EGL077 Auch interessant im Regierungsviertel

Ein Spaziergang mit Ali Hackalife durch die historische Mitte von Berlin.

Zum 2. Mal ist Ali Hackalife als Gast bei Eigentlich-Podcast. Ali betreibt den wunderbaren Podcast auch-interessant mit vielen spannenden Gästen und Themen. Das letzte Mal haben wir uns beim 38c3 in Hamburg getroffen. Diesmal ist Ali in Berlin und wir haben uns in der Friedrichsstraße zu einem gemeinsamen Rundgang durch das Regierungsviertel verabredet. Ali erzählt von seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Linken zur Corona-Hochzeit: von den Herausforderungen im politischen System, den Bedenken gegenüber digitalen Technologien und der Desillusionierung durch parteipolitische Dynamiken, die oft wichtiger erscheinen als die Themen selbst. Wir sprechen auch über die historische und kulturelle Dimension der Denkmäler und Gebäude, die uns auf unserem Weg begegnen: Reichstag, Brandenburger Tor und Siegessäule. Ein zentrales Thema ist auch die Deutungshoheit über historische Orte und ihre künstlerischen Repräsentationen, wie etwa die Verhüllung des Reichstags durch Christo. Aber auch in dieser Frage gehen wir viel weiter in die Geschichte zurück, bis in die Jungsteinzeit. Ali ist gerade aus England zurück und hat viel über Stonehenge zu erzählen. In den 50er Jahren wurde Stonehenge komplett umgestaltet und in eine Form gebracht, die nach heutigem Stand der Wissenschaft nicht der ursprünglichen kulturellen Praxis entspricht. Am Beispiel des Denkmals für die ermordeten Juden Europas diskutieren wir auch die Frage, inwieweit historische Stätten und Denkmäler persönliches oder kollektives Gedächtnis stiften können. Es ist also ein Potpourri an Themen, das durch Orte und Geschichte führt, und Ali glänzt wie immer mit Detailwissen und Anekdoten. Viel Spaß beim Hören.

Shownotes

Mitwirkende

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Ali Hackalife
Gasterzähler
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Florian Clauß

Transcript

Florian Clauß
0:00:01–0:00:06
Dann geht's los. Okay, hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast.
0:00:07–0:00:11
Eigentlich der Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:11–0:00:13
Und diesmal wieder mit einem Gast.
0:00:13–0:00:18
Und diesmal auch zum zweiten Mal ist Ali Hacke live dabei. Hallo Ali.
Ali Hackalife
0:00:18–0:00:20
Hallo, hallo. Freut mich, dass ich wieder da sein darf.
Florian Clauß
0:00:21–0:00:24
Ja, Wahnsinn. Das ist ja gar nicht so lange her, dass wir uns getroffen haben.
0:00:24–0:00:30
Wir haben uns zuletzt auf den 38C3 in Hamburg gesehen. Da eine Folge aufgenommen.
0:00:31–0:00:37
Und jetzt in der Zwischenzeit sind knapp vier Monate vergangen.
0:00:37–0:00:40
Es ergab sich, dass du hier in Berlin bist.
0:00:40–0:00:44
Und wir haben kurz miteinander geschrieben. Und dann kam der Vorschlag,
0:00:44–0:00:46
dann lass uns doch nochmal eine Folge aufnehmen.
Ali Hackalife
0:00:47–0:00:50
Apropos aufnehmen, nehmen wir schon unseren GPS-Track auf.
Florian Clauß
0:00:50–0:00:57
Ah, danke Ali. Das ist immer der Teil, den ich vergesse, wenn wir loslaufen.
0:00:58–0:01:01
Nicht, dass ich das irgendwie nachzeichnen könnte. Nein, aber...
Ali Hackalife
0:01:01–0:01:09
Also, wir sind losgelaufen vom Café Zimt und Zucker und wir sind im Regierungsviertel in Berlin.
0:01:09–0:01:14
Und ähnlich wie beim CCH ist es auch hier wieder so, mit dem Ort verbinde ich eine Geschichte.
0:01:15–0:01:20
Ich habe ja 2020 im Bundestag für einen Abgeordneten von der Linkspartei gearbeitet,
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und ja, doch recht viel Zeit hier verbracht.
0:01:24–0:01:28
Das war oft so der Spaziergang nach dem Bürotag, dass man dann immerhin noch
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ein paar Schritte gemacht hat, dass man dann vom Bundestagsgebäude hier rüber
0:01:32–0:01:35
zur Friedrichstraße gelaufen ist und da dann in die Bahn eingestiegen.
Florian Clauß
0:01:35–0:01:40
Und 2020 war das dann schon zur Hochphase von Corona?
Ali Hackalife
0:01:40–0:01:43
Ja, das war noch bevor es den Impfstoff gab.
0:01:43–0:01:47
Ich erinnere mich, dass zu der Zeit gerade mein iPhone, das 12 Pro Max,
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rauskam. Ich habe es mir zum Release gekauft und das war dann auch noch alles
0:01:51–0:01:53
so in der Bundestagszeit.
0:01:53–0:01:56
Ab dahin fängt es dann an, dass ich sehr gute Fotos gemacht habe im Alltag.
0:01:57–0:02:03
Und ja, es war Corona, es war Masken in Gebäuden tragen, teilweise Masken außerhalb von Gebäuden tragen.
0:02:04–0:02:08
Es ging die ganze Zeit die Frage rum, gibt es schon den Impfstoff?
0:02:08–0:02:10
Werden Parlamentarier bevorzugt geimpft?
0:02:10–0:02:14
Wer ist alles Teil von Parlamentarier? Warum kann ich nicht meinen Job komplett
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aus dem Homeoffice machen?
0:02:16–0:02:21
Und dann saß ich recht regelmäßig im Reichstagsgebäude, auf das wir gerade zulaufen,
0:02:21–0:02:25
und habe festgestellt, dass Politik auch nur mit Wasser kocht.
0:02:25–0:02:28
Und das war ein bisschen ernüchternd. Also ich habe ja Politikwissenschaften
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studiert, mit der festen Absicht in die Politik zu gehen, um dann in der Politik
0:02:31–0:02:34
festzustellen, dass die Theorie, die man gelernt hat, eigentlich,
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also ich möchte nicht sagen, völlig
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wertlos ist, aber doch weitestgehend nichts mit der Realität zu tun.
0:02:39–0:02:44
Und das wichtiger ist, wer wen von etwas überzeugen kann, als die Frage,
0:02:45–0:02:46
stimmt denn das, wovon man überzeugt wurde?
Florian Clauß
0:02:47–0:02:53
Also die klassischen Sachthemen werden eher zurückgestellt und es geht eher um Beziehungsthemen.
Ali Hackalife
0:02:53–0:02:58
Ja, also halt so ein klassisches Teil, also das Bicycle Stand Problem.
0:02:58–0:03:02
Das kommt ja aus der Soziologie von der Feststellung. Es ist sehr schwer,
0:03:03–0:03:07
ein Atomkraftwerk zu bauen. und über die Frage, wie jetzt genau die Brennstäbe
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im Kühlkörper sind und so weiter, da können halt Experten streiten.
0:03:11–0:03:14
Aber die Frage, welche Farbe soll das Dach vom Fahrradständer haben,
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da können alle mitreden und deswegen reden auch alle mit.
0:03:16–0:03:20
Und das hat dazu geführt, dass wir teilweise Papiere bekommen haben,
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also so richtig dicken Ausdruck, 800 Seiten, der erstmal an fast alle Abgeordneten
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rausgereicht wurde, die irgendwas mit digital gemacht haben.
0:03:28–0:03:33
Und das war die Druckversion der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz.
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Und da stand halt nur Scheiße drin.
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Da hatten dann die FDPler Leute eingeladen, die erzählt haben,
0:03:41–0:03:43
wie KI tolle neue Dinge schafft.
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Und mein Lieblingswort ist Verteilungsgerechtigkeitschancen.
0:03:49–0:03:52
Der Satz, dass KI uns hilft, Verteilungsgerechtigkeitschancen zu erhöhen.
0:03:52–0:03:56
Wo man sich fragen kann, was soll denn das sein? Und wie?
0:03:57–0:03:57
Und warum?
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Und dann habe ich festgestellt, dass dieses 800-Seiten-Dokument,
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was ja schon mal ein ganz schöner Stoß Papier ist, das habe ich in die Hand
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genommen, um die ABO-Kordnusser zu fragen, was damit passiert.
0:04:10–0:04:13
Und sie hat gesagt, naja, mal gucken, vielleicht braucht man das später nochmal.
0:04:14–0:04:15
Und es wanderte ins Altpapier.
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Und jetzt sind wir noch eine der Arbeitsgruppen gewesen, die sich damit befasst
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hat. Und die anderen, die nur Beisitzer waren in derselben Enquete-Kommission,
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die haben halt auch alle diese 800 Seiten ins Büro bekommen,
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damit sie eins zu eins als Altpapier kommen.
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Und das war eine Erkenntnis, also der Bundestag hat zumindest damals vor fünf
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Jahren unfassbar viel Papier produziert und noch mehr Altpapier.
0:04:40–0:04:42
Wo ich mir gedacht habe, wir leben im Zeitalter der PDF.
0:04:43–0:04:48
Also es gab gar keinen Grund. Und ja, und auch die Bürgerpost,
0:04:48–0:04:50
also wenn man sich denkt, schreibt mal eurem Abgeordneten, ja.
