EGL076 Abide with Me: Entstehung, Bedeutung und Vermächtnis von H. F. Lytes bekanntester Hymne

"When other helpers fail and comforts flee, help of the helpless, O abide with me." Henry Francis Lyte 1847

In dieser Episode befassen wir uns mit dem schottisch-irischen anglikanischen Geistlichen, Dichter und Hymnenschreiber Henry Francis Lyte (1793–1847). Micz hat dieses Thema gewählt, weil er für die Beerdigung einer Kollegin und guten Freundin mit anderen „Abide with Me“ singt und einstudiert. (Ab ca. Minute 39 singt Micz die erste Strophe von „Abide with Me“ und interpretiert Text und Melodie.) Wir arbeiten uns anfangs durch viele Daten, Fakten und Zitate zum Leben, Glauben und Schaffen von Lyte. Dass Micz mit dieser Fülle an Fakten seine Emotionen der Trauer und Melancholie verdrängt, entdeckt Flo – der alte Psychotherapeut – bevor Micz draufkommt (ca. Minute 34, den Abwehrmechanismus könnten wir als Intellektualisierung oder Sublimierung benennen). Henry Francis Lyte wurde besonders bekannt durch seine Hymne „Abide with Me“, die er kurz vor seinem Tod 1847 verfasste. Lytes Kindheit war von familiären Umbrüchen und frühen Trennungen überschattet. Nach der Trennung seiner Eltern verließen diese ihn, und er lebte ab dem neunten Lebensjahr als Waise. Bereits in jungen Jahren begann Lyte, Gedichte zu schreiben, und zeigte außergewöhnliche sprachliche und geistige Begabung. Nach seinem Theologiestudium in Dublin und Cambridge trat Lyte in den kirchlichen Dienst ein und wirkte in mehreren Gemeinden, zuletzt über zwei Jahrzehnte lang in Brixham, Devon. Ein prägendes spirituelles Erlebnis am Sterbebett eines Mitbruders führte zu einer Vertiefung seines Glaubens und prägte seine spätere Theologie. Gesundheitlich war Lyte seit jungen Jahren angeschlagen. Seine Tuberkulose zwang ihn immer wieder zu Aufenthalten in wärmerem Klima – unter anderem in Südfrankreich und Italien. Er starb 1847 in Nizza, zuvor hatte er die letzte Version und Anmerkungen zu „Abide with Me“ nach England geschickt. Die Hymne vereint Lytes persönliche Glaubensgewissheit mit dem Wunsch göttlicher Nähe im Angesicht des Todes. Die Hymne wurde überkonfessionell bekannt, bei königlichen und staatlichen Trauerfeiern sowie Sportveranstaltungen gesungen und gehört bis heute zu den meistgeschätzten Kirchenliedern im englischsprachigen Raum. Schließlich finden wir noch zwei popkulturelle Referenzen, die von Lyte inspiriert scheinen: „Help“ von den Beatles und „Hey Hey, My My (Into the Black)“ von Neil Young.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:01
Okay, dann fängst du an.
0:00:06–0:00:09
Ist das eigentlich manchmal peinlich, hier anzufangen zu reden,
0:00:09–0:00:10
wenn so Leute um uns rum sind?
Florian Clauß
0:00:10–0:00:11
Nö, überhaupt nicht.
Micz Flor
0:00:12–0:00:14
Deshalb machst du es aber nicht so enthusiastisch, wirklich.
0:00:15–0:00:20
Wir haben den signifikanten Glockenturmschlag gerade verpasst.
Florian Clauß
0:00:21–0:00:29
Aber ich sag hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Podcast Episode 76.
0:00:30–0:00:37
Mitch, weißt du das? In deiner nächsten Episode, 78, da werden wir drei Jahre alt.
Micz Flor
0:00:37–0:00:38
Wirklich?
Florian Clauß
0:00:40–0:00:44
78, dreijähriges Bestehen von eigentlich Podcast, der Podcast,
0:00:44–0:00:49
wo wir im Laufen reden und laufend reden. Oder so ähnlich.
0:00:50–0:00:53
Das wird immer besser in der 8 nach 76 Podcast.
Micz Flor
0:00:53–0:00:55
Wobei jeder macht ja die Hälfte.
Florian Clauß
0:00:55–0:01:00
Immer wieder laufe ich dagegen. Aber wir sind unterwegs hier,
0:01:01–0:01:05
ich sage jetzt, ich verrate den Ort, am Lausitzer Platz.
0:01:05–0:01:08
Wir sind ziemlich oft in Kreuzberg, muss ich sagen.
0:01:08–0:01:13
Am Lausitzer Platz haben wir uns getroffen. Mitch meinte, da möchte er gerne starten.
0:01:13–0:01:17
Unser Podcast funktioniert so, dass wir uns irgendwo in Berlin,
0:01:17–0:01:20
meistens Berlin, treffen, gemeinsam eine Strecke laufen.
0:01:21–0:01:26
Den könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de nachschauen, wie wir langgelaufen sind.
0:01:26–0:01:31
Die nehmen wir dann auch auf. und einer bringt dem anderen ein Thema mit,
0:01:31–0:01:33
das wir dann besprechen.
0:01:33–0:01:36
Wir haben jetzt in letzter Zeit ziemlich viele Gastfolgen gehabt.
0:01:36–0:01:44
Zum Beispiel hatte ich, letzte Folge, 75, Rolf Behringer dabei.
0:01:45–0:01:49
Die hatten wir aber auch schon vor einer Zeit aufgenommen. Ist jetzt released worden.
0:01:49–0:01:54
Und, so viel kann ich verraten, nächste Folge von mir wird wieder eine Gastfolge.
0:01:55–0:01:59
Nämlich mit Ali, Ali Hacke live, mit dem ich schon mal auf dem 34,
0:01:59–0:02:02
die 38 C3 zusammen eine Folge gemacht habe.
0:02:03–0:02:10
Der Ali hostet den Podcast auch interessant und ist war in Berlin oder ist noch in Berlin.
0:02:10–0:02:13
Und wir sind durch das Regierungsviertel gelaufen.
0:02:14–0:02:19
Ja, so viel Sneak. Vielleicht hast du auch eine Gastfolge in Aussicht.
Micz Flor
0:02:20–0:02:24
Ja, und wenn es soweit ist, also ich kann auch keine Nummer drauf geben,
0:02:24–0:02:27
aber es gibt in der Tat Planung für eine Gastfolge.
0:02:27–0:02:30
Aber ich hatte ja bis jetzt nur zwei Gäste, entweder meinen Bruder und der ist
0:02:30–0:02:34
gerade nicht in Berlin und dann wahrscheinlich eine Folge mit Anja Ullrich.
Florian Clauß
0:02:34–0:02:38
Ja, die ist auch sehr frequentiert und beliebt, die Folge, muss ich sagen.
Micz Flor
0:02:38–0:02:41
Ja, ja, ja. Was ist eigentlich systemische Therapie?
Florian Clauß
0:02:41–0:02:44
Ist auch super. Ich habe mir die sogar zweimal angehört.
Micz Flor
0:02:44–0:02:44
Echt?
Florian Clauß
0:02:44–0:02:45
Ich glaube, ja.
Micz Flor
0:02:45–0:02:47
Dann müssen wir mal einen Fragebogen rausgeben und gucken.
Florian Clauß
0:02:49–0:02:52
So funktioniert Psychotherapie.
Micz Flor
0:02:53–0:02:59
So und jetzt das neue also wie gesagt einer bereitet ein Thema vor das bin ich,
0:03:01–0:03:05
und manchmal wissen die anderen was das Thema ist, aber heute weiß Flo es nicht
0:03:05–0:03:13
und vielleicht wollte ich auch das ist glaube ich nicht so dein Lieblingsthema Gitarren ne,
0:03:13–0:03:18
diesmal geht es nicht um Gitarren aber es ist ja so dass eigentlich Podcast
0:03:18–0:03:19
manchmal unfassbar viel Arbeit ist.
0:03:20–0:03:23
Und jetzt bei mir ist irgendwie so viel zusammengekommen und halt eben auch
0:03:23–0:03:25
der Ort hier im Lausitzer Platz.
0:03:25–0:03:27
Und wir beginnen mit der Kirche.
0:03:28–0:03:30
Also es geht auch um kirchliche Themen.
0:03:32–0:03:36
Und da stehen wir jetzt vor der, die hast du gerade schon fotografiert zum Vorbeigehen,
0:03:36–0:03:37
aber ich mache nochmal ein großes Foto.
0:03:37–0:03:41
Da steht jetzt ein Text auf der Kirche.
Florian Clauß
0:03:41–0:03:43
Interessant, den habe ich tatsächlich noch nicht wahrgenommen,
0:03:43–0:03:50
bis zu diesem Moment, wo du jetzt dieses Thema vorgestellt hast.
0:03:50–0:03:51
Du hast noch kein Thema vorgestellt.
0:03:51–0:03:57
Auf dem Ikonenbild, wie heißt die Kirche?
Micz Flor
0:03:57–0:04:02
Das ist die Emaus-Gemeinde, Emaus-Ölberg-Gemeinde. Ich weiß gar nicht genau,
0:04:02–0:04:03
wie die Kirche wirklich heißt.
0:04:04–0:04:09
Aber da steht, wir sehen zwei Menschen oben in der Mitte.
0:04:10–0:04:12
Das ist Jesus, können wir vielleicht verraten.
Florian Clauß
0:04:12–0:04:13
Für die, die es nicht sehen. Drei Menschen.
Micz Flor
0:04:14–0:04:17
Insgesamt drei Menschen, genau, Jesus ist ein Mensch, da sind wir schon mitten im Thema.
0:04:19–0:04:23
Und unten drunter steht, wenn du das kurz vorlesen könntest.
Florian Clauß
0:04:23–0:04:27
Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden. Ja, genau.
0:04:28–0:04:33
Also ein typischer Bibel, hebräisches, aus dem Hebräisch übersetzt.
0:04:35–0:04:36
Da kommen die Fanfaren.
Micz Flor
0:04:40–0:04:43
Die andere, der Aufhänger, weil es so viele Aufhänger gibt.
0:04:44–0:04:51
Wir nehmen jetzt vor Ostern auf und es wird nach Ostern gesendet.
Florian Clauß
0:04:51–0:04:53
Eine Woche nach Ostern.
Micz Flor
0:04:53–0:04:57
Im Prinzip handelt es sich nämlich hier um etwas, was sehr eng mit Ostern verbunden ist.
0:04:58–0:05:07
Also am Karfreitag, da ist ja die Kreuzigung Jesu in Golgatha und das Begräbnis in einem Felsengrab.
0:05:08–0:05:12
Am Samstag, Ruhe im Grab, die Jünger trauern, keine Aktivitäten.
0:05:13–0:05:15
Und das ist der Tag des Schweigens.
Florian Clauß
0:05:16–0:05:19
Der höchste evangelische Feiertag.
Micz Flor
0:05:21–0:05:22
Der Karsamstag?
Florian Clauß
0:05:22–0:05:23
Nee, der Karsfreitag.
Micz Flor
0:05:23–0:05:24
Der Karsfreitag.
Florian Clauß
0:05:24–0:05:31
Und der Ostersonntag ist der höchste katholische Feiertag.
Micz Flor
0:05:31–0:05:36
Und an dem ist die Auferstehung Jesu. Früher Morgen, Frauen,
0:05:36–0:05:41
die Salben mitgebracht haben, um den Leichnam wahrscheinlich zu salben,
0:05:42–0:05:47
entdecken das leere Grab, Engel erscheinen und Jesu zeigt sich ersten Jüngern.
Florian Clauß
0:05:48–0:05:49
Das ist am Ostersonntag.
Micz Flor
0:05:49–0:05:53
Und jetzt wird es interessant, beziehungsweise auch wieder verwirrend,
0:05:53–0:06:04
weil am Ostermontag geht es dann darum, dass zwei Jünger nach E-Maus wandern, tief betrübt.
0:06:05–0:06:08
Und Jesus ist bei ihnen, aber sie erkennen ihn nicht.
Florian Clauß
0:06:09–0:06:12
E-Maus ist das, also du hast gerade gesagt, eine Stadt.
Micz Flor
0:06:13–0:06:15
Ein Ort. Ein Ort, ja, ich weiß nicht genau.
Florian Clauß
0:06:15–0:06:20
Aber der muss ja dann auch irgendwo da in der Nähe von Jerusalem sein, ne?
Micz Flor
0:06:21–0:06:23
Wenn man, ja, oder eben Golgatha.
Florian Clauß
0:06:23–0:06:30
Golgatha ist ja quasi das Tal vor Jerusalem. Ist doch am Ölberg, oder?
Micz Flor
0:06:30–0:06:33
Genau, eben aus Ölberggemeinde heißt es hier am Lausersalber.
0:06:33–0:06:35
Du kennst dich richtig gut aus.
Florian Clauß
0:06:35–0:06:44
Naja, ich war ja vor sieben Jahren da. War ich auf dem Ölberg und hab Jerusalem besucht.
0:06:46–0:06:49
Und ich habe das auch bildlich vor mir. Das ist alles nicht so weit.
Micz Flor
0:06:49–0:06:55
Okay, gut. Aber an diesem Tag, an dem Ostermontag, wie ich gerade vorgelesen
0:06:55–0:06:56
habe, so hatte ich es an einer Quelle gefunden.
0:06:57–0:07:02
Aber woanders hieß es, dass Lukas berichtet, also im Lukas Evangelium,
0:07:02–0:07:08
dass ein jünger Kleopas heißt, ja, mit jemand anderem, der anonym bleibt,
