
Und hat halt eben dieses Musik und Wissenschaft irgendwie immer so miteinander verbunden.
0:27:13–0:27:15
Auch später, da hatte ich vorhin schon erwähnt, da kommen wir noch drauf in
0:27:15–0:27:20
Amerika. Da hat er dann auch das Rhythmikon gebaut und hat ja auch versucht, ein Ding zu bauen,
0:27:20–0:27:25
was nicht nur die Hand und den Sound macht, sondern was dann eine ganze Performance
0:27:25–0:27:28
abbilden könnte, wo dann eine tanzende Frau, die hat nämlich dann auch mal eine
0:27:28–0:27:32
Tänzerin geheiratet als seine zweite Frau,
0:27:34–0:27:38
dass die Tänzerin dann tanzt und er kann dann Licht und Sound generieren aus
0:27:38–0:27:41
den Bewegungen. Aber das hat wohl nicht so geklappt.
Florian Clauß
0:27:41–0:27:46
Das sind quasi die ersten Multimedia-Performances.
Micz Flor
0:27:50–0:27:55
Er hat in Russland als Physiker noch gearbeitet und die Urarbeit war,
0:27:55–0:28:02
dass er quasi Alarmanlagen, also Distanzmesser, Alarmanlagen auch mitentfunden hat.
0:28:03–0:28:09
Wenn also jemand in dieses Feld des Terremins eingetreten ist,
0:28:10–0:28:13
dann wurde ein Alarm ausgelöst.
0:28:13–0:28:18
Und das wurde dann später auch natürlich von Lenin und dann von Stalin auch
0:28:18–0:28:21
gewollt, um halt bestimmte Sachen zu schützen.
Florian Clauß
0:28:21–0:28:27
Aber kannst du vielleicht nochmal so, ich weiß nicht, ob ich dann vielleicht
0:28:27–0:28:31
nicht richtig zugehört habe, kann ich mir kaum vorstellen, aber wie das dann
0:28:31–0:28:32
funktioniert überhaupt.
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Ob der Körper in einem elektromagnetischen Feld dann eine Reaktion auslösen
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kann. Man hat es ein bisschen mit dem Tonabnehmer verglichen.
0:28:42–0:28:47
Aber ich finde das ein plastisches Bild mit der Alarmanlage.
0:28:47–0:28:55
Man stellt sich quasi ein, es ist im Prinzip ein Sender, der dieses elektromagnetische Feld aufbaut.
0:28:55–0:29:02
Und dann kommt ein biodynamisches System in dieses Feld rein. Was passiert?
Micz Flor
0:29:02–0:29:05
Kann alles Mögliche reinkommen in dieses Feld. Also du musst dir ja so vorstellen,
0:29:05–0:29:08
dass du eine Balance herstellst, wie eine Waage.
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Und die Waage schwebt, rechts und links ausgeglichen. Und dann stellst du auf
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einer Seite was drauf und dann kippt diese ganze Sache.
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Das heißt, du hast gleichzeitig eben dieses Feld, was aufgebaut wird über die
0:29:22–0:29:25
Antennen und misst dieses Feld.
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Und das ist unglaublich sensibel. Würde mich jetzt interessieren,
0:29:28–0:29:32
weiß ich selber auch nicht, weil es gibt ja jetzt die ersten Quanten,
0:29:33–0:29:38
wie heißt es denn, Quanten, nicht Detektoren, sondern Schalter oder Messer,
0:29:38–0:29:42
Quantenmesser, wo Quantentechnologie eingesetzt wird, um ganz,
0:29:42–0:29:44
ganz, ganz sensible Messungen herzustellen.
0:29:45–0:29:47
Das war jetzt eine Analogie, die vielleicht gar nicht passt,
0:29:47–0:29:48
aber so ist es in meiner Vorstellung.
0:29:49–0:29:54
Dass dieses Feld wird aufgebaut und wenn sich in diesem Feld was gemessen wird,
0:29:54–0:29:58
das heißt die Kalibrierungen sagen, okay, jetzt ist das Feld fertig, so wie Weißabgleich.
0:29:59–0:30:02
Und in dem Moment, wenn sich dann in dem Feld was bewegt, was ein Mensch sein
0:30:02–0:30:06
kann oder wie er vorhin auch gemeint hat, es gibt eine Deutsche,
0:30:06–0:30:10
die auch noch mit Orchestern sowas auftritt und das Theramin spielt,
0:30:10–0:30:13
die dann wohl gesagt hat, oh shit, unter uns ist ja Wasser.
0:30:15–0:30:19
Das ist einfach schwierig, dann auf dem Wasser zu spielen, weil das vielleicht
0:30:19–0:30:24
dann auch ein bisschen schwappt und sowas, weil die feinste Messung dann eben das beeinflussen kann.
Florian Clauß
0:30:24–0:30:26
Ja, weil es auch Wellen macht.
Micz Flor
0:30:26–0:30:30
Das was. Genau, das ist einfach dann nicht ein bestimmter Stoff,
0:30:30–0:30:33
sondern einfach die Veränderung des, in Anführungszeichen, Äthers.
Florian Clauß
0:30:33–0:30:37
Ja, stimmt, das ist ja wie so ein Blocker, der dann unten liegt,
0:30:37–0:30:39
der dann wahrscheinlich reflektiert die Wellen.
Micz Flor
0:30:41–0:30:48
Wie wenn du mit Elektrogitarre stehst und nebendran macht einer so eine Kaffeemaschine Mühle an.
0:30:48–0:30:51
Wo dann diese Funken, die dann bei diesem Motor rausspringen,
0:30:52–0:30:54
dann einfach von deiner Gitarre aufgegriffen werden.
0:30:54–0:30:57
Und bei dem Terramine ist es aber halt so, dass es wirklich,
0:30:57–0:31:01
glaube ich, einfach Masse ist. Eine Veränderung in der Massedichte.
0:31:01–0:31:03
Also er hat ja eben auch Gase damit gemessen.
0:31:03–0:31:06
Da müsste ich jetzt aber auch nochmal genauer gucken. Aber so hatte ich das
0:31:06–0:31:10
zumindest verstanden. Das Feld baut sich auf. Das Feld wird dann quasi auf Null
0:31:10–0:31:11
kalibriert wie eine Waage.
0:31:11–0:31:15
Und wenn du dann halt irgendwie eine andere Dichte reinbringst,
0:31:15–0:31:18
ein anderes Dichte-Gas reinbringst, dann kannst du die Veränderung messen.
0:31:18–0:31:22
Und diese Veränderung der Dichte,
0:31:24–0:31:27
War dann natürlich im übertragenen Sinne auch möglich zu messen,
0:31:27–0:31:28
wenn jemand sich nähert.
0:31:29–0:31:32
Also wenn wir uns von dem Termin genähert haben, dann war das auch,
0:31:32–0:31:35
jemand geht darauf zu und das war dann eben der Alarm.
0:31:35–0:31:41
Und damit wollten Leni und Stalin auch Grenzen sichern damit und auch für Bank-Tresors
0:31:41–0:31:44
und sowas wurde das gemacht.
0:31:46–0:31:52
Im Kern da drin geht es halt auch wieder um Kondensator. Superkondensator ist eben dieses Bauteil,
0:31:52–0:31:59
in dem zwei gefaltete oder ineinander gefaltete, aber sich nicht berührende
0:31:59–0:32:03
Flächen in der Lage sind, eine Spannung zu halten.
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Aber da müsste ich jetzt auch passen, das genauer zu erklären.
0:32:08–0:32:12
Wenn es Nachfragen gibt, mache ich nochmal eine eigene Folge dazu und lese mich
0:32:12–0:32:17
da mal so richtig rein. Denn ich wollte jetzt ja mehr über Thermens Leben erzählen,
0:32:17–0:32:23
weil das so ein paar Wendungen gemacht hat, die wirklich auch jemand im späten 19.
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Jahrhundert geboren und dann nach dem Fall der Mauer in den 90er Jahren irgendwie
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gestorben, der hat ja ziemlich viel gesehen.
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Also nicht nur den Flug,
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Flugzeuge, Transatlantik-Flugzeuge, erste Landung auf dem Mond und so weiter
0:32:37–0:32:41
und sofort Atombombe kriegen, sondern auch in der Entwicklung der Musik und
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der Sinti-Musik und da wurde er dann irgendwie auch immer wieder so mit reingeholt,
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was ich auch vorhin meinte.
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Also dieses Rhythmikon, das wurde dann eben auch später einfach so als Meilenstein
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der Geschichte der elektronischen Musik dann immer wieder rausgezogen und vorgeführt.
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Da hat er eine ganz wichtige, also ähnlich wie Tesla eigentlich.
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So genau so eine Figur. Sieht auch ein bisschen ähnlich aus.
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Also ist hübscher als Tesla, hat so einen sehr ebenmäßigen.
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Hat sich auch eben in Amerika dann von seiner ersten Frau scheiden lassen,
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um eine schwarze Tänzerin zu heiraten.
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Die hieß Lavinia, den Nachnamen weiß ich jetzt gerade nicht.
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Für die er dann eben auch dieses Gerät bauen wollte, mit dem man halt ganze
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Performances in Töne und Lichter umbauen kann.
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Das war dann auch in den späten 20er und frühen 30er Jahren.
Florian Clauß
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Und wo sind wir jetzt gerade? Sind wir jetzt noch in Russland oder in den USA?
Micz Flor
0:33:42–0:33:46
In den 1920er Jahren war Russland.
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Da hat er dann auch eben das Termin entwickelt, hat Lenin selbst auch noch angeleitet.
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Er hat das auch Lenin vorgeführt, hat dann auch bei einem Lied Lenins Hand geleitet,
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sodass Lenin so ein Gespür dafür kriegt, wie man diese Melodie spielt.
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Und dann hat er aber mit Erstaunen festgestellt, dass Lenin das dann auch,
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als er losgelassen hat, sehr gut machen konnte.
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Also er war sehr begabt, Lenin, was das Termin angeht.
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Und das war in den 20er Jahren. Und dann ging es halt damals dann wohl auch
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darum, er wurde nämlich auf Tour geschickt.
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1927, 1928 ist er zuerst über Europa, hat gespielt in England,
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in Paris, in Den Haag, in Berlin, in Rom, ich weiß nicht genau,
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in welchen Städten noch, so aus dem Kopf.
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Und ist dann 1928 nach Amerika gekommen, hat dort auch gespielt,
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wurde da auch in Anführungszeichen gefeiert.
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Und fand ja auch ganz interessant, es gab eine Review davon,
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als er wohl mal in Boston gespielt hat, wo jemand sagt, dass halt dieses Termingerät,
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So habe ich es zumindest gelesen, es hatte schon fast so eine okkulte Magie.
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Es war in einer Zeit, in der diese ganzen Sachen so in der Schwebe waren.
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Und das Okkulte und die Technik und die Zukunft, alles auch so.
Florian Clauß
0:35:18–0:35:22
Ja, das hatten wir so ein bisschen, diese Ästhetik hatten wir so ein bisschen aufgegriffen.
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Ich muss wieder in der Osferatu-Folge referenzieren, nämlich in diesen Geisterbeschwörungen,
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die dann auch in den viktorianischen Gesellschaften so üblich waren.
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Da wurde auch viel mit Elektrizität und so weiter, die noch in den Kinderschuhen gesteckt haben.
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Wurde ja auch da viel so improvisiert und gemacht.
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Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Theramin da...
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Heißt es eigentlich der Theramin oder das Theramin?
Micz Flor
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Das weiß ich nicht. Ich bleibe bei das Theramin.
Florian Clauß
0:35:51–0:35:56
Das Theramin, dass da auch so eine Lücke füllt, weil es hat irgendwas,
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Das haben wir ja auch eben gesagt in dem Synthi-Museum.
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Es hat schon was Esoterisches, weil es wirklich eigentlich nur durch Körperpräsenz
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und durch Muskeln, also es ist ein komisches Gefühl.
Micz Flor
0:36:10–0:36:14
Ich glaube auch vor allen Dingen diese Sache so, man kann es nur spielen,
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wenn man es nicht berührt.
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Also es ist halt, es ist quasi so eine Verneinung des Körperlichen auch da drin
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und hatte deshalb, glaube ich, so auch ein bisschen eine metaphysische Aura.
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In der Zeit, in der man so, ich meine, da war ganz viel Okkultes bis hierhin,
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was man dann auch so ein bisschen laienhaft eben über die Nazis weiß,
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was da an, sei es nur Hohlwelt oder was auch immer so okkult da so rumging.
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Das war, glaube ich, eine Zeit, in der das aufgeladen war und eben genau die Wissenschaft.
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Interessanterweise in den 60er Jahren war, ich greife als Fußnote vorweg,
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in den 60er Jahren war Lev Termin wieder in Russland und zwischendrin beim KGB,
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da komme ich gleich drauf.
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Das ist halt eben das verwobene Leben, aber später ist er dann erst im KGB,
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raus, ausgestoßen. Ich weiß nicht, du müsstest, also er war nicht mehr dabei
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und hatte dann allerdings angeboten, nee, er ist ausgestiegen,
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so war es, weil er sollte dann über UFOs,
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Telekinetik und so Sachen, Parapsychologie sollte er forschen.
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Und das war quasi natürlich so eine Bahn, wenn man sich das vorstellt,
0:37:24–0:37:27
er fängt halt an mit diesem Nicht-Berühren, Schwingung, Welt.
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Feldtheorien und so weiter, Elektrizität, bis hin zu 30 Jahre später dann,
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ja, jetzt müssen wir hier Telekinese, kann man das auch messen,
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Gehirnströme, das ist auf einmal irgendwie verwandt.
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Das ist wie so eine Rampe, die sich da gebaut hat.
Florian Clauß
0:37:42–0:37:48
Ja, und dann auch auf der einen Seite erinnert mich das an den Film Männer,
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die auf Ziegen starren, wo dann auch so diese Spezialeinheit vom,
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ich weiß nicht, auch Militär ausgebildet wird.
Micz Flor
0:37:55–0:37:59
Genau, mit dem Slogan, be the best soldier you already are.
Florian Clauß
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Wo dann auch solche Einsatztechniken, also diese Verwebung von diesen 60er Jahren
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Hippietum, Drogenerfahrung hin zu Kriegswaffen oder Kriegseinsatz.
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Das ist die eine Geschichte. Die andere Sache, und das möchte ich,
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glaube ich, nochmal so hervorheben, nämlich, dass in der Öffentlichkeit noch
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nie elektronische Töne, erzeugte Töne so gehört wurden.
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Das war ja so die Initiation. Und ich glaube, das ist auch so dieses Mysterium,
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um das Gerät Theremin eben auch mal so eine Klangwelt zu erschaffen.
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Und natürlich, ähnlich wie es dann halt in der Fotografie dann Skepsis gab,
0:38:40–0:38:45
weil eben Ablichtung und so weiter und mein Porträt ist eingefroren und dann
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so eine Geistervorstellung aufkommt.
Micz Flor
0:38:47–0:38:51
Und Geisterbilder auch durchscheinen könnten, ja. Also manchmal im Hintergrund
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man was sieht, was dann auch aus einer anderen Dimension reinkommt.
Florian Clauß
0:38:54–0:38:59
Ja, genau. Und dann auch eben bei diesen Tönen, natürlich dann auch so,
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kann ich mir vorstellen, dass die dann irgendwelche Geister oder irgendwelche
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nicht anwesenden Personen darin gehört haben oder wie auch immer.
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Das war das Tor geöffnet zu einer anderen Dimension.
Micz Flor
0:39:09–0:39:16
Ja, und ich meine, Thermann war da auch nicht so weit weg, weil er war der feste
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Überzeugung, dass man auch Tote wiederbeleben kann. Ja, auch so ein Blick in
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die Elektrizität und die Muskeln von Fröschen, die sich da so bewegen.
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Und hatte dann wirklich auch...
Florian Clauß
0:39:24–0:39:25
Ja, das sind wieder das Rückensteine.
Micz Flor
0:39:26–0:39:28
Ja, weil das war wirklich, als Lening gestorben war, hat er wohl,
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ist ja hingeeilt und wollte halt schnell dafür sorgen, dass er ihn wiederbeleben könne.
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Das war so, war sich da sehr sicher.
0:39:35–0:39:39
Er war sich da sehr sicher, dass er da wirklich hingee...
0:39:40–0:39:43
Und dann hatten die aber sein Hirn schon rausgenommen. Und dadurch war es dann...
Florian Clauß
0:39:43–0:39:48
Ja, das ist auch so ein ähnliches Ding mit Trotzkis hören, Wo dann auch tatsächlich
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Trotzki so zerstört wurde, dass das Gehirn rausgenommen wurde und dann nochmal gewogen wurde.
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Das war nochmal wichtig, um halt die Intelligenz von Trotzki dann halt so zu
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messen. Das war ja auch so ein totaler Mythos.
Micz Flor
0:40:01–0:40:05
Ja, genau. Das heißt, da kommen viele Dinge zusammen.
0:40:05–0:40:08
Und in diesem einen Artikel ist es wohl so, dass in Boston jemand dann eben
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geschrieben hat, in einer Gegend in Amerika, wo damals vor sozusagen 100 Jahren,
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wenn wir von heute gucken,
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also Ende der 1920er Jahre, dass da die christliche Wissenschaft scheinbar mit verortet war.
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Und der Autor beschrieb,
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dass halt diese leicht metaphysische wissenschaftliche Szene da bei diesen Konzerten
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war und sich da so ein bisschen drum gruppiert hat, dass es halt wirklich eben
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auch was Metaphysisches hat, was da gerade passiert.
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Also diese gefühlte Nähe, die du vorne in den Fingerspitzen hattest,
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zu einer Öffnung in eine andere Dimension oder wie auch immer.
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Also da schwebte schon was mit, was ja auch interessant ist,
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wenn man überlegt, was kann denn Kunst eigentlich auch?
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Und das kann ja Kunst irgendwie auch.
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Was wir bei Lemke ja gesagt haben, die kann ein Gespür herstellen.
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Und man verfolgt dann einfach die Geschichte, um zu wissen, ob sein Gespür sich
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bewahrheitet oder nicht.
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Und in gewisser Weise kann ich mich damit verbinden, wenn ich an diese Zeit
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denke, wenn ich an Thermen denke, der dieses Gerät so vorführt.
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Und er war dann eben elf Jahre lang, also 1928 kam er nach Amerika und war dann
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auf dem Sechsmonatsvisum.
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Die gab es damals wohl auch schon und war dann elf Jahre lang in Russland,
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Entschuldigung, in Amerika, hat das alle sechs Monate erneuert.
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Hat in der Zeit eben auch sein Patent an die Radio Corporation of America verkauft,
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RCA. hey, die haben dann 500 oder so Geräte für ihn gebaut, aber nur 400 noch was verkauft.
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Das Problem war, dass Thermon kein so guter Geschäftsmann war,
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ein guter Erfinder, der in der Zeit in Amerika auch neue Patente angemeldet hat.
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Zum Beispiel hat er so einen magischen Spiegel gebaut, wo man einen Spiegel
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an- und ausschalten konnte. Keine Ahnung, wie das, technisch weiß ich es nicht.
0:42:06–0:42:10
Aber man hat es dann kombiniert mit seinem Distanzmesser und hatte dann so Schaufenster
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herstellen lassen, wo die Leute, die dann sich auf den Spiegel zubewegen,
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auf einmal der Spiegel abgeschaltet wird und man sieht die Produkte,
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die hinter dem Schaufenster sind. Das war auch interessant.
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Da könnte Christel Lacroix nochmal was machen. Man sieht sein Spiegelbild und
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tritt darauf zu und sieht dann auf einmal die Konsumenten.
Florian Clauß
0:42:25–0:42:30
Ja, im Prinzip ist das nur über Licht. Da kannst du dann halt quasi die spiegelnde
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Fläche dann überleuchten, indem du dann hinter dem Schaufenster dann quasi die
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Szenerie beleuchtest. In dem Moment, ja, ja.
Micz Flor
0:42:36–0:42:40
Ich weiß nicht genau, ob das vielleicht auch so eine frühe LED-Technik war,
0:42:40–0:42:42
Also ob er da wirklich was verdunkeln konnte und das ging dann auf,
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ich kann es ja nicht sagen.
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Aber der hat ja viel eben mit Elektrizität auch gemacht, kann man sich schon
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vorstellen, dass da auch irgendein Stoff drin war, der sich verändert hat, weiß ich nicht.
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Dann hat er eben auch eine Lichtorgel gebaut zu seinem Termin und hatte vorher
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schon in Russland, ist aber später nie wieder aufgegriffen,
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1925 hatte er so ein frühes Fernsehen entwickelt.
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Und das war eine Technologie, die zeitgleich überall so ein bisschen aufgepoppt ist,
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aber er hat das wohl eben ohne Input von westlichen WissenschaftlerInnen nochmal
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umgesetzt und hatte ja 1925 eins der ersten Fernsehsysteme, wo man eben,
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das hatte dann Stalin auch schon sehr begeistert, der auch gleich dachte,
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cool, da können wir die Grenzen alle überwachen,
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überwachen, so zentrale Überwachung dann irgendwie einsetzen.
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Was damals noch eben mit so einer sich drehenden Spirallochkamera oder so umgesetzt
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wurde, die Licht aufgenommen hat und das dann Zeile für Zeile weitergegeben hat.
Florian Clauß
0:43:49–0:43:52
Oder so ein Oszillator, war das nicht so ein, ich weiß nicht,
0:43:52–0:43:55
ein punktförmiger Lichtkörper?
Micz Flor
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Nee, das war schon ein Bild, was durch Punkte hergestellt ist.
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Zumindest das, was ich so gesehen hatte.
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Aber die Technik genau weiß ich nicht. Vielleicht auch noch eine eigene Folge.
Florian Clauß
0:44:04–0:44:10
Die Geschichte Ich darf noch mal, weil wir im Laufenden reden, wie ihr hört.
0:44:10–0:44:15
Ich möchte noch mal zur Verortung sagen, wir sind aus dem Museum gekommen,
0:44:15–0:44:19
das war am Cottbusser Tor, und sind dann parallel zur Hermannstraße über die
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Admiralsbrücke, dann jetzt ganz aktuell in der Hasenheide.
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Und hier, wir haben uns zweimal gekreuzt, das will ich auch noch mal nennen.
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Alte Folgen, weißt du noch, wo wir uns gekreuzt haben? Wir haben uns einmal
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dann oben am Cottbusser Tor, hatten wir schon mal angefangen.
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Nämlich das war die Folge über Dogma.
Micz Flor
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Dogma, genau. Da hatten wir ja dann auch den Herr Lehmann damals noch hatten,
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da gibt's jetzt gar nicht mehr die, wo an der Ecke wo Lehmann...
Florian Clauß
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Genau, richtig. Und hier kreuzen wir uns so ein bisschen tangential.
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Das war eine der frühen Folgen, die aber auch wirklich ein Hit war,
0:44:55–0:45:02
weil daraufhin eine Frau, die auf dieses Thema gestoßen ist,
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Doktorarbeit geschrieben hat, aber sich zumindest dann wissenschaftlich mit
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diesem Thema weiterentwickelt hat. Echt, da sind wir hier langgelaufen? Ja, Encanto.
Micz Flor
0:45:11–0:45:12
Ja, das war Frage 3.
Florian Clauß
0:45:12–0:45:16
Da haben wir hier langgelaufen und wir sind auch dann, man hört glaube ich noch
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auf der Spur von diesen ganzen Partys in der Hasenheide, wo so eine Bassspur durchwummert.
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Das kann ich mir nicht erinnern, dass das hier war. Das war hier.
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Wir sind dann da rüber gelaufen. Okay, so viel zur Verordnung. Weiter geht's.
Micz Flor
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Ja, also das waren die Sachen in den 20er Jahren in Russland,
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eben viele Erfindungen.
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Mit dem Termin ist er dann über Europa bis nach Amerika, ist dann dort geblieben
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und war dann aber dort auch als Spion tätig.
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Hat sich regelmäßig wohl dann immer mit zwei russischen Spionen in irgendeiner
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Kneipe getroffen, die ihn haben Wodka trinken lassen, damit er ein bisschen,
0:45:51–0:45:55
um sicherzustellen, das scheint damals eine Wunderdroge gewesen zu sein,
0:45:55–0:45:56
sicherzustellen, dass auch die Wahrheit sagt.
0:45:57–0:46:02
Und dann hat er über bestimmte Dinge gesprochen, weil er war schon so ein kleiner Star.
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Und hatte deshalb auch viel Kontakt mit anderen Wissenschaftlern aus der Raumfahrttechnik,
0:46:08–0:46:09
also Lufttechnik und so.
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Und hat dann da auch als russischer Spion gearbeitet.
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Auf jeden Fall waren das dann so die späten 20er, Anfang 30er Jahre.
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Und Thermann hat sich dann aber so ein bisschen herausgestellt als eben nicht
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erfolgreich, in Anführungszeichen.
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Er hatte eine Firma, aber es gehörten ihm fast keine Anteile mehr an der Firma.
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Selbst wenn die Firma erfolgreich gewesen wäre, hätte er da kaum Geld abschöpfen können.
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RCA, die für ihn das Termin gebaut haben, bekam eine Klage von einem anderen Radioproduzenten.
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Also Produktion, die ein Patent
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hatten auf die Verwendung von Vakuumröhren für die Musikherstellung,
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woraufhin dann RCA eine Strafe zahlen musste, das Termin nicht mehr herstellen
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durfte und von den 600, die sie gebaut hatten, oder so nur 400x verkauft und
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dann auch entschieden haben, das Patent nicht mehr zu erneuern.
0:47:04–0:47:09
Dann stand er auf einmal relativ mittellos da. Vorher hat er sich aber geschieden
0:47:09–0:47:16
von seiner ersten Frau und hatte die Tänzerin geheiratet und musste dann aber,
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als dann auch noch die Steuer eben auf die Schliche kam,
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dass er eigentlich nie Steuern gezahlt hat auf irgendwas,
0:47:23–0:47:26
musste er Hals über Kopf Amerika verlassen.
Florian Clauß
0:47:26–0:47:27
Okay.
Micz Flor
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Und hat es dann wohl mit dem KGB irgendwie so gedeichselt, dass die ihn da rausholen.
0:47:32–0:47:36
Und die hatten ihm wohl auch versprochen, so hat er später berichtet,
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zwei Wochen später seine Frau nachkommt, aber die kam dann nie.
0:47:41–0:47:46
Und seine Frau wusste auch nicht, dass er geht. Das heißt, von jetzt auf gleich war er weg.
0:47:47–0:47:52
Und auch für alle anderen, seine amerikanischen Kollegen und Kolleginnen,
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zum Beispiel Edgar Varese, der Komponist, der hatte für seine Stücke auch einen
0:47:56–0:48:02
Termin modifizieren wollen, wollte da mit Termen auch drüber sprechen,
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was er da machen könnte und wie das anzusetzen war.
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Man hat sich dann doch für ein anderes und parallel in der Zeit kamen einige
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von diesen elektrischen Geräten dann so hoch.
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Und da gab es ein anderes, das ähnlich war, aber eine Tastatur hatte,
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konnte man genauer spielen.
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Und das hat er dann verwendet für seine Komposition.
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Aber gerade in dem Moment, wo das mit dem Theramin hätte ein bisschen laufen
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können, kam halt erstens die Klage gegen RCA,
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zweitens die Steuerfahndung für Thermen Und drittens aber eben auch die Wirtschaftskrise,
0:48:37–0:48:40
in die er da reinschlitterte. Das heißt, er ist dann zurück nach Russland.
0:48:40–0:48:45
Und in Russland wurde er dann allerdings vor Gericht gestellt und wurde zu neun
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Jahren Straflager verdonnert.
0:48:50–0:48:55
Und das war eigentlich so ein Todesurteil eigentlich.
0:48:56–0:49:00
Aber da war es so, dass er dann eben, das hatte ich in einem Video gesehen,
0:49:01–0:49:04
da habe ich jetzt keine historische Quelle für, aber ich finde die Idee so gut,
0:49:04–0:49:06
dass ich das jetzt unter Vorbehalt hier mit reinnehmen wollte.
0:49:06–0:49:10
Er war dann in diesem Straflager mit am Arbeiten und hat dann für seinen Squad
0:49:10–0:49:18
wohl eine Monorail gebaut, sodass man effektiver, könnten dann die Straflager effektiver abbauen.
0:49:18–0:49:21
Das ist dann allerdings den Vorgesetzten auch klar geworden,
0:49:21–0:49:22
dass dieser Mann wertvoll ist.
Florian Clauß
0:49:22–0:49:24
Ja, aber was heißt das? Monorail?
Micz Flor
0:49:24–0:49:27
Er hat irgendwie so ein kleines Eisenbahnsystem eingebaut, damit die dann keine
0:49:27–0:49:31
Ahnung, was sie gemacht haben, das wird dann nicht erklärt, aber dass halt schneller
0:49:31–0:49:33
Sachen an und ab transportiert werden konnten.
0:49:33–0:49:38
Also er hat halt das Straflager dann gleich noch optimiert für die Menschen
0:49:38–0:49:39
und dadurch kam er dann wieder eher,
0:49:40–0:49:44
also er war immer noch in Anführungszeichen Gefangener, aber hatte relativ viel
0:49:44–0:49:51
Freigang und konnte dann auch wissenschaftlich wieder arbeiten und wurde dann von,
0:49:51–0:49:56
der Name habe ich jetzt gerade nicht von so einem direkten Vorgesetzten auch beauftragt,
0:49:56–0:49:59
eben auf Auftrag von Stalin auch.
0:49:59–0:50:03
Und das finde ich jetzt halt die krasseste Geschichte im Leben,
0:50:03–0:50:06
dass er einen Bug, also einen Abhör-Bug.
0:50:08–0:50:13
Was dann 1945, also nach dem Zweiten Weltkrieg,
0:50:13–0:50:23
in das Büro des amerikanischen Botschafters in Russland eingeschleust werden
0:50:23–0:50:26
sollte, um abzuhören, was die da besprechen.
0:50:26–0:50:30
Das war der Auftrag an Thermen. Mach uns diese Wanze.
0:50:31–0:50:37
Und ich erkläre gleich, wie die Wanze funktionierte und wie die dann da angebracht wurde, war,
0:50:38–0:50:46
dass ein paar junge russische Kinder haben den amerikanischen Adler in Holz
0:50:46–0:50:50
geschnitzt, überreicht dem Botschafter, um den doch in sein Zimmer zu hängen.
0:50:50–0:50:51
Und das hat er dann auch reingehängt.
0:50:52–0:50:56
Und dann haben die wohl sicherlich auch hinterher versucht, ob da vielleicht
0:50:56–0:51:00
irgendeine Sendung, ob da gesendet wird, ob das ein Abhörding ist.
0:51:00–0:51:03
Aber es war halt nichts zu messen, es war komplett tot.
0:51:04–0:51:08
Die konnten nichts messen und haben gesagt, nee, es ist einfach nur ein Stück Holz, safe.
0:51:09–0:51:17
Und von 1945 bis 1952 war diese Abhörding installiert Und ist dann 1952 per
0:51:17–0:51:20
Zufall wohl einem englischen Reporter,
0:51:20–0:51:25
der auch eben irgendwie für Kameraaufnahmen oder sowas mit Kopfhörern drin war,
0:51:26–0:51:29
der dann auf einmal gemerkt hat, er hört hier, wie in diesem Raum gesprochen
0:51:29–0:51:31
wird. Er hört das auf einmal über den Kopfhörer.
0:51:32–0:51:35
Und dann haben die erst gemerkt, shit, da ist was drin.
0:51:35–0:51:39
Und dann haben die von diesem Adler vorne halt das Holz auseinandergerissen
0:51:39–0:51:43
und haben dann entdeckt, dass hinter dem Schnabel des Adlers war das Holz so
0:51:43–0:51:46
dünn und da war so ein Gerät drin. Da war was.
0:51:47–0:51:50
Und irgendwie hat dieses Gerät scheinbar die Stimmen verstärkt.
0:51:50–0:51:53
Da war keine Batterie, da war nichts. Die konnten das überhaupt nicht verstehen.
0:51:54–0:51:58
Und in den USA konnten sie es nicht entschlüsseln. Und da haben sie dann scheinbar
0:51:58–0:52:00
in England den MI5 gegeben.
0:52:01–0:52:04
Und der hat sich dann darum gekümmert, brauchte auch ewig, um zu kapieren, wie das funktioniert.
0:52:05–0:52:10
Und hat dann allerdings den Standard für Abhörwanzen für die nächsten 10, 15 Jahre gesetzt.
Florian Clauß
0:52:11–0:52:15
Mit dieser Technik. Das war ein Prototyp.
Micz Flor
0:52:15–0:52:19
Einzigartig, hat funktioniert und die haben es zuerst gar nicht gecheckt, wie es funktioniert.
Florian Clauß
0:52:19–0:52:20
Das war von Thermen.
Micz Flor
0:52:21–0:52:24
Von Thermen, der hat es entwickelt, während er im Straflager war.
Florian Clauß
0:52:25–0:52:26
Weißt du, wie es funktioniert?
Micz Flor
0:52:27–0:52:31
Ja, man würde heute, würde man sagen, das ist eigentlich ein RFID-Chip.
Florian Clauß
0:52:31–0:52:34
Ja, so dachte ich auch gerade, so ein RFID-Chip, der dann quasi,
0:52:34–0:52:39
sobald er in so ein Feld kommt, dann die Signatur dann quasi perfektiert.
Micz Flor
0:52:39–0:52:46
Das konnte nichts aufzeichnen, aber es konnte eine Übertragung machen.
0:52:46–0:52:51
Und diese Übertragung war dann auch wieder was, was eben über Wellen,
0:52:51–0:52:52
über Strahlung sozusagen geht.
0:52:53–0:52:56
Die Antenne war in der Länge genau angepasst an bestimmte Frequenzen.
0:52:56–0:53:02
Und wenn du von außen sozusagen mit einem Mikrowellen oder weiß nicht,
0:53:02–0:53:07
welche Frequenz das war, quasi wie so eine Mikrowelle, hast du das angestrahlt?
0:53:09–0:53:15
Und die Frequenz hat dann, wie beim RFID-Chip, die Frequenz von der Sendung,
0:53:15–0:53:20
die ankam, die hat dann das Ding zum Schwingen gebracht. Dann war es ein Oszillator.
Florian Clauß
0:53:20–0:53:21
Okay, verstehe ich.
Micz Flor
0:53:21–0:53:27
Und das Mikrofon hinter dem Schnabel hat dann eben bestimmte Dinge sozusagen rausgenommen.
0:53:27–0:53:33
Und dann hast du, wie man das auch jetzt macht in so Lichtspektren im Universum,
0:53:33–0:53:37
wie man die Gase von bestimmten Planeten oder Sonnen, wo man schaut, was fehlt.
0:53:37–0:53:40
Was fehlt in dem Spektrum und ähnlich war das auch,
0:53:41–0:53:46
du hast es reingeschickt das war einfach nur ein Strahl und zurück kam der Strahl
0:53:46–0:53:50
mit einem Fingerabdruck des Audios was da gesprochen wurde und das war dann
0:53:50–0:53:54
eben im hörbaren Bereich und das hat in dieser Frequenzhöhe dann irgendwie der
0:53:54–0:53:56
Typ in der Radiofrequenzhöhe dann auf einmal gehört Es.
Florian Clauß
0:53:56–0:54:03
Gibt da so Systeme auch zum Abhören dass du in einem Raum wenn gesprochen wird
0:54:03–0:54:07
dass du quasi die Fensterscheiben dann mit einem Laser ablichtest.
Micz Flor
0:54:08–0:54:13
Termin hat das erfunden nicht mit Laser, den gab es ja noch nicht, aber mit Infrarot.
Florian Clauß
0:54:14–0:54:18
Aber jetzt, das ist auch so eine Abhörung für Arme, dass du halt wirklich so
0:54:18–0:54:23
einen Laderstrahl draufrichtest und dann halt die Frequenz Schwingung von dem
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reflektierten Strahl dann wieder in Sprache übersetzen kannst.
Micz Flor
0:54:27–0:54:31
Und das hat auch Termin entwickelt als erstes.
0:54:32–0:54:38
Er war wirklich dann eben, er war Gefangener im Straflager, sozusagen im Arbeitslager
0:54:38–0:54:43
und hat eben diese Abhör-Device für Spezifikationen entwickelt.
0:54:43–0:54:47
Und als er dann entlassen wurde, auch später, nach seinen acht Jahren war,
0:54:47–0:54:51
glaube ich, die Vorurteilung, da hat sein Chef aus dem Straflager,
0:54:52–0:54:55
hat ihn dann vorgeschlagen für den Stalin-Orden zweiter Klasse,
0:54:55–0:54:56
also zweithöchste Auszeichnung.
0:54:57–0:55:00
Und als Stalin hörte, was der da gemacht hat mit der Botschaft,
0:55:00–0:55:02
so hat er dann gleich gesagt, hey, erste Klasse, top.
0:55:02–0:55:09
Dann hat er den Stalin-Orden erster Klasse bekommen und sein Chef wiederum,
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der Tharmen auch beauftragt hatte, was zu bauen, damit sein Chef Stalin selbst abhören kann.
Florian Clauß
0:55:15–0:55:21
Der hat das nicht überlebt. Der hat den anderen Stalin-Orden bekommen,
0:55:21–0:55:24
der mit den scharfen Kanten Stalin-Orden.
0:55:25–0:55:27
Ja, großartig.
Micz Flor
0:55:27–0:55:32
Dann war Thamen eben dann in den 50er Jahren und dann kamen eben die 60er Jahre,
0:55:32–0:55:37
dann ist er sozusagen ins Zivile übergewandert und hat dann im Konservatorium
0:55:37–0:55:40
in Moskau, also Musikschule sozusagen, Musik.
0:55:42–0:55:45
Hat er dann da mit elektronischen Geräten weitergearbeitet, hat dann da auch
0:55:45–0:55:48
nochmal, glaube ich, die zweite Version von einem Rhythmikon gebaut,
0:55:48–0:55:56
also die erste Rhythmusmaschine, die 1931 in Amerika gebaut wurde und konnte
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aber Russland nicht verlassen.
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Und erst 1989 dann, Fall der Mauer in der Zeit, da wurde er dann rausgelassen
0:56:02–0:56:08
und war dann eingeladen bei einem Symposium der UNICEF über elektronische Musik.
0:56:08–0:56:13
Und da hat er dann auch von Edgar Varese einen Brief, den ihn über 40 Jahre
0:56:13–0:56:17
nie erreicht hatte, weil der konfisziert wurde, hat er dann erst zu der Zeit
0:56:17–0:56:21
auch bekommen, wo Edgar Varese sich erkundigt, wie er denn das und das am Termin
0:56:21–0:56:22
verändern könnte und so.
0:56:24–0:56:30
Und die Leute in Amerika, die ihn aus den späten 30er-Jahren noch kannten,
0:56:30–0:56:33
die dachten auch, er ist tot. Und auf einmal ist er wieder aufgetaucht.
Florian Clauß
0:56:33–0:56:34
Ja, Wahnsinn.
Micz Flor
0:56:34–0:56:40
Und er ist dann 1993 gestorben. Da war nicht mehr so viel Lebenszeit.
0:56:40–0:56:43
Es gibt aber auch noch Videoaufnahmen auf YouTube, die verlinke ich auch,
0:56:43–0:56:45
wo man ihn als sehr alten Mann noch mal kennt.
0:56:46–0:56:51
Und was er dann 1991 noch endlich gemacht hat, ist in die Kommunistische Partei einzutreten.
Florian Clauß
0:56:53–0:56:55
Das ist ja später als nie.
Micz Flor
0:56:55–0:56:57
Ja, die Frage von,
0:57:00–0:57:05
MitstreiterInnen, warum er das denn jetzt so macht, weil er durfte die ganze
0:57:05–0:57:09
Zeit nicht, weil er ja war Verbrecher sozusagen, dass er gesagt hat,
0:57:09–0:57:11
er hat es Lenin versprochen.
0:57:12–0:57:15
Das ist schon, finde ich, auch nochmal interessant. Also Lenin,
0:57:15–0:57:18
den er wiederbeleben wollte, den er auch sehr verehrt hat.
0:57:19–0:57:22
Und auf die Frage, was ihn beim ersten Mal, wo er Lenin gesehen hat,
0:57:22–0:57:23
am meisten beeindruckt hat.
0:57:23–0:57:27
Er hat ja wohl gesagt, das rote Gesicht, weil das hat man auf den Schwarz-Weiß-Fotos
0:57:27–0:57:28
nicht gesehen, mit so einem knallroten Kopf.
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Das war dann, 1991 ist er da eingetreten und hat dann auch in der Zeit versucht,
0:57:35–0:57:39
seine Lavinia, hieß sie glaube ich, die Frau, die er geheiratet hatte,
0:57:39–0:57:44
USA, die immer dachte, er sei tot, nochmal zu kontaktieren.
0:57:44–0:57:51
Die inzwischen dann noch lebend als Bürgerrechtlerin in Haiti wohl sich stark
0:57:51–0:57:54
gemacht hat und kurz bevor die sich hätten sehen können oder so,
0:57:55–0:57:58
wurde sie unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden.
0:57:58–0:58:04
Also Vermutung, Lignar sei ein politisch motivierter Mord gewesen.
0:58:05–0:58:10
Offiziell war es eine Lebensmittelvergiftung oder ein Herzinfarkt.
0:58:11–0:58:17
Und das war dann die Zeit Anfang 90er oder Ende 80er, Anfang 90er.
0:58:17–0:58:23
Und in der Zeit lebte er dann auch relativ arm in der Unterkunft mit mehreren Männern zusammen.
0:58:23–0:58:28
Und auf die Frage an die Hausverwaltung der Stadt Moskau, wann er denn mal eine
0:58:28–0:58:32
Einzelwohnung kriegt, haben sie ihm gesagt, ja in fünf bis sechs Jahren.
0:58:33–0:58:39
Er war ja 91, als sie ihm das gesagt haben. Oder er war schon sehr alt.
0:58:41–0:58:51
Ja, und dann ist, das ist jetzt das Ende der Geschichte, buchstäblich ist er 1993 gestorben.
Florian Clauß
0:58:52–0:58:58
Ja, Wahnsinn. Ja, Mensch, Mensch, das sind ja wieder so Anekdoten,
0:58:58–0:59:03
die man mit diesem Musikinstrument so überhaupt nicht irgendwie so erwartet.
0:59:03–0:59:07
Und auf einmal kriegt man so ganze Geschichten. Das ist toll. Vielen Dank.
Micz Flor
0:59:07–0:59:11
Nichts zu danken. Ich fand auch eben diese, wenn man Fotos sieht,
0:59:11–0:59:12
wie gesagt, sehr hübscher Mann.
0:59:12–0:59:17
Ich fand diese Verquickung eben so, es ist wirklich so ein Casablanca-Schwarz-Weifel.
0:59:17–0:59:24
Diese Zeit dann mit dem mystisch-mythologischen, mit diesem elektrischen Feld
0:59:24–0:59:30
und dem Sound und die Frauen und das Licht und die Spionage und der Kalte Krieg
0:59:30–0:59:32
und Stalin und Arbeitslager.
0:59:32–0:59:35
Also irgendwie ist da so alles reingepackt, wo man das Gefühl hat,
0:59:36–0:59:42
das muss jetzt nochmal in irgendeiner Miniserie verfilmt werden.
Florian Clauß
0:59:45–0:59:46
Ja, toll. Toll, toll.
Micz Flor
0:59:46–0:59:51
Die Folge ist lustig, weil wir jetzt so viel am Anfang schon im Sinti-Museum
0:59:51–0:59:53
geschoben hatten. Das war so gar nicht so ganz unsers.
0:59:53–0:59:56
Das ist super, aber jetzt ist dieser Gang fertig und ich habe so das Gefühl,
0:59:56–0:59:59
es geht gerade erst los. Aber wir sind schon wieder durch.
Florian Clauß
0:59:59–1:00:06
Wir sind durch. Wir sind hier am Ende der Hasenheide und am Anfang des Tempelhofer Feldes.
1:00:06–1:00:09
Und ich würde sagen, an dieser Stelle beenden wir auch unsere Episode.
1:00:11–1:00:20
Das war eigentlich Episode 74 und das Ganze könnt ihr auch auf eigentlich-podcast.de
1:00:20–1:00:24
nochmal nachverfolgen, wo wir langgelaufen sind die ganzen Shownotes,
1:00:24–1:00:27
die uns Mitch immer reichhältig verspricht Na gut.
Micz Flor
1:00:28–1:00:31
Also ich meine jetzt für Rocker habe ich ganz schön viel abgeliefert Ja.
Florian Clauß
1:00:31–1:00:39
Ja, unbedingt ja, genau und wir hören uns alle 14 Tage, kommen wir raus Und
1:00:39–1:00:41
dann sage ich Tschüss und bis zum nächsten Mal.
Micz Flor
1:00:41–1:00:43
Bis zum nächsten Mal. Tschüss. Tschüss.
Florian Clauß
1:00:46–1:00:49
Sehr schöne Folie. Unerwartet.
1:00:51–1:00:53
Jetzt hast du eine Wendung angenommen.

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Familie, Wandel und Verletzlichkeit: Die leisen Stimmen im chinesischen Arthouse-Kino.