0:04:51–0:04:54
Das bedeutet dann aber auch, wir nehmen uns diese 200 Briefe vor,
0:04:55–0:04:56
dann machen wir jetzt bis zum Mittagessen.
0:04:56–0:04:59
Und wenn Mittagessen ist, kommt der Rest der Briefe auch ins Altpapier, ungeöffnet.
0:05:00–0:05:03
Also es hat mich schon sehr desillusioniert.
0:05:03–0:05:07
Dann kommt da halt das klassische Problem von arbeitenden Gruppen dazu.
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Also man erfährt etwas und wenn man dann darüber offen redet und es läuft schief
0:05:13–0:05:17
dann darfst du dir anhören du musst es ja auch unbedingt mit allen darüber reden
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und wenn du etwas mitbekommst und du redest nicht darüber und es läuft gut dann
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heißt das du hast aber nicht unterstützt und wenn.
Florian Clauß
0:05:27–0:05:33
Okay, ich sehe schon, da hat dich so eine gewisse Frustration auch erfahrbar gemacht.
0:05:33–0:05:36
Was war denn da deine Aufgabe?
Ali Hackalife
0:05:36–0:05:40
Wissenschaftliche Mitarbeit und es hatte wenig mit Wissenschaft zu tun.
Florian Clauß
0:05:40–0:05:42
Hast dich beworben auf dem Posten?
Ali Hackalife
0:05:43–0:05:48
Genau, als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen der Linksfraktion im Bereich Netzpolitik.
0:05:48–0:05:52
Wobei, also ich habe den Job bekommen, das wurde mir auch durch die Blume so
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gesagt, weil ich schwerbehindert bin.
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Und es ging ihnen auch sehr viel mehr darum, dass ich ständig sage,
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wie sehr für mich als Behinderten, dass alles beklemmend und bedrückend ist,
0:06:00–0:06:03
als dass ich über die Technik rede. Also es ging damals die Corona-Warn-App rum.
Florian Clauß
0:06:03–0:06:04
Ja.
Ali Hackalife
0:06:04–0:06:07
Und dann gab es halt eine Fraktionssitzung, in der Sarah Wagenknecht erzählt
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hat, sie kann diese App niemandem empfehlen mit der Begründung.
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Man könne als Linke mit der DDR-Historie den Bürgern nicht Software auf ihre
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Smartphones verpflichtend empfehlen.
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Dann haben halt Leute wie ich, die das White Paper von Google damals gelesen
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hatten, wie das Bluetooth LE, die das Contact Tracing macht,
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deren Meinung war halt völlig egal.
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Also es war auch, dass der CCC damals gesagt hat, wir sehen keine Bedenken bei dieser App.
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Und dass das ja eine Ausnahme ist, weil der CCC eigentlich kein Ziel of Approval gibt.
0:06:35–0:06:40
Aber das war alles völlig egal. Und es ging ja nur um das gefühlte Faktenargument
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von, also wir können den Leuten jetzt nicht vorschreiben, was sie auf ihre Telefone installieren.
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Und wenn man mit solchen Leuten zusammensitzt und versucht, einen Arbeitsbeschluss
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zu fassen, das ist doch eher frustrierend, weil man das Gefühl hat,
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es ist völlig egal, ob du verstehst, worum es geht.
0:06:55–0:06:58
Wenn du es glaubhaft verkaufen kannst, dann reicht das.
0:06:58–0:07:01
Und das war etwas, was dann dazu geführt hat, dass ich danach beschlossen habe,
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ich möchte erst mal nicht in die Politik.
0:07:03–0:07:10
Also wir laufen jetzt gerade am Paul-Löbe-Haus und Marie-Elisabeth-Lüders-Haus vorbei.
Florian Clauß
0:07:10–0:07:14
Kannst du da auf dem Finger drauf zeigen, wo dein Büro war?
Ali Hackalife
0:07:14–0:07:15
Ja, wir können dran vorbeilaufen.
Florian Clauß
0:07:16–0:07:16
Ah ja, sehr schön.
Ali Hackalife
0:07:17–0:07:22
Zwischen diesen beiden Gebäuden ist eine kleine Brücke unten für den Plebs und
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eine Brücke oben für die Abgeordneten und für alle, die einen Hausausweis haben.
Florian Clauß
0:07:27–0:07:30
Aber kann man da wirklich als Normalbürger drüber gehen? Ich habe es noch nicht versucht.
Ali Hackalife
0:07:30–0:07:32
Unten? Ja, oben. Nein, oben.
Florian Clauß
0:07:32–0:07:36
Ah ja, da ist eine Treppe hoch. Ja, ich bin immer über die oder über die andere gegangen.
Ali Hackalife
0:07:36–0:07:41
Fun Fact, der obere Weg hat einen Namen. Das ist der Jakob-Maria-Mirscheid-Weg.
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Jakob-Maria-Mirscheid ist ein Abgeordneter der SPD, den sich die Jusos ausgedacht haben.
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Also den gibt es gar nicht als Person.
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Wir gehen außen rum, hätte ich gesagt.
Florian Clauß
0:07:54–0:07:58
Ich würde sagen, wir gehen hier am Kanzleramt lang oder wolltest du nochmal?
Ali Hackalife
0:07:58–0:07:59
Nein, da hinten ist mein Büro, da hätte man...
Florian Clauß
0:07:59–0:08:01
Achso, okay, dann gehen wir da.
Ali Hackalife
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Jakob Maria Mirschheit ist eine Erfindung der Jusos gewesen.
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Und Mirschheit veröffentlicht gelegentlich lustige Texte.
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Zum Beispiel, wie die Wahlergebnisse der SPD mit der Rohstahlproduktion Deutschlands
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zusammenhängen. Und...
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Es lohnt sich. Also Mirscheid war lange Zeit der älteste im Amt befindliche Parlamentarier.
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Hat auch ein schönes Foto, das zusammengewürfelt ist aus mehreren anderen Fotos.
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Und dann hatten Leute irgendwann mal ein Schild gekauft, um dort oben offiziell
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den Jakob-Maria-Mirscheid-Weg auszuschreiben.
Florian Clauß
0:08:33–0:08:36
Und das Pseudonym wird dann rumgereicht und jeder darf mal schreiben.
Ali Hackalife
0:08:37–0:08:40
Wir laufen jetzt an der Hinterseite des Reichstagsgebäudes vorbei.
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Und dort wehen ja mehrere Flaggen, unter anderem die Deutschland-Flaggen und
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auf einem Türmchen weht die Europaflagge.
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Und unter dem Türmchen hat die Linke ihren Sitzungssaal gehabt.
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Also da oben in den Türmchen sind von Linke, Grüne,
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damals zu meiner Zeit waren es noch FDP und AfD, hatten dort ihre Fraktionsräume
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und dazwischen waren auf der langen Seite CDU und SPD, die halt einfach mehr
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Abgeordnete hatten und mehr Platz dafür brauchten.
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Diese Türmchen haben die Akustik der Hölle, weil sie nicht dafür gedacht wurden,
0:09:11–0:09:15
dass viele Leute miteinander reden, sondern sollten das einfach nur nett aussehen.
Florian Clauß
0:09:15–0:09:21
Wir sind ja, als wir uns zum Podcast verabredet haben, haben wir so ein bisschen
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so einen Themenpool aufgemacht und da ist dann was reingeworfen.
0:09:26–0:09:29
Also ich dachte, ich suche dann jetzt auch eine Strecke aus,
0:09:29–0:09:30
die sind dann ganz gut verbinden.
Ali Hackalife
0:09:30–0:09:35
Wir sehen jetzt hier oben eine Brücke, beziehungsweise mehrere,
0:09:36–0:09:40
die Bundestagsgebäude, also der ganze Komplex hier, ist über- und unterirdisch
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mit Brücken miteinander verbunden und Tunnels, damit du von einem Gebäude zum
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anderen kannst, ohne durch eine Sicherheitsschrittläuse zu müssen.
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Und am Anfang ist das gewöhnungsbedürftig, weil auch im Gebäude gibt es viele
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hohe Brücken auf einer Ebene, damit man das Gefühl von Luftigkeit hat.
0:09:57–0:10:01
Und der Architekt hat sich was gedacht zum Thema Transparenz, weite Sichtachsen.
0:10:01–0:10:04
Aber ich finde Hängebrücken auch schon ein bisschen gruselig, muss ich sagen.
0:10:05–0:10:10
Wir laufen jetzt zwischen zwei Verwaltungsgebäuden lang, unter denen ein Tunnel
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ist, der Techno-Tunnel heißt.
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Weil er damals gebaut wurde mit so LED-Streifen, die über den Gang Bögen machen.
0:10:19–0:10:23
Und es sieht halt alles sehr nach Rave aus und wenig nach ernster Bürobetrieb.
Florian Clauß
0:10:23–0:10:29
So wie der Eingangsgang im Tresor damals. Aber auch mit LED-Streifen gekennzeichnet.
Ali Hackalife
0:10:30–0:10:35
Apropos Tresor, Gregor Gysi hatte sein Büro in einem Teil, der Bundestagsgebäude,
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das früher mal eine Bank war.
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Und deswegen ist direkt neben seinem Büro eine Treppe runter zu einem dicken
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Tresorraum mit einer Panzertür.
Florian Clauß
0:10:43–0:10:45
Sie sind ja auch richtig aufgehalten, meine wirklichen Abgeordneten.