0:07:08–0:07:12
am gleichen Tag, also am Auferstehungssonntag wäre das dann,
0:07:12–0:07:16
in niedergeschlagene Stimmung von Jerusalem nach Emaus ging.
0:07:17–0:07:21
Und unterwegs treffen sie den auferstandenen Jesus, aber sie erkennen ihn nicht.
0:07:22–0:07:28
Und der so deshalb unbekannter Begleiter spricht mit ihnen auch über Spiritualität.
0:07:28–0:07:30
Es ist gar keine so lange Passage da.
0:07:31–0:07:36
Und wenn sie dann ankommen in Emaus, dann laden sie ihn ein,
0:07:36–0:07:40
nochmal mit hineinzukommen. Und das ist genau, den werden wir gleich nochmal
0:07:40–0:07:42
wörtlich, diese Passage hören.
0:07:43–0:07:46
Also das ist genau der Moment, den wir da gesehen haben. Also die beiden sprechen
0:07:46–0:07:50
Jesus an, den sie aber nicht erkennen, sind aber gut zu ihm und sagen,
0:07:50–0:07:53
es ist schon Abend, tritt doch ein oder bleib bei uns.
0:07:55–0:07:57
Und dann gibt es das Abendmahl.
0:07:59–0:08:00
Als Jesus das Brot bricht.
Florian Clauß
0:08:01–0:08:04
Also das ist das legendäre Abendmahl zu dem Zeitpunkt.
Micz Flor
0:08:04–0:08:07
Ja, ich denke, es ist das Abendmahl. Ich bin nicht so bibelfest.
Florian Clauß
0:08:08–0:08:11
Nee, das Abendmahl ist eigentlich vor der Kreuzigung.
Micz Flor
0:08:12–0:08:14
Okay, dann ist es einfach nur ein Abendmahl.
Florian Clauß
0:08:14–0:08:15
Ein Abendmahl, ja.
Micz Flor
0:08:15–0:08:21
Ach genau, das Abendmahl, dieses Bild, ja stimmt, da sind ja dann alle mit versammelt.
0:08:22–0:08:27
Weil Petrus ist ja noch in Golgatha und hat da sich auch verwundert dass das
0:08:27–0:08:33
Grab leer war, wie ich lesen konnte in der Lutherbibel Version 2017 heißt es im Deutschen,
0:08:33–0:08:37
bleibe bei uns denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt,
0:08:38–0:08:44
ich habe jetzt insgesamt glaube ich 13 Übersetzungen gefunden von diesem Abschnitt,
0:08:44–0:08:51
also ins Deutsche und es gibt diesen Begriff Herr den gibt es gar nicht,
0:08:51–0:08:55
weil der Begriff Herr erinnert mich eigentlich immer auch an Gott und nicht an.
Florian Clauß
0:08:55–0:09:00
Ja, das ist Elohim. Elohim ist das hebräische Wort für Herr und das Ding ist
0:09:00–0:09:08
halt die, also im Judentum darfst du ja nicht den Namen des Gottes sagen, was Jahwe ist.
0:09:09–0:09:14
Deswegen gibt es diese Punktierung im Hebräischen, die dann halt Jehova,
0:09:14–0:09:16
es sind die gleichen Wurzelbuchstaben.
Micz Flor
0:09:16–0:09:18
Also es ist die Konsonanten oder so sind.
Florian Clauß
0:09:19–0:09:22
Glaube ich, aber die Fülsel sind nicht. Aber die Punktierung,
0:09:22–0:09:27
die du im modernen Hebräisch nicht hast, die zeigen im Prinzip die Vokale und
0:09:27–0:09:31
deswegen ist Jahwe, also wenn das so geschrieben ist, ohne Punkte, sieht das gleich aus.
0:09:31–0:09:34
Und Jehova, da wird halt die Punktierung anders gesetzt.
0:09:34–0:09:38
Und das wird dann halt immer, Jehova wird dann ausgesprochen,
0:09:38–0:09:42
wenn dann Texte vorgelesen werden. Oder Elohim ist der Herr.
Micz Flor
0:09:43–0:09:48
Ja, siehst du, mit dir kann man über alles reden. Deshalb mache ich das so gerne mit dir.
Florian Clauß
0:09:48–0:09:49
Über alles kann man reden.
Micz Flor
0:09:50–0:09:52
Wie hat Hertha beim letzten Spieltag...
Florian Clauß
0:09:52–0:09:53
Nein, nicht über alles.
Micz Flor
0:09:55–0:10:02
Ja, warum beschäftigen wir uns damit? Im Englischen heißt dieses...
Florian Clauß
0:10:03–0:10:07
Wollen wir durch den Krater gehen?
0:10:07–0:10:10
Also wir sind jetzt hier am Gurley und stehen vor diesem Krater.
0:10:11–0:10:15
Hier war mal so ein Gurley-Tunnel. Weißt du darüber was?
Micz Flor
0:10:15–0:10:16
Wo ist der Tunnel?
Florian Clauß
0:10:16–0:10:19
Ich weiß nicht, ich habe es nur auf OpenStreetMap vorhin gesehen,
0:10:19–0:10:22
habe mich gefragt. Wahrscheinlich sind es...
Micz Flor
0:10:22–0:10:24
Auf OpenStreetMap war der eingezeichnet, oder was?
Florian Clauß
0:10:24–0:10:26
Ja, da stand Girlie Tunnel.
Micz Flor
0:10:26–0:10:28
Ja, das war wirklich ein Tunnel unten.
Florian Clauß
0:10:28–0:10:30
Ja, hier doch, da siehst du die Mauerwesten.
Micz Flor
0:10:30–0:10:33
Und wenn du da hinten rechts rausgehst, dann siehst du sogar noch den Eingang,
0:10:33–0:10:35
der halt inzwischen zu ist. Können wir gerne mal gucken.
Florian Clauß
0:10:35–0:10:36
Aber ist das jetzt ein Bombengrad?
Micz Flor
0:10:37–0:10:40
Das ist interessant, weil ich es auch nicht weiß. Aber hier war natürlich Girlie,
0:10:40–0:10:42
der Bahnhof, auch Zugstrecken.
0:10:43–0:10:45
Und ich weiß es nicht.
0:10:46–0:10:49
Vielleicht kannst du diese Sachen in die Shownotes packen.
0:10:49–0:10:54
Aber ich habe auch immer überlegt, ob es entweder hier ein angelegter Krater
0:10:54–0:10:56
ist, der so dann nochmal...
0:10:58–0:11:02
Verdeutlichen und festhalten wollte, dass hier Krieg war und dass hier natürlich
0:11:02–0:11:10
die Gleise wegen Munition und Abtransport in die Konzentrationslager bombardiert wurden.
0:11:10–0:11:14
Also hier Gleistreieck, das waren ja, oder auch hier Anhalter Bahnhof,
0:11:14–0:11:17
die waren ja schwer bombardiert.
0:11:18–0:11:22
Und ich weiß auch nicht, ob das hier entweder eine künstlerische Interpretation
0:11:22–0:11:26
ist, das festzuhalten, um zu sagen, was hier passiert ist, oder ob es wirklich
0:11:26–0:11:30
so geblieben ist und man dann einfach entschieden hat, das hier anders zu bauen
0:11:30–0:11:31
und es hier nicht zuzuschütten.
Florian Clauß
0:11:31–0:11:37
Ich würde vermuten, dass es also, dass es nicht beabsichtigt ausgehoben wurde,
0:11:37–0:11:39
sondern muss irgendwie was passiert sein.
0:11:40–0:11:43
Aber wir nehmen das mal so mit, weil wir werden bestimmt nicht das letzte Mal
0:11:43–0:11:43
durch den Görlitz gehen.
0:11:44–0:11:47
Letztes Mal, als wir hier durchgegangen sind, oder eines der letzten Male,
0:11:47–0:11:52
ich bin ja auch hier mit Rolf gegangen und der hat sich dann auch in den Görlitzer
0:11:52–0:11:55
Park, er wusste nicht, als Freiburger geht man da nicht, wenn es dunkel ist,
0:11:56–0:11:58
dass man so viel konnte. Aber wir sind dann durchgegangen.
Micz Flor
0:11:58–0:12:00
Auch beim Dunkeln?
Florian Clauß
0:12:00–0:12:03
Ja, es war dunkel. Es war mitten im Winter.
0:12:05–0:12:11
Es war aber die Trasse da hinten, die war ein bisschen dunkel.
0:12:11–0:12:16
Aber das letzte Mal, als wir da durchgegangen sind, das möchte ich mal referenzieren,
0:12:16–0:12:18
da sind wir ja von Maikäfern, Junikäfern angegriffen worden.
0:12:19–0:12:21
Aber war das da hinten? Das war hier. Das war hier, die Allee.
Micz Flor
0:12:22–0:12:23
Kapteurer Park?
Florian Clauß
0:12:23–0:12:29
Nee, aber hier gab es auch Das war so die Schlüpfphase, wo dann alle rausgekommen
0:12:29–0:12:32
sind und uns für Bäume gehalten haben.
Micz Flor
0:12:34–0:12:36
Wo wir uns einfach für im Weg gehalten haben.
Florian Clauß
0:12:37–0:12:42
Nein, die haben sich ja in die Haare so verfranst. Das ist halt so deren instinktives, ja, irgendwas.
Micz Flor
0:12:42–0:12:43
Irgend so was.
Florian Clauß
0:12:43–0:12:46
Im Mund reinkrabbeln und Eier legen durch die Nase.
Micz Flor
0:12:46–0:12:49
Das erinnert uns an die Folge von Drood. So, jetzt wie finde ich die Brücke
0:12:49–0:12:52
wieder zurück ins Thema.
0:12:52–0:12:59
Und zwar wollte ich jetzt erstmal die englische Version der King James Bibel vorlesen.
0:12:59–0:13:04
Von dem gleichen Text, die heißt But they constrained him saying,
0:13:04–0:13:09
abide with us, for it is toward evening and the day is far spent.
0:13:11–0:13:12
Also dieses ...
Florian Clauß
0:13:12–0:13:14
Was heißt constraint in dem Zusammenhang?
Micz Flor
0:13:15–0:13:17
Nein, die haben ihn festgehalten oder zurückgehalten.
Florian Clauß
0:13:17–0:13:20
Es ist immer recht übergriffig, die Formulierung.
Micz Flor
0:13:20–0:13:25
Es ist eine sehr direkte Ansprache. Da müssen wir durch, wieder raus jetzt.
Florian Clauß
0:13:25–0:13:28
Wir gehen jetzt einfach geradeaus die Straße runter.
Micz Flor
0:13:29–0:13:33
Und abide with us ist eben bleibe bei uns. Stay with us ist auch manchmal moderne.
0:13:33–0:13:35
Abide with us ist wohl so ein altenglisches.
0:13:36–0:13:40
Bleib bei uns. Also abide with me ist eigentlich das, wo ich hin will jetzt.
0:13:40–0:13:46
Weil es gibt ein Lied, also diese Verknüpfung mit der Emaus-Ölberg-Gemeinde
0:13:46–0:13:53
und dem Lied, was ich gerade singe mit ein paar Menschen für,
0:13:54–0:13:57
jetzt bleibt es so ein bisschen anonymer, du weißt ja, es ist die Beerdigung
0:13:57–0:13:58
nächste Woche am Mittwoch.
Florian Clauß
0:13:59–0:13:59
Ja.
Micz Flor
0:13:59–0:14:07
Und dafür singe ich mit ein paar anderen, die völlig unerwartet verstorbene
0:14:07–0:14:11
Kollegin, mit der wir auch privat, du kennst ja auch was auf der Weihnachtsparty und so,
0:14:12–0:14:15
da singen wir ein Lied und das heißt Abide With Me.
0:14:15–0:14:18
Und das ist so ein ganz schön englisches Lied und das ergreift mich auch sehr
0:14:18–0:14:20
und das hat mich einfach viel beschäftigt.
0:14:20–0:14:24
Und weil ich jetzt eine Folge machen möchte, aber auch eine Folge machen muss,
0:14:24–0:14:26
habe ich dann eben gedacht, ich nehme mir das mal, ich gucke mir das mal ein
0:14:26–0:14:32
bisschen genauer an. Und dann kam dieser Link halt zu Berlin über die Kirche,
0:14:32–0:14:35
wo wir gerade angefangen haben. Fand ich irgendwie, das passt so ganz gut.
Florian Clauß
0:14:35–0:14:40
Ah, okay. Also du hast dann auf dem, also das Wort Abide hatte ich ja noch.
Micz Flor
0:14:40–0:14:43
Abide with me. Und dann habe ich gedacht, als ich angefangen habe,
0:14:43–0:14:46
so jetzt möchte ich mal ein bisschen recherchieren zu dem Lied und ein bisschen
0:14:46–0:14:48
was darüber sagen. Vielleicht ist es ja eine Folge.
0:14:51–0:14:54
Dann kam ich halt in der Übersetzung drauf, Moment Mann, das kennst du doch
0:14:54–0:14:58
den Spruch. und dann bin ich halt eben nochmal hingegangen und hab's mir angeschaut
0:14:58–0:15:00
und hab gesagt, ach, das ist ja lustig, da können wir wirklich auch anfangen.
0:15:01–0:15:06
Das war wie so eine Bestätigung, dass ich darüber sprechen darf und Verifikation oder dass.
Florian Clauß
0:15:06–0:15:07
Das relevant ist. Wer erlaubt dir das?
Micz Flor
0:15:09–0:15:11
Die Stadt Berlin hat's mir erlaubt.
Florian Clauß
0:15:12–0:15:14
Der Vibe, der Vibe.
Micz Flor
0:15:15–0:15:21
Und das andere, was du gerade gesagt hast, hier mit, na, mit,
0:15:22–0:15:28