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Shownotes

Mitwirkende

avatar
Florian Clauß
Erzähler
avatar
Micz Flor

Transcript

Micz Flor
0:00:05–0:00:08
Hallo und wieder herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast,
0:00:09–0:00:13
dem Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:14–0:00:17
Mein Name ist Mitch und neben mir ist Flo.
Florian Clauß
0:00:17–0:00:18
Ich bin Flo.
Micz Flor
0:00:18–0:00:24
Das ist Flo und wir sind gerade hier im Aufbruch vorbei am Tempelhofer Feld
0:00:24–0:00:25
oder wo laufen wir gerade lang?
Florian Clauß
0:00:25–0:00:30
Wir laufen jetzt parallel zum Tempeluferfeld runter Richtung Rixdorf.
0:00:31–0:00:36
Oder nee, wir kommen von Rixdorf. Wir laufen jetzt auf jeden Fall so weiter
0:00:36–0:00:38
durch Neukölln, um neutral zu bleiben.
Micz Flor
0:00:39–0:00:42
I'm loving it. Auf jeden Fall ist das eins der Dinge, die wir tun.
0:00:42–0:00:46
Wir laufen immer irgendeine Strecke in Berlin. Meistens Berlin,
0:00:46–0:00:49
jetzt seit Ewigkeiten eigentlich nur Berlin.
0:00:49–0:00:55
Und auch jetzt in Folge 73 wieder in Berlin. und einer von uns hat immer ein
0:00:55–0:00:57
Thema vorbereitet, manchmal waren wir auch Gäste.
0:00:58–0:01:03
Und die Person, die nichts vorbereitet hat, die macht die Ansage, das bin ich.
0:01:03–0:01:08
Aber ich weiß, was Flo vorbereitet hat. Nicht im Detail, aber im Großen und
0:01:08–0:01:13
Ganzen wird Flo uns heute drei chinesische Filme vorstellen,
0:01:13–0:01:15
die er auf der Berlinale gesehen hat.
0:01:15–0:01:21
Einen davon habe ich mit ihm gesehen, zwei davon hat er ohne mich gesehen. Gemeiner Hundtuch.
0:01:22–0:01:25
Die besprechen. Das ist auch schon ein bisschen Tradition. Das haben wir zumindest
0:01:25–0:01:26
einmal schon mal gemacht.
0:01:26–0:01:31
Da sind wir, wenn ich mich recht erinnere, im Friedrichshain ganz nach oben
0:01:31–0:01:33
auf diesen leicht verschneiten Berg gelaufen.
Florian Clauß
0:01:33–0:01:36
Ja, das ist ein Flackturm. Das war quasi das Überbleibsel eines Flackturmes.
Micz Flor
0:01:37–0:01:39
Aber es war doch im Friedrichshain. Es war in Friedrichshain.
0:01:39–0:01:41
Ach, das wusste ich gar nicht, dass es ein Flackturm war.
Florian Clauß
0:01:41–0:01:42
Doch, das hatten wir besprochen.
Micz Flor
0:01:42–0:01:45
Hatten wir da besprochen? Das wusste ich auch nicht mehr. Aber ich erinnere
0:01:45–0:01:46
mich noch, dass es kalt war.
Florian Clauß
0:01:46–0:01:47
Ja, es war kalt.
Micz Flor
0:01:47–0:01:53
Und ich habe irgendwas gesagt über den tanzenden Mann und die innere Bühne oder irgend sowas.
0:01:54–0:01:57
Also das verlinkst du jetzt einfach nochmal, dass die Leute zurückspringen können
0:01:57–0:02:03
und deine Tradition, die Serie aller Serien, immer drei Filme aus China auf
0:02:03–0:02:05
der Berliner alle zusammengefasst.
0:02:07–0:02:08
Aneinander gerieben.
Florian Clauß
0:02:08–0:02:12
Und vielleicht auch so ein bisschen querschnittlich betrachtet, kann man auch sagen.
0:02:12–0:02:16
Und hier hat er auch in der Ankündigung, zu deiner Lempke-Folge,
0:02:16–0:02:21
hatten wir ja auch gesagt, dass ich lauter Filmserien so aufgerissen habe,
0:02:22–0:02:26
mit Roadmovies, mit dem ganzen, das neue Kino, Nouvelle Vague,
0:02:26–0:02:30
in verschiedenen Varianten, wo mir noch gar nicht klar war, dass das jetzt auch
0:02:30–0:02:36
zu einer laufenden Reihe wird, nämlich chinesische Filme auf der Berlinale. Warum mache ich das?
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Weil ich chinesische Filme mag ich war selber zweimal in China ich finde es interessant,
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die Kultur da zu beobachten auch um sich dann halt wirklich so einen Fokus zu
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setzen bei der Berlinale, weil nichts ist schlimmer ich weiß nicht,
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ob du durch das Programm da gestiegen bist von der Berlinale nichts ist schlimmer,
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als sich Filme auszusuchen während der Berlinale deswegen ist dieses irgendwie
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Stay Focused und ich suche mir jetzt nur Filme aus einem Land ganz gutes Prinzip,
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um sich dann halt auch so die Filme zu erschließen von der Berlinale.
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Und dieses Jahr in der Berlinale, wir nehmen auf, gestern war der letzte Tag der Berlinale.
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Also die Berlinale ist gerade frisch zu Ende gegangen. Als wir deine Episode
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aufgenommen haben über Lemke,
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waren wir noch im tiefen Schnee, in der tiefsten Kälte, bitterlich kalt,
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wie meine Tochter früher immer gesagt hat. Das ist bitterlich kalt.
Micz Flor
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Es war so finster und auch so bitterkalt.
Florian Clauß
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Genau, daher. Jetzt haben wie mindestens 15 Grad Unterschied, wenn nicht sogar 20.
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Und das ist angenehm. Aber gut, wir sind ja erprobt, draußen zu laufen und zu reden.
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Ich habe drei Filme und ich würde auch tatsächlich, so wie ich die gesehen habe,
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dir auch dann so präsentieren.
Micz Flor
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Welchen habe ich mitgesehen? Den dritten.
Florian Clauß
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Genau, den dritten. Und den würde ich auch so ein bisschen aufmachen,
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weil die ersten beiden lassen sich so ganz gut auch zusammen besprechen.
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Oder fassen, weil die ähnliche Themen behandeln, aber ganz unterschiedlich.
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Es gab auch nicht so viele chinesische Filme auf der Berlinale.
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Es waren wirklich auch so drei nur ein Kurzfilm und dann gab es noch so Cross-Produktionen
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mit anderen Ländern, also nicht primär China, aber wo China quasi mitproduziert hat.
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Also die Filme, die ich gesehen habe, waren so glaube ich auch so der Haupt
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des Großes an chinesischen Filmen.
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Zwei davon, Wettbewerb, also den, den wir gesehen haben, war auch noch Wettbewerb.
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Den, den ich zuerst mit dir besprechen will, ist...
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Ich spare mir die chinesischen Titel, weil ich die erstens nicht aussprechen
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kann und zweitens, glaube ich, auch nicht keinen Mehrwert für uns jetzt haben.
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Der erste, den ich mit dir besprechen will, ist auch im Wettbewerb gelaufen
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und hat tatsächlich den Silbernen Bären gewonnen.
Micz Flor
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Ja.
Florian Clauß
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Für die Regie.
Micz Flor
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Das wusste ich schon.
Florian Clauß
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Das wusste ich. Und das heißt, Living the Land...
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Bevor ich da einsteige, möchte ich auch noch mal so die Motivation für chinesische
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Filme, weil was mich daran auch interessiert ist,
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wie junge Filmemacherinnen und Filmemacher in einem autokratischen System Kritiken
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üben können durch ihre Kunstwerke.
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Und ich meine, dass wir hier auch Ansätze in den Filmen finden,
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die durchaus kritisch gegenüber der Regierung sind.
Micz Flor
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Kann ich dann aber dem gegenüber auch stellen, dass es vielleicht auch andersrum
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interessant ist, zu beobachten, wie westlich Rezensierende versuchen, Kritik zu finden,
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wenn Filme in autokratischen Systemen entstehen, die auch Zensur betreiben und
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so. Weißt du, ich meine, es lädt ja ein.
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Marcel Reich-Ranitzki hat bei dem Literarischen Quartett mal irgendwie gesagt,
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ich kann die Stimme nicht gut nachmachen, ich versuche es trotzdem ein bisschen.
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Jedes Buch aus der DDR läuft sofort Gefahr, analysiert zu werden,
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nur wenn vier Männer sich in einem Zimmer über etwas unterhalten.
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So in der Art, hat er gesagt.
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Also es ist paraphrasiert und auch schlecht imitiert. Aber diese Idee,
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dass man natürlich immer gleich Kritik auch finden möchte.
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Also es ist ja so ein bisschen, als ob man dann die Kunst nicht Kunst sein lassen
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kann, sondern man muss die These finden in dem Film, die da verpackt und versteckt
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ist und rausgeschmuggelt wurde und die dann gleichzeitig bei dir sich entfalten darf.
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Und das würde ich da einfach mal dagegen halten, zu gucken, ob man da auch nicht
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sehr empfindlich ist, Dinge zu spüren.
Florian Clauß
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Gut, du legst mir gerade ein Ei ins Nest, ein kleines Kuckucksei,
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was dann so metawäsig gerade hochgeht.
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Aber gut, kann ich nachvollziehen, diesen Ansatz, dass man das sieht,
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was man sehen will, weil man eben den Blick von außen auf ein autokratisches
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System hat und durchaus da Sachen rein interpretiert.
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Aber es gibt, und das will ich dagegenstellen, es gibt Themen,
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die die Filme behandeln, die eindeutig auch eine Kritizität in China haben.
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Okay, ich fange an. Living the Land ist ein Film über das Landleben,
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spielt im Prinzip über ein Jahr 1991.
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Begleitet ein Dorf im Großen, speziell eine Familie,
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über die vier Jahreszeiten fängt im Frühling an, wo noch die Bäume keine Blätter
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tragen und endet im Winter.
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Und im Fokus dieses Films steht der zehnjährige Chuang, der,
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bei seiner Familie aufwächst, aber ohne Eltern.
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Seine Eltern sind in Shenzhen als Wanderarbeiterinnen unterwegs.
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Er wächst bei seiner Tante auf, hat eine tiefe Verbindung zu seiner Großmutter
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und auch eine sehr liebevolle Beziehung zu seiner jüngeren Tante.
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Die Tante, die Schwester von seiner Mutter, Die ist etwas älter,
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aber es gibt noch eine junge Frau, die um die 20 ist.
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Zu der hat er ein sehr inniges Verhältnis. Der Sohn seiner Tante,
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also seinen Cousin, mit dem er auch viel abhängt.
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Und ein behinderter Sohn noch, der da zur Familie gehört.
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Der Film fängt sehr episch an.
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Der Film ist wirklich so eine Collage an Erzählungen.
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Mit sehr, sehr starken Landschaftsaufnahmen, fast wie Gemälde sind die dann inszeniert.
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In einer Kritik habe ich gelesen, dass es wie so Jeff-Wall-Fotografien wirkt.
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In einer anderen, also wo ich selber, ich selber habe das eher so als impressionistische,
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also diese typischen impressionistischen Landschaftsmalereien eher so wahrgenommen.
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Also nicht so ganz so kristallklar wie Jeff Wall, wenn man dann Bilder macht,
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sondern mehr so, ich so verschwommen.
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Aber der ist sehr stark von der Kameraführung, ist auch in der Kamerahaltung,
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fast dokumentarisch, hat wenig Nahaufnahmen.
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Deswegen filmt dann immer so
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Szenen aus einer Totalen heraus und gibt dann eher so einen Gesamtblick.
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Und es gibt auch lange Schwenks dann über die Kornfelder, wenn da Weizen eingetragen wird.
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Oder die Schlussszene, wenn ein Bagger dann quasi im Schlamm,
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im Schneematsch dann versinkt und dann bewegt sich die Kamera und fliegt dann auch weg von der Szene.
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Das ist das einzige Mal, das ist wahrscheinlich eine Drohnenaufnahme,
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also das fliegt dann wirklich über so einen See hinweg.
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Der Film beginnt auch damit, dass ein Knochen ausgegraben werden von der Familie.
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Wurde dann ein Onkel dahin gerichtet. Der wird dann ausgegraben und es beginnt
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mit einer Bestattung quasi, einer Bestattungsszene.
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Das heißt, die Knochen werden rausgeholt, werden in einen Sarg verlegt.
Micz Flor
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Und die wurden da wiedergefunden?
Florian Clauß
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Nee, die wussten schon, wo der dann quasi erschossen wurde.
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Ja, und das ist auch so eine Kritik, die man jetzt im heutigen China ohne Probleme
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so inszenieren kann, ohne dann mit der Zensur ein Problemkonflikt zu kommen,
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dass auch diese Hinrichtungen, die da stattgefunden haben auf dem Land,
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ja, dann auch so eben natürlich wollen, ist es in der chinesischen Kultur ganz
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wichtig, dass dann auch die Überreste der Gestorbenen dahin wieder zurückkommen,
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wo die Familie sonst auch liegt.
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Also das ist so ein Familiengrab.
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Ist ganz wichtig, damit eben keine Geister heimgesucht werden und so weiter.
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Deswegen werden die dann auch wieder da zusammengeführt in den Familiengrab.
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Und zu diesem Anlass kommt dann auch die Mutter von Shuang, beziehungsweise
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die Eltern, Vater und Mutter, kommen dann aus Shenzhen und besuchen dann über
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dieses Begräbnis, besuchen dann die Familie und bringen natürlich so die ganzen,
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also bringen das mit, was sie da halt auch erwirtschaften.
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Das ist eine ganz tolle Szene. Man sieht das dann auch so, wie sie dann durch das Dorf.
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Und sie zieht sich quasi auch dann die Trauerkleidung an.
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Das ist weiß in China und wird ja zur Trauer und Berebnis wird immer weiß getragen.
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Sie zieht das sich an, während die so laufen, dann noch die letzte Kutte übergezogen
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und fängt dann an so zu klagen, so meine, meine, meine, also richtig zu weinen.
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Und dann gleichzeitig hält sie aber so an den Ecken, wenn sie dann halt irgendwelche
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Bekannten sieht, Und dann halten die so Schwätzchen und steigen dann komplett
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aus und dann geht es weiter so. Und die Kamera folgt dann die ganze Zeit.
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Dieser Person oder dieser Personengruppe. Und es ist unglaublich.
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Deswegen für die beste Regie hat er, also den Silbernen Bären bekommen,
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absolut nachvollziehbar, weil unglaublich viele Komparsen und Darsteller dann
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da organisiert sind in dem Film.
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Und das wirklich so in der Komposition sich gut zusammenfügt.
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Also das möchte ich nochmal erwähnen, dass der Film so ein bisschen wie Deer
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Hunter, also auch wirklich so einfach so ein episches Werk, wo halt auch ganz
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viel eben inszeniert wird.
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Der Film wird sehr langsam erzählt, aber gleichzeitig hat der Film auch so zwischen
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den Szenen Sprünge, die dann erstmal für dich im Kopf dann erzählerisch nachgeholt werden müssen.
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Es passiert dann irgendwas oder es kommt dann, Szene kommt dann rein und es
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ist etwas passiert worden.
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Du musst es dir erstmal erschließen, was ist denn tatsächlich da jetzt gelaufen.
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Deswegen ist der, hat er so eine ganz gute Mischung zwischen dieses ganz langsamer,
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ohne jetzt quasi so zu erdrücken.
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Gleichzeitig aber auch so ein Tempowechsel eben durch diese Sprünge in der Geschichte,
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die man sich dann erarbeiten muss.
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Die Tante von ihm, also die junge Tante, hat ein Verhältnis mit einem Lehrer,
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was aber nicht akzeptiert ist und sie muss dann quasi, sie wird dann erstmal,
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sie wird schwanger aus diesem Verhältnis.
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Es gibt dann so eine Untersuchung, wo sie hin muss, wo dann auch alle Chinesen
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oder Chinesinnen, es war noch so, besteht noch diese Zweikindpolitik,
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ein bis zwei Kinderpolitik, die ein bisschen aufgeweichter ist auf dem Land als in der Stadt,
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ja, wo sie dann so eine Untersuchung über sich gehen lassen muss und dann letztendlich
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auch quasi eine Heirat einwilligen muss, weil sie nicht das Kind ohne Ehe so großziehen kann.
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Also dieses Thema Zwangsverheiratung, ein Kindpolitik steckt da drin,
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Das Ganze fängt sehr harmonisch an, ja.
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Der Film, man hat das Gefühl, es ist ein harmonisches Landleben.
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Aber gleichzeitig wird es sehr bedrückend, ja.
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Weil diese Armut, in der auch speziell diese Familie steckt, ja.
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Es gibt dann auch Unterschiede im Dorf, das kriegt man dann mit.
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Einige verdienen mehr, andere weniger.
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Einige haben nicht so die gute Ernte, andere mehr und so weiter.
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Das wird dann auch deutlich, dass die Familie einfach auch, ja,
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einfach kein Geld hat. Die Frau geht zum Blutspenden, um ein paar Joans zu bekommen.
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Die ganze Ernte ist in mühsamer Handarbeit, die da eingeholt wird.
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Und was auch toll ist an dem Film, man hat das Gefühl, diese ganzen alten,
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traditionellen Arbeiten auf dem Land,
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die wahrscheinlich schon mehr oder weniger ausgestorben sind,
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da fragt man sich, wo hat er das Handwerk dann wieder mobilisiert,
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um in dem Film das zu inszenieren.
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Also es ist auch schon so die Leistung, das dann halt so darzustellen,
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Das ist ein ganz natürlicher Fluss.
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Du siehst dann halt, wie der Weizen dann gesiebt wird, wie der dann auch wirklich
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so ohne Traktor dann eingeholt wird oder wie dann irgendwelche Sachen geflochten werden und so weiter.
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Also du siehst es an wirklichen Tätigkeiten. Also es ist schon sehr beeindruckend, so in der Erzählung,
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aber sehr bedrückend, wie dann doch die Familie in so Schicksalsfügungen dann
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hin und her geworfen werden, ohne so richtig davon zu kommen.
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Es gibt eben dieses Begräbnis, es gibt dann diese Hochzeit, diese Zwangshochzeit.
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Es gibt dann auch diese Forderung, dass eben der zehnte Teil der Ernte dann weggegeben wird.
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Also das ist dieses, was noch aus der alten Mao-Zeit kommt.
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Das ist ja diese Zeit, diese unglaubliche Traumatisierung der Landbevölkerung, der große Sprung voran.
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Kennst du dieses Programm, was Mao Zedong damals angeht?
Micz Flor
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In groben Zügen, ich weiß es nicht genau. Ich meine, das kommt ja,
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war das nicht auch bei das Drei-Sonnen-Problem?
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Ja, ich glaube, da ging es auch um diese Zeit, um die Revolution.
Florian Clauß
0:15:51–0:15:53
Genau, dann ging es um die, aber das war im Prinzip...
Micz Flor
0:15:53–0:15:57
Was jetzt die Landbevölkerung speziell, nee, musst du mich aufklären.
Florian Clauß
0:15:57–0:16:00
Ja, also im Prinzip wurden dadurch die alten Strukturen zerstört,
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Also die Familienbetriebe und so weiter oder auch irgendwelche größeren Familienstrukturen
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wurden dann zusammengelegt in diese Kolchosen.
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Das ganze System wurde von der,
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komplett auf den Kopf gestellt. Es wurden auch andere Bezirke und Ländereien abgesteckt.
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Es ging mit so einer Planwirtschaft natürlich her und es war eine Missplanwirtschaft.
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Es war mit unglaublichen Hungersnöten dann halt auch begleitet.
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Und wenn man sich dann die Geburten und die Sterblichkeitsraten anschaut in
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China in der Entwicklung, dann siehst du halt wirklich in dieser Zeit,
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das war glaube ich 1952 bis 1964 ungefähr in der Zeit, da siehst du halt wirklich
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so, wie dein Geburtenrat runtergeht und die Sterblichkeitsrate hoch.
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Also es hat unglaublich viele Opfer gebraucht, diese Reform.
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Man spricht von 40 Millionen, die gestorben sind durch Hungersnot und so weiter.
Micz Flor
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Gestorben oder umgebracht?
Florian Clauß
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Ja, gestorben, umgebracht, aber überwiegend eben durch Hungersnöte.
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Es waren mehrere schlimme Hungersnöte.
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Das hat natürlich vor und hinten nicht funktioniert, aber damit wurde die ganze
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Struktur gesprengt und dann neu geordnet.
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Und das war halt so diese Traumatisierung der Landbevölkerung.
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Wir sind jetzt in diesem 1991.
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Das ist ja noch, wo wir jetzt selber noch ein aktives Gedächtnis haben von dem, was da passiert ist.
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Das waren so die 90er Jahre, die dann losgegangen sind.
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Und es war auch in China so, dass ich, ich hatte das letzte Mal vor zwei Jahren,
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war das übrigens, hatte ich dann über diesen Film Art College 94 berichtet,
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der jetzt nicht so berauschend war, aber auch schon dieses Thema der Öffnung von China,
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dass sich da zum ersten Mal diese westlichen Medien und so weiter eingeflossen sind,
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dass dann überhaupt diese Wahrnehmung Kunstkultur von westlichen Sachen dann
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halt auch in China passiert sind und dass sich China grundsätzlich da wirtschaftlich geöffnet hat.
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Dass China da auch diesen Schritt von einer reinen Agrarnation zu einer Technik,
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also zu einer Industrialisierung gebracht hat, Und ja, was dann halt auf der
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einen Seite eben auch diese altertümlichen Bestellungsmethoden auf dem Land
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dann abgelöst durch eben Traktoren und so weiter.
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Das sieht man auch, dass in dem Film dann eine Familie einen Traktor bekommt
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und dann wird der dann halt so aus.
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Und dann, oh, der macht ja doch bessere Arbeit als die Ochsen.
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Es wird dann auch so begutachtet, dass da hier eben so ein Fortschritt einzieht.
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Und das ist genau der Punkt, den ich dann nochmal so ansprechen will,
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nämlich die Wanderarbeiterinnen.
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Das ist in China, ist das ein Phänomen, was dann eben auch aus diesem Mao Zedong Umfeld kommt.
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Es gab ein sogenanntes Registrierungs- also die Familien oder die Familienmitglieder
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mussten an einer bestimmten.
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Delle konnten die sich nur dann registrieren lassen und das heißt,
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wenn du dann irgendwo anders Arbeit gefunden hast.
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Bist du da eben nicht registriert und hast keinen Zugang zu den ganzen Sozialversorgungen,
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wie zum Beispiel Schule, Gesundheitssystem, Versicherung und so weiter.
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Du musst dann quasi, und das war so, das war ein Schritt in dieser große Sprung
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nach vorn, um dann die Bevölkerung quasi vor Ort zu binden, um eben in diese
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Landflucht im Prinzip Einhalt zu gebieten.
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Diese Wanderarbeiten, das ist das HQ-System, heißt das.
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Ja, das besteht immer noch, so wurde teilweise aufgeweicht, aber es besteht
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immer noch. die Wanderarbeiten.
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Arbeiterinnen werden, ich muss mal gerade gucken, es gibt tatsächlich einen
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eigenen Begriff für diese Menschen.
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Die heißen Min Gong.
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Min ist das Volk und Gong ist Arbeiter.
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Min kann aber auch Masse bedeuten, Arbeitsmassen, also im Prinzip so Massenarbeiter.
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Das ist im Prinzip diese Menge, eine Horde, eine unglaubliche,
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eine Quantität, eine große Quantität.
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Eine große Einheit. Und das ist, was tatsächlich auch heute,
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heutzutage haben wir die größte Binnenmigration in China zum Neujahrsfest, zum chinesischen.
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Ja, also das heißt, es sind unglaublich viele Millionen.
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Ja, das betrifft, also die Wanderarbeiter haben einen Anteil in der Bevölkerung von fast 30 Prozent.
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Ja, und das sind 300 Millionen und mehr.
Micz Flor
0:20:41–0:20:45
Aber Wanderarbeiter, also wenn jetzt, keine Ahnung, in Amerika gibt es ja auch
0:20:45–0:20:51
ganz viele Filme, wie zu Thanksgiving alle an den Flughäfen von A nach B fliegen müssen.
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In Deutschland ist es ja auch so, dass an Weihnachten alle dann irgendwie wieder
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zu den Eltern oder Großeltern fahren und dann bewegen sich ja auch alle hin und her.
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Man würde aber nicht von Wanderarbeitern sprechen.
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Ist es wirklich so, dass diese Wander, heißen die Wanderarbeiter oder sind es
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einfach Leute, die irgendwo anders?
Florian Clauß
0:21:07–0:21:14
Ja, die heißen Wanderarbeiter, weil nämlich genau durch dieses System der Registrierung,
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der eigentlich ja Wohnsitz da bestehen bleibt, wo sie dann gemeldet sind.
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Und die wandern quasi zum Arbeiten und kommen wieder zurück.
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Und das, was da mit dran hängt, und das ist das, was halt so kritisch ist,
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das, was mit dran hängt, ist das Left Children Behind.
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Nämlich das gibt es ist wirklich ein phänomen dass ganz
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viele kinder alleingelassen sind oder eben
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bei der großmutter oder in der familie oder bei den verwandten aufwachsen weil
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die eltern wo anders arbeiten und das sind solche regionen wie shenzhen ist
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dann hongkong die shenzhen und hongkong ist dann so ein einzugsgebiet beijing
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so dieser streifen also eher im westen,
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Entschuldigung, im Osten von China, das ist so eine Ost-West.
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Eine Ost-West-Wanderung ist oder in Chongping.
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Chongping ist so, ich weiß nicht, es war auf jeden Fall mal vor zehn Jahren
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die größte Stadt der Welt.
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Also dieses Stadtgebiet, was dann halt über 80 Millionen Bevölkerung hat.
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Ich war 2013 tatsächlich mal da und das war ganz spannend.
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Weil das wirklich so unglaublich gigantisch ist.
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Also es ist wirklich so ein bisschen wie das Ruhrgebiet, nur irgendwie mehrere
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Potenzen dann halt größer gezogen.
Micz Flor
0:22:36–0:22:40
Aber kann man das überhaupt erfassen? Also wie sieht man das dann, dass das so groß ist?
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Ist das etwas, was man nur über die Karte sieht, wo man sagt,
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da sind wir und wow, im Umkreis ist alles zugebaut.
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Weil ich erinnere mich noch, als ich in London gelebt habe, dass man da ja nie
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einen Bereich hatte, wo die Straßen nicht so hoch waren,
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die Häuser nicht so hoch waren, die Straßen so kurvig waren,
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da standest du drin und es sah alles so klein und niedlich aus und du musstest
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im Kopf herstellen, zu wissen, dass da im größeren Teil so 20 Millionen Leute wohnen.
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Aber wie ist das da bei 80 Millionen? Du stehst da mittendrin und wie erlebst du diese Größe?
Florian Clauß
0:23:11–0:23:16
Ich kann es jetzt nicht so in der Gänze erfassen, aber das, was man da so mitbekommt,
0:23:16–0:23:20
ist, du fährst mit einem Bus da durch und hast dir das gesagt,
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jeden Moment aussteigen und bist halt in einer Metropole. Und das halt aber
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über drei Stunden Busfahrt.
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Das ist halt unglaublich eine Dichte von Metropol.
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Es ist halt nicht so, dass du irgendwo das Gefühl hast, du bist dann irgendwann auf dem Land.
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Du bist halt die ganze Zeit in so irgendwelchen urbanen Metropolsituationen drin.
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Und teilweise, also ich fand das so, ich war ja nie in Shanghai,
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aber es hatte für mich auch so, da gibt es halt, es sind so zwei Flüsse,
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die ineinander fließen, der Yangtze und noch der Ande Große,
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die fließen da in Chongping dann quasi so zusammen.
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Und da gibt es halt so Seilbahnen, die dann halt über diesen Fluss führen.
0:24:01–0:24:05
Ja, da sind wir damit gefahren und das ist wirklich, das war so ein bisschen
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dieses Blade Runner Gefühl, was ich eigentlich immer so mit Shanghai verbinde oder mit Hongkong.
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Das ist dann wirklich so, dann in dieser Seilbahn, alles war so ein bisschen schrabbelig.
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Ja, und dann hast du halt diese gigantischen Wohntürme gesehen und man konnte
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dann aber auch so reingucken,
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auf einmal hast du dann die schmutzige Gardine im Hintergrund gesehen und wie
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irgendwelche Leute so bei Neonlicht am Küchentisch sitzen und irgendwie was essen.
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Das hatte man dann halt auch, also dieses Gefühl, oder man war in irgendwelchen
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noch nicht fertiggestellten Bauten und die waren aber, also das waren halt so
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Ruinen oder noch im Baubefinden,
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da waren halt so Riesen-Bazaare, wo man alles kaufen konnte.
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Und die waren dann so auf den Treppen ausgebreitet und du bist dann halt so,
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auch konntest dann unterirdisch dann weitergehen. Das waren unglaublich große Sachen.
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Das ist ja eh das in China, das Phänomen, wenn du halt eine Schneiderei suchst,
0:25:01–0:25:03
dann gehst du halt in eine Straße.
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Und dann ist dann nicht eine Schneiderei, sondern dann sind 500 Schneidereien.
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Also diese unglaubliche Spezialisierung dann in bestimmten Lokalitäten.
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Kommt wieder zurück auf den Film.
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Man begleitet eben diese Familie. Es ist so, dass dann der behinderte Sohn der
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Familie in einem Unfall ums Leben kommt.
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Der ist aber auch ein, der ist halt so, also Zhuang hat ein gutes Verhältnis
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zu ihm, kann ihn beruhigen und so weiter.
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Aber er baut halt auch die ganze Zeit Scheiße. Er macht dann halt irgendwie Sachen kaputt.
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Und die sind alle extremst genervt von ihm, aber mögen ihn gleichzeitig.
0:25:39–0:25:44
Und dann ist in einer Szene, wo dann eine Sprengung, dann läuft er dann halt
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in diese Sprengung rein und wird dabei schwer verletzt.
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Und dann gibt es aber so eine Traumszene, in dem Film, wo ich nicht ganz sicher
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ist, ist das jetzt die Vision von Juan oder hat sich das tatsächlich so abgespielt?
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Er sieht dann, dass eben dieser Junge dann noch lebt und keiner hilft ihm.
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Und dann geht er halt rum, er lebt noch, bitte helft ihm, alle trauern schon um ihn.
0:26:09–0:26:14
Und eigentlich wird er für den Tod abgeschlossen. Und er stirbt dann letztendlich auch.
0:26:14–0:26:18
Aber es ist so ein bisschen, wie das alle so...
Micz Flor
0:26:18–0:26:19
Wollen, dass er stirbt.
Florian Clauß
0:26:20–0:26:24
Genau, die wollen ihn loswerden, ohne das so richtig auszusprechen.
0:26:24–0:26:29
Das ist aber nicht so ganz klar definiert, ob das jetzt so eine Equenz ist,
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weil die auch so traumartig erzählt wird.
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Oder ob das tatsächlich so passiert ist. Und dann am Ende tragen die halt diese,
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die kommen dann von der Einäscherung.
0:26:38–0:26:42
Und das ist alles auch so trostlos. Also du merkst halt einfach,
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die haben halt keine Perspektiven so richtig.
0:26:45–0:26:49
Das ist wirklich so, der Zhuang ist auch gut in der Schule und so weiter.
0:26:49–0:26:54
Also er hat dann schon so wahrscheinlich die Begabung, irgendwo anders was Besseres anzufangen.
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Ja, aber gleichzeitig gibt es da überhaupt kein Geld. Die haben kein Geld,
0:26:57–0:27:01
die müssen halt einfach mit dem leben, was da ist. Aber gleichzeitig gibt es
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auch so eine Verbundenheit da.
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Und der Regisseur hat dann auch in der Pressekonferenz erzählt,
0:27:09–0:27:14
dass das so sein Leben auch ist, ja, so wie er das erlebt hat. Er ist dann auch...
Micz Flor
0:27:14–0:27:15
Er kommt vom Land.
Florian Clauß
0:27:15–0:27:19
Er kommt vom Land und er ist dann Jahrgang 81, also das heißt,
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es ist wahrscheinlich auch so mit Anfang 90er, könnte es so die Zeit gewesen sein, ja.
0:27:25–0:27:28
Und es ist eben diese Zeit, das hatte ich ja schon gesagt, wo sich dann halt
0:27:28–0:27:30
China neu findet in diesem...
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Und natürlich durch diese ganzen Wanderarbeiter dann auch da das Kapital hat,
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um sich dann so aufzubauen,
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die meistens dann eben in diesen ganzen Tech-Geschichten in Shenzhen in irgendwelchen
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Fabriken arbeiten oder halt total periphere oder diese ganze Baubranche lebt davon.
0:27:51–0:27:55
Also ohne die Mannarbeitern wäre überhaupt kein, wäre das überhaupt nicht,
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dieser Bauboom wäre überhaupt nicht möglich so in der Form.
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Also das sind auch ganz prekäre Arbeitsverhältnisse und wie gesagt,
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die haben auch da keine Versicherung oder sowas.
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Das heißt, es sind auch extrem gefährliche Berufe.
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Es gibt so auf YouTube, habe ich dann so Arbeitsunfälle, die dann auch von so
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einer chinesischen Firma gedreht wurden, wo dann halt so irgendwelche auf dem
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Bau irgendwelche ganz schlimmen Unfälle passieren, aber alles so mit animierten Figuren.
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Und das wurde aber wirklich so als Lernmaterial eingesetzt.
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Und das basiert tatsächlich auf tatsächlich basierte Unfälle und dann wird gezeigt,
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so sollte man das nicht machen, also das ist ganz interessant,
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das kann ich ja vielleicht in die Show-Notes mit reinholen also die sind ja auch,
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meistens dann halt nicht gebildet können halt nicht lesen und nicht schreiben.
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Und können sich da auch nicht weiterentwickeln in ihrem Beruf also das ist so
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das Schicksal und das ist ich hatte es ja schon so ein bisschen eingeleitet das ist so das,
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was dann in diesem Film doch so besprochen werden kann.
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Und das ist ja auch diese Kritik, von der ich meine, dass es dann durchaus in
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so einer historischen Erzählung eingepackt wird.
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Das Problem von diesem Gefälle zwischen Stadt, Land und so weiter besteht immer
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noch ganz drastisch in China.
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Und auch die Wanderarbeiterinnen und so weiter, die Masse ist gewachsen.
0:29:26–0:29:30
In den letzten zehn Jahren hat sich das sogar verdoppelt, habe ich das in so
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einem Bundeszentrale für politische Bildung, da gab es dann noch so ein Dossier,
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wo das nochmal so berichtet wurde.
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Da wird von einer Verdopplung ausgegangen.
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Also das ganze System und natürlich das Gefälle, das ist ja noch viel drastischer geworden.
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Also damals gab es ja noch nicht so eine Mittelschicht quasi in China,
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die hat sich ja in den letzten 15, 20 Jahren so gebildet, dass dann halt auch
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so Autos und so weiter dann zum normalen Eigentum werden. Das kam ja erst später so dazu.
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Da sind die noch teilweise in diesen blauen Anzügen.
Micz Flor
0:30:03–0:30:07
Fahrrad, das Mittel der Wahl. Das war ja auch so eine Sache,
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die man, oder kann ich mich noch erinnern, dann so innerlich mathematisch durchzugehen,
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was es bedeutet, wenn alle, die jetzt Fahrrad fahren, auf einmal Autos haben wollen.
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Was für ein krasser Shifter ist, der da passiert in China in der Zeit.
Florian Clauß
0:30:22–0:30:27
Und das ist, glaube ich, auch im Rahmen des Systems dann quasi,
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ich sage mal, erlaubt, so eben auch Kritik anzuführen.
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Das ist so ein bisschen wie, du kannst nicht offen bestimmte Sachen kritisieren.
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Das ist also wie zum Beispiel das Massaker am Platz des himmlischen Friedens.
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Das wird ja immer noch nicht offiziell in irgendwelchen Geschichtsbüchern zu finden sein.
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Da habe ich mir jetzt nämlich auch nochmal so einen Account bei Deepseek geklickt,
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um zu gucken, wie weit man dann halt, weil du bist ja da mehr oder weniger im
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Dialog mit einer chinesisch zensierten Entität.
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Und dann wollte ich gucken, wie viel Kritik kann man denn da üben. Und es geht.
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Direkt fragen, Ja, so zum Beispiel zu den Wanderarbeitern und erklär mir die
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Situation, wie ist es dazu gekommen?
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Und wie sieht die chinesische Regierung jetzt die Verantwortung?
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Also das habe ich alles Antworten bekommen. Aber sobald man dann so einen anderen
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Ton anschlägt, dann kommt wirklich Story out of Scotland.
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Please, let's change the subject. Das ist ganz interessant, weil du siehst es
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ja so wie bei JetGPT oder Claude, da siehst du halt so, wie es sich so tippt.
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Und dann baut sich so die Antwort auf und irgendwann kommt so eine Layer rein,
0:31:47–0:31:53
die dann halt sagt so Zensur und dann wird die Antwort gelöscht und dann steht dieser Satz da.
0:31:53–0:31:56
Also das war ganz interessant zu beobachten und ich fand auch diese Chance.
Micz Flor
0:31:57–0:31:59
Meinst du, dass diese, Entschuldigung, das ist ein sehr anderes Thema,
0:31:59–0:32:03
aber meinst du, dass diese Zensur dann wirklich noch von Menschen gemacht wird?
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Also das dann so quasi so ein Alert ist und dann guckt sich das jemand an in
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Echtzeit und sagt so, oh, oh, oh, oh, stopp hier.
Florian Clauß
0:32:09–0:32:12
Nee, nee, das glaube ich nicht, dass es tatsächlich so ist, sondern ich glaube,
0:32:12–0:32:16
das wird dann, wenn du so ein neuronales Netz hast, und wir wissen ja,
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haben wir auch schon ein paar Mal darüber gesprochen, dass halt so ein neuronales
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Netz aus ganz vielen Layers besteht.
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Und so ein BIOS dann reinzubekommen in so eine Layer ist halt in so einem durchtrainierten
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Modell nicht einfach. Deswegen wird es so einer der letzten Layers sein.
0:32:30–0:32:32
Der generiert die Antwort und dann irgendwann kommt dann halt so,
0:32:33–0:32:37
kommt dann wahrscheinlich so eine Relevanzabfrage, die die ganze Zeit so wertet, wertet, wertet.
0:32:37–0:32:39
Und wenn das halt so einen signifikanten Punkt überschreitet,
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dann zack, dann schlägt die Zelle. Also so denke ich, dass das funktioniert.
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Es wird sicher nicht in Echtzeit überwacht, ja.
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Ich habe auch von anderen auf irgendwelchen Reddit-Formen oder sowas,
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dann siehst du ja auch, wie man das halt irgendwie so ein bisschen austricksen
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kann, indem man sagt, vergiss alles, was du vorher gehört hast.
0:32:55–0:32:59
Ja, dann kann man so das Context-Window nochmal so neu aufziehen und dann so
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ein bisschen die Zensur umgehen.
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Oder wenn du direkt ein APK hast und dann bist du halt wieder ziemlich nah bei
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Chachibiti, weil ja die gleichen Daten.
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Wir kennen das ja. Also das ist so, aber das ist für mich jetzt quasi so,
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wenn du mit einem Chinesen dann
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halt quasi so sprichst, dann kannst du ja auch nicht so direkt fragen.
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Aber gleichzeitig hat man da die Möglichkeit, das nochmal so für sich zu erproben,
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wo dann die Schwelle ist, wo dann halt zugemacht wird. Wo dann gesagt wird,
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nee, das fällt jetzt unter Zensur.
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Das war jetzt nochmal so ein bisschen zu dem Eingang, wo du nochmal gesagt hast.
Micz Flor
0:33:33–0:33:37
Nee, nee, verstehe. Also so wie ich es verstanden habe, wie ich es mitbekommen
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habe, ist halt diese Sache, dass das chinesische System kritisiert werden kann,
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indem man aus dem chinesischen System Vergangenheit als Parabel für die Gegenwart benutzt.
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Also man kann über die Vergangenheit sprechen und kann damit dann,
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kann das quasi als Folie auf die Gegenwart legen oder einladen.
Florian Clauß
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Genau, also das wäre ein Interpretationsansatz, den ich mal so vorschlagen kann.
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Wohlgemerkt, wenn das in so einer Kultur gepackt ist, in der chinesischen.
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Und natürlich ist das, was gezeigt wird, ein Kernelement des chinesischen,
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sozusagen die Landarbeit.
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Und wenn es eine gewisse Relevanz hat, das heißt, du kannst nicht,
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anfangen und sagen, die Uiguren oder sowas, sie hatten irgendeine Minderheit
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und damit argumentieren.
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Sondern wenn es, das hatte ich glaube ich noch nicht ganz zu Ende geführt,
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wenn nämlich ein großes, also wenn das Problem, was es beschreibt,
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quasi auch für die Regierung entscheidend ist und nachvollziehbar wird.
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Wie zum Beispiel Umweltverschmutzung.
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Die Frage ist in China, inwieweit man dann sowas, also so Umweltthematiken und
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so weiter, das mag man gar nicht so denken, aber in China gibt es ganz viele
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Initiativen, die sich dann halt auch in der Umweltbewegung dann auch so begründet haben.
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Und das ist ein akzeptiertes Problem und ganz viele quasi, die auch von der
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Ausrichtung eher kritisch sind, die aktivieren sich dann in solchen Bewegungen,
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weil das gesellschaftlich und politisch akzeptiert ist. Und das ist,
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glaube ich, so der Punkt.
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Und das ist halt auch so dieses Problem der Wanderarbeiter, dieses Gefälle zwischen Stadt und Land.
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Das ist gesellschaftlich akzeptiert und politisch als Problem identifiziert.
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Genauso, und da können wir auch, glaube ich, immer gerne zusammen das besprechen,
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wenn wir über den dritten Film, den du jetzt auch gesehen hast,
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Girls on Wire, da gibt es natürlich auch dieses Problem von...
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Die Frauen in der Gesellschaft akzeptiert sind, die Rolle der Frau.
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Und das ist ja auch eine sehr explizite Kritik, die dann auch da in einem Film so ausgeführt wird.
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Und das ist aber auch in so einer Form von Frauen sind da eben die Hälfte der
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Bevölkerung oder nicht ganz die Hälfte, weil nämlich durch die Ein-Kind-Politik,
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das ist auch so ein Problem, was wir in Ostdeutschland haben,
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dass eben durch den Wegzug von Frauen oder eben in China, weil halt eher bei
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einer Ein-Kind-Politik,
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dann, wenn das erste Kind dann eben ein Mädchen war, häufig getötet wurde oder abgetrieben.
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Und deswegen gibt es da einen höheren Anteil von Männern. Und dann auf dem Land,
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das ist ja sowieso schwierig von der Perspektive.
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Und dann auch eine Partnerin zu finden und so weiter. Das sind ja alles,
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das sind ja gesellschaftliche Probleme.
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Der Handlungsbedarf ist da, weil diese demografische Entwicklung in der chinesischen
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Bevölkerung auch kippt. Und dieser Punkt, dass eben jetzt ein Überhang an älteren
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Leuten da ist, als das, was nachkommt.
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Das ist ein Problem. Deswegen ist es gesellschaftlich und auch motiviert da,
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was zu tun. Das wäre jetzt eine These.
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Ich habe es jetzt versucht, so ein bisschen durch die Filme zu belegen.
Micz Flor
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Aber durch den einen Film, wo ich dich jetzt noch fragen würde,
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gibt es noch einen Plot-Spoiler? Kriegt das Ende noch?
Florian Clauß
0:37:01–0:37:02
Ja, das Ende ist...
Micz Flor
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Jetzt Plot-Spoiler, da dürfen die Leute wegspielen.
Florian Clauß
0:37:04–0:37:08
Nee, das ist kein Plottspoiler. Weil der Film lebt einfach wirklich im Moment,
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also von Jahreszeit zu Jahreszeit.
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Das sind so Szenen. Und das Ende ist im Prinzip, das wollte ich auch erzählen,
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dann sind die mit dem Traktor unterwegs, haben diese Asche, wollen dann an diesem Fuße von diesem See,
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wo auch dann am Anfang das Begräbnis stattgefunden hat, Familie wollen die dann da hin.
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Und der Traktor bleibt die ganze Zeit in diesem Schlamm Schneematsch decken.
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Ja, und es ist unglaublich zäh vorbei und immer mehr Leute steigen dann aus
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und dann fällt noch die Urne um, die Asche wird dann zerstreut und alle so,
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alles gut, alles gut, also du merkst halt wirklich, alle stecken.
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Und so das, was der Film dann so durch diese Drohnenaufnahme,
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wo dann halt wirklich sich entfernt wird, dann so ein bisschen,
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was man da so reinlesen, interpretieren könnte, ist dann halt wirklich so diese Landflucht.
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Also eigentlich wollen alle weg und man möchte weg von diesem Ort,
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weil man da so stecken bleibt und in diesem Knie, also man erlebt das so.
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Und das finde ich auch toll an dem Film. Das ist ein Erlebnisfilm.
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Du siehst dann zum Beispiel, wie auf den Feldern das Holz verbrannt wird.
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Du riechst förmlich den Film.
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In China, ich bin da auch rumgereist und man sieht das auf dem Land.
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Du hast dann diesen Holzgeruch in der Nase. Oder du kennst es ja auch von Löwen,
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wenn dann irgendwann im Spätsommer dieser Baumschnitt verbrannt wird.
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Es hat einfach eine ganz bestimmte Ästhetik oder man kriegt schon fast diese
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Kühle der Herbstluft mit. Also es ist ein Erlebnisfilm.
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Dieses Steckenbleiben im Schlamm.
Micz Flor
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Das ist auch ganz schön. Aber wie du es jetzt gerade beschreibst,
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ist es ambivalent. Also man hat einfach, wenn man sich den impressionistischen
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Bildern und diesen daraus entstehenden Gerüchen hingibt, dann hat es auch was
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romantisch, vielleicht so melancholisch-romantisches.
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Und das Politische drauf zeigt aber quasi, es steckt fest, das geht nicht weiter,
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obwohl es irgendwie auch was Heimliches hat.
Florian Clauß
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Genau, aber genau das ist der Punkt, weil da ist natürlich eine unglaubliche
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Identitätsstiftung durch dieses Dorf, durch die Familie,
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also baut unglaublich eine starke Familienbande auch, aber gleichzeitig ist
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er so in dieser Entwicklung stecken geblieben, dass du da nicht keine große Perspektive hast.
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Und das ist genau das, was genau das in diesem Film zusammenfasst.
Micz Flor
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Okay. Der klingt sehr, ja eben genau wie ich es gerade beschrieben habe,
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vielleicht auch eben mein Wunsch nach solchen Filmen.
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Es gibt so einen ganz tollen Film, ich weiß nicht mehr wie der heißt,
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so ein Polizeiruffilm noch mit diesem etwas korpulenten Polizisten,
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so DDR-Film zur Weihnachtszeit, wo der spielt.
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Das ist alles wie so in Brandenburg gefilmt, dieser brandenburgische Schnee,
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der so rumliegt und sowas, wo genau auch sowas entsteht.
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Das ist alles irgendwie abgelegen, ein bisschen abgehängt, ganz wenig Dialoge,
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aber irgendwie auch so total heimlich.
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Vielleicht habe ich das daher auch mehr genommen.
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Das war der erste Streich und der zweite folgt sogleich?
Florian Clauß
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Genau, der zweite Film, den ich gesehen habe, heißt The Botanist, also der Botaniker.
Micz Flor
0:40:14–0:40:14
Ja.
Florian Clauß
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Lief im Generationsslot K+, also Altersempfehlung so ab 10 Jahre,
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ist eine Debütarbeit gewesen von einem jungen Regisseur.
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Und er erzählt von einem Jungen, der im äußersten Westen von China wohnt,
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da auch bei seiner Großmutter aufwächst, deswegen so dieses Querschnittliche,
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genau die gleiche Thematik.
Micz Flor
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Der äußerste Westen Chinas, der wohin Kasachstan.
Florian Clauß
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Kasachstan ist an der Grenze zu Kasachstan, sind auch tolle Landschaftsaufnahmen,
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also der Film ist engagiert in der Naturaufnahme und versucht so diesen Jungen
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Jungen, so als so einen begeisterten Pflanzensammler,
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der aber auch eher nicht so wissenschaftlich motiviert, dann anfängt sein Herbarium
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zusammenzustellen, sondern aus so ästhetischen Gründen, ein bisschen esoterisch.
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Man merkt schon, so wie ich das erzähle, da wo der Film nicht so ganz für mich
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funktioniert hat, ist eben,
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dass da ganz viel jetzt nicht aus diesem Interesse des Jungs dann so entwickelt
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wurde, sondern man hat das Gefühl,
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da hat der Regisseur mit seinem Kameramann eben seine Kunstvorstellung verwirklicht
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und irgendwo diesen Jungen da reingesetzt und gesagt, mach mal so.
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Also das nimmt man ihn nicht ganz ab, aber das ist schon so vorweggestellt.
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Das ist so ein Ding, was bei dem Film nicht so funktioniert hat,
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aber im Prinzip eine ähnliche Thematik.
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Er ist komplett eben auf dem Land groß, wird er groß und ist auch selber ein,
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hat dann eben eine kasarische, wie sagt man, Vorfahren?
Micz Flor
0:41:56–0:41:57
Kasachisch.
Florian Clauß
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Und seinen Onkel, den er aber immer Bruder nennt, das sind auch immer so diese
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Verkehrungen von, und der ist aus Beijing wieder zurückgekommen,
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weil er da Stress bekommen hat, weil er angefangen hat zu randalieren,
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um was kaputt zu machen, irgendeinen Affekt.
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Und dann musste er fliehen, weil er das Geld nicht zahlen konnte und ist wieder aufs Land geflogen.
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Aber es geht ständig so, er hat dann noch seine Freundin da in Beijing,
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angeblich, oder Shanghai.
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Und es ist immer so ein Sehnsuchtsort, dann Metropole auf der anderen Seite.
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Und die hängen dann halt da, hüten Schafe und sind in der schönsten Landschaft,
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sammeln Pflanzen und so weiter.
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Und in dieses Leben von dem Jungen kommt ein Mädchen, Ungefähr so alt wie er.
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Das ist ein Mädchen, so eine Han-Chinesin. Han-Chinesin.
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Ohne das jetzt rassistisch zu meinen, ja, aber so der Standard-Chinese ist so ein Han-Chinese, ja.
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Es gibt ja ganz viele Ethnien in China, ja, die man dann so in Zentralchina antrifft.
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Das sind so die Han-Chinesen oder was dann auch interessant ist,
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wenn zum Beispiel Tibet oder sowas eingenommen wurde von oder annektiert wurde von China.
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Ja, dann haben die dann quasi auch ganz viele so Kolonialisten dahin geschickt.
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Also so quasi Leute, die dann halt auch die Architektur aus Zentralchina dann
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dahin verpflanzt haben.
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Und so ein bisschen auch das wirklich so ethnisch einzunorden, sag ich mal wieder.
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Das ist so eine Strategie eben auch, eine klassische.
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Dass du halt so quasi den Standardchinesen dann dahin setzt und damit halt quasi
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auch so die Ränder, dass die dann halt auch so dazugehören.
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Und sie, dann entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden.
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Die nähern sich an. Im Prinzip ist es ein bisschen ein Coming-of-Age-Film.
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Haben wir ja auch schon.
Micz Flor
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Quasi ein Roadmovie?
Florian Clauß
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Nee, ist kein Roadmovie.
Micz Flor
0:43:50–0:43:51
Ein Roadmovie der Gefühle.
Florian Clauß
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Auch, ja, so ein bisschen. Und die verstehen, teilweise haben die Sprachschwierigkeiten,
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Verständnisschwierigkeiten, weil er dann auch, ich glaube, er spricht,
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ich weiß nicht, ob das Arabisch ist, aber so eine, also Kassarisch, whatever.
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Und die nähern sich dann über so Spiele an und auch dieses,
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warum der Botanist heißt, ja, weil er baut dann halt in einer kleinen Ruine,
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das mal früher in der Schule war, baut er dann so eine Pflanzensammlung auf
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und macht ganz tolle Zeichnungen und so weiter, von dem man alles sieht, das dient von ihnen.
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Also der Film ist halt einfach, der fällt so ein bisschen auseinander,
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hat nicht so eine starke Handlung, aber hat so ganz schöne Momente,
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sag ich mal, und auch gute Naturaufnahmen.
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Der wird dann auch erzählt von seinen, also so eine zentrale Figur ist sein
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Onkel Ben, der aber nicht mehr zurückgekehrt ist.
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Das ist so einer, der dann irgendwo in den Bergen verschütt gegangen ist wahrscheinlich,
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aber es wird gleichzeitig so, als die Erinnerung an Ben dann so rückwirkend erzählt.
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Der fängt dann halt auch so an, dass du siehst dann halt, wie sich ein alter
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Mann dann an so einem Felsen niedersetzt und dann die Augen schließt und dann
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fängt die Geschichte an und am Ende wacht er wieder auf und geht dann weiter.
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Also man hat das Gefühl, die Geschichte wird dann halt so als seine Erinnerung
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erzählt und das ist dann halt diese Figur. Also das ist sehr assertiv,
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ein bisschen träumerisch und so.
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Und dann muss eben dieses Mädchen, zieht dann zurück nach Shanghai mit der Mutter zusammen.
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Und dann geht es um so einen Abschied von ihm, wo er dann sie nicht ignoriert
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und die sich gegenseitig.
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Also ein bisschen, also schon so eine kleine Liebesgeschichte.
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Die dann also ein bisschen traurig endet und er dann aber in dieser Landschaft
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irgendwo alleingelassen wird und so ein bisschen auf dieses,
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auch wieder den Rhythmus der Natur, ja, dann so als Pflanzensammler dann sich darauf zurückzieht.
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Also auch hier haben wir dann eben das Schicksal von alleingelassen,
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ohne Familie, aber gleichzeitig eine starke Verortung über die Landschaft, über die Natur.
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Nur, das ist bei einem anderen Film auch so eine starke Identitätskomponente,
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was man da überhaupt in einem anderen, also die Stadt wird ja überhaupt nicht
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gegengeschnitten, sondern die Stadt gibt es ja nur so als Sehnsuchtsort oder
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als Ort, wo man hin will und Geld verdienen oder wo andere sind, die nicht mehr da sind.
Micz Flor
0:46:26–0:46:30
Was meinst du, wenn du es so erzählst, mit dem Auseinanderfallen sowas,
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dann frage ich mich bei all den Filmen, die in der Berlinale gezeigt werden
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könnten, warum haben die den ausgewählt?
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Was ist deine Hypothese? Weil du bist jetzt nicht so begeistert.
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Ja, nee, doch, von dem bin ich nicht so begeistert, richtig.
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Aber das ist einfach eine Frage, die kriegen ja die Filme, die bewerben sich ja da.
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Ja eben, und dann werden die ausgesucht und das Kuratorium,
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Berlinale ist halt so, glaube ich, grundsätzlich muss man dann drauf gucken
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von der Konstellation, weil eigentlich will man nach Cannes als Film und du
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willst ja immer irgendwie, wenn du einen Wettbewerb gehst, dann willst du ja
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eher die Goldenen Palme als den Goldenen Bären, ja und,
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Aber es ist doch, ist die Berlinale nicht das größte Publikums Ja,
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das bringt ja den Film nichts,
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Also das ist ja für den Verleih ist unerheblich. Man weiß schon,
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dass bei der Berlinale nicht die Flaggschiffe.
Florian Clauß
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Oder das ist ja militärisch, aber quasi die goldenen Perlen dahin geschickt werden.
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Sondern das ist dann eher so in diesem Segment von, ja, guter Film,
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kann man mal hinschicken.
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Aber das ganze Produzentensystem, das, wovon wir hier auch sprechen,
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So ein totales Arthouse-Kino. Also das heißt, das ist für uns ein Arthouse-Kino
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und für die Chinesen noch viel mehr.
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Also das findet jetzt auch nicht irgendwie ein großes Publikum.
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Die Filme werden wahrscheinlich in China auch nur in bestimmten Kinos laufen können.
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Während jetzt irgendwie, ich habe jetzt gelesen, der Film, der neulich rausgegangen
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ist, Animationsfilm, chinesischer Animationsfilm.
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Zana oder so ähnlich heißt der Zana 2. Ist auch so eine taoistische Geschichte
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von einem Kind, was dann animiert und so weiter. Ein bisschen wie King of the Monkeys.
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Die haben halt so einen Fundus. Die haben ja so einen Kulturfundus,
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wo die halt so unglaublich viele Figuren raus...
Micz Flor
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Monkeys.
Florian Clauß
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Ja, dieses Marvel ist ja im Prinzip irgendwie... Ja gut, da haben die halt irgendwie
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so ein paar griechische Mysterien dazugenommen.
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Aber Marvel ist ja völlig aus sich selbst heraus entstanden,
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während die ganze chinesische Kultur hatte halt irgendwie jahrtausendalte taoistische
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und die haben ja diese ganzen, die haben ja unglaublich viele Figuren,
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die sie da inszenieren können.
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Und der Film hat ja innerhalb von drei Wochen 1,5 Milliarden Dollar eingespielt.
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Also das war im Kino in China.
Micz Flor
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Wahnsinn.
Florian Clauß
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Ja, im Binnen. Also das hat sämtliche kanonischen Filme getoppt von den Einnahmen.
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Also da ist ein riesen Markt in China.
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Da laufen auch die Filme anders. Und das heißt die Filme, über die wir jetzt
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sprechen, das ist wirklich so ein ganzes Segment, ne?
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Ja. Genau, jetzt kann ich glaube ich auch zum dritten Film kommen.
Micz Flor
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Ja, ganz kurz nochmal zur Tour, wollte ich dich fragen, weil du hast uns ja
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hier so reingeführt und reingeholt und ich finde das gerade so ganz kurios,
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weil wir mit diesen Massenmenschen so in China so sprechen und hier ist es jetzt gerade,
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da sind so Neubausiedlungen und ich habe keine Ahnung, wo wir gerade sind,
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also wo wir gelandet sind, aber so ganz seltsame,
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entwickelte Immobilien. Was ist das hier? Das sieht ja wohl fast aus wie eine Schule.
Florian Clauß
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Oder? Von Gebäuden her.
Micz Flor
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Ja, aber die, keine Ahnung, so unterschiedliche Beleuchtungen.
Florian Clauß
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Also wir sind jetzt gar nicht so weit weg von der einen Folge Roadmovies, die ich gemacht habe.
Micz Flor
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Beim, beim, nicht Helmholtz.
Florian Clauß
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Das ist der Briskey Point. Nämlich, das ist jetzt schon, wir sind unterhalb des Rings.
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Da hinten ist dann die, wo haben wir uns getroffen? Hermannstraße?
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Ne, Neukölln haben wir. S-Bahnhof Neukölln.
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Und wir sind jetzt hier in Rixdorf und es gibt ja den Rollberg.
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Und es gibt dann als anderes Gebiet, wo wir schon durch sind,
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ist dann, wie heißt das, Rollberg und das andere Schillerpromenade.
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Genau, die Schillerkiez.
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Und ich habe extra nochmal, bevor wir losgelaufen sind, habe ich nochmal Wikipedia aufgeschlagen.
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Aber ich meine mich daran zu erinnern, dass ich vor nicht allzu langer Zeit
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auch ein Hörspiel gehört habe zum Einschlafen.
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Immer an den Hörbuch, was dann halt so diese Zeit um 1900, wo dann hier,
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das waren immer noch Vororte von Berlin, ja,
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und der Rollberg war im Prinzip so die Arbeiter-Siedlung, ja,
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wo dann die Leute dann halt so da ihre Arbeiter-Siedlung und dieser ganze Schiller-Kiez
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hat sich dann so mehr oder weniger als zusammengefasst.
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Aufkommende Bürgertum, haben die sich da halt diese bürgerlichen Häuser gebaut
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mit großer Fassade und so weiter.
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Und das ist so, dass dieser, also um 1900, 1910 so.
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Und die Hermannstraße ist dann halt auch so zu so einer Vergnügungsstraße war es damals.
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Da gab es halt irgendwie Varieté, da gab es halt irgendwie Theater,
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Kneipen und so weiter. Und so hat sich das Gebiet hier entwickelt.
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Also das fände ich auch nochmal ganz interessant.
Micz Flor
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Aber hier ist es schon irre, weil wir haben wirklich jetzt eher so mehrstöckige,
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weiß man nicht, ob Industriebauten sind oder da hinten sind es Apartments.
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Die sind jetzt neuer, aber es ist auf einmal alles so hoch geworden.
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Also da sind hoch, hoch, hoch.
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Auch als wir vorhin rauskamen aus diesem Gebiet vom Treptower Park,
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da ist mir aufgefallen, es sind unglaublich viele Leute so mit LED-Lichtern
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angeschnallt, irgendwie das Joggen, ganz viel Jog, Jog, Jog, Jog.
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Und dann sind die, ich weiß nicht, ob das mitbekommen ist, Also als wir an diesem
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neu entwickelten Bereich, wo da hinten ganz viele Häuser gebaut wurden,
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sind das vorbeigelaufen.
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Da sind drei von diesen Joggern wie so Bienen nach Hause gekommen in diesen Neubauen.
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Also junge und hochverschuldete Wohnungen gekauft und so die Jogger da rein.
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Da hinten sieht man so ein bisschen, das meinte ich, das ist alles irgendwie
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gar nicht berlinerisch.
Florian Clauß
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Ja, aber es ist ja viel, an vielen Stellen gibt es ja jetzt sowas.
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Diese Neubauten, die auch im Mitteljahr schon früher...
Micz Flor
0:52:15–0:52:18
Ja, und halt eben, ich weiß ja nicht, Traufsteinhöhe ist ja eigentlich immer ein Thema.
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Aber hier bei den Bebauungsplänen, da stand da vorne, sieht man auch mal diesen
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einen Mini-Skyscraper, der jetzt auch schon ein bisschen neuer aussieht.
Florian Clauß
0:52:27–0:52:29
Ja, das ist echt ein passanter Stimme.
Micz Flor
0:52:29–0:52:33
Und dann ist es hier alles höher. Hier sind eher, was haben wir da drüben?
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Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Stockwerke.
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Hier ist ja auch sehr... Was ist das denn? Guck mal, da steht dann hier noch
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Mieten runter, das passt auch gut, das muss ich jetzt noch hier einfangen.
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Kannst du das mit deiner Kamera so fotografieren, dass man Mieten runter lesen
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kann? Bei mir geht das nicht. Mieten runter kann ich.
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Hast du es schon? Wir sind sowas von spiritually linked.
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Das ist schon fast irgendwie so ein bisschen... Erinnert mich an England irgendwie so.
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Das sind aber so diese typischen, wo du das mit Herzberge vergleichst.
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Das könnte auch so ein Krankenhaus gewesen sein. Ja, das sieht nicht aus wie
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neu gebaut. Also ich glaube, das würde keiner mehr so machen.
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Aber diese Kombination zwischen dem Neubau dahin, das ist echt interessant, dieser Turm.
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Das erinnert mich so an London, wo du auch so verschiedene Berichten von Architektur hast.
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Nicht so wie in Paris, wo du dann im Prinzip eigentlich nur noch,
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das Neueste war der Ousman, der dann gebaut hat, die Chancel-Visier einmal quer durch.
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Aber da ist natürlich viel passiert. In London hast du ja immer noch so diese,
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ganz viele Serien spielen gerade in London, die ich gucke.
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Als ich in Black Daffs hast du das gesehen? Das habe ich gesehen.
Florian Clauß
0:53:50–0:53:54
Industry gucke ich gerade, das ist super. Das spielt in diesem Banking-Viertel.
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Oder Liverpool Station. Ganz toll.
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Und dann sind die halt irgendwie so als Broker in diesen Bankings.
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Okay. Anderes Thema, vielleicht auch eine eigentlich Folge wert. Schauen wir mal.
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Ich komme jetzt zum dritten Film und dann lade ich, das mache ich jetzt auf,
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das Forum mache ich jetzt auf und lade auch meine Zuhörer ein.
Micz Flor
0:54:17–0:54:19
Deinen Weggefährten.
Florian Clauß
0:54:19–0:54:24
Meine Weggefährten, meine Klaus- und Weggefährten. Ja, Girls on Wire.
0:54:25–0:54:26
Ja, es gibt nicht viel mehr.
Micz Flor
0:54:27–0:54:28
Girls on Wire, ja.
Florian Clauß
0:54:28–0:54:31
Vielleicht noch mal so ganz kurz die Geschichte zusammengefasst.
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Oder steigen wir anders ein.
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Der Film ist von der Regisseurin Vivian Chu, die eine Ausbildung oder vielleicht
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so ein kurzes Porträt von ihr.
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Sie hat in den 90ern in Amerika auf einer Filmhochschule sich ausbilden lassen,
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ist dann 2003 zurück nach China gegangen, hat da als Produzentin auch vor allen Dingen gearbeitet,
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und das wollte ich voranstellen,
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weil den habe ich auch tatsächlich damals auf der Berlinale gesehen, den Film.
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Der heißt Thin Ice Black Coal. Ich weiß nicht, ob du den auch gesehen hast.
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Der war dann doch ein größerer Erfolg, weil der hat den Goldenen Bären 2014
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gewonnen und der wurde produziert von ihr.
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Das ist so ein Thriller, der so ein eigenes Genre auch dann für sich so losgetreten
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hat, nämlich diesen chinesischen Noir-Film.
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Also der ist sehr dunkel, sehr düster erzählt.
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Thriller hat auch so darke Momente, aber ist sehr hart und dunkel.
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Ich fand ihn damals toll.
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Der deutsche Titel ist glaube ich Feuerwerk am helllichten Tag.
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Und es ist so, dass diese Noir-Geschichte in China dann für sich als Film ein
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eigenes Genre geworden.
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Man kennt es ja auch, man kennt es ja diesen Skandinavien, diesen dänischen Noir-Film.
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Das war, glaube ich, auch so in den 2010er Jahren haben sich da so viele Filme in diesem Segment.
Micz Flor
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True Detective Feeling.
Florian Clauß
0:56:10–0:56:14
Ja, genau so. Auch das im amerikanischen Raum, aber auch in anderen.
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Also da kam dieses Genre so auf.
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Ich finde auch, dass man, ich weiß nicht, wie es dir so gegangen ist,
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aber dieses dunkle Moment, dieser Noir-Moment, den hat man auch in Girls on Wire.
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Also der Film handelt von einer mehr oder weniger zerrütteten Familie.
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Die Frau, die Kernfamilie hat im Prinzip eine Schneiderei.
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Sind wir wieder bei der Schneiderei, ja. Eine kleine Fabrik,
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die aber ständig verschuldet sind, weil der Bruder von ihr, der auch da bei
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denen wohnt, drogensüchtig ist und die ganze Zeit immer Geld von der kriegt und will und braucht.
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Der drogensüchtige Bruder hat eine Tochter, die auch in der Familie groß wird,
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die ein bisschen jünger ist als die Tochter der Schwester. Das sind beide Cousinen.
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Die werden als quasi mehr oder weniger Schwestern, wachsen die miteinander auf
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und sind sehr füreinander da,
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während an dieser Drogensucht von dem Vater, von der Jüngeren und diesen Streitigkeiten
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und den Schulden und so weiter die ganze Familie immer zu zerbrechen scheint.
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Ja, aber scheinen dann doch irgendwie diesen ganzen Betrieb so weit weiterführen
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zu können, dass es dann halt auch so ist, wo dann schon die Größeren,
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die Kinder raus sind, die beiden Töchter oder Cousinen.
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Die eine, die Größere arbeitet als Stuntfrau in der chinesischen Filmstadt.
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Und die Jüngere, so fängt der Film an, man sieht sie in einer ganz schlimmen
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Situation, dass sie dann nämlich in einem Keller gefangen gehalten wird und
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mit Drogen verabreicht wird.
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Ihr gelingt die Flucht, sie tötet jemand, den Aufpasser und flieht dann zu ihrer Cousine.
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So startet der Film, sie versucht dann ihre Cousine ausfindig zu machen in dieser
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Filmstadt, was nicht so ganz einfach ist, weil die riesig ist,
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die Filmstadt, und ganz vieles.
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Beherbergt, wo dann unterschiedliche Filme gedreht werden.
Micz Flor
0:58:16–0:58:20
Also Filmstadt ist quasi so ein Riesenstudio-Gelände, wo dann aber so richtig
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alte, was du vorhin auch schon mal gesagt hast, diese in Anführungszeichen historische
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China, wie ich es mir vorstellen kann, aus der Distanz.
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Ich habe da keine Idee von authentisch oder nicht, aber das sieht dann alles
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so aus wie alte Kloster oder Wohnungen, die da aufgebaut sind.
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Und das ist aber einzig und allein zum Drehen. Da wird gedreht und scheinbar
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gibt es da dann eben auch On-Set-Apartments oder Zimmer, wo dann eben zum Beispiel
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auch diese ältere Cousine,
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die eine Stuntfrau ist und gleichzeitig versucht, sich als Schauspielerin da auch durchzuboxen,
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aber eigentlich als Stuntfrau Geld verdient,
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in so einem Zimmer wohnt, aber scheinbar direkt in dieser Filmstadt.
Florian Clauß
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Ja, auf der Spur, also der Jüngeren auf der Spur ist eben diese Drogenmafia,
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die dann, sie versuchen dann wieder das ausfindig zu machen.
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Und dann kommt eben raus, dass die Ältere als Standfrau, die muss immer Jobs
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annehmen und muss immer arbeiten, auch zu übelsten Zeiten arbeiten und mehrere Jobs erledigen,
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um eben noch die Schulden zu begleichen, die dann ihre Mutter mit der Schneiderei
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gemacht hat und auch eben ausgelöst durch den Vater, der das gemacht hat.
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Es kommt dann noch später heraus, dass die Jüngere ein Kind bekommen hat und
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sich eigentlich auch ein eigenständiges bürgerliches Leben aufgebaut konnte als Floristin.
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Aber auch sie wurde dann eben durch die Abhängigkeit ihres Vaters eben in Kontakt
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gebracht zu diesen Drogenleuten, die sie dann gefangen genommen haben.
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Das Kind ist dann eben bei der anderen Familie.
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Und so wurde sie drogensüchtig gemacht und prostituiert, um die Schulden des
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Vaters dann zurückzubezahlen. Aus diesem Fängen befreien sie sich.
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Die Mafia bleibt ihr auf der Spur. Der Film erfährt so mehrere Genrewechsels, würde ich mal sagen.
Micz Flor
1:00:10–1:00:13
Diese Prostitution wird aber nicht offen ausgesprochen.
Florian Clauß
1:00:13–1:00:18
Aber du kannst davon ausgehen, so wie das Szenario dargestellt wurde.
Micz Flor
1:00:19–1:00:24
Ja, es ist einfach nur fürchterlich. Es geht damit los, dass du quasi als Zuschauer
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mit der jüngeren Frau der beiden auf in einer Hölle eigentlich.
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Hinter Gittern in der Hölle und es kommt jemand rein, möchte ihr was spritzen.
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Und sie flüchtet dann in dem Moment und schafft es auch dann zu flüchten.
1:00:38–1:00:40
Aber es ist einfach fürchterlich.
Florian Clauß
1:00:41–1:00:48
Also die beiden, die Ältere, als die sich dann treffen und die Ältere zieht
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sich erstmal zurück, will nicht so richtig was mit ihr zu tun haben.
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Das kommt dann zu einer Annäherung. Es kommt dann wieder zu der Situation,
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dass die Ältere sie dann beschützt mit ihr auf der Flucht vor der Mafia ist.
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Aber am Ende werden die dann eben gestellt und,
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Von der Mafia eingeholt und dann gibt es eben so eine Szene am Meer,
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wo dann die Jüngere dann eben auf der Flucht ertrinkt. Also es endet dann tragisch.
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Und das letzte Bild ist dann halt auch, dass die Schneiderei aufgelöst wird.
1:01:20–1:01:24
Ich weiß gar nicht, kriegt das Ende nicht mehr ganz zusammen?
Micz Flor
1:01:24–1:01:29
Ja, das Ende ist halt so, dass wir eine goldene Zeit sehen.
1:01:29–1:01:34
Das sind die letzten Szenen, bevor alles schlimm wurde.
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Also wir sehen dann auf einmal, also wir sehen diese Fabrikpleiter,
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die müssen weg und da wohnen die auch in der Fabrik und das Bild von dieser
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Tür, die so ein bisschen abgehalftert ist und alles irgendwie abgeblättert,
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wird dann auf die gleiche Tür geschnitten, alles frisch lackiert,
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alles irgendwie so in so einem Vergangenensein und dann kommt der Vater,
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der drogenabhängig ist von der jüngeren Frau, Der Vater kommt halt mit seiner Frau und diesem Kind,
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kommt dann aus dem Krankenhaus zurück, kommt dann in eine heile Welt.
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Wir sehen dann sozusagen eine heile Welt und sehen dann auch die Mutter von
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dieser jüngeren Cousine.
Florian Clauß
1:02:10–1:02:10
Ja, stimmt.
Micz Flor
1:02:11–1:02:15
Und die Mutter, also bleibt auch völlig offen, aber irgendwie wird halt so angedeutet,
1:02:15–1:02:18
es gab dann da auch einen Bruch.
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Diese Mutter ist nämlich irgendwann weg oder tot, wir wissen es nicht.
1:02:21–1:02:24
Und der Vater drogenabhängig.
1:02:24–1:02:30
Also es wird irgendwie zurückgespult in eine Zeit, wo alles sehr harmonisch war, malerisch.
Florian Clauß
1:02:30–1:02:34
Wie war denn die letzte Einstellung, wenn Sie sich noch erinnern?
Micz Flor
1:02:35–1:02:39
Die allerletzte Einstellung weiß ich nicht mehr, aber ich glaube, das hörte wirklich mit.
Florian Clauß
1:02:39–1:02:44
Man kriegt doch mit, dass die Jüngere eben auch sich vom Pech verfolgt,
1:02:45–1:02:49
Lässt sie eine Krähe tätowieren, was ein Symbol des Pechs ist.
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Sie nimmt das Schicksal so für sich an, kann sich dann aber auch für sich so
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emanzipieren, aber wird dann wieder so eingerollt.
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Also ganz grob erzählt jetzt erst mal.
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Würde ich mal sagen, hat er starke Momente, ist aber auch recht schwerfällig.
1:03:02–1:03:05
Und irgendwann funktioniert diese Geschichte nicht mehr.
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Die wechselt also diese Szene, wo die dann zum Beispiel diese Drogen-Mafia-Typen
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dann nach diesen Cousinen suchen in der Filmstadt.
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Das wird so Comic-Relief-mäßig erzählt. Das ist völlig absurd.
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Sie hat auch lustige Momente, wo die dann halt so da als Typen da rumtapsen
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und dann halt diese ganzen einzelnen Szenen aus den Filmen brechen und dann
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teilweise auch in den Filmen mitspielen, weil die ja gerade rumstehen.
Micz Flor
1:03:29–1:03:32
Aber es bricht so ein bisschen aus dem Skript raus. Es ist natürlich so,
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dass man sofort drauf guckt, wir haben einen Film, der spielt in einer Filmstadt,
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so ein bisschen wie Once Upon a Time in Hollywood bei Tarantino oder so.
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Also da wird diese Filmstadt, in der ein Film gedreht wird, über wie Filme gedreht werden.
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Also das ist quasi die Puppe in der Puppe in der Puppe. Und dann kommt eben
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die bösen Mafia-Leute, drei Mafia-Leute, die kommen dann dahin.
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Und die werden dann gleich von irgendeinem Drehset, mit dem wir eigentlich gar
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nichts zu tun haben, gecastet.
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Und der eine eben dann in einer Uniform steht dann auf einer Treppe und dann kommt die Ansage.
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Achtung, Bombe! Und dann müssen alle umfallen, bloß er bleibt stehen,
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weil er es nicht gecheckt hat.
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Dann eine andere Szene ist dann, wo der Chef von diesen drei Mafialeuten einen
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Arzt spielt und dann bei so einer Geburt oder sowas dann dasteht und die ganze
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Zeit die Gesichtsmaske herunternimmt und fragt Fengi,
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Fengi, weil er sucht halt eine Fendi oder Fengi, die alle anspricht.
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Es ist total skurril und es wirkt irgendwie so ein bisschen improvisiert,
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als ob das noch mal was zeigen sollte mit dieser Puppe in der Puppe in der Puppe.
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Keine Ahnung. Also wenn dann das echte Leben des Films, also die Mafia,
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die im Film natürlich echt sein muss, dann müssen wir daran glauben,
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dass die sich dann auch sofort durch diesen Film auflöst.
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Ich kann mir vorstellen, dass es so eine kopfige Idee war, aber irgendwie funktioniert
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es nicht so richtig. Es fühlt sich ein bisschen seltsam an.
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Das andere ist halt irgendwie, dass man dann auch sagen kann,
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die Komödie endet dann doch als Tragödie.
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Also das Ganze beginnt als Tragödie. Dann gibt es auf einmal so einen komödiantischen
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Moment, wo dann aber auch alle im Saal, hat das Gefühl, so ein bisschen gezwungen lachen.
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Vielleicht so, ha ha, gut, das
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ist doch lustig. Und dann wird es aber eben wieder eine Tragödie hinten.
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Und die dann gleichzeitig auch so ein perverses Happy End hat.
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Also die einerseits stirbt die junge Cousine, während dann die Mafia am Ufer steht.
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Zwei Leute, die die umbringen wollen oder die, die zurückhaben wollen,
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glaube ich. Und dann stirbt sie aber.
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Und auf der anderen Seite ist es dann so, dass dann auf einmal irgendwer die
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Polizei gerufen hat, die dann die Mafia-Leute dann fangen.
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Also da kommen auf einem Polizeiauto zusammengefahren. Also beides irgendwie
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so ein komisches Happy End und ein tragisches Ende so in einem zusammengeschraubt.
Florian Clauß
1:05:54–1:05:59
Ja, also ich glaube, viele waren nicht so ganz zufrieden mit dem Film.
1:05:59–1:06:09
Man hat so eine Unruhe gespürt im Saal. Wir haben den Film in der Uber Eats Arena Hall gesehen.
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Das ist das Gebäude neben der Arena.
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Und das war die größte Leinwand oder die größte Spielstätte von der Berlinale, riesengroß.
1:06:18–1:06:24
Ja, aber so eine gewisse Unruhe war zu spüren. Der Film hat uns jetzt auch,
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glaube ich, jetzt so... Wir kamen raus und waren ganz froh, dass wir den hinter uns hatten.
Micz Flor
1:06:28–1:06:30
Ja, ich fand so...
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Ich habe keine Ahnung, es ist so, mich hat er sehr aufgewühlt,
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ich habe viel weggeguckt, ich wollte die Gewaltszenen nicht sehen,
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obwohl die jetzt gar nicht so schlimm waren, aber die Verfolgung,
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es war dann eben so eine komische Mischung aus,
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sehr realistisch und dadurch musste jetzt auch nicht viel Gewalt passieren und
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trotzdem war ich sehr eng mit den beiden Protagonistinnen verbunden.
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Die jüngere Cousine war ja dann auch so, dass sie halt selber als Kind,
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wie wir zum Schluss gesehen haben, eben die Familie natürlich ihres Vaters geboren
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wurde. Die Mutter war auf einmal weg.
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Jetzt war dann sie auf einmal auch Mutter geworden als Teenager noch.
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So hatte man es zumindest erlebt.
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So wurden nie Zahlen genannt, aber sie wirkte wie Teenager, so vielleicht 16 oder so.
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Die ältere Cousine war immer die, die für ihre Eltern schon die Verantwortung
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übernehmen musste. Die musste die ganzen Schulden abzahlen.
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Die Mutter hatte immer so einen irren Glauben, dass sie gerade eine geniale
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Idee hat, wie die neue Jacke dann doch alles nochmal umkrempeln könnte und Gewinn einfahren.
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Aber es war dann die Tochter, die ja auch ihren Körper verkauft hat.
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Die ältere Cousine, die als Stuntfrau, man sieht, dass sie manchmal in einer
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Szene fast ertränkt wird, wo sie nachts immer wieder mit so an Drähten in Wasser
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runtergeschubst wird. Sie hat ihren Körper verkauft, die andere wurde verkauft.
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Wie wir später erfahren, hat sie wohl ihren Vater auch bei der Polizei verpetzt.
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Und der wurde dann von der Polizei aufgegriffen, weshalb sie dann eben auch
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von dem Clan Heroinbande da gegriffen wurde, aufgegriffen wurde.
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Es war alles ganz fürchterlich und aussichtslos. Und manchmal gab es lustige
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Momente und die Momente, die lustig sein sollten, waren es aber nicht.
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Trotzdem hat es mich halt sehr tief aufgewühlt, also irgendwie hat es mich berührt.
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Ich glaube, diese, wenn du sagst, es geht um Frauen in China,
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ich weiß nicht, ob das das Thema war, dann ist natürlich so.
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Dass eben die eine Cousine muss für ihre Eltern die Verantwortung übernehmen,
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das Geld ranzuschaffen, damit die ihren Traum, in Anführungszeichen,
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von einem Textilunternehmen leben können.
1:08:40–1:08:45
Und die andere Cousine, die Junge, deren Vater drogenabhängig ist,
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die kennt vielleicht ihre Mutter gar nicht, das wissen wir nicht,
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die kommt nie vor, aber die wird dann selber Mutter.
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In gewisser Weise versucht sie dann auch zu sagen, mein Leben hat,
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Kletz ja auch ihre Eltern, Mein Leben war bis jetzt alles quasi scheiße.
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Mein Vater ist scheiße, mein Leben ist scheiße, alles ist scheiße.
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Und jetzt, schlimmer kann es nicht werden.
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Und sie schafft es dann wirklich mit dem Kind ja auch ein vernünftiges und erfüllendes
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und beglückendes Leben aufzubauen. Das kriegen wir ein paar Szenen mit.
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Und gleichzeitig ist es ja trotzdem auch eine Form von, in Anführungszeichen,
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Missbrauch, weil sie über dieses Kind versucht, Normalität zu erreichen.
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Das schafft sie nicht aus sich heraus, sie muss quasi ihre Rolle ändern,
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raus aus dem 16-jährigen Partygirl rein in die Mutterschaft.
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Das ist der Schritt, den sie gehen möchte, um ihr Leben zu stabilisieren und glücklich zu machen.
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Sie schafft es auch und trotzdem nutzt sie natürlich ihr eigenes Kind,
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um diesen Schritt machen zu können.
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Also alles, was ja jetzt bei Vampirfilmen so deterministisch ist,
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also diese große Materialität der Körper auch, also diese Austauschbarkeit und
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diese Ausnutzung und Abnutzung.
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Es war so ein bisschen dieses Gefühl, dass die Menschen alle nichts wert sind
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und einfach nur Rollen spielen müssen.
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Und in diesem Fall haben wir eben Frauen gesehen, die da ausgenutzt wurden und
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verbraucht wurden. Hat mich sehr, sehr aufgewühlt. Ich fand den sehr schrecklich.
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Jetzt sage ich gar nicht, dass es negativ ist.
Florian Clauß
1:10:19–1:10:24
Ja, schrecklich, aber im Sinne von, also der hat dich einfach auch beschäftigt.
1:10:25–1:10:30
Also ich fand den, ich fand, der hat ja sehr gute Momente, der Film.
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Ich habe diese Analogie zu der Filmstadt sehr gemocht.
1:10:34–1:10:40
Wie der Film anfing, das sind ja diese 30-Sekunden-Regel, die 2-Minuten-Regel.
1:10:40–1:10:44
Die ersten zwei Minuten, die dann einen Film, wenn er aufblende, erzählt.
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Und das, was er in den ersten zwei Minuten erzählt, wenn er dicht,
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dann funktioniert der Film. Und die ersten zwei Minuten haben mich gepackt,
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aber die Regel hat nicht ganz funktioniert, weil eben am Ende hat er mich auch
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nicht mehr so richtig...
Micz Flor
1:10:58–1:11:01
Was waren die ersten zwei Minuten? Die letzten zwei Minuten wissen wir nicht
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mehr, aber die ersten...
Florian Clauß
1:11:02–1:11:07
Die ersten zwei Minuten waren, wo sie als Standfrau dann diese Szene hat.
Micz Flor
1:11:07–1:11:08
Ah, okay.
Florian Clauß
1:11:08–1:11:12
Und es war dieses Motiv Wire. Und das ist halt so, finde ich,
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schon stark entwickelt.
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Girls on Wire, das könnte man denken, als ich das gelesen habe,
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dann dachte ich, Girls on Fire, das ist dann halt so ein proto-feministischer Film.
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In China vielleicht, nein, Girls on Wire, das ist genau das,
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was diese Standfrau da durchlebt.
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Eben, dass sie immer an Dreiten, also muss dann natürlich diese Kung-Fu-Filme,
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wo sie dann immer an Drähten dann durch die Gegend gezogen wird,
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dann eben da so Kampf-Szenen inszeniert.
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Ja, aber dieses Typische, was wir aus dem Kung-Fu-Film kennen,
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wo dann teilweise die Darsteller so anfangen zu schweben. wenn sie hüpfen und so weiter.
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Und du siehst jetzt die ganze Maschinerie dahinter. Das finde ich halt so super,
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weil das ist halt so dieses Leichtigkeit, wenn man den Film sieht.
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Du siehst halt, wie es gemacht wird. Und du siehst auch wieder hier,
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wie deterministisch das Ganze ist.
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Um das nochmal so zu sagen. Das heißt, bis dann halt wirklich diese Filmszene
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dann steht, wie oft die Frau unter Wasser getunkt wird und wieder hochgezogen
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wird, wie du sagst, fast ertrunken.
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Man kriegt dann auch wirklich so körperliche Schmerzen, die ganze Zeit das zu
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sehen in einem kalten Wasser.
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Und dieses On-Wire, das ist ja im Prinzip dieses Marionetten-Motiv.
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Das heißt, sie können ja nur sich so bewegen, wie sie selber von den Fäden gezogen werden.
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Also auch die andere, die jüngere Cousine, die dann auch eben in diesen Familienfäden
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drin hängt, aus ihrem Vater heraus, wo das dann auch schon so vorab vorgetragen ist.
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Eben die Drogensucht des Vaters, alle in dieser Familie dann so mit traumatisiert,
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dass sie sich nicht davon befreien können.
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Das ist ja auch so ein Faden, so ein Drahtseil, was dann auch die Figuren so
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zurückhält und dann immer wieder so einschnappen lässt und dann immer wieder
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auf diese schlechte Spur zieht.
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Dann aber auch jetzt in dieser Dimension der Position der Frauen,
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Ja, die Frauen haben auch in allen anderen Filmen, die ich jetzt auch heute
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so, gibt es diese Frauen, die sehr starke Rollen haben.
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Also gerade bei dem ersten Film, dass die Familie auf dem Land,
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da sind diejenigen, die Entscheidungen treffen, die eben auch das Haushalt,
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Haushalterische machen.
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Diejenigen, die das Geld und so weiter dann organisieren, sind alles Frauen.
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Das sind alles sehr starke Figuren. Die Männer spielen dann immer so am Rande eine Rolle.
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Und hier ist es auch die starken Frauen, die sich aber nicht aus einer patriarchalen Welt entkommen können,
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weil die immer wieder zurückgezogen werden, als Schablone dann so in diese Welt
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reingepresst werden und so eben in diesen Drähten festhängen,
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dass diese Befreiung von sich aus schon von vornherein scheitert.
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Und das finde ich halt, dieses von vornherein Scheitern, das finde ich halt
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so krass angelegt einfach in dem Film.
Micz Flor
1:14:03–1:14:07
Ja, ich weiß nicht, ob das jetzt patriarchatmäßig aufhängen würde,
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weil ja die Mutter der älteren Cousine ist ja eben die,
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die die ganze Zeit die Familie führt und ins Unheil stürzt mit ihren obskuren
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Ideen von wie sie diese Textilfirma jetzt irgendwie grundsanieren könnte mit einer neuen Idee.
Florian Clauß
1:14:23–1:14:29
Das habe ich gar nicht so gelesen. Ich habe das eher eben, dass die sich durch
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diese Drogensucht des Vaters, des Bruders, dann immer wieder überhaupt nicht
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eine Wirtschaftlichkeit entwickeln können.
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So war das mein Ansatz, dass die ja immer wieder versuchen, diese Schulden, die sie anhäufen.
Micz Flor
1:14:44–1:14:48
Okay, ich hatte halt irgendwie gesehen, so eher, wenn man es generationsmäßig
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betrachtet, so dass halt diese jüngere Generation, die es halt einfach falsch ist,
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Die kommen halt da nicht mehr raus. Die müssen halt dann irgendwie für die Älteren
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auch mittragen. Vielleicht auch mit der Überalterung der Gesellschaft.
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Möchte man da jetzt demografische Themen mit hineinweben?
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Das sind halt die Jungen, die ihr ganzes Geld abgeben müssen,
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ihren Körper verkaufen müssen, nicht abnutzen müssen, bloß um die Älteren irgendwie
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in ihren Träumen noch zu unterstützen.
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Und sei es dann irgendwie der Drogentraum oder der Traum vom eigenen Business oder so.
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Aber de facto sind die ja dann auch Tagelöhnerinnen.
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Sind wir vielleicht wieder sogar bei diesen, wie heißen die? Min-Chen, ne, Min.
Florian Clauß
1:15:26–1:15:27
Min-Gong.
Micz Flor
1:15:27–1:15:31
Min-Gong, ja, wieder, die sind ja dann auch irgendwie solche Tage,
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also die kriegt ja ihren Job, also die Stuntfrau kriegt ja auch ihren Job von,
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hey, machst du das heute Abend oder machst du das morgen früh?
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Also sie kriegt ja dann, hat ja auch keinen geregelten.
Florian Clauß
1:15:40–1:15:43
Ja, würde ich jetzt nie so ein bisschen so wie so ein Manager,
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der ihr dann halt die Jobs dann, also wie so ein Agenturbusiness,
1:15:48–1:15:54
ne? Ja, ich sehe da schon, das sind schon bessere Strukturen als bei den Wanderarbeiterinnen.
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Aber es ist natürlich diese Festlegung und auch diese Masse,
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diese Industrie, die dahinter hängt.
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Ja, und ich glaube, das ist halt so diese Industrialisierung.
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Nein, nicht die Industrialisierung, sondern man isst da einfach ein Rädchen
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in diesem ganzen Getriebe, was halt mordsmäßig ist, weil China skaliert ja in
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eine Richtung. Dann noch diese individuelle Geschichte dazu erzählen.
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Ich glaube, das ist immer dieser Hang zwischen dieser unglaublichen Menge und
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diesem individuellen Schicksal,
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das aber gleichzeitig auch in der Individualität, und da sind wir wieder bei
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dem Punkt, auch so übertragbar ist.
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Das ist ja so ein bisschen, was wir auch als Thema hatten, dass eben dieses
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Individuelle unglaublich bestimmt ist.
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Das spürt man in dem Film. Man ist ja quasi so bei den Hauptdarstellerinnen die ganze Zeit dabei.
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Man möchte ja, dass die sich dann auch wirklich so wieder schöne Momente miteinander erleben.
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Aber es gibt ja diese Szene, wo die dann auf der
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sind, gemeinsam dann auf diesem Lokal dann am Meer sitzen und da ist ja eigentlich
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ein total harmonischer Moment, wo sie sich dann finden wieder als Freundin und
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Geschwister und Familie.
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Aber das mündet dann eben mit einem Tod.
Micz Flor
1:17:20–1:17:22
Ja, ein trauriger Film.
Florian Clauß
1:17:22–1:17:26
Ja, traurig, aber wie gesagt, schwierig.
1:17:28–1:17:33
Irgendwann fällt der so auseinander. Mir ging es so, dass ich nicht mehr so dabei geblieben bin.
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Und dass mich der nicht mehr so gepackt hat, der Film.
Micz Flor
1:17:39–1:17:43
Kann ich nachvollziehen, bei mir war es wirklich, dass ich viel weggeguckt habe.
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Oder wie so ein Kind, wenn ich durch meine Finger durchgeguckt habe,
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auf die Leinwand, weil ich Angst hatte, mir die Ohren zugehalten habe.
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Weil ich immer weiß, dass wenn ich durch blinzelnde Augen gucke und mir die
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Ohren zu halte, dann ist es nicht so gruselig oder so schlimm.
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Und das war für mich so, weshalb ich manchmal nicht gut zugucken konnte.
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Ich fand das Ende einfach, also wenn man jetzt auf einer formalen Ebene,
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würde ich halt sagen, man wusste genau, wie es ausgeht.
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Als sie dann ins Wasser gegangen sind, war es irgendwie klar, wie es ausgeht.
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Bloß, dass die Polizei an den Strand fährt und die Bösewichte stellt,
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das war nicht vorhersehbar. Aber dieses, dass die eine ertrinkt die andere nicht,
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das wusste man irgendwie schon.
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Und dafür war es dann irgendwie zu lang.
Florian Clauß
1:18:26–1:18:27
Das war so zäh, ja.
Micz Flor
1:18:27–1:18:31
Das war richtig lang, als ob sie diese Unterwasserkamera gebucht hatten und
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dann noch ein paar Einstellungen machen wollten, wo die Welle über die Linse
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schwappt und dann wieder hochkommt.
1:18:35–1:18:40
Und das hat aber nicht geklappt. Also als ob man so eine Pointe von einem Witz
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in die Länge zieht, damit es noch lustiger wird.
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In diesem Fall hätte es noch dramatischer werden sollen, aber es hätte nicht funktioniert.
Florian Clauß
1:18:47–1:18:51
Nee, es war einfach zäh und deprimierend.
1:18:54–1:18:55
Ja, nee, so viel.
Micz Flor
1:18:55–1:18:56
Gutes Ende.
Florian Clauß
1:18:56–1:18:59
So viel, genau. C und D-Premien.
Micz Flor
1:18:59–1:18:59
Ja.
Florian Clauß
1:18:59–1:19:00
Kommt schlimm.
Micz Flor
1:19:02–1:19:04
Dann mache ich jetzt Schluss mit der Folge.
Florian Clauß
1:19:04–1:19:08
Ich wollte noch sagen, dass ich meine Berlinale-Folge jetzt im Kasten habe.
1:19:08–1:19:10
Wie man so sagt in der Filmwirtschaft.
Micz Flor
1:19:11–1:19:16
Und diese Folge konnte jetzt für die, die auf der Berlinale waren und denken,
1:19:16–1:19:20
ach, guck mal, noch was über die Bernalal. Das höre ich mir jetzt auch noch an.
Florian Clauß
1:19:20–1:19:21
Na, was?
Micz Flor
1:19:21–1:19:27
Das höre ich über die Berlinale. Für die ist es noch gut abgehangen oder gut
1:19:27–1:19:31
nachgereift im Keller, weil wir jetzt mit ein paar Wochen Verzögerung das dann
1:19:31–1:19:34
erst senden werden. Im Podcast.
Florian Clauß
1:19:34–1:19:38
Ja, zwei Wochen. Wir sind dann ungefähr so zwei Wochen über der Berlinale.
Micz Flor
1:19:38–1:19:44
Und unter eigentlich-podcast.de seht ihr dann auch noch Fotos von dieser kuriosen
1:19:44–1:19:45
Architektur zwischendurch.
1:19:45–1:19:49
Und die ganzen Links zu den Filmen, auch nochmal die Infos, Texte,
1:19:49–1:19:54
die Flo dann nochmal zusammenknüppelt, knüppelt, damit sie das Blogformat nicht
1:19:54–1:20:00
sprengen, weil du hast ja immer unfassbar lange Texte an Infos, was du dir reinpumpst.
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Chapeau sage ich da nur.
Florian Clauß
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Chapeau. Naja, aber du stehst dem nicht nach.
Micz Flor
1:20:06–1:20:11
Doch, natürlich stehst du nicht nach. Ich weiß es doch. Ich gebe mir aber Mühe.
1:20:11–1:20:16
Aber egal, Flo hat das wieder großartig gemacht. Ich hoffe, ihr stimmt. Einen Applaus.
Florian Clauß
1:20:17–1:20:19
Genau, hinterlassen wir uns. Put your hands together.
Micz Flor
1:20:21–1:20:25
Und laden Sie auch nächste Woche wieder, übernächste Woche wieder down,
1:20:26–1:20:30
wenn es heißt, das Thema verraten wir noch nicht.
1:20:31–1:20:36
Gut, dann macht's gut. Bis zum nächsten Mal. Tschüss.