Ali Hackalife
0:10:47–0:10:50
Ja, also wie gesagt, meine Geschichten sind ja jetzt alle auch ein bisschen
0:10:50–0:10:54
alt, weil damals hatten Gysi und Wagenknecht halt auch noch nebeneinander ihre
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Büros. und Wagenknecht hat ja jetzt kein Büro mehr und wir wollen gleich rechts rüber.
Florian Clauß
0:11:04–0:11:07
Das ist ja hier die französische Botschaft, das ist auch direkt um die Ecke.
0:11:08–0:11:11
Ich hatte eigentlich vor, in die andere Richtung zu gehen, aber das holen wir dann nach.
0:11:12–0:11:18
Also ich glaube, hier in diesem Bereich von Berlin liegen auch eine Menge Themen
0:11:18–0:11:21
am Weg, die wir ganz gut aufgreifen können.
Ali Hackalife
0:11:22–0:11:25
Ja, wir hatten einerseits noch Themen vom letzten Mal und andererseits hatte
0:11:25–0:11:30
ich vorgeschlagen, dass wir über das Neugestalten von historischen Orten reden könnten.
0:11:31–0:11:34
Aber da kommen wir dazu, wenn wir soweit sind.
Florian Clauß
0:11:34–0:11:35
Müssen wir jetzt über die Straße?
Ali Hackalife
0:11:36–0:11:39
So, lass mich kurz gucken. Nein, hier links ist es.
0:11:40–0:11:44
Da hinten ist irgendwo eine sehr sicher bewachte Garage, weil Sicherheit.
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Und das ist auch so ein Ding, um in den Bundestag reinzukommen,
0:11:49–0:11:51
musst du durch Drölfzig schleusen.
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Wenn du einen Gastausweis hast, dann darfst du auch keine Wasserflaschen mitnehmen,
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keine Glasflaschen und so weiter.
0:11:55–0:11:58
Ab dem Moment, wo du einen Hausausweis hast, ist völlig egal,
0:11:58–0:12:00
was du reinbringst, wie viel und wo.
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Also wir haben Möbel nachgebracht, da hätte in den Paketen alles sein können.
0:12:05–0:12:08
Und hier der Bäcker direkt, also der Butterlindner direkt. Der Butterlindner
0:12:08–0:12:13
ist immer für, oh, wir haben gleich noch Besuch, hol mal schnell ein paar Teilchen.
0:12:14–0:12:16
Also Butterlindner verdient sich blöd.
Florian Clauß
0:12:16–0:12:17
Aber nicht nur hier.
Ali Hackalife
0:12:18–0:12:22
Hier war der Eingang.
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Und direkt dahinter ums Eck war mein Büro. Und hier oben ein paar von denen
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haben Balkons und es ist theoretisch Rauchverbot im ganzen Gebäude,
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aber in den Büros der Abgeordneten herrscht natürlich parlamentarische Immunität.
0:12:38–0:12:42
Das heißt, wenn man im Büro raucht, dann das Schlimmste, was passieren kann,
0:12:42–0:12:46
ist, dass der Hausmeister sagt, mach mal bitte nicht, aber man kann dich nicht wirklich aufhalten.
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Das war auch eine Erkenntnis, wie viel, also ich hätte immer gedacht,
0:12:52–0:12:54
ja, das Gebäude ist ja geheizt, wenn man da drin ist, braucht man keine Jacke.
0:12:55–0:12:58
Du gehst aber gefühlt jede Stunde mit jemand anderem mal kurz eine rauchen,
0:12:59–0:13:02
um über Gott und die Welt zu reden.
0:13:02–0:13:07
Und ich als Nichtraucher war dann doch immer auch ein bisschen einerseits fehl
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am Platz und andererseits wollte man dann ja doch trotzdem mitgehen,
0:13:10–0:13:12
weil in der Raucherecke passieren die wichtigen Gespräche.
Florian Clauß
0:13:12–0:13:14
Ja, es war wie früher auf dem Schulhof, oder?
Ali Hackalife
0:13:14–0:13:20
Apropos Ecken und wichtig, hier ist die egalste Ecke. Hier ist ein unfassbar teurer Tresen drin.
0:13:21–0:13:24
Und dort geht es darum, irgendwas mit europäischer Repräsentation.
0:13:25–0:13:29
Hier passiert nichts. Also ich schimpfe ja viel über die Politik,
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aber das hier ist wirklich nur ein, wir hatten ein paar Millionen und wir hatten
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das Gebäude, also machen wir das hier.
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Ich habe mich mit vielen Leuten unterhalten, hier passiert halt nichts.
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Es gibt manchmal Empfänge für Europa, wie toll das alles ist.
0:13:42–0:13:47
Aber es hat keine nennenswerte Funktion.
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Man kann nicht mal gratis ein Schnittchen abgreifen.
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Wir laufen jetzt auf den Pariser Platz Richtung Brandenburger Tor.
Florian Clauß
0:13:54–0:13:57
Ja, wir haben direkt vor uns das Brandenburger Tor.
Ali Hackalife
0:13:58–0:14:00
Apropos historische Orte, kennst du den Saal der Stille?
Florian Clauß
0:14:01–0:14:02
Nein, den kenne ich nicht.
Ali Hackalife
0:14:03–0:14:04
Du hast ihn gerade in der Sicht.
Florian Clauß
0:14:05–0:14:05
Ah ja.
Ali Hackalife
0:14:05–0:14:10
Der Saal der Stille ist oben zwischen den Ebenen des Brandenburger Tors.
0:14:11–0:14:15
Und dort haben die Sowjets Funktechnik drin gehabt. Und als Napoleon hier war,
0:14:15–0:14:17
hat er dort oben Leute verhört.
0:14:18–0:14:24
Und man kann über das rechte Gebäude mit einer Treppe hoch und dann in den schrägen
0:14:24–0:14:26
Klotz des Brandenburger Tors rein.
Florian Clauß
0:14:26–0:14:29
Also das ist jetzt quasi da über den Giebel?
Ali Hackalife
0:14:30–0:14:34
Also genau, da über das rechte kleinere Gebäude kannst du mit einer Treppe hoch
0:14:34–0:14:36
und dann unter die Quadriga rein.
Florian Clauß
0:14:36–0:14:38
Und da ist der Saal der Stille?
Ali Hackalife
0:14:38–0:14:40
Oben in diesem Querkasten ist der Saal der Stille.
Florian Clauß
0:14:45–0:14:50
Wie lange war dann deine Zeit bei der Linken?
Ali Hackalife
0:14:51–0:14:55
Eingetreten bin ich in die Partei mit 18, direkt zum Geburtstag.
0:14:56–0:15:00
Und dann habe ich erst mal lange als Karteileiche existiert.
0:15:00–0:15:05
Dann habe ich mich im September beworben und habe dann insgesamt,
0:15:05–0:15:09
ich glaube, fünf Monate in Berlin gearbeitet.
0:15:09–0:15:13
Aber da war dann der letzte Monat auch schon im Homeoffice und ich sehr deprimiert von der Politik.
0:15:13–0:15:18
Und es war halt während Corona, das heißt, es war vieles, was sonst zum politischen
0:15:18–0:15:23
Alltag gehört, also Winke-Winke und Podiumsdiskussionen und so,
0:15:23–0:15:24
das hat wenig stattgefunden.
0:15:25–0:15:29
Stattdessen bestand ein substanzieller Teil meiner Arbeitszeit daraus,
0:15:30–0:15:33
dass man schauen musste, wie man die Wiederwahl gewinnen könnte,
0:15:33–0:15:37
weil es war ja nur noch ein Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl.
0:15:38–0:15:42
Und ich fand es sehr enttäuschend, wie wenig es um das aktuelle Tagesgeschäft
0:15:42–0:15:43
ging und wie viel um die Frage.
0:15:43–0:15:46
Also ich wette, ich habe eine komplette Arbeitswoche damit verbracht,
0:15:46–0:15:50
dass wir darüber diskutiert haben, ob man Desinfektionstücher oder Fächer reichen möchte.
0:15:51–0:15:54
Und das Ding ist, es war ja Pandemie. Das heißt, ich fand die Idee,
0:15:55–0:15:58
Desinfektionstücher zu, also die Verpackung zu bedrucken und halt so Reinigungstücher
0:15:58–0:16:00
rauszugeben, fand ich total schlau.
0:16:00–0:16:04
Aber wenn man in einem Wahlkampf vor Jahren schon mal einen Fächer gemacht hat,
0:16:04–0:16:05
muss das wieder ein Fächer sein.
0:16:06–0:16:10
Und dann wurden Produktmuster bei AliExpress bestellt und dann war das Rot nicht
0:16:10–0:16:12
das Rot von der Linken, weil die Druckerei das anders gemacht hat und so und
0:16:12–0:16:15
auf so etwas ging substanziell viel Zeit drauf.
0:16:17–0:16:20
Damals beschlossen wurde, dass der Fingerabdruck in den Personalausweis reinkommt.
0:16:21–0:16:24
Und bei der Abstimmung darüber war die Abgeordnete, für die ich gearbeitet habe,
0:16:25–0:16:26
nicht mal im Parlament, weil sie lief.
0:16:28–0:16:33
Und ich habe mir gedacht, wie kann es sein, dass wir hier sind für digitale Politik, Netzpolitik.