wo ich Drood gesagt hatte, wie kann man da gerade nochmal Du hattest irgendetwas Unheimliches?
Florian Clauß
0:15:31–0:15:34
Übergriffig oder meinst du das davor?
Micz Flor
0:15:34–0:15:39
Nee, hab's vergessen. Aber auf jeden Fall sprechen wir auch über die Zeit,
0:15:39–0:15:51
in der eben zum Beispiel Charles Dickens, den ich über die Folge Drood mal vorgestellt hatte, auch.
0:15:52–0:15:57
Das ist so diese Zeit, also so frühes, mittleres, spätes 19.
0:15:58–0:15:59
Jahrhundert in England.
Florian Clauß
0:15:59–0:16:05
Ja, das fällt mir auch, also Druid, das ist so, was ich zuletzt auch dann mit
0:16:05–0:16:09
Chris über Nosferatu besprochen habe, das Dread, das war mir als Ausdruck,
0:16:09–0:16:11
Dreadlocks und so weiter, das kennt man ja,
0:16:12–0:16:17
aber das ist halt so dieses morbide, das Wort, das ist auch in diesem Kontext
0:16:17–0:16:22
mit den Ramm Stokers, mit dem Dracula, ist das dann auch so verwendet worden.
Micz Flor
0:16:22–0:16:25
Genau, Dread ist so eine Art Schrecken, so ein tiefer Schrecken.
0:16:25–0:16:31
Also Drood wiederum ist benannt nach dem letzten unfertigen Roman von Charles Dickens.
0:16:31–0:16:36
Edwin Drood heißt er, die Hauptperson. Und da so kam es dann auf den Titel drauf.
0:16:36–0:16:39
Aber es sieht auch einfach gut aus. D-R-O-O-D ist echt einfach.
0:16:39–0:16:43
Du siehst es so und es ist irgendwie unheimlich. Wahrscheinlich wegen Dread.
0:16:46–0:16:49
Und dieser Schreiber, über den wir uns jetzt, der kommt aber aus einer anderen Richtung.
0:16:49–0:16:55
Der heißt Henry Francis Light, lebte von 1793 bis 1847,
0:16:56–0:17:05
ist also 54 Jahre alt geworden und hat viele Texte, Poems, Hymnen geschrieben.
0:17:05–0:17:09
Und Abide With Me ist auch eine Hymne, die, wie wir später noch herausfinden
0:17:09–0:17:16
werden, kulturell in England immer noch ganz, ganz, ganz zeitgemäß ist.
0:17:16–0:17:22
Also ganz viel gesungen wird, zum Beispiel bei jedem FA Cup Final oder bei jedem
0:17:22–0:17:27
Rugby Spiel der Liga wird halt dieses Abide With Me am Anfang gesungen als Lied.
0:17:27–0:17:35
Obwohl es ein sehr morbides Lied ist, einfach im Sinne von es geht um Sterben,
0:17:35–0:17:39
es geht um die Zeit kurz vor dem Tod.
0:17:40–0:17:47
Das ist eigentlich auch irgendwie ein Gebet. 1947 ist Henry Francis Light gestorben.
0:17:48–0:17:55
Und erst 16 Jahre nach einem Tod wurde dann dieser Text von einem Komponisten,
0:17:55–0:17:58
William Henry Monk, aufgegriffen.
0:17:58–0:18:03
Und der hat dann 1861 die Melodie Eventide, heißt das.
0:18:04–0:18:06
Das Wort Eventide kommt auch vor. Wir gucken uns nachher nochmal den Text an.
0:18:06–0:18:11
Da hat er eine Melodie geschrieben, die jetzt quasi eins zu eins verwoben ist
0:18:11–0:18:14
mit diesem Lied und auch so immer aufgeführt wird.
0:18:14–0:18:18
Ich habe in einer Quelle auch noch gefunden, dass William Henry Monk,
0:18:18–0:18:23
der als Komponist und aber auch als Redakteur, wo sie eine ganze Sammlung von
0:18:23–0:18:25
christlichen Hymnen gebastelt hat,
0:18:26–0:18:32
dass 1861 eine seiner Töchter dreijährig verstorben sei Und vielleicht,
0:18:32–0:18:37
dass auch dann die Melodie mit inspiriert hätte, beziehungsweise die Auseinandersetzung
0:18:37–0:18:38
mit dem Lied Abide With Me.
0:18:38–0:18:44
Weil das, was wir gerade genannt haben, bleibt bei uns, das will Abend werden oder so.
0:18:45–0:18:48
Und heißt in diesem Lied einfach Stay With Me in dem Moment,
0:18:48–0:18:51
in dem mich das Leben verlässt, in dem ich sterbe.
0:18:52–0:18:56
Und das eher vielleicht da war so meine Vermutung aufgrund von einem persönlichen
0:18:56–0:19:01
Schicksalsschlag, dass ich auch sehr tief mit verbinden konnte.
0:19:01–0:19:06
Aber ich habe das nur einmal gelesen und dann keine weitere Quelle dazu gefunden.
0:19:07–0:19:10
Ich lese mal kurz die ersten beiden Strophen vor.
Florian Clauß
0:19:10–0:19:11
Ja, gerne.
Micz Flor
0:19:11–0:19:14
In Englisch und dann so in einer deutschen Übersetzung.
0:19:17–0:19:24
Abide with me, fast falls the eventide. The darkness deepens, Lord, with me abide.
0:19:25–0:19:32
When other helpers fail and comforts flee, help of the helpless, oh, abide with me.
0:19:34–0:19:41
In Deutsch, bleib bei mir, schnell sinkt das Tageslicht, die Dunkelheit wächst, Herr, bleibe bei mir.
0:19:42–0:19:51
Wenn Trost versiegt oder eben die Helfer mich verlassen, hilft den Hilflosen, bleibt bei mir.
0:19:52–0:19:56
Help of the Helpless heißt eigentlich die Hilfe der Hilflosen,
0:19:56–0:20:00
aber ich habe es ja als hilft den Hilflosen übersetzt, weil ich dachte mir,
0:20:00–0:20:06
es ist vielleicht sinngemäßer, aber nicht wörtlich.
0:20:07–0:20:14
Die zweite ist wirklich sehr düster. Du kannst jetzt den Nosferatu-Stimmung irgendwie anmachen.
0:20:15–0:20:20
Das heißt Zwift to its close ebbs out life's little day.
0:20:20–0:20:28
Earth's joy grow dim, its glories pass away. Change and decay in all around I see.
0:20:29–0:20:32
O thou who changest not, abide with me.
0:20:33–0:20:38
Im Deutschen etwa rasch eilt dahin das Lebens kurzer Tag.
0:20:39–0:20:47
Die Erde glanzverblasst und die Glorie verstreicht.
0:20:49–0:20:54
Wechsel und Zerfall sehe ich in allem um mich herum.
0:20:55–0:21:01
O du, der du dich nicht änderst, abide with me. Also bleib bei mir.
Florian Clauß
0:21:02–0:21:07
Und das ist dann schon immer so eine göttliche Instanz angerufen?
Micz Flor
0:21:10–0:21:14
Ja, also ich weiß auch nicht genau, wie kurz oder lang die Folge wird und wo es genau hingeht.
0:21:14–0:21:17
Ich weiß bloß bei mir gerade, dass mich das richtig tief ergreift.
0:21:17–0:21:18
Ich bin einfach auch gerade in Trauer.
0:21:20–0:21:24
Und du weißt ja, ich bin jetzt nicht, ich bin aus der Kirche ausgetreten.
0:21:24–0:21:31
Ich bin kein Mensch, der betet oder in einer Religion irgendwie so sich,
0:21:31–0:21:37
ich wollte sagen, verfangen hat. Aber das ist schon bewertend.
Florian Clauß
0:21:38–0:21:39
Aufgehoben fühlt.
Micz Flor
0:21:40–0:21:44
Ja, oder sich dazugehörig fühlt oder so. Und gleichzeitig muss ich schon sagen,
0:21:44–0:21:49
dass es so ist, dass ich in meinem Beruf als Psychotherapeut natürlich viel
0:21:49–0:21:52
mit Menschen zu tun habe,
0:21:53–0:21:59
wo aus all dem, was alle irgendwie so haben, auf einmal so ganz emergent etwas hochsteigt.
0:21:59–0:22:04
Ein Zwang oder eine Angst oder es ist halt so, dass die Sachen manchmal neurophysiologische
0:22:04–0:22:09
Hintergründe oder Substrate haben, aber oft wirklich auch stimmungsmäßig dieses Gefühl,
0:22:11–0:22:17
dass Dinge entstehen, dass Dinge irgendwie entstehen und irgendwie diese Trauer,
0:22:17–0:22:20
die einfach entsteht aus Sachen, die man benennen kann,
0:22:20–0:22:24
Aber nichts von dem, was man benennen kann, was rundherum passiert,
0:22:24–0:22:30
in der Summe lässt diese, also kann die Trauer beschreiben.
0:22:30–0:22:32
Also wer nicht getrauert hat, weiß das auch nicht so.
0:22:35–0:22:40
Und irgendwie ist es da so, dass mich das einfach gerade sehr begleitet,
0:22:40–0:22:43
das Lied, weil wir es auch viel üben.
0:22:43–0:22:47
Und dann entstehen halt so bestimmte Dinge, die so auch so ganz widersprüchlich
0:22:47–0:22:51
sind. Und wenn du dann mit anderen Menschen zusammen singst und du dann irgendwie
0:22:51–0:22:53
merkst, wow, wir werden da irgendwie wirklich eine Stimme.
0:22:54–0:22:59
Es kommt so langsam zusammen und vielleicht singe ich auch noch ein bisschen was vor, ich weiß nicht.
0:22:59–0:23:05
Aber weil die Stimme auch immer was so, die Melodie selbst auch ergreift in
0:23:05–0:23:06
der Dramatik, finde ich.
0:23:09–0:23:12
Und dann gibt es so Momente, wo man auf einmal lacht und sich freut,
0:23:12–0:23:15
weil es einfach so ergreifend ist. und dann aber vor dem Hintergrund,
0:23:15–0:23:17
warum wir das machen, dann eben die Trauer auch wieder durchkommt.
0:23:17–0:23:22
Da entstehen so völlig widersprüchliche Emotionen in solchen Situationen.
0:23:22–0:23:25
Und das ist ja auch nur alles sehr menschlich, aber es ist sehr emotional.
0:23:28–0:23:31
Da wollte ich eben einfach mal so mich ein bisschen damit auseinandersetzen
0:23:31–0:23:36
und kam dann dazu, dass ich daraus erste Folge mache.
Florian Clauß
0:23:36–0:23:37
Ja, verstehe.
Micz Flor
0:23:39–0:23:46
Ja, die kurze Einordnung so zeitlich, also Leid,
0:23:47–0:23:51
Stab, so um die Zeit als Charles Dickens, ich glaube ein bisschen früher,
0:23:51–0:23:56
Oder den Ebenezer Scrooge, wie heißt es nochmal,
0:23:57–0:23:59
Christmas Carol, das Buch geschrieben hat.
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Was immer noch heute an Weihnachten von der Augsburger Puppenkiste oder irgendwelchen
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anderen noch vorgetragen wird, aufgeführt wird.
0:24:08–0:24:13
Was als Zeichentrickfilm existiert. Also in der Zeit starb Light und geboren
0:24:13–0:24:19
wurde er in der Zeit, als England gerade mit Frankreich im Krieg war.
0:24:20–0:24:32
Da ging das quasi los und der Vater von Light war beim Militär und die wurden also immer versetzt.
0:24:32–0:24:39
Geboren wurde er in Schottland und dann ist er aber viel umgezogen mit seiner
0:24:39–0:24:42
Familie, Edinburgh, Newmarket, Manchester, Liverpool.
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Und dann schließlich sind sie nach Irland gekommen, weil Thomas Light,
0:24:49–0:24:53
so hieß der Vater, da eben auch zum Einsatz kam.
0:24:53–0:24:56
England hatte man große Angst, das Irland war, ich weiß gar nicht,
0:24:56–0:25:00
was der politische Begriff ist, aber es wurde quasi von England regiert,
0:25:00–0:25:02
obwohl es ein eigenes Parlament gab.
Florian Clauß
0:25:02–0:25:04
Sag nochmal bitte die Zeit.
Micz Flor
0:25:04–0:25:11
Das war 1793 und beim Lesen war es dann auch für mich ein bisschen so, dass ich schon.
0:25:12–0:25:16
Es ist schon auch tragisch, so dessen Leben.
0:25:16–0:25:19
Also irgendwie hat mich das auch nochmal ergriffen. Er hat dann irgendwie sehr
0:25:19–0:25:22
früh seine Familie quasi verloren.
0:25:22–0:25:24
Die ließen sich eben in Irland nieder.
0:25:24–0:25:35
Und 1803, da war er dann neun Jahre alt, begann er in Annisgillen in Nordirland
0:25:35–0:25:38
auf der Portora Royal School.
0:25:39–0:25:43
Das hatte sein Vater wohl irgendwie noch eingefädelt für seinen älteren Bruder und ihn.
0:25:44–0:25:49
Und dann hat er sich aber acht und eins schon von seiner Frau getrennt und hat
0:25:49–0:25:50
dann die Familie verlassen.