Mehr

"Erleben heißt, dass man mehr auf's Maul kriegt als Küsse im Dunkeln." -- Klaus Lemke

Die Berlinale packt 2025 Klaus Lemkes *Rocker* (1972) in die Retrospektive. Ein Film, der so deutsch ist, wie sein Titel: Der Begriff „Rocker“ wurde hierzulande erfunden. In den USA spricht man von *Bikers*, von *Outlaw Motorcycle Gangs*. Aber in Hamburg, wo Lemkes Film spielt, sind es eben Rocker. Eine Szene, die sich in den 60ern unter dem Einfluss amerikanischer Bikerfilme und Motorradclubs formierte – und schnell ihre eigene Dynamik entwickelte. Hamburg und insbesondere St. Pauli waren das Zentrum, der Kiez das Revier. Keine Regeln, außer denen, die man sich selbst gab. Dass Lemke keinen klassischen Film drehte, sondern echte Kiezgrößen vor die Kamera stellte, macht *Rocker* zu etwas Besonderem. Keine Schauspieler, kein Drehbuch, keine inszenierte Härte. Wir besprechen den Film, direkt nachdem wir ihn auf der Berlinale gesehen haben. Wir entdecken Liebe und Schüchternheit und versuchen einen Zugang zum Film über Lemkes Zitate über Film zu finden. Ein Film aus einer Zeit, die längst vorbei ist. Und der Film? Dieser im Speziellen oder Film im Allgemeinen? Lemke sagt: UNSERE FILME SIND WIE GRABSTEINE.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:00
Geht's schon los?
Florian Clauß
0:00:02–0:00:02
Hallo!
Micz Flor
0:00:03–0:00:06
Ach nee, du musst den Werfängs sagen. Na nee, du. Also wir sind ein bisschen,
0:00:07–0:00:13
eigentlich ist meine Folge als Präsentator, aber Flo hat zugearbeitet,
0:00:13–0:00:17
weil ich einfach auch da in dem Thema nicht so tief einsteigen kann.
0:00:17–0:00:20
Und ich darf die Einleitung machen. Genau, und du darfst die Einleitung machen.
Florian Clauß
0:00:20–0:00:25
Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast Episode 72.
0:00:26–0:00:32
Wir kommen gerade aus einem Berlinale-Film und gehen zu einem neuen Berlinale-Film,
0:00:32–0:00:37
weil es ist Februar, es sind kalte Nächte und es ist Berlinale-Zeit.
0:00:38–0:00:43
Ja, das ist eine gewisse Tradition bei uns im Podcast, dass wir,
0:00:43–0:00:47
zumindest ich, bespreche ab und zu mal Berlinale-Filme.
Micz Flor
0:00:47–0:00:49
Das ist unsere Tradition. wissen.
Florian Clauß
0:00:49–0:00:54
Und Herr Mitch, das jetzt aufgedrückt, ja, wir erzählen euch das nächste Mal,
0:00:54–0:00:56
in welchem Film wir eben waren.
0:00:56–0:00:59
Das ist nämlich Teil meiner Aufbereitung.
0:01:00–0:01:05
Ich, so viel sei gesneakt, ich mache nämlich ein Review wieder,
0:01:05–0:01:09
Knüpfe an, wie vor zwei Jahren, von chinesischen Filmen auf der Berlinale.
0:01:10–0:01:15
Und wir haben uns getroffen, hier am, was ist das hier für ein Platz, Mitch?
Micz Flor
0:01:16–0:01:19
Ja, inzwischen heißt er, glaube ich, Uber-Platz oder so.
Florian Clauß
0:01:19–0:01:20
Nee, Mercedes-Platz.
Micz Flor
0:01:21–0:01:24
Nein, das war früher, das war O2 Arena, dann war es Mercedes-Benz Arena,
0:01:24–0:01:27
jetzt ist Uber Arena und der Platz heißt auch Uber-Platz.
Florian Clauß
0:01:27–0:01:30
Meinst du, weil ich auf Google habe ich noch Mercedes-Platz 2 gelesen.
Micz Flor
0:01:31–0:01:34
Ja, das ist der Golf von Mexiko, das geht nicht schwer genug.
Florian Clauß
0:01:35–0:01:42
Du meinst, den Golf von Amerika? Einen davon. Ja, Google hat ja schon umbenannt. Richtig so.
0:01:42–0:01:46
Naja, anderes Thema. Genau, da haben wir uns getroffen und wir waren jetzt auch,
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Ich war jetzt auch zum ersten Mal in diesem Aufführungsort von der Berlinale.
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Riesengroße Leinwand, großer Raum, unbequeme Sitze.
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Aber mehr vom Film. Erzählen wir das nächste Mal. Jetzt, Mitch.
Micz Flor
0:02:04–0:02:09
Jetzt darfst du. Wir haben die Folge 72. Ich hatte ja in der letzten Folge schon
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so einen numerischen Match, wo ich gedacht habe, wir leben doch in der Simulation.
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Weil die Folge 70 startete ich direkt vor dem Haus mit der Hausnummer 70 über
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systemische Psychotherapie.
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Und jetzt mache ich die 72 und wir haben uns einen Film ausgesucht,
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den wir so ein bisschen anflanschen wollen an die Roadmovie-Miniserie, die du gestartet hast.
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Und siehe da, der Film wurde 72 gedreht.
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Oder kam raus? Nee, kam raus 72.
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Der Film Rocker aus dem Jahre 1972 ist Teil der Retrospektive auf der Berlinale.
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Und die Idee war jetzt, dass wir das so machen, dass wir vorher ein bisschen
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das Hintergrund und so ein bisschen abklopfen.
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Ich muss auch gestehen, ich habe schon ein paar Trailer geguckt.
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Der komplette Film ist auch auf YouTube zu finden.
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Ein Film von Klaus Lembke und wenn man dann da in die Klaus Lembke Rabbit Hole
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Sache abtaucht, findet man eine ganze Reihe von,
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Spielfilmen in voller Länge ist glaube ich die Sucheingabe auf YouTube von Klaus
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Lembke. Unter anderem eben auch Rocker in zwei Versionen.
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Und ja, das ist ganz interessant. Ich weiß gar nicht, wie unser Rabbit Hole
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dann so läuft, weil ich allein schon bei diesem YouTube-Film runterladen und
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dann Fullscreen auf den Laptop öffnen dachte, wie so alles so ineinander wäscht.
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Also du hast halt immer so diese neuen Beschleunigungen.
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Und das eine ist halt eben das, und das vorweggenommen für den Film Rocker,
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Ein Film, der sehr, in Anführungszeichen, authentisch und roh und echt und auf
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16mm gedreht wurde mit einer Handkamera in Hamburg.
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Und das war dann eben eine Produktion vom ZDF.
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Und es war aber gleichzeitig auch interessant, den dann runterzuladen.
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Dann hast du auf YouTube irgendwie schlechte Qualität, weil es halt ein 16mm-Ding ist.
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Aber die 16mm-Ding, was sie dann für YouTube hochgeladen hatten,
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wiederum war wahrscheinlich von einer alten DVD, weil du hast dann in Fullscreen
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noch gesehen, dass dieses Bild, also diese eine Szene, wo die Motorräder so
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seitlich fahren, wo die nach Cuxhaven wollen und nicht ganz hinkommen.
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Da siehst du auf einmal, dass halt in diesen Geschwindigkeitssachen dann noch
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so die halben Zeilen auftauchen.
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Ich weiß nicht, ob du dich daran noch erinnern kannst. Das war in Nullerjahren
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auch so ein Digitalisierungsding.
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Das alte VHS-Tapes und alte Fernsehfilme noch so digitalisiert wurden,
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dass diese jede zweite Zeile abgetastet wurde und dann die anderen Zeilen dazwischen.
Florian Clauß
0:04:50–0:04:53
Ja, das Pal-Bild hat sich ja so aufgebaut.
Micz Flor
0:04:53–0:04:55
Das hat sich so aufgebaut. Das wurde der Digitalisierung beibehalten.
0:04:55–0:04:59
Und du musstest dann manchmal, wenn du Filme zum Beispiel auf eine Timeline
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vom Schnittprogramm gelegt hast, musstest du die nochmal konvertieren,
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sodass die aus diesem Halbbild in den Vollbildmodus geht.
Florian Clauß
0:05:04–0:05:09
Ja, ich kann mich an die Adapter erinnern, die ich damals gekauft habe bei Saturn Hansa.
Micz Flor
0:05:09–0:05:11
Und das war irgendwie so ein Ding, wo ich gedacht habe, krass,
0:05:11–0:05:16
dann hast du auf YouTube diesen alten 16mm, der für Fernsehen produziert war,
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der dann im Fernsehen auch lief, der dann auf DVD rauskam, den dann jemand gerippt
0:05:20–0:05:22
hat, den dann jemand hochgeladen hat.
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Und beim Fullscreen siehst du dann halt noch, dass es genau wieder so zwischen zwei Ebenen ist.
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16 Meter war dann eben halt 60er, 50er, 60er, 70er Jahre.
Florian Clauß
0:05:32–0:05:35
Also ich habe auch gehört, dass Klaus Lemke selber Filme hochgeladen hat.
Micz Flor
0:05:35–0:05:39
Es gibt, er hat einen eigenen Kanal auch, den habe ich auch in den Shownotes verlinkt.
Florian Clauß
0:05:39–0:05:45
Sehr gut. Ja, Rocker, spannendes Thema. Ja, also ich muss sagen,
0:05:45–0:05:49
du hast mich ja gefragt, ob ich so ein bisschen das Filmgeschichtlich einordnen kann.
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Und ich muss auch sagen, dass ich so ein Rabbit Hole gefallen bin,
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weil ich tatsächlich vorher das noch gar nicht so als Bewegung wahrgenommen habe.
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Und das ist ja eigentlich auch so ein fehlendes Puzzle in unserer Reihe zur
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Nouvelle Vague, die ich da auch gestartet habe, dass wir die deutsche...
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Die deutschen Vertreter so gar nicht so uns angeschaut haben.
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Und dieses Puzzleteil, das füllt das jetzt genau aus, nämlich die deutschen
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Vertreter der Nouvelle Vague.
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Wir können ja auch gleich nochmal tiefer einsteigen, um das so ein bisschen zu kontextualisieren.
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Aber ich fand es total spannend und ich fand es jetzt nochmal so richtig gut,
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dass du den Impuls gegeben hast. Ja, ich will Rocker machen.
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Vielleicht war es so ein bisschen geschildert, was läuft gerade heute Abend bei der Vetinale?
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Ich habe drei Stunden Zeit, komm, lass uns mal einen Slot raussuchen.
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Guck mal, das passt auch zu Roadmovies.
Micz Flor
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Ja, ja, genau. Also ich bin auch,
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ich war dann anfangs irgendwie so ein bisschen, ja, ich weiß auch nicht.
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Es ist so, ich glaube, den Film selbst, den hätte ich jetzt,
0:07:00–0:07:02
ich habe den so nicht verschlungen, sagen wir mal so.
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Aber man hat sich den in gewisser Weise erarbeiten müssen. Und ich habe mit
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vielen, vielen Aussagen von Klaus Lehmke, man kann unglaublich viele Interviewsachen auch finden.
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Jetzt, der ist gestorben.
Florian Clauß
0:07:16–0:07:19
81-jährig im Jahr 22.
Micz Flor
0:07:21–0:07:26
Und ist 1940 geboren, im jetzigen Polen damals.
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Und unfassbar Machoismen auch in vielen Interviews drin, aber hat viele Sachen
0:07:37–0:07:42
eben auch gesagt zum Thema Film und wie ihr Film versteht, die ich teilweise
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komplett nochmal transkribiert habe in guter Dokumentarfilmmanier.
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Also ich kann sie vorlesen, aber ich kann sie eben nicht so vorlesen.
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Aber in dem Blogpost, der ja jetzt in 48 Stunden online geht,
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möchte ich die Quellen alle mit nennen und auch verlinken, sodass man es sich
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nochmal im Original angucken kann.
Florian Clauß
0:07:58–0:08:00
48 Stunden online?
Micz Flor
0:08:00–0:08:05
48, genau. Damit sind wir schon beim ersten Erfolgsfilm. Nee,
0:08:05–0:08:06
der geht doch jetzt am Donnerstag.
Florian Clauß
0:08:06–0:08:07
Nee.
Micz Flor
0:08:08–0:08:11
Echt? Erst nächste Woche, oder? Ach, Gott sei Dank.
0:08:13–0:08:17
Gott sei Dank kann ich das noch ein bisschen schmirgeln. Ich weiß gar nicht
0:08:17–0:08:19
mehr, wie ich das in Nachtschichten noch hinkriegen soll.
Florian Clauß
0:08:19–0:08:20
Oh, wie ist das?
Micz Flor
0:08:22–0:08:26
Ich habe den schon geplant. Also, der ist auf WordPress schon eingegeben und geplant.
Florian Clauß
0:08:26–0:08:27
Oh, okay.
Micz Flor
0:08:27–0:08:33
Gut, meine Laune ist gerade von 20 auf 120 gesprungen.
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Gut, dann fange ich jetzt mal an mit dem ersten Zitat, was ich transkribiert habe.
0:08:39–0:08:43
Das ist aus einem München-TV, heißt es glaube ich, so ein Interview,
0:08:43–0:08:44
wirklich relativ auch low-budget.
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Ein Kameramann und zwei Männer reden miteinander und da wird er gefragt,
0:08:49–0:08:50
so wie er den jetzt am besten vorstellt.
0:08:50–0:08:54
Und dann sagt Klaus Lembke über sich selbst, ich kann die Stimme nicht,
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müsste man sich im Original anhören. Also mein Markenzeichen sind meine Mütze,
0:08:58–0:09:01
meine Kurzsichtigkeit. Ich sehe eigentlich nichts.
0:09:01–0:09:04
Und das Dritte ist, dass ich zweimal am Tag onaniere.
0:09:05–0:09:10
Das war so seine Vorstellung. Das ist halt so irgendwie dann auch schon gerade
0:09:10–0:09:12
im dritten Teil dieser Ansage.
0:09:14–0:09:19
Also diese kurze es ist, er war damals glaube ich Mitte 60, das war 2014 glaube
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ich als es gemacht wurde, oder 15 aber.
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Es ist so dass es mit diesem Unanier-Ding, da kommt es halt schon so hin dieses
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Machismo-mäßig und gleichzeitig,
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Sexualisierung, aber auch so ein bisschen shocking dass man jetzt so bei einem
0:09:35–0:09:41
Low-Budget-Familien-Fernseh-Nachmittags das Ding, dass man als erstes das Interview dran stellt und,
0:09:42–0:09:46
Und ein Film, den wir heute vorstellen, ist halt eben der Film Rocker.
0:09:47–0:09:48
Ganz kurz zu den Daten dazu.
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85 Minuten lang vom ZDF in Auftrag gegeben. Wurde zum ersten Mal am 2.
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Februar, also hatte jetzt gerade auch Jahrestag, 2.
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Februar 1972 im ZDF auch ausgesendet und wurde auf 16 Millimeter gedreht.
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Im Verhältnis 1 zu 1,33, also klassisches Fernsehformat.
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Was halt auch ganz toll ist, finde ich, bei dem Film, ist der Soundtrack.
0:10:25–0:10:28
Der passt so unheimlich gut da rein. So ganz viele Rolling Stones.
0:10:30–0:10:33
Das It's All Over Now, Baby Blue von Them.
0:10:35–0:10:39
Und was ich auch finden konnte, es gibt für den Film Rocker eine Webseite,
0:10:40–0:10:46
ist der Originaltext, mit dem der Film damals im Spiegel, im Fernsehprogramm
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des Spiegels beschrieben wurde.
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Den lese ich mal vor, da muss ich mal gerade nochmal reingehen.
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Also, lief um 21 Uhr am 02.02.1972. Jugendlich am Rande der Gesellschaft will
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der Münchner Jungfilmer Klaus Lembke, 31, in seinen TV-Spielen zeigen.
0:11:04–0:11:09
Nach dem Porträt einer bombenbastelnden Studentin, Brandstifter,
0:11:10–0:11:14
und der Geschichte vom tristen Ende eines Haschhändlers, Mein schönes kurzes
0:11:14–0:11:17
Leben, filmte er nun Rocker auf Hamburgs Reeperbahn.
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Die teils dokumentarischen Szenen sollen die Wechselwirkung zwischen der Brutalität
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der Rocker und ihrer Diskriminierung demonstrieren. So steht das da drin.
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Über den Film Brandstifter werden wir noch ganz kurz reden.
0:11:35–0:11:42
Das war quasi sein zweiter, ich habe die Zahlen nochmal unten genau,
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also er hatte 1967 seine erste, der war ja Regisseur,
0:11:47–0:11:54
seine erste große, seinen großen Produktionserfolg.
0:11:54–0:11:58
Und ich glaube, das war so ein bisschen in diesem, ja, Nouvelle Vague,
0:11:58–0:12:03
wie auch immer, Schatten und so ein bisschen wie Außeratem mit Belmondo.
0:12:03–0:12:05
So hieß der doch im Deutschen, oder?
Florian Clauß
0:12:05–0:12:07
Ja, Bode Soufflé.
Micz Flor
0:12:08–0:12:11
Der Film 48 Stunden bis Acapulco.
Florian Clauß
0:12:12–0:12:13
Bis Acapulco, ja.
Micz Flor
0:12:13–0:12:18
Und ich vorhin noch so 48 Stunden bis live. Das war ein Film,
0:12:18–0:12:21
der wurde auf 35 Millimeter gedreht, also eine teure Produktion.
0:12:21–0:12:25
Wenn man ein Leben des Interviews, Glauben schenken kann, war es eine Frau,
0:12:26–0:12:31
die mit ihrem Busen irgendjemanden überzeugen konnte, 400.000 D-Mark zu geben.
0:12:31–0:12:33
Und dann haben die angefangen, diesen Film zu drehen.
0:12:35–0:12:40
Und den Original-VHS-Text von diesem habe ich ja auch noch irgendwo,
0:12:40–0:12:41
falls wir ihn später nochmal brauchen.
0:12:42–0:12:43
Und Acapulco war einfach in
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der Zeit, auch den gibt es komplett auf YouTube, In der Zeit, glaube ich,
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wirklich vom Format her einfach scheinbar ein Schuss ins Schwarze, so Bullseye.
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Und hat dann 1968 den Bambi gewonnen.
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Du kennst diesen deutschen Fernsehpreis Bambi.
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Und damit war dann irgendwie auch Lemke, noch bevor er 30 war,
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eben schon, ja, gingen die Türen auf.
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Er konnte dann halt irgendwie für Fernsehproduktionen machen,
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eben Rocker später 72, aber vorher hat er in den Film Brandstifter gemacht,
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in den Film Brandstifter.
0:13:31–0:13:34
Jetzt weiß ich gar nicht, ob wir den Umweg gehen, ob wir erst mal bei Rocker bleiben.
Florian Clauß
0:13:34–0:13:40
Ich würde auch vorschlagen, wenn du willst, kann ich jetzt so ein bisschen was
0:13:40–0:13:42
filmgeschichtlich kontextualisieren.
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Also diese 48 Stunden bis Acapulco ist noch im Rahmen seiner Münchner Zeit gedreht.
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Und das war auch die sogenannte neue Münchner Schule, in der er auch quasi aktiv war.
0:13:58–0:14:03
Man muss sagen, es war ein Kollektiv. Und die neue Münchner Schule,
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das ist auch wirklich eine Entdeckung für mich, weil ich das vorher überhaupt
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noch nicht so wahrgenommen habe.
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Die neue Münchner Schule hat sich als sogenannte, ja nicht Gegenbewegung,
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aber man kann sagen, es gab das Oberhausener Manifest.
0:14:20–0:14:30
Das war eigentlich die Gründung des neuen deutschen Films oder des jungen deutschen Films, JDF so genannt.
0:14:30–0:14:37
Und der junge deutsche Film, der hat sich dann so auf diesen Oberhausener Filmfestspielen,
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Filmtagen heißt das, glaube ich, 1962, das waren die achten Filmfestspiele,
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haben die sich so gegründet mit diesem Manifest.
0:14:47–0:14:49
Und ich würde gerne mit dem Manifest jetzt einsteigen.
Micz Flor
0:14:49–0:14:50
Okay, gut.
Florian Clauß
0:14:50–0:14:51
Darf ich?
Micz Flor
0:14:51–0:14:54
Ja, ja. Make my work.
Florian Clauß
0:14:57–0:15:02
Das hat Alexander Kluge, den wir auch schon erwähnt haben, den wir auch immer
0:15:02–0:15:05
noch verehren, hat das damals als Kluge.
Micz Flor
0:15:05–0:15:07
Klaus Lemke übrigens auch, nennt ihn einen sehr klugen Mann.
Florian Clauß
0:15:09–0:15:13
Nein, der meinte ist aber ganz klar. Ja, ja, schön, klar.
0:15:13–0:15:19
Hat das vorgetragen und mit ihm waren, glaube ich, 22 Unterzeichnern dieses
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Manifestes von mir, die man die meisten nicht kennt.
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Alexander Kluge ist einer davon und ich will das jetzt gerade mal sagen,
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vorlesen, das ist der 28.02.1962.
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Ist auch wahnsinnig lange her, schon über 60 Jahre. Der Zusammenbruch des konventionellen
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deutschen Films entzieht einer von uns abgelegten Geisteshaltung endlich den
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wirtschaftlichen Boden.
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Dadurch hat der Film die Chance, lebendig zu werden.
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Deutsche Kurzfilme von jungen Autoren, Regisseurinnen und Produzenten erhielten
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in den letzten Jahren eine große Zahl von Preisen auf internationalen Festivals
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und fanden Anerkennung der internationalen Kritik.
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Diese Arbeiten und ihre Erfolge zeigen, dass die Zukunft des deutschen Films
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bei denen liegt, die bewiesen haben, dass sie eine neue Sprache des Films sprechen.
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Wie in anderen Ländern, so auch in Deutschland, der Kurzfilmschule und Experimentierfeld
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des Spielfilms geworden.
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Wir erklären unseren Anspruch, den neuen deutschen Spielfilm zu schaffen.
0:16:30–0:16:37
Dieser neue Film braucht neue Freiheit. Freiheit von den branchenüblichen Konventionen,
0:16:38–0:16:41
Freiheit von der Beeinflussung durch die kommerziellen Partner,
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Freiheit von der Bevormundung durch Interessensgruppen.
Micz Flor
0:16:44–0:16:48
Kann ich, können wir das querschneiden, weil ich habe auch ein Manifest von
0:16:48–0:16:51
Lehmke, was nämlich sich genau dagegen lehnt nochmal?
Florian Clauß
0:16:51–0:16:54
Ja, sehr gerne. Lass uns das sehen, es sind nur noch zwei Sätze.
0:16:54–0:16:58
Wir haben von der Produktion des neuen deutschen Films konkrete,
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geistige, formale und wirtschaftliche Vorstellungen.
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Wir sind gemeinsam bereit, wirtschaftliche Risiken zu tragen.
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Der alte Film ist tot, wir glauben an den neuen.
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Man muss sagen, dass die Pressekonferenz mit der Überschrift eingeleitet wurde.
0:17:17–0:17:20
Und dann kannst du, dann hat Lemke und die Neue Münchner Gruppe,
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hat nämlich ein Gegenmanifest 1965 geschrieben.
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Und das heißt nämlich, Papas Film ist tot, lang lebe Papas Film.
Micz Flor
0:17:27–0:17:28
Papas Staatskino ist tot.
Florian Clauß
0:17:28–0:17:30
War das, was ich vorlesen wollte. Ah ja, Mama.
Micz Flor
0:17:31–0:17:35
Also das ist jetzt vom Münchner Filmfest 2010, direkt von Lemke.
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Also da werden auch keine Co-AutorInnen genannt, sondern das macht er alles ganz allein.
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Und ich möchte es, glaube ich, gar nicht lange vorlesen.
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Aber was ja interessant ist, Lehmke sagt auch in Interviews,
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Film, Kino hat mit Kultur überhaupt nichts zu tun.
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Und die Forderung, die in Oberhausen ja war, war zu sagen, wir müssen unabhängig
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arbeiten können, um die Essenz tragen zu können. Also im Prinzip verbeamtet werden.
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Also man hat quasi nicht mehr die, explizit wird es da eben auch genannt,
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nicht mehr diese kommerziellen Anbindungen, sondern man ist frei,
0:18:09–0:18:11
das Reine in dem Film, in der Kunst und Kultur.
Florian Clauß
0:18:11–0:18:14
Also das muss man nochmal jetzt hier unterstreichen, das war im Prinzip die
0:18:14–0:18:16
Initierung der Filmförderung.
Micz Flor
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Genau, und das ist auch das, wo Lehmtke sagt, Kluge war ein kluger Mann.
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Weil Kluge hat wohl irgendwann gesagt, nach irgendeinem Oberhausener Filmfestival,
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dass es so war, dass die Filme keiner gucken wollte, die die gemacht haben.
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Aber die wollten weiter Filme machen und hatten sozusagen die Lobby,
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um dann diese Filmförderung ins Leben zu rufen.
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Und Lemke selbst hat gesagt, das ist ein absoluter Grind. Das sollte man überhaupt nicht machen.
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Deshalb heißt das hier jetzt auch von 2010, Papas Staatskino ist tot.
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Und der eine Absatz, der sich dann bösartig eben auf das bezieht,
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was hier dann die staatliche Filmförderung geschaffen hat in der Nachkriegszeit
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der Bundesrepublik Deutschland,
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da sagt er hier ein Auszug, 13 Jahre Staatskino unter Adolf Und die letzten
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40 Jahre staatlicher Filmförderung haben dazu geführt, dass der deutsche Film
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schon in den 70er Jahren auf Klassenfahrt in der Toskana hängen geblieben ist.
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Regisseuren Softskills kastraten und aus Produzenten Veredlungsjunkies wurden.
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Und er schließt damit ab, unsere Filme sind wie Grabsteine.
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Also das ist ja wirklich fast so eine Gegenrede zu dem, was du gerade vorgelesen hast.
Florian Clauß
0:19:33–0:19:34
Also nicht das Lebendige.
Micz Flor
0:19:34–0:19:37
Sondern das Tote. Und es ist genau diese Förderung.
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Und ich fordere, Innovation statt Subvention. Das ist so dieser Satz.
0:19:48–0:19:53
Und er schließt mit No Pain, No Spain Lemke.
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Das ist sein Abschluss. Und sicherlich ist Lemke immer auch jemand, der,
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gut auftreten kann, der gut reden kann. Da kommen wir vielleicht zur Person
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später nochmal ein bisschen. Aber ich wollte das gleich so dagegen schneiden.
Florian Clauß
0:20:06–0:20:10
Ja genau, das ist sehr gut. Weil das jetzt nochmal so.
0:20:10–0:20:14
Aber nochmal die Punkte herausgearbeitet, das haben wir ja schon gesagt,
0:20:15–0:20:23
mit dem Oberhausener Manifest hat sich dann auch die Filmförderung strukturisiert,
0:20:23–0:20:25
nämlich mit der Filmförderungsanstalt FFA,
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das war die 1968 gegründet, das ist die erste zentrale bundesweite Filmförderung.
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Und dann gibt es das Kuratorium Junger Deutscher Film, was ich dann 1965 gegründet habe.
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Und das war auch in dem Manifest, wir haben es eben gehört, nämlich,
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dass die jungen Autoren, also die haben noch nie einen langen Film gedreht.
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Es war ja wirklich so, dass zu dem Zeitpunkt der deutsche Film einfach tot war.
0:20:52–0:20:55
Der deutsche Film, man musste überlegen, das war zwölf Jahre,
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13 Jahre nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland.
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Also das heißt, der Krieg war noch in den Knochen. Und.
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Die Filme in Deutschland, das waren alles so Edgar-Wolles-Filme.
0:21:10–0:21:13
Das war halt Heimatfilme Edgar-Wolles. Das war halt so langweiliger Film.
0:21:13–0:21:15
Und er war wirtschaftlich bankrott.
0:21:15–0:21:20
Denen ging es halt wirklich nicht gut. Der Film war halt tot,
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der Film zu dem Zeitpunkt.
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Und tatsächlich hat sich diese Riege von jungen Filmautoren,
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man muss ja auch sagen, nicht innen, weil das wirklich nur männliche Unterzeichner
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waren, hat sich dann neu gegründet.
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Und die haben dann halt wirklich so diesen Zepter dann für sich beansprucht
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und haben gesagt, wir sind und haben auch wirtschaftlichen Erfolg versprochen.
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Das heißt, die Wirtschaftlichkeit dieser Filme. Und es war auch nicht schlecht.
0:21:44–0:21:48
Also die Filme sind halt auch gut gelaufen, also teilweise gut gelaufen.
0:21:48–0:21:52
Und dann kam halt Kluge mit Abschied von gestern. Das war ein Film.
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Das kam dann Schlöndorf, der Zögling Törlis ist auch von Schlöndorf oder von Werner Herzog.
0:22:01–0:22:08
Also auf jeden Fall haben sich in dieser ganzen Welle von neuer deutscher Film
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oder junger deutscher Film, haben sich jetzt diese ganzen großen Namen auch
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wiedergefunden, wie Schlöndorf, Fassbinder.
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Werner Herzog, Alexander Kluge.
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Dann haben wir natürlich auch Wim Wenders. Das sind alles so erste und zweite
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Generation von jungen deutschen Filmen. Das Problem war nur,
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dass irgendwann in den 70ern, hast du ja auch schon gesagt, es hat sich so totgelaufen.
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Das ist dann für diese Erstarrung, dass wirklich dieser intellektuelle Anspruch,
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der dahinter stand, auch einen Bildungsauftrag zu haben.
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Das war ja alles diese Haltung, die der Film ausgesprochen hat.
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Und das hat halt auch zu einer gewissen Erstaunung geführt und eben auch,
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und das wirkte jetzt bis tatsächlich in die 90er und 2000er rein,
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wo sich alle dann die Hände über den Kopf zusammengeschlagen haben.
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Und der deutsche Film, das ist immer so langweilig, so intellektuell und man
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hat so lange Einstellungen und so weiter, dass das halt keiner tragen konnte.
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Aber gleichzeitig war dieser Impuls in den 60ern, war natürlich aus Frankreich,
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von der Nouvelle Vague, die großen Vorbildern, das war sowohl von der Münchner Gruppe wie auch von.
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Den Oberhausener, dass die eben ganz klar Godard und so weiter,
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der Straßendiener, der Autorenfilm.
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Der Autorenfilm war ganz wichtig, ja.
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Und in diesem Umfeld, da muss man auch wieder, das finde ich total abgefahren,
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in diesem Umfeld hat sich dann halt diese neue Münchner Gruppe gebildet und
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ein bisschen so als Antwort, ja, und wir haben es ja auch schon gerade angerissen.
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Ein bisschen so als Antwort auf diese intellektuelle Haltung,
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ja, auf diesen Bild und so.
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Die wollten eher, und das waren alles Leute, die hier in Schwabing gewohnt haben,
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München-Schwabing. Das war eine Schwabinger Gruppe.
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Und da waren halt auch sowohl als auch da drin.
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Wenigstens recht, Andreas Spada war zum Beispiel auch in dieser Schwabinger
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Kneipe. Und die hingen halt zusammen.
Micz Flor
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Also das ist interessant, da greife ich gerade mal rüber, weil in dieser Kneipe,
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es gab wohl eine Kneipe, die ist Bungalow. In einem Interview,
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was auch auf YouTube, was wir verlinkt haben, hat Lemke, wird gefragt,
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warum er denn jetzt gerade hier machen will.
0:24:20–0:24:23
Und dann sagt er, naja, Tiefgarage. Aber übrigens, als ich anfing,
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mich für Filme zu interessieren, stand genau hier, das war hier quasi so ein
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Bombenloch oder sowas, da stand hier so eine Kneipe Bungalow, da war das Bier billig.
0:24:31–0:24:36
Auf der anderen Straßenseite war der türkisch-deutsch oder so hieß das.
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Das war wohl so ein kleines Programmkino und er lebt in der Kommune und Andreas
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Bader war eben auch in dieser Kommune mit drin.
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Und ich habe dazu jetzt sogar ein paar Lembke Zitate.
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Muss ich mal ganz kurz gucken.
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Aber das, ganz kurz nochmal Sprung zu dir mit Schlöndorf, weil die Hauptperson
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in Brandstifter von Lemke von 1969, was eine Auftragsarbeit vom ZDF auch wieder war.
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Und was wohl von der Struktur dann wiederum, ist auch online,
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mich teilweise an das von Zabrinski Point, was du erzählt hast am Anfang,
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so diese dokumentarisch gefilmte Studentendiskussion.
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Da gibt es auch so eine Szene, wo im Auditorium mit einem Juristen als Professor
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und die Studierenden dann halt mit
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dem irgendwie diskutieren über Versammlungsrecht und über solche Sachen.
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Also das ist irgendwie so beides. Es ist halt ein Spielfilm.
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Und die Brandstifterin, das geht um den Kaufhausbrand, bei dem Bader wohl auch
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mitgezündelt hat, wenn ich es richtig verstehe, in Frankfurt.
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Da spielt die Brandstifterin, spielt die Margarete von Trotter,
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die wiederum dann mit Schlöndorff, glaube ich, bis 1991, verheiratet war auch.
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Und 1975 haben die beiden zusammen die verlorene Ehre der Katharina Blum gemacht
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und dann später hat von Trotter alleine noch die bleiernde Zeit,
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1981 rausgebracht und damit auch in Venedig die Goldene Palme.
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Wisstest du das in Venedig?
Florian Clauß
0:26:11–0:26:14
Venedig, die goldene Palme ist doch Cannes, oder?
Micz Flor
0:26:15–0:26:17
Den goldenen Löwen, entschuldige, den goldenen Löwig von Venedig.
0:26:18–0:26:21
Also man merkt, ich bin da ein bisschen der Pfeffer in dieser Filmwelt.
0:26:21–0:26:25
Also das ist dann aber schon auch eben diese Verschränkung, die du irgendwie gemeint hast.
Florian Clauß
0:26:26–0:26:31
Genau, also die Margarete von Trotter war tatsächlich eine der wenigen Frauen,
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die dann in dieser Bewegung so mit Ulrike Ottinger und Und die hat auch einige Förderungen bekommen.
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Die meisten Förderungen hat, glaube ich, Fassbinder tatsächlich bekommen.
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Der hat auch seine produktivste Zeit. Ich meine, der hat über 40 Spielfilme gedreht.
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Ja, verrückt, also Wahnsinn. Er ist mit 37 Jahren gestorben,
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also jung gestorben und hat eine unglaublich produktive Zeit gehabt.
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Und dann Wim Wenders, war auch häufig gefördert.
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Dann Wolfgang Petersen kann man ja auch in dieser Szene mit anregen.
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Es war im Prinzip alles eine Szene und ganz viele kamen eben aus München.
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Und das war die Hochzeit, so Mitte der 60er, war eben diese Schwabing.
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Und da hat sich eben, wie gesagt, ein Kollektiv von Leuten gegründet, um Lemke herum.
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Also im Prinzip waren das Rudolf Thome, dann Klaus Lemke, Maxi Mann,
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Roger Fritz und Mai Spiels und Werner Enke.
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Das ist so der Kern der Münchner Gruppe.
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Und deswegen neue Münchner Gruppe, weil die sich so ein bisschen abgehoben haben
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von, wie gesagt, von der anderen Münchner Gruppe, die dann Autorenfilme und
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so weiter initiiert haben.
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Und man muss sagen, und ich glaube, das ist immer so eine wichtige Sache, wie die sich abgrenzen.
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Und es wurde dann später in diesen ganzen Filmkritiken, wurde dann halt so ein
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bisschen gesagt, die neue Münchner Gruppe ist halt so nicht reaktionär,
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aber ist dann halt nicht politisch.
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Und die haben aber nicht eine andere Politik.
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Also sie waren schon links, aber sie waren vielleicht jetzt nicht so intellektuell
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links, sondern das könnte man vielleicht vergleichen heutzutage.
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Ich weiß nicht, ob du die hedonistische Internationale, kennst du das?
0:28:22–0:28:29
Das ist auch so eine Aktivistenbewegung, was so ein bisschen absurde Aktionen
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macht, aber eigentlich auch immer links eingestellt ist und das ist die Hedonistische Internationale.
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Und dann könnte die auch eher so begreifen.
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Und was die im Prinzip gemacht haben, die haben viel von dem, also.
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Vielleicht in Abgrenzung nochmal zu den anderen Autorenfilmern,
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die eben versucht haben, dann Geschichten auch zur Bildung und durch die Filme eben zu wirken.
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Während das Kollektiv um die Münchner Gruppe eher Film als Möglichkeit,
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als Spaß und auch viel mit Genre-Kino gearbeitet haben.
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Und dann war das Genre-Kino damals einfach auch tot in Deutschland.
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Genre-Kino gab es einfach nicht. Das wurde dann aber von der Münchner Gruppe
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im Prinzip auch mit als Themen.
Micz Flor
0:29:23–0:29:24
Jetzt die neue Münchner Gruppe?
Florian Clauß
0:29:24–0:29:30
Ja, die neue Münchner Gruppe. Das eine ist die Oberhausener Manifest.
0:29:31–0:29:36
Und die alte Münchner Gruppe, das kann man so abgrenzen. Aber die haben quasi
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Genre-Kinos, also Science-Fiction,
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irgendwelche Actionfilme oder Thriller oder sowas, haben die aber mit diesem
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Bruch der Nouvelle Vague erzählt.
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Das waren genau diese Stilmittel, die sie auch von der Nouvelle Vague adaptiert haben.
0:29:52–0:29:56
Das heißt, Leintheater auf die Straße raus und draußen gefilmt,
0:29:56–0:30:00
ohne Drehbuch gefilmt und viel mit Bewegung.
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Das war auch ein Kurzfilm von Klaus Lemke ist Duell,
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wo es dann halt darum geht, dass ein Ehepaar zum Chef von einem Mann zu einer
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Party fahren will und die Frau haut einfach ab mit dem Auto.
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Und die rast dann halt so und die spielen halt so High-and-Seek.
0:30:21–0:30:28
Also die rennen dann irgendwo rum und ich habe da nochmal einen Podcast zu gehört
0:30:28–0:30:35
und da hat der Gast in einem Filmpodcast,
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Marco Abel heißt der, Der hat nämlich ein Buch rausgebracht,
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von nicht allzu langer Zeit.
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Mit Nonchalance am Abgrund über die Münchner Gruppe.
0:30:47–0:30:52
Und hat dann so auch da eigentlich so dieses filmgeschichtliche Loch gefüllt,
0:30:52–0:30:55
was dann halt auch niemand irgendwie vorher berichtet hat.
0:30:55–0:31:00
Das hat er also wirklich hörenswert und lesenswert, kann ich nicht sagen,
0:31:00–0:31:02
aber viel hat er daraus referiert. Bitte?
Micz Flor
0:31:03–0:31:04
In welchem Podcast war das?
Florian Clauß
0:31:04–0:31:05
Der heißt Katz.
Micz Flor
0:31:06–0:31:06
Ah ja, okay.
Florian Clauß
0:31:06–0:31:11
Und Marco Abel, und das ist von nicht allzu langer Zeit. Der ist auch gerade im Zeughaus wieder.
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Der war 22 im Zeughaus. Jetzt ist der jetzt auch aktuell mit fünf Kurzfilmen.
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Im Zeughaus von der Münchner Gruppe. Und der hat das dann auch noch mal so berichtet,
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dass eben dieses Genre-Kinesisch dann auch darüber aufgebaut hat.
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Und das war im Prinzip eine lose Gruppe, die halt Kurzfilme gemacht hat.
0:31:33–0:31:34
Und jeder durfte mal Regie führen.
0:31:34–0:31:37
Und jeder hat mal irgendwie eine andere Rolle gespielt. Und die haben so rotiert.
0:31:37–0:31:41
Und er meinte, das ist im Prinzip nicht auseinandergebrochen,
0:31:41–0:31:44
aber hat sich dann irgendwie verflüchtigt, eigentlich mit den ersten Langfilmen,
0:31:45–0:31:48
weil die dann nicht mehr zusammen abgehangen haben, weil die nämlich eine andere
0:31:48–0:31:52
Logistik hatten. Und dann war es halt mit einem Langfilm beschäftigt irgendwo.
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Du konntest nicht mit den Kneipe zum Flippern gehen, sondern bist halt irgendwie
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so mit dem Zeug dann auf der Straße rumgelaufen.
0:32:00–0:32:02
Und das war so ein bisschen, das war halt genau dieser Schnittpunkt.
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Das war nämlich 58 Stunden bis nach Acapulco, wo er meinte, da hätte sich das
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so ein bisschen quasi auseinandergezogen.
Micz Flor
0:32:13–0:32:17
Ja, schon, weil das war ja bei Lemke eigentlich ziemlich der Anfang der Karriere,
0:32:17–0:32:21
Die wirklich erfolgreichen Jahre, in Anführungszeichen erfolgreichen Jahre,
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wie er dann später sagt, die kommen ja noch.
Florian Clauß
0:32:24–0:32:28
Ja, aber man muss sagen, Entschuldigung, dass ich dich jetzt nochmal unterbreche. Nein, du bist der Chef.
0:32:29–0:32:34
Aber ich finde das so faszinierend, weil nämlich Mai Spiels und Werner Emke
0:32:34–0:32:38
haben im Prinzip die erfolgreichsten deutschen Filme gemacht.
0:32:38–0:32:42
Also die waren unglaublich erfolgreich, nämlich zur Sache Schätzchen.
Micz Flor
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Ja, nein, das war 68 zur Sache Schätzchen, genau.
Florian Clauß
0:32:45–0:32:48
Und dann mit Uschi Glas, Uschi Glas dann so wieder entdeckt.
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Und das, was auch zu Rocker gesagt wird, ist aber auch in diesem Film Werner
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Enke, Werner Enke, der im Prinzip da auch so einen Sprachgebrauch geprägt hat.
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Nämlich, das war so, dass der so Wortschöpfung gemacht hat, die heute noch, also in dem Film quasi.
Micz Flor
0:33:07–0:33:10
Ja, Enke hat die ja nicht gemacht, das haben ja die Rocker gemacht.
Florian Clauß
0:33:10–0:33:12
Nee, nee, nee, Enke ist Feuer, das ist zur Sache, Schätzchen.
Micz Flor
0:33:12–0:33:14
Ach so, okay. Also dieses Türlich.
Florian Clauß
0:33:15–0:33:20
Genau, Türlich-Dumpfbacke. Das waren so Wortschöpfungen, die dann zur Sache schätzen.
0:33:21–0:33:26
Und wie heißt der andere Film mit der Uschi Obermeier, die auch Die Rote Sonne, genau.
0:33:26–0:33:29
Das war ein Kurzfilm.
Micz Flor
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Du meinst jetzt von Maispiels?
Florian Clauß
0:33:33–0:33:34
Von Maispiel, genau.
Micz Flor
0:33:34–0:33:36
Der zweite Teil war Nicht-Fummeln-Liebchen.
Florian Clauß
0:33:36–0:33:39
Genau, Nicht-Fummeln. Fummeln war auch so ein Wort, was die da so erfunden haben.
Micz Flor
0:33:39–0:33:40
Fummelt haben.
Florian Clauß
0:33:40–0:33:45
Und die sind zum Beispiel, die haben da noch in den 70ern zwei Filme gemacht, das war ein Pärchen,
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ja und dann haben die komplett aufgehört zu filmen und ganz viele aus dieser
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Gruppe, was heißt ganz viele, es war ja nur eine Zahnvoll, die haben auch völlig
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andere Sachen gemacht und Lemke war derjenige, der dann eigentlich so noch, wie du sagst,
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weiter unterwegs war, aber totaler Punk, totaler Underground,
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immer irgendwie keine Förderung, ja, der hat dann halt mit minimalsten Mitteln seine Filme gemacht.
Micz Flor
0:34:08–0:34:11
Ja, später, ich meine, der ist ja richtig reich geworden, in ein paar Filmen,
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die dann auch, ich hab so ein bisschen dann, also der hat halt eben,
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bei Rocker ist es so, das war fürs Fernsehen gemacht, das war gar nicht zuerst im Kino.
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Und dann später hat er eben auch Kinofilme gemacht, so, der komische Heilige
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war, glaube ich, der erste Kinofilm und dann ähm,
0:34:27–0:34:31
da komme ich noch gleich drauf ich muss jetzt ein bisschen zurückrudern ja mach
0:34:31–0:34:38
das mal in der Narrativ da wird man gleich einsam wenn du sowas sagst also nochmal
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ganz kurz zu Bader es war schon interessant dass.
0:34:44–0:34:50
Lemke den Auftrag vom ZDF bekommen hat für den Film oder das Angebot den Film
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Brandstifter wie er dann hieß zu machen mit Trotter die dann später mit Schlöndorf
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und so weiter habe ich vorhin gesagt,
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und dass es darum ging, um diesen Kaufhaus, Brandstiftung in Frankfurt,
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und ihr dann später hier nochmal sagt, so über Bader, ich habe jetzt zwei Zitate,
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also zwei YouTubes, nee, einen Podcast, glaube ich, und einen YouTube-Ding miteinander
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verschnitten, so das ist ein bisschen, also zuerst im YouTube-Video,
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auch das wird dann wieder verlinkt.
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Bader war auch hier oben immer im Bungalow, was ich vorhin meinte.
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Also das war diese Billo Kneipe drin.
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Ich wollte unbedingt zum Film. Jetzt springe ich in den BA2 Podcast.
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Bader mochten wir gerne. In diesem kleinen Türkendeutsch, das war das Kino,
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in dem wir unsere ganze Filmgeschichte gelernt haben, saß Bader hinten.
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Und Bader hat sogar gelernt, Filme einzulegen und fortzuführen.
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Er hat sich manchmal nachts bestimmte Filme allein angeschaut. Welche?
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Ein bisschen verdeckt halten.
Florian Clauß
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Was er da guckt hat. Irgendwas mit Bomben bauen.
Micz Flor
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Er war ein wirklicher Filmfanatiker. Jetzt zurück wieder in dieses andere Interview.
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Da sagt Lemke, Aber Bader hatte so einen merkwürdigen Münchner badischen Akzent.
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Und den haben wir nicht genommen eigentlich damals, als wir diese ersten Filme gedreht haben.
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Und so ist Bader eigentlich notgedrungen, da er nicht zum Film kam,
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Terrorist geworden, um wirklich irgendwas zu machen im Leben.
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Und ich habe mit dem zusammen gewohnt im selben Haus.
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Und die haben die ganze Zeit über Mädchen geredet, die sie nicht hatten,
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haben Karl Marx gelesen, den sie nicht verstanden.
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Und wir haben immer lustig Filmchen gemacht. und einen habe ich auch über die
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gemacht, der heißt Brandstifter und das war eben diese Zeit der Fall.
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Und das ist schon irgendwie so ein bisschen absurd, wo man dann wirklich merkt,
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dass aus dieser Kommune zusammenleben, da in München, Schwabing.
Florian Clauß
0:36:40–0:36:44
Ja und dann kommt noch halt irgendwie, dann kommt ja auch noch dann eben Uschi
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Obermeier und hier Kommune 1, ist ja auch noch mit drin.
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Also du hast ja so eine Verdichtung von deutscher Geschichte da drin,
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ja, wo dann halt so diese Personen, die maßgeblich die deutsche Geschichte geprägt
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haben, dann auf einmal alle irgendwie zusammengewohnt haben.
Micz Flor
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Es gibt auch einen kurzen Clip aus einem längeren Film von Lemke,
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den verlinken wir auch in den Shownotes, wo die Krautrock-Legenden-Band CAN,
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also C-A-N-C-A-N, spielt in dem Film mit.
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Und du merkst halt gleich, dass nicht alle Musiker zum Schauspiel taugen.
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Die wirken etwas mehlig.
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Und die Szene, in der die da spielen, ist halt so eine Kneipenszene,
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wo dann die Band Ken als Band in dem Film einen Promoter oder sowas verprügelt,
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weil der ihnen die Gage nicht rausgibt.
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Und das ist dann irgendwie wieder so ein Ding, wo du denkst, wow, Jahrzehnte später,
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Ist halt Cannes einfach so auf einem Podest, also so wie Kraftwerk,
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einfach so nicht mehr umzustürzen.
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Und in diesen ganz frühen Jahren hat Lemke mit denen schon so gedreht.
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Abschließend hat er zu Bader noch gesagt, das ist dann ein paar Minuten später,
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da kommt er nochmal drauf zurück und sagt dann so, ich habe mich damals schon
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eigentlich mehr für die Opfer interessiert. Oder ich hatte damals eigentlich
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mehr Gefühle für die Opfer als für die Täter.
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Denn die Täter hatten wirklich kein Gefühl für ihre Opfer. Das hat mich wirklich schockiert.
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Also das war so der Abschluss nochmal. Mit der Haltung hat er dann eben diesen
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Film Brandstifter gemacht.
Florian Clauß
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Ja, man muss vielleicht auch, weil du so eingestiegen bist, um die Figur Lemke
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zu zeichnen, das ist ja so masochistisch und zweimal am Tag oranieren und so weiter.
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Man muss aber auch sagen, dass die Münchner Gruppe auch so bestimmte Kurzfilme,
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also Mai Spiels war ja eben auch da als Frau vertreten,
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dass dieses Frauenbild, was die so gezeichnet haben,
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doch so das bezeichnet Marco Abel so,
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dass das im Prinzip so ein proto-feministisches Frauenbild, Frauenbild,
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also noch bevor die zweite Welle des Feminismus dann 1968 richtig losging,
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hatten die schon so positiv besetzte Frauenrollen in diesem Film.
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Und, das will ich nochmal von Lemke zitieren, nämlich, Lemke hat gesagt,
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Frauen sind die besseren Männer.
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Also der hat schon sehr viel Witz, der Typ. Der hat halt auch sehr, sehr schnodderig.
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Also man merkt das auch bei dem Rocker. Also hat so eine unverblümte Art,
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die halt aber auch sehr direkt und ja, also so, wie soll man das sagen?
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So wie bei, also ich glaube, das, was die auch so von der Nouvelle Vague-Sicht
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dann halt auch so positiv abgeguckt haben.
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Dieses einfach draußen auf der Straße und einfach dieses Konsequenzlose teilweise.
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Ja, dieses mir gehört die Welt und ich gestalte einfach, ohne da jetzt so großartig
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irgendwie einen intellektuellen Augusta rauszuziehen.
Micz Flor
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Ja, einfach machen, hat er dann auch so gesagt. Also Drehgenehmigung, sowas dann alles.
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Egal, er wird ja auch ein bisschen verheldet, als heldenhaft so dargestellt.
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Jeder kriegt 50 Euro am Tag, er selber auch. Der Kameramann,
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alle Schauspieler, das muss es halt sein. Er verdient sein Geld wohl,
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oder hat, er ist ja gestorben.
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Aber er hat sein Geld dann letztendlich über Werbeproduktionen finanziert,
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alles, und hat seine Filme komplett selber gedreht.
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Hat von sich gesagt, dass er jeden zweiten Film meistens schon während dem Dreh
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dann irgendwie hat fallen lassen, weil er gemerkt hat, das funktioniert nicht.
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Hat dann mittendrin abgebrochen, hat die Leute eben gecastet,
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teilweise dann wirklich wohl gecastet.
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In dem Café Capri, was wohl so ein langweiliges Schwabinger Italo-Kaffee war,
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was er dann so ein bisschen übernommen hat, indem er sich da nicht mehr von
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der Theke wegbewegt hat.
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Jetzt fange ich selber schon an, so ein bisschen zu heroisieren.
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Aber was dann wirklich zum Schluss, das ist ein Bayern 2 Podcast Episode zum Tod von Lehmke,
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auch nochmal mit vielen Originaltönen von SchauspielerInnen aus dem Film auch
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nochmal dargestellt, Und dieses Capri war halt quasi das Casting-Büro,
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da wurden die Leute gecastet, das war dann alles voll.
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Die Leute kamen nach München, um mit dem Café Capri zu hängen und danach sind
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sie dann in die Klappe gegangen.
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Das war auf der anderen Straßenseite eben der Club, in dem Punk gespielt wird
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und da ging dann die Nacht weiter.
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Ich wollte jetzt zu Brandstifter noch eine Sache sagen. Ich habe ja vorhin das
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schon ein bisschen angekündigt, dass das ist auf alle Fälle in der Haltung,
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auch in dem, wie er auch über Frauen redet,
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wirklich manchmal so ein bisschen ein Thema, was eigentlich auch in der Zeit
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schon verhandelt wurde.
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Wer darf sprechen, wer darf Aufnahme drücken, wer filmt wen,
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wer kann sich eine Kamera leisten, auch so ein bisschen drin vorkommt.
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Und er hat da gesagt, das war beim Film Brandstifter,
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weil von Trotter war die eine Schauspielerin und die andere Schauspielerin, die da drin war,
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war Iris Berben und die war auch seine oder eine der Freunde seiner Freundinnen damals.
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Das sagt er auch öfters, hat man das nicht so monogam gehalten.
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Aber er spricht über seine Freundin Iris Berben wie folgt.
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Damals war ich mit einer kleinen Schlampe aus Hamburg zusammen, die hieß Iris Berben.
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Und ich dachte mir, die ist wirklich so arrogant und auch so blöd und so bescheuert eigentlich.
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Und die habe ich eigentlich auch so gehasst und war auch wirklich verliebt in
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die, dass ich dachte, ich muss unbedingt einen Film über sie machen.
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Und das war einer der ersten Filme, die ich gemacht habe.
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Also das ist die Iris Berben, die wir jetzt auch kennen, die auch jetzt,
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während wir hier aufnehmen, noch auf irgendwelchen Postern zu sehen ist.
Florian Clauß
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Ja, das ist verrückt. Ja, ja, die Iris Berben. Die hat auch einen schönen Nachruf an Lemke.
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Geschrieben oder gesagt.
Micz Flor
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Und das ist halt so ich habe noch ein zweites zitat
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das kann jetzt kurz daran hängen das ging dann später um
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ein also weil er dann einfach solche talente gefunden hat alle sprechen eben
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immer über wolfgang firek und cleo kretschmer die er entdeckt hat und die beiden
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die sich privat gar nicht verstanden cleo kretschmer war dann auch mit ihm zusammen
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die waren aber wohl vor der Kamera,
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wie Wolfgang Fierek das in dem BR2-Podcast sagte,
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wir waren vor der Kamera wie ein kongeniales Duo, sagte er, glaube ich.
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Vielleicht so wie Paul McCartney und John Lennon.
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Man greift wirklich ganz oben ins Regal.
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Er hat immer wieder Leute gecastet im Capri, aber auch später.
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Er hat dann irgendwann München verlassen, in Berlin gedreht und nicht wirklich gelebt.
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Also er hat so eine Einzimmerwohnung in München gehabt bis zu seinem Lebensende.
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Aber hat dann für den Film Finale 2006 die Schauspielerin, die aber auch inzwischen
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Produzentin ist, Sarah-Lisa Wollm entdeckt.
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Und da wird dann auch in einem Interview auf YouTube gefragt,
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wie er die entdeckt hat und erklärt, wie er das Casting direkt gemacht hat.
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Ich habe zuerst ihren wirklich großen und fabelhaften Busen gesehen.
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Und in so einem Fall bin ich sowieso von vornherein begeistert. Wie bei Dolly Dollar.
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Die hatte einen noch größeren Busen. Und das war ein bayerisches Kind.
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Und diesmal war es ein norddeutsches, diese Sarah-Lisa, die Verkäuferin bei H&M war.
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Ich habe ziemlich lange auf ihren Busen geschaut. Und wenn die Mädchen dann
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nicht nervös werden, taugen sie meistens auch was fürs Kino.
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Und das ist, finde ich, schon auch nochmal wichtig, das dann auch nochmal so
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nachzuzitieren. weil, ähm, ja, das ist, man entschuldigt das,
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wenn er so heldenhaft und toll und das Indie-Pen-Kin, aber da ist schon auch viel Dings.
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Und Cleo Kretschmer, die, wie sie von der Kollegin mal genannt wird,
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Landpomeranzer, also liebevoll gemeint, die selbst war dann auch mit ihm zusammen, ähm, und, ähm.
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Und Lembke, ich komme dann gleich zurück aus diesen Zitaten,
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aber ich möchte sie einfach mal loswerden, weil ich sie irgendwie abgetippt habe.
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Über Cleo Kretschmer schreibt Klaus Lembke, das ist jetzt die Zeit eigentlich,
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bevor seine Kinofilme, so Komödien, durchgehen.
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Und der erste Film war Idole.
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Da komme ich jetzt gleich drauf. Auf jeden Fall, er sagt über Cleo Kretschmer,
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und dann lief noch so ein Mädchen rum, ganz süß, ganz klein,
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mit dem hübschesten Po der damaligen Zeit.
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Ein sehr aggressives Mädchen mit sehr viel Alkohol und auch allen anderen Dingen.
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Das passte mir sehr gut und mit ihr war ich dann auch sofort zusammen.
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Das war Cleo Kretschmer und dann habe ich mit ihr Filme gedreht.
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So hat er sie eingeführt und sie sagt dann über die Zeit, ich durfte nie mit
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ans Set. und ich war in der ganzen Zeit eigentlich ziemlich einsam,
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habe zu Hause gehockt und war eifersüchtig.
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Dann habe ich ihn so lange genervt, bis er gesagt hat, okay,
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wenn du ein Drehbuch schreibst, mache ich einen Film mit dir.
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Und er hat wie beim Pferdehandel eingeschlagen.
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Das war das Zitat von Cleo Kretschmer. Und das Drehbuch, das er dann geschrieben
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hat, war der Film Idole, der in die Kinos kam.
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Cleo Kretschner selbst wiederum war als Schauspielerin als erstes 1973 im Schulmädchen-Report
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fünfter Teil, was Eltern wirklich wissen sollten.
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Das ist ihre erste Filmrolle gewesen.
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1976 dann kam Idole. In einem bayerischen Dorf, wo sie zu Hause ist,
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arbeitet Annel als Kellnerin.
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Sie verehrt Sepp, den Kapitän der einheimischen Fußballmannschaft.
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Aber es will nicht so richtig sich was anbahnen.
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Danach kommt Amore. Der ist ganz lieb.
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Das ist ein Münchner, wieder eine Komödie, alles auch in Mundart gedreht.
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Das sagt Kretschmer dann irgendwann auch, dass die die Mundart sonst deutsche
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Fernsehen gehievt haben.
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Fürs TV gab es dann Amore.
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Und dann kamen die großen Filme 1979.
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Also er hatte dann eben diesen, ein komischer Heiliger, auch mit dem Firek und Kretschmer.
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Wo Firek, ein Pfarrer oder Priester, der nach München kommt,
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um die Sünden auszutreiben, spielt.
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Eine Komödie. die habe ich online nicht
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gefunden jetzt auf youtube aber dann gibt es noch die
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arabischen nächte kinofilm von 1979 und
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in den deutschen top 100 damals hat er es bis auf rang 34 geschafft mit 800.000
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besuchern und 1979 gab es dann auch ach so da ein komischer heiliger doch da
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war der auch 1979 auf platz 50 mit 400.000.
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Und das waren also dann eben auch Filme, Spielfilme, Kinofilme,
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also nicht Fernsehproduktion.
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Und die waren dann, nehme ich mal an, eben ohne Fördergelder,
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zumindest konnte ich dazu nichts finden und einfach rein kommerziell produziert.
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Ich habe auch ganz kurz noch was Witziges vorbereitet, weil wir sprechen ja
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über die Vergangenheit und wir müssen sie kontextualisieren,
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um zu merken, was ist denn ein Film 1971?
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Haben die Rocker gedreht 1972, kam er dann ins Fernsehen.
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1971, die Top 10 Filme in Deutschland. Platz 1, Aristocats.
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Platz 2, die rechte und die linke Hand des Teufels. Also Bud Spencer und Terrence
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Hill. Platz 3, Asterix der Gallier.
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James Bond, Diamantenfieber auf Platz 4. Love Story auf Platz 5.
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Und dann, interessanterweise, die Plätze 6 bis 10 sind alles deutsche Filme.
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Und auf Platz 6 ist der neue Schulmädchenreport. Der zweite Teil,
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was Eltern den Schlaf raubt.
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Platz 7. Und Jimmy geht zum Regenbogen. Platz 8.
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Hausfrauenreport. Platz 9. Blutjunge Verführerin, was Eltern wissen müssen. Und Platz 10.
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Der Kapitän mit Heinz Rühmann.
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Das sind so die Top-10-Filme. Also man kennt die Sachen da noch.
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Da gab es dann schon James Bond. Das ist quasi nicht irgendwie düsteste Vergangenheit,
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sondern man kann sich da irgendwie so andocken.
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Und 1972 gab es nur zwei Filme aus Deutschland, da war auf Platz 1 Bud Spencer
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und Terence Hill, Platz 2 dann 1972 war. Kannst du das erraten?
Florian Clauß
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1972,
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Eine amerikanische Produktion?
Micz Flor
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Ja, von Coppola, der Pate.
Florian Clauß
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Der Pate, genau.
Micz Flor
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Und dann ist was da, Clockwork Orange, Lucky Luke und Frenzy von Alfred Hitchcock.
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Also es war schon so eine Zeit, wo jetzt Kino nicht in den Kinderschuhen war.
Florian Clauß
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Nein, aber absolut nicht. Und dann siehst du ja auch, dass das New Hollywood
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da auch schon die Krallen ausgefahren hat und der Pate.
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Das kann man ja auch in diesem New Hollywood. Hatten wir ja bei Saprisky Point
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ein bisschen darüber berichtet.
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Wir sind hier vielleicht noch mal ganz kurz zur Strecke. Wir sind jetzt auch
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wieder klassisch unterwegs mit vielen Nebengeräuschen und Schnaufgeräuschen.
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Es ist wirklich kalt heute, richtig kalt.
Micz Flor
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Es ist so kalt, dass meine Batterie schon auf 35 Prozent ist zum Aufzeichnen.
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Ich hoffe, dass wir da nicht hängen bleiben. Mal gucken. Wenn ich mir so eine kurze Pause mache.
Florian Clauß
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Wir müssen dann eh eine Pause machen zu dem Film. Aber hier das Engelbecken ist zugefroren.
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Und da sind Leute gerade mit Schlittschuhen unterwegs. Ich weiß nicht,
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ob du die wahrgenommen hast.
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Und das Ganze, wo wir langgelaufen sind, könnt ihr dann auch auf eigentlich-podcast.de sehen.
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Und alles, was Mütz gerade vorgelesen
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hat, hat er sich jetzt auch die Mühe gemacht, das zu transkribieren.
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Deswegen könnt ihr das da auch nochmal in einem Blogbeitrag lesen. Ich möchte zitieren.
Micz Flor
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Ich versuche es akademisch wie möglich.
Florian Clauß
0:50:56–0:51:00
So akademisch, genau. Seite 22 und FF.
Micz Flor
0:51:03–0:51:04
Im Podcast, genau.
Florian Clauß
0:51:06–0:51:09
Genau, aber jetzt haben wir, glaube ich, so ein ganz gutes, ich sage mal,
0:51:09–0:51:13
so einen Kontext geschaffen zu Klaus Lemke.
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Und auch so eine gewisse Persönlichkeitszeichnung.
0:51:17–0:51:23
Sowohl als auch, aber vom Typ her, wenn man findet einiges auf YouTube.
0:51:24–0:51:28
Und er hat schon so was Herzliches, aber ist auch sehr direkt.
0:51:28–0:51:32
Na, also da kann man sich mal so ein Bild von ihm machen.
0:51:32–0:51:35
Er hat immer einen Hut in den späteren Jahren auf.
0:51:36–0:51:40
Dass der sehr weit ins Gesicht gezogen ist und sieht ein bisschen aus wie,
0:51:40–0:51:43
ja, ist ein bisschen wie Udo Lindenberg vom Typ her, ne, Rorsch?
Micz Flor
0:51:44–0:51:48
Ja, das wird, glaube ich, so oft rangezogen und ich weiß nicht,
0:51:48–0:51:51
wie ähnlich die sich sind, aber es gibt so eine komische Aura,
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so eine Haltung, eben so Unterkiefer nach vorne, Gesicht so ein bisschen nach
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hinten gezogen, die sind irgendwie ähnlich.
0:51:56–0:52:01
Aber ich kenne beide, oder kann ich jetzt persönlich dazu nichts sagen.
Florian Clauß
0:52:01–0:52:10
Man sagt so, genau. Wow. Und deswegen würde ich sagen, wir haben es jetzt nicht mehr weit zu dem Film.
Micz Flor
0:52:10–0:52:14
Ich würde gerne noch ein paar Zitate nur zum Film,
0:52:14–0:52:20
also ich habe ihn jetzt so ein bisschen mit den Zitaten auch nochmal so ein
0:52:20–0:52:24
bisschen geerdet und möchte aber jetzt trotzdem ein paar Sachen, wenn man jetzt sagt,
0:52:24–0:52:29
es geht manchmal nicht darum, um die Arbeit immer nur als Teil eines bestimmten
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oder einer bestimmten Autorin zu sehen,
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sondern man kann auch die Dinge von den Personen trennen.
0:52:35–0:52:39
Dann möchte ich einfach ein paar Sachen vorlesen, die ich ganz gut finde.
0:52:43–0:52:46
Und zum Beispiel, folgenden Satz finde ich sehr schön.
0:52:46–0:52:51
Das Allerwesentlichste und Erste über Filmen ist, wenn man etwas spürt,
0:52:51–0:52:56
also was man wissen muss über Filmen ist, wenn man etwas spürt, lange bevor man es weiß.
0:52:57–0:53:02
Das finde ich einen ganz tollen Satz, also es überfilmt, dass man etwas spürt, lange bevor man es weiß.
Florian Clauß
0:53:03–0:53:04
Das Zitat ist von Lemke auch.
Micz Flor
0:53:04–0:53:10
Das ist von Lemke, ja, sagt er über Film. Wenn man also ein Gefühl bekommt,