0:16:33–0:16:37
Und wenn dann ein wichtiges Thema verhandelt wird, dann bin ich der Einzige,
0:16:37–0:16:39
der es zufällig mitbekommen hat und die anderen schlafen.
Florian Clauß
0:16:40–0:16:43
Ich meine, aber das ist ja sehr ernüchternd. Da hat man, glaube ich,
0:16:43–0:16:46
den politischen Betrieb so gleich von unten aufgefressen.
Ali Hackalife
0:16:46–0:16:52
Oder? Ja, also es ist ja nicht nur schlecht, aber unfassbar viel entsteht als
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Entwurf von Interessensgruppen und Lobbyisten und ist darauf ausgelegt,
0:16:57–0:16:58
dass es durchgewunken wird.
0:16:58–0:17:03
Und jetzt kann man sagen, es ist grundsätzlich gut, wenn Agrarverbände oder
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Medizintherapieverbände und so weiter wissen, was ihnen fehlt und sie können
0:17:08–0:17:11
dann daraus ein kompetentes Gesetz entwerfen.
0:17:11–0:17:15
Aber es fehlt mir so ein bisschen die Kontrollinstanz, vor allem wenn es um
0:17:15–0:17:19
Überwachung und Überwachungsprotokolle geht.
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Und naja, man geht dahin mit dem Idealismus.
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Ich möchte die Welt gerechter machen mit Technik. Und man trifft auf Leute,
0:17:27–0:17:30
die sagen, ja, das ist schon ein gutes Ziel, aber auf dem Weg dahin würde ich
0:17:30–0:17:32
gerne nochmal wiedergewählt werden.
0:17:32–0:17:37
Mir ist darüber hinaus sehr wichtig, dass wir hier nicht zu sehr gegen die Parteilinie
0:17:37–0:17:39
gehen, auch wenn die Parteilinie nicht rechtfertigbar ist.
0:17:40–0:17:43
Und so diese Idee von wegen, die Abgeordneten sind nur ihrem Gewissen verpflichtet
0:17:43–0:17:47
und können frei abstimmen, das stimmt halt nicht.
0:17:47–0:17:50
Am Ende des Tages geben die Fraktionen im Wesentlichen raus,
0:17:50–0:17:53
was wie beschlossen wird und da musst du nicht mal anwesend sein,
0:17:53–0:17:54
wenn für die Fraktionen gestimmt wird.
0:17:56–0:17:58
Ich finde die Idee des arbeitenden Parlaments ja auch erst mal gar nicht schlecht,
0:17:59–0:18:02
also dass die Leute nicht die ganze Zeit im Plenarsaal sitzen.
0:18:02–0:18:05
Aber wenn du dir dann anschaust, was für ein Theater es ist,
0:18:06–0:18:10
also alle geben ihre Reden rein, halten ihre Reden, ein paar Parteien nutzen
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die Reden besser für Social Media als andere.
0:18:12–0:18:15
Aber diese Reden sind ja nicht dafür gedacht, irgendwen von irgendwas zu überzeugen.
0:18:15–0:18:18
In der Regel ist die Stimmliste, wie sich die Fraktion verhält,
0:18:18–0:18:21
schon bekannt, bevor die Reden gehalten werden. Das heißt, du weißt,
0:18:21–0:18:24
wenn du ans Rednerpult gehst, ich kann hier sagen, was ich will,
0:18:24–0:18:26
es wird eh passieren oder es wird eh nicht passieren.
0:18:26–0:18:29
Und dann, finde ich, kann man sich die Reden eigentlich auch sparen.
Florian Clauß
0:18:29–0:18:33
Ja gut, das ist halt ein symbolischer Akt und das ist auch sicher ein Akt der
0:18:33–0:18:37
Transparenz gegenüber dem Volk, dass man dann halt da eine gewisse Position
0:18:37–0:18:40
vertritt und die in der Rede dann entsprechend exponieren kann.
0:18:41–0:18:46
Aber so wie du es beschreibst, klar, das ist alles sehr deterministisch und
0:18:46–0:18:50
eigentlich gibt es da nicht so viel Handlungsfreiheit.
0:18:50–0:18:54
Und ich meine auch, ich glaube, wenn man dann so als junger Mensch wie du in
0:18:54–0:18:59
die Politik kommt, mit einem gewissen Enthusiasmus und einer gewissen Tatkraft
0:18:59–0:19:02
und dann merkt, dass du da halt nicht sehr viel weiterkommst.
0:19:03–0:19:07
Aber ich meine, das war ein kurzes Kapitel in deinem Leben. Also nach fünf Monaten
0:19:07–0:19:11
und die Bedingungen mit Corona ist es vielleicht gar nicht so schlecht gewesen,
0:19:11–0:19:15
dass es dann halt so dahin geführt hat, dass du Homeoffice gemacht hast und
0:19:15–0:19:17
dir dann andere Wege gesucht hast.
Ali Hackalife
0:19:17–0:19:22
Ja, was ich positiv hervorheben möchte, das ist der Sessel Figura.
0:19:22–0:19:24
Figura ist der Typ der Sessel, die im Parlament verbaut sind.
0:19:25–0:19:29
Das ist ein sehr guter Schreibtischstuhl. Da keine Kritik, das ist eine gute Wahl.
Florian Clauß
0:19:30–0:19:31
Figura, ja.
Ali Hackalife
0:19:32–0:19:37
Ja, wir stehen jetzt hier und dort vorne vorm Reichstagsgebäude.
0:19:37–0:19:39
Da wird ja demnächst ein Graben gebaggert.
0:19:39–0:19:43
Das war nämlich auch eine Erkenntnis der Corona-Pandemie. also in der in der
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scheibe aus dem parlamentsgebäude raus sind große glasblöcke verbaut sind so
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20 zentimeter dick und die sind so eingelassen dass du da auch mit dem panzer
0:19:51–0:19:55
nicht so ein weiteres durchfahren kann aber es stand ja mal demonstranten auf der tage,
0:19:56–0:19:59
Und deswegen baut man jetzt hier einen Graben, einen Sichtgraben.
0:20:00–0:20:02
Das heißt, in der Optik fällt er nicht auf, aber es wird nie wieder eine Demo
0:20:02–0:20:05
direkt auf der Treppe geben können, weil da dann halt ein Burggraben ist.
Florian Clauß
0:20:05–0:20:12
Ah, okay. Also das ist der Sturm auf den Reichstag, den du hier angeführt hast?
Ali Hackalife
0:20:12–0:20:16
Ja, aber Sturm, finde ich, macht das Ganze zu ernst.
0:20:17–0:20:24
Da standen halt so um die 150 Verrückte und drei Polizisten haben sie komplett im Zaum gehalten.
Florian Clauß
0:20:25–0:20:29
Es war auch so ein bisschen so, wenn man das in den Originalaufnahmen gehört
0:20:29–0:20:31
hat, ja, machen wir halt mal, oder?
0:20:31–0:20:34
Ich habe noch eine Bockwurst auf der Hand, aber egal, wir gehen mal hin.
0:20:36–0:20:37
Völlig verpeilt.
Ali Hackalife
0:20:38–0:20:45
Was ich viel krasser fand, war, als die AfD-Abgeordnete die Schwurbler dann
0:20:45–0:20:48
auch als Gäste reingeholt hat, Da gibt es einen Moment,
0:20:48–0:20:54
wo eine verwirrte Heilpraktikerin den Peter Altmaier, wie er gerade in den Aufzug
0:20:54–0:20:58
steigt, anschreit und sie ruft, du fetter, eitler König.
0:21:00–0:21:04
Und ich bin ja, obwohl ich der CDU nichts abgewinnen kann, großer Peter Altmaier-Fan.
Florian Clauß
0:21:04–0:21:05
Ach, wirklich?
Ali Hackalife
0:21:05–0:21:08
Ja, also nicht seine Politik. Ich finde, dass er die Solarindustrie kaputt gemacht
0:21:08–0:21:10
hat, das ist schon ein dickes Problem.
0:21:10–0:21:16
Aber der Typ ist also sehr belesen, hat kluge Gedanken und jetzt,
0:21:17–0:21:20
wo er nicht mehr aktiv in der, also er hat damals sein gewonnenes Mandat zurückgegeben,
0:21:20–0:21:23
damit eine jüngere CDUlerin nachrücken kann.
0:21:23–0:21:27
Also ich finde, er sagt schon, jetzt, wo er nicht mehr im Tagesbetrieb ist,
0:21:27–0:21:29
oft Dinge, die hörenswert sind.
0:21:29–0:21:31
Gibt ein sehr gutes Gespräch mit ihm und Gregor Gysi.
Florian Clauß
0:21:31–0:21:32
Ah ja.
Ali Hackalife
0:21:33–0:21:38
Ja, wir laufen jetzt über das, was früher mal eine schöne Wiese war.
Florian Clauß
0:21:38–0:21:42
In Vorbereitung zur Sendung habe ich mir auch ein paar wenige Gedanken gemacht.
0:21:42–0:21:45
Das ist jetzt wieder Platz der Republik.
0:21:45–0:21:50
Und ich spiele so ein bisschen auf das andere Thema an, nämlich wie sich dann
0:21:50–0:21:55
so kulturelle Kontexte und die Kontexte von Monumenten ändern können.
0:21:55–0:21:57
Hier stand mal die Siegessäule.
Ali Hackalife
0:21:57–0:21:59
Ja, mit der Goldelse.