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Da habe ich ein kurzes Zitat dazu von Evelyn Miller, die Henry Francis Light
0:25:57–0:26:00
His Life and Times geschrieben hat.
0:26:00–0:26:04
Und jetzt beginnt das Zitat. Kurz danach verließ er seine Familie und ging nach
0:26:04–0:26:07
Jersey. Ich glaube, das ist die Insel, heißt es Insel Jersey.
0:26:08–0:26:13
Henrys Bruder Thomas ist vielleicht mit ihm gegangen oder blieb möglicherweise
0:26:13–0:26:15
in der Schule in Annisgillen.
0:26:16–0:26:20
So oder so gibt es von diesem Zeitpunkt an keinen Hinweis mehr auf den Bruder.
0:26:21–0:26:27
Anna Maria und ihr Sohn George kehrten nach England zurück, wo nach kurzer Zeit
0:26:27–0:26:31
beide starben und Henry erfuhr nie, was mit ihnen geschehen war.
0:26:32–0:26:36
Er fand sich im Alter von neun Jahren allein und ohne jegliche Unterstützung wieder.
0:26:39–0:26:43
Ein bisschen, also auch wieder versuchen, eine wortliche Übersetzung zu machen.
0:26:44–0:26:52
Und in dieser Schule fiel er aber schon sehr früh dem Herrn Boros auf.
0:26:52–0:26:56
Der hat ja die Schulleitung, die ihn dann auch mit in seine Familie genommen
0:26:56–0:26:58
hat. Können wir hier durchgehen? Ja.
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Hat ihn auch sehr unterstützt und hat auch bei ihm schon eben diese poetische Ader entdeckt.
0:27:03–0:27:08
Der hat damals schon geschrieben und hat dann später, ging er dann aufs Trinity
0:27:08–0:27:13
College nach Dublin und wollte dort zuerst Medizin studieren,
0:27:13–0:27:16
aber hat sich dann für die Kirche entschieden.
0:27:18–0:27:22
Und er hatte vorher aber auch schon wohl irgendwie Wettbewerbe gewonnen für
0:27:22–0:27:25
Poetry und so und war da wohl sehr gut mit dabei.
0:27:26–0:27:31
Er hat dann drei Jahre hintereinander eben diesen Chancellor's Prize for English Verse gewonnen,
0:27:32–0:27:40
und im Jahre 1813 den ersten Platz unter 24 Studenten und gewann damit eben
0:27:40–0:27:42
Stipendium aufs Trinity College nach Dublin.
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Nachdem er 1840 die Ordination, also sich auf die Ordination vorbereitet in Dublin,
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hat er so einige Orte, wo er dann als Geistlicher tätig war.
0:27:59–0:28:02
Er war ein anglikanischer Geistlicher, was das genau bedeutet,
0:28:02–0:28:06
weiß ich auch nicht. Man möge mir vergeben, wenn ich da ein bisschen unscharf bin.
Florian Clauß
0:28:06–0:28:12
Aber ist es eventuell die anglikanische, ist es die Kirche, die dann irgendein
0:28:12–0:28:18
englischer König gegründet hat, um sich von Maria Stuart scheiden zu lassen?
Micz Flor
0:28:19–0:28:24
Ja, also es war so, dass Henry Francis Light ein anglikanischer Geistlicher
0:28:24–0:28:28
war und von der hochkirchlichen Tradition der Church of England geprägt war.
0:28:29–0:28:33
Und das war aber ein bisschen traditioneller, also legte großen Wert auf die
0:28:33–0:28:38
Liturgie, auf die Sakramente und auf die klassische Theologie der anglikanischen Kirche.
0:28:39–0:28:43
Nachdem er so zwei, dreimal umgezogen ist, traf er nämlich, und deshalb ist
0:28:43–0:28:49
die Ausrichtung der Kirche jetzt dann doch Thema, traf er nämlich Anne Maxwell.
0:28:49–0:28:53
Da habe ich nur ein kurzes Zitat. Also Anne Maxwell war wohl aus einer auch
0:28:53–0:28:58
großen Familie, hatte auch genügend Geld, sodass er später seine Schulden abzahlen
0:28:58–0:29:01
konnte, noch von der Ausbildung, was ihn wohl sehr stolz gemacht hat.
0:29:01–0:29:05
Und die aber, die war sieben Jahre älter, hat ihn ein Leben lang unterstützt,
0:29:05–0:29:08
und auch später, er hat dann irgendwann eine Lungenkrankheit gehabt,
0:29:08–0:29:12
man nimmt an, es sei Tuberkulose gewesen, und hat ihn dann wohl auch lange gepflegt.
0:29:12–0:29:14
Aber sie war Methodistin.
0:29:14–0:29:18
Dadurch, dass es da wirklich eigentlich einen Konflikt gab zwischen den beiden
0:29:18–0:29:23
auf dieser Glaubenshebung, die waren aber verheiratet, da habe ich nur einen
0:29:23–0:29:27
ganz kurzen Ausschnitt von einem Text von Skinner von 1974.
0:29:29–0:29:33
Und zwar, den muss ich jetzt kurz übersetzen, den habe ich noch nicht übersetzt.
0:29:35–0:29:39
Oder ich lese mal in Englisch vor und dann in Deutsch. On Sunday mornings in
0:29:39–0:29:45
Brixham, Brixham war der letzte Ort, also da hat er 25 Jahre allerdings als
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Geistlicher weiter tätig.
0:29:49–0:29:54
On Sunday mornings in Brixham, Lyle would drive his wife, das war jetzt nicht
0:29:54–0:29:56
mit dem Auto, das ist länger her.
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Also die hatten das dann scheinbar irgendwie gut hingekriegt,
0:30:07–0:30:12
dass sie mit unterschiedlichen Glauben und unterschiedlichen Gemeinden auch zusammenkamen.
0:30:12–0:30:18
Er war wohl auch in Brixham sehr beliebt, ist im Süden Englands, ich glaube in Devon,
0:30:19–0:30:24
war 25 Jahre da und hatte allerdings immer wieder dann auch aufgrund seiner
0:30:24–0:30:29
Lungenkrankheit die Notwendigkeit, England zu verlassen, in wärmere Gefilde
0:30:29–0:30:31
zu gehen, an die Atlantikküste zu gehen.
0:30:31–0:30:35
Oder ja, das wurde dann auch so eine Routine.
0:30:35–0:30:41
Und da war es dann so oft so, dass eben seine Frau in Briggs & Bleep sich um
0:30:41–0:30:47
alles gekümmert hat und er dann auf den Reisen war, wo er heilen sollte.
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In den 1830er bis 1847, in dieser Zeit, ging es los, dass er halt eine Lungenerkrankung
0:30:54–0:31:00
hatte. Man vermutet heute sei Tuberkulose und das ist auch wieder so ein bisschen so ein Sprung.
0:31:00–0:31:06
Du nennst dich vielleicht in die Folge Hyperion, ja, da war ja Kiez, der Poet Kiez.
0:31:06–0:31:14
Das war jetzt allerdings 30, 40 Jahre vorher, der auch aufgrund seiner Erkrankung dann...
0:31:18–0:31:22
Starb, sehr jung, starb und der hat Hyperion geschrieben. Das war ja dann irgendwie
0:31:22–0:31:24
Namensgeber für diese andere Dan Simmons.
0:31:26–0:31:30
Bevor er mit seiner Frau zusammenkam, gab es so einen Zwischenschritt und den
0:31:30–0:31:33
wollte ich noch erwähnen, weil der für ihn wohl auch so, was diese Spiritualität
0:31:33–0:31:35
angeht, so ein Wendepunkt war.
0:31:35–0:31:40
Und zwar war er da in Maratio und ich weiß nicht, wie man es ausspricht.
0:31:41–0:31:44
Das ist aber, glaube ich, auch schon in England, nicht mehr in Irland.
0:31:44–0:31:45
Da bin ich mir nicht ganz sicher.
0:31:46–0:31:49
Es war während seiner Zeit in Maration, habe ich wieder übersetzt,
0:31:50–0:31:54
das ist jetzt aus dem Oxford Dictionary of National Biography von 2004.
0:31:55–0:32:00
Es war während seiner Zeit in Maration, dass Lyle eine spirituelle Erfahrung
0:32:00–0:32:06
am Sterbebett eines benachbarten Geistlichen, Abraham Swan, machte.
0:32:06–0:32:11
Lyle behauptete, dass diese Begegnung seine ganze Sicht auf das Leben verändert habe.
0:32:12–0:32:18
Er ging daraus mit einem tiefen Glauben hervor und predigte mit neuer Lebenskraft.
0:32:19–0:32:23
Und er hat woanders auch schon mal gesagt, dass er eben da diese,
0:32:23–0:32:25
so eine Art spirituelle Wende erlebt hat.
0:32:26–0:32:30
Und sich dann, vorher hat er sich manchmal auch so ein bisschen lustig gemacht
0:32:30–0:32:31
über Leute, die so predigten halt.
0:32:31–0:32:35
Das war nicht so ganz sein Ding, also er war jetzt auch nicht so ganz tief in dem Glauben drin.
0:32:35–0:32:41
Aber das, am Sterbe diesen Tod zu begleiten, da hat er sich danach wohl auch
0:32:41–0:32:45
eher dieser Erlösungstheologie zugeschrieben, also diese Suche danach,
0:32:45–0:32:49
wie man, das ist ja eine irre Strecke, die du gefunden hast.
0:32:49–0:32:52
Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, wir rennen in Sackgassen rein,
0:32:53–0:32:54
aber irgendwie kommen wir dann doch immer wieder weiter.
Florian Clauß
0:32:55–0:32:59
Ja, es ist ganz spannend. Ich habe das Orex herausgesucht, diese Stelle.
0:33:00–0:33:06
Die laufen jetzt parallel zu dem Kanal und treffen dann irgendwann oft.
0:33:08–0:33:10
Die Weichselstraße.
Micz Flor
0:33:11–0:33:14
Gibt noch so den Hintergrund, dass er vielleicht in dieser Zeit schon dieses
0:33:14–0:33:17
Abide With Me in der ersten Fassung geschrieben hat.
0:33:17–0:33:22
Das war jetzt auf Wikipedia, der Spectator in Magazinen schrieb 1925,
0:33:22–0:33:28
dass es damals geschrieben hätte und also fast drei Jahrzehnte vor seinem eigentlichen Tod.
0:33:29–0:33:33
Aber es lässt sich nicht wirklich belegen und ich habe das auch nur auf Wikipedia
0:33:33–0:33:35
gefunden, was mich wundert.
0:33:35–0:33:40
Aber es ist so, und das habe ich nachher noch mal als Text, das eben dieses
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Abide with me wohl wirklich erst kurz vor seinem Tod geschrieben wurde.
0:33:46–0:33:51
Ich lese das jetzt noch mal ganz kurz vor und dann gucke ich mal,
0:33:51–0:33:54
ob wir dann fertig sind oder ob dann noch irgendwas entsteht,
0:33:54–0:33:56
emergent aus unserem Gefüge heraus.
Florian Clauß
0:33:56–0:33:59
Du, so war die Folge angekündigt, ja.
0:33:59–0:34:04
Ich meine, du machst hier gerade einen Vortrag über die Lebensgeschichte und
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hast hier irgendwelche theologischen Strömungen drin, ja. Und sagst du,
0:34:08–0:34:10
ich will einfach mal frei reden.
Micz Flor
0:34:10–0:34:14
Ja, nee, es stimmt. Das ist vielleicht so ein bisschen, aber auch die Vermeidung,
0:34:14–0:34:17
sich damit nochmal auseinanderzusetzen, weil ich ja vorhin schon angedeutet
0:34:17–0:34:21
habe, ich habe einerseits sehr viele Emotionen, weshalb ich mich dafür so interessiert habe.
0:34:21–0:34:27
Und dann komme ich aber nicht anders an das Thema ran, als mich zu rechtfertigen.
0:34:27–0:34:28
Es ist ja sehr protestantisch.
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Ich habe gute Arbeit geleistet und darf deshalb über das, was mich emotional berührt, reden.
0:34:39–0:34:43
Also bevor er abgefahren ist, hat er wohl eine Version von diesem Abide with me geschrieben.
0:34:43–0:34:50
Am 1. Oktober 1847, bevor er dann wieder in den Süden, er ist dann bis Nizza
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gekommen und ist dort am 20.
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November 1847 gestorben im Hotel de Angleterre.
0:34:59–0:35:02
Ich kann das nicht so gut sagen.
Florian Clauß