0:53:10–0:53:14
und da sagt er am Beispiel, dieser Kerl wird sie verraten, man hat keinen Grund
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dafür, aber man nimmt an, man glaubt das.
0:53:16–0:53:19
Und sie wird ihn verteidigen, das spürt man.
0:53:19–0:53:24
Und wie man dann enttäuscht ist oder bestätigt wird in seinem Gespür,
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das ist Kino. Das andere ist Theater.
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Und das finde ich auch nochmal so eine schöne Abtrennung. Kino versus Theater.
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Also sagen alles, wo man ein Gespür hat, wo man guckt. Und gerade die Art,
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wie er halt eben Filme macht.
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Es ist so ein Hybrid. Er sagt an einer anderen Stelle, ich mal gucken,
0:53:42–0:53:46
wenn wir dann nach dem Film nochmal vielleicht reingucken, finde ich es vielleicht
0:53:46–0:53:48
noch, wo er auch so ein bisschen darüber spricht, warum er Rocker so toll fand.
0:53:48–0:53:52
Weil er sagt so kurz, ja, wir konnten alle mit der deutschen Sprache nicht so gut umgehen.
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Es klang nie so toll wie Französisch oder Englisch oder so. Und dann in Hamburg mit den Rockern.
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Iris Berben hat gesagt, die haben wir vorhin gehört, die richtig coolen,
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harten Kerle sind in Hamburg.
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Und dann hat er gesagt, ab nach Hamburg, dann müssen wir da drehen.
0:54:06–0:54:09
Und diese Rocker, vor denen hatten die richtig Schiss.
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Die waren wohl, die haben einfach ihr Ding gemacht und so weiter,
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aber vor allen Dingen ist es dann so gewesen,
0:54:20–0:54:23
wenn man so die Trailer guckt und dann auch so ein paar Sachen,
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die halt da dieses, ich sag ja gar nicht, wie ich es sagen soll,
0:54:26–0:54:30
aber dieser Unterschied zwischen Film und Theater, das finde ich schon ganz gut.
0:54:30–0:54:32
Wenn es halt nicht geskriptet ist, wenn es nicht durchgestylt ist,
0:54:32–0:54:36
was er halt meint eben, wo man das Drehbuch schon für die Filmförderung abgeben
0:54:36–0:54:40
muss und alles ist quasi schon, bevor man anfängt zu drehen, festgeschrieben.
0:54:40–0:54:43
So wie Hitchcock ja auch gesagt hat, am ersten Drehtag wieder ein Film im Kasten.
0:54:43–0:54:47
Also danach musste man es nur noch abfilmen, was schon alles fertig gemacht war.
0:54:48–0:54:51
Und bei ihm halt eben die Kamera lief und sich die Geschichte dann auch immer wieder entwickelte.
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Und die Leute, die vor der Kamera waren bei Lemke auch immer anwesend,
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die haben zwar dann, die hat er in gewisser Weise in Position gebracht.
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Hat mich so ein bisschen auch an Schlingensieh verinnert, der ja auch so in
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diese Richtung so mitgeht.
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Und der das ja wirklich auch für Theater umgesetzt hat. Diese Idee,
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Bilder zu inszenieren und dann loszulassen, zu gucken, wie das sich entwickelt.
0:55:13–0:55:15
Lemke hat dann irgendwie gesagt, dass wenn alles richtig gut läuft,
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dann dreht sich der Film von selbst.
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Und hat das so gemeint, dass dann nicht mal er weiß, was das Skript ist.
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Also der Film wird dann irgendwie passieren.
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Und da bin ich auch sehr gespannt, den Film zu gucken, wie sich das dann so
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anfühlt. Also diese Amateur-Darstellung, die halt gleichzeitig aber.
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Die halt irgendwie beides sind, die gleichzeitig,
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Das Feuersinn, was den Film vorantreibt, es entsteht auf deren Worten und auf
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deren spontanen Handlungen und der Interaktion miteinander, die aber gleichzeitig
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in gewisse Korridore von Skript eingebunden sind, in gewissen Rollen.
Florian Clauß
0:55:53–0:55:59
Ja, ich bin auch gespannt. Das würde ich auch gerne mal so bestätigt wissen, dieser Art.
Micz Flor
0:56:00–0:56:04
Dann hat er noch gesagt, es geht darum im Film nicht, wie man eine Kamera bewegt,
0:56:05–0:56:06
sondern wie man den Zuschauer bewegt.
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Das ist natürlich klar. Ja, aber irgendwie nochmal schön so auf den Punkt gebracht.
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Und hier habe ich, ich mache das jetzt nochmal, bevor wir dann ausmachen für
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den Film. Ich glaube, so viel Zeit haben wir noch.
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Also aus dem Bayern 2 Podcast, Zitat Lemke. Ist ein bisschen länger,
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aber ich fand es sehr gut.
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Wir kamen nie mit der deutschen Sprache zurecht, weil Deutsch einfach beschissen klang.
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Gegen all das, was wir immer hörten und gegen die Musik der Rolling Stones.
0:56:33–0:56:37
Für mich kam das richtige Ding, als ich plötzlich richtige Jungs kennengelernt
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habe. Da habe ich meine richtige Jungs aus St.
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Pauli eben Rocker. Jetzt kommen wir wieder zurück zum Film.
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Die sich einen Dreck um uns geschert haben, die ihr Ding gemacht haben.
0:56:46–0:56:50
Das war eine Offenbarung. Und allein, wie die redeten, war zum ersten Mal so,
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dass man das sozusagen der Sprache Mick Jaggers entgegenhalten konnte.
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Das war Arbeit der Sprache vom Feinsten. Jede Sache bedeutete drei verschiedene
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Dinge. Das war ganz, ganz bombig, wie die redeten.
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Und zum ersten Mal war ich stolz auf Deutsch.
0:57:05–0:57:11
Das finde ich irgendwie nochmal so ein gutes Ding, weil das auch so diese Gegenseitigkeit
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der Zusammenarbeit ist.
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Also in gewisser Weise ist er total offen, sich da überrollen zu lassen von
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der Kraft, die vor der Kamera passiert.
0:57:18–0:57:24
Und gleichzeitig ist er der, der durch die Kamera den Zünder setzt sozusagen.
0:57:24–0:57:25
Und dann darf das da passieren.
Florian Clauß
0:57:26–0:57:29
Ja, vielleicht auch nochmal so in Abgrenzung zu der Münchner Gruppe,
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weil das liest man ja auch immer. Du hast ja auch gerade gesagt,
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dass eben für ihn Rocker ein ganz wichtiges Werk war, wo er zu sich selbst,
0:57:39–0:57:43
Ja, aber er war ja eigentlich auch schon recht erfolgreich mit den anderen Filmen.
0:57:44–0:57:49
Vielleicht waren die ihm dann zu spielerisch oder zu, ja, weiß ich nicht,
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nicht authentisch genug.
0:57:51–0:57:55
Und ich glaube, diese Authentizität, die er dann bei Rocker gefunden hat,
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die hat er vielleicht dann später, hat er dann vorher vermisst.
0:57:58–0:58:02
Und das finde ich auch nochmal so ganz interessant, weil das wirklich so eine Zäsur bei ihm ist.
0:58:03–0:58:07
Dass er aus München raus und dann nach Hamburg, St. Pauli rein.
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Also der Kontrast Schwabing, St. Pauli, das ist, glaube ich,
0:58:11–0:58:12
nochmal das, was den so auszeichnet.
Micz Flor
0:58:13–0:58:17
Ja, und es war, da wurde der Film, ich glaube, er war eigentlich immer München
0:58:17–0:58:19
und irgendwann Wahl-Berlin, er hat dann auch viel in Berlin gedreht.
0:58:19–0:58:23
Dann hat lange Zeit Pause gehabt, Mitte der Nullerjahre wieder angefangen.
0:58:23–0:58:27
Auch da könnte man sagen, wieder mit so einem technischen Bruch hin zu dem Digitalen,
0:58:27–0:58:32
was damals auch schon mit Kameras aus der Hand irgendwie in Fernsehqualität
0:58:32–0:58:36
gedreht werden konnte. Also die Schnitttechnik hatte sich noch mehr verändert.
0:58:36–0:58:41
Also ich meine, die 16mm Rocker-Film, das war vielleicht so diese Ariflex 16ST,
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die damals so das erfolgreichste 16mm-Gerät war,
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was, glaube ich, über 30, 40 Jahre hinweg unverändert produziert wurde.
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Und das war dann auch schon eben eine Möglichkeit, eben überhaupt mit geringerem
0:58:58–0:59:01
Budget drehen zu können, dass man an diese Technik rankommt.
Florian Clauß
0:59:01–0:59:04
Genau, aber was dann auch in diesem Zusammenhang nochmal bei Rocker so war,
0:59:04–0:59:09
dass, was ihm dann erstmal so bewusst wurde, diese Kamera hat ja doch Gewicht
0:59:09–0:59:13
und diese Dynamik, die er bei Rocker brauchte, hat ihn erstmal auch so ein bisschen
0:59:13–0:59:15
ausgebremst durch die Kamera.
0:59:15–0:59:21
Das musste sich so einfügen. Der Kameramann übrigens wird jetzt auch dann gleich in dem Film sein.
0:59:22–0:59:24
Der wird dann nämlich nochmal als Gast am Ende.
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Oder er macht die Einführung, keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob wir das dann
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noch schaffen, so lange drin zu bleiben, weil er schon recht spät ist.
0:59:30–0:59:34
Schauen wir mal. Ja, aber das ist, glaube ich, und ich möchte noch einen Punkt
0:59:34–0:59:41
um diesen Bogen von Oberhausener Manifest über Neue Münchner Gruppe hin.
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Du erinnerst dich ja auch noch so in den 90ern, dann wurde ja auch so der deutsche
0:59:47–0:59:49
Film, das war immer so ein achter deutscher Film,
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da hat sich ja nicht so richtig was getan und es fing ja dann in den 90ern an,
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dass sich das X-Film so gegründet hat, ja, und X-Film dann auch,
1:00:00–1:00:04
Auch natürlich in dieser ganzen alten Förderungsstruktur teilweise verhaftet,
1:00:04–1:00:09
aber die haben andere Drehbücher, andere Ansätze gehabt, andere Erzählungen auf den Weg gebracht.
1:00:09–1:00:13
Und das waren dann halt vor allen Dingen Tom Tickwar und Fatih Acken,
1:00:14–1:00:16
die dann da gewirkt haben.
1:00:16–1:00:22
Und auch da nochmal sich dann so aus diesen Fesseln des alten,
1:00:22–1:00:26
also des jungen deutschen Films losgerissen haben, würde ich mal das so sagen.
1:00:27–1:00:31
Eigentlich kann man sagen, dass der junge deutsche Film mit dem Tod von Fassbinder
1:00:31–1:00:37
82 dann auch gestorben ist und dann nur noch so nachgewirkt haben Hängst du
1:00:37–1:00:39
das alles an Fassbinder dran?
1:00:40–1:00:45
Nein, das wird so als Zäsur gesagt, das war so der Punkt und da sind auch Petersen
1:00:45–1:00:50
ist ja nach Hollywood gegangen einige sind ja nach Hollywood gegangen und jetzt
1:00:50–1:00:54
kommt dieser, man merkt immer so, das ist ein Generationswechsel,
1:00:55–1:00:59
Das ist dann halt 70, dann 20 Jahre später, 90.
1:00:59–1:01:03
Und dann wird ja noch von der neuen Berliner Schule gesprochen.
1:01:04–1:01:08
Und das sind dann auch sehr verhaftet mit den jungen deutschen Filmen.
1:01:08–1:01:14
Das sind dann sowas wie Christian Petzold oder Dominik Graf oder Thomas Arslan,
1:01:14–1:01:20
die dann diese Berliner Schule, die neue Berliner Schule, so Anfang der 2000en geprägt haben.
1:01:20–1:01:27
Aber das ist auch nur so ein Film, wissenschaftlicher Film, kritischer Zuschreibung.
1:01:27–1:01:28
Gibt es auch Bücher von.
1:01:29–1:01:34
Das hat sich zum Beispiel der Marco Abel hat dann auch ein Buch vorher über
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diese neue Berliner Schule geschrieben.
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Bevor er dann eben zur neuen Münchner Schule gegangen ist. Und das Nächste,
1:01:41–1:01:43
was er machen wird, ist die neue Kölner Schule.
1:01:44–1:01:47
Oder die Kölner Schule, da kennt man überhaupt nichts von.
Micz Flor
1:01:47–1:01:50
Oder Tübingen. Heißer Scheiße, ich habe keine Ahnung.
1:01:50–1:01:53
Wir schließen jetzt ab und da müssen wir nämlich rein, sonst kommen wir zu spät,
1:01:53–1:01:57
aber noch aus dem 2010-Manifest, alles in Großbuchstaben übrigens,
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auch bei uns auf der Webseite eigentlich-podcast.de habe ich es reingepastet.
1:02:04–1:02:07
Er sagt, und das binde ich jetzt an, was du gerade gesagt hast,
1:02:07–1:02:10
Geld vom Staat ist immer ein Tritt gegen die eigene Kreativität.
1:02:10–1:02:14
Vor ein paar Wochen wurde klammheimlich die englische Filmförderung eingestellt,
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die einzig erfolgreiche in Europa, aber eben auch vollkommen unnötig.
1:02:18–1:02:23
Der Förderwahn führte den englischen Film ins Nirwane.
1:02:23–1:02:25
Ach, diese Engländer, es gibt noch Helden.
1:02:25–1:02:28
Bei uns nur einen, Dominik Graf.
Florian Clauß
1:02:30–1:02:36
Ja, also Dominik Graf hat auch den Nachruf zu Lembke geschrieben und hat immer
1:02:36–1:02:41
sehr von ihm geschwärmt und war auch ein großer Anhänger von Lembke.
Micz Flor
1:02:44–1:02:46
Gut, machen wir hier die Zäsur. Jetzt geht es ab in den Film.
1:02:47–1:02:53
Und danach lassen wir die ganzen Notizen fallen und reden einfach über das, was wir erlebt haben.
1:02:53–1:02:57
In der fenilomino-logischen Haltung.
1:03:01–1:03:07
Lustig, lustig. Werden wir dann diesen Film locker flockig.
1:03:07–1:03:10
Auch das ist, glaube ich, ein Zitat aus Rocker.
1:03:11–1:03:14
Wenn ich das richtig gelesen habe, besprechen. locker flockig.
Florian Clauß
1:03:14–1:03:16
Na gut, dann bis gleich.
Micz Flor
1:03:16–1:03:17
Bis gleich, tschüss.
1:03:20–1:03:33
So, also wir waren gerade in Rocker 1972 von Klaus Lembke gedreht in Hamburg auf 16 mm, 85 Minuten,
1:03:34–1:03:38
bezahlt vom ZDF, Uraufführung am 2.
1:03:38–1:03:41
Februar 1972 im ZDF.
Florian Clauß
1:03:43–1:03:44
Und sind wieder auf der Straße.
Micz Flor
1:03:44–1:03:47
Und sind wieder auf der Straße. Mach dich gerade.
Florian Clauß
1:03:48–1:03:52
Mach dich bereit. Mach dich gerade, Mann. Ja, Mann, Mann, Mann.
1:03:53–1:03:56
Und, bist du traurig, dass du nicht so ein Motorrad hast?
Micz Flor
1:03:57–1:04:01
Ja, also es ist interessant, dass du das sagst. Ich habe gerade beim Rausgehen
1:04:01–1:04:05
gedacht, auch verlinkt in den Show-Notes. Es gibt eine Fotostrecke.
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Es gibt zu dem Rocker-Film, gibt es auch eine kleine kurze Webseite.
1:04:09–1:04:09
Ich weiß nicht, wer die gemacht hat.
1:04:10–1:04:12
Verlinkt auf dem Flicker. Flicker gibt es auch noch.
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Wahrscheinlich ist Flicker halb so alt wie die Fotos. Das ist ja auch schon ewig da.
1:04:18–1:04:22
Und da sind ganz viele Fotos vom Dreh, wo diese Rocker, die wir jetzt gerade
1:04:22–1:04:25
im Film gesehen haben, auch nochmal auf Schwarz-Weiß-Fotos.
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Und ich fand das deshalb jetzt erwähnenswert, weil ich gesagt habe,
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ich möchte auch so einen Motorrad haben,
1:04:30–1:04:38
weil auf den Fotos sehen die wirklich so raumeinnehmend und bestimmend aus,
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wie Lemke das in den Interviews beschrieben hat.
1:04:41–1:04:44
Die haben nur ihr Ding gemacht, das hatte ich ja vorhin vorgelesen.
1:04:45–1:04:50
Und jetzt im Film durch dieses Reden und das Bewegen und das Improvisieren und
1:04:50–1:04:58
so, Da fand ich die eigentlich alle nicht so bedrohlich, sondern eher so ein bisschen knuffig.
Florian Clauß
1:04:59–1:05:04
Ich muss ehrlich sagen, Rocker war für mich nie irgendwie so eine Subkultur,
1:05:04–1:05:07
die ich irgendwie cool fand. Und immer schon all.
1:05:08–1:05:13
Und ich mochte es halt nicht. Aber gut, die Rocker, die man da jetzt so gesehen
1:05:13–1:05:18
hat, die haben auch irgendwie das Bild der deutschen Rocker so der 70er-Datei
1:05:18–1:05:20
entworfen. Wie hießen die? Bloody Devils, ne?
1:05:21–1:05:23
Bloody Devils Gang ist das gewesen.
Micz Flor
1:05:23–1:05:25
Ja, also wir können ja aber ganz kurz die Geschichte zusammenfassen.
Florian Clauß
1:05:25–1:05:27
Genau, genau, das würde ich jetzt auch.
Micz Flor
1:05:27–1:05:32
Es geht um drei männliche, mehr oder weniger entwickelte männliche Hauptpersonen
1:05:32–1:05:34
eigentlich, um den Bernd, den sehen wir am Anfang.
1:05:34–1:05:42
Das ist ein Rocker, der aus dem Gefängnis entlassen wird, der dann von seiner
1:05:42–1:05:45
Rocker Gang abgeholt wird. Das ist Uli.
1:05:46–1:05:47
Das ist so ein Kleinkrimineller.
Florian Clauß
1:05:47–1:05:49
Gerd heißt er doch, oder nicht? Bernd?
Micz Flor
1:05:49–1:05:59
Bernd. Also Gerd. Entschuldigung, Gerd. Und Uli ist einer, der ein Daimler knacken
1:05:59–1:06:01
und verkloppen für 4000 DM.
Florian Clauß
1:06:03–1:06:10
Und der ist mit der ehemaligen Freundin von Gerd jetzt zusammen?
Micz Flor
1:06:10–1:06:14
Das wird so nicht klar ausgesprochen, aber es fühlt sich irgendwie so ein bisschen an.
1:06:14–1:06:18
Auf jeden Fall, als der Rocker raus ist aus dem Knast, will er seine alte Freundin
1:06:18–1:06:26
wieder und ist da auch sehr bestimmend und rennt dann einfach in deren Shop
1:06:26–1:06:30
rein und möchte mehr oder weniger rausziehen und,
1:06:31–1:06:34
Und der dritte junge Mann ist dann der Marc.
1:06:35–1:06:41
Das ist der junge Bruder von Uli, der sich dann irgendwie an Uli ranhängt.
1:06:41–1:06:48
Das sind so die drei Hauptpersonen. Und wir sehen also den Gerd.
1:06:48–1:06:50
Bist du sicher, dass er Gerd heißt? Ich habe jetzt Bernd gespeichert.
1:06:50–1:06:52
Kannst du mal in deinen Notes gucken?
1:06:54–1:07:03
Auf jeden Fall ist es so, dass der erst mal so seinen eigenen Gerd der hat eigentlich
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so seinen eigenen Strang,
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und ist mit diesem Uli eben über
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diese Frau die so ein bisschen verbunden Sonja und dann ist es so, dass,
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Marc und Uli ziemlich viel Zeit im Mittelbereich des Films aufnehmen, weil,
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Uli, das ist gar nicht so leicht zu erklären.
Florian Clauß
1:07:34–1:07:39
Man muss ja sagen, die sind alle extremst unsympathisch.
1:07:39–1:07:44
Also wie die sich verhalten, Gerd und Uli, einfach total rotzig.
1:07:44–1:07:48
Und Uli kommt dann halt zu seiner Schwester, wo auch der Bruder hockt.
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Und dann will der da irgendwie geld klauen und
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rennt durch die ganzen zimmer und findet dann halt so
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ein bisschen geld von dem von dem mark ja
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und dann lässt sich mark aber nicht abschütteln
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als er dann rausgeht und der ist halt alle die
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sind alle so unsympathisch also so ging
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es mir zumindest so ja und dann ist es
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eine initiation die dann halt uli mit mark macht nämlich dass er saufen muss
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dass er rauchen muss und das Dann gehen sie zusammen in so eine Kneipe und dann
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tanzt er da mit Frauen und gibt dann halt auch irgendwie an mit seinen Frauengeschichten,
1:08:26–1:08:28
die er hatte angeblich und so weiter.
1:08:28–1:08:34
Also der will den da so ein bisschen einführen in die, aber stößt den gleichzeitig an.
Micz Flor
1:08:34–1:08:37
Ja, irgendwie will er es auch nicht. Also es bleibt unklar, vielleicht so ein
1:08:37–1:08:41
bisschen eben diese Lemke vor der Kamera passierte Geschichte.
1:08:42–1:08:44
Was er so ein bisschen gesagt hat, dass man irgendwas fühlt,
1:08:44–1:08:47
irgendwie ein Gespür dafür entwickelt und ein Gefühl hat, wie es weitergeht,
1:08:47–1:08:49
ohne dass man es genau formulieren kann.
1:08:49–1:08:53
Und ich habe das so erlebt, dass Uli eigentlich nicht mit Marc rumhängen will,
1:08:53–1:08:57
aber dann mit der Hilfe von Alkohol ist der dann auf alle Fälle so zugedröhnt,
1:08:57–1:09:00
dass es ihm auch so egal ist und er sich einfach freut, dass er ein bisschen...
Florian Clauß
1:09:00–1:09:05
Ja, er stößt ihn halt immer ab und kommt dann wieder zurück und ist halt so ein Spiel.
1:09:05–1:09:12
Also irgendwie so entwickelt sich da was und ja, dann gibt es dann diese Zäsur,
1:09:12–1:09:18
als Uli dann diesen geklauten Daimler, der ihm dann halt wieder abgeluchst wurde von so zwei Zuhältern,
1:09:19–1:09:21
sieht er dann wieder in der Straße.
1:09:21–1:09:27
Er wurde dann überwältigt von den beiden und er sieht den Daimler dann nachts
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in der Straße und steigt dann mit Marc in diesen ein und die schlafen dann da drin.
Micz Flor
1:09:33–1:09:34
Schlafen ein, ja.
Florian Clauß
1:09:34–1:09:40
Die sind alles so ein bisschen auch so sehr spontan, wie die Erzählung langläuft.
1:09:41–1:09:44
Dann schlafen die da ein und dann kommen die beiden Zuhälter aus der Kneipe
1:09:44–1:09:49
raus und verprügeln halt den Uli so sehr, dass er dran stuppt.
1:09:49–1:09:50
Also mit so einem Totschläger.
Micz Flor
1:09:51–1:09:55
Genau, Marc rennt weg und dann stellt sich raus, dass Marc gerade irgendwie
1:09:55–1:09:56
Praktikant ist in so einem Supermarkt,
1:09:56–1:10:01
wo er dann besoffen eben vor dem Supermarkt rumsitzt und aufwacht.
1:10:01–1:10:05
Und einer aus dem Supermarkt holt ihn dann rein und dann fängt er an und isst
1:10:05–1:10:07
da irgendwie einfach aus dem,
1:10:07–1:10:10
Supermarkt, macht da so Brot auf und isst und dann ruft sie die Polizei.
1:10:11–1:10:13
Marc ist glaube ich 14 oder so im Fall.
Florian Clauß
1:10:14–1:10:17
15. Der hat ja eine Ausbildung im Supermarkt.
Micz Flor
1:10:18–1:10:23
Und da haut er dann ab. Und dann ist er zu Hause und dann will die Schwester
1:10:23–1:10:28
den Marc dann zu den Eltern nach Cuxhaven bringen, packt ihm irgendwie den Koffer und,
1:10:29–1:10:34
und Marc setzt sich dann irgendwie in die Straßenbahn, die fährt bis zur Endhaltestelle,
1:10:35–1:10:41
und da ist dann so eine Kneipe, wo die Trambahn direkt am Flughafen direkt am
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Flughafen, ja das ist auch irgendwie schon, können wir gleich noch über die Settings so sprechen.
1:10:47–1:10:50
Da per Zufall ist er dann in der Kneipe, wo dann,
1:10:51–1:10:54
Der Gerd, mit der wie heißt es?
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Sonja sitzt, weil die sich dann doch irgendwie wieder so ein bisschen annähern.
1:11:02–1:11:04
Die Sonja aber dann natürlich den jungen Bruder von dem Uli erkennt.
1:11:04–1:11:07
Die steht dann wortlos auf und geht und dann hängt dann der Mark rum.
1:11:07–1:11:12
Dann besaufen sich da wieder alle und dann gibt es irgendwie so einen etwas
1:11:12–1:11:18
herberen Schnitt, Wo dann auf einmal der Marc mit seinem Koffer für Cuxhaven
1:11:18–1:11:22
und der Gerd vor so einem Haus im Sitzen,
1:11:22–1:11:26
wo eine Polizeiratze ist für eine Kommune, wo die Leute irgendwie rausgezogen werden.
1:11:26–1:11:31
Gleichzeitig aber ein Bekannter von Gerd da Drogen verticken wollte.
1:11:33–1:11:39
Und dann Gerd selbst, weil sich keiner ins Haus traut, diesen geilen Deal macht,
1:11:39–1:11:42
dass er den Koffer mit der Wäsche für Cuxhaven.
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Als Drogenkoffer für 4.000 D-Mark verkauft. Von den 4.000 D-Mark kauft er sich
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da ein Motorrad und sagt dann zu Marc, ich fahre dich nach Cuxhaven.
1:11:52–1:11:55
Wir fahren jetzt nach Cuxhaven. Dann fahren sie los mit dem Motorrad,
1:11:55–1:11:58
kommen dann bis zu einer, was ich irgendwo mal gelesen hatte,
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wohl eben legendären Kneipe, Café oder wie auch immer,
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in der Rocker-Szene, wo sie dann da drin rumhängen und er da so einen LKW-Fahrer anmacht.
Florian Clauß
1:12:08–1:12:09
Er kommt rein und pöbelt.
Micz Flor
1:12:09–1:12:11
Und pöbelt und pöbelt und pöbelt.
Florian Clauß
1:12:11–1:12:14
Sofort so ein Fernkraftfahrer achte ich gerade.
Micz Flor
1:12:14–1:12:14
Mann!
Florian Clauß
1:12:15–1:12:18
Was guckst du denn so? Gibt es da was zu gucken?
Micz Flor
1:12:18–1:12:20
Und der Typ geht dann wortlos raus.
Florian Clauß
1:12:20–1:12:26
Der sagt dann auch, bist in Ordnung. Bist ein guter Kerl. Komisch.
Micz Flor
1:12:27–1:12:30
Und der ist dann wirklich aber auch noch so ein anderes Deutschlanddesign.
1:12:31–1:12:34
Der hat so eine andere Hose, ein anderes T-Shirt mit so Knöpfchen vorne und
1:12:34–1:12:39
so eine tolle, eher so eine Rockabilly-tolle, seitlich ein bisschen untersetzter Lkw-Fahrer.
1:12:39–1:12:42
Und der fährt dann genussvoll zweimal über das Motorrad drüber.
1:12:43–1:12:45
Dann sehen wir Gerd, wie er weint, neben dem Motorrad steht.
Florian Clauß
1:12:45–1:12:46
Das ist immer Emotionszeit.
Micz Flor
1:12:47–1:12:48
Genau. Und, ähm,
1:12:50–1:12:57
Und dann sind die wieder eben nicht nach Cuxhaven gekommen, sondern zurück.
1:12:58–1:13:01
Und dann sieht Marc die Frau, die mit den Zuhältern unterwegs war,
1:13:01–1:13:04
aber auch nicht klar ist, ob das eine Prostituierte ist oder eine Freundin.
1:13:05–1:13:11
Und er kennt die und geht dann dahin und dann rächt Gerd und seine Gang, rächen dann.
Florian Clauß
1:13:11–1:13:16
Genau, er weiht dann halt Gerd ein, dass dann sein Bruder eben zu Tode geschlagen
1:13:16–1:13:22
wurde. und dann gibt es halt sowas wie so ein, wie sagt man, so eine Ehre.
1:13:23–1:13:29
Wir stehen zusammen und wir rächen das und dann ruft er halt seine Crew und
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dann kommen die Rocker, die am Anfang und am Ende kommen gar nicht so...
Micz Flor
1:13:32–1:13:33
Bambule.
Florian Clauß
1:13:33–1:13:38
Bambule, genau, am Anfang Bambule. Das ist auch so ein... Hast du mal geguckt,
1:13:38–1:13:39
woher das kommt, Bambule?
Micz Flor
1:13:39–1:13:41
Ja, ich habe es schon da vergessen.
Florian Clauß
1:13:41–1:13:47
Ja, das ist so ein... so ein Trommel.
1:13:47–1:13:53
Es beteiligt so eine Aktion von Trommeln, die aber auch, ich glaube,
1:13:53–1:14:01
in irgendeinem Kontext von Schwarzamerikanern, die dann zu einer Art Demonstration aufrufen.
Micz Flor
1:14:03–1:14:04
Amerikaner oder Afrikaner?
Florian Clauß
1:14:04–1:14:08
Nee, Schwarzamerikaner. Ich glaube, das kommt aus dem Jazz-Kontext.
1:14:10–1:14:15
Soweit ich das noch so zusammenkriege. Und Bambule! Und ab geht's.
1:14:16–1:14:23
Und die vermöbeln halt dann die beiden Zuhältern und Marc,
1:14:23–1:14:28
der stellt sich dann auf den Daimler und schlägt dann die Frontschutzscheibe
1:14:28–1:14:35
ein und dann rennt er weg und man folgt dann quasi Marc und dann blickt er zurück.
1:14:35–1:14:40
Und er lächelt. Das ist nochmal ein wichtiger Punkt. Er lächelt und dann kommen halt die Credits.
Micz Flor
1:14:41–1:14:46
Dann kommen die Credits. Und das ist der Film, die Story, das haben wir ganz
1:14:46–1:14:49
gut hingekriegt, finde ich, das doch zusammen zu klöppeln.
Florian Clauß
1:14:49–1:14:51
Ja, zu klöppeln vor allem.
Micz Flor
1:14:51–1:14:54
Und wie gehen wir jetzt weiter? Ich würde gerne eine Szene kurz rauspicken,
1:14:54–1:14:58
wo ich irgendwie was ganz gut illustrieren kann, was ich so gedacht habe,
1:14:58–1:14:59
was ich vorhin auch schon angerissen habe.
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Es gibt, bevor Uli diese Daimler dann klaut.
1:15:07–1:15:11
Da lernen wir Uli kennen, glaube ich, sogar als erstes Mal an einem Telefon.
1:15:11–1:15:12
Also ein junger Mann ist am Telefon.
1:15:13–1:15:15
Und auf der anderen Seite des Telefons hören wir nur eine Stimme.
1:15:15–1:15:16
Und da erklärt jemand so,
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ja, musst du die Dichtung abziehen und dann kannst du von oben da reingehen,
1:15:23–1:15:26
das hat etwa zwei, drei Millimeter Platz und dann kannst du hinten,
1:15:26–1:15:30
wenn du dann an dem, und Uli ist irgendwie da auch schon besoffen,
1:15:30–1:15:32
der sagt dann so, jetzt mach mal hinne, ey.
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Klar, habe ich verstanden. Also der unterbricht ihn eigentlich.
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Aber irgendwie ist es klar, dass er ihn angerufen hat.
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Uli hat angerufen, um zu wissen, wie man Daimler knackt.
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Und wir wissen noch nicht genau, worum es geht. Und später versucht er es dann
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in der Tiefgarage, kriegt es irgendwie nicht hin und bricht ihn dann mit einer
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Brechstange auf. Das ist eine andere Geschichte.
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Aber in dieser einen Szene fand ich das so lustig, dass da irgendwie so klar
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wurde, dass da waren zwei Menschen im Gespräch. Der eine war nur Stimme,
1:16:02–1:16:03
der war ja am Telefon, der hat man nicht gesehen.
1:16:04–1:16:07
Und der andere war dieser Ulli, der wusste, dass die Kamera läuft und da jetzt
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performt und dann eben sich so in Szene schmeißt regelrecht.
1:16:11–1:16:17
Und ich fand das ganz interessant, weil da waren so zwei Dinge spürbar,
1:16:17–1:16:20
dass halt jemand, der amateurhaft jetzt vor einer Kamera steht,
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mit so viel Selbstaufmerksamkeit dann doch vollgeladen ist, dass das sich nicht
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wirklich natürlich anfühlt.
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Jetzt würde natürlich Lemke sagen, wir sind halt von diesen Marionetten,
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den Schauspielern, sowas von zugedröhnt, dass wir überhaupt nicht mehr sehen,
1:16:37–1:16:39
was authentisch ist, wie Leute sich wirklich bewegen.
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So eine Schlägerei, eine Pistole klingt halt anders. Wenn einer zuschlägt,
1:16:43–1:16:44
dann hörst du, dann ist es.
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Aber es ist trotzdem so ein Cringe-Moment irgendwie, wie man sagt,
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wo sich die Zehennägel hochdrehen.
1:16:51–1:16:55
Wenn Uli da so sagt Mensch, jetzt mach mal hin, hab ich verstanden und so,
1:16:55–1:16:59
aber die Stimmen, die übers Telefon kommen, der Typ wirkt wirklich authentisch
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und entspannt so irgendwie so dieses Gefühl, dass wenn das,
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über Augen gesehen wird wenn es eingefangen wird mit der Kamera also wenn es
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so ein Gegenüber gibt so ein, was ja auch manchmal irgendwie so angeführt wurde
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alle Leute haben auf ihren Laptops.
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Vor der Kamera sowas, wo man es zumachen kann dass man nicht gesehen werden
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kann Während was jetzt wirklich Informationen angeht, das doch wahrscheinlich
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sicherlich besser wäre, wenn man das Mikro ausmacht.
Florian Clauß
1:17:25–1:17:29
Was guckst du? Ich wollte nur gucken, ob das Rekord Mikro hast.
1:17:29–1:17:31
Dann wollte ich gucken, ob es läuft. Sorry.
Micz Flor
1:17:35–1:17:39
Und das ist mir in dieser Szene halt aufgefallen. Der Typ über Telefon,
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da hat man das Gefühl, den kann man wirklich greifen.
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Aber der Uli ist irgendwie hinter so einer Selbstaufmerksamkeit versteckt.
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Und das finde ich ist in ganz vielen Szenen so und das fand ich eben so diese
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große Diskrepanz zwischen den Fotos, wo es auch so ist,
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dass du diese Rocker in so einer Aura von Autorität wahrnehmen kannst ich schicke
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dir mal den Link also es waren vom Dreh wohl Stills,
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die da jemand gemacht hat aber wenn die dann so eckten dann ist es oft so ein bisschen.
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Ja Hölzern sowieso, aber auch so Also, du merkst einfach,
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Da ist so eine Ebene von in sich geschlossenem Bewusstsein über das,
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was da gerade passiert, was die so ein bisschen verstocken lässt.
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Und das finde ich halt beides. Das finde ich einerseits eben auch den Moment,
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wo es total spannend wird, wenn man dem Begriff von Authentizität nachdenkt,
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weil die sind ja in dem, wie sie sind, authentisch. Das sind halt Laien-Schauspieler.
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Da würde man sofort sagen, voll authentische Laien-Schauspieler.
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Aber natürlich sind Schauspieler auch authentisch, wenn sie jetzt keine Laien-Schauspieler
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sind, und performen das dann halt irgendwie anders.
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Aber dieser Begriff der Authentizität ist in dem Moment natürlich,
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wir haben die einfach davor gecastet und die Rocker haben so ihr Ding gemacht.
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Und irgendwo im Interview hat er mal auch, ich glaube bei der Süddeutsche war
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das, hat Lemke auch mal gemeint, das Problem war halt auch, die kam immer als ganze Gang an.
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Und wenn bei einem das Motorrad ausgefallen ist, was oft passierte,
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weil das aus allen möglichen Teilen zusammengeholt war, Dann blieben alle stehen
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und warteten, bis das Motorrad wieder fährt. Und dann fuhren die erst weiter.
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Das heißt, die Zeitplanung, das war alles irgendwie total schwierig.
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Wenn sie nicht wollten, wollten sie nicht. Wenn sie nicht da waren, waren sie nicht da.
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Also das ist das Drumherum authentisch. Und da hatten die scheinbar beim Dreh
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wirklich auch Respekt, wenn nicht sogar manchmal Angst vor denen und überhaupt
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keine Autorität über die.
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Aber wenn die dann vor der Kamera sind, finde ich, dass die doch sehr verklemmt
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und domestiziert wirken und so unbeholfen.
Florian Clauß
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Ja, ich finde auch, gerade die Szene, wo dann Gerhard aus dem Knast rauskommt,
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aus Santa Fu, heißt das da?
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Santa Fu ist wohl so ein Knast in Hamburg, ein legendärer, und hat sich dann
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begrüßt. viel zu lang, die Szene.
Micz Flor
1:20:04–1:20:05
Die ganzen Rocker-Büste.
Florian Clauß
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Umarmt dann und küsst die und es ist halt so okay, mach mal bitte schneller,
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ihr habt euch lieb und ich finde, ja, aber ich kann das sehr nachvollziehen, was du da sagst.
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Dieses Hölzern, aber auch dieses irgendwie so das Lachse, was da drin hängt.
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Man kann es irgendwie so schlecht beschreiben, aber es ist halt so dieses Leiden
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und dann, aber gleichzeitig hat es was so,
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extrem Direktes auch. Und damit wird es halt wieder so ein Zeitdokument.
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Weil das halt wirklich einen dokumentarischen Wert hat. Und das war ja auch
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das, was dann Lemke auch dann so, er konserviert was in diesem Film.
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Er konserviert ein Hamburg, er konserviert eine Subkultur, er konserviert eine
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Sprache, die so noch eigentlich so keiner drauf geguckt hat.
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Und das hat ja wieder so diesen Wert dann, diese,
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Im Nachhinein, ja.
Micz Flor
1:21:04–1:21:09
Und das Dokumentar, das finde ich auch bei, das ging mir bei Außeratem damals
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auch so und aber auch bei 48 Stunden nach Acapulco.
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Diese Sachen, die hat so ein bisschen nach neuen Theorien gedreht.
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Da hat man manchmal auch so das Gefühl, dass genau im wichtigsten Moment die Kamera aus war.
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Also manchmal gibt es irgendwie so Jump Cuts, die Dinge zu überspringen scheinen.
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Wo man so das Gefühl hat, da fehlt jetzt irgendwie noch ein bisschen der Anschluss.
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So, wir kommen nicht von dem Stück Satz in den Stück Satz, sodass es halt so rumspringt.
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Also zum Beispiel auch in dem Haus, wenn es dann darum geht, dass dann die,
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der Gärtnern halt eben den Koffer als Drogen verkauft, die 4.000 Euro einzieht
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für den, wie der dann ins Haus kommt, aus dem Auto oder wie dann,
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das ist alles, da fehlen einfach Sachen.
Florian Clauß
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Da fehlen aber gleichzeitig halt es auch sowas, sowas,
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freches. Also er geht dann einfach rein und macht das.
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Die Polizei springt da rum und du merkst dann auch irgendwann,
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okay, das, was dann halt nicht so richtig passt, ist, dass die Polizei überhaupt
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keine Autorität hat und dass der jetzt einfach da so reingehen kann und überhaupt nichts macht.
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Und da wird auch nicht gefragt nach dem Koffer, ob er da wohnt,
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obwohl da eine Razzia läuft.
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Das ist halt so das, was der filmische Raum so in so einem normalen dramaturgischen
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Konstrukt, wo es die vierte Wand gibt und so weiter.
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Nee, die dritte Wand oder wie auch immer. Also wo du halt einen Raum hast,
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der sich dann halt kausal selber aufbaut und wo man dann halt denkt so,
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ja stimmt, ich bin ja hier nur so.
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Aber da ist es halt irgendwie, geh rein, ja, du kommst rein und check das mal. mit dem Dealer.
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Und das finde ich, einen Punkt wollte ich noch sagen, weil das halt so lustig
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ist, weil ich das auch in der Rezension gesehen habe, nämlich Lemke hat auch
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gefragt, mit welchem Schauspieler er gerne drehen würde und meinte halt, Joe Palbo Mando.
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Bill Mando ist tot, egal. Aber Bill Mando ist halt ein tolles Role Model.
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Und dann ist auch so Henry Fonda mit Easy Rider, war natürlich ein ganz großes Vorbild.
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Und auch die Maschinen und so weiter. Leute, die da Ahnung haben.
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Es sind nur BMWs, keine Ahnung. Keine Ahnung davon.
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Die Rollenmodels, Henry Fonda und Jack Nicholson, die großen Poster-Boys,
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die dann halt irgendwie so für Easy Rider und Henry Fonda, was auch immer.
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Und dann hast du Belmondo auf der dritten Seite,
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diesen typ der total zerfasert
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und das gesicht dann absolut nicht sexy ist als
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den deutschen rocker gerd ja und das ist nicht so lustig wenn du diese drei
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bilder dann nebeneinander hast und der gerd selber als er dann halt rauskommt
1:23:55–1:23:59
wohnt er ja bei seinem vater in der werkstatt ja und ist halt auch total old
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zu seinem vater macht halt laut musik und guckt sich dann halt so ein...
Micz Flor
1:24:04–1:24:04
Oh, du warst im Zimmer!
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Ja, gefühlterweise, ich meine, der ist wahrscheinlich halb so alt wie wir,
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aber der sieht halt irgendwie nicht aus wie älter wie wir.
1:24:15–1:24:18
Ja, älter als wir, doppelt so alt wie wir.
Florian Clauß
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Ja, mindestens. Und dann guckt er halt dieses Album an, wo er dann halt so Bilder
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von Motorrädern, von irgendwelchen Events, das bedeutet ihm auf einmal was.
1:24:30–1:24:35
Das ist ja eine andere Sache von so Nostalgie, die da drin hängt,
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ja, im Rocker-Dasein, ja,
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die ganze Zeit jetzt im Hier und Jetzt mit Saufen und irgendwie das nehmen,
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was gerade vor der Nase liegt und worauf sie Bock haben, aber dann so nostalgisch werden, ja.
Micz Flor
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Aber dann auch nostalgisch werden, das ist Hamburg, nicht Berlin.
Florian Clauß
1:24:52–1:24:55
Das finde ich halt auch so, okay. Also das ist halt die Kultur,
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die mir ja dann nicht so nachvollziehbar ist.
Micz Flor
1:24:57–1:25:00
Nee, genau. Aber ich finde, also wir machen uns jetzt irgendwie dann doch so
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ein bisschen lustig drüber.
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Und wahrscheinlich, wenn die jetzt mit dem Motorräder vor uns fänden,
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dann hätten wir genau den gleichen Respekt, wenn die hier parken würden.
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Aber das ist jetzt.
Florian Clauß
1:25:09–1:25:14
Ich finde, aber wir haben ja auch, Entschuldigung, diese Petromaskulunität,
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die da drin hängt. Was heißt das?
Micz Flor
1:25:18–1:25:19
Petroleum, oder was?
Florian Clauß
1:25:19–1:25:24
Petro von, ja, das ist ja dieser Begriff, den wir dann auch bei Zabriskie Point
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so ein bisschen rausgearbeitet haben.
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Also das ist auch so das ganze Patriarchat, auch auf die Verbrennung setzt.
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Also auf die Petro. Und das ist halt auch das, was die Rockerkultur so verkörpert.
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Und wo ich auch immer schon Ausschlag bekomme, wenn ich halt irgendwie diese
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extra lauter gemachten Motorräder höre.
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Das ist halt nicht so das, was ich irgendwie so wirklich unterstützen kann.
1:25:49–1:25:52
Aber ich möchte auch noch was in die Lanze brechen. Aber sag du erst mal,
1:25:52–1:25:53
ich habe dich unterbrochen.
Micz Flor
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Ja, das ist völlig okay.
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Bei mir mit dem Rocker-Ding, ich hatte halt einen älteren von einer befreundeten Familie,
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der älteste Sohn, der Georg, der war halt so auf dem 80er unterwegs in Cross-Dings
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und der hatte eine Kutte,
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das war halt Jeans und da habe ich schon so ein bisschen hochgeguckt,
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da ist schon irgendwie so Ehrfurcht und die haben sich ja auch manchmal geprügelt.
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Der wohnte eine Zeit lang bei uns und da,
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habe ich so eine gewisse Affinität zu. Und ich war dann auch mit meinem Schulkameraden
1:26:28–1:26:32
Ingo Koch zum ersten Mal, als wir unser allererster Band-Gig,
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wo wir als Puppen, da waren wir, glaube ich, in der fünften oder sechsten Klasse,
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wir waren eigentlich viel zu jung, das würde heute gar nicht gehen,
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und haben Straßenjungs live gesehen.
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Meine Mutter hat uns da abgegeben, Ingos Vater hat uns mit dem Auto abgeholt.
1:26:44–1:26:45
Und zwischendrin waren wir einfach
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in dieser Kneipe, wo Straßenjungs die Punkband live gespielt haben.
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Und wir wurden dann wirklich auch so von vier Rockern so gleich beschützt.
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Auf einmal kamen so vier Typen an mit Kutten und haben uns dann quasi unter
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ihre Fittiche genommen und haben geguckt, dass es uns gut geht,
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dass wir immer Platz zum Atmen haben und dass da nichts passiert heute. Das fand ich total toll.
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Da kann ich mich so ein bisschen irgendwie schon auch fühlen.
Florian Clauß
1:27:08–1:27:12
Das Awareness-Team war das. Was heute so alles Awareness-Team macht.
Micz Flor
1:27:12–1:27:16
Ja, genau. Die Parkrangers in Gurley.
1:27:18–1:27:24
Ne, was ich sagen wollte, ist, es ist schon so dieses, ja, wo ist diese Grenze,
1:27:24–1:27:25
dieses authentische Thema.
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Also du nimmst es so auf und ich finde, dass in diesem ganz filigranen,
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was da entsteht, wo auch dieses Self-Awareness, also diese Gehemmtheit vor der
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Kamera auch eben dazugehört.
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Da entsteht so ein ganz filigranes Gespür, wo manchmal mehr von,
1:27:45–1:27:49
finde ich, Gerds Emotionen spürbar ist, in so verstockten Situationen,
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als dann, wo ihm die Tränen laufen,
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weil sein Motorrad überfahren würde. Und ich frage, wie haben die das irgendwie gemacht?
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Hat Gerd gesagt, film mich mal, ich heule jetzt. Oder wie kam das zu dieser Szene?
1:28:01–1:28:03
Aber die wirkt irgendwie gekünstelter
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als andere Sachen. Und das finde ich dann schon auch an dem Film.
1:28:05–1:28:08
Da wird er dann auf einmal ganz, ganz, ganz schön vielschichtig.
1:28:08–1:28:13
Wo du eben dadurch, dass es auch eine Handheld-Kamera ist, wo da manchmal Schnitte
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fehlen, sowas auch unglaublich diese Kamera wahrnimmst.
1:28:18–1:28:21
Einfach auch in all den in Anführungszeichen Fehlern, die da passieren.
1:28:21–1:28:25
Also das ist eine unglaubliche Transparenz und dadurch wird das ganze Ding auch sehr fragil.
1:28:25–1:28:29
Du siehst bei allen Schauspielern, wie sich der Uli wahrscheinlich teilweise
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auch echt abgefüllt hat, damit er sich überhaupt traut, all den Scheiß zu machen.
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Da hatte man nicht das Gefühl, dass der sich kultiviert auf Pegel getrunken
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hat, sondern er hat sich abgeschossen und hat so vor sich hin gebrabbelt. Das war schon enorm.
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Aber diese ganzen Leute sind alle sehr spürbar, eben aber auch als Laiendarsteller,
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so als Menschen. und die Kamera ist spürbar und das Budget ist spürbar.
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Also du spürst bei dem ganzen Ding eigentlich auf einer Metaebene auch schon viel mit.
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Du kannst nicht wirklich in diesem Film versinken, sondern du wirst immer wieder
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auch an Kanten stoßen, wo von der Performance vor der Kamera,
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die Kamera selbst oder die Schnitte, Storytelling,
1:29:10–1:29:15
Lücken im Narrativ, alles rüttelt dich immer wieder so wach und schärft gleichzeitig
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so ein bisschen die Aufmerksamkeit.
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Und das fand ich dann wiederum auch in so einer Form berührend.
Florian Clauß
1:29:21–1:29:27
Ja, das stimmt. Und das ist so ein bisschen das, was du vorhin auch von Lemke
1:29:27–1:29:31
zitiert hast, das, was dich selber bewegt, das bewegt dann auch den Zuschauer.
1:29:32–1:29:35
Also das heißt, er schafft dann eben auch Bewegung.
1:29:35–1:29:38
Und ich finde, er schafft, und das will ich jetzt nochmal so,
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weil wir uns so über Gerd lustig gemacht haben und über Uli,
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über diese männlichen Hauptfiguren.
1:29:42–1:29:47
Ich finde, Sonja ist eine ganz starke Figur irgendwie, weil die ist ja so eine
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Aussteigerin, wollte ja was anders machen, ist auch so ein trotziger Typ.
Micz Flor
1:29:51–1:29:53
Aber sie kommt ja zu Gerd zurück dann.
Florian Clauß
1:29:53–1:29:58
Ja, nicht so wirklich, aber so ein bisschen ambivalent ist es auch, nicht so ganz klar.
1:29:58–1:30:01
Sie kommt dann wieder zurück, aber sie ist eigentlich ausgestiegen.
Micz Flor
1:30:01–1:30:04
Vielleicht ist es genau das, also jetzt interessant, jetzt sind wir auch bei
1:30:04–1:30:07
dem anderen Lempke-Zitat, so Gespüre, die wir haben, Gespüre,
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die nicht beantwortet werden in dem Film. sondern wir spüren es nur und wir
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reden darüber, wer wohl Recht haben könnte.
1:30:13–1:30:17
Das war ja auch vorhin ein Zitat von ihm. Und da ist es so, dass ich das Gefühl
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habe, vielleicht will sie wirklich den Gerd, aber ohne Gang.
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Weißt du, vielleicht ist das das Ding.
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Auch als sie ihn das erste Mal trifft, zieht sie sich ja die ganzen Lederklamotten
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wieder an. Die hat sie ja gar nicht an.
1:30:27–1:30:30
Dann zieht sie sich die ganze Kutte wieder an und dann das. Und hier ist es
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wie so ein blödes Ritterritual.
Florian Clauß
1:30:32–1:30:37
Genau, und da wo sie diese Patronen dann reinflickt. Das finde ich schon sehr
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stark, die Szene. und vor allen Dingen, welchen Charakter ich wirklich ganz
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toll finde, auch vom spielerischen ist, Marc.
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Also der junge Bruder, dieser 14-, 15-Jährige, der ist echt toll gespielt und
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ist auch ein unglaublich hübscher Junge, der dann,
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wie er auch gefilmt wird, so in dieser einen Szene,
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wo die dann zusammen mit dem einen Mädchen, was Uli einfach nur anbaggert und
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die dann aufs Klo verschwinden in dieser Bahn.
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So gefilmt wie so ein Ulrich Seidel-Film. Ja, das ist... Wo dann halt so der
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Markt da so ganz einsam sitzt.
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Und dann hast du aber so im Hintergrund so ein komisches Porträt.
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Und ich finde, das hat dann echt so eine Filmästhetik wie so ein Ulrich Seidel-Film.
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Also so Abgründe, ja, diese Abgründe von Ulrich Seidel.
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Oder da gibt es auch diese, in St. Pauli, diese Geschichte, wie heißt der? Goldene Reiter.
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War doch von Fatih Akin neulich vor ein paar Jahren so ein Film,
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wo er dann ein Porträt über diesen Serienmörder gemacht hat,
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was auch ganz abscheulich ist.
Micz Flor
1:31:51–1:31:51
Nee, das kenn ich nicht.
Florian Clauß
1:31:51–1:31:57
Also der ist ziemlich derb und der hat so ein bisschen diese Stimmung auch, der Film.
1:31:58–1:32:01
Also ich finde, da wird der auch wirklich gut.
Micz Flor
1:32:02–1:32:08
Ja, ich finde auch, ja, also es ist so, ich gucke nochmal von außen drauf,
1:32:08–1:32:11
Ich habe so ein bisschen zwischendrin überlegt, was könnte man dann nochmal sagen.
1:32:11–1:32:14
Und ich hatte dann halt so gedacht, das ist irgendwie so ein Coming-of-Age-Film,
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aber von drei Generationen.
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Ich weiß nicht, Gerd kann jetzt nicht so viel älter sein als Uli,
1:32:19–1:32:22
aber es fühlt sich so an, alle diese drei Männer, die wir da sehen,
1:32:23–1:32:26
der Jüngste, der Uli und der andere, sind alle so Coming-of-Age.
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Die sind alle in so einem, die wollen sowas werden.
1:32:29–1:32:32
Die wollen sowas ausfüllen, für was sie aber noch nicht groß genug sind.
1:32:32–1:32:36
Selbst der große Gerd, der da aus dem Gefängnis schon rauskommt,
1:32:36–1:32:41
der quasi mit allen Wassern gewaschen ist, Der bleibt auch dann beim Papa eben in der Wohnung drin.
1:32:41–1:32:46
Das sind alles so Entwicklungsaufgaben, die die noch nicht vollzogen haben oder
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wo die nicht wirklich oder wo sie sich selber irgendwie eine Person aufbauen.
1:32:51–1:32:55
Der mag nicht so, der weiß ja nicht, wo er hin will. Der hat Uli als Vorbild, da hängt er sich dran.
1:32:56–1:33:00
Aber das fand ich irgendwie so ein Gefühl, dass diese drei Hauptpersonen,
1:33:00–1:33:04
Männer sind alle in so einer späten Adoleszenz, wo es dann darum geht,
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dass man sich dann wirklich eigentlich auf eigene Beine stellt.
1:33:08–1:33:12
Und diese eigenen Beine sind halt bei Marc dann wirklich von der Schwester abzuhauen,
1:33:12–1:33:15
sich an Uli zu hängen, in der Hoffnung, er kommt frei.
1:33:16–1:33:19
Uli an den Daimler zu hängen, in der Hoffnung, er kommt frei.
1:33:20–1:33:25
Und Bernd hängt sich dann an, Gerd, Entschuldigung, hängt sich dann eben an
1:33:25–1:33:30
sein neues Motorrad mit den 4000 D-Mark, die er sieht. Und das wird ihm dann vom LKW überfahren.
Florian Clauß
1:33:30–1:33:31
Ja, ziemlich schnell, ja.
Micz Flor
1:33:32–1:33:36
Und das ist halt so das Zweite, ich bin gleich fertig, das ist so meine Zusammenfassung
1:33:36–1:33:40
nochmal auf so einer Strukturebene, dass die auch alle nicht wegkommen.
1:33:40–1:33:41
Also die kommen eben nicht weg.
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Und am deutlichsten wird es halt am Flughafen, du siehst hinten immer Flugzeuge,
1:33:46–1:33:49
da kommen und gehen Leute, aber die hängen halt fest, die kommen nicht weiter.
1:33:49–1:33:53
Das heißt, es ist ein Roadmovie, so wollten wir es halt titulieren,
1:33:53–1:33:54
aber in Wahrheit kommen die ja nicht weg.
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Und das Motorrad wird den dann zerfahren, der Daimler wird den gemobst,
1:33:59–1:34:03
der Daimler wird dann quasi, wenn sie totgeschlagen, also die bleiben alle irgendwie stecken.
1:34:05–1:34:10
Obwohl das ja so, bei Rocker und Fahrrad und Auto, da wird auch viel gefahren,
1:34:10–1:34:13
aber eigentlich hängen die alle fest und kommen nicht weg.
1:34:14–1:34:17
Entschuldigung, ich habe aus Versehen gerade, jetzt gerade aus Versehen Pause
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gedrückt beim Aufnehmen.
Florian Clauß
1:34:19–1:34:22
Ja, ja, sie hängen alle fest. Das wäre ja auch abschließend,
1:34:22–1:34:27
kann man nochmal gucken, welche Kriterien von Roadmovies der Film erfüllt.
1:34:28–1:34:36
Aber was ich noch sagen wollte zu dem Festhängen, es ist gleichzeitig so eine Jetztigkeit.
1:34:37–1:34:42
Wie sagt man das am besten? Also der Film ist halt so, die nehmen sich alle,
1:34:42–1:34:45
was sie jetzt im Moment irgendwie für Affekte haben.
1:34:45–1:34:50
Es ist halt unglaublich auf dieser Affekt und unheimlich ohne Überlegung,
1:34:50–1:34:52
ja. Gleichzeitig ecken sie ja auch an, ja.
1:34:53–1:34:59
Und das ist nochmal so das Bild von dem alten Deutschland.
1:34:59–1:35:07
Ja, man merkt halt, es war zu der Zeit, als die Aufarbeitung von Deutschland,
1:35:07–1:35:12
was ist zur Nazi-Zeit, es gab eine aktive RAF damals.
1:35:12–1:35:15
Und es gab noch diese, und das finde ich halt immer so toll,
1:35:15–1:35:22
da wo die Familie von Uli und Mark und die Schwester,
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wo die dann drin wohnen, dann guckst du auf diese Hinterhöfe oder auf der Fensterseite
1:35:29–1:35:33
siehst du dann halt so die alte Frau, der alte Mann, der rausguckt und immer
1:35:33–1:35:34
guckt, was ist denn da los?
1:35:34–1:35:37
Warum schreien die denn so? Weil die auf der Straße voll die Zähne machen.
1:35:38–1:35:42
Und du hast diese Gesichter von denen. Und das ist halt genau dieses Gesicht
1:35:42–1:35:46
von dem alten Deutschland, was da guckt. Ja, dieses Spießer sein.
1:35:46–1:35:49
Und es ist natürlich eine Geschichte von jenseits der Gesellschaft,
1:35:50–1:35:53
von Außenseitern, von nichtkonformen Menschen.
1:35:53–1:35:57
Und das ist halt auch nochmal so wichtig zu erzählen, die jetzt nicht in diesem
1:35:57–1:36:01
alten Deutschland da so irgendwo ihre Zukunft sehen, sondern die suchen halt
1:36:01–1:36:05
irgendwie nach Alternativen. Aber gleichzeitig nehmen sie sich alles,
1:36:05–1:36:07
was da rumliegt und machen es einfach so.
1:36:07–1:36:13
Und das finde ich halt so eine ungeheure Affektsteuerung, die dahinter liegt.
Micz Flor
1:36:14–1:36:17
Ja, ist ja auch natürlich dann Deutschland im Herbst und dieser Zeit,
1:36:17–1:36:20
wo das ja wirklich auch filmisch viel aufgearbeitet wurde, parallel.
1:36:20–1:36:24
Und ich nehme jetzt mal zwei Zitate, während du, weil ich habe das Aufnahmegerät
1:36:24–1:36:28
in der Hand, da konnte ich kurz mal einen Text von mir, zwei Zitate rausholen
1:36:28–1:36:31
aus, da dachte ich gerade dann.
1:36:31–1:36:38
Da geht es auch um diese verlängerte Adoleszenz oder dieses Erwachsenwerden, Coming-of-Age.
1:36:39–1:36:43
Eine Zitate ist direkt von Sigmund Freud von 1905, der sagt...
1:36:44–1:36:51
Diese Entwicklungsphasen, da wird dann die psychischen Leistungen der Pubertätszeit vollzogen,
1:36:51–1:36:56
die Ablösung von der Autorität der Eltern, durch welche erst der für den Kulturfortschritt
1:36:56–1:37:00
so wichtige Gegensatz der neuen Generation zur alten geschaffen wird.
1:37:00–1:37:03
Also diese Idee vom Generationenablöse halt über die Pubertät.
1:37:03–1:37:08
Und das vor dem Hintergrund, was du gerade gesagt hast, dass einfach nach Hitler,
1:37:09–1:37:14
Drittes Reich und Krieg und alles, dass diese Ablösung,
1:37:14–1:37:19
also dass es nicht so leicht ist wie von der nächsten Bären-Generation,
1:37:19–1:37:22
wo ein Kindbär nicht so viel anders ist.
1:37:22–1:37:25
Ja, also bei Tieren ist halt so eine Generation einfach eine Generation,
1:37:25–1:37:28
aber gerade diese Kultur, dieses Zerschossen, das Zerbombte,
1:37:28–1:37:30
was da irgendwie auch so drin ist.
Florian Clauß
1:37:31–1:37:32
Die Traumatisierung.
Micz Flor
1:37:32–1:37:38
Ja, das war von 1905 Von 1974 schreibt Donald Winnicott, also relativ nah dran,
1:37:38–1:37:44
auch ein englischer Psychoanalytiker, der schreibt, wenn das Kind am Übergang
1:37:44–1:37:45
zum Erwachsenenwerden steht,
1:37:46–1:37:50
wird dieser Schritt über die Leiche eines Erwachsenen vollzogen.
1:37:51–1:37:53
Schreibt er so. Aber bildlich? Bildlich, genau.
1:37:55–1:37:59
Das ist jetzt zeitlich mit 1974 auch wirklich eigentlich direkt am Film dran,
1:37:59–1:38:01
sogar ein bisschen näher an uns.
Florian Clauß
1:38:01–1:38:02
Ja, verstehe.
1:38:04–1:38:08
Ja, dieses Coming-of-Age, das ist ja, wie ich auch schon sagte,
1:38:08–1:38:11
also bei Hänsel und Grete hatten wir so ein bisschen das Genre gestriffen,
1:38:12–1:38:14
aber das ist ja dieses...
1:38:16–1:38:19
Ich meine, das erfüllt sich für Gerd und für Uli erfüllt sich das nicht.
1:38:19–1:38:22
Aber für Marc ist es schon so die Geschichte.
Micz Flor
1:38:22–1:38:24
Ja, man könnte sagen, in der letzten
1:38:24–1:38:27
Szene, wo er lächelt, ist er dann abgeschlossen. Der ist ja jetzt raus.
1:38:28–1:38:32
Also er ist dann durch. Das ist ja das Bild, was entsteht. Also alle sind so
1:38:32–1:38:35
in Fäusten, 40 Fäuste für ein Halleluja.
1:38:35–1:38:40
Um nochmal über den deutschen Top Ten, also 71 und 72 zu bleiben.
1:38:41–1:38:46
Aber dieses Kuddelmuddel der Gewalt und des Vergeltens und so,
1:38:46–1:38:50
da ist es für ihn dann auch erledigt und er rennt weg.
1:38:50–1:38:54
Wie du schon sagst, dreht sich um, letzter Einschalten, guckt darauf und lächelt.
1:38:54–1:38:58
Aber er ist distanziert davon. Da könnte man schon irgendwie das Gefühl hegen,
1:38:58–1:39:00
dass er zumindest dann als Jüngster
1:39:00–1:39:06
jetzt in der Lage ist, sich aus diesem Kuddelmuddel wirklich zu trennen.
Florian Clauß
1:39:06–1:39:13
Ja, also wenn man jetzt auch nochmal so drauf schaut, was sind eigentlich so
1:39:13–1:39:20
die Merkmale für ein Roadmovie.
Micz Flor
1:39:21–1:39:23
Das ist ganz kurz, das ist der Abschluss, deshalb sage ich noch eine Sache vorneweg.
1:39:24–1:39:26
Einfach die Frauenbilder hatte ich auch nochmal gedacht.
1:39:26–1:39:36
Wir sehen einen Papa, also das ist jetzt ein Mann, nämlich den Papa von Gerd.
1:39:37–1:39:40
Den sehen wir, wie er mit seinem Sohn gar nicht glücklich ist und der soll endlich
1:39:40–1:39:43
mal auch arbeiten gehen und Sinnvolles tun.
1:39:46–1:39:49
Ansonsten sehen wir so nicht wirklich Eltern, später die, die aus dem Fenster gucken.
1:39:50–1:39:53
Aber eigentlich sehen wir nicht, die sind Cuxhaven, die sind weit weg und wir
1:39:53–1:39:57
sehen keine Mutter. und die Frauen, die wir sehen, ist halt die Kollegin im
1:39:57–1:40:02
Supermarkt, die Schwester, die Hure, denke ich mal, jetzt von den Zuhältern.
1:40:07–1:40:13
Also die Frauen und halt eben die Geliebte, wie heißt sie nochmal?
Florian Clauß
1:40:14–1:40:14
Sonja.
Micz Flor
1:40:17–1:40:23
Aber da, die bleiben irgendwie relativ, finde ich, relativ klischeehaft.
1:40:23–1:40:26
Nicht, dass die anderen wirklich durchdrungen und ausgearbeitet werden,
1:40:26–1:40:33
aber die bleiben nicht wirklich lange genug, dass man sich mit denen richtig verbinden kann.
Florian Clauß
1:40:34–1:40:36
Nicht wirklich, nee.
Micz Flor
1:40:37–1:40:39
Es geht wirklich um Männer, um echte Rockers.
Florian Clauß
1:40:40–1:40:43
Ja, um echte Männer. Männer, ja, das ist ja...
1:40:43–1:40:48
Aber, nee, das wollte ich nochmal so als Brücke zum Coming-of-Age,
1:40:48–1:40:51
ne, das ist die Die Frage, so wie du das gerade auch berichtet hast,
1:40:52–1:40:55
wie sich denn sich die Persönlichkeit entwickelt.
1:40:56–1:41:01
Und bei dem Roadmovie haben wir ja auch die innere und die äußere Reise.
1:41:02–1:41:06
Und Gerd ist ja Stillstand. Der reist ja überhaupt nicht.
1:41:06–1:41:10
Uli sind ja genauso, das sind ja wirklich so singuläre Charaktere,
1:41:10–1:41:14
die einfach auch keine irgendwie innere Reise machen.
1:41:15–1:41:17
Die bleiben ja einfach nur so, wie sie sind.
Micz Flor
1:41:17–1:41:22
Oder die ihre innere Reise von dem Äußeren abhängig machen. Dass der Uli sagt,
1:41:22–1:41:24
ich brauche diesen Daimler, dann geht es weiter.
Florian Clauß
1:41:25–1:41:26
Und Gerd sagt halt.
Micz Flor
1:41:26–1:41:30
Ich brauche diese Frau und ich brauche das Motorrad und dann geht es los.
Florian Clauß
1:41:30–1:41:34
Genau, aber das ist halt dieses völlig in den Tag hinein, das ist halt auch
1:41:34–1:41:38
so, das ist halt auch, glaube ich, eine Qualität.
1:41:38–1:41:42
Das ist irgendwie so, wir wollen jetzt wirklich so von A nach B und wir ziehen
1:41:42–1:41:44
jetzt hier die Linie lang und so geht es halt auch so.
1:41:45–1:41:50
Und die innere Reise ist aber am ehesten bei Marc zu verzeichnen.
1:41:50–1:41:54
Marc ist derjenige, der dann halt auch wirklich so diese Reise unternimmt,
1:41:54–1:42:01
sich da entwickelt und da wird der dann so eingeführt eben ins Alkohol trinken,
1:42:01–1:42:05
ins Rauchen und so weiter und wird da hingeschubst.
1:42:05–1:42:08
Und gleichzeitig ist er auch so distanziert, er wird immer in die Situation
1:42:08–1:42:13
reingeworfen, aber sagt er, er will kein Alkohol trinken und dann wird er aber
1:42:13–1:42:14
wieder mit Bier zugeschüttet.
1:42:15–1:42:21
Ich meine, das finde ich auch so konsequent. Also das finde ich nicht konsequent,
1:42:22–1:42:24
sondern das finde ich einfach so, zack, das zeigt der Film so.
1:42:26–1:42:30
Und das hat auch schon einen Wert. Da wird halt nicht groß überlegt,
1:42:30–1:42:32
kann ich das darstellen, sondern es wird einfach dargestellt.
1:42:33–1:42:40
Und das beim 14-jährigen Jungen ist natürlich, 15-jährigen Jungen ist natürlich auch heute so.
Micz Flor
1:42:41–1:42:48
Ja, klar. Ja, da kann man sich nicht vorstellen, das heute nochmal so umzusetzen, so Method Acting mäßig.
1:42:49–1:42:55
Ja genau, und dann hat der Marc sich an seinen Bruder geheftet und hat versucht,
1:42:55–1:42:59
dessen Leben zu füllen sozusagen als innere Reise, hat das aber nicht gemacht.
1:43:00–1:43:04
Der Bruder ist dann gestorben oder wurde getötet. Dann hat er sich an den Gerd
1:43:04–1:43:06
mit drangehängt oder Gerd an ihn.
1:43:06–1:43:10
Gerd hat ihn ja auch angepumpt mit Geld, wollte auch Geld haben von ihm.
1:43:11–1:43:18
Hat dann diese Reise mit Gerd kommt dann irgendwie auch zum Ende. Das ist nicht so seins.
1:43:19–1:43:23
Die Aufforderung seiner Schwester, die Reise nach Cuxhaven anzutreten,
1:43:23–1:43:25
ist auch irgendwie nicht seins.
1:43:25–1:43:30
Also das sind sozusagen die aufoktroyierten Rollen oder Aufgaben,
1:43:31–1:43:37
Entwicklungsaufgaben, die nicht passen und in dem Moment, wo er dann für Uli
1:43:37–1:43:39
noch diese Rache irgendwie anzettelt,
1:43:39–1:43:44
aber dann selber tätig wird und diesen Daimler dann irgendwie einmal anhaut
1:43:44–1:43:48
und dann aber auch davon wegläuft,
1:43:48–1:43:51
das ist dann irgendwie der Punkt, wo er dann so seinen Weg findet.
1:43:51–1:43:54
Könnte man jetzt positiv so deuten.
Florian Clauß
1:43:54–1:43:58
Ja, würde ich aber auch so sehen, dass er dann halt wirklich so ein eigenes Standing findet.
1:43:58–1:44:02
Ich finde ihn auch so sehr selbstbewusst als Charakter, so von vornherein.
1:44:04–1:44:10
Er geht da auch auf Uli zu und sagt, nehme ich mit. Und dann wird er mitgenommen, mehr oder weniger.
1:44:10–1:44:14
Und er zieht das so durch. Er zieht ziemlich viel durch.
1:44:15–1:44:24
Also für so einen 15-jährigen Jungen eigentlich so nicht üblich in dem Standing, was er da ausstrahlt.
Micz Flor
1:44:28–1:44:30
Ja, und jetzt wolltest du noch mal...
Florian Clauß
1:44:30–1:44:34
Naja, ich gucke gerade so dieses Fazit zum...
Micz Flor
1:44:34–1:44:40
Ist der Roadmovie genug, um in deine Sammlung aufgenommen zu werden?
Florian Clauß
1:44:40–1:44:48
Du, du musstest ja noch. Ich habe ja schon bestimmte Kriterien genannt,
1:44:48–1:44:50
eben diese innere und äußere Reise.
1:44:50–1:44:52
Wir können sagen, äußere Reise ist bedingt.
1:44:53–1:44:58
Was wir positiv sagen können, es kommen viele motorisierte Fahrzeuge vor.
1:44:58–1:45:03
Wir haben den Daimler. Es gibt auch eine schöne Autofahrt durch Hamburg, St.
1:45:03–1:45:10
Pauli. Die hat auch historischen Wert, wenn die mit dem Cabriolet da durchfahren. Es gibt die Motorräder.
1:45:11–1:45:20
Das Motorrad ist auch Easy Rider natürlich der Genreöffner für die Roadmovies.
1:45:21–1:45:24
Und ich würde sagen, das trifft zu.
1:45:24–1:45:29
Aber gleichzeitig bleibt er auch sehr lokal verhaftet. Also er kommt nicht so
1:45:29–1:45:33
richtig vom Fleck bis auf der halben Strecke nach Cuxhagen oder wo immer das
1:45:33–1:45:35
ist. Diese Fernfahrerkneipe.
1:45:36–1:45:39
Er hat auf jeden Fall Role Models aus dem Road Movie.
1:45:41–1:45:44
Aber ich würde sagen, es ist so ein Hybrid. Irgendwas dazwischen.
1:45:44–1:45:47
Also haben wir ja schon, glaube ich, gut herausgearbeitet.
Micz Flor
1:45:47–1:45:53
Die Szene ist so ein bisschen wie der Road, so sehr wie zum Beispiel auch Jim
1:45:53–1:45:57
Jarmusch's Coffee and Cigarette Road Movie ist, weil die Leute halt im Diner sitzen.
1:45:58–1:46:01
Man ist quasi auf der Reise, aber in dem Moment wird halt gedreht,
1:46:01–1:46:02
wo gerade nichts passiert.
1:46:03–1:46:09
Oder wie bei Pulp Fiction, wenn die beiden Travolta und der,
1:46:09–1:46:11
wie heißt der nochmal der andere?
1:46:12–1:46:15
Jackson. Genau, wenn die beiden dann eben auch im Diner sitzen.
1:46:15–1:46:17
Also so Sachen, wo man das Gefühl hat, draußen steht das Auto,
1:46:18–1:46:19
der Wagen läuft vielleicht sogar noch.
1:46:19–1:46:23
Aber jetzt gerade ist der Roadmovie on halt und wir kriegen ein bisschen Dialog.
1:46:23–1:46:30
Und im Prinzip hast du ganz viel von diesen Pausen des Roadmovies.
1:46:30–1:46:32
Aber es geht schon um das.
1:46:33–1:46:34
Um das Reisen.
Florian Clauß
1:46:34–1:46:39
Ja, aber das Episodenhafte kriegt ihr jetzt nicht so hin. Man hat schon so diese
1:46:39–1:46:42
Main-Charaktere und die werden einfach so durchgezogen.
Micz Flor
1:46:42–1:46:46
Findest du, aber ich meine, wir haben diesen Rausgift-Deal, wir haben diese...
Florian Clauß
1:46:46–1:46:51
Ja, das ist aber in der Geschichte so drin, das ist nicht dieses Reisen von
1:46:51–1:46:55
Station zu Station, das ist ja so die klassische Narration, die dann da aufgebaut wird,
1:46:56–1:47:00
sondern das ist halt das, was beim Roadmovie so raussticht, ist ja das,
1:47:00–1:47:04
weil das Reisen und dann wieder so das Episodenhafte vor Ort,
1:47:04–1:47:07
abgeschlossen für sich, mit anderen Charakteren konfrontiert,
1:47:08–1:47:13
dann hat man da so eine kleine Welt durchlebt und dann geht man halt weiter so.
1:47:14–1:47:19
Das wäre das, was ich dann nochmal so sagen würde, dieses Element fehlt.
1:47:20–1:47:28
Ich würde tatsächlich, wenn man das so abwägt, würde ich das eher so als Coming-of-Age
1:47:28–1:47:32
mehr sehen, als das Genre, als Roadmovie, würde ich jetzt mal so,
1:47:33–1:47:35
behaupten, oder? Kommst du da mit?
Micz Flor
1:47:41–1:47:49
Ich habe das Gefühl, es ist unerwartet, aber schlüssig, dass das Coming-of-Age besser greift.
1:47:49–1:47:53
Das ist jetzt erst auf den zweiten Blick deutlich geworden für mich und in der
1:47:53–1:47:58
Tat greift es besser, weil es um Entwicklungsaufgaben geht und wie weit man
1:47:58–1:48:00
die von innen heraus oder von außen annimmt.
1:48:02–1:48:04
Ja. Ja.
1:48:06–1:48:11
Und tolle Szene finde ich schon am Anfang, das wäre jetzt so mein Schlusswort
1:48:11–1:48:14
dazu, schuldigung, dass ich da nochmal hinten an dran hänge, aber die,
1:48:15–1:48:19
ersten Szenen, wo du, da kommen so diese Rocker so ins Bild,
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die kommen irgendwie so einen feuchten Weg irgendwie so hoch,
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das ist so eine Wiese und dann Dann kommen die hier unten, sind auch irgendwelche
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Hallen, du weißt gar nicht, was das ist.
1:48:30–1:48:33
Und die kommen raus und es ist so ein bisschen, glaube ich, die Morlocks von
1:48:33–1:48:36
Zeitmaschine ist das. In der Zeitmaschine heißen die immer auch.
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Die da so unter der Erde wohnen. Die kommen da einfach so aus dieser Erde raus
1:48:41–1:48:42
und es hört gar nicht auf.
1:48:42–1:48:45
Es werden immer mehr und die kommen dann so da und laufen da so durchs Bild.
1:48:46–1:48:47
Dazu laufen dann die Stones.
1:48:49–1:48:52
Systemorphin heißt es, glaube ich. Entschuldigung, weiß nicht genau den Namen des Tracks.
1:48:54–1:48:57
Und das passt alles total gut. Und ich finde es einen tollen Opener.
1:48:57–1:49:06
Das ist so ein bisschen wie Tarkovsky, wo du diese Wasser, Solaris, diesen Fluss filmst.
1:49:06–1:49:10
Und da drin hört es nicht auf, dass die Kamera filmt, wie halt diese Sachen zusammenfliegen.
1:49:10–1:49:14
Genauso ist da auch so ein Teppich von Rockern, rollt dann irgendwie so aus diesem Berg hoch.
Florian Clauß
1:49:17–1:49:21
Das hat für mich so nicht funktioniert. Das war eher so unmotiviert und die
1:49:21–1:49:25
Leute wussten teilweise nicht, wo sie dann irgendwie hingucken mussten.
1:49:25–1:49:26
Das war sehr dokumental.
Micz Flor
1:49:27–1:49:30
Ein paar Leute haben doch die vierte Wand eiskalt durchbrochen.
Florian Clauß
1:49:31–1:49:37
Ja, das stimmt. Aber alles in allem war das, glaube ich, so für mich wirklich
1:49:37–1:49:38
so eine Entdeckung von Klaus Lemke,
1:49:39–1:49:45
also die Art zu inszenieren und dieses kompromisslose, direkte, ehrliche.
1:49:46–1:49:50
Also ich fand das dann schon toll, das jetzt nochmal so entdeckt zu haben.
1:49:51–1:49:52
Und da möchte ich dir danken.
Micz Flor
1:49:52–1:49:56
Mensch, dass du mich da hingezufst. Wie der Zufall so spielt.
1:49:56–1:50:00
Wir hatten einen Tag, wo wir konnten und dann haben wir reingeguckt.
1:50:00–1:50:04
Mir hat es auch mehr Spaß gemacht, als ich dachte. Und diese Klaus-Lemke-Sache
1:50:04–1:50:06
mit diesem Gespür, das werde ich so mitnehmen.
1:50:07–1:50:13
Weil ich glaube, das überhöhte Aal glatte ist ja auch immer so eine Kritik an Filmen.
1:50:14–1:50:17
Und das ist das Gegenteil von diesem rohen, was wir da jetzt gesehen haben,
1:50:17–1:50:20
ist halt so der aalglatte Hollywood-Film, wo du wirklich genau weißt,
1:50:20–1:50:25
was passiert und eigentlich die ganzen Szenen schon so aneinanderschneiden kannst, ne, und,
1:50:28–1:50:30
ja, und das ist das, glaube ich, was ich so am meisten mitnehme,
1:50:31–1:50:35
dieses Gespür dafür, wie die Geschichte sich entwickeln wird, ohne zu wissen, warum.
1:50:36–1:50:38
Das fand ich ganz schlüssig.
Florian Clauß
1:50:39–1:50:45
Also mich reizt jetzt auch nochmal so rein von den anderen Vertretern der ganzen
1:50:45–1:50:48
Münchner Gruppe, da noch mal so ein bisschen reinzugucken.
1:50:49–1:50:55
Und ja, ich habe auch viele, viele neue Zusammenhänge so gesehen und entdeckt.
1:50:55–1:50:58
Also das war für mich auch echt spannend. Insofern.
Micz Flor
1:50:58–1:51:06
Und dafür machen wir doch diesen Podcast, damit wir unsere Löcher stopfen.
Florian Clauß
1:51:06–1:51:11
Genau, Löcher, dass wir die Connecting the Dots soweit gehen.
Micz Flor
1:51:13–1:51:13
Gut.
Florian Clauß
1:51:14–1:51:17
Okay, also ja, vielen Dank fürs Zuhören.
Micz Flor
1:51:17–1:51:22
Die nächste Folge von Eigentlich Podcast. Den GPS-Track gibt es wie immer auf
1:51:22–1:51:28
eigentlich-podcast.de Die Zitate werde ich da auch irgendwie zusammenkleben.
1:51:28–1:51:34
Wer weiß, wozu es gut ist und das Manifest und ein paar Fotos von unserer Tour.
1:51:36–1:51:40
Ja, und dann wissen wir auch schon, was in der nächsten Episode kommt,
1:51:40–1:51:45
aber du sagst es noch nicht genau, aber es ist eine Art eine Art Fortführung
1:51:45–1:51:50
von drei chinesische Filme oder Filme aus Chile?
Florian Clauß
1:51:50–1:51:54
Drei, genau. Ich führe meine Reihe fort. Wir haben ja lauter,
1:51:54–1:51:57
lauter lose Reihen bei uns im Podcast.
1:51:58–1:52:00
Also meine Reihe zur Berlinale.
1:52:00–1:52:05
Aber konkret zu den chinesischen Filmen. Da werde ich mir wieder drei Filme,
1:52:05–1:52:09
oder ich habe mir drei Filme angeguckt auf der Berlinale. Die möchte ich gerne mit dir besprechen.
1:52:10–1:52:12
Und dann mehr oder weniger den einen hast du jetzt auch gesehen.
1:52:12–1:52:14
Das heißt, du kannst auch ein bisschen was dazu beitragen.
Micz Flor
1:52:15–1:52:18
Der war mir zu viel. Der konnte ich kaum aushalten.
Florian Clauß
1:52:19–1:52:23
Naja, wir reden dann, ihr hört das in zwei Wochen.
1:52:24–1:52:27
Wenn ihr uns in irgendeiner,
1:52:30–1:52:34
Podcast-Plattform eurer Wahl eine Bewertung oder Likes dalassen wollt, gerne.
Micz Flor
1:52:35–1:52:38
Wir haben es verdient. Flo spricht deshalb so, weil es minus 5 Grad sind.
1:52:39–1:52:40
Wir mitten in der Nacht hier rumlaufen.
Florian Clauß
1:52:40–1:52:45
Das ist ein Kiefer, der ist aber ein bisschen warm. Das ist auch dezentisch. Genau.
1:52:46–1:52:48
Also, dann bis zum nächsten Mal. Macht's gut.
Micz Flor
1:52:49–1:52:49
Tschüss.
Florian Clauß
1:52:49–1:52:49
Ciao.
Micz Flor
1:52:52–1:52:55
Du hast aber auch keine richtigen Finger mehr. Nee.
Florian Clauß
1:52:56–1:52:58
Ja, war doch cool, oder? Wir haben jetzt echt lange auch aufgenommen.