Florian Clauß
0:21:59–0:22:05
Goldelse, ja die Siegessäule, so das Symbol für den deutschen Nationalstaat
0:22:05–0:22:10
von Bismarck so initiiert, wo die deutschen Einigungskriege,
0:22:10–0:22:13
der Dänische Krieg, der Österreichische Krieg und der Französische,
0:22:13–0:22:20
dann alles auf die Fassaden mit Kanonen von dieser Goldelse dann geschmiedet wurde.
0:22:20–0:22:27
Und der stand hier und im Zuge von der Umgestaltung von Albert Speer,
0:22:27–0:22:28
von den Nationalsozialisten,
0:22:29–0:22:34
hatte Speer dann diese Goldelsen verlegt da hinten hin und ein bisschen höher
0:22:34–0:22:37
gebaut, ja, aufgebockt.
0:22:38–0:22:42
Gleichzeitig sollte hier dann diese Nord-Süd- und Ost-West-Süd-
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und Germania als Welthauptstadt zu initiieren. Also ich weiß nicht,
0:22:48–0:22:49
ob du diese Pläne kennst.
Ali Hackalife
0:22:50–0:22:52
Ich kenne auch die Halle, die sie in Germania bauen wollten,
0:22:52–0:22:53
mit der größten Kuppel der Welt.
Florian Clauß
0:22:53–0:22:58
Ja, das ist so Wahnsinn, wenn man sich diese Pläne anguckt.
0:22:58–0:23:04
Das ist dann am Ende von der Nord-Süd-Achse im Moabit, sollte diese Halle entstehen.
0:23:04–0:23:07
Und die haben extra nochmal so einen künstlichen See geplant,
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in dem sich dann die Halle spiegeln kann.
Ali Hackalife
0:23:10–0:23:12
Kennst du den Maschsee in Hannover?
Florian Clauß
0:23:12–0:23:14
Ja, den kenne ich.
Ali Hackalife
0:23:14–0:23:17
Der ist auch so ein Nazi-Projekt, Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.
0:23:17–0:23:19
Und jetzt bauen wir einen künstlichen See.
0:23:19–0:23:23
Gedanke noch, bevor wir dann rübergehen zu Monumenten.
Florian Clauß
0:23:23–0:23:23
Ja.
Ali Hackalife
0:23:23–0:23:28
Gibt es ein Foto nach dem Zweiten Weltkrieg. Das ist etwas, das würde ich mir,
0:23:28–0:23:33
wenn ich mal Abgeordneter werden sollte, als großes Poster, als Druck ins Büro hängen.
0:23:33–0:23:37
Und zwar sieht man, wie eine Frau Kartoffeln auf der Wiese da vorne vollgehebt.
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Im Hintergrund sieht man das Reichstagsgebäude. So dieses, ja,
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wir müssen halt doch irgendwas essen, jetzt wo der Krieg vorbei ist.
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Und ich finde das ein total starkes Bild. Erstens, weil ich mit dem Hobbygärtnern
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halt auch immer den Gedanken verbinde von, ich möchte Dinge können,
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die am Ende des Tages nützlich sind.
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Und Aktenlesen ist nicht nutzlos,
0:23:56–0:24:00
aber Kartoffeln anbauen, es gibt Situationen, da ist das nützlicher.
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Und ich finde, es hat irgendwie so ein starkes Bild von Wiederaufbau und die
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Marie-Elisabeth Lührs, nach der das eine Gebäude benannt ist von den beiden Parlamentsgebäuden.
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Die war auch Frauenrechtlerin, eine der ersten Frauen, die damals in der Weimarer
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Republik ab 1919 im Reichstag saßen.
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Und sie hat nach 1949 bei der Neugestaltung der Bundesrepublik auch mitgewirkt
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und war, ich glaube, noch bis 1961 oder so, also richtig lange Parlamentarierin.
0:24:32–0:24:40
Der Paul Löbe, nachdem dieses Haus dort benannt ist, der war zweimal hintereinander
0:24:40–0:24:45
der Präsident des Weimarer Reichstags und hat sich gegen die Nazis gestellt.
0:24:45–0:24:48
Und er war dann auch nochmal nach dem Krieg Parlamentarier.
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Und beides SPDler, nach denen die Gebäude hier benannt wurden.
0:24:54–0:24:58
Und ich finde es eigentlich ganz cool, Leuten diese Gebäude zu widmen.
0:24:58–0:25:00
Aber ich habe auch in der Zeit, in der ich in diesen Gebäuden gearbeitet habe,
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wenig Leute getroffen, die wussten, nach wem diese Gebäude benannt wurden.
0:25:04–0:25:08
Und damit haben wir doch eine perfekte Brücke zu Historizismus,
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während wir auf die Waschmaschine zulaufen, das Bundeskanzleramt.
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Hier zwischen Paul-Löbe-Haus und Bundeskanzleramt sollte es mal ein Besucherbegegnungszentrum
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geben, aber es war kein Geld mehr dafür da und es war zufälligerweise genauso
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teuer wie das, was der Andi Scheuer mit der Maut rausgeklotzt hat,
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nämlich 600 Millionen Euro.
Florian Clauß
0:25:27–0:25:30
Vielleicht auch nochmal, um diese Brücke so ein bisschen zu stärken,
0:25:30–0:25:35
das, was ich bei dem Reichsgebäude hier so, wirklich, wo ich das noch bewusst
0:25:35–0:25:38
erlebt habe, diese Verhüllung des Gebäudes.
Ali Hackalife
0:25:39–0:25:40
Christo, 2001, glaube ich.
Florian Clauß
0:25:40–0:25:47
Oder? Nein, das war 1995. Ja, stimmt. Also es war 1995 und ich habe die Debatten
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davor mitbekommen und so weiter.
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Das ganze Projekt hat sich ja auch schon in den 70ern so abgezeichnet.
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Ich meine, das Gebäude war ja auch unter den Nazis dann nicht mehr besetzt.
0:25:56–0:26:01
Da war ja dieser Reichsbrand, der das dann erstmal so lahmgelegt hat.
0:26:01–0:26:04
Hitler selber war in der Reichskanzlei, die er sich da gebaut hat.
0:26:05–0:26:08
Dann war es ja auch quasi so Sinnbild der Weimarer Republik,
0:26:08–0:26:10
also der Demokratie, dieses Gebäude hier.
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Und dann eben in der Zeit nach dem Krieg war das mehr oder weniger brach.
0:26:17–0:26:20
Da gab es so ein paar Veranstaltungen drin und so weiter, aber keiner wusste
0:26:20–0:26:22
so richtig, was man damit machen konnte.
0:26:22–0:26:26
Es wurde dann halt auch renoviert, aber das wurde dann halt nicht so renoviert,
0:26:26–0:26:27
dass es wirklich so nutzbar wurde.
0:26:28–0:26:31
Es gab viel mit Neonlicht und so weiter, was dann halt auch nicht so schön war.
0:26:31–0:26:36
Und dann kam natürlich die deutsche Einheit und die Frage nach der,
0:26:37–0:26:38
ja, was machen wir jetzt?
Ali Hackalife
0:26:38–0:26:44
Genau, 2001 war dann der Reichstagsbeschluss, dass Berlin neu als Hauptstadt
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bezogen wird. Und der Umzug damals war ja auch ein verrückter Kompromiss.
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Also jetzt vor kurzem verstorben Wolfgang Schäuble war damals sehr dagegen mit
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dem Argument, in Bonn seie man doch näher zu Frankreich und Paris.
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Und vor allem sei man auch näher zu Brüssel und zu Straßburg und zur EU.
0:27:05–0:27:10
Und ich fand, damals wäre eigentlich der logische Schritt gewesen zu sagen,
0:27:10–0:27:13
wir nehmen Frankfurt, weil es halt wirklich am zentralsten liegt.
0:27:13–0:27:18
Ja, aber man hat sich dann damals darauf geeinigt, dass einige Ministerien noch
0:27:18–0:27:21
nicht umziehen und daraus ist dann Gewohnheit geworden.
0:27:21–0:27:24
Deswegen sind, ich glaube, Verteidigung ist immer noch in Bonn.
0:27:25–0:27:29
Also es sind noch ein paar Ministerien und Entwicklungshilfe in Bonn,
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was dazu führt, dass immer noch sehr viel hin und her geflogen wird.
Florian Clauß
0:27:31–0:27:37
Ja, aber dieser Schritt, die Stadt zu initiieren für diesen Machtauflauf,
0:27:37–0:27:41
dann halt eben dieses Gebäude zu verhüllen.
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Verhüllen und als künstlerische Plastik auszustellen.
0:27:45–0:27:49
Und ich weiß noch, ich fand am Anfang, also als ich das dann halt so mitbekommen
0:27:49–0:27:52
habe, die Diskussion darum, fand ich die Idee dann völlig hanebüchen und was
0:27:52–0:27:54
soll das denn und so weiter.
0:27:54–0:27:57
Und dann ist man hingegangen, das war nur für 14 Tage verhüllt.
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Also es war ein relativ kurzer Zeitraum und es hatte eine unglaubliche Kraft,
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also eine friedvolle Kraft.
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Also hier war dann halt auch Happening, die ganzen Leute saßen davor Es waren
0:28:08–0:28:16
fünf Millionen Besucher, hatten wir dann diese Verlängerung gehabt und ich war wirklich begeistert.