0:35:02–0:35:04
Da war ich neulich.
Micz Flor
0:35:04–0:35:05
Wirklich?
Florian Clauß
0:35:05–0:35:11
Nein. Ich war in Nizza. Aber das war bestimmt eines von diesen Hotels, wo ich dann wobei ging.
Micz Flor
0:35:12–0:35:17
Es gab damals oder vielleicht, ich glaube immer noch sogar, diesen englischen
0:35:17–0:35:19
Friedhof, der Holy Trinity Church in Nizza.
0:35:20–0:35:22
Und da ist er auch beerdigt am 22. November.
0:35:23–0:35:27
Bevor er in der Südenreise hinterließ, er eine Kopie von seinem Text und der
0:35:27–0:35:29
Musik. Es gibt auch Noten von ihm.
0:35:30–0:35:33
Davon habe ich aber nur irgendwie eine ganz schlechte Fotokopie gefunden.
0:35:33–0:35:38
Die stelle ich aber auch mit unten zu den Bildern ab, weil vielleicht kann irgendjemand
0:35:38–0:35:40
mit KI die Noten dann nur zusammenschrubben.
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Es sieht auf den ersten Blick jetzt auch vierstimmig aus und gar nicht so unähnlich
0:35:45–0:35:47
wie das, was dann später so berühmt wurde.
0:35:47–0:35:52
Aber gleichzeitig habe ich so das Gefühl, dass die Melodien,
0:35:52–0:35:56
die 16 Jahre später draufgeschrieben wurden, die haben wir, glaube ich,
0:35:56–0:35:58
das Ganze wirklich erst packend gemacht.
Florian Clauß
0:36:01–0:36:05
Guck mal, ich will mir aber deinen Blick auf dieses Gebäude lenken,
0:36:05–0:36:09
das finde ich so gerade überhaupt nicht so klar, was es ist.
0:36:10–0:36:12
Sieht aber auch aus wie eine Kirche, oder?
Micz Flor
0:36:13–0:36:16
Sieht nix? Nein, das sieht aus wie eine Brauerei oder sowas.
Florian Clauß
0:36:16–0:36:18
Brauerei, ja, so was Brauereien.
Micz Flor
0:36:19–0:36:23
Wasserwerk, irgendwie ein Reinigungsding. Ein hohes Gebäude,
0:36:23–0:36:24
das schon fotografiert für unsere...
Florian Clauß
0:36:24–0:36:29
Nee, ich hab noch nicht den guten Dinkel gefunden. Aber ...
Micz Flor
0:36:29–0:36:34
Das ist eine Korkenzieherweide, oder? Ist das eine Korkenzieherweide? Eine Pappe?
Florian Clauß
0:36:34–0:36:34
Ja.
Micz Flor
0:36:35–0:36:37
Und eine Korkenzieherweide und ein paar Kastanenbäume.
Florian Clauß
0:36:46–0:36:49
Ich glaube, hier kann ich ein Foto aufnehmen.
Micz Flor
0:36:51–0:36:51
Darfst du.
0:36:54–0:37:01
Ja, und Abide With Me ist halt in England zum Beispiel beim Begräbnis von King
0:37:01–0:37:04
George 1936 gesungen worden.
0:37:04–0:37:12
Von Queen Mary wurde es 1953 gesungen.
0:37:13–0:37:18
Und interessanterweise steht Wikipedia auch, ich weiß nicht genau,
0:37:18–0:37:24
wie ich das aussprich, Sun Yat-Zen 1925, das war ein chinesischer Revolutionär
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und er ist der Präsident der Republik China.
0:37:27–0:37:30
Bei seiner Beerdigung wurde das auch gesungen, also da passt das jetzt vielleicht.
Florian Clauß
0:37:31–0:37:35
Also es klingt ja auch so, wie das jetzt eingeleitet und vorgestellt ist,
0:37:35–0:37:39
es ist ja quasi so ein Requiem vom Stück her.
0:37:39–0:37:42
Ich weiß nicht, ob das jetzt zu sehr auf Klassisch stand so formatiert ist,
0:37:42–0:37:47
Requiem wird man das sagen da, aber so wie es auch jetzt eingesetzt wird mit
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der Begräbnis Historie von anderen, könnte man das als Requiem.
Micz Flor
0:37:56–0:37:59
Ich weiß nicht, wie man Requiem definiert. Was ist eine Requiem?
Florian Clauß
0:38:00–0:38:04
Naja, das ist ja im Prinzip das Stück, was man zu seinem Sterben schreibt.
Micz Flor
0:38:05–0:38:09
Was jeder für sich zu seinem Sterben schreibt oder was man vorträgt, wenn jemand stirbt?
Florian Clauß
0:38:09–0:38:14
Ich glaube, Das ist dann halt was von den großen Komponisten.
0:38:14–0:38:18
Das ist dann halt immer das eigene und das ist meistens auch das letzte Stück.
0:38:20–0:38:22
Ich rede völlig aus der hohlen Hand.
Micz Flor
0:38:22–0:38:25
Nein, aber es war auf alle Fälle das letzte Stück. Also er hat dann,
0:38:26–0:38:28
ich weiß auch nicht genau, was mich so richtig, vielleicht weißt du es besser,
0:38:28–0:38:32
was mich da so richtig hinzieht zu dieser ganzen Geschichte.
0:38:35–0:38:39
Aber es ist so, dass diese erste Strophe in sich selbst auch,
0:38:42–0:38:47
Schon, obwohl es die erste Strophe ist, finde ich, in gewisser Weise den Tod so vorweg nimmt.
0:38:48–0:38:52
Das ist auch in der Melodieführung. Ich gehe da vielleicht gerade nochmal zu dem Text rein.
Florian Clauß
0:38:53–0:38:58
Aber ich fände es total schön, wenn du das jetzt singen würdest.
0:38:59–0:39:03
Das nimmt gerade so eine Form an, wo ich das jetzt auch gerne von der Melodie
0:39:03–0:39:06
her hören möchte. Machst du das?
Micz Flor
0:39:08–0:39:11
Ich singe die Bassstimme. Es ist nicht die führende Stimme, aber da kann ich
0:39:11–0:39:15
dann trotzdem vielleicht ein, ich versuch's mal.
0:39:15–0:39:18
Ich bin jetzt nicht eingesungen und wir sind hier auf dem öffentlichen Raum,
0:39:19–0:39:20
aber ich versuch's mal zu machen.
Florian Clauß
0:39:21–0:39:23
Okay, wir können uns da so ein bisschen beiseite stellen.
Micz Flor
0:39:23–0:39:28
Und zwar die erste Folge, Abide with me, fast falls the even tight.
0:39:28–0:39:31
The darkness deepens, load with me, abide.
0:39:32–0:39:34
When other helpers fail and comforts flee.
0:39:35–0:39:39
Also dieses Flüchten, das ist auch so, wenn ich in einem Text so ein Drang,
0:39:39–0:39:43
ein Comforts Flee, also irgendwie verlässt es da alles, es haut alles so ab.
0:39:44–0:39:47
Und dann Help of the Helpless, oh abide with me.
0:39:49–0:39:51
Ich versuche es mal zu singen.
0:39:52–0:40:01
Also, abide with me, fast falls the eventide,
0:40:02–0:40:09
the darkness deepens, Lord with me abide.
0:40:10–0:40:15
Und jetzt kommt halt dieses Drängen zu dem Flea und danach dann schon irgendwie der Tod so.
0:40:17–0:40:24
When other helpers fail and comforts flee,
0:40:25–0:40:34
help of the helpless, oh abide with me.
0:40:35–0:40:38
Eigentlich meh, aber so tief komme ich nicht runter.
Florian Clauß
0:40:38–0:40:40
Wow, ich habe schon so ein bisschen Shower.
Micz Flor
0:40:40–0:40:48
Und das ist dieses when other helpers fail and come da kommt so ein Synkopierand fail,
0:40:48–0:40:54
wie so ein Stolpern fail and comforts flee und dann wird es laut und dann hast
0:40:54–0:40:59
du auf einmal auch alle drei alle vier Stimmen so auf so einem Höhepunkt und
0:40:59–0:41:00
dann kommt dieser komische help,
0:41:01–0:41:06
help das ist eine große Sekunde über dem eigentlichen Ton vom Tenor,
0:41:06–0:41:11
also du überrumpelst wobei, warte mal, es ist immer vielleicht muss ich nochmal
0:41:11–0:41:12
gucken, aber es ist auf alle Fälle,
0:41:12–0:41:16
ein dissonanter Ton, der da reingeschmissen ist so, help und dann denke ich
0:41:16–0:41:20
halt wirklich an die Bete so, help, I need somebody, help help,
0:41:21–0:41:27
I need somebody, help also irgendwie so dieses Rufen, so help of the helpless,
0:41:28–0:41:33
und dann kommt eine Atempause oh, abide with me und für mich sind diese letzten
0:41:33–0:41:37
beiden Teilen einfach auch so when others fail and come let's flee und dann
0:41:37–0:41:42
help und dann ist der Moment auf der anderen Seite des Berges.
0:41:42–0:41:46
Also in dem Moment ist er eigentlich schon gegangen. Er weiß, ich sterbe jetzt.
0:41:47–0:41:49
Der Rest danach ist dann vielleicht eher so ein innerer Monolog.
0:41:50–0:41:56
Aber ich finde diese erste Strophe einfach wirklich ergreifend.
Florian Clauß
0:41:57–0:42:03
Ja, krass. Ich kann absolut nachvollziehen, dass sich das jetzt in der Trauer
0:42:03–0:42:09
so auch dass du da auch so reingehst einfach.
0:42:11–0:42:18
Und das finde ich auch sehr ergreifend. Das habe ich gerade schon mal gesagt. Aber berührend.
Micz Flor
0:42:18–0:42:23
Es ist aber wirklich dann auch beim Singen diese Sache, dieses Glücksgefühl,
0:42:23–0:42:29
wenn es dann eben auch das erzeugt, was eigentlich das ergreifende Traurige ist.
0:42:29–0:42:37
Also diese dieses erleben von diesen sehr sehr sehr unterschiedlichen emotionen ist erstaunlich und,
0:42:39–0:42:45
Dass es möglich ist, gleichzeitig unvereinbare Gefühle zu erleben.
0:42:46–0:42:48
Aber es ist nichts, was man im Alltag tut.
0:42:48–0:42:51
Oder ich habe jetzt vielleicht wirklich eine ganze Folge lang vorgetragen,
0:42:51–0:42:53
um mich damit nicht so richtig auseinanderzusetzen.
0:42:54–0:42:57
Und gleichzeitig, wenn es dann mal möglich ist, in solchen kurzen Momenten,
0:42:57–0:42:59
finde ich, dann erlebt man sich auch viel lebendiger.
0:42:59–0:43:03
Es ist einfach, man sagt ja berührend, man berührt sich dann auch selbst oder
0:43:03–0:43:07
einen Teil von sich selbst, den man sonst nicht so leicht berühren kann.
Florian Clauß
0:43:08–0:43:15
Ja, ich meine, wir sind ja, oder du bist ja mit Ostern eingestiegen und das
0:43:15–0:43:21
ist ja genau Karfreitag und Ostersonntag, das sind ja diese beiden Pfeiler von
0:43:21–0:43:23
absoluter Trauer und absoluter Freude.
0:43:24–0:43:30
Das ist ja genau dieses Komplimentäre, was innerhalb dieser Tage so erlebt wird.
0:43:30–0:43:33
Was jetzt nicht gleichzeitig erlebt wird, aber es ist ein Teil der Prozession.
0:43:34–0:43:41
Und klar geht es da im christlichen Sinne immer dieses Herr,
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es gibt eine Auferstehung und ich freue mich drauf.
0:43:45–0:43:49
Also es ist ja dieses Versprechen, was da drin hängt.
0:43:50–0:43:56
Gleichzeitig, wie du sagst, dass in dem Moment des Helps dann der Klimax des
0:43:56–0:43:58
Berges überstiegen ist und du auf der anderen Seite bist.
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Also das heißt, dann ist der Sitz noch warm, aber du wirst schon weg.
0:44:04–0:44:09
Also das ist so die Wärme, die noch so nachwirkt, aber die Person ist nicht mehr da.
0:44:11–0:44:15
Eigentlich, das ist ja das, wenn man Sterben als Prozess dann sieht.
0:44:16–0:44:19
Irgendwann gibt es dann halt, dass die Körperwärme entweicht.
0:44:20–0:44:26
Und ich glaube, das ist so dieser Moment eben, wo es halt so in der Welt ist.
Micz Flor
0:44:26–0:44:26
Ja.
Florian Clauß
0:44:27–0:44:31
Also das ist... Und ich würde... Ich weiß nicht, ob ich...
0:44:33–0:44:37
Also ich hatte es ja selber überrascht, dass du dich da jetzt so mit dieser
0:44:37–0:44:41
Lebensgeschichte so auseinandergesetzt hast.
0:44:41–0:44:45
Was mir da noch als Assoziation einfällt, aber ich weiß nicht,
0:44:45–0:44:49
ob du das dann so verwenden kannst, ist so ein bisschen wie.
0:44:50–0:44:55