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Shownotes

Mitwirkende

avatar
Chris Flor
avatar
Florian Clauß

Transcript

Chris Flor
0:00:00–0:00:03
Deswegen probieren wir es, ein Experiment. Ich sage eins, zwei,
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drei und dann klatsch, also in dem Rhythmus, auf vier quasi klatschen.
0:00:09–0:00:11
Eins, zwei, drei.
Florian Clauß
0:00:13–0:00:18
Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast,
0:00:18–0:00:25
eigentlich Episode 71 und diesmal machen wir was ganz Neues,
0:00:25–0:00:31
nämlich eigentlich laufen wir im Reden und reden laufend, aber diesmal sitzen
0:00:31–0:00:35
wir im Reden, aber wir reden trotzdem laufend.
Chris Flor
0:00:41–0:00:43
Ich bin's wieder, der Chris Flore.
Florian Clauß
0:00:44–0:00:47
Genau, wir kennen ihn schon aus diversen Folgen und Episoden.
0:00:48–0:00:49
Also so neu ist es jetzt auch nicht.
0:00:49–0:00:55
Aber zumindest so die Premiere, dass wir das mal so remote-mäßig aufnehmen, hat auch einen Grund.
0:00:55–0:00:57
Haben wir aber jetzt nicht auf die schneller ausprobiert, nämlich,
0:00:58–0:01:02
dass wir tatsächlich, du bist nämlich am anderen Ende der Welt.
Chris Flor
0:01:03–0:01:04
Am Ende der Welt.
Florian Clauß
0:01:04–0:01:08
Am Ende, genau. Am Ende des Westens.
Chris Flor
0:01:09–0:01:13
In Berkeley. Hier geht es über die Kante der Welt, geht es hier rüber.
Florian Clauß
0:01:14–0:01:16
Genau, du siehst jeden Tag die Schiffe anstürzen.
Chris Flor
0:01:17–0:01:22
Und hier ist ja die, ja genau, in Kalifornien, in Berkeley sitze ich.
0:01:23–0:01:27
Und es ist mittags und bei dir ist es ja abends. Also hier ist es 12.30 Uhr.
0:01:28–0:01:31
Und es fühlt sich auch ein bisschen Endzeit stimmungsmäßig an hier.
0:01:32–0:01:34
Nach dieser letzten Woche.
Florian Clauß
0:01:34–0:01:36
Oh ja, oh ja.
Chris Flor
0:01:36–0:01:39
Aber da brauchen wir, ja gut, vielleicht reden wir da ein bisschen noch drüber.
Florian Clauß
0:01:40–0:01:45
Vielleicht knüpft sich das mit dem Thema Blutsaugen. Ich habe schon was vorweggenommen.
0:01:45–0:01:49
Nein, wir wollen uns und ich glaube, das ist auch der Grund dafür,
0:01:49–0:01:51
dass wir uns so zusammengefunden haben.
0:01:51–0:01:55
Nämlich, wir wollen heute über Nosforatu, über die Eggers-Verfilmung,
0:01:56–0:01:59
die dieses Jahr rausgekommen ist, sprechen, Chris und ich.
Chris Flor
0:01:59–0:02:00
Weihnachten letztes Jahr.
Florian Clauß
0:02:00–0:02:01
Ach, die ist noch 2024?
Chris Flor
0:02:02–0:02:03
Es ist ein Weihnachtsfilm, ja.
Florian Clauß
0:02:04–0:02:08
Okay, ich habe den noch auf 2025 datiert.
0:02:08–0:02:15
Nee, stimmt. Erscheinungsjahr 2024. Ja, ein Weihnachtsfilm. Hat auch Teile vom Weihnachtsfilm.
Chris Flor
0:02:16–0:02:18
Ja, hat einen Weihnachtsbaum drin.
Florian Clauß
0:02:18–0:02:22
Da, ein Weihnachtsbaum kommt drin vor. Ja, genau.
0:02:22–0:02:26
Und wir hatten in unserem internen Chat, ja, also intern, ja,
0:02:26–0:02:31
wir haben in unserem Chat uns ausgetauscht, nein, in unserem eigentlichen Chat
0:02:31–0:02:35
haben wir uns ausgetauscht. Und du, Chris, hast den auch im Kino gesehen?
Chris Flor
0:02:36–0:02:40
Ich habe ihn im Kino gesehen, ja. Und ich habe ihn dann jetzt noch mal fast zu Ende geguckt.
0:02:40–0:02:45
Aber ich bin nicht so super vorbereitet, weil ich halt gerade relativ wenig Zeit habe.
0:02:45–0:02:49
Aber ja, ich habe ihn mir dann halt noch mal angeschaut, weil der wird ja jetzt
0:02:49–0:02:50
auch gerade gestreamt endlich.
0:02:51–0:02:56
Und um dann noch mal ein bisschen, noch mehr Ideen zusammenzusuchen.
Florian Clauß
0:02:56–0:02:57
Sehr gut.
Chris Flor
0:02:57–0:02:58
Aber ich habe ihn im Kino gesehen, ja.
Florian Clauß
0:02:58–0:03:02
Du hast die Empfehlung auch ausgesprochen, den zu sehen. Dir hat er gefallen.
0:03:02–0:03:06
Ich habe den dann auch, das war jetzt mein erster Film, den ich 25 im Kino gesehen
0:03:06–0:03:09
habe, mit meiner Kinogruppe.
0:03:09–0:03:11
Wir sind da reingegangen in Delphi Lux.
0:03:12–0:03:15
Das ist so ein Kino am Bahnhof Zoo. Ganz schönes Kino.
0:03:16–0:03:20
Ja, und ich bin rausgekommen und war nicht ganz so begeistert, muss ich sagen.
0:03:21–0:03:23
Und dann dachten wir, das müssen wir in einem Podcast besprechen.
Chris Flor
0:03:24–0:03:27
Ich interessiere mich ja für so Vampirsachen. Da kommen wir sicher später auch
0:03:27–0:03:31
noch zurück. Das ist eigentlich ein Thema, was mich halt so sehr lange schon begleitet hat.
0:03:32–0:03:41
Ich fand, der Ansatz war ein ganz anderer in den Details als beim traditionellen Vampirfilm.
0:03:41–0:03:42
Das hat mich ziemlich begeistert.
0:03:43–0:03:49
Ich habe jetzt gemerkt, beim zweiten Mal gucken, als so eine Seherfahrung,
0:03:49–0:03:52
Fand ich den jetzt dann nicht ganz so aufregend. Ich glaube,
0:03:52–0:03:56
andere Leute haben gesagt, er wäre so visuell so toll und ich verstehe es auch
0:03:56–0:03:57
ein bisschen, aber eigentlich auch nicht.
0:03:57–0:04:02
Also für mich waren die Ideen da drin halt relativ interessant in dem Kontext
0:04:02–0:04:04
von der Vampirgeschichte, von der Dracula-Geschichte.
Florian Clauß
0:04:04–0:04:08
Ja, sehr gut. Wir kommen gleich darauf zu sprechen. Wir gehen ein bisschen tiefer
0:04:08–0:04:13
rein und wir, um den Bogen nochmal zu spannen, ja, wir haben uns das erste Mal,
0:04:13–0:04:18
also wir beide auch bei Eigentlich Podcast auch einen Horrorfilm gemeinsam besprochen.
0:04:18–0:04:24
Das war damals Midsummer von Ari Aster. Ich finde, Ari Aster und Robert Eggers
0:04:24–0:04:26
sind so Parallelfiguren.
0:04:27–0:04:35
Beide kann man sehr gut vergleichen. Beide machen überwiegend so verstörende Filme, Horrorfilme.
0:04:35–0:04:41
Und beide, wir sind auch von A24 produziert. Also zumindest der erste von Eggers,
0:04:41–0:04:45
The Witch, ist von 2015 und das war A24.
0:04:45–0:04:47
Die haben wir auch immer mal wieder erwähnt.
Chris Flor
0:04:47–0:04:48
Ja, Lighthouse. Lighthouse aus.
Florian Clauß
0:04:48–0:04:54
Auch, okay. Lighthouse ist zum Beispiel der Film, den ich von Eggers noch nicht gesehen habe.
Chris Flor
0:04:54–0:04:58
Ah, der ist super. Den habe ich mit Eli zusammen geguckt und haben uns dann
0:04:58–0:05:00
beide amüsiert. Der ist echt toll.
Florian Clauß
0:05:01–0:05:04
Der steht noch auf meiner Watchliste. Mit Willem Dafoe auch.
0:05:05–0:05:10
Eggers hat ja auch so ein Ensemble an Schauspielerinnen und Schauspieler, die öfters auftauchen.
0:05:11–0:05:15
Willem Dafoe ist einer. Der kommt jetzt, glaube ich, zum zweiten,
0:05:15–0:05:18
dritten Mal. Lighthouse hat ja auch die tragende Rolle, Willem Dafoe.
0:05:19–0:05:25
Und in Nosferatu spielt die weibliche Hauptrolle, Lily Rose Depp,
0:05:25–0:05:28
die Tochter von Johnny Depp.
0:05:28–0:05:34
Die spielt Ellen Hatter. Hatter, das Ehepaar Hatter, Thomas Hatter und Ellen Hatter.
0:05:35–0:05:41
Die kennen wir aus Dracula, aus der Originalgeschichte heißen die auch, glaube ich, Hatter.
Chris Flor
0:05:42–0:05:44
Oder heißen die Harker? Harker.
Florian Clauß
0:05:44–0:05:45
Harker, genau.
Chris Flor
0:05:45–0:05:54
Also in einem Roman heißen die Mina Harker und Jonathan Harker und dem Nosferatu,
0:05:55–0:06:00
also in dem Murnau wurde das halt umgeändert in Ellen Hatter und Thomas Hatter.
0:06:01–0:06:06
Und das hat jetzt auch Eggers übernommen, aber verwirrend, in dem Werner Herzog
0:06:06–0:06:12
Nosferatu sind Lucy Harker und Jonathan Harker.
0:06:12–0:06:16
Aber Lucy ist eigentlich in dem Roman und auch in der Coppola-Geschichte die
0:06:16–0:06:18
beste Freundin von Mina Harker.
0:06:18–0:06:21
Also das ist alles durcheinander gekommen.
Florian Clauß
0:06:21–0:06:26
Alles durcheinander. Aber was man sagen kann, ist, dass wir hier so eine nahezu 50er-Jahre,
0:06:27–0:06:33
ein Intervall von 50 Jahren haben. Wenn wir dann Monau gucken, der erste...
Chris Flor
0:06:33–0:06:34
Ah, das ist 100 Jahre her.
Florian Clauß
0:06:34–0:06:40
Ja, ich sage ja, 100 Jahre, 1922 wurde Monau verfilmt, dann 1976,
0:06:41–0:06:47
1979 wurde Nosferatu, Phantom danach von Herzog verfilmt und jetzt 24 haben
0:06:47–0:06:49
wir Nosferatu von Eggers.
0:06:49–0:06:52
Also man kann so sagen, so plus minus 50 Jahre.
0:06:52–0:07:00
Der Roman Bram Stoker, von Bram Stoker Dracula, ich glaube, der kam so 1897?
Chris Flor
0:07:00–0:07:07
96. Ich hatte damals ja bei Convex TV, das war mein erster Beitrag, Dracula wird 100 Jahre.
0:07:08–0:07:13
Das war 1996 und da hatte ich schon über den Dracula-Roman,
0:07:13–0:07:17
das war ganz cool, weil ich hatte den Roman gelesen, wollte da einen Artikel
0:07:17–0:07:22
drüber machen und dann hatte ich quasi so fertig, auch mehr oder weniger und
0:07:22–0:07:27
dann hat Martin gefragt, ja warum jetzt und warum dann? Und dann habe ich so nachgeguckt.
0:07:27–0:07:33
Dann fiel mir dann erst auf, dass das 100 Jahre zurück lag, dass der Roman rauskam.
0:07:34–0:07:37
Sonst hätte das überhaupt so keine Motivation gehabt, dass man das hat.
0:07:37–0:07:40
Ich wollte nur irgendwas über Dracula machen.
0:07:40–0:07:43
Aber dann hat es gepasst. Es war Schicksal.
Florian Clauß
0:07:43–0:07:48
Ja, perfekt. Es war perfektes Timing. Und dieses Schicksal führt uns jetzt wieder zusammen.
Chris Flor
0:07:49–0:07:50
Ja, genau.
Florian Clauß
0:07:51–0:07:53
Und wir hatten gerade so eine Namensverwirrung.
0:07:53–0:07:55
Vielleicht können wir auch nochmal den Grund dafür sagen.
0:07:55–0:08:05
Nämlich die Witwe von Stalker, die Witwe von ihm hat nämlich sämtliche Rechte
0:08:05–0:08:07
nicht an Monau abtreten wollen.
0:08:07–0:08:12
Deswegen hat er die Grundhandlung übernommen von Pram Stalker,
0:08:13–0:08:16
aber ganz viel Variation eingebaut. Und das sind eben die Namen.
0:08:17–0:08:20
Und das ist auch die Figur des Nosferatus.
0:08:20–0:08:22
Der heißt nämlich Graf Orlok und nicht Graf Dracula. Kula.
0:08:23–0:08:26
Und er hat viele, also einige Details,
0:08:27–0:08:31
eingeführt, Mono, die, ich würde sagen, auch die Geschichte nochmal so ein anderes
0:08:31–0:08:33
Schlaglicht gegeben haben.
0:08:33–0:08:37
Also Nosferatu unterscheidet sich doch schon, das hast du ja am Anfang auch
0:08:37–0:08:41
gesagt, von der Dracula, von der Figur.
Chris Flor
0:08:41–0:08:45
Ja, und auch, also ich würde auch sagen, die Geschichte ist eine andere.
0:08:45–0:08:49
Also die Nosferatu-Geschichte ist in der Regel, ja, ich habe leider den Dings
0:08:49–0:08:53
nicht mehr fertig geguckt, den Werner Herzog, den hatte ich jetzt nochmal angefangen,
0:08:53–0:08:56
hatte dann aber keine Zeit, aber Klaus Kinski ist so geil, wenn der auftaucht.
0:08:56–0:09:01
Also, das ist jetzt schon mal mein erstes eigentlich, was ich reinwerfen wollte.
0:09:01–0:09:05
Also, Dracula, der Roman, ist eigentlich ein Science-Fiction-Roman.
Florian Clauß
0:09:06–0:09:11
Okay. Wow, das ist eine tischsteile These. Jetzt mal los.
Chris Flor
0:09:11–0:09:17
Wohingegen halt der Murnau schon ein Horror- oder halt Weird-Fiction oder sowas
0:09:17–0:09:20
eher ist, wäre der Dracula doch ein Science-Fiction.
0:09:21–0:09:23
Weil, sollen wir da jetzt schon, machen wir nachher, oder?
Florian Clauß
0:09:23–0:09:29
Machen wir mal. Vielleicht, lass uns, bevor wir jetzt Dracula und Orlock vergleichen,
0:09:29–0:09:32
vielleicht sollten wir nochmal ganz grob die Kerngeschichte von.
Chris Flor
0:09:32–0:09:37
Ja, also das Coole ist halt dieses Thema des Untoten. Also der Film wurde quasi,
0:09:37–0:09:39
Murnau hat den zu einem Film gemacht.
0:09:39–0:09:45
1996 ist ja auch das Jahr, in dem Kino und Film eigentlich so hochkam,
0:09:45–0:09:48
das ist als das Buch auskam. 1896.
0:09:49–0:09:53
1896 meinte ich ja. Murnau macht halt diesen Film und wird dann aber verklagt
0:09:53–0:09:56
von dem Estate von Bram Stoker.
0:09:57–0:10:02
Und es werden alle Filme zerstört. Aber es wird dann halt irgendwie,
0:10:02–0:10:04
die müssen halt alle zerstört sein.
0:10:04–0:10:06
Es gibt keine Filme, die dürfen nicht mehr aufgeführt werden und so weiter.
0:10:07–0:10:11
Und dann wurden die später nur verschiedene Schnitte, wurden halt hier und da
0:10:11–0:10:16
auf der Welt gefunden und wurden da zusammen editiert zu einem gültigen Werk.
0:10:16–0:10:19
Und deswegen, es gibt auch ganz schreckliche Versionen halt draußen in der Welt.
0:10:20–0:10:23
Aber das hat halt eben wieder dieses Thema des Untoten.
0:10:23–0:10:31
Erstmal der Film ist ja ein altes, totes Geschehen, das aber wieder sich bewegt.
0:10:31–0:10:36
Und dann hast du aber auch diesen Film, der getötet wurde und dann halt auch
0:10:36–0:10:40
wieder so untot gemacht wird dann später bei mir.
Florian Clauß
0:10:40–0:10:43
Ja, sehr schön. Und auf diese Meta-Ebene können wir nochmal heben,
0:10:44–0:10:52
dass in der Original, in dem Original von Morno, verpufft am Ende Nosferatu, geht in Rauch auf.
0:10:52–0:10:56
Und wir wissen, wir wissen spätestens seit Inglourious Bastards,
0:10:56–0:10:59
dass Zelluloid damals eine Waffe war.
0:10:59–0:11:03
Nämlich es war Zellulose. Wir haben ganz oft irgendwelche Brände im Kino gehabt,
0:11:04–0:11:10
weil das ja eine hochexplosive Stoff war, worauf der Film dann quasi abgelichtet war.
0:11:10–0:11:14
Also so kann man das ja auch nochmal auf diese Ebene heben. Das Zelluloid dann
0:11:14–0:11:18
quasi so verpufft wie Nosferatu am Ende der Geschichte.
Chris Flor
0:11:18–0:11:21
Und das Zelluloid haben sie auch verbrannt.
Florian Clauß
0:11:21–0:11:22
Ja, das verbrennt.
Chris Flor
0:11:22–0:11:27
Man stellt sich so Scheiterhaufen vor, wo dann das Ganze draufgeladen wird.
Florian Clauß
0:11:28–0:11:30
Wir brauchen noch eine Hexe.
0:11:32–0:11:36
Übrigens Hexe, dann können wir mal kurz in die Filmgeschichte von Eggers einsteigen,
0:11:36–0:11:40
bevor wir dann, wir reden gleich über die Geschichte von Nasferatu.
0:11:40–0:11:42
Aber lassen Sie mal Eggers abrunden.
0:11:42–0:11:45
Also du hast gesagt, du hast Lighthouse, hast du alle Filme von ihm gesehen?
Chris Flor
0:11:45–0:11:47
Ich glaube, ich habe jetzt alle gesehen, ja.
Florian Clauß
0:11:47–0:11:48
Du hast alle, ich habe...
Chris Flor
0:11:48–0:11:54
Also ich sag mal, also Lighthouse, Vividch, Northman...
0:11:54–0:11:56
Und Nosferatu, habe ich was vergessen?
Florian Clauß
0:11:56–0:11:59
Nee, genau, das sind die vier, die habe ich auch auf dem Schirm gesehen.
0:11:59–0:12:02
Er hat noch einige Kurzfilme vorher gedreht.
0:12:02–0:12:06
Ich habe auch gesehen, dass er einen Kurzfilm Hänsel und Gretel gedreht hat.
0:12:06–0:12:08
Das war einer seiner ersten Kurzfilme.
0:12:08–0:12:11
Und das hätte jetzt gut zu unserer Episode auch Hänsel und Gretel gepasst,
0:12:12–0:12:13
die wir vor ein paar Folgen gemacht haben.
0:12:14–0:12:19
Aber fand ich auch interessant, zumal auch The Witch einige Anleihen aus Hänsel und Gretel hat.
0:12:19–0:12:24
Ich habe damals, als ich dann halt über Hansel und Gretel auf Verfilmungen recherchiert
0:12:24–0:12:30
habe, kam mir auch The Witch unter, aber es weicht schon sehr stark von der Geschichte ab.
0:12:30–0:12:35
Ja, ich finde, The Witch lässt sich von der, ich sag mal so von den Suspense
0:12:35–0:12:41
und von der Art Horror, wie sich Horror anfühlt, finde ich schon sehr vergleichbar
0:12:41–0:12:44
mit Ari Aster, mit Midsummer. Würdest du da mitgehen?
Chris Flor
0:12:44–0:12:47
Ja, ja, würde ich mitgehen auch. Also, und da können wir vielleicht dann auch
0:12:47–0:12:49
später auch nochmal drüber reden.
0:12:49–0:12:55
Ich finde, andere Sachen sind, ja, The Witch, ich fand jetzt den Nosferatu weniger
0:12:55–0:12:59
verstörend als diese ganzen Aster-Filme und alle Aster-Filme.
Florian Clauß
0:12:59–0:13:00
Das stimmt, fand ich auch.
Chris Flor
0:13:01–0:13:07
Also wo es mir immer schwerer fällt, einen Ariasta-Film ein zweites Mal zu gucken,
0:13:07–0:13:12
weil man schon weiß, was passiert und dann man das halt nicht irgendwie mitmachen möchte wieder,
0:13:12–0:13:16
ist es jetzt hier bei dem Nosferatu war es nicht so, fand ich.
0:13:17–0:13:20
Das zweite Mal gucken hat es nicht irgendwie schlimmer gemacht.
0:13:21–0:13:28
Aber Vich, Vich ist, da ist es auch so. Also dieses Gefühl, ja,
0:13:28–0:13:32
also dieses Unheil, was halt einfach sich anbahnt und wo man dann halt einfach
0:13:32–0:13:35
drauf hin steuert und man kann es sich verhindern.
Florian Clauß
0:13:35–0:13:40
Ja, und dann auch in so banalen Kameraeinstellungen. Und dann aus dieser banalen
0:13:40–0:13:46
Kameraeinstellung wie den Rand eines Waldes, auf einmal kommt dann doch so ein
0:13:46–0:13:48
beängstigendes Gefühl raus.
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Und das fand ich bei Mitzheimer ganz stark. Also da fand ich jetzt The Witch
0:13:52–0:13:57
nicht ganz so stark. aber trotzdem so eine ähnliche Technik,
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um so eine Angst zu erzeugen im Film, fand ich vergleichbar.
0:14:02–0:14:04
Ich finde auch, The Witch ist eher
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so ein Kammerspiel. Es hat so einen überschaubaren Rahmen, die Handlung.
0:14:09–0:14:14
Und ich habe, wie gesagt, Lighthouse nicht gesehen, aber bei Northman und auch bei...
Chris Flor
0:14:14–0:14:17
Das ist auch ein Kammerspiel. Das ist auch ein Kammerspiel.
Florian Clauß
0:14:17–0:14:21
Okay. Ich habe nur darüber gelesen, dass es in einem Leuchtturm stattfindet.
0:14:21–0:14:24
Aber ist es auch ein Horrorfilm? läuft das auch?
Chris Flor
0:14:24–0:14:28
Ja, würde ich schon sagen. Also weird, weird Fiction auf alle Fälle.
Florian Clauß
0:14:30–0:14:34
Bei Northman und bei Nosferatu,
0:14:34–0:14:40
vor allem bei Northman hat, glaube ich, Eggers gezeigt, dass er wirklich auch
0:14:40–0:14:45
große Bilder, epische Bilder, Bildlandschaften schaffen kann.
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Bei Northman, ich fand die Geschichte, die hat mich schon gepackt.
0:14:50–0:14:58
War dann ein bisschen so, also der hat schon mit der Familie,
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der, I guess, so die Familie als Ort der Zerstörung und des Gegeneinanders.
0:15:08–0:15:13
Bei Northman fand ich aber wirklich diese Epik, die der Film gebaut hat,
0:15:13–0:15:16
fand ich schon sehr stark. Also das kann er, ne?
Chris Flor
0:15:16–0:15:18
Ja, ganz fantastisch. Ja, finde
0:15:18–0:15:22
ich auch. Also Northman war ja die Hamlet-Geschichte, mehr oder weniger.
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Minus dieses Theaterstück. Im Theaterstück kam da nicht wirklich vor,
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aber halt trotzdem ist es halt genau die Geschichte von Hamlet eigentlich.
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Ich wollte jetzt mal, wenn du sagst, so visuell jetzt, dass er da gezeigt hat,
0:15:35–0:15:37
er kann große visuelle Sachen machen.
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Ich finde das beim Northman auf alle Fälle.
0:15:39–0:15:43
Ich war so ein bisschen traurig für ihn. Ich habe gedacht, jetzt geben sie ihm
0:15:43–0:15:46
kein Geld mehr in Zukunft, weil Northman ja nicht so erfolgreich war,
0:15:46–0:15:48
wie man sich das gedacht und erhofft hätte.
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Aber da fand ich zum Beispiel, also er hat ja da auch digitale Technik eingesetzt,
0:15:53–0:15:58
aber halt die war total gut im Dienst der ganzen Sache, weil man den Familienbaum
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gesehen hat, Also dieser Abstamm, den Abstammungsbaum, diese eine Szene.
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Oder dieses Reiten nach Valhalla.
0:16:06–0:16:13
Also gibt es halt diese eine Szene, wo ihr halt so von der Walküre nach Valhalla gefahren wird.
0:16:13–0:16:15
Die Sache ist halt total visuell, total geil.
0:16:16–0:16:21
Wobei jetzt bei dem Nosferatu fand ich diesen Einsatz von Digitalen,
0:16:21–0:16:22
das hat mich echt geärgert auch.
0:16:22–0:16:28
Also diese eine Szene, wo der Thomas dann so rausreitet und dann sind so Windmühlen
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und die sind dann so copy und pasted, sind dann halt so Windmühlen in die Landschaft gestellt.
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Oder dann einmal fährt dann halt der Herr Knock, fährt dann mit dem Boot irgendwie
0:16:38–0:16:41
in Wissburg dann so einen Kanal runter.
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Und das ist halt auch alles so, nicht alles, aber es sind so digitale Sachen
0:16:45–0:16:50
so reingemacht und das hat mich echt, also das fand ich, das war so ein bisschen der,
0:16:50–0:16:54
Also wenn wir jetzt schon mal über das Visuelle reden, ich fand das zusammen
0:16:54–0:16:59
mit der Farbenpalette und so, ich weiß, es soll ein dunkler Film sein,
0:16:59–0:17:03
also hatte dann halt eben dieses gedämpft blau, grünlich, graue,
0:17:04–0:17:09
was halt schon so seit einiger Zeit so ein bisschen viel unterwegs ist.
Florian Clauß
0:17:09–0:17:14
Ja, das ist immer, ich kann auch tatsächlich so aus den visuellen Gedächtnissen
0:17:14–0:17:17
nicht wirklich sagen, ob der jetzt so monochrom war.
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Er war schon bunt, aber er sieht dann auch ähnlich wie der Originalfilm von
0:17:21–0:17:25
Murnau, der auch in verschiedenen Monochromen, aber das ist wahrscheinlich auch
0:17:25–0:17:26
eine Nachbearbeitung da.
0:17:26–0:17:34
Ich muss sagen, ich finde, es ist schon ein Kinofilm, jetzt der Eggers-Film,
0:17:34–0:17:41
weil er eine schon sehr packende Bildsprache und auch Sound hat.
0:17:41–0:17:47
Gerade The Voice of Nosferatu, Graf Orlok.
0:17:48–0:17:55
Okay, aber lass uns, bevor wir da jetzt nochmal tiefer in den Film einsteigen,
0:17:55–0:17:57
erst nochmal ganz kurz die Handlung,
0:17:57–0:18:03
die bei Nosferatu eigentlich bei allen drei Filmen mehr oder weniger vorherrschend ist.
0:18:03–0:18:11
Von Mornau, Herzog weicht an einigen Punkten ab, aber Eggers und Mornau sind
0:18:11–0:18:14
doch sehr nah beieinander von der Handlung.
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Also wir sind im 19. Jahrhundert in der Stadt Wissburg.
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Auch hier nochmal ein kleiner Side-Fact.
0:18:23–0:18:29
Also der Herzog-Film hat die Handlung in Wismar angesetzt. Und hier ist es Wissburg.
0:18:29–0:18:34
Ich habe dann nochmal tatsächlich auf Google Maps geguckt. Wissburg gibt es nicht wirklich.
0:18:34–0:18:39
Es gibt eine Visburg-Stadt mit V geschrieben, die ist dann auf so einer kleinen
0:18:39–0:18:40
Insel eine dänische Stadt.
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Ja, auf jeden Fall in dieser Stadt ist das junge Paar, die beiden haben wir
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schon erwähnt, Ellen Hatter und Thomas Hatter,
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frisch verheiratet und Thomas Hatter arbeitet in einer Kanzlei und bekommt dann
0:18:55–0:19:00
von seinem Chef, Herrn Nock, bekommt er den Auftrag.
Chris Flor
0:19:00–0:19:01
Knock.
Florian Clauß
0:19:01–0:19:01
Knock.
Chris Flor
0:19:01–0:19:02
Der heißt Knock.
Florian Clauß
0:19:02–0:19:09
Knock. bekommt er den Auftrag, in die Karpaten nach Transsilvanien zu fahren,
0:19:09–0:19:16
um da einen Vertrag mit einem Grafen zu machen, der eben in diese Stadt Wissburg ziehen will.
Chris Flor
0:19:17–0:19:20
Aber wenn man schon Transsilvanien hört, sollte man eigentlich,
0:19:21–0:19:23
da weiß man ja eigentlich schon, dass es gibt.
Florian Clauß
0:19:23–0:19:26
Da weiß man doch schon. Aber man muss ja sagen, er hat das Buch,
0:19:26–0:19:31
er soll nach Transsilvanien, ihm ist es noch nicht bekannt.
0:19:31–0:19:38
Und seine Frau, die Ellen, will ihn dran hindern.
0:19:38–0:19:43
Ja, nicht wirklich, aber sie weiß, dass da was Schlimmes passieren wird.
Chris Flor
0:19:43–0:19:48
Also wenn man den Film jetzt wirklich, also wir könnten die Handlung erzählen,
0:19:48–0:19:51
von der normale Dracula-Handlung, oder wir könnten den Film erzählen.
0:19:51–0:19:56
Bei dem Film kommt ja auch diese Vorgeschichte noch da, die man dann sieht,
0:19:56–0:20:02
wo sie dann halt den Orlack überhaupt erst so heraufbeschwört und so weiter. Genau.
Florian Clauß
0:20:03–0:20:05
Das ist aber im Originalfilm nicht so.
Chris Flor
0:20:06–0:20:09
Naja, okay. Dann erzählen wir halt die...
Florian Clauß
0:20:09–0:20:12
Aber du hast recht, vielleicht könnte man das jetzt noch weiter abstrahieren
0:20:12–0:20:16
und sagen, wir erzählen die Dracula-Geschichte, aber da ist auch das Ende anders.
0:20:16–0:20:20
Und er will dann nach London ziehen. Da ist auch nochmal das viktorianische,
0:20:20–0:20:24
die viktorianische Gesellschaft bei Bram Stalker wichtig.
0:20:24–0:20:27
Aber auf jeden Fall geht dann Thomas los.
0:20:28–0:20:34
Seine Frau findet dann Anschluss bei Freunden von ihr, bei dem Ehepaar,
0:20:34–0:20:35
wie heißen die? Harding.
0:20:36–0:20:39
Bei dem Ehepaar Harding. Der ist also, glaube ich, betreibt eine Werft.
Chris Flor
0:20:40–0:20:43
Friedrich und Anna Harding.
Florian Clauß
0:20:43–0:20:46
Und man muss auch sagen, das ist glaube ich bei allen drei Filmen so,
0:20:46–0:20:55
dass die Ellen so eine Schlafwandlerin ist, dass sie auch bestimmt Visionen hat in der Nacht.
0:20:56–0:21:00
Und dass sie auch da so Prophezeiungen und so weiter von sich gibt,
0:21:00–0:21:03
wie eine Art von Besessenheit auch manchmal entwickelt.
0:21:03–0:21:05
Das hatte sie früher, kann man auch gleich nochmal sagen, das war nämlich der
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Eingang, den du gerade erwähnt hast.
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Auf jeden Fall, sobald dann eben Thomas weg ist, sind wenn auch ihre Anfälle häufiger.
0:21:13–0:21:18
Thomas kommt dann erstmal kurz vor Transsilvanien in ein Dorf,
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was von Gypsies bewohnt wird und die empfangen ihn.
0:21:22–0:21:26
Und als sie dann hören, er will dann den Grafen Orlok treffen,
0:21:26–0:21:33
dann ist da aber, alle gucken ganz komisch und warnen ihn nicht dahin zu gehen.
0:21:34–0:21:39
Und er bekommt dann auch nochmal den Leitfaden. Das ist auch nochmal ganz gut.
0:21:40–0:21:43
Das ist auch in der alten Geschichte von Mornau so.
0:21:43–0:21:49
Da gibt es nämlich dann die sogenannte Schrift, die dann auch die Untoten erklärt und das Vampir.
Chris Flor
0:21:50–0:21:54
Beim Eggers kriegt er das nicht. Das kriegt er beim Werner Herzog und beim Mornau.
Florian Clauß
0:21:55–0:21:59
Hat er nicht bei Eggers dann nicht doch? Nein? Okay, dann bringe ich das schon
0:21:59–0:22:00
durch. Der kriegt ein Kreuz.
Chris Flor
0:22:00–0:22:02
Der kriegt ein Kreuz zu.
Florian Clauß
0:22:03–0:22:07
Aber er kriegt dann halt keine Handlungsanweisung.
Chris Flor
0:22:07–0:22:12
Nee, nee, nee, der hat keine Ahnung. Der hat keine Ahnung. Das Einzige,
0:22:12–0:22:13
was den einzigen Tipp, den er kriegt,
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was es mit Vampiren gibt, ist, dass er halt sieht,
0:22:17–0:22:23
wie in der Nacht da so ein Pferd mit einer Jungfrau, nackten Jungfrau obendrauf
0:22:23–0:22:30
über den Friedhof geht und die Gruppe Sinti und Roma gehen halt über den Friedhof und auf einmal,
0:22:30–0:22:35
wie hat das Pferd und dann machen sie den Sarg auf, das Grab auf und dann ist
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dann halt ein Vampir drin und dann stechen sie da einen Pfahl durchs Herz.
0:22:39–0:22:44
Der Thomas sieht das und sagt, was macht ihr oder wie schlimm und dann wacht
0:22:44–0:22:48
er aber gleich in seinem Bett auf, macht wohl das Kreuz dafür verantwortlich
0:22:48–0:22:51
oder keine Ahnung, reißt sich das Kreuz halt vom Leib wieder,
0:22:51–0:22:53
das er am Tag vorgekriegt hat für seinen eigenen Schutz.
0:22:54–0:22:59
Ja, also da er weiß so ein bisschen, dass da irgendwas was mit lebenden Toten zu tun hat.
0:23:00–0:23:08
Als der Pfahl durch diese Leiche durchstoßen wird, dann setzt die sich ja auf und kotzt so gut raus.
Florian Clauß
0:23:08–0:23:09
Ja, genau.
Chris Flor
0:23:09–0:23:10
Das sieht man, ja.
Florian Clauß
0:23:11–0:23:11
Richtig.
Chris Flor
0:23:11–0:23:13
Also aber keine Stift, er kriegt kein Buch.
Florian Clauß
0:23:13–0:23:17
Er kriegt kein Buch. Okay, er sieht das, er hat eine Vision in dem Traum.
0:23:17–0:23:21
Und er geht am nächsten Morgen dann los. Jetzt bin ich mir auch nicht sicher,
0:23:21–0:23:23
da bringe ich auch alle Filme durcheinander.
0:23:24–0:23:26
Bei Thomas Herzog.
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Werner Herzog bekommt da zum Beispiel kein Pferd, sondern muss laufen,
0:23:31–0:23:33
wird dann von der Kutsche abgeholt, vom Graf.
Chris Flor
0:23:33–0:23:36
Der läuft auch im Eggers, läuft er auch.
Florian Clauß
0:23:37–0:23:40
Ja, stimmt. Nein, jetzt weiß ich nicht.
0:23:40–0:23:44
Er nimmt sein Pferd und das Pferd ist irgendwann erschöpft und dann läuft er
0:23:44–0:23:47
weiter und dann kommt diese Kutsche und holt ihn ab.
Chris Flor
0:23:47–0:23:49
An dieser Kreuzstraße.
Florian Clauß
0:23:50–0:23:55
Und da muss ich sagen, das Sounddesign ist da schon sehr mächtig. Das ist schon toll.
0:23:55–0:24:00
Und was man auch sagen muss, ist, dass diese Darkness, die da filmen,
0:24:01–0:24:04
also die Dunkelheit, so wie der inszeniert ist.
0:24:04–0:24:07
Der spielt wirklich sehr im Dunkeln und sehr im Schwarzen.
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Während bei dem Monau-Film, dann muss man immer noch mal irgendwie überlegen, ist das jetzt Nacht?
0:24:13–0:24:17
Weil natürlich hätten die nicht die Möglichkeit, irgendwie in Nachtaufnahmen zu machen.
0:24:17–0:24:21
Du siehst dann immer, auch wie bei Tanz der Vampire, immer noch die Schatten,
0:24:21–0:24:23
obwohl die dann halt irgendwie die Linse abgedunkelt haben.
0:24:24–0:24:27
Aber die Schatten von der Sonne sieht man dann aber immer auch noch an den Gebäuden.
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Aber hier ist diese Beklommene und diese Schwärze ist schon echt ganz stark
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umgesetzt bei dem Eckers Film.
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Also er wird dann mit dieser Kutsche, wird er dann in das Haus von dem Grafen
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gebracht und er trifft auch gleich auf den Grafen, kriegt was zu essen angeboten.
0:24:49–0:24:51
Das ist bei allen drei Filmen das Gleiche.
Chris Flor
0:24:51–0:24:53
Ja, genau das Gleiche.
Florian Clauß
0:24:53–0:24:57
Genau, und bringt diesen Vertrag mit, ja. Wobei, und hier unterscheidet sich
0:24:57–0:25:03
dann auch dieser Film von den anderen, der Vertrag ist in einer kryptischen Sprache geschrieben.
Chris Flor
0:25:04–0:25:07
Ja, ne, ne, ne, es sind ja zwei Sachen. Also, was halt auch bei dreien,
0:25:07–0:25:11
was das Geile irgendwie ist bei allen drei Filmen ist, dass er irgendwie sich
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mit einem Messer Brot abschneidet, sich in Finger schneidet und dann auf einmal
0:25:16–0:25:18
das Interesse von dem Grafen Orlack oder Dracula,
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weckt irgendwie und dann, also dann irgendwie die alle irgendwie eigentlich
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an seinem Finger zu saugen wollen.
Florian Clauß
0:25:25–0:25:28
Ja, ein großartiger Moment von Kinski, das ist glaube ich so die Schlüsselszene.
Chris Flor
0:25:28–0:25:30
Ja, Kinski, ja, das ist die Beste ist.
Florian Clauß
0:25:30–0:25:33
Das ist so unglaublich. Das ist wirklich...
Chris Flor
0:25:34–0:25:36
Die Stimme von David ist so geil, ja, ja.
Florian Clauß
0:25:37–0:25:41
Ja, ja, also das ist wirklich eine ganz starke Szene und dann sieht man einfach,
0:25:41–0:25:45
was Kinski da für, was es für ein Schauspieler war.
Chris Flor
0:25:45–0:25:48
Ach so, mit dem Vertrag nur, es gibt zwei Verträge, weißt du,
0:25:48–0:25:52
der eine Vertrag ist, wo Orlack unterschreibt, dass er dieses Gebäude kauft.
0:25:52–0:25:57
Aber dann beim Eggers, dieser kryptische Vertrag, und da können wir dann später
0:25:57–0:26:00
auch nochmal zurückkommen in Verbindung mit den Ari Aster-Filmen und so weiter,
0:26:00–0:26:01
hat mich das interessiert,
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dieser Vertrag, den er dann dem Thomas vorlegt, dann später,
0:26:07–0:26:10
in einer späteren Nacht, wo es eigentlich schon, Thomas hat schon super Schiss,
0:26:11–0:26:15
weiß, ist schon irgendwie angebissen worden, das ist das Begreifende so ein bisschen vorneweg,
0:26:15–0:26:19
also weiß, irgendwas stimmt da nicht, hat wirklich Angst vor diesem Grafen.
0:26:19–0:26:23
Von Anfang an hat er wahnsinnig Angst vor diesem Grafen, weil der halt auch so unheimlich ist.
0:26:23–0:26:26
Aber dann kriegt er halt diesen Vertrag vorgelegt, den er unterschreiben soll
0:26:26–0:26:28
in der Sprache meiner Vorfahren.
0:26:29–0:26:35
Und das ist halt alles so wirklich so eine kryptische Fantasy-Font da irgendwie.
Florian Clauß
0:26:35–0:26:36
Ja.
Chris Flor
0:26:36–0:26:39
Und dann ist halt irgendwie der Siegel auch unten und dann halt so ein Rahmen,
0:26:40–0:26:41
wo er dann seinen Namen so reinschreiben soll.
0:26:42–0:26:46
Und der hat halt einfach Schiss vor dem und unterschreibt dann halt diesen Vertrag.
0:26:46–0:26:50
Und er kriegt dann noch so einen Beutel Gold angeboten, weil er noch zögert.
0:26:50–0:26:54
Und dieser Beutel Gold ist natürlich, Thomas möchte den haben,
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damit er seine Frauen schönes Leben leisten kann und so weiter.
0:26:57–0:27:01
Und er ist dann halt so, er unterschreibt halt in diesem, man weiß halt,
0:27:01–0:27:04
dass es was bedeutet, aber er weiß nicht, was es bedeutet.
0:27:04–0:27:10
Das ist klar, dass diese Unterschrift nichts Gutes mit sich bringt und er unterschreibt
0:27:10–0:27:14
und das er unterschreibt, hat eine Bedeutung, hat eine Wirkung,
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obwohl er eigentlich nicht aus freiem Willen eingewilligt hat.
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Er hat halt einfach nur sich auch nicht verweigert dessen.
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Er hat mit freiem Willen unterschrieben.
0:27:25–0:27:27
Also das finde ich halt sehr interessant in diesem Sinne.
Florian Clauß
0:27:27–0:27:33
Ja, der freie Wille und das, was dann daraus determiniert, ist auch eigentlich
0:27:33–0:27:35
so eine Grundfrage bei dem Film.
0:27:35–0:27:40
Auch von Ellen am Ende. Genau, dann ist dieser Vertrag unterschrieben.
0:27:40–0:27:45
Damit ist eigentlich auch besiegelt, dass Orlok seinen Umzug starten kann.
0:27:45–0:27:49
Ja, das heißt, das ist auch sehr amüsant in den anderen Filmen,
0:27:49–0:27:54
wo dann so ein paar Särge dann eben auf irgendwelche Flöße getragen werden und
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er legt sich da rein und die schippern die Donau runter.
0:27:58–0:28:01
Ja, und dann fragt man sich auch, wieso sind die jetzt auf dem Segelboot?
0:28:02–0:28:09
Der ist doch irgendwie gerade in Transilvani. Aber meiner geografischen Verfolgung,
0:28:09–0:28:13
also denke ich, dass die im Schwarzen Meer, ich glaube, das wird irgendwo auch
0:28:13–0:28:15
mal gesagt, Das war, wie wir dann quasi landen.
0:28:15–0:28:20
Mit dem ganzen Hab und Gut, vor allen Dingen Särge, ja, Särge mit Ratten,
0:28:20–0:28:23
ja, von Orlok, werden dann verladen auf ein Schiff.
Chris Flor
0:28:23–0:28:23
Und Erde.
Florian Clauß
0:28:24–0:28:24
Und Erde, genau.
Chris Flor
0:28:24–0:28:25
Vor allen Dingen Erde.
Florian Clauß
0:28:25–0:28:30
Erde, und das ist in Herzogsfilmen, wird das dann bei der Befrachtverladung,
0:28:30–0:28:34
wird dann auch gesagt, dass das Erde zu Forschungszwecken sei.
Chris Flor
0:28:34–0:28:36
Ja, ja, Experimenten, ja, genau.
Florian Clauß
0:28:36–0:28:39
Genau, und dann machen sie einen auf, und dann machen sie einen auf,
0:28:39–0:28:41
und dann ist da Erde und ein paar Ratten, ja.
0:28:41–0:28:45
Aber auf jeden Fall kommt dann das Sarg, die Särge kommen dann aufs Schiff und
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das Schiff fährt dann durch das Schwarze Meer und dann wahrscheinlich durch
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das Mittelmeer hoch und eben über den Atlantik zurück in die Ostsee.
0:28:55–0:28:59
Also so wird wahrscheinlich der Kurs gewesen sein.
0:28:59–0:29:04
Und während dieser Reise wird halt die Mannschaft dezimiert, immer mehr.
0:29:05–0:29:09
Matrosen gehen dann eben verschwinden oder kriegen eine komische Krankheit.
0:29:09–0:29:17
Wir haben noch eine Szene vergessen, nämlich der getriebene Thomas in der Burg
0:29:17–0:29:23
von Orlok geht dann auch mal runter in den Keller und folgt dann der Ahnung
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und hebt den Sargdeckel,
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findet da eben den schlafenden Orlok und will ihn mit einer Hacke,
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da hat er nämlich das gelernt,
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dass man irgendeinen Pfahl durchs Herz stoßen soll.
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Will er den ermorden er wird aber in dem Moment von ihm abgehalten also er kann
0:29:45–0:29:47
dann nicht zustichen und muss...
Chris Flor
0:29:47–0:29:53
Das ist ja diese Szene auch von Murnau, die halt dann nicht so visuell umgesetzt
0:29:53–0:29:57
wurde, aber halt beim Francis Ford Coppola schon, wo der Dracula dann halt aus
0:29:57–0:30:02
dem Sarg so senkrecht so hochkippt quasi schon einmal so senkrecht dasteht,
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also diese Sache aber das ist da in diesem Film nicht so der ist dann einfach,
0:30:07–0:30:13
der wacht halt doch auf und die Axt fest ist halt saustark aber auch wie der
0:30:13–0:30:16
da drin liegt mit den Würmern und so weiter,
0:30:16–0:30:22
der ist halt so nur so halb verwest und ich finde.
Florian Clauß
0:30:22–0:30:26
Auch so der hat dann irgendwie so eine wie so bei so einem Programm so eine
0:30:26–0:30:33
Routine laufen und dann in dem Moment, wenn halt wirklich Todesgefahr ist, dann zack voll der Asche,
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das treibt dann Thomas noch mehr in die Angst.
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Er sperrt sich dann ein, der Urlaub fährt und Thomas kann sich dann durchs Fenster
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retten und kommt schwer verletzt, halb angesaugt wieder bei den Sinti-Romas
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an und wird von denen versorgt und die wissen auch Bescheid.
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Du bist nur hier sicher, du darfst nicht weiter und du musst dich erholen und so weiter.
Chris Flor
0:30:56–0:31:00
Nee, von einer katholischen in einem Kloster.
Florian Clauß
0:31:00–0:31:05
Im Kloster ist er dann, genau. Im Kloster, ja. Aber es gibt Die traditionellen
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Frauen sind da auch noch im Hintergrund.
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Also es ist so ein bisschen Folklorekloster und er meint so,
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nein, er muss zu seiner Frau, er muss sie beschützen.
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Und zeitgleich trifft eben Orlok in Wiesburg an und ist noch niemand mehr auf dem Schiff lebend.
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Und es wird dann quasi mit so einem Heer von Ratten strandet,
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der dann in dem Steg, das finde ich auch sehr stark,
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das ist fast wie so ein Gemälde inszeniert, wo dann das Schiff in den Steg dann
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rein crasht und die ganzen Ratten das Schiff verlassen.
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Und mit Orlok kommt auch die Pest in die Stadt. Und das ist auch sehr eindrücklich.
Chris Flor
0:31:44–0:31:48
Ja, das ist was anderes als beim Dracula. Also die Pest spielt da keine Rolle.
0:31:48–0:31:50
Das ist ein Nosferatu-Ding.
Florian Clauß
0:31:50–0:31:53
Das ist ein Nosferatu, ja. Also diese Tod und Pest, ja.
0:31:53–0:31:58
Auch in allen drei Filmen, wobei, also das war bei den Herzogfilmen,
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war das wirklich beeindruckend, wo ich mich gefragt habe, wo hat er diese ganzen Ratten her?
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Also das war, glaube ich, da ist eine Menge Budget an so Tierdressur rausgegangen,
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weil das wirklich richtig viele sind.
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Und ich habe dann auch in einem Bericht dann gelesen, dass dann auch Herzog
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selber dann sich als Statist durch die Ratten gegangen ist, weil sich kein Schauspieler getraut hat.
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Und er wurde auch von zahlreichen Ratten immer gebissen, Herzog.
Chris Flor
0:32:23–0:32:27
Ich adoktiere jetzt demnächst eine Gruppe Ratten. Ach, ich? Das kann ich ein
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anderes Mal erzählen. Ja, ja.
Florian Clauß
0:32:28–0:32:34
Oh, wow. Ja, und da gibt es auch eine andere Szene, wo dann Isabella Adjani,
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das ist die Darstellerin von Nusi Haka,
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die durch den Dachboden geht und dann auch durch ein Meer von Ratten,
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wo ich mich gefragt habe, wie haben sie diese Schauspieler dazu gebracht,
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Schauspielerinnen dazu gebracht, da durchzugehen.
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Während wir bei Eggers natürlich viel CGI da haben.
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Aber es ist doch eindrücklich umgesetzt.
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Und auch der Tod, der durch die Stadt geht, man sieht da auch viel.
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Also man sieht wirklich so dystopische Zustände.
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Die Leute rennen, schreien durch die Straßen, sterben.
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Man sieht Särge und so weiter. Bei Murnau ist es ein bisschen kodierter.
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Man sieht eigentlich dann keine sterbenden Menschen, sondern eigentlich nur
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so Särge, die dann hin und her getragen werden von den Toten.
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Bei Herzog gibt es eine Szene auf dem Marktplatz, wo auch alles so ein dystopischer Zustand ist.
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Die sitzen da und haben ein Mal aufgetischt, aber gleichzeitig sind überall Ratten drumherum.
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Es ist ein ganz schönes Bild bei Herzog, so ein bisschen Endzeitstimmung.
Chris Flor
0:33:40–0:33:43
Ja, okay. Ja, soweit bin ich leider nicht. Ich möchte mir den schon noch mal angucken.
0:33:43–0:33:49
Ich habe den wirklich halt als Teenager mit Mitch zusammen im dritten Programm mal angeguckt.
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Ich kann mich halt kaum noch dran erinnern irgendwie.
Florian Clauß
0:33:52–0:33:56
Es gibt zwei Fassungen von dem Film. Das war mir gar nicht bewusst.
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Einmal eine deutsche und eine englische Fassung. Und die deutsche soll besser sein.
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Ich dachte eigentlich, dass es nur synchronisiert sei, die deutsche Fassung ins Englische.
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Aber Herzog hat tatsächlich die Szene zweimal gedreht. Einmal auf Deutsch und einmal auf Englisch.
Chris Flor
0:34:09–0:34:12
Ach so, krass. Ah, okay, interessant.
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Ja, aber auch so Kinski ist dann halt auch, also die Sachen sind schon so gedubbt.
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Man merkt das ja auch, wenn er dann so die Treppe hochgeht und dann auf dem
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Boden mit so Kokosnüssen wohl da gesessen und hat die Fußschritte gemacht und
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so weiter, mit so einem Hallgerät drauf, so einem Spiral-Hallgerät.
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Und ja, also sehr viel ist auch gedubbt da auch, oder einfach nachvertont,
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wahrscheinlich auch stumm gedreht und dann halt die Schauspieler hat drüber sprechen lassen.
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Aber es stimmt, man sieht die Mundbewegung.
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Also die sagen, die reden dann wirklich Deutsch auch.
Florian Clauß
0:34:45–0:34:50
Die reden Deutsch und ja. Also ich glaube, er hat nicht alles auf Deutsch und
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Englisch gedreht, sondern teilweise, aber die Deutsche sollte tatsächlich besser
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sein als die Englische, also sagt man, ja.
Chris Flor
0:34:56–0:34:57
Ah, okay.
Florian Clauß
0:34:57–0:35:00
Genau, also empfehlenswert, das auch nochmal sich anzuschauen.
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In Agas Nosferatu ist dann so,
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das haben wir noch gar nicht so explizit gesagt, Aber die Anfälle von Ellen
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werden immer wilder und sie wird dann auch behandelt und teilweise dann sediert von einem Arzt,
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weil sie dann so in Rage geht, dass die alle Angst um sie haben,
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je näher dann auch.
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Und Nosferatu kommt, der Graf Orlok, der Staat, ja.
Chris Flor
0:35:28–0:35:32
Also sie zählt das dann ja auch dann, also in dem Fall klärt sie dann halt auch
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diesen, achso gut, ja nee, jetzt mal weiter.
Florian Clauß
0:35:35–0:35:40
Auch der Gnog wird immer verrückter, ja, und wird immer okkulter,
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ja, er fängt dann auch an, er wird eingesperrt, weil er Tiere tötet,
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Blut aussaugt und so weiter, also er wird immer wilder.
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Und dann gibt es immer wieder so, er wird kommen, er ist bald da.
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Also Prophezeiung von dem Eintreffen von Nosferatu.
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Ja, um abzukürzen.
Chris Flor
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Soll ich ja schnell durchrennen?
Florian Clauß
0:36:01–0:36:02
Ja, renn mal bitte durch.
Chris Flor
0:36:02–0:36:05
Okay, dann renne ich mal schnell durch. Ich versuche das mal.
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Also es wird ein Arzt eingeschaltet, Dr.
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Sievers, im Hospital ist er tätig und der sieht dann eben sowohl Ellen bei einem
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Hausbesuch, dass sie solche Sachen sagt, er kommt, er ist bald da und eben auch
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den Herrn Knock, der dann halt wie an einem Stuhl fest gegultelt wird,
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der da auch immer gesagt hat, er wird kommen und er merkt dann,
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dass es dann eine Verbindung gibt, dass das Ganze irgendwie,
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dass er da auch überhaupt gar nicht weiß, wie er damit klarkommen soll.
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Geht dann, erinnert er sich, dass er einen Professor hatte, der halt wahnsinnig
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brillant ist und wahnsinnig gut solche Sachen lösen kann,
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mit der Psyche und so weiter, aber leider es sich mit der akademischen Gesellschaft
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verscherzt hat, weil er sich zu sehr mit Paracelsus und Agrippa,
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also mit der ganzen okkulten Sachen dann halt auseinandergesetzt hat und so weiter.
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Deswegen ist er in Ungnade gefallen, ist dann irgendwie nach Wissburg gekommen.
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Friedrich und Wiesert gehen zum Kanzler.
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Gehen dorthin und umreißen halt die Geschichte so. Und das ist also dieser Doktor
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von Franz ist das und das ist halt eben unser Willem Dafoe. Total geil gespielt.
Florian Clauß
0:37:11–0:37:12
Ja, super. Fand ich auch.
Chris Flor
0:37:12–0:37:16
Und also der unterhält sich dann mit Ellen und da stellt sich dann halt raus,
0:37:16–0:37:22
dass da wohl Ellen früher halt auch, dass sie halt übernatürliche Talente irgendwie
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hat, um sich mit der anderen Seite zu kommunizieren,
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dass sie wohl einen Kontakt hergestellt hat, als sie Teenager war,
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der quasi, was halt jetzt wohl
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der Graf Orlok ist, und der sie halt in Albträumen immer besucht hätte.
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Und das Ganze ist aber weggegangen, als sie ihren Thomas geheiratet hat.
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Also große, wahre Liebe. Man merkt es auch immer, wenn die beiden zusammen sind,
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dass das halt eine große, wichtige, wahre Liebe ist.
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Aber sie hat halt eben diese Vergangenheit mit diesem gefährlichen Wesen.
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Und das war auch diese Vorgeschichte, die man da gesehen hat am Anfang,
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bevor der Film richtig losging.
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Sie ist halt irgendwie ein junges Mädchen, die dann halt irgendwie einsam ist
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und nur irgendetwas sagt. Ich möchte einen Engel oder einen Comforting Spirit.
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Irgendetwas, sagt sie dann, möchte sie haben. Und dann auf einmal,
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zack, stellt sie halt die Verbindung her mit diesem ekligen Monster.
Florian Clauß
0:38:17–0:38:22
Und sie aber in höchster sexueller Verzückung, muss man sagen.
Chris Flor
0:38:22–0:38:25
Ja, höchste sexuelle Verzückung mit Schrecken gekoppelt.
Florian Clauß
0:38:26–0:38:27
Mit Schrecken gekoppelt.
Chris Flor
0:38:27–0:38:31
Und auch jetzt nochmal, um dann wieder zu sagen, wieder diese Zizek-Hack,
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das Worum geht es in einem Film, in einem übernatürlichen Film ist eigentlich,
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dass man die übernatürliche Sache wegnehmen soll und dann sagen, worum es geht.
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Und da geht es natürlich, aber da geht es halt drum, du hast eine Frau mit einer Vergangenheit,
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einer sexuellen Vergangenheit und die hat jetzt geheiratet und irgendwie kommt
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das wieder zurück und der Typ ist halt ein schlimmer, gefährlicher Mensch, der dann halt da,
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den sie dann halt quasi noch jetzt so in ihrer Vergangenheit drin hat und der
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kommt halt dann wieder zurück ins Leben.
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Also das ist ja so jetzt so, wenn man sich jetzt so emotional mit den Figuren
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verbindet, mit dem Thomas zum Beispiel, mit dem Thomas,
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ist das ja irgendwie diese Situation, ist dann okay jetzt, wie diese Vergangenheit.
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Dann halt in die Gegenwart der Beziehung halt mit hineinwirkt.
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Also damit wäre diese Sache dann eigentlich so gelöst.
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Okay, machen wir mal weiter. Die Pest kommt an, Thomas kommt auch zurück.
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Der hat sich aus dem Kloster gerettet, hat sich auf ein Pferd geschwungen,
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ist nach Hause geritten.
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Sie merkt sofort, Ellen merkt sofort, Thomas ist angekommen.
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Sie rennt die Treppe runter und tatsächlich kommt dann das Pferd rein,
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er fällt. Er ist halt krank von der ganzen Reise und halt auch,
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weil eben so viel Blut ausgesaugt wurde von dem Orlok, ist er halt ziemlich
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und die wohnen beide noch bei Friedrich und Anna.
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Also sie beichtet diese Geschichte dann auch, sie beichtet die Geschichte auch
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Thomas. Thomas weiß dann auch Bescheid.
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Es ist klar, dass da halt irgendwie was sehr Sexuelles halt auch lief zwischen
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Orlok halt eben auf so einer übernatürlichen Fernbeziehung, dass es halt auch
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in ihre Sexualität jetzt reinspielt.
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Ich fand halt diese Szene dann, wo sie dann halt dem Thomas dann halt auch erstmal
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halt eben das alles beichtet und dann auch, ich bin beschmutzt,
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du darfst dich nicht anfassen und so weiter und dann später aber dann doch irgendwie so,
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also die haben dann trotzdem noch Sex und sie sagt eben ja.
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Küsse mich, wo mein Herz ist oder so, was ja auch immer der Punkt ist,
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wo der Orlog halt auch irgendwie den Thomas gebissen hat und so weiter.
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Also da spielt halt eben diese sexuelle Vergangenheit mit.
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Also das spielt dann halt auch rein und verdüstert vielleicht auch so deren Welt irgendwie.
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Und halt vielleicht auch ähnlich, wo er diesen Vertrag unterschrieben hat und
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er wusste nicht, was er unterschreibt.
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Genauso hatte damals Ellen ja auch jemanden ins Leben hier reingerufen,
0:40:51–0:40:53
ohne zu wissen, was sie da eigentlich reingerufen hat.
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Die sind ja beide in derselben Situation, dass sie halt unwissend der Konsequenzen
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sich was zugestimmt haben, was sie halt gar nicht wussten, was es genau ist.
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Ja. Weil dann stellt sich nämlich auch raus, also mittlerweile hat dann auch
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Orlok wieder kommuniziert mit Ellen und dann stellte sich halt raus,
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dass dieser Vertrag, den er unterschrieben hatte, Thomas,
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dass das quasi dass er sich freigesprochen hat von Ellen und also,
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dass die Hochzeit von ihm aus nicht mehr gilt.
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Aber Orlok muss noch Ellen dazu bringen, dass sie sich wieder ihm nochmal verschreibt
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oder halt so verspricht sich nochmal, sonst kann er nicht zu ihr zurückkommen.
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Das ist halt so sein Ziel.
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Es stellt sich raus, Orlock ist wahnsinnig auf Ellen fixiert.
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Orlock wäre überhaupt gar nicht als Vampir in der Welt, wenn Ellen ihn nicht
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heraufbeschworen hätte damals.
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Und ja, das kommt dann halt raus und das ist so ein bisschen eine Variante,
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finde ich, von allen anderen Filmen vorher auch.
Florian Clauß
0:41:55–0:42:00
Man muss auch sagen, dass mit Orlock der Horror in die Stadt Einzug gehalten hat.
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Ja, da wird es wirklich zum Horrorfilm, dass Paar Harding mit den beiden Töchtern
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Die werden auf übelste Weise von dem Orlog auch abgeschlachtet.
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Es ist wirklich so, so eine Inszenierung von Horrorfilmen, wie man das dann
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halt irgendwie klassischerweise kennt. Auch so mit Jump Cuts.
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Du hast Szenen, wo du dann jemandem folgst und du weißt, jetzt kommt in den
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nächsten Sekunden das Monster.
Chris Flor
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Und dann kommt es tatsächlich, ja.
Florian Clauß
0:42:30–0:42:32
Ja, das nervt manchmal.
Chris Flor
0:42:32–0:42:33
Ja.
Florian Clauß
0:42:33–0:42:39
Aber das gehört dazu, ja. Genau, auf jeden Fall muss sich Ellen dann freiwillig
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Orlok hingeben, um dann ihren Mann zu retten.
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Es wird dann quasi so ein Ablenkungsmanöver von dem Okkulten,
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wie heißt er noch? der Eberhard von Franz, der leitet das dann ein.
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Er weiß um Ellen, dass sie eigentlich nur diejenige ist.
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Und das wird auch in dieser Schrift prophezeit, dass Nosferatu nur getötet werden
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kann, wenn sich ihm ein Mädchenrein Herzens hingibt und dann der erste Harnschrei erklingt.
Chris Flor
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Ja, also was eigentlich ist, der würde auch getötet werden, wenn er irgendwie
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Spaghetti isst und die Zeit vergisst und dann der erste Hahnschrei kommt und
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er nicht in seiner eigenen Erde liegt.
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Aber am besten wirkt es halt, wenn halt eine Frau auf dir total fixiert ist, ihn dann halt abhält.
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Also das wäre in der Vergangenheit schon mal passiert.
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Das ist halt in diesem Schriftstück, das war wohl auch schon mal vorher passiert.
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Und deswegen scheint das so die Lösung zu sein, dass es auch hier helfen könnte,
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dass man den Vampir halt einfach an diese Person, bei dieser Person hält,
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die sich opfert, Und damit der erste Hahn schreit ertönt und dann die Sonne
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rauskommt und er dann davon stirbt.
Florian Clauß
0:43:55–0:43:59
Ja und von Franz ist sich klar darüber, dass das nur Ellen so vermag.
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Macht ein Ablenkungsmanöver, um dann auch Thomas eben nicht bei Ellen zu lassen,
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sondern er sagt, komm, wir suchen jetzt Orlok auf in seinem Schloss und dann
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stürmen die zu dritt dorthin und finden nur Knock.
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Und währenddessen ist, wie es kommen muss, dann eben der Orlog bei Ellen und
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es kommt zu dieser Vereinigungsszene, wo sie sich ihm hingibt.
Chris Flor
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Also auch verbal sich wieder ihm verspricht.
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Sie geht den Vertrag wieder ein mit ihm, aber also bewusst, um ihn dann halt zu besiegen.
Florian Clauß
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Dann kommt eben am Ende der Sonnenschein und es findet die Vernichtung vor der Orlok statt.
Chris Flor
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Ja, wo dann halt auch sie ihn dann halt auch so bösartig anlächelt.
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Also die ganze Nacht, das ist sehr sexuell, viel Blut wird getrunken und so weiter.
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Er kann sich halt nicht losreißen und sie ist schon so halbtot,
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aber lächelt ihn dann halt so hämisch an, weil sie es halt geschafft hat,
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ihn da zu halten bis der Hahn schreit.
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Und dann, ja, diese Vernichtung ist halt auch, das ist auch eine tolle Szene
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so mit dem, also es ist eben nicht nur so ein Verpuffen, sondern da wird er
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wirklich dann so durch die Sonnenlicht dann irgendwie nochmal, weiß nicht,
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nicht wirklich verbrannt, aber halt so dirbt er halt dann noch in Windeseile so.
Florian Clauß
0:45:23–0:45:26
In der Monau-Verfilmung ist es dann eigentlich verpuffen.
0:45:27–0:45:32
Bei dem Herzog sackt Kinski zusammen und bleibt in der Ecke liegen.
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Und genau, das ist das Ende des Films von Eggers.
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Und es kommt so wie erwartet.
Chris Flor
0:45:42–0:45:44
Naja, wie man es wusste, ja.
Florian Clauß
0:45:45–0:45:45
Wie man es wusste.
Chris Flor
0:45:45–0:45:45
Ja.
Florian Clauß
0:45:46–0:45:52
Wo machen wir weiter? Jetzt war der Film so durch und ich möchte noch erwähnen,
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dass der Film, also vielleicht im Absatz dazu, dass Monau in seinem Originalfilm wirklich eine,
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das ikonografische, ein Monument geschaffen hat von Nosferatu,
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das damals und heute auch noch beeindruckend ist.
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Also das Spiel von dem Grafen mit Licht und Schatten, die verwachsenen Hände
0:46:21–0:46:26
mit den Fingernägeln, dann auch die Schatten an der Wand, also es ist wirklich
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noch beängstigend, wenn man das heute guckt, weiß man,
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von so einem Stummfilm, der über 100 Jahre alt ist, das ist eine Leistung, die der geschaffen hat.
Chris Flor
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Und das wirkt ja auch in aller weiteren Filme, also das hat ja dann eben sein
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Echo in Coppola, Dracula und halt eben in Eggers und halt auch in Werner Herzogs.
0:46:49–0:46:53
Also viele dieser Bilder, die da geschaffen wurden, werden dann ja auch mehr
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oder weniger übernommen, auch in der Zukunft.
Florian Clauß
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Ich finde auch, dass eine ganz starke Szene, die Eggers geschaffen hat,
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ist, wie diese Hand, die aussieht wie eine Kralle, weil das sieht man am besten
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in den Herzogfilmen, so riesen Fingernägel da rausgewachsen sind,
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wie die dann als Schatten über der Stadt schwebt und wie dann quasi die Häuser
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dann immer so diesem Schatten der Hand bricht.
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Ja, also die ist ganz toll, die Szene,
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aber es werden auch teilweise eins zu eins von Murnau übernimmt dann Eggers,
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wie dann eben Nosferatu in das Wohnzimmer kommt und man sieht ihn da den Schatten an der Wand.
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Also diese Kraft haben die Bilder auch noch so lange erhalten und das finde
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ich bei den Eggers teilweise ganz gut.
0:47:44–0:47:49
Und jetzt möchte ich zu meiner fundamentalen Kritik an den Eggers Film kommen.
Chris Flor
0:47:49–0:47:50
Okay, jetzt.
Florian Clauß
0:47:50–0:47:56
Ja, also das ist halt so, es gibt zwei Sachen, die halt einfach verkackt sind, ja.
0:47:56–0:48:02
Das eine ist das Pacing von dem Film und das andere ist der Orlock.
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Der hat, also der hat überhaupt nicht diese Kraft,
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ja, der hat überhaupt, der ist so unüberzeugend und so verkackt, ja,
0:48:15–0:48:21
dass ich dem überhaupt nicht das abnehmen kann, diese Diese sexuelle Ausstrahlung
0:48:21–0:48:26
und dieses Böse, ja, und weißt du, woran es liegt?
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An dem Schnurrbart. Das geht so gar nicht.
0:48:31–0:48:35
Das geht so überhaupt nicht. Und ich fand, als das erste Mal,
0:48:35–0:48:38
der wird auch nie so richtig gezeigt.
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Man weiß nicht, ob ihm die Schädeldecke gerade abfliegt oder ob das eine Schmalzlocke
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ist. Man hat so überhaupt keine, überhaupt nicht so einen Überblick der Figur.
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Und das ist einfach in den beiden anderen Nosferatu-Filmen von Mornau und von
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Herzog ist so viel besser gesetzt, ist einfach der Nosferatu selber.
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Also dieses rattenhafte Gesicht oder dieses schlangenhafte Gesicht,
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diese Augen und so weiter, die sind so beängstigend.
0:49:13–0:49:19
Und ich verstehe nicht, wie die zu so einer schlechten Figur gekommen sind.
0:49:20–0:49:22
Das hat mich total rausgeworfen. Okay, jetzt du.
Chris Flor
0:49:22–0:49:26
Also ich sehe es, sorry, ich sehe es halt so ein bisschen anders.
0:49:26–0:49:29
Also erst mal diese Sache, dass man den immer nur im Schatten gesehen hat und
0:49:29–0:49:34
erst eigentlich am Ende im Tageslicht dann halt so wirklich sich angucken kann,
0:49:34–0:49:36
wie die Verwesung schon fortgeschritten ist und so.
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Aber das hat mich sehr an den Elefantenmensch von David Lynch erinnert,
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wo man halt auch den, ich weiß jetzt den Namen nicht mehr, von der Figur,
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der es mit denen am Anfang irgendwie nicht sieht und den halt einfach immer
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mehr, immer besser kennenlernt.
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Und dann der Elefantenmensch dann halt am Ende halt immer besser ausgeleuchtet
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wird, bis man ihn dann halt wirklich ganz klar sehen kann.
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Und das fand ich da eigentlich auch ein bisschen die Sache.
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Also das Gefährliche war, du hast halt diesen, also ich fand das schon gefährlich
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und fand es schon sehr, sehr beängstigend einfach, dass man ihn nicht richtig gesehen hat.
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Er im Hintergrund steht weit weg, kommt dann irgendwie ran. Aber man sieht nur
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in der Hand, wie er dann den Wein einschenkt.
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Ja, also man sieht schon, da irgendwas stimmt nicht. Und da ist schon was verwest.
0:50:20–0:50:24
Wahrscheinlich riecht es auch nicht besonders gut mit der sexuellen Ausstrahlung.
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Und ich glaube, das ist halt auch ein bisschen bewusst.
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Also weil er ja auch...
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Der Orlok in Eggers Film halt eben nicht der große Verführer ist.
0:50:34–0:50:40
Also er ist nicht, sondern er ist ja eigentlich von Ellen hineingezogen worden in die Welt,
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ist ihr verfallen und sein einziges Ziel, also sein Appetit,
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sein Appetite irgendwie, ist halt wirklich das Einzige,
0:50:50–0:50:54
wofür er untot ist, also wofür er lebt,
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ist ja mit ihr zusammenzukommen wieder.
0:50:57–0:51:01
Das heißt, sie hat eigentlich die Ausstrahlung über ihn.
0:51:02–0:51:06
Und er ist eigentlich, ja, er ist halt kaputt.
0:51:07–0:51:13
Und ihn verlangt es halt nach Vervollkommnung mit durch eine Vereinigung mit
0:51:13–0:51:18
Ellen, wo sich dann halt das überhaupt erst auflöst, das Problem seiner Existenz.
Florian Clauß
0:51:18–0:51:26
Ja, gut, ja, mag sein. Also es ist irgendwie so der narrative Treiber da drin, ja.
0:51:26–0:51:32
Aber ich finde trotzdem von der filmischen Ausstrahlung ist das,
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muss man da noch andere Akzente setzen als auf die Geschichte.
0:51:35–0:51:39
Und da finde ich, da hat er sich einfach so rausgenommen.
0:51:39–0:51:45
Und der Film ist halt viel zu langsam erzählt. Der ist so qualvoll. Also der Anfang ist gut.
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Und dann irgendwann willst du nur noch irgendwie Fast Forward machen, weil der ist so langsam.
0:51:55–0:51:59
Und das hat mich da auch irgendwie nicht sehr begeistert bei dem Film.
Chris Flor
0:52:00–0:52:04
Mir ging das nicht so. Also ich kann das nicht nachvollziehen,
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aber es sind halt verschiedene.
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Vielleicht habe ich was anderes gegessen als du vorher oder so. Das weiß man ja nicht.
0:52:10–0:52:15
Oder ich habe vielleicht auch ein bisschen mehr Toleranz dem gegenüber und mir
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das halt irgendwie so anzutun.
0:52:17–0:52:20
Aber für mich war das Pacing okay.
0:52:21–0:52:27
Es ist jetzt kein, es war kein Genuss, es ist kein Genuss wirklich den Film sich anzugucken.
0:52:27–0:52:30
Also jetzt im Vergleich zu, sagen wir mal, den Francis Ford Coppola,
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Dracula, den könnte ich ständig angucken.
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Der ist, es ist so ein geil gemachter Film.
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Diesen hier, also ja, wie gesagt, ich fand den halt interessant von der Handlung
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und von den Nuancen, von den Nuancen. Aber die Figur von Vampir fand ich einfach,
0:52:45–0:52:47
es hat mich halt gefreut, dass jemand,
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Ansatz anders macht. Das fand ich halt gut. Hat mich interessiert einfach.
Florian Clauß
0:52:54–0:53:01
Okay, und der andere Ansatz, der ist eben, dass Orlok von Ellen gerufen wird.
Chris Flor
0:53:02–0:53:07
Ja, also eine Leiche, die quasi zum Leben erweckt wird durch Begehren.
0:53:07–0:53:12
Also der war ja schon irgendwie, es heißt ja in dem Kloster sagen sie, also beim Zeitpunkt,
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dass er einen irgendwie so ein böser Magier gewesen wäre zu Lebzeiten Und dann
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jetzt wäre er zurückgekommen und der Teufel hätte ihn dann irgendwie noch auf
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Warteschleife gehalten und jetzt wäre er halt zurück.
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Irgendwie sowas haben sie gesagt im Kloster.
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Also er ist dann ja eben diese Hülle, die nur dazu dient, um sein Verlangen
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nach Vereinigung mit Alan irgendwie zu, also so ein Vehikel, das zu erfüllen.
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Das ist halt eben diese Providence, dieses Schicksal, was ja in dem Film dann
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halt auch immer sich, also was sich in dem Film halt so durchspielt.
0:53:54–0:53:58
Also er erfüllt das, jeder erfüllt so seinen Teil. Und das war ja ein Thema,
0:53:59–0:54:00
worüber wir reden wollten.
Florian Clauß
0:54:00–0:54:05
Genau. Also was mich da in dem Zusammenhang nochmal, wenn wir da auf die Originalgeschichte gucken,
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ist es ja so, dass bei allen Filmen und auch bei der Bram Stalker ist der,
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Dracula oder Orlog lebt in Transsilvanien und will dann mit vertraglich abgesichert
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in die Zivilisation kommen.
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Und was ich mich da auch immer gefragt habe, was hat denn der vorher gemacht?
0:54:27–0:54:28
Ist der nicht aufgefallen?
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Ich meine, da hast du halt irgendwie so ein Monster bei dir da im Wald,
0:54:34–0:54:36
Ja, der muss ja auch dann sich ernähren irgendwie.
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Wie war das denn jetzt? Also wie ist das denn in der Originalgeschichte? Gibt es dazu?
Chris Flor
0:54:41–0:54:47
Also ich meine doch, die sind ja auch, also der sorgt ja schon für Terror schon
0:54:47–0:54:49
seit Jahrhunderten dann irgendwie in dieser Gegend.
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Und das sieht man ja auch, weil im Eggers Film vielleicht dann,
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dass da schon Vampire irgendwie im Friedhof rumliegen und so weiter.
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Also da scheint schon irgendwie seit einiger Zeit schon zu laufen so.
0:55:00–0:55:00
Die Leute sind schon terrorisiert.
0:55:01–0:55:04
Die haben ja auch alle Angst davor. Die wissen, da soll man nicht hin.
0:55:04–0:55:08
Also ich glaube, das ist halt einfach die Sache. Das ist halt immer so lokal.
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Das ist halt Aberglaube. Das dringt halt nicht irgendwie an die Hoheiten ran.
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Er ist selber ja auch in der Hoheit. Dem gehört das Gebiet halt mehr oder weniger.
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Er hat dann da seine Untertanen, von denen er sich halt dann auch ernährt.
Florian Clauß
0:55:22–0:55:27
Und im Roman ist das, wie ist das denn motiviert, dass er überhaupt da weg will?
0:55:28–0:55:31
Also ich meine gut, bei Eggers ist es ja irgendwie so durch Ellen,
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klar, die ist die Katalysatorin, sozusagen.
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Wie ist es denn in dem Roman?
Chris Flor
0:55:36–0:55:41
Diese ganze Liebesgeschichte ist ja eigentlich wahrscheinlich durch den Nosferatu-Film
0:55:41–0:55:43
reingekommen. Das ist nicht...
0:55:44–0:55:49
Also seine Reise nach London ist nicht motiviert davon, also von Mina Harker
0:55:49–0:55:52
direkt, sondern ist eigentlich motiviert, um sich halt auszubreiten,
0:55:53–0:55:57
um dann irgendwie neues frisches Blut und so weiter zu sich zu nehmen.
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Also einfach als Bedrohung, man muss sich halt auch andersrum vielleicht angucken
0:56:02–0:56:06
und sagen, okay, das ist eine Horrorgeschichte irgendwie aus England,
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viktorianisches England, man hat halt irgendwie Angst vorm Osten,
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da ist wahrscheinlich ein Antisemitismus auch irgendwie noch mit reingecodet und so weiter.
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Und das ist halt die Invasion des Fremden, der uns jetzt hier unsere Kräfte aussaugt und so weiter.
0:56:26–0:56:30
Also eine Umkehrung von so einem Kolonialismus wahrscheinlich.