0:28:18–0:28:22
Bietvoller Ort geworden, ja, und ich fand es toll und es war diese Skulptur,
0:28:22–0:28:25
diese riesige Skulptur und da knüpfe ich an, ich glaube ich,
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wir sind so schnell reingegangen in unseren Podcast, dass ich dich gar nicht
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ausführlich vorgestellt habe.
0:28:32–0:28:40
Ali, Ali Hackeleif, Ali hat einen Podcast, der ist auch interessant und du machst
0:28:40–0:28:45
ja viele Sendungen, alles, was dich interessiert und da ist total viel auch interessant.
Ali Hackalife
0:28:46–0:28:47
Danke für die Blut.
Florian Clauß
0:28:47–0:28:50
Und das Tolle ist, Wenn man dann selber einen Podcast macht,
0:28:51–0:28:54
dann kann man halt auch die anderen Podcaster einladen und mit ihnen über ihre
0:28:54–0:28:58
Sendung sprechen, was man normalerweise nicht machen kann, weil es immer One-Way ist.
0:28:58–0:29:02
Aber du hattest eine tolle Sendung mit Christian Gürndt, heißt er,
0:29:02–0:29:04
glaube ich, über England.
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Und jetzt komme ich noch zu dem Punkt. Ihr seid durch die verschiedenen Orte
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gegangen, die ihr in London und England so liebt. Und das eine war,
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wo ich auch eine Verbindung habe, wo ich auch, ich bin auch total oft und gern nach London gefahren.
0:29:20–0:29:24
Und das war die Tate Modern, diese riesen Turbinenhalle.
0:29:24–0:29:32
Und da war 2002 oder 2003 auch eine Ausstellung von Anish Kapur,
0:29:32–0:29:34
heißt er, glaube ich, ein indischer Bildhauer.
0:29:34–0:29:39
Und der hat in der Tate Modern die größte Skulptur jemals erschaffen.
0:29:39–0:29:45
Also wer diese Tate Modern, wer schon mal da war, weiß, wie groß dieser Innenraum ist.
0:29:47–0:29:52
Wenn man reinkommt in diese Turbinenhalle, wo früher Turbinen gestanden haben,
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es sind fünf oder sechs Stockwerke, die man auch sehen kann, innen drin.
0:29:57–0:30:02
Und diese Halle ist riesig groß und hat Anish Kapur ein Monument errichtet,
0:30:02–0:30:06
eine Skulptur, die den kompletten Innenraum gefüllt hat.
0:30:06–0:30:10
Und das war auch so ähnlich überwältigend wie hier dieser Reichstag,
0:30:10–0:30:15
die Verhüllung des Reichstages, weil dann auf einmal diese Größendimensionen ganz anders werden.
0:30:15–0:30:20
Also du stehst davor und denkst so, boah, das ist dieser Erlebnis,
0:30:20–0:30:23
wo wirklich Kunst so erlebbar wird, so körperlich wird.
Ali Hackalife
0:30:23–0:30:27
Über die Turbinenhalle habe ich mit Johnny Schneider auch ein paar Mal gesprochen,
0:30:27–0:30:33
weil dort unter anderem die Flux Games stattfanden. olympische Spiele mit Quatschdisziplin,
0:30:33–0:30:36
also wo sie zum Beispiel Wettrennen in Taucherflossen machten.
0:30:36–0:30:41
Da gab es eine große Kunstinstallation Making a Salad, wo sie mit hunderten
0:30:41–0:30:46
Leuten zusammen Salatzutaten geschnitten haben und sie dann von der Empore runter
0:30:46–0:30:50
in eine LKW-Plane warfen, in der LKW-Plane mischten und dann gab es für alle Salat.
Florian Clauß
0:30:51–0:30:56
Und die Vinaigrette, die wurde dann durch die Turbine angetreten.
Ali Hackalife
0:30:56–0:30:59
Es wurde groß aus, halt so ein Stockwerk drüber reingeschüttet.
0:31:00–0:31:04
Sehr contemporary Art, weil da ist ja auch die Frage, wie verkauft man so ein Kunstwerk?
0:31:05–0:31:08
Aber offensichtlich hat es in meine Gehirnwindung und jetzt auch in deinen Podcast geschafft.
Florian Clauß
0:31:08–0:31:11
Ja, das ist so soziale Plastik.
Ali Hackalife
0:31:11–0:31:14
Und um hier nochmal ein paar Punkte abzuhaken.
0:31:17–0:31:22
Wo fangen wir an? Ich war ja gerade noch kurz gepackt bei der Reichstagsverhüllung.
0:31:22–0:31:25
Ich habe ein Stück davon geschenkt bekommen zum Geburtstag von der Plane.
0:31:25–0:31:28
Und es ist ein relativ festes Lkw-Plan und sie ist gar nicht so teuer.
0:31:28–0:31:33
Also es kostet ungefähr ein Zehner für so einen 10 zu 15 Zentimeter großen Patch.
0:31:34–0:31:39
Und ja, ich verstehe die Faszination total. Christo hat ja mehrere Gebäude,
0:31:39–0:31:41
den Arc der Triumph unter anderem auch noch verhüllt.
0:31:41–0:31:44
Und er hat teilweise so ganze Küstenlandschaften eingepackt.
0:31:44–0:31:47
Das sieht halt aus, als wäre es noch nicht gerendert oder eine falsche Textur.
0:31:47–0:31:49
Also ich finde es sehr sehenswert.
0:31:50–0:31:54
Wir laufen jetzt Richtung Tiergarten und wir kreuzen den Ort,
0:31:55–0:31:57
wo der Berlin-Marathon startete und endete.
Florian Clauß
0:31:57–0:32:01
Ja, gleich da vorne an der Straße 17. Juni. Aber ich will nochmal hier darauf
0:32:01–0:32:03
hinweisen, die Schwangere Auster.
0:32:04–0:32:05
Kennst du was in meinem Gebäude drin?
Ali Hackalife
0:32:06–0:32:07
Nee, ich kenne es nur von außen.
Florian Clauß
0:32:07–0:32:11
Das ist ein schönes Gebäude, was dann auch zu Berlinale bespielt wird und auch
0:32:11–0:32:14
zu irgendwelchen anderen Kulturveranstaltungen.
0:32:14–0:32:18
Und das hat so ein bisschen eine tragische Geschichte, weil irgendwann in den
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70ern, ist das glaube ich kurz nachdem es gebaut wurde, ist dann oben das Dach
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eingefallen und hat zwei Leute in den Tod gerissen.
0:32:25–0:32:28
Und das ist dann rekonstruiert worden. Aber ich mag diesen Ort sehr gerne.
0:32:29–0:32:32
Also das ist auch so einer der Orte, wo ich gerne hingehe.
Ali Hackalife
0:32:32–0:32:34
Wo wir gerade bei großen Skulpturen waren.
Florian Clauß
0:32:35–0:32:36
Ein Glockenturm.
Ali Hackalife
0:32:36–0:32:40
Um ein paar offene Fäden zu schließen. Mit Christian Gürn sprach ich über unsere
0:32:40–0:32:45
Begeisterung für England und ich war dieses Mal dort und hatte die Gelegenheit,
0:32:48–0:32:53
mir Stonehenge anzuschauen. Und ich bin ja an sich großer Fan von Uhr- und Frühgeschichte,
0:32:53–0:32:57
und muss doch ganz ehrlich sagen, bei Stonehenge, ich habe Redebedarf.
Florian Clauß
0:32:57–0:33:03
Ja, sehr gut. Wir können auch an unsere letzte Folge so ein bisschen anklüpfen,
0:33:03–0:33:08
weil wir auch in der letzten Folge über die Außenalster. Die Außenalster, genau.
0:33:08–0:33:12
Über neolithische Kulturtechniken gesprochen haben.
0:33:12–0:33:14
Nämlich mit Ackerbau und Kochen.
0:33:15–0:33:17
Zumindest haben wir es angeschnitten.
Ali Hackalife
0:33:17–0:33:22
Wir laufen jetzt in den Tiergarten und auch das, weißt du, warum der so sternförmig angelegt ist?
Florian Clauß
0:33:23–0:33:24
Nein, klär mich auf.
Ali Hackalife
0:33:25–0:33:28
Und zwar, damit Hochwohlgeboren eine Drückjagd veranstalten kann,
0:33:29–0:33:31
hat man Tiere gehalten hier im Park.
0:33:32–0:33:38
Und dann hat man entlang der Achsen Schnüre aufgehangen, an denen hingen Stoffbahnen,
0:33:38–0:33:41
dann konnte man von außen in diese Trichter, die sich zu der Mitte des Sterns
0:33:41–0:33:44
gebildet haben, die Tiere aufscheuchen.
0:33:44–0:33:47
Die sind halt in den immer enger werdenden Trichter reingelaufen und in der
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Mitte des Sterns stand dann die
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adelige Jagdgesellschaft und hat auf die Zustörung den Tiere geschossen.
0:33:52–0:33:55
Und daher kommt die Redewendung durch die Lappen gehen, wenn ein Tier durch
0:33:55–0:34:00
eine dieser Stoffbahnen ausgebrochen ist und dann über eine der Sternachsen abgehauen ist.
Florian Clauß
0:34:01–0:34:06
Wahrscheinlich unter Friedrich den Großen oder so. Wie hat sich das dann so ausgeprägt?
0:34:06–0:34:08
Irgendwas Adliges.