Ich kriege es auch nur noch fragmentarisch zusammen, aber es ist so wie der
0:44:55–0:44:57
Film Drawing by Numbers von Peter Greenaway.
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Ich habe da auch nur noch so Snapshots im Kopf, wo ein Kind,
0:45:03–0:45:09
Junge, dann eben bei den überfahrenen Tieren oder ich glaube, es sind tote Tiere,
0:45:09–0:45:16
dann anfängt, da so bestimmte Nummern so einzuzeichnen und so ein bestimmtes Raster zu entwickeln.
0:45:16–0:45:25
Und einen gewissen Überbau da drauf zu legen, um eben irgendwie mit diesem Tod
0:45:25–0:45:30
in irgendeiner fassbaren Form dann zurecht zu kommen.
0:45:30–0:45:34
Und so ein bisschen denke ich, vielleicht ist es ja so,
0:45:34–0:45:38
dass du hast dich damit auseinandergesetzt und hast dann dieses Wort gefunden,
0:45:38–0:45:43
du hast dann in dem Wort eine Biografie gefunden und du bist in diese Biografie
0:45:43–0:45:49
eingestiegen, du hast diesen Menschen kennengelernt und gleichzeitig ist das
0:45:49–0:45:53
so dieses Nummernwerk drumherum um ein Ereignis, was einfach nicht beschreibbar ist.
0:45:53–0:45:59
Und damit wird es irgendwie zu so einer Form, die dann wieder erlebbar wird
0:45:59–0:46:04
und die eine gewisse Identifikation dann vielleicht auslösen kann.
0:46:07–0:46:11
So habe ich jetzt einen Eindruck. Ich weiß nicht, ob du das irgendwie so...
0:46:12–0:46:16
Also ich glaube, es ist aber auch so eine total natürliche Reaktion,
0:46:16–0:46:22
weil dieses Unbegreifbare muss man ja irgendwo auch für sich irgendwo sortieren können.
0:46:22–0:46:28
Und dafür sind dann halt solche Biografien, glaube ich, sehr stark.
0:46:30–0:46:33
Also ich fand's wirklich,
0:46:35–0:46:36
Also eine tolle Geschichte.
Micz Flor
0:46:37–0:46:41
Ja, also es ging auch beim Vortragen so wirklich, dass es so schwierig war,
0:46:41–0:46:44
dann zwischen Zahlen und dem Versuch, das irgendwie einzuatmen,
0:46:44–0:46:47
diesen Mensch zu zeigen.
0:46:48–0:46:51
Sondern es blieb dann, glaube ich, auch ein Schritt davor für mich.
Florian Clauß
0:46:52–0:46:53
Ja, verstehe.
Micz Flor
0:46:56–0:47:00
Und es gab auch diese anderen Spuren. Ich hatte in der Tat mit Hyperion oder
0:47:00–0:47:03
mit Root, mit Charles Dickens und so, hatte ich schon immer auch das Gefühl,
0:47:04–0:47:12
da so in was reinzukommen, was nochmal ein anderes, morbides Gefühl ist.
0:47:12–0:47:19
Also wo Morbidität, dann stirbt halt ein Kind mit drei Jahren,
0:47:19–0:47:22
dann stirbt halt die Frau oder der Rektor früher.
0:47:22–0:47:25
Das war einfach eine andere Zeit.
0:47:25–0:47:31
Wie bei Nosferati auch, wo dann diese Schattenhand einfach eine ganze Stadt ergreift.
0:47:31–0:47:36
Man wusste nicht, woher es kommt. Man hatte kein richtiges Verständnis davon,
0:47:37–0:47:40
vielleicht von Giften noch mehr als von Bakterien und so weiter.
0:47:40–0:47:49
Aber das war einfach eine Zeit, in der Tod noch viel anwesender war und auch
0:47:49–0:47:51
immer in so Schüben dann so kam.
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Also wie bei Kiez oder eben bei Leit hier, dass die mit ihrer Tuberkulose,
0:47:57–0:48:01
dann wurden da unterschiedlichste Sachen vorgenommen, die alle...
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Die jetzt heute nicht mehr unbedingt wissenschaftlich nachvollziehbar sind.
0:48:07–0:48:12
Zum Beispiel wurde ja Kiez, wurde dann Adalas, hat er so viel Blut verloren,
0:48:12–0:48:15
dass er es eigentlich dann gar nicht mehr schaffen konnte.
0:48:15–0:48:18
Also da fehlte ihm eigentlich die Kraft, hatte ich ja in einer Quelle dann auch
0:48:18–0:48:22
so vorgetragen, im heutigen Blick, und denke, das war genau nicht das, was gut hier war.
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Und diese Idee von so wissenschaftlichem Blick auf die Vergangenheit dreht sich dann auch immer reihum.
0:48:30–0:48:35
Ich wollte jetzt noch einen Filmkurs mit reinnehmen und zwar kannst du dich
0:48:35–0:48:37
an Highlander erinnern?
Florian Clauß
0:48:37–0:48:44
Ja, also ich habe den vor Ewigkeiten, aber weil ich den Hauptdarsteller nicht mag Ah ja.
Micz Flor
0:48:44–0:48:48
Okay deshalb hast du ihn vor Ewigkeiten gesehen aber du kannst dich vielleicht
0:48:48–0:48:50
noch an den in Anführungszeichen bösen,
0:48:51–0:48:54
Highlander erinnern ne, ne, war nicht Highlander, aber einer von denen,
0:48:54–0:48:58
ich weiß gar nicht wie die hießen der Kurgan dieser Rasierte,
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der dann quasi das letzte auch steht.
0:49:01–0:49:06
Und der hat so eine Szene in der Kirche, wo er sagt so, I have something to say.
0:49:07–0:49:13
Und dann ruft er einfach so, it's better to burn out than to fade away.
0:49:13–0:49:21
Und das ist so ein Zitat aus dem Lied Hey, hey, my, my, into the black von Neil Young.
0:49:23–0:49:29
Und dann glaube ich mal, hey, rock'n'roll is here to stay. it's better to burn out than to fade away.
0:49:29–0:49:35
Und das ist dann auch so ein Satz, der hat es dann in Kurt Cobains Suicide Note geschafft.
0:49:35–0:49:37
Also it's better to burn out than to fade away.
0:49:38–0:49:42
Das steht halt so da. Und dann, man sagt ja auch manchmal so,
0:49:42–0:49:47
ja gut, wenn man die Kerze an beiden Seiten ansteckt, dann brennt sie kürzer so irgendwie.
Florian Clauß
0:49:47–0:49:51
Aber dafür heller. Ja, ist so ein bisschen das Rock'n'Roll-Versprechen.
Micz Flor
0:49:52–0:49:57
Und ich fand es ganz lustig, das schon früh, als es mit seiner Krankheit losging,
0:49:57–0:49:59
wo man ihm gesagt hat, so mit Ende 20, Anfang 30, mach mal langsam,
0:50:00–0:50:03
mach mal langsam, dann hat er gesagt, also hier Light, hat gesagt,
0:50:04–0:50:07
it's better to wear out than to rust out.
0:50:08–0:50:12
Das ist so eine ganz milde Form, genau das gleiche Zitat. Better to wear out.
0:50:13–0:50:16
Also es ist besser, sich abzunutzen, als zu verrosten.
0:50:17–0:50:22
Also dass man tut und macht und arbeitet und nicht einfach nur verrostet.
Florian Clauß
0:50:22–0:50:27
Das ist so eine gläubige Variante, ne?
Micz Flor
0:50:28–0:50:29
So eine protestantische Sprache.
Florian Clauß
0:50:29–0:50:30
Ja, man muss es halt schaffen.
Micz Flor
0:50:31–0:50:36
Ja, aber ich wollte ja, hatte ja versprochen, dass ich ein paar Pop-Trivia-Zitate anziehe.
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Das eine meine, eine Entdeckung ist eben, Better to wear out than to rust out,
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ist quasi der Vorgänger von Neil Youngs.
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Und das andere war ja klar, das Help von den Beatles, ist auch in Light Abide with the.
Florian Clauß
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Ja, das finde ich irgendwie schön, wie du das herausgearbeitet hast. Dieses Dissonante.
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Das war diese Harmonie und auf einmal dieses Herb.
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Ja, ich meine, klar, es geht halt, eins ist sicher, wir werden alle sterben.
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Jeden führt keinen Weg drumherum. Das heißt, wer kann.
Micz Flor
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Darf aber in zwei Wochen wieder einschalten.
Florian Clauß
0:51:22–0:51:30
Gute Überleitung Das war eigentlich Podcast Epidone 76 Danke Mitch für diese,
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Teilnahme Anteilnahme Danke dir.
Micz Flor
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Dass du so ein bisschen mich gekitzelt hast dabei, dass ich dann wieder wie
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würde man sagen, den rechten Pfad gefunden habe Genau, den Gottespfad Dass ich
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mich nicht aus meiner eigenen Folge rausschneide,
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Ja.
Florian Clauß
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Ihr könnt das Ganze, wo wir jetzt langgelaufen sind, könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de sehen.
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Und ich denke, Mitch, du wirst auch die Noten.
Micz Flor
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Ja, ich habe das vielleicht noch für die, die selber mit Musik zu tun haben.
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Es gibt, wie heißt das, Gitarrtux für Gitarrensätzen. Es gibt Rose Garden und
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was ich gerade benutze, heißt Muse Score, also wie Muse und Score.
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Das sind Software, mit der man Noten setzen kann.
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Und ich lade die dann hoch, weil ich habe jetzt wirklich die vier Stimmen für
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unsere kleine Gesangsgruppe nochmal gesetzt.
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Und mich deshalb auch viel mit den Noten nochmal, also weil du musst dann wirklich
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ja jede Note nochmal einzeln setzen.
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So ein meditatives Verfahren wo du gleichzeitig aber auch nochmal drauf guckst
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und wirklich nochmal verstehst wie die gegenläufig arbeiten und welche Melodie wo erscheint also.
Florian Clauß
0:52:48–0:52:53
Das heißt du veröffentlichst quasi jetzt die Noten zu dem die vier Stimmen zu dem.
Micz Flor
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Ja ne ich hab die nur nochmal quasi das sind die Originale von 1861 nicht von
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mir das steht auch so drauf aber die lade ich auch nochmal hoch wer Lust hat
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das sich nochmal irgendwie anzueignen und ja,
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durchzuschauen, kann das dann da auch machen.
Florian Clauß
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Ja, sehr schön. Also das finden wir auch auf unserer Seite. Ansonsten,
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Mitch hat es dann gesagt, das nächste Mal wieder in 14 Tagen.
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Da habe ich schon gesneakt mit Ali.
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Eine Runde, bis dahin, mach...