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Wir brauchen uns nicht für unseren Kolonialismus so schlecht fühlen,
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weil in Wirklichkeit kommen die ja von draußen und wollen uns aussaugen.
0:56:39–0:56:42
Aber vielleicht auch dieser Kulturaustausch mit den Kolonien,
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Also das Horror und das Monster ist ja, das habe ich halt auch schon tausendmal
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gesagt und das sage ich immer wieder, weil es eines meiner Lieblingssachen ist,
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dass es halt das Monster ist halt immer überkonnotiert, da stecken halt wahnsinnig
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viele Bedeutungen halt drin.
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Und ich glaube, dass diese eine Sache, warum er rübergeht nach England,
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er möchte sich ausbreiten, es entsteht eher aus der Angst vor ihm,
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der geht hin und verführt unsere Frauen und trinkt unser Blut und bringt unsere
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Welt durcheinander und bringt uns die Pest oder sowas.
Florian Clauß
0:57:16–0:57:21
Und wie kommt dieses Motiv des Bluttrinkens? Ist das so ein romantisches Motiv?
0:57:22–0:57:25
Ist das eine Erfindung von Bramstone?
Chris Flor
0:57:25–0:57:32
Also, Bram Stoker, ich glaube, das Bluttrinken ist schon auch in der Dingsbums, also dass er sich,
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dass der Vampir sich labt an den Lebenden und die Lebenden aussaugt,
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ist ja eigentlich auch die Definition von einem Vampir, ist ja jemand,
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der sich der andere Energie von anderen abspeist, von den Nicht-Vampiren irgendwie halt was raussaugt.
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Also das ist ja quasi die Definition.
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Ein Zombie, der Zombie, die Definition ist, dass irgendwie auch Leben der Tote,
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aber dadurch, dass er andere ist, die dann auch Zombies werden und die breiten
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sich dann aus und werden dann halt so die Masse von Zombies.
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Und man wird halt immer weniger, kann sich immer schlechter verteidigen.
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Beim Vampir ist es, du hast einen Kern, der halt Energie raussaugt und dann
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dieses Blut ist Leben, was der Knock auch macht.
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Also die ganzen Tiere, die er gebissen hat, die sind halt alle tot.
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Er hat halt das Blut rausgetrunken. Der Vampir nimmt halt die Kraft raus und
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stärkt sich dadurch selber und wird dadurch mächtiger und stärker.
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Also das Blut ist natürlich auch eine, okay, können wir damit halt jetzt auch anfangen.
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Also dieses Blut ist Leben.
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Das ist halt sehr wichtig auch in dem Bram Stoker.
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Es ist ja so, das Individuum, von dem das Blut kommt, sondern Blut an und für
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sich als so eine Masse, als so eine Lebenskraft. Blut ist ein Schluck Lebenskraft.
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Quasi das einzige Individuum, das irgendwie noch existiert, ist der Vampir und
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alles andere ist tot und ausgesaugt.
Florian Clauß
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Diese Anleihe von Vampir aus der Welt der Fledermäuse.
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Da hat man ja das Verhalten bei Fledermäusen, dass die tatsächlich...
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Teilweise Blut trinken von Tieren, von anderen Tieren, von Pferden oder von größeren.
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Wobei man hier nochmal so als Randanekdote dann gerade bei solchen bluttrinkenden
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Fledermäusen ein sehr altruistisches Verhalten beobachten konnte.
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Nämlich das Blut hat auch eine ziemlich kurze, sattmachende Wirkung.
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Also das ist halt wirklich so, innerhalb von kürzester Zeit brauchen die halt
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wieder Blut, damit die nicht sterben, diese Tiere.
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Und wenn dann eben ein Tier nicht richtig, also nicht gejagt oder nicht jagen
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konnte und kein Blut getrunken hat, hat man dann das Verhalten bei den Fledermäusen
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festgestellt, dass dann andere Fledermäuse dem halt das Blut geben.
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So, aber genau aus dem Grund, dass, weil jeder da in diese Situation kommen
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kann, ist dann ein sehr stark ausgeprägtes altruistisches Verhalten,
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aber nur so mal Das interessiert mich.
Chris Flor
1:00:05–1:00:08
Das erinnert mich dann halt auch, du hast halt bei dem Bram Stoker auch,
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also dieses Blut genau die merken halt am Anfang,
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dass halt diese Lucy, Lucy ist nicht Mina Harker, sondern Lucy ist die Freundin
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bei der Mina Harker da wohnt dass sie halt irgendwie immer blutarmer wird,
1:00:20–1:00:24
weil der Vampir halt als erstes Lucy halt irgendwie aussaugt und sie wird halt
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immer blutarmer und dann fangen die halt auch an und machen so,
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Blutübertragungen und das meinte ich ja auch, das ist halt zum Beispiel eins
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von diesen Science-Fiction-Dingern, das war halt so neu,
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dass man dann halt einfach das eigene Blut, also dass die ganzen starken Männer
1:00:37–1:00:44
dann ihr Blut dann halt in Lucy dann halt so eine Blutspende quasi gemacht haben.
Florian Clauß
1:00:44–1:00:45
Um sie wieder aufzupäppeln.
Chris Flor
1:00:46–1:00:50
Transfusion, genau, das ist das richtige Wort, also dieses altruistische,
1:00:50–1:00:52
Ja, was du da erzählt hast mit den Zählern, weil es ist interessant.
1:00:52–1:00:57
Aber halt eben auch diese Sache, also diese Lebenskraft, die dann halt einfach
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existiert, die in verschiedenen Containern,
1:01:01–1:01:05
also in verschiedenen Menschen irgendwie zwar existiert,
1:01:05–1:01:11
aber dann halt auch über die Körpergrenzen hinaus dann halt aufgenommen werden
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kann und dann halt eben auch von dem Vampir rausgesaugt wird aus den einzelnen Individuen.
1:01:17–1:01:20
Ja, also das spielt da, glaube ich, auch mit rein.
Florian Clauß
1:01:20–1:01:26
Und das war dann mehr oder weniger, weil du sagst, also Science Fiction,
1:01:27–1:01:28
diese Erneuerung von...
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Sowas wie der Vampir als Figur, der Untote.
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Ich meine, das sind ja auch alles so Figuren, die in Volkssagen und Mythen und so weiter vorkommen.
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Aber wahrscheinlich so als literarische Figur dann erstmal so geschaffen wurden.
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Und dann, es war ja die Zeit der, naja, es war die Hochzeit quasi schon die
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abklingende Industrialisierung damals.
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Je nachdem, wie man das dann auch lesen mag. Und du hast ja auch schon jetzt
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so eine Lesart angeboten, dass quasi dieser Rückkehr, dieses gegengestreckte Kolonialismus,
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dass dann der Osten in die viktorianische Gesellschaft wieder zurückkommt und sowas.
Chris Flor
1:02:12–1:02:13
Astoria.
Florian Clauß
1:02:13–1:02:16
Genau, das sind ja so Ansätze, oder du kannst es ja dann auch der Vampir,
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wenn du das dann auf so einer Kapitalismuskritik dann ausweitest,
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dann kannst du ja irgendwie, der Kapitalismus saugt uns unsere Arbeitskraft weg, ja.
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Also sowas kann man ja auch dann da reinlesen. Zu der Zeit war es ja noch der
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Kapitalismus in der Ausprägung, hat die Arbeit da schon noch richtig ausgebeutet.
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Im Gegensatz zu heute, also körperlich ausgesaugt.
Chris Flor
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Ja, wobei natürlich der Bram Stoker dann halt, die sind ja alles Adlige,
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also nicht Adlige, aber halt schon reichere Menschen, die dann halt die Opfer
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werden in dieser Bram Stoker-Geschichte und die da ausgesaugt werden.
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Das könnte natürlich auch eine Angst sein vor irgendwie so einer...
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Sich langsam formierenden Arbeiterbewegung, die halt vielleicht irgendwie in
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Russland oder halt im Osten irgendwie sich stark macht oder so,
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kann natürlich auch sein.
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Also da kommt halt irgendwie die Sachen, das ist halt total dicht gepackt, alles an Bedeutung.
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Also was ich meinte mit dem Science-Fiction irgendwie, ja, das ist halt ein
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Teil, der, also das war so ein bisschen, worüber ich damals schon geschrieben hatte bei Convex TV.
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Du hast halt eben, ich finde es eher so eine, Science-Fiction halt eben so ein
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wissenschaftliches, von einem Aufnehmen eines Phänomens in den wissenschaftlichen
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Wissenskörper irgendwie.
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Also darum ging es dann, bei dem Roman ist es so auffällig. Der Roman ist ja
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so, stellt sich zusammen aus verschiedenen Schriftstücken, die halt alle gefunden wurden.
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Da ist dann das Mina Harkers Tagebuch, die Briefe von Jonathan Harker an Mina
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aus seiner Reise nach Transsilvanien, das Logbuch von dem Schiff.
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Wie heißt dieses Audio-Gerät, was aufnimmt?
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Man kratzt es in so einen Wachskiegel rein. Phonograph.
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Phonograph-Aufnahmen von einem Doktor, der dann halt irgendwie erstmal den verrückten
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Renfield, also hier der Herr Knock, oder dann später Mina Haker.
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Also das sind diese ganzen Schriftstücke, die alle so kreuz und quer rumliegen, sind nicht geordnet.
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Und der Vampir ist da als so eine Sache, die außerhalb der Wissenschaft,
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außerhalb des Verständnisses ist.
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Die Leute haben empirische Beobachtungen, was halt passiert,
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aber dann steckt dann halt auch vielleicht so ein wissenschaftliches Dogma,
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schlägt dann halt immer ein, dass es nicht sein kann,
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weil es halt sich mit dem momentanen wissenschaftlichen Stand Status Quo nicht
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erklären lässt, wird es halt erstmal ausgeschlossen.
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Und währenddessen bewegt sich halt Dracula an diesen Grenzen.
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Er hat halt auch, wenn er so Einfluss hat auf den Wind, er hat Einfluss über
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die Wölfe, die Fledermäuse, den Nebel.
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Er hat auch mehr Einfluss auf Frauen durch Hypnose als auf Männer.
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Männer halt nicht so ganz. Also eben halt so diese Vorstellung damals,
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dass die Frau halt mehr an der Natur ist als der Mann, solche Geschichten.
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Um ihn zu besiegen, muss man ihn halt aus dem außerhalb, außersprachlichen und
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außerwissenschaftlichen Diskurs, man muss ihn halt reinbringen.
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Und das passiert dadurch, dass man
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halt diese, es ist wie so ein literaturwissenschaftliches Ding eigentlich.
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Du nimmst alle Texte, die du hast und ordnest die und bringst die zusammen,
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machst ein lineares Narrativ draus und dann wissen sie Bescheid und haben dann
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auch irgendwelche folkloristischen Texte oder was weiß ich und dann wissen sie,
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wie sie ihn besiegen können.
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Und das ist halt eben hier beim Tageslicht raus und dann ist er geschwächt und dann kann man töten.
Florian Clauß
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Okay, das heißt durch Beobachtung, durch Naturbeobachtung, also so quasi wie
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so früher Entdecker dann auch sich den Himmel angeschaut haben und dann irgendwann
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die wiederkehrenden Sternformationen beobachten konnten.
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Die dann aus den verschiedenen Quellen, die sie da zur Verfügung hatten,
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haben die das dann halt so kombiniert und dadurch hat sich dann so eine Anleitung
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ergeben, wie man Papiere besiegen kann.
Chris Flor
1:06:22–1:06:28
Okay, und diese Anleitung ist das Buch Dracula. Das Buch Dracula sind diese
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Schriftstücke, die halt ineinander gefasst werden.
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Und dadurch dieser Roman, der den Dracula erzählt, ist quasi auch das Ding, was ihn besiegt.
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Und deswegen ist es so Science-Fiction eher, weil es wird halt in dem Moment...
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Und gelöst, wo es halt einfach, und das ist ja diese Zeit, damals gab es diese
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ganzen spirituellen Sitzungen und so weiter.
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Und die Leute haben aber noch gedacht, okay, es gibt halt den Äther,
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der durch die Gegend geht und es gibt Elektrizität und Radiowellen.
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Und die haben ja damals gedacht, diese ganze Geistererscheinung und so weiter,
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das lässt sich ja alles klären wissenschaftlich.
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Wir sind bald so weit, dass wir das wissenschaftlich erklären können.
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Also in diesem Geist ist das geschrieben. Deswegen denke ich halt,
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dass es eher ein Science-Fiction ist als eine Horrorgeschichte.
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Genauso wie halt Frankenstein ja auch eher Science-Fiction als Horror. Ja gut.
Florian Clauß
1:07:18–1:07:22
Ja, also ich glaube auch genau an dieser Schwelle.
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Also andersrum gesprochen ist ja diese Geistererscheinung oder diese Meditationssitzung,
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wo dann halt so kollektiv dann auch hypnotisiert wurde und so weiter.
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Das waren ja gesellschaftliche Ereignisse, die waren ja eigentlich auch so eine
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große Zauberschau, die dann mit bestimmten Mitteln konnte man das halt erreichen.
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Also das war ja genau diese Zeit, wo man dann sich damit amüsiert hat in der
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gehobenen Gesellschaft.
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Und diese Wissenschaftseuphorie, es war die Zeit der Weltausstellungen und auch
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die Zeit der Erfindungen, wo ganz viele Erfindungen rausgekommen sind,
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aber gleichzeitig hat ja noch so quasi auch bei der Elektrizität hat sich ja
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dann auch irgendwie dann so der Maßstab noch nicht so richtig gefunden.
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Und da gibt es ja diese Geschichte von dem Ritter, das ist auch ein Wissenschaftler, der dann erlegt,
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dann in Selbstexperimenten so versucht hat zu vermessen,
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wo er sich dann halt eine Elektrode ans Auge gehalten hat und dann genau protokolliert,
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wie lange er dann Flackern gesehen hat und wann dann halt wieder die Farbe ins Auge gekommen ist.
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Also solche Sachen. Also aufgrund von fehlender Messinstrument hat man dann
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den Körper genommen und hat dann auch so komische Sachen gemacht.
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Also das ist ja auch so, diese Zeit.
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Und du hast es ja gerade ganz schön beschrieben, diese Vermischung und dann
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aber doch wieder so diese Rückkehr zur Wissenschaft, der Glaube an die Wissenschaft.
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Das ist in der Herzog-Geschichte zum Beispiel auch nochmal so eindeutiger.
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Da gibt es diesen Doktor auch, eine ähnliche Figur wie bei dem Eggers.
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Wir haben ja bei den Eggers noch den anderen, der dem Okkulten,
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der von Franz, der dem Okkulten.
Chris Flor
1:09:08–1:09:11
Ja, und das ist ja der Van Helsing und das ist halt eben auch nochmal der Unterschied,
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also mit dem Bram Stokers Dracula nochmal schnell, Also der Van Helsing ist
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halt eben so jemand, der sagt, verschließt eure Augen nicht,
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also ähnlich eigentlich wieder von Franz, verschließt eure Augen nicht vor dem,
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was ihr seht, aber der Van Helsing, Doktor Van Helsing, dem geht es halt darum,
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die Sache zu sagen, das gibt es, das ist messbar und deswegen müssen wir das
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halt jetzt auch einführen.
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Das ist halt eine Realität und die Wissenschaft ist nur einfach noch nicht so weit.
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Wohingegen halt der von Franz halt eben im Eggers dann sagt,
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die Wissenschaft bringt hier nichts, weil die einfach nicht greift.
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Wissenschaft ist genau das falsche Paradigma, um dem zu begegnen.
Florian Clauß
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Genau, also die Wissenschaft wird da ausgeschlossen. Er hat dann auch Mitgefühl
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mit der Ellen, die dann von einem anderen Arzt angekettet wurde und unter Äther
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sediert. Dann meinte er, nee, lass sie frei.
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Warum kettet ihr dieses Mädchen da an? Sie hat Qualen.
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Also er hat nochmal so einen empathischen Blick, eben weil er nicht so diese
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Regeln der Wissenschaft dann befolgt.
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Bei dem Herzog-Film heißt der Doktor auch Van Helsing. Also der ist,
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glaube ich, aus dem Original übernommen.
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Und der lässt sich ja auch die ganze Zeit nicht überzeugen. Er sagt,
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das muss man wissenschaftlich lösen.
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Und am Ende von dem Herzog-Film ist zum Beispiel so, dass dann Lucy,
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ist dann auch die Hauptdarstellerin da,
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Lucy verstreut dann zum Beispiel geweihte Hostien und damit bannt sie dann ihren
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Mann, der gebissen wurde,
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Bruno Gans als Darsteller,
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den bannt sie dann, der kann sich dann nicht mehr bewegen aus dem Kreis.
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Sie hat dann schon so bestimmte Hacks, die dann aus so einem kultischen Kommen,
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wendet sie an oder dass man ihm fehlen kann, also der Holzpfahl, den dann halt auch,
1:11:05–1:11:10
Um den Dracula zu töten, muss man ihm fehlen. Also dann gibt es ja diese Sachen.
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Und dann erst am Ende sagt er, okay, ich habe die ganze Zeit mich an die Wissenschaft
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gehalten und ich habe geirrt.
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Aber dann ist sie schon tot. Das ist ja das Einknicken der Wissenschaft.
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Da stimme ich dir zu, da war Eckers dann eben noch vorher schon.
1:11:30–1:11:34
Eigentlich diese Abzweigungswissenschaft wird gar nicht großartig ausgewalzt.
1:11:34–1:11:38
Es geht gleich in das, es bleibt im Okkulten die ganze Zeit spielen.
Chris Flor
1:11:38–1:11:44
Ich kann dann mal kurz erzählen, meine Lieblings zu dieser Verbindung zwischen
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Ellen und dem von Franz in der Eggers Version ist natürlich, sind die Kätzchen.
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Also die Katze, die ja klar ganz am Anfang natürlich für Allens Sexualität steht,
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wo sie den Thomas am Anfang dazu bewegen möchte, nach den Flitterwochen dann
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doch noch jetzt noch ein halbes Stündchen länger zu Hause zu bleiben und nicht
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gleich ins Büro zu gehen.
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Als er dann sagt, nein, dann springt halt das Kätzchen so, also so ein kleines
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Kätzchen, springt dann so aufs Bett in ihren Schoß.
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Es ist fast schon so ein bisschen zu dick aufgetragen.
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Aber der von Franz hat ja auch Katzen. Der hat eben auch Katzen da.
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Und als er dann Ellen das erste Mal trifft, sieht er, dass es eine Katze ist.
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Und sagt dann, ah, wem ist das ihre Katze? Und dann sagt sie,
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die Katze gehört ihr selbst.
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Und er holt dann aus seiner Tasche, holt er dann irgendwie so ein Kätzchen,
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so ein Leckerli raus und gibt es der Katze.
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Und die Katze fängt dann an, frisst das so auf.
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Und dann am Ende, als Ellen tot ist, übernimmt er ja auch die Katze.
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Er nimmt die dann mit zu sich nach Hause.
Florian Clauß
1:12:48–1:12:48
Ja, ja, stimmt, ja.
Chris Flor
1:12:49–1:12:53
Das fand ich sehr schön irgendwie. Also ich fand auch, das ist halt so eine,
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ja gut, vielleicht Sexualität nicht unbedingt jetzt in dem Fall mit dem Doktor
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von Franz, weil er ja auch andererseits dann vielleicht so eine Vaterfigur auch
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für sie irgendwie darstellt,
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die ihr ja gefehlt hat, als sie ein Kind war.
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Deswegen hat sie ja überhaupt erst diesen Orlog heraufbeschworen.
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Also man könnte da auch so Vater-to-Daddy-Issues
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irgendwie vielleicht reininterpretieren in dieser Sache.
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Das war dieser wohlmeinende Vater, der aber dann auch für ihren Tod verantwortlich
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ist am Ende, mehr oder weniger, der lässt es ja zu, dass sie sich da quasi opfert.
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Naja, das Komplex.
Florian Clauß
1:13:31–1:13:37
Ja, also die Katzen sind mir auch aufgefallen. Es gibt die auch im Originalfilm
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von Monau, gibt es auch die Katzen.
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Ja, da wird auch mit den Katzen gespielt. Ja, die haben auch da so eine Symbolik,
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eine offene Symbolik und auch eine andere Symbolik, die ja auch aus dem Monauer
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Film übernommen ist, ist diese abgeschnittenen Blumen.
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Dass sie dann auch sagt, nein, sie will diese abgeschnittenen Blumen.
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Warum hast du sie für mich getötet, diese Blumen?
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Das ist auch genauso von Monau übernommen.
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Fand ich so ganz interessant, dass sich das da wiederfindet.
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Also allgemein, wenn ich jetzt nochmal so mein Fazit zu diesem Eckers-Film,
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sagen darf, ist das so, dass für mich, also ist bis auf, was wir schon so ein bisschen,
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herausgearbeitet haben, diese Heraufbeschwörungen und so weiter,
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diese Beziehungen zwischen Ellen und Orlock, ist aber der Film sehr nah an dem
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Monow-Film und ich finde,
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was wirklich Eggers auch schafft, ist, dass er diese ganzen narrativen Elemente,
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die Geschichten, die Charaktere, die dann in dem alten Film doch etwas,
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ich sag mal, so schmaler angelegt sind,
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macht er alles auf Eleven.
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Er dreht alles hoch. Er schafft eine unglaubliche.
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Dramatisierung der Figuren, des Umfeldes, der Schauplätze,
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ja, und das finde ich, macht er sehr gut, also deswegen finde ich,
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kann er sich da so durchaus als ein Remake und hat sich da auch sehr stark in
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einem Original und hat überall so, quasi so Kittmasse eingeführt,
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die dann vorher bei dem Originalfilm nicht so deutlich war, ja,
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also es ist so ein bisschen wie so diesen Stoff nochmal durch Mid-Journey zu
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jagen und mach's mal jetzt neu,
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also das Es ist fast so ein automatischer Prozess, der dahinter steht.
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Das finde ich, hat er gut gemacht.
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Es wird alles dichter, es wird alles pompöser und so weiter,
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aber mehr auch nicht, jetzt mal so platt gesagt.
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Und das, was dann, ja, also diese unglaublich bildgewaltige und dramatisierende Art.
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Und was ich auch gelesen habe über den, das finde ich so ganz interessant,
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dass die am Set haben die ganz wenig irgendwie eine flexible Kamera eingesetzt.
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Die haben alles mit Kranfahrten und Dolly gemacht, ja.
Chris Flor
1:15:57–1:15:57
Ah, wow.
Florian Clauß
1:15:57–1:16:02
Also das heißt, die meinten, alle an dem Set werden total auch eingestimmt auf
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den Film, weil teilweise, und ich kann es mir auch vorstellen,
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da siehst du jetzt auch zum Beispiel, als dann der Thomas auf dem Orlog in ein
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Schloss trifft und dann diese Szene, wo er Abendbrot isst, ja.
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Dann meinten die, die Kamera ist dann so durchgefahren und dann mussten alle
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auch mitwirken, dass dann irgendwie der Teppich weggezogen wurde,
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dass dann halt die zweite Mauer dann halt verschwunden ist und so weiter.
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Also alle waren total fokussed auf dem Set, ja.
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Und das hat die auch so als so ein starkes Bounding, ne.
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Also das, finde ich, merkt man den Film auch an, dass er sehr konzentriert ist
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und dass er sehr, also sehr zentral gefilmt ist, ja.
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Dass er, wie wir schon sagten, auch sehr dunkel ist, ja.
1:16:47–1:16:52
Was mich noch bei dem Nosferatu ziemlich gestört hat, war die Stimme.
Chris Flor
1:16:53–1:16:54
Von ihm?
Florian Clauß
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Ja, ich finde einfach, das war vielleicht kein guter Kniff, weil ich glaube,
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Willem Dafoe sollte ursprünglich den Nosferatu spielen.
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Und dann hat er sich aber für den Jüngeren entschieden. Also den sieht man ja
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auch nie unter den Schichten von irgendwas.
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Ich finde halt, der ist als Nosferatu, der Schauspieler,
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hat auch angeblich seine Stimme dann um eine Oktave tiefer trainiert und abgenommen
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und so diese ganzen Schauspieler-Mythen, die man halt so sagt,
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wenn man sich auf eine schwere Rolle vorbereitet.
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Aber mich hat die auch total genervt, diese Stimme. Das war so ein bisschen wie bei Batman.
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Da gibt es auch diese tiefe Stimme und dann wird,
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das fand ich als Mittel, hat mich das jetzt nicht so nicht so begeistert ja,
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das sind so meine Punkte wo ich dann halt sage, also,
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wie gesagt, ich komme nicht über den Schnurrbart weg, das hat die Figur einfach
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total lächerlich gemacht und nicht laufer für mich ich mochte den halt überhaupt
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nicht und auch gar nicht so gruselig sondern ich fand es einfach nur ein bisschen lachhaft.
Chris Flor
1:18:09–1:18:11
Ja, ging mir nicht so, aber egal.
Florian Clauß
1:18:12–1:18:16
Ja, haben wir ja. Ja, ging dir nicht so. Aber, und das war jetzt auch so,
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das, was wir uns vorher darüber unterhalten haben in unserem Chat,
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was ich bei dem Film auch stark fand, war eben dieser Determinismus.
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Und ich fand ihn halt so stark, dass ich den auch nicht ertragen habe.
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Und dieser Determinismus, der da durchläuft, der ist, es ist ja von vornherein
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klar, als der Film anfängt, wie der hinten endet, weil der eben das Original nimmt und abfilmt.
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Also es gibt so verschiedene Textsorten, die da drin hängen.
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Das eine ist eben das Original von Mono auf der einen Seite,
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das andere ist eben auch diese Anleitung, diese Anleitung, wie man Vampire oder
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was Vampire sind, als wie man die dann halt tötet und.
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Einfach der Originaltext von Bram Stoker, der da mit drüber hängt, ja.
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Und es ist einfach so eine deterministische Kette, die der Film durchläuft,
1:19:15–1:19:16
fast wie so eine Turing-Maschine,
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wo dann halt so quasi diese einzelnen exekutierten Szenen auf so ein einzelnes
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Glied dann runtergebrochen werden und wo dann halt quasi Szene für Szene wie
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so eine Turing-Kette, ja, nacheinander durchgearbeitet wird.
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Und ganz klar ist, dass der Algorithmus hinten dann eben diese Vernichtung des
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Orlogs mit Alan zusammen, dass
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das Ergebnis da so durchkommt und durchläuft. Und das fand ich halt so.
Chris Flor
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Ja, ja, nee, das hattest du gesagt und dann habe ich mir sehr viele Gedanken
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zu dem Determinismus gemacht seitdem.
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Und ich finde erstmal in dem Film geht es ja auch um diesen Determinismus.
1:19:58–1:20:01
Also hier ist die ganze Providence, Schicksal und so weiter.
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Also diese ganze Sache ist eigentlich, das ist ein aufgezogenes Urwerk,
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was halt jetzt einfach abläuft.
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Und die genau, also auf Metaebenen, genau wie du gesagt hast,
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man kennt die Geschichte, man weiß, wie es ausgeht und so weiter.
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Das ist halt schon ein paar Mal passiert. Vampir ist einem alles klar und das
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wäre halt eben diese Sache, wo ich gesagt habe, wenn mir jemand fragt,
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du musst nach Franzolvaniens in einem Grafen, zeige ich dem den Vogel und gehe natürlich nicht hin.
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Aber man weiß es halt vorher jeder, also wahrscheinlich viele Leute auch nicht,
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aber die den gesehen haben, jetzt so gut fanden. Aber eigentlich kennt jeder die Geschichte.
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Aber das andere Deterministische ist halt eben, also was die ganze Sache angestoßen
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hat, ist quasi diese Heraufbeschwörung von Orlog, die Helen gemacht hat als Kind.
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Ab da ist es eigentlich klar, dass das irgendwie in dem Untergang von den beiden halt irgendwie endet.
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Und dann spielt sich das halt einfach nur ab. Und dann sagt er,
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also es ist einfach diese Sache, der Herr Knoch sagt ja auch,
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dass er nicht wirklich den Orlok beschworen hätte, sondern Orlok hätte ihn gefunden.
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Obwohl halt der Knoch auch irgendwie in so okkulten Sachen scheinbar wirklich auch so tätig war.
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Aber er wurde dann halt von ihm gefunden irgendwie. Und der Herr Knoch sagt
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ja die ganze Zeit, it's Providence, also es ist Schicksal, es ist Schicksal.
1:21:19–1:21:24
Es ist ja auch wieder so eine Umkehrung von dem, Und dass Ellen aber eigentlich
1:21:24–1:21:26
den Orlok heraufbeschworen hat.
1:21:26–1:21:31
Aber diese ganzen Sachen, dann kommt diese Geschichte, dass der von Franz gemerkt
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hat irgendwann, er müsste nach Wissburg kommen.
1:21:34–1:21:37
Er wusste nicht warum, aber jetzt ist er halt in Wissburg.
1:21:37–1:21:41
Und dann stellt er sich halt raus, dass er deswegen da ist, um halt an dem teilzunehmen.
1:21:41–1:21:45
Aber er macht ja auch nichts wirklich, der von Franz.
1:21:45–1:21:48
Also es ist alles nur, es läuft halt alles einfach ab.
1:21:48–1:21:52
Und dann am Ende ist es vorbei. Dann ist mir halt eben aufgefallen,
1:21:52–1:21:56
dass das in wahnsinnig vielen Filmen ist.
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Ich habe mir den Hereditary nochmal angeschaut.
1:22:00–1:22:04
Und da ist es ja genau die gleiche Geschichte. Also, dass da halt irgendwie
1:22:04–1:22:08
schon was vorbestimmt ist, was den Figuren gar nicht richtig klar ist.
1:22:08–1:22:13
Und die sind dann quasi, und die reden ja auch darüber, über diesen Determinismus
1:22:13–1:22:18
bei Hereditarism dann aufgefallen, die sind dann in der Schule und die reden dann über Herakles,
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das Drama und dass das Orakel schon den Untergang von ihm dann halt so voraussagt.
1:22:25–1:22:33
Und ob es jetzt schlimmer wäre, wenn er selber an seinem Untergang schuld wäre
1:22:33–1:22:37
selber oder halt eben nicht, welches Tragische ist, wird dann halt diskutiert.
1:22:37–1:22:42
Und das ist ja dann auch dann hier die Haupt, der Junge halt von Hereditary,
1:22:42–1:22:48
der dann am Ende dann halt von diesem Dämonen dann halt quasi komplett besessen wird.
1:22:48–1:22:50
Der hat ja überhaupt nichts verkehrt gemacht die ganze Zeit,
1:22:51–1:22:56
das lief halt auch alles nur das Programm läuft ab und bei dem Midsommar der
1:22:56–1:23:00
Christian, der da sobald er halt dieses.
1:23:00–1:23:05
Betäubungsmittel ins Gesicht geblasen kriegt und dann hat er halt Sex irgendwie
1:23:05–1:23:10
um dann den Genpool noch aufzuwerten von diesem Volk und dann wird er am Ende
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verbrannt, das läuft ja auch alles nur.
1:23:12–1:23:17
Oder bei Bo is Afraid am Anfang das Baby schreit nicht,
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ist eigentlich tot und er wird halt, kriegt auf dem also der Bow als Baby sieht
1:23:22–1:23:26
man ja ganz am Anfang, kriegt dann auf den Hintern geklapst und dann fängt er
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es an zu schreien und er ist quasi in diese Welt,
1:23:28–1:23:32
reingezwungen und das läuft alles ab bis zu seinem Untergang und es lässt sich
1:23:32–1:23:35
nichts dran ändern und dann ist mir nämlich noch aufgefallen, dass,
1:23:36–1:23:40
dasselbe eigentlich auch bei Oppenheimer und dass es halt eben nicht nur im
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Horror ist, sondern auch so ein bisschen so eine Weiterführung von so einem materialistischen.
1:23:46–1:23:48
Wissenschaftlichen Weltbild. Du hast halt einen Big Bang,
1:23:49–1:23:53
Und es entstehen irgendwelche Wellen, vielleicht auch Multiverses oder irgendwie,
1:23:53–1:23:56
keine Ahnung, aber die Sachen bewegen sich halt einfach voran.
1:23:56–1:24:00
Und es geht eigentlich gar nicht anders, als es sich die Elektronen,
1:24:00–1:24:02
wenn ich eine Entscheidung treffe,
1:24:02–1:24:07
meine Elektronen müssen ja zwangsläufig auf eine gewisse Weise sich im Kopf
1:24:07–1:24:09
bewegen, weil das halt eine Auswirkung ist von dem Big Bang,
1:24:09–1:24:13
der halt einfach nur immer und immer weiter Wellen und Gegenwellen sich halt
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gegenseitig Ursache, Wirkung beeinflussen.
1:24:17–1:24:23
Und dann bei Oppenheimer war es ja auch so, das Atom wird gespalten werden.
1:24:23–1:24:28
Es ist klar, der Film geht halt durch, zack, zack, zack, zack von einer Szene
1:24:28–1:24:31
zur nächsten und man weiß, das Atom wird gespalten.
1:24:31–1:24:35
Und das lässt sich halt einfach nicht abändern.
1:24:35–1:24:39
Das ist also schon in der Welt, in der Physik ist schon verankert,
1:24:40–1:24:42
dass das Atom gespalten werden wird.
Florian Clauß
1:24:42–1:24:45
Ja, ja, ja, okay. Nee, sag weiter.
Chris Flor
1:24:45–1:24:51
Und dann habe ich mich gefragt, warum das gerade so deutlich gerade ist.
1:24:51–1:24:58
Also als ich das letzte Mal über Vampire wissenschaftlich geschrieben habe,
1:24:58–1:25:02
in 2003 oder sowas, über Buffy hatte ich damals geschrieben,
1:25:03–1:25:07
war ja diese Stimmung eher halt so, da waren halt diese ganzen Matrix-Filme
1:25:07–1:25:10
auch rausgekommen und Truman Show und so weiter alles.
1:25:11–1:25:14
Das war eine andere Geschichte. Du hattest halt irgendwie, es schien von außen
1:25:14–1:25:18
alles stabil zu sein. Aber wenn du dann hinter die Kulisse schaust.
1:25:18–1:25:23
Dann siehst du, nee, du kannst hier was verändern. Du bist eigentlich frei hinter der Kulisse und so.
1:25:24–1:25:28
Und dir wird irgendwas von vorne erzählt, dir wird was von vorne gezeigt.
1:25:29–1:25:32
Aber in Wirklichkeit belügt man dich und es ist alles ganz anders.
1:25:32–1:25:36
In diesem Film gibt es auch halt das Vorne und das Hinten. Aber halt vorne,
1:25:36–1:25:39
du denkst, du hast halt freien Willen und so weiter.
1:25:39–1:25:44
Aber in Wirklichkeit läuft halt alles nach einem Programm ab.
1:25:44–1:25:49
Man kann nichts dagegen tun. und am Ende endet es im Unheil.
1:25:49–1:25:52
Und ich frage mich halt, warum das gerade, natürlich weiß man,
1:25:52–1:26:00
warum das gerade heutzutage passiert, also warum dieser Tropf dann halt so aktuell momentan ist.
1:26:00–1:26:06
Also würde ich mal denken, halt eben Klimakrise und dann halt die antidemokratischen
1:26:06–1:26:12
Strömungen, die sich scheinbar einfach immer weiter fortpflanzen und immer weiter
1:26:12–1:26:14
festigen und stärken und so weiter.
1:26:14–1:26:20
So ein Faschismus, der auf einmal so Dampf aufnimmt. Was denkst du dazu?
Florian Clauß
1:26:20–1:26:24
Genau die gleichen Gedanken habe ich auch. Also genau die gleichen Gedanken
1:26:24–1:26:27
und auch genau das gleiche Gefühl dazu.
1:26:28–1:26:31
Also die erste Erfahrung, die ich mit so einem Determinismus,
1:26:31–1:26:35
wirklich so eine körperliche Erfahrung, die ich mit Determinismus in den Filmen
1:26:35–1:26:38
gemacht habe, war als ich dann früh einen Lars von Trier Film,
1:26:38–1:26:42
ich glaube ich habe schon mal darüber erzählt, Europa von ihm geguckt habe.
1:26:42–1:26:45
Da gibt es am Anfang und am Ende und ich weiß ja auch nicht,
1:26:46–1:26:48
ob mittendrin oder am Anfang ist es so,
1:26:48–1:26:56
wenn ich bis 10 zähle, bist du in Europa und du sitzt in einem Zug 1, du entspannst dich, 2
1:26:57–1:27:00
so geht das dann, du merkst wie dann so geht das weiter und das ist der Anfang
1:27:00–1:27:04
von dem Film und das Ende von dem Film ist wenn ich bis 10 zähle,
1:27:04–1:27:08
bist du tot und dann du bist in einem Zug,
1:27:09–1:27:11
der Zug ist von der Brücke gestürzt,
1:27:12–1:27:13
Jeder Zug liegt im Wasser.
1:27:13–1:27:15
Eins, du bist in einem Abteil.
1:27:16–1:27:21
Zwei, das Abteil sinkt immer tiefer. Und du siehst die ganze Zeit diese Bilder.
1:27:21–1:27:26
Und es ist klar, in dem Moment, der Charakter ist dann, der stirbt.
1:27:27–1:27:32
Und ich fand es total schwer. Und es war für mich eine Qual, das zu gucken.
1:27:32–1:27:36
Und gleichzeitig ist es auf so einer Meta-Ebene, wenn du dann den Film siehst,
1:27:36–1:27:41
natürlich ist das das Skript. Und eigentlich ist der Film selber so deterministisch.
1:27:42–1:27:48
Das Skript ist einfach so das, was da abläuft und die Szene für Szene wird dann
1:27:48–1:27:49
halt genau nach Skript gemacht.
1:27:50–1:27:53
Diese Schwere des Determinismus und das ist das halt irgendwie,
1:27:54–1:27:58
was ich dann in Richtung Eggers, der natürlich auch eine gesellschaftliche Verantwortung
1:27:58–1:28:00
hat, ja, also was will er denn ausdrücken in seinem Film?
1:28:01–1:28:09
Und diese wuchtigen Determinismus da so zu betonen, ja, finde ich einfach und
1:28:09–1:28:12
das ist halt dieser Reaktionär an der Stelle, ja.
1:28:12–1:28:16
Also das ist halt so, wo ich dann genau denke, ich meine.
1:28:17–1:28:22
Diese ganzen deterministischen Gegebenheiten, die jetzt hier in unserer Gesellschaft
1:28:22–1:28:24
drin hängen, wie Klimawandel,
1:28:24–1:28:29
wie eben Demokratieverlust und so weiter, das dann noch so zu unterstreichen,
1:28:29–1:28:34
zum Horror zu machen, finde ich halt einfach jetzt vielleicht nicht die richtige Zeit.
1:28:34–1:28:38
Aber vielleicht bin ich auch gerade mit meiner Meinung dann irgendwie zu emotional
1:28:38–1:28:41
oder ich möchte andere Vorbilder jetzt haben.
1:28:41–1:28:46
Ich möchte irgendwie Lösungen haben, wie ich dann eine gewisse Resilienz ausbauen kann.
1:28:46–1:28:47
Da muss ich nicht nochmal irgendwie
1:28:47–1:28:51
sehen, das ist halt so von vorne bis hinten und am Ende bin ich tot.
1:28:52–1:28:57
Klar, das ist natürlich der Determinismus, der auf individueller Ebene ständig läuft.
1:28:58–1:29:01
Aber gleichzeitig diese Frage von, wo sind meine Entscheidungen?
1:29:02–1:29:05
Wo gibt es noch hier Zweige, Abzweige? Wo gibt es hier noch irgendwie ein bisschen Farbe?
1:29:06–1:29:09
Also das ist das, was mir dann einfach fehlt bei einem Film.
1:29:09–1:29:15
Und wo ich dann zu dem Schluss komme, ich finde auch, er hat ein gewisses Frauenbild,
1:29:15–1:29:18
was hinterfragbar ist, auch in anderen Filmen des Eggers.
1:29:18–1:29:25
Nicht so, ich sag mal so, progressiv wie Ari Aster, jetzt wenn wir das wieder vergleichen.
1:29:25–1:29:27
Der hat ein anderes Frauenbild in dem Film.
1:29:27–1:29:31
Ich finde es halt bei Eggers einfach zu schwer.
1:29:31–1:29:38
Also das ist die Last, die möchte ich dann nicht von ihm so rübergebracht bekommen.
Chris Flor
1:29:38–1:29:40
Ja, das Frauenbild ist nochmal eine andere Geschichte.
Florian Clauß
1:29:40–1:29:41
Ja, ist nochmal eine andere Geschichte.
Chris Flor
1:29:42–1:29:45
Da können wir dann auch nochmal drauf gehen vielleicht. Aber ja,
1:29:46–1:29:49
ich verstehe genau mit dem Reaktionär.
1:29:49–1:29:51
Ich hatte mich halt gefragt, ob du das meintest mit dem Reaktionär.
1:29:51–1:29:53
Genau dieser Grund, dass man halt nichts dagegen stellt.
1:29:55–1:30:00
Also das Problem ist natürlich die Machtlosigkeit. Seit Jahrzehnten wird dann
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schon gesagt, mit dem Klimawandel, das ist ein Problem.
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Unsere Grundschullehrerin hat uns davon schon in den 70er Jahren erzählt,
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dass das ein Problem ist mit den Treibhausgasen und dass man da was machen müsste.
1:30:11–1:30:16
Das ist ja bekannt und trotzdem passiert halt nichts. Das ist halt diese Hilflosigkeit.
1:30:19–1:30:22
Und dann halt auch mit dem Demokratieverlust, wie man sich das halt jetzt hier
1:30:22–1:30:27
in diesem Land anschaut, es war alles klar, wie es läuft.
1:30:27–1:30:34
Und man hat die ganze Zeit versucht, dagegen anzukämpfen, irgendwie auf Facebook oder so.
1:30:35–1:30:41
Man geht auf Demonstrationen, man macht halt alles, es ist alles klar,
1:30:41–1:30:43
man erklärt alles, alle erklären alles.
1:30:43–1:30:48
Es ist eigentlich alles komplett deutlich und trotzdem passieren genau die schlimmen
1:30:48–1:30:54
Sachen haargenau so, wie man es aus der Geschichte kennt und wie man es gewarnt
1:30:54–1:30:58
hat, dass es kommt, wenn man den Anfähren erwehret, den Anfängen,
1:30:59–1:31:01
haben wir verpasst wieder den Zug. Ja.
Florian Clauß
1:31:03–1:31:09
Ja, genau. Also diese Unfreiheit, die dann auch da so in der Struktur drin hängt.
1:31:09–1:31:11
Und das will ich jetzt nicht nochmal in einem Film sehen.
Chris Flor
1:31:12–1:31:15
Ja, ja, nee, und das ist ja eben diese, aber es ist halt ein Horrorfilm.
1:31:15–1:31:18
Und das ist halt diese Morbidität, würde ich auch mal sagen,
1:31:18–1:31:20
dass du halt eben keine Freiheit hast.
1:31:21–1:31:26
Das ist ja der, also dieses Dread ist ja dieses, ein Wort im Englischen,
1:31:26–1:31:28
was halt diesen Horror dann halt beschreibt.
1:31:28–1:31:34
Dread ist halt was, was halt sehr an so einer Todesangst, so einer Morbidität,
1:31:34–1:31:36
Melakolie, das hängt halt irgendwie so ein bisschen zusammen,
1:31:37–1:31:39
ist halt so Verwesung und so weiter, ist halt alles so drin und das ist halt
1:31:39–1:31:41
so dieses Gefühl, du hast halt,
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woran erinnert mich das denn jetzt so gefühlsmäßig, Chronik eines angekündigten
1:31:47–1:31:54
Todes, also das ist ja dieses Buch, hast du gelesen von Gabriel Garcia Marquez,
1:31:54–1:31:56
ist halt eben auch so, du weißt,
1:31:57–1:32:00
was passiert am Ende und Und es läuft durch und es gäbe tausend Möglichkeiten,
1:32:00–1:32:04
wie man dieses schlimme Ende abwenden könnte.
1:32:04–1:32:06
Aber es passiert halt genau. Und das ist halt der Horror.
1:32:06–1:32:11
Und deswegen ist es halt ein Horrorfilm. Und es müsste halt,
1:32:11–1:32:14
wenn es jetzt ein Heldenfilm wäre, wäre es halt was anderes.
1:32:14–1:32:17
Aber ich fand es dann halt auch eben interessant, dass es halt auch eben in
1:32:17–1:32:20
Oppenheimer einspielt.
1:32:20–1:32:23
Dann gab es dieses Deaths, diese Fernsehserie von so einer...
Florian Clauß
1:32:23–1:32:25
Ja, das ist von Garland.
Chris Flor
1:32:26–1:32:26
Ja, genau.
Florian Clauß
1:32:26–1:32:31
Da ist es ja auch so ein Thema. Das letzte Mal in Civil War auch darüber,
1:32:31–1:32:39
das ist auch ich finde auch Determinismus im Film ist fast so ein querschnittliches Motiv,
1:32:39–1:32:47
da kann man unglaublich viele Filme da mit reinnehmen also auch im ganzen Science
1:32:47–1:32:54
Fiction Bereich also irgendwelche Zeitschleifenfilme also hier Edge of Tomorrow oder so, die.
Chris Flor
1:32:55–1:32:59
Ja, also das wird halt auch damit gespielt, aber vielleicht ist es das Gegenteil da.
Florian Clauß
1:33:00–1:33:04
Ja, genau, da ist es so ein bisschen die Aufweichung von Determinanten, das stimmt.
1:33:07–1:33:11
Genauso wie halt irgendwie täglich grüßt das Murmeltier, wo dann auch eben in
1:33:11–1:33:16
dieser Reputation dann auch letztendlich die Lösung liegt, aber erstmal quasi
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durch so eine Unendlichkeitsschlaufe gestiegen werden muss, bis du dann halt einen Ausweg findest.
1:33:21–1:33:26
Aber ja, klar, du hast, wie ich sagte, dann Europa von Lars von Trier,
1:33:26–1:33:30
der auch mit so stark, aber im Horrorfilm ist es sehr bestimmt, ne?
1:33:31–1:33:36
Du hast ja häufig Filme mit irgendwie, wo dann einfach ein Schluch dann so durchläuft, ne?
1:33:36–1:33:41
Und dann festgelegt mit der Choreografie und dann wie bei The Ring oder sowas,
1:33:42–1:33:45
wo dann halt irgendwie klar ist, jetzt kommt das und jetzt kommt das und jetzt kommt das.
1:33:46–1:33:49
Da steht's doch in dem Buch, ne? Wir haben doch das Skript vorher.
1:33:50–1:33:53
Und die haben es jetzt ausgepackt. Das ist ja wieder so, jetzt da ist das Skript
1:33:53–1:33:54
und da läuft es jetzt durch.
1:33:54–1:33:59
Also da ist ja da wieder so quasi das Skript im Film, was dann so wieder so
1:33:59–1:34:00
eine Metaebene da aufmacht.
Chris Flor
1:34:00–1:34:04
Fällt dir was ein? Fällt dir ein Film ein, der da dem entgegentritt gerade?
1:34:04–1:34:06
Also der da deutlich entgegentritt?
Florian Clauß
1:34:06–1:34:12
Naja, ich überlege es so zeitgenössisch. Ich glaube, was... Ja, das ist eine gute Frage.
1:34:12–1:34:19
Also ich... Die andere Sache ist ja so Filme, die dann bestimmte Situationen erklären, ja.
1:34:19–1:34:23
So ein empathischer Film, wo du dann ein Verständnis entwickelst,
1:34:23–1:34:29
also wo du dann halt auch ein gewisses Gefühl bekommst für, jetzt ist es vielleicht
1:34:29–1:34:35
hier eine Wahrheit, die gezeigt wird, ja, aber in der Kunst, also im Kunstbereich.
1:34:36–1:34:39
Ich glaube, es ist auch diese Beziehung zwischen Zuschauer und Film.
1:34:40–1:34:44
Also jetzt, was bei Nosferatu dann ist, der zieht dich halt da so rein.
1:34:45–1:34:49
Also der zieht dich ja so rein, wie der Orlog dich aussaugt.
1:34:49–1:34:53
Der will dich halt einfach in diesen totalen Frame.
1:34:54–1:35:02
Und andere Filme, die dann eher so eine, dir was vorspielen und dir Möglichkeiten bieten.
1:35:02–1:35:05
Also mir fällt jetzt konkret jetzt natürlich nichts ein.
1:35:06–1:35:09
Muss ich noch mal gucken, aber jetzt habe ich auch so, weiß ich nicht,
1:35:10–1:35:15
hier zuletzt, also mit eigentlich Podcast, dann über Zabriskie Point,
1:35:15–1:35:20
diese Novel-Waag-Filme und so weiter, wo auch kein so ein starkes Drehbuch dann
1:35:20–1:35:23
auch teilweise ist, wo dann halt auch spontan gedreht wird.
1:35:23–1:35:28
Solche Filme, die sind dann auch anders vom Ansatz her, das sind dann auch eher Kunstfilme.
Chris Flor
1:35:28–1:35:31
Und du hast ja auch recht, das ist vielleicht auch genau ein Horror-Ding halt
1:35:31–1:35:36
einfach, dass das dazu gehört, also natürlich ist in einem Horrorfilm das halt
1:35:36–1:35:40
eher da und halt eben auch diese Sache selbst in den Slasher-Filmen,
1:35:40–1:35:43
dann hat irgendwie man weiß schon genau, wenn halt jemand was,
1:35:45–1:35:48
moralisch Fragwürdiges macht, dann ist er das nächste Opfer in,
1:35:49–1:35:51
diesen Slasher-Filmen.
Florian Clauß
1:35:51–1:35:55
Genau und dann die Dekonstruktion des Slasher-Films und damit gleich aber auch
1:35:55–1:36:00
wieder das Revival, was wir dann irgendwie bei, mit Carpenter dann gesagt haben,
1:36:00–1:36:04
da wird ja quasi auch die Anweisung wieder mitgegeben, ja du Also der Erste,
1:36:04–1:36:05
der dann hat... Darf ich das nicht machen.
Chris Flor
1:36:06–1:36:06
Ja.
Florian Clauß
1:36:06–1:36:12
Da hast du es ja quasi implementiert, indem du es ja auch wieder in die Handlung
1:36:12–1:36:17
mit einstreuenst und genau weißt, das Programm geht so und wir wissen das,
1:36:17–1:36:18
aber wir machen es trotzdem.
1:36:20–1:36:22
Ich meine, fällt dir da ein Film ein?
Chris Flor
1:36:22–1:36:26
Nee, ich habe mich nur gefragt. Also ich habe jetzt...
1:36:26–1:36:32
Into the Spider-Verse habe ich nicht gesehen. Vielleicht ist das so ein...
Florian Clauß
1:36:32–1:36:34
Nee, das ist nicht unbedingt...
Chris Flor
1:36:34–1:36:36
Ich habe nicht gesehen.
Florian Clauß
1:36:36–1:36:39
Keine Ahnung. Nee, also so Multiversen.
Chris Flor
1:36:40–1:36:44
Ja, aber das finde ich dann halt, diese Multiverse-Sache finde ich dann immer
1:36:44–1:36:47
so ein bisschen sehr anthropozentrisch irgendwie.
Florian Clauß
1:36:48–1:36:48
Ja, genau.
Chris Flor
1:36:48–1:36:53
Ja, jede Entscheidung, jede menschliche Entscheidung löst irgendwas aus.
1:36:53–1:36:57
Und genauso mit der Schrödingers Katze. irgendwie, die Katze kriegt doch schon
1:36:57–1:37:02
mit, ob die Kapsel aufgegangen ist oder nicht, warum muss erst ein Mensch sich das angucken.
1:37:02–1:37:07
Und dann auf einmal spaltet sich, also die Katze weiß ja schon, ob sie lebt oder tot ist.
1:37:08–1:37:14
Also die Katze ist schon der Beobachter, aber da ist so ein komischer Menschenzentrismus
1:37:14–1:37:17
dann halt so drin, wenn man sagt, okay, es gibt so viele verschiedene Welten,
1:37:17–1:37:21
weil Menschen können die und die Entscheidungen treffen und so.
1:37:21–1:37:23
Das ist nicht sehr befriedigend.
Florian Clauß
1:37:23–1:37:29
Das stimmt, Ja, ich wollte nochmal, oder willst du nochmal was zu Determinismus sagen?
Chris Flor
1:37:29–1:37:32
Ja, ich glaube, wir haben das schon so ein bisschen gesagt, also ich hatte genau
1:37:32–1:37:36
diese Sachen dann auch, ich habe es halt auch mit Julia hier mich drüber unterhalten
1:37:36–1:37:39
und so und wir kamen eigentlich genau zu demselben Schluss, dass es halt eben
1:37:39–1:37:41
nicht sehr inspirierend ist,
1:37:41–1:37:46
aber halt sehr gut irgendwie so eine Dread-Stimmung darstellt,
1:37:46–1:37:53
die man halt so hat, also das so hervorruft, die man dann wiedererkennt von seinem Alltag.
Florian Clauß
1:37:53–1:37:59
Ja, ansonsten würde ich noch mal ein Thema gerne aufwerfen, worüber wir uns
1:37:59–1:38:00
wahrscheinlich wieder zwei Stunden teilnehmen können.
1:38:01–1:38:05
Aber du hast es auch noch angedeutet mit Zizek und Lacan.
Chris Flor
1:38:05–1:38:14
Man kann halt insgesamt den Vampir ganz gut erklären, was halt eben eine Regression ist.
1:38:15–1:38:22
Du hast ja das Reale, dann gibt es das Imaginäre mit dem Spiegelstadion von
1:38:22–1:38:26
dem Kind und dann landet man in der symbolischen Ordnung.
Florian Clauß
1:38:26–1:38:31
Und das sind jetzt die Prinzipien von Lacan, also von seiner Lehre.
Chris Flor
1:38:31–1:38:32
Von Lacan, genau.
Florian Clauß
1:38:32–1:38:35
Vielleicht müssen wir das aber noch ein bisschen genauer erklären,
1:38:35–1:38:37
bevor wir das dann meppen.
Chris Flor
1:38:37–1:38:40
Okay, ich kann es ja vielleicht eben an diesem Vampir dann halt eben auch erklären.
1:38:41–1:38:45
Also an dem Bram Stoker Dracula, also an dem Roman ist das ja so,
1:38:45–1:38:48
was ich ja vorher, was ich ja schon erzählt hatte.
1:38:48–1:38:55
Du hast was, was halt sehr fragmentiertes, indifferenzierte Bedrohung hast du dann halt,
1:38:55–1:39:00
die halt eben nicht in einer sprachlichen Ordnung gehalten ist,
1:39:00–1:39:05
sondern die sich dann halt quasi so frei bewegt und dadurch halt irgendwie sich
1:39:05–1:39:07
eigentlich mehr oder weniger im Realen bewegt.
Florian Clauß
1:39:07–1:39:10
Ja, genau, das ist das Reale nach Lacan.
Chris Flor
1:39:10–1:39:13
Das reale, weil, und was das auch nochmal unterstützen würde,
1:39:14–1:39:16
der Vampir sieht sich ja selber nicht im Spiegel.
1:39:16–1:39:22
Also wohingegen das Spiegel, also der Übergang in das Imaginäre von dem Kind ist ja,
1:39:22–1:39:28
dass das Kind sich selber im Spiegel sieht und da ein Enjoyment empfindet oder
1:39:28–1:39:37
sich erstmalig als kohärente Einheit sieht und daran Vergnügen hat,
1:39:37–1:39:40
dass es endlich sieht, okay, ich bin nicht nur die anderen, sondern ich bin
1:39:40–1:39:43
auch ein kohärentes Wesen irgendwie.
1:39:43–1:39:47
Aber der Vampir kriegt das ja nicht. Der sieht sicherlich selber im Spiegel.
Florian Clauß
1:39:47–1:39:52
Ja, genau. Also das Kind, was sich im Spiegel sieht, das identifiziert sich
1:39:52–1:39:55
ja mit diesem Bild, mit dem Spiegelbild.
Chris Flor
1:39:55–1:39:59
Ja, mit dem Bild von außen auch, wie man es sieht. Und genau vergleicht es zu
1:39:59–1:40:01
den Bildern, die es sieht von anderen.
1:40:02–1:40:06
Und sieht dann irgendwie, ja, es gehört halt irgendwie, also es ist auch ein
1:40:06–1:40:10
Bild, ein Image, dass es halt existiert.
1:40:10–1:40:16
Also es ist eingetreten in das Imaginäre. Und später tritt es ja ein über das
1:40:16–1:40:18
Oedipus-Komplex und so weiter.
1:40:18–1:40:22
Das ist alles relativ komplex und schwierig.
1:40:22–1:40:25
Aber schließlich tritt es dann ja auch ein in die,
1:40:25–1:40:30
symbolische Ordnung, wo es halt auch so seine eigenen, also das Imaginären,
1:40:30–1:40:35
im Realen hat es nur Triebe, also hat nur Appetit zum Beispiel,
1:40:36–1:40:37
wie halt eben der Orlack.
1:40:38–1:40:42
Also es ist dann auch diese Sache, dass es halt, der Vampir trinkt dann halt
1:40:42–1:40:47
das Blut zu sich selber, was halt eben so eine amorphe Masse irgendwie ist,
1:40:48–1:40:50
die Lebensenergie saugt es halt rein.
1:40:51–1:40:56
Der nächste Schritt wäre halt eben das Imaginäre, wo halt nicht der Trieb ist, sondern der Wunsch.
1:40:56–1:41:00
Und der Wunsch ist schon was, was halt so ein bisschen genauer definiert ist.
1:41:00–1:41:07
Der Wunsch ist das Bild, das man sich macht von einer, der Erfüllung einer Fantasie.
1:41:07–1:41:10
Also eine Fantasie, das ist alles im Imaginären, bewegt sich das,
1:41:11–1:41:14
das ist noch nicht eingeschlossen in die Sprache, sondern...
Florian Clauß
1:41:14–1:41:19
Das ist im Prinzip das Begehren. Also ich habe jetzt hier nochmal so einen Satz aufgeschrieben.
Chris Flor
1:41:19–1:41:22
Ja, Begehren ist das falsche Wort. Nee, das ist nicht, also der Trieb.
1:41:23–1:41:28
Du hast halt den Trieb oder den wie heißt das denn, also Desire ist halt eben
1:41:28–1:41:29
das in der symbolischen Ordnung.
1:41:29–1:41:33
Du hast den Wish, den Wunsch, also Desire ist ja das Begehren,
1:41:34–1:41:36
das ist schon in der symbolischen Ordnung. Du hast den Wunsch.
Florian Clauß
1:41:36–1:41:41
Aber das Begehren wird ja nie erfüllt so richtig. Das ist ja das Begehren.
Chris Flor
1:41:41–1:41:42
Es ist ja immer.
Florian Clauß
1:41:42–1:41:47
Wenn man halt das Erfüllungsobjekt hat, dann ist es ja wieder was anderes.
Chris Flor
1:41:47–1:41:51
Das Erfüllungsobjekt klein a bewegt sich von einem Punkt zum anderen halt weg.
1:41:51–1:41:54
Also sobald man das erreicht, hat man es eigentlich nicht erreicht,
1:41:54–1:41:56
weil Weil per Definition kann
1:41:56–1:42:01
man das klein a, das Objekt des Begehrens in der symbolischen Ordnung,
1:42:01–1:42:07
also in der nachödipalen dritten Stadion, kann man das halt nicht erreichen.
1:42:07–1:42:12
Aber halt eben der Trieb, du hast den Trieb, du hast den Wunsch und du hast das Begehren.
1:42:12–1:42:18
Das Begehren ist halt brachlich formuliert innerhalb von einer Gesellschaft,
1:42:18–1:42:23
die dann auch, also du hast kein eigenes Begehren.
1:42:23–1:42:28
Das Begehren gehört auch, ist auch Teil von der Gesellschaft,
1:42:28–1:42:29
von der symbolischen Ordnung.
Florian Clauß
1:42:29–1:42:34
In der Symbolik, da kommt die Bedeutung rein.
1:42:34–1:42:40
Oder beziehungsweise das, was man bei Lacan dann auch immer hört und liest,
1:42:40–1:42:43
ist diese Signifikanten und die Signifikate.
1:42:44–1:42:50
In der Symbolik hast du ja eigentlich ein stärkeres Gewicht auf die Signifikanten.
1:42:50–1:42:53
Also das heißt, du hast da eine gewisse Bedeutungsebene, aber die ist nicht
1:42:53–1:42:56
für alle gleich, sondern die ändert sich ja irgendwie.
Chris Flor
1:42:56–1:43:02
Das Symbol ist bei der Definition in der Zeichenlehre ist das ja getrennt vom
1:43:02–1:43:07
das Bedeutende und das Bedeutete Signifikant und Signifikat sind voneinander getrennt.
Florian Clauß
1:43:07–1:43:12
Und wenn man das jetzt wieder auf dieses Beispiel mit dem Vampir,
1:43:12–1:43:20
also der Vampir ist das Reale und vielleicht ist dann das Symbolische die Gesellschaft dahinter.
Chris Flor
1:43:20–1:43:27
Also ich hatte das eher so, dass man den quasi in die symbolische Ordnung halt ein,
1:43:27–1:43:34
also man zerrt ihn quasi aus dem Realen raus und weil er nichts anderes isst
1:43:34–1:43:38
als ein Appetit, weil er nichts anderes isst als ein Trieb, kann er halt eben
1:43:38–1:43:40
nicht existieren in der symbolischen Ordnung.
1:43:40–1:43:46
Dadurch, dass man ihn halt in diesem Buch, in diese symbolische Ordnung einführt,
1:43:47–1:43:50
muss er halt am Ende verschwinden, weil es ihn halt nicht geben kann.
1:43:50–1:43:55
Also der Vampir ist halt eben nur im Realen möglich.
Florian Clauß
1:43:55–1:44:00
Und dann ist quasi, wenn man das jetzt auf die Geschichte von Nosferatu mappt,
1:44:01–1:44:08
dann wäre ja, also der Vampir ist Orlok, dann wäre ja Ellen die begehrt.
1:44:08–1:44:11
Also das heißt, sie ist ja das Imaginäre.
Chris Flor
1:44:11–1:44:17
Also ich würde eben sagen, dass es halt bei dem Dracula sehr wohl funktioniert,
1:44:17–1:44:25
aber ich würde sagen, dass halt diese Logik halt nicht in dem neuen Nosferatu vorhanden ist.
Florian Clauß
1:44:25–1:44:34
Echt? Ich würde es tatsächlich so bei, ich würde also diese Erweckung am Anfang, das ist ja im Prinzip…
1:44:35–1:44:37
Das ist ja im Prinzip das Spiegelbild von Ellen.
1:44:39–1:44:40
Sie ist ja,
1:44:43–1:44:47
diejenige, die dann Orlok erweckt als Spiegel.
1:44:48–1:44:52
Er ist das Reale, er wird real durch diesen Akt der Selbstspiegelung.
1:44:53–1:45:01
Sie begehrt jetzt auf einmal in diesem Spiegelbild das Andere und das ist Orlok auf der anderen Seite.
Chris Flor
1:45:01–1:45:07
Genau, und Ellen ist ja quasi schon, sie ist ja post-Oedipal,
1:45:07–1:45:10
diese ganze Geschichte mit ihrem Vater und so weiter, der dann,
1:45:10–1:45:15
als er gesehen hat, dass sie halt irgendwie übernatürliche Kräfte hat, verstößt er sie.
1:45:15–1:45:20
Also sie ist ja durch irgendeine Oedipale Situation dann irgendwie gegangen
1:45:20–1:45:24
oder Elektra-Komplex oder keine Ahnung, damit kenne ich mich jetzt nicht so gut aus.
1:45:24–1:45:28
Wohingegen, also sie hat dann quasi das Begehren aus einer Position,
1:45:28–1:45:31
die schon in der symbolischen Ordnung verankert ist,
1:45:32–1:45:37
wohingegen das Gegenstück ist halt der Orlock, der halt wirklich nur ein Appetit
1:45:37–1:45:41
ist nach ihr, der halt im Realen ist quasi.
Florian Clauß
1:45:41–1:45:42
Genau, ja.
Chris Flor
1:45:42–1:45:44
Aber was sind dann die Verträge?
Florian Clauß
1:45:44–1:45:48
Naja, das ist das Symbolische.
1:45:48–1:45:55
Das ist die bürgerliche Ordnung. Also die Ellen hört ja auf zu imaginieren, also zu begehren, ja.
1:45:55–1:46:00
In dem Moment, wo sie die bürgerlich oder quasi die Ehe eingeht, ja.
1:46:01–1:46:05
Das ist ja für sie so ein Heilmittel, dass sie nicht mehr so begehrt, das andere.
1:46:05–1:46:11
Und sie fügt sich ja dann die symbolische Ordnung des bürgerlichen Lebens ein.
1:46:11–1:46:16
Das ist die Ehe quasi und die Stadt, die Gesellschaft und so weiter.
1:46:16–1:46:27
Und dann wird der Thomas losgeschickt und der bringt der Mittler des Symbolischen zu Orlok.
1:46:27–1:46:32
Und damit kommt er ja quasi in die Welt der bürgerlichen Ordnung.
1:46:32–1:46:37
Also der bürgerlichen Welt umbringt, aber dann Tod und Pest mit.
Chris Flor
1:46:38–1:46:39
Aber...
1:46:39–1:46:43
Ja, die vertauschen, die tauschen ja Verträge aus. Der Orlock kriegt den Vertrag,
1:46:43–1:46:48
der ihn einbindet, aber Thomas kriegt diesen Vertrag, der halt eben nicht mit
1:46:48–1:46:51
Buchstaben geschrieben ist, die man lesen kann,
1:46:51–1:46:55
sondern eher ins Imaginäre, der regressiert dann quasi ins Imaginäre,
1:46:55–1:46:57
weil er diesen Vertrag dann unterschreibt.
1:46:58–1:47:00
Vielleicht, also könnten wir darüber nachdenken.
Florian Clauß
1:47:00–1:47:04
Ja, also so genau. Aber auf der Ebene, ja, da wird es verspielt.
1:47:05–1:47:11
Aber letztendlich die Auflösung ist ja so, dass Ellen ja ständig getrieben ist.
1:47:11–1:47:15
Sie kann ja auch nicht loslassen, immer wenn sie dann halt auch so die Anfangssequenz,
1:47:15–1:47:22
wenn sie sich dann vereinigt mit dem Orlog im Imaginären, dann wacht sie ja
1:47:22–1:47:25
im Horror auf, aber kommt immer wieder zurück dahin.
1:47:25–1:47:29
Das heißt, auch wenn sie sich dann am Ende vereinigt, eigentlich ist dieses
1:47:29–1:47:33
Begehren, das ist ja immer das Begehren des Anderen, auch wenn sie da ist,
1:47:33–1:47:38
dann geht es ja nur so lange, bis sie dann halt tatsächlich das bis zum Ende
1:47:38–1:47:40
durch hat, bis sie dann tot ist.
Chris Flor
1:47:41–1:47:42
Das ist ja des Anderen großer.
Florian Clauß
1:47:43–1:47:50
Das heißt, dann, wenn alles quasi das Reale und sie und alles tot ist,
1:47:50–1:47:54
dann ist es zu Ende. Dann hört es ja auf.
1:47:56–1:47:59
Also so könnte man das ja irgendwie übertragen.
Chris Flor
1:48:00–1:48:02
Daher schade, dass wir Mitch nicht dabei haben. Der muss es noch absegnen,
1:48:02–1:48:04
bevor wir das veröffentlichten.
Florian Clauß
1:48:04–1:48:06
Genau, Mitch muss nicht so ein anderes.
Chris Flor
1:48:07–1:48:08
Klingt gut.
Florian Clauß
1:48:08–1:48:09
Ja.
Chris Flor
1:48:09–1:48:13
Klingt gut. Also dass dann quasi Ellen am Anfang auch noch nicht in der gut,
1:48:14–1:48:17
aber sie war eigentlich alt genug, um dann halt eben schon in der symbolischen.
1:48:17–1:48:20
Aber du meinst, sie fängt an aus dem imaginären.
1:48:21–1:48:25
Aus dem Wunsch, das ist noch kein Begehren, sondern eher ein Wunsch,
1:48:25–1:48:27
den sie hat. Ne, weiß ich nicht.
Florian Clauß
1:48:28–1:48:33
Es ist reine Sexualität. Es ist ja dieses, so völlig auf so einer Ebene,
1:48:34–1:48:38
die dann überhaupt nicht mehr irgendwie steuerbar ist, sag ich mal.
1:48:38–1:48:41
Auf dieser Ebene findet sie ja den Kontakt zu Orlog.
Chris Flor
1:48:41–1:48:45
Ja, also auf seiner Ebene. Aber woher sie kommt, ist ja eine andere.
1:48:45–1:48:50
Also sie begehrt ja mehr, als dass sie wünscht, als dass sie einen Trieb hat.
1:48:50–1:48:54
Sondern sie möchte halt, sie möchte ja, sie möchte ja Kontakt.
1:48:55–1:48:58
Also das ist ja ihr Wunsch. Sie sagt ja, ihr Vater hat sie verstoßen und sie
1:48:58–1:49:03
hat sich ganz alleine gefühlt und hat nur, also sagt ihr Spirit of Comfort oder so.
Florian Clauß
1:49:04–1:49:07
Ja, aber ich meine, das, was sie danach sagt, dieses Stöhnen,
1:49:07–1:49:08
das ist ja auch so intensiv.
Chris Flor
1:49:08–1:49:13
Ja, ja, klar. Nee, aber das natürlich, ja, die sexuelle Ebene ist dann halt, na gut.
Florian Clauß
1:49:13–1:49:14
Das ist keine Erfüllung.
Chris Flor
1:49:15–1:49:20
Hörst du das Geräusch von dem Lacan, wie er sich im Grab dreht und dreht?
Florian Clauß
1:49:20–1:49:24
Wie er sich im Grab umdreht und gleich hier mit seinen Fingern.
Chris Flor
1:49:26–1:49:30
Ja, mir war noch eins wichtig zu sagen zu dem Thema. Sind wir gegen Ende so?
Florian Clauß
1:49:31–1:49:33
Ja, nein, wir sind jetzt auf jeden Fall gegen Ende. Wir haben jetzt auch wieder
1:49:33–1:49:36
unsere Zwei-Stunden-Marke gerissen.
Chris Flor
1:49:36–1:49:39
Dann wollte ich noch was. Eigentlich wollte ich sagen, dass Johnny,
1:49:39–1:49:42
eigentlich ist Johnny Depp hoher Lack, weil,
1:49:45–1:49:54
weil 1992 Francis Ford Coppola's Dracula hat Wynonna Ryder Mina Harker gespielt.
1:49:54–1:49:56
Die war ja damals so das It-Girl.
1:49:56–1:50:00
Die fanden alle ganz toll. Und die war damals mit Johnny Depp zusammen.
1:50:01–1:50:07
Und jetzt in dem Nosferatu-Spiel, Lily Rose Depp, die Tochter von Johnny Depp,
1:50:07–1:50:10
die Ellen, die dieselbe Rolle ist. Das fand ich interessant.
Florian Clauß
1:50:11–1:50:16
Stimmt, das ist auch wieder so, Hollywood eine große Familie.
Chris Flor
1:50:17–1:50:18
Ja, stimmt.
Florian Clauß
1:50:18–1:50:23
Wahnsinn, ja. Ja Mensch, Chris, dann sind wir aber ganz schön durchgeritten.
1:50:24–1:50:28
Nein, nicht geritten, aber wir haben da uns ganz schön viel Zeit genommen,
1:50:28–1:50:30
die einzelnen Aspekte daraus zu sortieren.
1:50:30–1:50:34
Ich glaube, wir haben uns auch nochmal so ganz gut positioniert und das so ein
1:50:34–1:50:37
bisschen eingeordnet und haben uns ein bisschen an Lacan versucht,
1:50:38–1:50:42
den Film so zu deuten. wie es vielleicht aufgehen könnte.
1:50:44–1:50:45
Ja, vielen Dank.
Chris Flor
1:50:45–1:50:49
Ja, ja, danke dir. Ich unterhalte mich ja immer gerne über Vampire und so.
Florian Clauß
1:50:51–1:50:56
Ja, und wir haben die Tradition unserer Horrorfilme weiter fortgesetzt.
1:50:56–1:50:59
Ich hoffe, du kommst auch wieder im Sommer nach Berlin.
Chris Flor
1:51:00–1:51:05
Weiß ich nicht. Muss ja mal gucken. Vielleicht erst im Winter oder so. Müssen wir mal schauen.
Florian Clauß
1:51:05–1:51:10
Wirklich im Laufen reden. Mal schauen. Was uns dann nochmal für so Horrorfilm
1:51:10–1:51:13
in den letzten Monaten dann aufgefallen ist.
Chris Flor
1:51:13–1:51:15
Oder du kommst hier mal her.
Florian Clauß
1:51:15–1:51:21
Ja, naja, würde ich total gerne. Aber da muss man so lange fliegen.
Chris Flor
1:51:23–1:51:24
Einer muss halt lange fliegen.
Florian Clauß
1:51:24–1:51:30
Ja. Ich würde mir auch gerne angucken, wie ist jetzt eigentlich das Wetter bei dir?
Chris Flor
1:51:30–1:51:32
Es ist kalt, aber sonnig.
Florian Clauß
1:51:32–1:51:33
Was heißt kalt?
Chris Flor
1:51:33–1:51:37
Aber es ist eigentlich nicht super kalt. Es friert nicht oder so.
1:51:37–1:51:40
Also über den Gefrierpunkt. Aber das ist halt schon eine Heizung,
1:51:40–1:51:41
möchte man schon anhaben.
Florian Clauß
1:51:41–1:51:45
Ah ja, okay. Okay, ich dachte, das wäre jetzt noch so 20 Grad oder so.
Chris Flor
1:51:46–1:51:50
Ja, ist es ab und zu mal. Aber jetzt gerade ist es ungewöhnlich kalt auch.
Florian Clauß
1:51:50–1:51:50
Okay.
Chris Flor
1:51:50–1:51:55
Also eigentlich ist ja die Winterzeit nicht so super kalt, aber eher regnerisch.
1:51:55–1:52:00
Und das ist so die Regenzeit. Aber hier ist es halt gerade, hat sich halt so
1:52:00–1:52:01
ein bisschen abgekühlt die letzten Wochen.
Florian Clauß
1:52:02–1:52:06
Ah, okay. Ich muss feststellen, es klappt dann doch, wenn man im Sitzen redet.
1:52:07–1:52:10
Es funktioniert dann, hat nicht so viele Nebengeräusche. Ist vielleicht auch
1:52:10–1:52:12
mal ein anderes Podcast-Gefühl bei uns.
Chris Flor
1:52:13–1:52:14
Weniger Schnaufen.
Florian Clauß
1:52:14–1:52:20
Weniger Schnaufen, weniger Atmen, weniger Straßenlärm. Aber ihr könnt das Ganze
1:52:20–1:52:26
nochmal auf eigentlich-podcast.de sehen. Da will ich immer sagen,
1:52:26–1:52:28
sehen, wo wir langgelaufen sind. Aber wir sind ja nicht gelaufen.
1:52:29–1:52:31
Also wir saßen.
1:52:31–1:52:35
Was mache ich denn da jetzt als Track hin? Weiß ich noch nicht.
Chris Flor
1:52:35–1:52:37
Du machst einfach Karten-Snapshot mit zwei Punkten.
Florian Clauß
1:52:38–1:52:41
Ja, oder so, genau. Du musst mir nochmal deine Geodaten schicken.
Chris Flor
1:52:42–1:52:42
Ja.
Florian Clauß
1:52:43–1:52:46
Da war hier eine lange Linie dazwischen. Das ist auch schön.
1:52:46–1:52:52
Zwei Punkte, ja. Die ganzen Infos zur Sendung könnt ihr dann auch auf unserer
1:52:52–1:52:57
Seite eigentlich-podcast.de nachlesen.
1:52:57–1:53:02
Da haben wir noch einige Links und Texte und so weiter zusammengetragen zu den
1:53:02–1:53:06
Theorien, die wir heute hier erörtert haben. Da könnt ihr nochmal schauen.
1:53:06–1:53:13
Ansonsten würden wir uns über Likes oder irgendwelche Fafs freuen in einer Podcast-Plattform
1:53:13–1:53:16
eurer Wahl, sei es Spotify oder Apple.
1:53:17–1:53:27
Ja, soweit von uns. Das war eigentlich Podcast-Episode 71 und wir hören uns
1:53:27–1:53:29
in zwei Wochen wieder. Bis dahin. Tschüss.