Ali Hackalife
0:34:08–0:34:10
Ich kenne nur die Geschichte zur Redewendung und den Park.
Florian Clauß
0:34:11–0:34:15
Das ist eine andere preußische Redewendung. Wir haben ja oft Krawall gebürstet.
0:34:16–0:34:17
Kennst du diese Redewendung?
Ali Hackalife
0:34:18–0:34:20
Also ich kenne die Redewendung und ich hätte jetzt vermutet,
0:34:20–0:34:22
das ist, wenn ich die Katzenfall drum streiche.
Florian Clauß
0:34:22–0:34:27
Ja, das ist so ähnlich. Nämlich ist es, wenn die preußischen Kavallerie,
0:34:27–0:34:30
wenn die in den Krieg gezogen sind, Kavallerie ist, glaube ich, die mit den Pferden,
0:34:31–0:34:34
dann haben die Pferde mit Stahlbürsten gebürstet, damit die ordentlich Adrenalin
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und gereizt sind und damit die halt irgendwie ordentlich durchpesen.
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Deswegen auf Krawall gebürstet, kommt daher.
0:34:41–0:34:46
Man muss ja sagen, Berlin, Berlin hat ja nicht so eine lange Geschichte wie
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andere Orte auf der Welt.
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Das ist ja doch, naja, so 17. Jahrhundert hat sich das so ausgeprägt mit Friedrich,
0:34:54–0:34:56
den großen Preußenstaat und so weiter.
0:34:57–0:35:04
Und es war ja sehr militärisch immer ausgerichtet. Es gibt Exerzierplätze überall
0:35:04–0:35:06
und es war auch relativ klein.
0:35:06–0:35:10
Es waren ja eigentlich zwei Städte, Köln und Berlin, die sich dann am Roten
0:35:10–0:35:14
Rathaus hinten, Nikolai-Viertel, gekreuzt haben und dann zu einer Stadt gewachsen
0:35:14–0:35:16
sind. Aber eigentlich war es relativ unbedeutend.
Ali Hackalife
0:35:17–0:35:21
Das ist ja eh das Ding mit den ganzen Kiezen, von denen viele eigene Städte
0:35:21–0:35:28
waren und eigene Gemeinden, die dann hier eingemeindet wurden in die Metropolregion.
0:35:28–0:35:35
Und ich finde nach wie vor sehr gut, dass, wie war es, Neukölln hieß früher
0:35:35–0:35:39
Rixdorf und wurde umbenannt, damit es attraktiver ist, damit Leute dahin ziehen.
Florian Clauß
0:35:41–0:35:44
Rixdorf, aber jetzt ist Rixdorf wieder eigentlich so ein hipster Begriff,
0:35:45–0:35:50
weil Rixdorfer Brause und Rixdorfer Bier gibt es da überall.
Ali Hackalife
0:35:50–0:35:51
So, die Frage ist.
Florian Clauß
0:35:52–0:35:57
Wie kommen wir hier rüber? Aber hier, genau, hier ist der Marathon.
Ali Hackalife
0:35:57–0:36:04
Genau, hier wird Public Viewing betrieben und hier.
Florian Clauß
0:36:04–0:36:10
Bin ich auch, einmal im Jahr gibt es das Fahrradrennen, das startet auch hier,
0:36:10–0:36:11
da habe ich auch mal mitgemacht.
0:36:12–0:36:17
Also es macht schon Spaß, wenn man halt diese breiten Straßen einfach quer durchfahren
0:36:17–0:36:20
kann. Und das ist auch so die Ost-West-Verbindung, also die Achse,
0:36:20–0:36:23
die mehr oder weniger noch steht, ne?
0:36:23–0:36:28
Hier kann man ja einfach bis zur Bismarckstraße einfach durchfahren.
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So, jetzt aber rüber.
0:36:32–0:36:36
Und wir blicken hier auf die Siegelsäule.
Ali Hackalife
0:36:39–0:36:43
Genau, Berlin, nicht so eine lange Geschichte wie andere Orte.
0:36:43–0:36:47
Und da kommen wir zu dem, was ich dir als Thema vorgeschlagen hatte.
0:36:47–0:36:52
In der historischen Geschichte von Stonehenge wurde das so vor,
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von heute aus gerechnet, ungefähr 5000 Jahren.
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An einem Dienstag hat man mit den Bauarbeiten begonnen.
Florian Clauß
0:37:00–0:37:02
Zu zweit, ja.
Ali Hackalife
0:37:02–0:37:11
Ja, und zwar hat man damit begonnen, erst mal einen Erdwall aufzuhäufen und
0:37:11–0:37:13
einen Erdkreis zu graben.
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Dann hat man in diesem Erdkreis ungefähr 1000 Jahre später, also vermutlich
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andere Leute, angefangen kleinere Steine zu stellen in Kreisformationen.
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Und das war ungeklärt, Kultstätte, sieht einfach cool aus.
0:37:27–0:37:30
Viele der Geschichten klingen für mich immer so wie etwas, wo man mit Freunden
0:37:30–0:37:31
draufkommt, wenn man zu lange am Lagerfeuer sitzt.
Florian Clauß
0:37:31–0:37:32
Ja.
Ali Hackalife
0:37:32–0:37:40
Dann hat man angefangen vor knapp 4000 Jahren mit den Sarsen,
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das sind die großen Steine, die dort stehen, und den Megalithen.
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Megalithen sind eigentlich eigene, freistehende große Steine,
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von denen gibt es auch durch ganz Europa verteilt welche und auch teilweise
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viel größere als die, die bei Stonehenge stehen.
0:37:53–0:37:58
Und dann hat man mit den Sarsen den ersten Kreis gebaut und den hat man dann die,
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Trilonites, also die Dreisteinkonstruktion gebaut, das sind auch die,
0:38:04–0:38:06
die die meisten Leute in Erinnerung haben, wenn du an Stonehenge denkst,
0:38:06–0:38:10
dann denkst du an diese Steintore, zwei Poller und einen Stein obendrauf und
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dann wuchs diese Anlage ein bisschen zusammen, ein bisschen auseinander,
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also dieser erste Kreis mit den kleinen Steinen, mit blauen Steinen aus Wales,
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die waren, die Steine waren auch schon schwer, aber jetzt nicht so unerklärlich schwer.
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Dieser kleine Kreis wuchs dann zusammen, ein paar Steine gingen verloren,
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ein paar Steine sind in die Nachbarschaft gezogen.
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Also man findet Steine aus demselben Steinbruch in Grabkammern drumherum.
0:38:32–0:38:36
Die letzte Phase, in der Stonehenge so betrieben wurde, wie wir es heute vermuten,
0:38:37–0:38:40
die ist ungefähr, Moment, was war das?
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Vor 3600 Jahren war die Himmelsscheibe von Nebra und der letzte Ausbau Stonehenge
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war 800 Jahre vorher. also vor 4.400 Jahren von heute gerechnet. Genau, 2.400 Jahre vor.
Florian Clauß
0:38:54–0:38:59
Also quasi um 2.500 vor der Zeit.
Ali Hackalife
0:39:00–0:39:07
Auch das, ich schreibe in meinen Texten BC, aber es ist ja eine große Frage,
0:39:08–0:39:12
ob man BC oder BCI, VCH oder VUZ.
Florian Clauß
0:39:12–0:39:15
Ja, ich bin immer für Säkularisierung.
Ali Hackalife
0:39:15–0:39:21
Ja, aber das tust du ja nicht wirklich, denn BC before Christ und BCI before
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Common Era. Wo beginnt denn die Common Era? Erklär mal.
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An einem zufälligen Tag haben wir beschlossen, wir zählen jetzt hoch und herunter.
Florian Clauß
0:39:30–0:39:33
Aber es geht ja auch darum, den Namen nicht immer wieder zu wiederholen,
0:39:34–0:39:37
sondern auch dann halt ein anderes Branding zu machen.
Ali Hackalife
0:39:37–0:39:43
Der hat Jehova gesagt. Ich würde sagen, es ist Quatsch, wenn deine Zählrichtung
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weiterhin dieselbe ist.
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Die Leute von In A Nutshell, der kurz gesagt erfolgreichste internationale deutsche
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YouTube-Kanal, Die haben vorgeschlagen, dass man anfängt, mit vor 12.000 Jahren zu zählen.
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Und dass vor 12.000 Jahren die ersten Agrarkulturen in Göbekli Tepe begonnen
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haben, in dem, was heute die Türkei ist.
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Und ihre Argumentation ist, wir leben dann halt heute im Jahr 12.025.
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Das heißt, du schreibst einfach vor, die Jahreszahl nochmal an 1, 10.000 Jahre mehr.
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Und dann ist dein Startpunkt bei, die Menschheit wird sesshaft.
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Was ja irgendwie ein ganz guter Punkt ist, um zu sagen, ab jetzt an lohnt es
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sich zu zählen. Weil wenn du als Jäger unterwegs bist, als Beutesammler,
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dann musst du nicht so viel zählen.
Florian Clauß
0:40:26–0:40:33
Und vor allen Dingen, das ist ja so das ausbringende Merkmal von vielen neolithischen Monumenten,
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dass die alle so kreisförmig sind, zyklisch sind, dass die immer so in Zyklen
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aufgehangen sind, dass die einen saisonalen Bezug haben.
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Ja, also eigentlich ist immer alles rund irgendwie.