Wir beginnen unsere Tour am Lausitzer Platz, direkt vor der Kirche der Emmaus-Ölberg-Gemeinde. Über dem Eingang entdecken wir die Inschrift: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden.“ Sie lehnt sich an eine Stelle aus dem Lukasevangelium an – Kapitel 24, Vers 29 –, in der zwei Jünger den auferstandenen Jesus bitten, bei ihnen zu bleiben, weil der Tag sich dem Ende neigt. In der englischen King James Version lautet der Satz: „Abide with us: for it is toward evening, and the day is far spent.“ Diese Worte sind nicht nur Teil einer biblischen Erzählung, sondern auch die direkte Inspiration für das bekannte Kirchenlied „Abide with Me“, das wir in dieser Episode besprechen.

Der original Notensatz der Melodie von Henry Francis Lyte aus dem Jahr 1847 zu seiner Hymne „Abide with Me“. Quelle: Henry Francis Lyte (1793-1847) – his life and times“ by Evelyne Miller

Die frühe Familiengeschichte von Henry Francis Lyte ist von Verlusten und dem Gefühl des Verlassenseins geprägt. Schon in jungen Jahren musste Lyte erleben, wie sich seine Eltern trennten und aus seinem Leben verschwanden. Auch seine Geschwister verlor er aus den Augen: Der eine ging vermutlich mit dem Vater fort, der andere starb gemeinsam mit der Mutter in England, ohne dass Henry je erfuhr, was mit ihnen geschehen war. Zurück blieb ein neunjähriger Junge – allein, ohne finanzielle Mittel, ohne Familie.