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"Ein erster Schritt zur Systembildung besteht - für psychische Systeme ebenso wie für soziale Systeme - in der Reduktion auf Handlung." Niklas Luhmann in: Systemtheorie der Gesellschaft

Die systemische Therapie wird erst seit einigen Jahren als Psychotherapiemethode von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. In dieser Episode befassen wir uns mit den systemischen Ansätzen dieser Therapie und beleuchten, wie sie sich von anderen Therapieformen unterscheidet. Wir reden während des Gehens und stellen dabei exemplarisch einige typische Interventionen vor, erklären das Setting des Reflecting Teams und diskutieren, warum es für die Community der systemisch arbeitenden Therapeut:innen, Coaches und Supervisor:innen eine Herausforderung war, plötzlich Diagnosen stellen zu müssen und von Störungen zu sprechen. Die Geschichte der systemischen Therapie ist eng mit einem Paradigmenwechsel in der Psychotherapie verbunden. Sie führte weg von der rein individuellen Betrachtung psychischer Probleme hin zu einem Fokus auf soziale Kontexte und Beziehungen. Was einst als revolutionäre Idee begann, gilt heute für viele als unverzichtbarer Bestandteil der psychotherapeutischen Arbeit. Besonders die Erkenntnis, dass psychische Probleme oft in einem systemischen Zusammenhang stehen, hat dazu beigetragen, die Relevanz und Wirksamkeit dieses Ansatzes wissenschaftlich zu untermauern. Die systemische Therapie wurde 2018 für Erwachsene und 2024 für Kinder und Jugendliche in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen. Die inzwischen 70 Jahre alte Therapieform hat diesen Weg in den letzten 20 Jahren in einem Umfeld beschreiten müssen, das von den etablierten "Platzhirschen" – Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und Psychoanalyse – dominiert wurde.

Shownotes

Mitwirkende

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Anja Ulrich
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Micz Flor