„(…) he abandoned his family and went to live in Jersey. Henry’s brother, Thomas, may have gone with him, or, he may have stayed at school in Enniskillen. Either way, there is no record of him from this point on. Anna Maria and her son George went back to England where, after a short time, both died and Henry never knew what had happened to them. He found himself, at the age of nine, alone and without any means of support.“

Henry Francis Lyte (1793-1847) – his life and times“ von Eveline Miller

Eine zweite, prägende Stelle in Lytes Biographie, betrifft eine spirituelle Erfahrung etwa um 1816 oder 1817 – also zu Beginn seiner geistlichen Laufbahn. Lyte pflegte eine enge Freundschaft mit einem schwer kranken Mitgeistlichen oder Bekannten, der im Sterben lag. Der Name dieses Mannes wird in vielen Quellen nicht überliefert; mal wird er als „dying clergyman“, mal als „friend in ministry“ bezeichnet. Das Oxford Dictionary of National Biography benennt diese Person als „Abraham Swanne“., Doch entscheidend ist nicht der Name, sondern die Wirkung, die diese Begegnung auf Lyte hatte: Am Sterbebett dieses Freundes durchlebte er eine spirituelle Erschütterung, die sein ganzes Denken veränderte. Er selbst schrieb später, dass sich ihm in diesem Moment die Bedeutung von Jesu Leiden und Auferstehung zum ersten Mal wirklich erschlossen habe. Er habe, so unterschiedliche Quellen, danach begonnen auch intensiver zu predigen und sich mehr mit Erlösungstheologie auseinanderzusetzen.

„It was while at Marazion that Lyte underwent a spiritual experience at the deathbed of a neighbouring clergyman, Abraham Swanne. Lyte claimed that this encounter altered his whole view of life: he emerged with a deeper faith, and preached with a new vitality.“

Oxford Dictionary of National Biography, 2004


Download Noten als PDF

Download der Noten mit der mehrstimmigen Melodie von William Henry Monk (1861):


Beginnend in der Zeit nach der Sterbebegleitung 1816/17 und bis zu seinem Tod 1847 litt Henry Francis Lyte an einer chronischen Lungenerkrankung, vermutlich Tuberkulose – jener Krankheit, an der 1921 auch John Keats gestorben ist, Autor des unvollendeten Gedichts Hyperion (siehe auch unsere gleichnamige Folge über Dan Simmons‘ Roman „Hyperion“). Trotz seiner schweren gesundheitlichen Beeinträchtigung blieb Lyte seiner Berufung treu: Er predigte weiterhin regelmäßig und war seelsorgerlich tätig. Auf ärztlichen Rat, zur Erholung ein milderes Klima aufzusuchen, unternahm er regelmäßig Reisen nach Europa, insbesondere in die Schweiz und an die südfranzösische Küste, in der Hoffnung.

Den Sommer 1847 verbrachte Lyte in Berry Head, wo er – geschwächt und inspiriert – sein bekanntestes Kirchenlied Abide with Me schrieb. Am 1. Oktober 1847 verließ er England erneut Richtung Süden. Bevor er abreiste, ließ er eine Kopie von Text und Musik bei seiner Tochter zurück, nahm jedoch das Original zur weiteren Überarbeitung mit sich. Aus Avignon schickte er schließlich das fertige Manuskript heimwärts – wohl wissend, dass er höchstwahrscheinlich nie mehr heimkehren würde.

Als er Nizza erreichte, verschlechterte sich sein Zustand drastisch. Am 20. November 1847 starb Henry Francis Lyte im Alter von 54 Jahren im Hôtel de Angleterre. In seinen letzten Stunden war Reverend Manning, der spätere Erzbischof von Westminster, an seiner Seite, der zufälligerweise im gleichen Hotel wohnte. Zwei Tage später wurde Lyte auf dem englischen Friedhof der Holy Trinity Church in Nizza beigesetzt.

„A volume of Remains, consisting of poems, sermons, and letters, was published in 1850. It included Abide with me, which was first sung (to his own tune) at his memorial service in Brixham in 1847.“

The Dictionary of Ulster Biography

Pop-Kultur

In der Episode versucht Micz rauszuarbeiten, dass „Abide with Me“ mit dem prägnant dissonanten „Help“ vielleicht Inspiration für „Help!“ von den Beatles gewesen ist. Zweifelsohne eine steile These, aber verbindet beide Lieder doch die tiefe, existenzielle Sehnsucht nach Beistand in Zeiten innerer Not. Während Lytes Kirchenlied Gott als verlässliche Zuflucht im Angesicht von Krankheit und Tod anruft, artikuliert John Lennon in „Help!“ ein persönliches, fast verzweifeltes Rufen nach Halt und Orientierung in einer sich verändernden Welt. Beide Werke spiegeln den Wunsch nach Trost und eine Rückbesinnung auf etwas Größeres wider, wenn das eigene Ich ins Wanken gerät.

Als zweite gewagte Inspiration für die Pop-Kultur zaubert Micz das Zitat von Lyte aus dem Hut: „Better to wear out than to rust out“. Übersetzt in das 20te Jahrhundert liest es sich wie Neil Youngs Zeile „It’s better to burn out than to fade away“ aus ‘Hey Hey, My My (Into The Black)’, die später Kurt Cobain in seinem Abschiedsbrief zitierte. So hat es Lyte über Umwege wieder in die Kirche geschafft, denn in der ikonischen Kirchenszene aus „Highlander“ ruft „the“ Kurgan der Gemeinde zu: „I’ve got something to say: It’s better to burn out than to fade away“. Was Flo von diesen steilen Thesen hält? Listen and learn.

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