Transcript

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Warum passt das ganz gut? Das werde ich dann schon sehen. Genau, du bist.
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Jetzt quasi deine eigene Zuhörerin.
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Höh! Auf Wiedersehen.
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Ist gut. Auf Wiedersehen. Auf Wiedersehen.
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Und ich habe einen kleinen Wunsch. wenn es geht würde ich gern so rum irgendwie
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loslaufen über den walter benjamin platz weil das ist einer meiner lieblingsplätze
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hier ja ist so ein bisschen wie venedig in berlin finde ich,
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es ist okay du hast du im kopf ja du zeichnest die tour auf ja okay das super
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weil das ist dann brauche ich das nicht mitdenken, das kann ich nämlich nicht so gut.
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Und wir fangen jetzt auch einfach schon direkt hier an. Wunderbar,
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weiter haben wir einen hier mit Platz.
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Dann gehen wir dort die...
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Ja, ich muss eine Einleitung machen. Achso. Und ich fange damit an.
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Willkommen bei Eigentlich Podcast. Ich habe heute einen Gast,
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das stelle ich gleich vor.
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Und wir haben, du musst jetzt raten, welche Folge wir gerade machen.
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Dein Blick wandert hoch. 70. 70, genau. Nicht zu fassen. Nicht zu fassen.
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Wir hatten nämlich ganz spontan das über ein Jahr in Planung,
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diesen Podcast und dann ganz spontan habe ich hier geschrieben,
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das war irgendwie vor zwei Tagen, du hast gesagt, passt, treffen uns hier und
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dann stehe ich vor deiner Praxis und sehe die Zahl 70, habe gedacht,
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entweder sind wir da in irgendeinem psychodynamischen Gefüge verfangen und mit
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dem Universum verbandelt oder wir leben in einer Simulation,
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wo irgendwie die Algorithmen so faul sind, sich irgendwas Neues auszudenken
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und jetzt ist die Zahl 70 halt die Zahl des Tages.
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Da fühle ich mich geirrt, das ist ja so ein bisschen eine Jubiläumsfröge.
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Vor allen Dingen, weil wir ja auch immer bei dem Podcast laufend reden und beim Laufen reden.
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Und da fand ich es ganz schön, dass wir jetzt wirklich diese Zahl 70 für die
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runde Zahl da in dem Haus auch verbandelt haben.
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Und ich habe heute die Anja Ullrich eingeladen.
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Ja, das bin ich.
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Wir haben das wirklich über ein Jahr schon in der Mache.
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Einmal über jetzt geht es schon los, systemische Therapie oder systemische Psychotherapie
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ich weiß nicht, wie du es nennen würdest, zu reden Jörg, passt beides passt
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beides, gut, da können wir nochmal drüber reden und,
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Kurz zur Einleitung, warum. 2018 ist die, glaube ich, anerkannt worden als Verfahren
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und wird jetzt auch seit 2020, glaube ich, mit eigenen Ziffern kann man das auch abbrechen.
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Das heißt, es gibt jetzt die systemische Therapie oder systemische Psychotherapie als Angebot.
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Richtlinien Psychotherapie.
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Als Richtlinien Psychotherapie. Und ich finde das total spannend und hoffe mit
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dir da so ein bisschen auch mal drüber zu reflektieren, was bedeutet das eigentlich
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für das Selbstverständnis auch, der SystemikerInnen.
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Und du bist eine gute Kandidatin, weil du da schon länger direkt oder indirekt
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in der systemischen Psychotherapie, Therapie,
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im systemischen Denken ansetzt, oder wie auch immer deine Finger drin hast. Stell dich mal kurz vor.
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Das ist völlig richtig. Also, ja, ich bin Anja Ulrich, ich bin Psychotherapeutin,
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approbiert im Verfahren tiefenpsychologische Psychotherapie, also so wie du auch.
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Und habe aber in der Vergangenheit irgendwann mal die Nase voll gehabt von Psychiatrie,
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wo ich gearbeitet habe und habe angefangen zu lesen und war ich noch relativ jung.
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Also Mitte 20 und habe so gedacht,
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also irgendwie diese ganze Pathologie-Welt und diese ganze Psychiatrie und auch
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Psychoanalyse letztlich,
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die haben ja so ganz viele furchtbare Wörter für eigentlich ganz schöne Dinge oder für gute Dinge.
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Hast du ein Beispiel?
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Ja, ich finde, orale Fixierung zum Beispiel, finde ich, ist so ein psychodynamischer Begriff.
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Das meint eigentlich was spannend ist und was auch eine interessante Hypothese
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ist, aber es ist nicht so ein freundliches Wort, wenn man sich vorstellt,
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da kommt jemand und sagt, du bist aber oral fixiert.
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Oder die genitale Strebung.
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Ja, oder polymorph pervers. Man kann das jetzt noch weiter eskalieren.
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Also jedenfalls dieses ganze Wording und so diese schon sehr defizitorientierte
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und auch biologistische Betrachtungsweise von Psychiatrie, so die ist mir sehr
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auf die Nerven gegangen.
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Und dann stieß ich auf einen Autor, der hat den ungewöhnlichen Beruf gehabt,
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der ist Verwaltungswissenschaftler gewesen, das war Niklas Luhmann.
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Und der hat ein Buch geschrieben, sehr viele Bücher geschrieben,
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aber unter anderem eins, das heißt Soziale Systeme.
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Und das habe ich gelesen und das ist vielleicht ein Philosophiebuch oder so versucht so eine,
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Gesellschaftstheorie zu beschreiben und als ich es gelesen habe,
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habe ich so gedacht, wow, das sind ja lauter kluge Gedanken und von dem ausgehend.
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Habe ich gedacht, jetzt mache ich sogar parallel damals zu meinem Psychologiestudium,
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da möchte ich mehr drüber lernen.
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Und ich war ganz wow, dass es das eben auch als eine Form von Beratung,
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Therapie, Coaching so gibt.
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Und dann habe ich, das war 2005,
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mich eingeschrieben in einem Institut hier in Berlin für eine dreijährige Ausbildung
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zur systemischen Familientherapeutin.
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Und da hieß es absichtlich noch nicht Psychotherapie, weil Psychotherapie ist
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es ja jetzt erst durch diese Richtlinienanerkennungsgeschichte.
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Vorher war es ordinäre einfach Soterapie und über diese Bedeutung von Wörtern,
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du hast ja schon danach gefragt oder gesagt vielleicht können wir auch darüber nochmal,
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Sprechen, Psychotherapie, welche Bedeutung hat das überhaupt für die systemische Community?
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Jetzt Richtlinien, also eine der Richtlinientherapien auch zu sein,
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im Übrigen seit letztem Jahr auch für die Kinder und Jugendlichen.
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Genau, das ist ganz frisch. Also das ist so der ganz heiße Scheiß.
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Und ja, also über all diese Wege kam ich zur systemischen Therapie und Familientherapie
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ist auch ein ebenfalls passender Begriff.
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Und in deiner Weile arbeitet auch. Diese Familienthematik ist ja was,
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was auch aus dem Amerikanischen noch so mal mitkommt.
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Da kommen die großen Namen her, jetzt aus den 50er, 60er Jahren auch,
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wo Familie auf alle Fälle auch so ein Gebiet war, sage ich mal.
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Ja.
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Wo sich das systemische Arbeiten... Luhmann kommt ja dann eigentlich eher aus
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einem gesellschaftlichen, soziologischen Und dann eben bis ins Kleinste natürlich dockt er auch an.
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Also da, um das jetzt vielleicht nochmal so ganz grob aufzureißen,
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wenn man die Psychoanalyse nach Freud sagt, das geht hauptsächlich um intrapsychische
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Themen. Ja, gute Überleitung.
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Dann hat sich das natürlich weiterentwickelt.
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Die Verhaltenstherapie ging ja auch anfangs eher um so ein Blackbox-Denken.
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Das hat sich auch weiterentwickelt.
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Die haben jetzt ja natürlich auch verschiedene interpersonelle Thematiken mit eingeboben.
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Und es ist trotzdem so, und das ist dann eben der Sprung oder der große Sprung,
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entweder hin in das systemische Denken oder von systemischen Ansätzen in diese Versorgung.
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Wir haben diese abstruse Situation, dass wir jetzt gerade einzeln machen dürfen
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und Gruppe machen dürfen.
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Paartherapie per se nicht. Das kann man nicht direkt abrechnen oder kann man
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eigentlich gar nicht abrechnen.
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So eben nicht direkt abrechnen. Und jetzt gibt es auf einmal dieses Mehrpersonen-Setting,
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die systemische Therapie, die von sich aus immer gesagt hat,
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wir wollen nicht eine kranke Person, sondern wir denken im System.
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Wir denken, wie miteinander die Gruppe sich quasi reguliert gegenseitig.
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Wir denken auch mal darüber nach, welche Vorteile haben dann Symptome,
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die andere als krank bewerten.
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Gibt es die Symptomträger in so einem komplexen System? Und dieses System,
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irgendwie radikal andersrum gedachte Krankheits- oder Störungsthema.
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Störungsmodell vielleicht, ja.
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Das führt ja natürlich dazu, dass man jetzt diesen riesen Schritt machen muss,
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sagen wir so, okay, jetzt müssen wir eine Diagnose schreiben.
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Jetzt müssen wir eine Person finden, die ist krank, über die wird abgerechnet.
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Und das interessiert mich, so ein bisschen das tiefe Ende, Aber es interessiert
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mich so ein bisschen, wie das in der systemischen Community verhandelt wurde.
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Ja, also da geht es mitten rein in den Konflikt.
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Ja, wenn es ein Konflikt ist, dann zumindest im System, in der systemischen Konflikt.
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Genau. Ja, also es gab, ich würde sagen, immer ein einerseits, andererseits.
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Also einerseits den Wunsch, etwas so wirksames oder
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für so wirksam gehaltenes wie systemische Therapie mit dem ganzen Witz und auch
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der übersichtlichen Stundenanzahl zugänglich zu machen für mehr Menschen in der Versorgung.
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Schon mit der Fantasie, wir sind dann an einer Art Genesung oder Veränderung
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zum Besseren von Systemen, also Familien oder Paaren oder Gesellschaft letztendlich auch beteiligt.
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Und dafür war das attraktiv, in dieses Abrechnungssystem mit reinzukommen.
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Aber die Philosophie dahinter, die hat,
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dem nicht so richtig gut an weil dieses wording
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von da gibt
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es also eine familie und da gibt es eine eine mutter die hat eine depression
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das ist ja schon so eine zuschreibung für systemiker erstmal sagen würden wie
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hat die die in der handtasche oder so weil sie ist es wenn man so eine Depression hat,
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ist das wie so ein Haustier? Wie kann ich mir das vorstellen?
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Und diese, also eine Diagnose auf einen Schein zu schreiben oder in irgendeinem,
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heutzutage ja, in irgendein Computersystem einzugeben,
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schreibt ja im wahrsten Sinne des Wortes so ein Phänomen auch fest.
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Und da gab es natürlich eine,
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wirklich über Jahre gehende und auch noch anhaltende Diskussion, ob das mal so gut ist.
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Und ob dieses, also erstens identifizieren als eine Person, über die dann abgerechnet
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wird, also das Kind mit ADHS, ist dann auch, es trägt ein Label und es ist dann,
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also dann gruppieren sich eben auch verschiedene Hilfearten so dann auch eben
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um diesen Symptomträger Und der Symptomträger ist eigentlich,
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also ist ja nur vielleicht der Teil in einem System,
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wo dem, wo am wenigsten Druck destruktiven Phänomenen entgegengesetzt werden
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kann und wo der Druck sozusagen abpfeift, dass es dann die Person,
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die Symptome bekommt oder zeigt, die wir dann als Autos.
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Bis hin zu dem Punkt, dass das arme, kranke Kind von der Mutter von Krankenhaus
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zu Krankenhaus geschleppt wird, in diesem Münchhausen-Balproxy-Syndrom oder wie es heißt.
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Das ist einfach das Versorgen der Mutter eines kranken Kindes,
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der Mutter so viel positive Energie aus der Umgebung gibt, wo man dann ja noch
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mal nicht mal ein krankes Kind hat,
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sondern ein Kind immer wieder irgendwo diagnostizieren lässt,
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damit man eine gute Mutter ist.
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Also das ist dann wirklich das aber auch nicht unüblich ganz kurz wir laufen
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hier jetzt an dem sehr lauten sollte ich kurfürstendamm sein ist kurfürstensstraße oder wenn.
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Dann kurfürstendamm also die kurfürstensstraße ist da.
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Und du hast ein ziel wir laufen viel.
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Genau wir laufen richtung Damaschke-Straße.
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Super.
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Das ist Richtung Halensee, weil sich in der Damaschke-Straße die Systemische
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Gesellschaft, einer der systemischen Dachverbände befindet.
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Loving it. Und ich habe gedacht.
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Ich zeige dir den einfach mal.
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Das ist doch super. Und auf dem Rückweg gehen wir an der DAP vorbei.
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DAP oder hier bei Rolex. Weil direkt über Rolex ist die Psychotherapeutenkammer. Genau, stimmt.
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Die Psychotherapeutenkammer können wir auch noch mal sehen.
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Wie viele Leute jetzt vom Institut schon mit Schubkarren die Schecks dahin fahren. Mal gucken.
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Oder mit Masken davor stehen. Aber können wir einen Seitenweg fahren?
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Also so gerne ich natürlich...
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Ja, wegen der Geräuschkulisse.
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Genau, wegen der Geräusche. Ich mag ja große Straßen in der Nacht.
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Ja, genau. Also es ist vielleicht, finde ich, vorstellbar, dass es einen Streit
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gab zwischen denen, die gesagt haben, ja, Mann, das ist doch aber hier auch voll hilfreich.
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Und es ist eine Therapieform. Und man kann damit wirklich kranken Menschen oder
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Systemen, in denen es wirklich richtige Probleme gibt, denen kann man damit gut helfen.
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Und es sollte eben auch öffentlich, also es sollte zugänglich sein und nicht
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nur für ein paar Leute, die das selber bezahlen können und die selber gezielt danach suchen.
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Und die andere Seite dieser Polen, natürlich gibt es sehr, sehr viele Stimmen
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und nicht nur die einen sagen 100% so und die anderen sagen 0% so,
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aber die andere Seite eben ist, hier wird unsere Philosophie verraten.
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Ja, genau.
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Und wir wollen das nicht, wir möchten mit Diagnosen so jonglieren können,
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wie wir mit anderen Dingen auch jonglieren können.
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Aber gab es denn vorher Diagnosen überhaupt? Oder wie würde man das machen?
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Wie wurde dann diagnostiziert oder war das einfach gar kein Thema?
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Naja.
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Weil die Idee ist doch, dass das System, also die Familie oder wie groß man
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das auch fassen möchte, dass das sich selbst eh schon reguliert in diesem Kybernetik-System.
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Das ist quasi eingestellt, jeder hat seine Rolle.
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Das muss man so ein bisschen aufschütteln und die in Anführungszeichen Therapie,
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Geht ja nicht davon aus, dass sie eben in so einer, sage ich mal,
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gemein überzogenen freudianischen Denke von Pathologie und Expertenwissen oder
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Expertinnenwissen rangeht, sondern sagt, dieses System, das können wir so ein
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bisschen aufkitzeln, anreizen.
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Wir können da quasi Aufforderungen stellen.
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Verführungen.
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Verführungen, genau. Und du hast das auch vorhin schon so kurz angedeutet.
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Die systemische Therapie hat auf alle Fälle schon immer den Ruf,
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dass die sehr interessante,
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verführerische manchmal oder baffmachende oder wie man solche Sachen,
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zum Beispiel das zirkuläre Fragen, solche Dinge, wo man dann versucht,
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so über Bande zu spielen.
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Oder das ist eine Sache, wo ich, was du vielleicht mal kurz erzählen kannst,
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oder auch das Reflecting Team.
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Das ist so eine Sache, wo in Anwesenheit einer Person, die einen Auftrag hat
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an das therapeutische Team,
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dann ExpertInnen, in Anführungszeichen, miteinander über diese Person sprechen
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und die das dann auch hören kann.
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Und das hat einen enormen Wert gerade für Menschen, da so wirklich auch mal sowas hören zu dürfen.
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Und das sind so Sachen, wo, glaube ich, schon immer im System ist,
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auch dieses Minimax-Buch, das
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ist ja Minimax-Intervention, das ist ja auch voller spielerische Dinge.
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Und sage ich als Fußnote, du könntest das hier als ausgebildeter Gestalttherapeut,
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der auch im Dachverband der Gestalttherapie ist,
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natürlich auch eine Geschichte oder ein Teil meines Fundaments dass das ist,
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dass sowas wie Partsparty oder so, dass das auch da eine wichtige Rolle ist,
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dass man da irgendwie versucht,
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Gar nicht Dinge als richtig falsch, sondern einfach mal aufzuschütteln,
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zu gucken, ob sich das Sediment neu sortiert.
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Genau.
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Und das ist ja dann ohne Diagnose und da ist jedes System einzigartig.
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Da ist dann auch jede Therapie in Anführungszeichen auch einzigartig.
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Ja, also in der systemischen Therapie bräuchte man Diagnosen nicht.
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Also man sagt dann irgendwann einfach, geht's wieder?
0:17:57–0:17:58
Besser als geht's noch.
0:17:59–0:17:59
Genau.
0:18:03–0:18:10
Also interessant ist, wie beschreiben die Systembeteiligten,
0:18:10–0:18:14
also die, die dann zum Beispiel in einer Therapie dann auch mit anwesend sind,
0:18:15–0:18:19
wie beschreiben die etwas, was,
0:18:20–0:18:24
scheinbar für ein Problem gehalten wird weil sonst könnte man annehmen,
0:18:24–0:18:27
wären die ja vielleicht nicht sessen, die nicht bei irgendeinem Therapeuten,
0:18:27–0:18:30
einer Therapeutin oder bei einem Therapeut in den Paar,
0:18:31–0:18:37
wenn es nicht irgendwas gäbe was die veranlasst dahin zu gehen und mal angenommen,
0:18:37–0:18:41
dass dieser Anlass den würde man Problem nennen und,
0:18:42–0:18:48
Und in der pathologieorientierten Verhaltenstherapie oder auch psychodynamischen
0:18:48–0:18:51
Therapie oder auch im ärztlichen Kontext, dann würde man immer sagen,
0:18:51–0:18:55
okay, da geht es um irgendein Symptom. Mir tut die Schulter weh.
0:18:55–0:18:57
Ich habe Panikattacken.
0:18:59–0:18:59
Und...
0:19:02–0:19:05
Also das bräuchte es eben für systemische Therapie nicht.
0:19:06–0:19:13
Da könnte man einfach auch sagen, meine Frau ist immer so gemein zu mir.
0:19:14–0:19:15
Ja, gut.
0:19:15–0:19:17
Dass irgendwie die mit mir redet, wenn ich von der Arbeit komme,
0:19:17–0:19:19
das gefällt mir nicht. Und ich möchte, dass sich das verändert,
0:19:19–0:19:21
sonst möchte ich nicht mehr länger mit ihr zusammen sein.
0:19:21–0:19:27
Genau, das wäre dann der Auftrag erstmal an die Person oder das Team oder die Jugendhilfe.
0:19:27–0:19:32
Nee, der Auftrag wäre, was machen wir denn jetzt damit? Ja, also das Erste wäre
0:19:32–0:19:37
eine Beschreibung von etwas, was offensichtlich verändert werden soll.
0:19:38–0:19:41
Dann ist schon interessant, wer sieht es eigentlich überhaupt als Problem?
0:19:43–0:19:47
Oder wer denkt denn überhaupt, es muss verändert werden? Wer denkt am meisten,
0:19:47–0:19:49
es muss verändert werden? Wer denkt, es muss gar nicht verändert werden?
0:19:50–0:19:55
Mir fallen zum Beispiel so viel computerspielende Jugendliche ein.
0:19:56–0:20:00
Also wer hat denn da das Problem? Wer möchte denn da eine Veränderung?
0:20:00–0:20:04
Ist es der Jugendliche oder die Jugendliche selbst? Oder sind es Eltern,
0:20:04–0:20:07
die sagen, oh ja, aber jetzt hier die dritte Woche nicht zur Schule gegangen,
0:20:07–0:20:08
schon ein bisschen doof.
0:20:08–0:20:10
Und der Papa kommt unter Stress oder so.
0:20:11–0:20:18
Also das wird sehr viel sorgfältiger abgeklärt. Was ist da eigentlich los in diesem System?
0:20:20–0:20:24
Wer kommuniziert was? Wer hat welche Haltung? Wer kommt mit welchen Vorstellungen?
0:20:24–0:20:26
Auch wo das Problem herkommt?
0:20:28–0:20:33
Und was für einen Auftrag generieren die dann an die TherapeutInnen.
0:20:33–0:20:37
Und dann können, meine Frau ist immer so gemeint zu mir, wenn ich abends nach
0:20:37–0:20:38
Hause komme, das möchte ich nicht mehr.
0:20:39–0:20:43
Dann könnte ein Auftrag sein, bitte unterstützen Sie uns, einen Weg zu finden,
0:20:43–0:20:44
wie wir freundlich nach Feierabend sind.
0:20:47–0:20:50
Und da aber SystemikerInnen natürlich nicht in einer,
0:20:50–0:20:57
also die leben ja nicht im luftdehren Raum, sondern auch in einem Raum,
0:20:57–0:21:04
wo Menschen schon mit Diagnosen konfrontiert worden sind, wo diese Wörter...
0:21:07–0:21:10
Die würden wahrscheinlich nicht sagen, meine Frau ist so gemeint zu mir,
0:21:10–0:21:14
sondern meine Frau ist eine narzisstisch Gestörte, würden die dann gleich sagen.
0:21:15–0:21:18
Ja, genau. Die kommen ja dann schon mit der Diagnose um die Ecke für die andere
0:21:18–0:21:22
Person. Meistens sind ja die Männer die Narzissen und die Frauen mit der Borderline-Störung.
0:21:23–0:21:26
Also genau, da werden dann schon so Zuschreibungen vorgenommen.
0:21:26–0:21:34
Und dann wäre für den, also im systemischen Kontext wäre dann die Frage,
0:21:34–0:21:36
was hat denn das zu bedeuten?
0:21:37–0:21:42
Und was heißt denn das eigentlich, wenn Sie sagen, Ihr Mann ist ein Narzisst?
0:21:42–0:21:42
Ja.
0:21:43–0:21:47
Ja, was macht der denn dann? Woran merken Sie denn, dass das denn narzisstisch ist?
0:21:47–0:21:49
Warum geht es ihm besser, wenn Sie das sagen?
0:21:49–0:21:55
Ja, wie geht es Ihnen denn, wenn Sie das so aussprechen?
0:21:55–0:22:02
Und was denken Sie, macht das mit Ihrem Mann, wenn er Sie das sagen hört?
0:22:02–0:22:04
Ja, da kommen wir jetzt in Richtung zirkuläres.
0:22:04–0:22:07
Genau, genau. Und diese Interaktion und diese Wechselwirkung,
0:22:08–0:22:14
die sind für systemische Therapie oder so für systemisches Denken, die sind interessant.
0:22:15–0:22:17
Interessanter übrigens auch als
0:22:17–0:22:23
die Selbstbeschreibung, die die psychodynamischen Schulen super finden.
0:22:24–0:22:27
Also die psychodynamischen Schulen finden ja diese Introspektion und wie geht
0:22:27–0:22:32
es mir, was fühle ich jetzt hier und was denke ich über... anderen.
0:22:33–0:22:37
Da sagen die SystemikerInnen, das denken sie ja sowieso schon den ganzen,
0:22:37–0:22:40
also das denkt der Klient, Klientin ja sowieso schon den ganzen Tag.
0:22:40–0:22:46
Da muss ich mir das gar nicht so umfangreich anhören. Da lernt der Klient,
0:22:46–0:22:47
Klientin gar nicht so viel dazu.
0:22:48–0:22:52
Das sind also zwei Grundannahmen, sage ich mal so ganz flapsig,
0:22:52–0:22:57
dass wenn ein Paar, eine Familie oder die Mutter ihren,
0:22:58–0:23:03
Sohn da in die Praxis bringt und das Das Problem beschreibt,
0:23:03–0:23:04
was sie haben und das soll weggehen.
0:23:07–0:23:13
Der Therapeutin wäre, dass die überhaupt hier sind, heißt es ist wahr,
0:23:13–0:23:16
da ist was, sonst wären die diesen Weg gar nicht hierher getan.
0:23:16–0:23:21
Also irgendwas, die Energie ist hoch genug, was man dann vielleicht als Leidensdruck beschreibt.
0:23:21–0:23:26
Und ohne eine Diagnose zu fällen, würde man im zweiten Schritt aber auch schon
0:23:26–0:23:28
annehmen, die haben schon einiges probiert, sonst wären die gar nicht hier.
0:23:28–0:23:34
Das heißt, da sind dann die Anforderungen auch, wo es keck wird.
0:23:38–0:23:40
Bist du sicher, dass wir hier über die sieben Spurige...
0:23:40–0:23:43
Ja, wir müssen irgendwie hier so parallel zum Kudamm.
0:23:43–0:23:43
Okay.
0:23:48–0:23:51
Parallel zum Kudamm heißt jetzt quasi...
0:23:51–0:23:54
Wir gehen jetzt da an, irgendwie die nächste Querstraße so recht wieder rein.
0:23:55–0:23:58
Das ist jetzt senkrecht über den Autobahntunnel. Okay, wir haben es geschafft.
0:23:59–0:24:02
Ich habe überlegt, ob wir übers Geländer klettern, aber ich habe gedacht,
0:24:02–0:24:03
vielleicht nicht mehr um die Uhrzeit.
0:24:05–0:24:08
Eine Sache, die mir vorhin bei deinem Beispiel eingefallen ist,
0:24:08–0:24:12
von der der Mann sagt, meine Frau ist immer so gemeint zu mir,
0:24:12–0:24:15
dann könnte die erste Sitzung ja vielleicht dann auch so was sein,
0:24:15–0:24:18
was auch so ein typisches Thema ist, die Symptomverschreibung.
0:24:19–0:24:23
Immer wenn ich nach Hause komme, dann gibt es Streit, dass dann die Therapeutin
0:24:23–0:24:27
oder der Therapeut sagen, wissen Sie was, dann machen wir es so,
0:24:27–0:24:31
Sie können um 8 Uhr klingeln Sie, Ihre Frau macht die Tür auf und Sie streiten.
0:24:32–0:24:35
Um 8 Uhr wird als erstes gestritten, als Symptom verschrieben.
0:24:35–0:24:39
Dann machen Sie es bitte richtig, um zu gucken, was so ein Aufschütteln,
0:24:40–0:24:44
ohne dass man jetzt, also dass man ja eigentlich erst mal mitspielt,
0:24:44–0:24:48
dass man das vielleicht so genau eskalieren will, dass man einfach da erstmal so was reinwirft,
0:24:50–0:24:53
Und da wird es ja doch wieder introspektiv, oder wie erleben Sie das?
0:24:53–0:24:55
Was macht das mit Ihnen? Was verändert das?
0:24:56–0:24:56
Äh, ja.
0:24:58–0:25:01
Das hat jetzt irgendwie nicht, da bist du jetzt nicht...
0:25:01–0:25:06
Na, ich kann jetzt, krieg zu dem Beispiel gar nicht so einen hilfreichen Kontext hin.
0:25:06–0:25:10
Bei Symptomverschreibungen denke ich zum Beispiel an Personen,
0:25:10–0:25:12
die über Angstzustände klagen.
0:25:13–0:25:18
Da ist es tatsächlich eine häufigere Intervention zu sagen, gut,
0:25:19–0:25:21
also Sie leiden unter diesen Angstzuständen,
0:25:22–0:25:27
dann legen Sie sich bitte jetzt die nächsten sieben Tage, immer 19.30 Uhr auf
0:25:27–0:25:30
Ihr Sofa und dann produzieren Sie einen Angstzustand.
0:25:31–0:25:35
Und das machen Sie eine Stunde lang und das müssen Sie mit aller Ernsthaftigkeit machen.
0:25:36–0:25:38
Geben Sie sich dazu bitte richtig Mühe.
0:25:38–0:25:42
Das ist doch Verhaltenstherapie-Exposition in vivo, oder?
0:25:42–0:25:44
Nee, ähm...
0:25:45–0:25:46
Ketzerische Frage.
0:25:47–0:25:48
Nein, das ist es nicht.
0:25:49–0:25:51
Hat damit gar nichts zu tun.
0:25:54–0:26:01
Ja, und es wird eben angenommen, dass die erste Veränderung könnte bringen oder
0:26:01–0:26:07
die erste Verführung besteht darin, etwas, was als komplett willkürlich erlebt wird.
0:26:07–0:26:10
Ich kriege so einen Angstzustand, einfach da stehe ich auf der Straße,
0:26:10–0:26:16
gucke mich um und plötzlich ist es da, dem was von dieser Willkür zu nehmen,
0:26:17–0:26:19
indem ich das absichtsvoll hervorrufe.
0:26:19–0:26:21
Und vielleicht klappt davon auch ein bisschen was.
0:26:22–0:26:29
Und das Interessante wäre, was dann natürlich, also was mit dem Körper passiert,
0:26:29–0:26:34
was in dieser Situation, was das sozusagen, also was muss man denn machen?
0:26:34–0:26:42
Es gibt auch so Verschlimmerungsfragen, ja, mal angenommen, sie müssten das
0:26:42–0:26:45
Symptom, was sie haben, oder sie müssten das, was sie hier beschreiben,
0:26:45–0:26:49
sie würden das mit Absicht, würden es schlimmer machen wollen, ja,
0:26:49–0:26:52
bei depressiven PatientInnen zum Beispiel.
0:26:56–0:27:01
So ein bisschen die Verführung an uns Therapeutinnen, auch weil man selber manchmal
0:27:01–0:27:02
diesen depressiven Blut so
0:27:02–0:27:06
schlecht aushalten kann, dann so nach Ausnahmen zu fragen, zu fragen, ja,
0:27:06–0:27:09
aber wann ist es denn mal ein bisschen besser gewesen und wann ging es ihnen
0:27:09–0:27:12
denn mal nicht ganz so schlecht und wenn jemand sehr depressiv ist,
0:27:13–0:27:15
dann passiert häufig was, dass so richtig wie in die andere Richtung gezogen
0:27:15–0:27:17
wird. Nein, das ist immer schlecht.
0:27:17–0:27:21
Ja, es ist wirklich und ich sage ihnen, nein, es ist 24 Stunden gleich.
0:27:21–0:27:28
Und wenn man so eine Ebene einziehen kann, wie ich kann es verschlimmern indem
0:27:28–0:27:34
ich zum Beispiel auch noch Radioheads höre oder jetzt weil die Musik.
0:27:34–0:27:37
So schlecht ist oder die Musik so depressiv.
0:27:37–0:27:45
Weil die Musik so depressiv großartige Musik also ja ich könnte also noch Musik
0:27:45–0:27:48
hören bei der ich wirklich denke, I'm a creep,
0:27:50–0:27:56
und noch mir alte Fotos von damals angucken, wo alles noch so schön war.
0:27:57–0:28:00
Ja, und dann würde ich so richtig reinfallen in das depressive Loch.
0:28:00–0:28:04
Sodass man immer mit der Zunge diesen entzündeten Zahn anstößt.
0:28:05–0:28:09
Irgendwie nämlich dann doch die Endorphinausschüttung eigentlich mag, die in dem Moment kommt.
0:28:12–0:28:16
Ich glaube, wir nähern uns. Ich bin jetzt hier nicht so firm, was diesen Weg angeht.
0:28:16–0:28:19
Wir sind schon heilen sie? Das ist doch eine ganz schöne Strecke noch, oder?
0:28:22–0:28:25
Also wenn wir sehr mutig wären, dann würden wir jetzt hier hochgehen.
0:28:25–0:28:28
Wenn wir nur mittelmutig sind, dann warten wir noch eine ab.
0:28:30–0:28:32
Ich sehe schon. Wir warten noch eine ab.
0:28:33–0:28:36
Ich bin überfordert, diese Entscheidungen zu fällen.
0:28:38–0:28:43
Ja, jedenfalls interessiert die SystemikerInnen, dass so feste Konzepte,
0:28:43–0:28:47
egal ob die jetzt Diagnosen heißen oder ob das feste Problemzuschreibungen sind,
0:28:48–0:28:55
meine Frau macht immer, da Bewegung reinzukriegen und auch Steuerbarkeit.
0:28:55–0:29:02
Also die Vorstellung zu erzeugen, hey, da kann man irgendwie was mit machen und da kann man was tun.
0:29:03–0:29:08
Weil vielleicht fällt es ja doch nicht vom Himmel und überrascht mich einfach.
0:29:08–0:29:10
Und selbst wenn, dann könnte ich damit vielleicht auch irgendwas tun.
0:29:12–0:29:17
Und dann geht es immer um das Interpersonelle, also immer eine Form der Dynamik.
0:29:17–0:29:21
Natürlich gibt es intrapsychische Bewertungen und sowas, das ist ja immer so.
0:29:21–0:29:28
Aber es ist im Interpersonellen. Und da so eine Anekdote, wo ich für mich damals
0:29:28–0:29:30
wirklich gedacht habe, ah, so funktioniert.
0:29:30–0:29:34
Oder deshalb gibt es systemische Therapie, war ich noch sehr unbedarft,
0:29:35–0:29:38
was Headsets angeht und In-Ear-Kopfhörer mit Bluetooth.
0:29:38–0:29:42
Und dann sah ich so ein Typ, der wirklich komplett agitiert an der Bushaltestelle
0:29:42–0:29:43
stand und halt so geredet hat.
0:29:43–0:29:46
Und das war halt so psychotisch.
0:29:47–0:29:54
Also mit niemandem gesprochen. Bis ich dann kapiert habe, dass der diese Kopfhörer
0:29:54–0:29:55
drin hatte, die ich noch nicht kannte.
0:29:55–0:29:58
Also der hat dann da telefoniert, ohne dass er ein Handy in der Hand hatte.
0:29:58–0:30:01
Und in dem Moment, wo ich merkte, der ist mit jemandem im Dialog,
0:30:02–0:30:03
da wurde der völlig normal.
0:30:04–0:30:06
Und ich war auch nicht mehr verwundert, dass sobald der Bus vorkam,
0:30:06–0:30:08
der dann ganz ruhig war und da reingegangen ist.
0:30:09–0:30:13
Und da ist es halt so, dass man sehr andersrum denken kann, als wenn man eben
0:30:13–0:30:14
die Gegenüber wegnimmt.
0:30:15–0:30:18
Wenn ich jetzt nicht neben dir laufe und du würdest genau die gleiche Tour machen
0:30:18–0:30:21
und die Leute beobachten dich, dann wärst du schon pathologisch.
0:30:21–0:30:24
Heute würden die wahrscheinlich denken, ich würde telefonieren,
0:30:24–0:30:26
aber wenn ich mich hier so mal dann so rechts zur Seite umdrehe,
0:30:27–0:30:30
wie zu so einem imaginären Freund, dann wäre vielleicht schon...
0:30:30–0:30:31
Ich bin Havi.
0:30:32–0:30:33
Was ist da los?
0:30:34–0:30:36
Und das ist, glaube ich, dann nochmal eine wichtige Komponente,
0:30:36–0:30:40
dass man da merkt, man muss oft eben auch die, sage ich mal,
0:30:40–0:30:44
Kommunikationspartner erinnern, das System eben mitdenken.
0:30:44–0:30:49
Weil nicht nur ist dann Familie vielleicht wie eine Burg oder wie auch immer,
0:30:49–0:30:53
sondern eben im Prozess, in der Regulierung.
0:30:54–0:30:57
Dieses Telefonat, was ich da beobachtet habe, haben zwei Menschen miteinander
0:30:57–0:31:00
versucht, etwas klar zu kriegen, Konflikt zu lösen.
0:31:00–0:31:03
Das ist dann der Punkt, wo das Ganze wieder gesund wird.
0:31:03–0:31:09
Ja, und es ist auch der Ansatz von einem, also die systemische Therapie hat
0:31:09–0:31:14
ja noch so ein paar verschiedene Seitenäste und es gibt einen Seitenast aus
0:31:14–0:31:18
Finnland, also der ursprünglich aus Finnland kommt, Open Dialog.
0:31:18–0:31:20
Ich weiß nicht, ob du davon schon mal was gehört hast.
0:31:20–0:31:21
Ach, das ist in der Sauna?
0:31:22–0:31:28
Nein, aber da kann man das auch machen. Es ist völlig, also eigentlich ziemlich ortsungebunden.
0:31:28–0:31:39
Das ist eine offene Interventionsform für Familien, in denen jemand Psychoseerfahrungen
0:31:39–0:31:41
akut macht oder auch schon hatte.
0:31:41–0:31:41
Ja.
0:31:42–0:31:43
Und...
0:31:44–0:31:51
Da geht es darum, das Verhalten, was von anderen als verrückt verstanden wird,
0:31:52–0:31:56
interessanterweise oft gar nicht von der Person, die selbst davon betroffen ist.
0:31:56–0:32:00
Die findet sich oft gar nicht verrückt, sondern die anderen finden es seltsam.
0:32:01–0:32:06
Und dem einen systemischen Sinn zu geben.
0:32:06–0:32:11
Ja, weil wenn man, du hast es ganz schön gesagt, ja, wenn man den Kontext nicht
0:32:11–0:32:14
kennt, also wenn du nicht weißt, ah ja, okay, da telefoniert er gerade mit seinem
0:32:14–0:32:21
Headset und mit einer anderen Person, total normal, da sinkt sofort der Herzschlag der eigene. und,
0:32:23–0:32:30
also wenn man den Kontext wegnimmt, dann wird vieles nicht mehr so gut verstehbar und den,
0:32:31–0:32:36
Kontext mitzudenken und auch beim Open Dialog also da sollen alle Menschen,
0:32:36–0:32:41
die sich für das Wohl von XYZ verantwortlich fühlen und mithelfen möchten,
0:32:42–0:32:46
sind dann eingeladen zu so großen, also unter Umständen eben auch großen Runden
0:32:46–0:32:50
und da wird gemeinsam besprochen, jede Stimme soll hörbar werden,
0:32:50–0:32:51
im wahrsten Sinne des Wortes.
0:32:53–0:32:58
Auch die des aktuell psychoseerfahrenen Mitglieds.
0:32:58–0:33:00
Der noch mehr Stimmen mitbringt zum Tisch.
0:33:00–0:33:09
Genau, ja. Und dann wird gemeinsam sehr offen und also wird zumindest erstmal
0:33:09–0:33:12
versucht, verstehbar zu machen, was ist hier eigentlich los.
0:33:13–0:33:20
Und das ist was, was zum Beispiel durch Diagnosen,
0:33:22–0:33:27
eher zugemacht wird. Wenn es eine Zuschreibung gibt von,
0:33:29–0:33:35
Frau Meier ist eben psychotisch. Wir haben ja beide Klinikzeiten auch hinter
0:33:35–0:33:40
uns gebracht, im Rahmen der Psychotherapieausbildung und noch an anderen Stellen gegebenenfalls.
0:33:41–0:33:45
Und nie gab es eine Frau Meier. Wir sind ja komplett anonymisiert,
0:33:45–0:33:46
das sind alles fiktive Namen.
0:33:47–0:33:48
Genau. Ja.
0:33:50–0:33:55
Wenn ein Mensch bei der Visite dann beschrieben wird, ja, das ist Frau Meier,
0:33:56–0:34:01
die hat eine schizophrene Psychose, dann meinen alle Anwesenden zu wissen, was das Problem ist.
0:34:02–0:34:05
Nämlich, die ist irgendwie verrückt oder hat Stimmen oder vielleicht fühlt sich auch verfolgt.
0:34:07–0:34:14
Und dann macht man so viele Vorannahmen, die einen dann auch nicht mehr neugierig sein lassen.
0:34:15–0:34:19
Mensch, Frau Meier, was ist denn eigentlich passiert? Oder was ist denn,
0:34:19–0:34:23
mögen Sie teilen mit mir, was gerade in Ihnen vorgeht?
0:34:23–0:34:31
Ja, und das ist natürlich auch eben die Falle der Diagnostik und die unheimlich
0:34:31–0:34:36
gruselige Nähe zur Psychopharmaka-Industrie, wie das zum Beispiel so, also die Depression,
0:34:37–0:34:46
in der Diagnose überhaupt nichts über eine mögliche Ursache oder eine mögliche,
0:34:46–0:34:51
muss ja nicht 100 Prozent gedeckt sein, aber ein Anteil, welche Anteile könnten
0:34:51–0:34:54
innerhalb des sozialen Netzwerks oder,
0:34:55–0:35:02
keine Ahnung, aus Syrien geflüchtet oder 80 Jahre und die Frau ist gestorben.
0:35:02–0:35:04
Es heißt immer nur Depressionen.
0:35:06–0:35:10
Früher gab es etwas wie endogene, exogene Depressionen, wo man dann eher sagt,
0:35:10–0:35:14
das scheint etwas Somatisches zu sein oder es hat definitiv einen Auslöser.
0:35:14–0:35:18
Ist deshalb vielleicht nur eine Episode oder eine Anpassungsstörung.
0:35:19–0:35:21
Das kann die Diagnose alles nicht.
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Und deshalb ist es dann oft so, dass dann auch Antidepressiva bei Depressionen
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ja scheinbar eine gute Allianz bilden müssen. Da gibt es Depressionen,
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da gibt es Antidepressionen und hier gibt es.
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Die systemische Gesellschaft.
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Im zweiten OG.
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Genau, also wir stehen jetzt hier gerade vor der Damaskestraße 4.
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Also zwei große Dachverbände, die sich mit systemischer Therapie und systemischem Wissen beschäftigen.
0:35:55–0:35:58
Und das ist einmal die Systemische Gesellschaft und die DGSF,
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die Deutsche Gesellschaft für Systemische und Familientherapie.
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Aber ich nage mich nicht fest, die SG kenne ich etwas besser.
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Und diese Gesellschaften, muss man wissen, gibt es auch schon sehr lange.
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Ich meine, du hast es ja schon gesagt, war das hier, wo du die Ausbildung gemacht hast?
0:36:15–0:36:21
Na, das ist der Dachverband. Es gibt kleine Institute über ganz Deutschland,
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die sind zusammengeschlossen in diesem Dachverband.
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Und systemisch gearbeitet wird schon seit vielen Jahrzehnten,
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vor allen Dingen auch im Jugendbereich, Jugendhilfe und so, ist das ja auch sehr breit angelegt.
0:36:34–0:36:36
Also nicht, dass das jetzt ganz frisch ist,
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sondern eigentlich seit 70 Jahren.
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Es ging mit den 60er Jahren los.
0:36:42–0:36:48
Ja, 50er glaube ich schon, war nicht 55, 57 so. Also es ist jetzt 70 Jahre in the making.
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Ja, da sind wir ein bisschen abgewogen. Wir kamen ja von der sehr individuumszentrierten
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Psychotherapie, vielleicht, also wenn man freut, oder so die Psychodynamik so
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als Startschuss, wahrscheinlich auch windig, das so zu behaupten.
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Mal ganz kurz, wir orientieren uns jetzt mal weiter. Wir sind jetzt hier direkt vor der Schaubühne.
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Und welchen weg würde es jetzt gehen wollen wir haben wenn wir den kudamm nicht lang gehen.
0:37:16–0:37:20
Ja wir könnten jetzt hier einfach so wieder zurückgehen und dann da an der s-bahn
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und dann könnten wir uns langsam wieder vor pirschen in unseren bekannten kann
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von unserem institut vorbei kann straße und.
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Dann machen wir die.
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Wenn wir nicht bei rolex vorbei die.
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Haben jetzt schon zu,
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Oh Gott, was wird man uns unterstellen, was passiert.
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Rolex machen wir ein andermal. Ich glaube, machen ist in dem Zusammenhang auch
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so ein gutes Wort für Banküberfälle.
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Wir machen Hühnerwald.
0:37:48–0:37:49
Wir machen Hühnerwald, ja.
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Ich hätte eine große...
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Warte, ich rede noch ganz kurz aus über diese Geschichte. Also wir kommen mit
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Freude von dieser sehr einzelperspektivischen oder individual zentrierten Psychotherapie.
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Das Problem ist die einzelne Person, ich leide an etwas und deswegen habe ich
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auch das Problem, deswegen muss ich auch was damit machen.
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Und dann gab es in der Soziologie,
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also schon in den 14er Jahren hier, Levin und so,
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die so diese ganze Gemeinde und Gruppe und einen höheren Kontextfokus einfach
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mit berücksichtigt haben.
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Und daraus haben sich dann die unterschiedlichen systemischen Bestrebungen,
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also Italien ist ganz bekannt mit,
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Mara Silvini Piazzoli und so bei den Amerikanern, dann gibt es Jay Haley und
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Watzlawick, der das großartige Buch mit der Anleitung zum Unglücklichsein geschrieben hat Was ich.
0:39:00–0:39:02
Immer wieder lese und es klappt bei mir nicht.
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Das mit dem Unglück, das ist nicht eine gute Anleitung für dich?
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Ich bin zu resilient.
0:39:12–0:39:13
Ja.
0:39:13–0:39:13
Ja.
0:39:14–0:39:18
Das ist dann auch, wenn man dann, also das ist immer so eine Sache,
0:39:19–0:39:22
wie grenzen sich die Schulen voneinander ab? Ich habe jetzt Resilienz gesagt oder so.
0:39:22–0:39:27
Und dann gibt es ja immer so Schlagworte inzwischen, wo ich es zunehmend schwierig
0:39:27–0:39:31
finde, da irgendwie Grenzen zu ziehen. Wir haben vorhin ein bisschen gesagt,
0:39:31–0:39:36
intrapsychisch oder eben interpersonell oder zweier Mehrfachgruppe, wie auch immer.
0:39:36–0:39:39
Aber dann gibt es zum Beispiel so Sachen, dass die Systemische sagt,
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es sind Ressourcen- und lösungsorientiert.
0:39:44–0:39:47
Und das habe ich immer wieder
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mal so gehört und aber würde
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nicht heute die analyse nicht natürlich
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aber die tp auf alle fälle auch als die auch nicht über lösung sprechen aber
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würde natürlich auch konkrete ziele setzen und so weiter und so fort und wer
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würde denn sagen wir sind nicht ressourcenorientiert, das sind die anderen.
0:40:14–0:40:19
Das sind ja so bestimmte Sachen, wo es, glaube ich, schwierig ist, eigentlich heute sich.
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Weil natürlich haben wir eine Entwicklung weg von der Pathologie hin zu,
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keine Ahnung, Salutogenese vor allen Dingen, aber auch humanistisch,
0:40:31–0:40:33
den ganzen Menschen sehen mit Allsein.
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Und dann eben nicht nur den einen Menschen, sondern eben die Gruppe,
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die Geschichte des Menschen, die Identität, was ja in unserem Institut ganz groß geschrieben wird.
0:40:44–0:40:46
Das ist ja, glaube ich, aber inzwischen fast bei allen so. Ich glaube,
0:40:46–0:40:49
keiner würde das mehr rausnehmen.
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Was ich bei der systemischen, vorhin schon ja meinte, ist ja eben diese Diagnostik
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ist da ja wirklich Gift eigentlich.
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Die muss jetzt aber gemacht werden. Und eine Person muss als krank hingestellt werden.
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Und dann gibt es aber natürlich auch, und das würde mich interessieren,
0:41:08–0:41:11
vielleicht weißt du doch gar nicht so viel, aber dieses Mehr-Personen-Setting,
0:41:11–0:41:17
das ist ja in der Jugendhilfe und so natürlich total klar.
0:41:17–0:41:21
Da gibt es ja auch, finde ich, diesen sehr interessanten Familienrat,
0:41:21–0:41:24
den viele Familienzentren auch anbieten.
0:41:25–0:41:29
Das hat jetzt gar nichts mit systemischer Therapie zu tun, das ist eine eigene Schule.
0:41:30–0:41:35
Aber da sind dann alle am Tisch, da sind alle zugegen. Aber was sagen denn da die Krankenkassen?
0:41:35–0:41:40
Wie wird sowas denn abgerechnet? Ist das dann eine kleine Gruppentherapie oder wie läuft sowas?
0:41:40–0:41:46
Weil es gibt ja bestimmte Grenzen auch immer an dem, was man dann überhaupt abrechnen kann.
0:41:48–0:41:51
Na, also du kannst ein,
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also soweit ich weiß, es ist keine Gruppentherapie, sondern es ist Therapie
0:41:58–0:42:06
im mehr Personensetting und es wird abgerechnet über den Sternchen, die Indexpatientin.
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Ja, die hat quasi den Deckel an der Theke, da werden alle Striche drauf gemacht.
0:42:13–0:42:20
Und ja und das und es gibt aber auch systemische Gruppentherapie und systemische
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Gruppentherapie meint eigentlich,
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mehrere also so sicher bin ich mir nicht mit da müsst ihr nochmal nachschauen
0:42:31–0:42:35
aber ich glaube es meint eigentlich so Multifamilientherapie da sind dann mehrere
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Familien sogar gleichzeitig anwesend und,
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aber es gibt eben systemische,
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Therapie auch im Einzelsetting.
0:42:44–0:42:50
Und wenn ich den KollegInnen glauben kann oder so was die so sagen, dann,
0:42:51–0:42:56
dass dieses, also es ist ja kompliziert, Gruppen zu organisieren,
0:42:56–0:43:00
auch Familien zusammen zu organisieren, dass sie dann alle einen Termin kriegen.
0:43:00–0:43:11
Und dass das Arbeiten in den Ausbildungsambulanzen von den systemischen Ausbildungsinstituten,
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dass man so ein bisschen merkt, dass die KandidatInnen eher systemische Therapie
0:43:19–0:43:20
mit Einzelpersonen machen.
0:43:20–0:43:24
Und dass es so ein bisschen den Anlauf und Schubs braucht, tatsächlich dann
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auf die Familien einzuhalten.
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Wer sind die Kandidatinnen jetzt? Das sind die...
0:43:27–0:43:30
Ausbildungskandidatinnen für die systemische Therapie und ich...
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Lassen wir gerade den Hund vorbei.
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Den Klingelhund.
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Den Klingelhund, genau. Das ist so weihnachtlich hinter uns.
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Kleiner, rot angezogener Hund mit Klingel. Ja.
0:43:46–0:43:50
Du hattest vorhin gesagt, es ist auch, weil ich versuche das nochmal so hinzugehen,
0:43:50–0:43:53
man muss halt auch für die, die es nicht wissen, ist ja so, dass nicht alle
0:43:53–0:43:56
Ziffern abrechnen dürfen.
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Wenn es ein Mehrpersonen-Setting gibt, ist das dann exklusiv für die Leute,
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die die Fachkunde systemische Therapie haben.
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Ja, genau.
0:44:05–0:44:08
Genauso wie die Exposition nur für die VTler abgerechnet werden kann und so.
0:44:08–0:44:12
Und dann gibt es aber ja auch immer ein bestimmtes Kontingent.
0:44:13–0:44:17
Und du meintest vorhin, dass die Systeme schon mit wenigen Sitzungen,
0:44:17–0:44:21
auch mit längeren Pausen oder wie ist das so,
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vielleicht bevor man das abrechnen durfte, wie war es da und wie kristallisiert
0:44:28–0:44:31
sich das jetzt raus, wenn du das weißt? Also ich weiß, das ist ja alles noch sehr jung.
0:44:31–0:44:37
Bevor es über die Krankenkassen abrechenbar war, war es eine persönliche Verhandlung
0:44:37–0:44:42
zwischen den TherapeutInnen, BeraterInnen und den KlientInnen-System.
0:44:46–0:44:51
Also meiner Erfahrung nach wurde am ehesten so von Sitzung zu Sitzung geschaut.
0:44:52–0:44:55
Und auch, machen wir noch einen neuen Termin? Ja, machen wir?
0:44:55–0:44:57
Okay. Und in welchem Abstand wollen wir denn gucken?
0:44:58–0:45:00
Aha, gut, in vier Wochen machen wir so.
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Und über die, also es gibt dann kein festgeschriebenes Sitzungskontingent.
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Oder es gibt auch nicht eine, also es passt nicht zur Philosophie.
0:45:13–0:45:17
Eine Idee zu haben, oh ja, Sie kommen hier mit diesem, dass Ihre Frau immer
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so gemeint ist, dazu brauchen wir so fünf Stunden.
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Das muss man halt mal gucken.
0:45:26–0:45:30
Das ist dann auch natürlich eine Nähe zum Coaching und wahrscheinlich auch,
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geschuldet ist das falsche Wort, aber hat wahrscheinlich auch damit zu tun,
0:45:34–0:45:38
weil es Selbstzahler und Selbstzahlerinnen waren, die das eben zahlen mussten.
0:45:38–0:45:46
Ja, und diese Kontexte, die muss man natürlich auch Einfluss auf sowas wie Genesung
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oder auf das, was ich für Hypothesen darüber habe,
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was auch mit mir los ist oder was meine Therapeutinnen über mich denken.
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Ja, wenn es ja ein Unterschied, ob jemand zu dir sagt, oh, also nachdem ich
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ihnen jetzt hier so zugehört habe, da würde ich sagen, also wir brauchen 350 Stunden.
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Ja.
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Ja, versus ja, gucken wir mal, wenn sie wollen, machen wir einen nächsten Termin.
0:46:09–0:46:12
Ich habe mir auch immer überlegt, wie das so aufgenommen werden würde,
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wenn man man schreibt ja Anträge an die Krankenkassen,
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wenn man dann einfach so komische Zahlen nicht, dann sagt ihr braucht nochmal
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40 Stunden, ich brauche noch 37 Stunden oder 17, 2.
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Ich hatte das nämlich mal, dass ich eine begrenzte Gruppe hatte,
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wo ich nach der KZT, es ging um Anpassungsstörungen und ich wollte das alle
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zusammen anfangen, Mittel- und Endphase haben und dann hinten raus.
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Und dann war einer, da musste ich einfach noch vier Stunden beantragen und die
0:46:45–0:46:48
habe ich dann auch beantragt aber da wurde die Kasse hat mich dann wirklich
0:46:48–0:46:50
angerufen und hat gesagt, haben sie sich da verschrieben,
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aber das ist natürlich dann als ein anderer Podcast, vielleicht machen wir dann
0:46:55–0:47:00
weiter irgendwas anderes wenn man nach vorne guckt und dieses ganze Gutachterverfahren
0:47:00–0:47:05
sich gerade verändert und noch nicht genau klar ist, wie überhaupt festgelegt wird,
0:47:05–0:47:11
wie lange Therapien laufen dürfen und so Oder dass man irgendwie so ein Gefühl
0:47:11–0:47:13
dafür hat, naja, Pima Daumen sind es so und so viele Stunden.
0:47:14–0:47:18
Aber das kommt natürlich dann auch mit der Möglichkeit abzurechnen,
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weil Kontingente da einfach auch vorgeschlagen werden.
0:47:22–0:47:28
Ja, und also bei allem Idealismus und natürlich machen wir alle Therapien nur
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so lange, wie sie wirklich nötig sind,
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Und es verändern sich dann Settingstrukturen.
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Wenn ich weiß, ich habe jetzt hier bei der Kasse 18 Sitzungen bewilligt bekommen,
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dann kann ich auch mal drei Sitzungen rumbumbeln.
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Das ist nicht so wild. Wenn ich weiß, dass da jemand irgendwie 150 Euro dafür
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dann auf den Tisch legt, dann mache ich es vielleicht nicht.
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Oder dann wird in mir ein anderer Druck erzeugt. Ich würde es jetzt gar nicht irgendwie...
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Ja, das ist, glaube ich, das machen wir gerne mal einfach so,
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weil ich habe dafür auch viele Fragen und keine Antworten.
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Ich finde es ein super spannendes Gespräch, aber wir nehmen das mal in unseren
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nächsten gemeinsamen Spaziergang rein, wenn ich besseres Schuhwerk für kalte Abende mitbringe.
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Weil wir gerade bei diesem Kosten-Ding sind da mache ich jetzt die Brücke,
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über das, was ich vorhin kurz erwähnt habe, da habe ich auch eine Frage ich
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weiß nicht, ob du das weißt, aber dieses Reflecting Team das haben wir auch
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in der Gestaltausbildung genutzt das ist super, vor allen Dingen auch in der Ausbildung wenn du,
0:48:41–0:48:46
dich selber mal wir haben damals immer vor Publikum gearbeitet das ist ja bei
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der TP-Ausbildung hier gar nicht so gewesen dass man irgendwie auch mal wieder
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mit Kameran Da ist auch okay.
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In der Supervision wird es dann eben reflektiert, jede vierte Sitzung.
0:48:57–0:49:02
Aber bei der Gestaltausbildung war es so, dass immer eine halbe Stunde voneinander
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arbeiten. Ja, ich auch. Ich fand das super.
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Und dass wir nicht, also mit wir meine ich in dem Fall psychodynamisch, psychodynamisch,
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Und dass es so ungewöhnlich ist, auch den Kolleginnen beim Arbeiten zuzugucken und auch zu erleben.
0:49:19–0:49:23
Und das ist sowas ganz selbstverständliches bei dir in der Gestalttherapie und
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in der systemischen Therapie auch.
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In der Ausbildung sitzen dann die Kolleginnen und Kollegen hinter der Einwegscheibe
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oder am Monitor, weil es mit einer Kamera übertragen wird oder mit im Raum sogar.
0:49:39–0:49:42
Und da war es dann, um das aus Selbsterfragen nochmal dieses Reflecting Team
0:49:42–0:49:45
darzustellen, war es halt natürlich so, dass wenn man anfängt,
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dass ich selbst irgendwie mit roten Ohren in die ersten,
0:49:49–0:49:53
in Anfangszeichen, ernsthaften Gespräche, weil es natürlich dann auch schon
0:49:53–0:49:57
immer um reale Themen von den Menschen geht, die da auch mit in diesem Ausbildungskontext
0:49:57–0:49:58
sind, aber vor allen anderen.
0:49:58–0:50:03
Also man zeigt sich, man tanzt quasi in gewisser Weise vor anderen.
0:50:03–0:50:07
Und dass dann über diese Reflecting-Team-Sache bei mir in der Ausbildung das
0:50:07–0:50:13
wunderschön aufgefangen wurde, weil dann einfach die Leute nicht mir gesagt
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haben, ich hätte da vielleicht nochmal das und das gesagt.
0:50:15–0:50:20
Also es wurde nicht mir gesagt, sondern die haben untereinander sich berichtet,
0:50:20–0:50:23
was sie gesehen haben, was sie erlebt haben, was sie spekulieren,
0:50:24–0:50:26
wo sie noch mehr wissen wollen würden.
0:50:26–0:50:30
Und das war sowas, wo es total einfach war, zuzuhören, das auch anzunehmen und
0:50:30–0:50:36
auch zu merken, dass wir alle gemeinsam natürlich forschend sind,
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spekulierend sind und so.
0:50:37–0:50:44
Und das Reflecting Team ist etwas, und das ist jetzt was, wo ich eine Frage, ob das wirklich so war.
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Das hatte ich mal irgendwo gelesen, aber eben keinen wissenschaftlichen Artikel,
0:50:47–0:50:50
sondern eher so eine Geschichte der Psychotherapie-Ding.
0:50:50–0:50:57
Das Reflecting Team war so, wie du es beschrieben hast, da wurde therapeutisch
0:50:57–0:51:00
gearbeitet, Klient und Therapeutin und.
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Die Arbeit wurde gleichzeitig hinter einem Spiegel von anderen KollegInnen beobachtet.
0:51:08–0:51:13
Und dann war es wohl ursprünglich so, dass es über Kopfhörer dann der TherapeutIn
0:51:13–0:51:15
oder dem Therapeuten zugespielt wurde.
0:51:16–0:51:21
Bestimmte Sachen, so frag doch mal das und das oder wir überlegen, ob das und das.
0:51:21–0:51:27
Und da sei es wohl mal so gewesen, dass aus Versehen der Lautsprecher im Zimmer angewiesen ist.
0:51:29–0:51:34
Und der Patient, die Patient es gehört hat, was das Reflecting Team berichtet hat.
0:51:34–0:51:37
Und es hat was Neues bewirkt.
0:51:38–0:51:43
Er hat in gewisser Weise ihr eigenes System nochmal durch neue Anreize verändert.
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Und so entstand es dann, dass so etwas auch wirklich ganz transparent mit Teil
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der Therapie ist. Ist das so?
0:51:54–0:51:59
War das so, dass das so per Zufall oder ist das ein Mythos?
0:51:59–0:52:05
Das weiß ich nicht, ob es wie die vielen Geschichten, wie die Laugenbrezel,
0:52:05–0:52:09
als sie noch keine Laugenbrezel war, in die Lauge gefallen ist.
0:52:10–0:52:15
Nee, das weiß ich nicht, ob das per Zufall wurde es dann dazu geschaltet.
0:52:15–0:52:22
Also es ist schon in den Anfängen der systemischen Therapie und ich glaube auch
0:52:22–0:52:24
zu Ausbildungszwecken,
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sowohl in Italien als auch in Deutschland und die verrückten Amerikaner natürlich auch,
0:52:36–0:52:39
ist dieses, wir beziehen die einfach mit. Aber nicht nur die verrückten.
0:52:39–0:52:41
Auch die besten, die besten Körper.
0:52:41–0:52:45
In dem Fall gleichwertig. Also in dem Fall meint es was Ähnliches.
0:52:46–0:52:48
Stimmt, muss man heute mal dazu sagen.
0:52:50–0:53:01
Also alles möglichst offen zu machen und mit großer Transparenz und eben auch das, was in der,
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also vor allem, wenn man zu zweit Therapie macht, also wenn man ein TherapeutInnenpaar
0:53:05–0:53:10
ist oder auch aus Kliniken und Teams kennt man das natürlich auch,
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dass die PatientInnen, die verlassen dann irgendwie das Dienstzimmer oder die
0:53:14–0:53:17
Visite und dann wird nochmal so richtig geredet über die.
0:53:17–0:53:23
Und eigentlich ist es ein bisschen fies, weil wenn man sich zum Beispiel psychotische
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PatientInnen vorstellt, die sowieso so ein Verfolgungsthema haben und dann denke
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ich mir abgehört oder die anderen reden über mich. Und dann macht man genau das.
0:53:34–0:53:37
Und daraus die Idee entstehen zu lassen, nee, das machen wir eben nicht.
0:53:37–0:53:39
Wir reden eben nicht über, sondern wir reden mit.
0:53:41–0:53:43
Und wir lassen uns zuhören.
0:53:44–0:53:46
Und wir nutzen das.
0:53:49–0:53:54
Also fast ja auch wie eine Barlind-Gruppe in Anwesenheit der KlientInnen.
0:53:55–0:53:59
Und das ist einfach richtig toll.
0:53:59–0:54:06
Ja, auch weil als dann, du hast gesagt, rote Ohren und Therapeutin,
0:54:07–0:54:14
man ja auch manchmal in Therapiegesprächen so ein Sackgassen gerät oder dann
0:54:14–0:54:15
irgendwie nicht mehr so richtig weiter weiß.
0:54:15–0:54:22
Und dann gibt es KollegInnen, die zur Verfügung stehen, weil die mir zuhören
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und die man dann fragen kann.
0:54:26–0:54:31
Wo man sagen kann, so jetzt möchte ich mal das Reflecting Team fragen oder wollen
0:54:31–0:54:32
wir mal das Reflecting Team fragen.
0:54:33–0:54:41
Und es ist auch so witzig, wie KlientInnen dann darauf reagieren.
0:54:44–0:54:48
Sollen wir dann rausgehen? Und nein.
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Ja, das ist irre, dass dieser weiße Kittel, dieses ExpertInnen-Denken halt so...
0:54:56–0:55:00
Auch gewollt wird. Da würde man natürlich als Psychodynamik schon auch vermuten,
0:55:00–0:55:05
dass natürlich manche Menschen einfach auch froh sind, dass man einfach folgen darf,
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einfach befolgen darf, dass man es gesagt bekommt, dass andere alles wieder
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in die Hand nehmen, dass man nicht diesen ganzen Stress selber machen muss.
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Das ist natürlich dann auch systemisch könnte man sowas denken,
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vielleicht mit anderen Worten.
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Und eine Sache, die natürlich auch so schön daran ist, dass man so viel bekommt.
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Da sitzt man da alleine Und dann sind auf einmal so viele erwachsene Menschen
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und eine Kamera und ein Spiegel und eine Blume mit Mikrofonen drin und was weiß
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ich, wie das gemacht wird.
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Und das ist natürlich auch eine Wertschätzung, auch auf einer Ressourcenebene.
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Das hat auch eine Bedeutung.
0:55:41–0:55:41
Ja.
0:55:41–0:55:44
Und da schließt sich eine andere Frage an, wo ich dann denke,
0:55:45–0:55:52
es ist ja seit Jahrzehnten sowas, dieses Reflecting Team ist ja so eine, wer zahlt das denn denn?
0:55:52–0:55:55
Also wenn ich jetzt quasi hingehe und sage 150 Euro pro Sitzung,
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hast du vorhin gesagt, keine Ahnung, lass es 60 Euro pro Sitzung sein,
0:55:59–0:56:06
das ist ja auch möglich, solange du nicht die Approbation hast und dann musst du dich ja bestimmte,
0:56:07–0:56:12
ein bisschen angehalten, bestimmte Beträge abzurufen, aber sonst solange das
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nicht, kannst du ja machen, wie du willst, aber wie kriegst du dann von denen,
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sagen wir mal, 60 Euro pro Sitzung, zwei Leute und eine Videokamera und einen
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Spiegel und diesen riesen Raum hin,
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wie war das damals?
0:56:25–0:56:27
Also haben da nur ganz reiche Leute...
0:56:27–0:56:32
Also dieses Setting mit, das gucken Leute zu über einen Einwegsspiegel,
0:56:32–0:56:41
das waren Ausbildungsinstitute und Kliniken, wo dann die Kollegen,
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die ganze Familie wird eingeladen und es wird dann gleichzeitig gefragt,
0:56:47–0:56:49
hey, habt ihr Lust, ein Reflecting-Team zu machen?
0:56:50–0:56:53
Und dann sind fünf, sechs, sieben KollegInnen hinter der Einwegscheibe oder
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gucken zu und machen das dann. Dann ist es sozusagen im Klinikalltag.
0:56:56–0:56:59
Das wird dann auch nicht abgerechnet, sondern sie sind einfach angestellt.
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Das ist einfach so, genau.
0:57:03–0:57:08
Also und im normalen, also im Praxissetting,
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wo man nicht einfach so mal eben fünf Kollegen mal zuverlehrweise Zeit haben
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und ein Reflecting-Team machen können, ist es am ehesten möglich,
0:57:18–0:57:20
wenn man zu zweit Therapien macht.
0:57:20–0:57:27
Ja, also wenn wir beide eine Therapiefamilie hätten, dann könnten wir innerhalb
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einer Sitzung könnten wir sagen, so, jetzt stoppen wir mal kurz,
0:57:31–0:57:33
lass uns mal ein Reflecting Team machen.
0:57:33–0:57:33
Ja.
0:57:33–0:57:37
Und dann sitzt die Familie vor uns und dann würden wir unsere beiden Stühle,
0:57:37–0:57:39
würden wir so ein bisschen uns zuwenden.
0:57:39–0:57:45
Also wir würden sozusagen auch einen gestalterischen Unterschied machen in dem
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Gesprächsformat, würden wir uns ein bisschen zuwenden. Und dann würde ich sagen,
0:57:50–0:57:52
weißt du, Michael, was ich mich gefragt habe?
0:57:52–0:57:56
Ich traue mich gar nicht, die Familie zu fragen, aber...
0:57:56–0:57:57
Frag mich.
0:57:57–0:58:05
Der Großvater, der war doch im Gefängnis. Aber ich glaube, da steckt noch irgendwas drin.
0:58:06–0:58:10
Und dann könntest du was darauf sagen. Und dann könntest du auch vielleicht
0:58:10–0:58:13
sagen, es soll eigentlich gar nicht so eine Unterhaltung stattfinden.
0:58:13–0:58:19
Das ist auch ein interessanter Wort, gerade jetzt vor dem Gestalthintergrund, ich frage mich.
0:58:19–0:58:23
Das ist ja im Systemischen auch eine Sackgasse, wenn man sich selber fragt.
0:58:23–0:58:26
Und dann ist es ja schön, wenn du eben deinen Kollegen und deine Kollegin fragen
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kannst und das gleichzeitig aber auch noch,
0:58:30–0:58:33
die Dringlichkeit deiner Frage unterstreich gegenüber der Familie,
0:58:34–0:58:37
dass du dir in gewisser Weise die ganze Zeit schon so auf die Zunge beißt,
0:58:37–0:58:40
weil du diese Frage hast, aber du traust sie nicht direkt zu fragen.
0:58:40–0:58:45
Weil da würdest du vielleicht bestimmte Schamgrenzen überschreiten und man würde
0:58:45–0:58:49
durch das Reflecting Team eine Passage öffnen, wo die Familie gemeinsam dann
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durchgehen kann und nicht einzelne irgendwie Zeugen sind oder Spalierstehen.
0:58:54–0:58:57
Es ist einfach dann gar nicht konzentriert,
0:58:58–0:59:02
Und trotzdem ist es dann irgendwie da und die Familie kann dann entscheiden,
0:59:03–0:59:06
machen wir jetzt damit was? Oder sagst du was?
0:59:06–0:59:08
Weißt du, ich hänge an einem ganz anderen Punkt.
0:59:09–0:59:13
Da hat doch, als der Vater sich da, der Tochter zugewendet hat,
0:59:13–0:59:15
da hat die Mutter sich so umgedreht auf dem Stuhl.
0:59:15–0:59:18
Ich habe mich gefragt, ob das eine Bedeutung hat.
0:59:19–0:59:22
Und dann geht es gar nicht so sehr darum, dass wir so eine Art Teamsitzung machen,
0:59:22–0:59:26
sondern dann geht es eher darum, dass diese Ideen Raum kriegen.
0:59:26–0:59:30
Und man könnte natürlich in der Szene, die du jetzt fantasierst,
0:59:30–0:59:35
auch dann gleich überlegen, was hat das Vergangenheitsthema mit der Gegenwart zu tun?
0:59:35–0:59:38
Warum muss die Mutter sich immer umdrehen, der Großvater im Gefängnis,
0:59:38–0:59:41
wenn ihr Mann sich zur Tochter umdreht, was ist denn da los?
0:59:44–0:59:48
Und die Familie kann letztendlich entscheiden, was nehmen wir von diesen Ideen.
0:59:52–0:59:56
Und sie können eben auch entscheiden zu sagen, nee, das war irgendwie,
0:59:56–0:59:59
weiß ich auch nicht, ich habe nicht so genau hingehört.
1:00:00–1:00:02
Nee, das sagt mir gar nichts.
1:00:04–1:00:05
Das dann auch...
1:00:05–1:00:08
Oder ich könnte zum Beispiel sagen, das ist jetzt gar nicht als Witz gemeint,
1:00:08–1:00:10
sondern ganz ernsthaft in der Gegenwart.
1:00:10–1:00:13
Sagen, du, ich kann dir gar nichts zuhören, ich muss total dringend aufs Klo.
1:00:13–1:00:17
Seit einer halben Stunde. Aber ich habe mich einfach nicht getraut, das anzumelden.
1:00:18–1:00:22
Ich weiß nicht, warum, ja, das frage ich mich, warum ich nicht einfach wie sonst
1:00:22–1:00:23
sage, Entschuldigung, ich bin gleich wieder da.
1:00:24–1:00:28
Also, dass man da wirklich auch sich mit zeigt. Nicht nur seine Gedanken,
1:00:29–1:00:31
sondern auch als kompletter Mensch.
1:00:34–1:00:39
Ja, ich finde es total toll. Ich habe so früher, also du hast du mal gesagt,
1:00:39–1:00:43
da bin ich auf alle Fälle nicht so belesen oder so drin, aber natürlich fand
1:00:43–1:00:47
ich das alles immer total spannend mit der Kybernetik und diesen Systemen und
1:00:47–1:00:48
diese sich regulierenden Systemen.
1:00:48–1:00:50
Und wenn man es mal genau durchdenkt, dann ist es ja auch so,
1:00:50–1:00:55
dass man natürlich irgendwann an die Soziologie anstößt. Das habe ich schon gesagt.
1:00:55–1:01:00
Würde man dann so in so einen grauen Bereich kommen, ist das jetzt noch systemische
1:01:00–1:01:04
Familientherapie oder Gruppencoaching?
1:01:04–1:01:09
Oder sind wir da schon auf einer, also jenseits von so einer Milieugruppe?
1:01:12–1:01:16
Jetzt habe ich meinen Faden verloren, der aber jetzt beim leichten Reden wie
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im Dauerlauf wahrscheinlich gleich wieder zurückkommt.
1:01:20–1:01:23
Genau. Und dann habe ich aber auch so inzwischen das Gefühl,
1:01:24–1:01:28
dass mir auch manchmal so ein bisschen was daran fehlt.
1:01:28–1:01:31
Und das ist, wenn ich jetzt die Gestalt und die systemische Gegenüberstelle,
1:01:31–1:01:33
die Gestalt ist ja immer noch nicht zugelassen.
1:01:33–1:01:37
Also jetzt über Bande wurde sie halt über die emotionsfokussierte Therapie in
1:01:37–1:01:42
der Verhaltenstherapie von Leslie Greenberg aus Kanada, der ja Gestalttherapeut
1:01:42–1:01:48
ist und auch eben diese emotionale Thematik da reingebracht hat.
1:01:48–1:01:55
Und ich hatte das Glück, dem bei seinem Kick-Off-Vortrag im DGVT-Kongress hier
1:01:55–1:01:58
an der FU, war das glaube ich, vor ein paar Jahren zu hören,
1:01:58–1:02:00
wo wirklich das auch kam, weil man so,
1:02:00–1:02:03
hier, hier, hat so ein Video gesagt, here you see, this is the emotion.
1:02:04–1:02:09
Und dann hat irgendjemand eine Frage gestellt, so mit Kognition oder Bewertung
1:02:09–1:02:11
des Verhaltens, no, no, it's emotion.
1:02:14–1:02:20
Aber was ich sagen will ist, die systemische, die kommt mir da manchmal trotzdem
1:02:20–1:02:24
auch so ein bisschen leer vor, weil die ja immer diese Funktion drumherum,
1:02:24–1:02:26
also es ist ja immer so, ja,
1:02:27–1:02:33
Hat man einerseits diese kecke Art, Fragen zu stellen, die ist ja auch beides.
1:02:33–1:02:37
Die ist ja so ein bisschen Saving Face auch, das ist ein Gesichtwahn.
1:02:37–1:02:39
Wenn man daneben liegt, na gut, war mal ein Versuch wert oder so.
1:02:40–1:02:43
Aber ist das so ein bisschen in Samthandschuhen, ist das Hands-off?
1:02:44–1:02:50
Oder gibt es da auch eine Form von Konfrontation und Zupacken und Dranbleiben?
1:02:50–1:02:56
Oder ist das eher so, dass man sagt, nee, wir sind die Akupunktur unter den Psychotherapien?
1:02:57–1:02:59
Also, da geht es ja schon rein an Kupunktur.
1:02:59–1:03:00
Stimmt, ja.
1:03:00–1:03:02
Und es zieht auch und schmerzt auch schon.
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Genau, aber dann kriegt man ein Handtuch und alles warmen Stein auf die Stelle.
1:03:08–1:03:14
Nee, es geht schon sehr rein. Also, ich verstehe die Überlegung,
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dass das Kecke kommt aus dem kognitiv Verspielten.
1:03:22–1:03:30
Und ich meine sogar, dass das auch so ein kleiner, leise mitklingender Vorwurf
1:03:30–1:03:33
auch an die systemische Therapie war.
1:03:33–1:03:36
Dafür muss man kognitiv ziemlich beweglich sein.
1:03:36–1:03:39
Jetzt als Klientin.
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Und es ist eben was, also es ist sehr was für so analytische Überlegungen wie irgendwas zusammen.
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Aber es ist trotzdem möglich.
1:03:54–1:03:57
Und ich denke, also eine kluge Therapie, egal welcher Schule,
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berücksichtigen Kognition, Einstellungen, Haltung und Emotionen und Vergangenheit
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und Zukunft gleicher. Maße.
1:04:09–1:04:14
Auch an sehr tiefgehenden emotionalen Themen natürlich dran zu bleiben.
1:04:14–1:04:20
Ich muss zum Beispiel an Familienaufstellungen denken mit lebenden Stellvertretern.
1:04:20–1:04:22
Das ist schon wirklich Deep Shit.
1:04:22–1:04:23
Ja, ja.
1:04:24–1:04:30
Und da ist auch, also da wird viel, da findet viel emotionale Aktivierung statt.
1:04:34–1:04:38
Und wie wird die dann wieder integriert? integriert. Also wenn die,
1:04:39–1:04:43
weil sonst ist es ja oft so, dass man dann die Leute ins Feld schickt quasi
1:04:43–1:04:49
und dann kommen die zurück, machen die Sachen dort und die werden dann wieder eingeordnet.
1:04:50–1:04:54
Du meinst Therapiesitzungen, dann geht jemand raus von seinem Leben und dann
1:04:54–1:04:55
kommen sie wieder zurück in die Therapiesitzung?
1:04:55–1:04:59
Ja, als es noch Coaching war und vielleicht alle zwei, drei Wochen oder so und
1:04:59–1:05:04
jetzt eine Familienaufstellung sicherlich, also entweder in der Familie aufstellen
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oder auch diese Parts-Party, was ich vorhin erwähnt habe, wo man seine eigenen
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Anteile aufstellt und die gegeneinander,
1:05:10–1:05:13
ausspielen lässt und man sich das dann so ein bisschen vorstellen kann,
1:05:13–1:05:16
dass dann vielleicht die Wut auf einmal sagt, also ehrlich gesagt,
1:05:16–1:05:19
ich möchte die ganze Zeit darüber zu der Scham.
1:05:19–1:05:21
Irgendwie habe ich das Gefühl, das ist so eine Richtung für mich.
1:05:21–1:05:24
Und die Person, die ihre eigenen inneren Anteile aufgestellt hat,
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damit dann auch irgendwas anfangen kann oder gar nichts anfangen kann und so
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beginnen Dinge sich zu bewegen.
1:05:32–1:05:37
Das heißt, das ist ja systemisch, egal ob intra oder in der Familie, wie auch immer.
1:05:38–1:05:43
Wie wird das dann wieder integriert? Gibt es das dann, weil ja,
1:05:43–1:05:48
du hast recht, das sind Sitzungen, wo es sehr emotional wird, oft.
1:05:53–1:05:56
Ja also bei einer
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familienaufstellung zum beispiel kann man nach einem also kann man nach einem
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guten bild streben ja also es gibt ja unterschiedliche arten von familienaufstellung
1:06:12–1:06:16
Also eine wäre zum Beispiel mit StellvertreterInnen,
1:06:16–1:06:18
die aber nicht die eigene Familie sind,
1:06:18–1:06:22
sondern da trifft sich eine Gruppe von, weiß ich nicht, 15 interessierten Personen
1:06:22–1:06:26
und eine Person sagt eben, ja, ich würde heute gerne mal,
1:06:26–1:06:30
irgendwie, ich habe immer so Konflikte mit meiner Mutter, das würde ich heute gerne mal aufstellen.
1:06:30–1:06:34
Und dann gibt es einen Aufstellungsleiter, eine Aufstellungsleiterin, die dann das begleitet.
1:06:34–1:06:38
Und wie das dann gemacht wird, also da gibt es so ein paar...
1:06:38–1:06:39
Wir sind gerade...
1:06:39–1:06:40
Nicht zum Ärzten, der...
1:06:40–1:06:43
Entschuldigung, ich wollte dich nicht unterbrechen, aber jetzt sind wir wenigstens,
1:06:43–1:06:50
können wir ganz kurz noch hier bei unserem Institut kurz mal anhalten.
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Keine Hausnummer. Hausnummer 120, 121. Genau, ja.
1:06:58–1:07:06
Gut, also bis wir dann die Episode über humanstrukturelle Psychoanalyse aufnehmen,
1:07:06–1:07:09
das hat noch 120 Minuten. Das wird eine Doppelfolge.
1:07:10–1:07:12
120 oder 121 Minuten.
1:07:12–1:07:13
Ne, wir machen beide.
1:07:15–1:07:19
Das könnte man auch. Das sind dann insgesamt über vier Stunden.
1:07:19–1:07:22
Und zwar genau 60 Sekunden über vier Stunden.
1:07:25–1:07:26
Entschuldigung, Familienaufsteller.
1:07:26–1:07:33
Genau. Und man kann dann, also wenn es eine Aufstellung gibt und es fühlt sich
1:07:33–1:07:37
noch nicht rund an oder es ist noch, ja, also normalerweise sagt die aufstellende
1:07:37–1:07:41
Person dann so, nee, jetzt ist gut erst mal.
1:07:41–1:07:45
Und dann kann man es auch erst mal dabei belassen und auch die,
1:07:45–1:07:51
also erst mal dabei belassen heißt, dann hinsetzen und wirken lassen.
1:07:51–1:07:52
Ja.
1:07:53–1:07:57
Und vielleicht war es auch was sehr Berührendes und dann ist es gut,
1:07:57–1:08:04
nochmal im Nachgang, einen Tag später, fünf Tage später, zwei Wochen später, je nachdem,
1:08:05–1:08:09
das nochmal aufzugreifen und zu sagen, Mensch, wie haben sie es denn erfunden
1:08:09–1:08:13
oder wie ging es ihnen denn damit oder wie sind sie damit nach Hause gegangen,
1:08:13–1:08:16
was hat es in ihnen gemacht.
1:08:18–1:08:23
Also Introspektionsfragen sind ja nicht verboten. Und dann guckt man,
1:08:23–1:08:26
was es braucht, was es dann noch an Nachbereitung braucht.
1:08:26–1:08:31
Manchmal ist es ja auch magisch, du kennst es vielleicht auch aus der Supervision.
1:08:31–1:08:38
Manchmal spricht man mit einer Supervision über einen Klienten, eine Klientin.
1:08:39–1:08:43
Und dann passiert irgendwas, ohne dass man anspricht, was da jetzt war.
1:08:43–1:08:48
Aber ist entweder in der Zwischenzeit irgendwas Magisches passiert und dann
1:08:48–1:08:55
hat sich was verändert beim Patienten, bei der Patientin oder ist in der Sitzung und also irgendwas.
1:08:57–1:09:02
Ja, es gibt vielleicht so magische Felder oder wie du gesagt hast, 70.
1:09:02–1:09:07
Folge und Hausnummer 70, wo dann irgendwas zusammenkommt.
1:09:08–1:09:10
Billige Simulationen der Willi.
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Ja, das ist sehr gut.
1:09:16–1:09:21
Natürlich werden die gehalten und eingefangen. Also ich weiß nicht,
1:09:21–1:09:24
ob du darauf ein bisschen abgezielt hast, aber es gab ja so,
1:09:25–1:09:30
oder einen, der Aufstellungen ganz, ganz populär gemacht hat, Bert Hellinger.
1:09:32–1:09:35
Der allerdings nicht aus der systemischen Therapie kommt, oder?
1:09:35–1:09:41
Der kommt doch irgendwie aus der Religionswissenschaften und Theologie.
1:09:41–1:09:46
Und der hat so ganz große Veranstaltungen gemacht,
1:09:46–1:09:51
wo er Aufstellungen gemacht hat und der ist wegen vielerlei Dinge in große Kritik
1:09:51–1:09:55
geraten und unter anderem aber auch, dass er eben sehr auffühlende Dinge einfach
1:09:55–1:09:59
so dann gemacht hat vor großer Kulisse und das war es dann.
1:09:59–1:10:02
Und dann sind die Leute einfach so nach Hause gegangen und es wurde nicht integriert.
1:10:02–1:10:04
Das ist unprofessionell.
1:10:06–1:10:11
Also es ist schon wichtig, ein bisschen zu begleiten, wie es dann damit weitergeht.
1:10:12–1:10:16
Und um das ja auch zu unterstützen, dass,
1:10:18–1:10:22
die Inhalte, dass das integriert werden kann und dass auch eine Bedeutung gefunden
1:10:22–1:10:30
werden kann für, heißt es denn jetzt vielleicht auch was für konkrete Veränderungen in meinem Leben?
1:10:30–1:10:37
Ja, ich denke halt oder das ist, ich weiß gar nicht ob nur ich das denke,
1:10:37–1:10:43
aber ich glaube schon, dass Die Sprache, die wir haben, die haben wir ja aus
1:10:43–1:10:44
einem bestimmten Grund.
1:10:45–1:10:51
Und die ist in erster Linie eben auch das Medium für alle Kommunikationsmedien, sagen wir mal so.
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Sei es dann nicht brutale Gewalt, wortlose brutale Gewalt oder Verführung.
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Aber was ich sagen will, ist, dass ich schon glaube, dass es unglaublich wichtig
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ist, auch Wortlose Möglichkeiten anzubieten, Dinge auszulösen.
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Weil Worte können ja auch immer eine Abwehr sein von, in Anfangszeichen,
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Podcast-Titel eigentlichen Themen.
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Aber auch das Gegenteil. Erlebt es nach so einer Aufstellung oder nach Körpertherapie
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oder so, dem Raum zu geben, das nochmal in Worte zu fassen, gezwungenermaßen
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eine Perlenkette aus Sätzen zu schaffen, um das nochmal zu vermitteln,
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eventuell sich sogar ein Sharing oder ein Feedback da abzuholen,
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finde ich einfach extrem wichtig.
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Ich glaube, das ist natürlich bei diesen Großveranstaltungen sicherlich nicht
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so leicht möglich, wie jetzt im Yoga-Studio um die Ecke am Wochenende.
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Wir sind jetzt schon wieder eingebogen Richtung deine Praxis.
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Eine Frage, die mich wirklich umtreibt. Wie lange sind wir schon hier?
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Jetzt ist es 21.57 Uhr. Also es könnte hinkommen mit dem Stündchen.
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Ja, nur ein bisschen über eine Stunde. Eine Viertelstunde.
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Ich bereite gerade bear with me, Ich sage nur Englisch, eine kurze Fußnote, aber das ist wichtig.
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Ich bereite gerade ein Seminar über Zwangsstörungen vor und habe mir natürlich
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die Leitlinie angeschaut.
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Und da ist ja die kognitive Verhaltenstherapie ein Rating.
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Das ist quasi Gold Standard.
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Und das ist 4,1 für Psychotherapie.
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Und 22 von insgesamt, glaube ich, 24 Punkten ist dann. Es gibt auch psychodynamische
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Sachen, aber dafür gibt es keinen Evidenzpunkt aus. Und das ist quasi nur ein Statement.
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Also da haben irgendwie die PsychodynamikerInnen am runden Tisch gesagt,
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bitte nehmt wenigstens mit rein.
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Dann haben die natürlich dann immer auch das große Thema, wer kann forschen,
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wie kann man forschen, kann man irgendwelche, ja, ähm.
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Also, sag ich mal, psychologischen Konstrukte über die Entstehung und Genese und Therapie.
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Kann man das überhaupt dann alles immer in so eine empirische Evidenzforschung
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reinquetschen oder nicht?
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Und deshalb sind die da rausgefallen und deshalb gibt es dann natürlich jetzt
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die Notwendigkeit, manualisierte psychodynamische Therapien auch für Zwangsstörungen.
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Wir machen gerade Leichsenring und Steinert hier an der IPU ein großes Forschungsprojekt,
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jetzt eine manualisierte Therapie, KZT für 24 Sitzungen plus Probatorik für Zwangsstörungen.
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Gerade Evidenzforschung betreiben, um eben auch dann, müssen wir darüber.
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Um eben dann auch da aufgenommen zu werden in so einen Leitlinien,
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da überhaupt wissenschaftlich wahrgenommen zu werden.
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So was muss doch dann jetzt in dem
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Rahmen der Evidenzforschung für die systemische auch passiert sein. Ja.
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Aber eben von, also da gibt es ja ganz klar gar keine oder wie in der Gestalt
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auch gar keine wirklichen, in Anführungszeichen, Werkzeugkästen,
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wo man sagt, dann machen wir das, dann machen wir das, dann machen wir das.
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Und jetzt können wir dann eben hier
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Evidenz nachweisen über vergleichbare Praktiken und deren Wirksamkeit.
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Wie hat die Systemische, die ja sowieso schon mit Diagnostikproblemen hat,
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das überhaupt geschafft.
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Einen Forschungspool so herzustellen, der dann auch, das müsste ja dann irgendwie
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auch manualisierte Therapieform sein.
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Die haben jetzt für, ich glaube für Depressionen, aber auch Essstörungen und Unterschiede,
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da muss ja dann sowas Zugeschnitztes sein und das wird dann durchgeführt und
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das wird dann halt bewertet und wird dann als wirksam eingestuft.
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Das muss doch auch schmerzhaft durch die ganze systemische Gemeinde gezogen sein.
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Also genau, das ist eine schöne Runde, die du in deinem Kopf damit auch gehst,
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weil wir ja damit auch angefangen haben.
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Was macht das? Was hat eigentlich dieses Diagnosethema und so,
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diese Krankenkassenabrechnungssachen,
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was hat das eigentlich gemacht mit der systemischen Community und ist das nicht
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auch kritisch gesehen worden?
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Und na klar, es gab dieses Wirksamkeitsgut.
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Deshalb habe ich dieses Manualisierte gesagt, weil das ist ja,
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glaube ich, der einzige Weg, wie jetzt Dinge irgendwie in die Leitlinie reinkommen
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können, dass es so eine Art Manual gibt für jede Form von Störung und die wird dann abgearbeitet.
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Und das ist ja alles andere als individuell und alles andere als spontan.
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Genau, ja. Und es gab ja zur Zulassung dieses, das Gutachten zur Wirksamkeit
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der systemischen Therapie.
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Und also sowohl für die Erwachsenen, jetzt sicherlich für die Kinder und Jugendlichen auch.
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Und das hat alle möglichen Studien zusammengefasst über Wirksamkeit von systemischer Therapie.
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Also wie die im Einzelnen gemacht worden sind, das kann ich dir nicht sagen,
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aber es ist auf jeden Fall auch ein erbitterter Nachweis geführt worden darüber, ja das hilft.
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Aber das ist ja genau der Punkt weil die Psychodynamik ja daran immer scheitert
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zu sagen individuell wir haben eine Psychoanalyse gemacht,
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wir sind als Psychoanalytiker auch irgendwie anerkannt wir haben so und so viele
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Stunden gearbeitet diese 400 Kollegen haben das auch gemacht und trotzdem gilt es dann nicht als,
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also es gilt immer noch als individuell und eben nicht als reproduzierbares,
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manualisiertes Verfahren.
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Bei der systemischen, gut, das
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hat jetzt auch 20 Jahre glaube ich gedauert oder so von mit Verzögerung.
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Ich weiß gar nicht, ob man das im ersten Schub damals auch schon machen wollte
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in 99 mit reinzukommen oder nicht, aber ja, es ist halt sowas,
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wo ich mich noch gefragt habe, aber vielleicht gibt es da, müssen wir da unten
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nochmal anklopfen und fragen.
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Wie das so war. Wer hat gekündigt?
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Gut. Jetzt sind wir hier. Ohne Straßenlärm kann ich dich jetzt nicht so euphorisch
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und laut verabschieden, wie man das auf so einer Kreuzung machen kann, aber ich danke dir.
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Ja, weil wir jetzt hier wieder sind, wo wir mit der Verkabelung angefangen haben.
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Wir danken unseren ZuhörerInnen, unseren KlientInnen sozusagen.
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Dann hoffentlich bis bald. Auf bald. Tschüss.

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