Ali Hackalife
0:40:45–0:40:49
Ja, aber ein Kreis ist einfach eine Form. Also für einen Kreis brauche ich zwei
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Leute und ein Seil. Das ist relativ einfach zu machen.
Florian Clauß
0:40:53–0:40:55
Achso, zwei Leute und ein Seil.
Ali Hackalife
0:40:55–0:40:58
Du kannst sogar alleine mit einem Stein und einem Seil.
Florian Clauß
0:40:59–0:41:00
Einfach so drehen das so.
Ali Hackalife
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Also ich brauche irgendetwas, was eine konstante Länge hat und damit laufe ich
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um den Punkt in der Mitte und schon habe ich meinen Kreis.
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Und dementsprechend, dass es kreisförmig ist. Ich meine, wenn dein Leben bestimmt
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ist durch die Sonne und durch die Jahreszeiten, dann würde ich auch anfangen,
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runde Dinge zu verehren.
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Denn alles, das warme Wetter, die neuen Pflanzen, die Tiere,
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alles kommt dadurch, dass...
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Gar nicht so weit weg ein Fusionsreaktor offen brennt.
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Und ich würde auch anfangen, runde Dinge zu verehren, wenn ich in einer neolithischen
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Kultur lebe. Ich finde, das ist noch der offensichtliche Teil.
Florian Clauß
0:41:38–0:41:42
Also als ich jetzt ein paar Dokumentationen zu dem Thema gesehen habe,
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eine Sache, die mir da so aufgefallen ist, aber die nirgendwo so explizit gesagt
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wurde, wenn du anfängst, dann eben Ackerbau zu betreiben,
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dann stößt du irgendwann auf diese Steine, diese Findlinge.
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Weil eben der Gletscher irgendwann mal durchgegangen ist und diese Steine überall
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in der Landschaft verteilt hat.
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Und wenn du nicht weißt, dass da vorhin ein Gletscher war, dann fängst du ja
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auch an zu glauben, was ist das denn? Wer hat das denn dahin gebracht?
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Und deswegen ist wahrscheinlich die Stone Age, das ist auch so auf diese Steine
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fixiert, weil die dann halt einfach überall rumlagen und keiner konnte sich
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erklären, wie die da hingekommen sind.
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Und deswegen fängt da auch so eine religiöse, mythische Aufladung an.
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Also so kann ich mir das nur erklären.
Ali Hackalife
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Und wie gesagt, wir sehen, dass Stonehenge zur Sonne hin ausgerichtet ist,
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aber diese ganzen Theorien über zeigt es genau auf den Aufgang bei Sommersonnenwende,
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Wintersonnenwende und so weiter.
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Da haben wir ein großes Problem. Wir wissen es nicht.
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So wie es heute steht, tut es das. Ja. Aber in den 1950er Jahren hat man,
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weil einerseits sind mit der Zeit und durch Erdbeben viele Steine umgefallen,
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in den 1950er Jahren hat man die Steine alle bewegt, unter vielen von ihnen
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ein Betonfundament gegossen und damit stehen die Steine heute,
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Einfach nicht mehr in derselben Orientierung. Und ich meine,
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es ist faszinierend da zu sein. Das ist gar nicht die Frage.
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Aber es nimmt im Ganzen irgendwie etwas Mythisches, wenn du weißt,
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so wie der jetzt da steht, steht der da, weil ein benzinbetriebener Kran ihn hochgehoben hat.
Florian Clauß
0:43:19–0:43:20
Das ist nicht original.
Ali Hackalife
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Ja, und das ist so die Frage, warum ist mir das wichtig?
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Also hätte ich es nicht gewusst und wäre ich da gewesen, dann hätte ich einen
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Respekt davor gehabt, der mir jetzt irgendwie fehlt.
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Und das Ding ist ja, das Erstaufbauen mit Muskelkraft ist und bleibt weiterhin total faszinierend.
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Also es ist halt so eigentlich eine totale Idee, die, wie ich sagen würde,
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Schnapsidee oder Bierlaune.
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Komm, wir gucken mal, ob wir diesen riesigen Stein aufstellen können.
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Und dann geht das und dann suchst du dir eine Begründung, warum du sagst,
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ja, ihr müsst jetzt hier leider Haselnüsse sammeln und die Feldarbeit alleine machen.
0:43:54–0:43:56
Wir Männer, wir müssen jetzt eben mal weg mit dem Stein holen.
0:43:56–0:44:00
Also das ist ja, ich finde, das ist eine gute Ausrede, aber das ist auch schon
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ein bisschen großer Quatsch.
0:44:02–0:44:06
Und wenn man sich anschaut auf dem Weg zwischen Stonehenge und dem Steinbruch,
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aus dem die Steine kommen,
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ungefähr 20 Meilen, also 36 Kilometer um den Dreh, weg, auf dem Weg dahin liegen
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auch noch ein paar Steine, die vermutlich aus dem selben Bauprojekt kommen und
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die halt nicht zu Ende geschleppt wurden.
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Und es liegen auch im Steinbruch noch Steine, die rausgekloppt wurden,
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aber nicht mehr bewegt. Das heißt, die Kommunikation war auch nicht gut genug,
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um zu sagen, der ist jetzt angekommen, wir brauchen noch einen, das reicht.
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Also da ist super viel Zeit reingegangen in einer Gesellschaft,
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bei der Zeit eigentlich viel gebraucht wurde, um zu überleben.
Florian Clauß
0:44:37–0:44:41
Ja, ich meine aber generell ist ja auch die Frage, warum haben die das da gebaut
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und ist es denn halt tatsächlich so etwas Effektives gewesen?
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Also ich habe gehört, dass als es dann fertig war, sind die einfach auseinandergegangen
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und haben es so stehen lassen. Genau, es ist keine Siedlungsgebende. Ende, so tschüss.
Ali Hackalife
0:44:54–0:44:57
Das ist so das Ding. Also es gibt keine Besiedlung, die dort stattfand.
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Und es gibt, also es gab Funde von insgesamt 63 Individuen, die dort verscharrt waren.
0:45:05–0:45:08
Aber bei denen auch unklar ist, nach welchem Kriterium. Also da waren Erwachsene,
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da waren Kinder bei, Männer, Frauen.
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Also es gab kein konkretes Kriterium, an dem man sagen konnte,
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also wären es zum Beispiel nur ältere Männer mit schweren Knochenbrüchen.
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Dann könntest du sagen, hier liegen wichtige Krieger.
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Oder werden es überwiegend Kinder und Frauen, dann könntest du sagen,
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das sind die, die den wichtigen Personen wichtig waren.
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Aber so dadurch, dass dort im Prinzip demografisch einmal alles liegt, wissen wir es nicht.
0:45:30–0:45:36
Und dazu kommt, dass in den 50er Jahren die Archäologen, die dort die Fundamente
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gegraben haben, erstmal alle Knochen in den Knochenberg geworfen haben und einen
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großen Haufen mit allen Knochen, die wir gefunden haben, erstellt haben.
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Und das hat in den 80er und 90er Jahren dann wirklich viel Arbeit gebraucht,
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bis man die Knochen wieder zusammen puzzeln konnte und sagen,
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wie viele Leute da überhaupt gefunden wurden.
0:45:52–0:45:54
Das ist wild durcheinander. Und vor allem, wir wissen, dass die Leute,
0:45:54–0:46:00
die dort gelebt haben, die hatten den großen Vorteil von Upfront Energy,
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heißt das in der Archäologie.
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Also, dass du in einem Umfeld lebst, wo du Nahrung zu dir nehmen kannst,
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deren Zubereitung wenig Energie braucht.
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Und das heißt zum Beispiel, wenn du Walnüsse sammelst oder Haselnüsse,
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wie im Fall von Stonehenge, und du hast einen großen Vorrat Haselnüsse,
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dann kann ich mehr Haselnüsse sammeln, als es mich braucht, als Energie braucht,
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die zusammenzubringen.
0:46:20–0:46:24
Das heißt, ich kann dich versorgen, während du dich um etwas anderes kümmerst.
0:46:24–0:46:28
Und das ist beeindruckend, weil das eigentlich erst dann nach dem.
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Agrarkulturellen Revolution passiert, dass Menschen regelmäßig mit Upfront-Energy
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leben und Dinge bauen können.
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Also warum die Ägypter ihre Pyramiden bauen konnten, liegt halt auch daran,
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dass sie mehr Energie gewinnen konnten durchs Andenbauen von Essen und durchs
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Zusammentragen von Essen, als es gebraucht ist.
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Also das Brauchen zum Zusammentragen war nicht so viel wie das,
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was sie aufgenommen haben. Und dadurch konnte man sich dann leisten,
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entsprechende Handwerker zu haben.
Florian Clauß
0:46:51–0:46:56
Ja, genau. Also da sind wir ja wieder bei Theorization. Und auch beim Kochen
0:46:56–0:47:01
und Essen. Also klar, du hast einen Energieüberschuss, kannst den Energieüberschuss
0:47:01–0:47:04
dann irgendwo gesellschaftlich verwalten und dann fängst du an, so Sachen zu bauen.
0:47:06–0:47:11
Was ich auch gehört habe, ist, dass so wie man das jetzt, diese Ausgrabung,
0:47:11–0:47:16
es gab diesen Ort, der dann auch so, ich weiß nicht, ein paar Kilometer, Meilen...
Ali Hackalife
0:47:16–0:47:16
Avonbury.
Florian Clauß
0:47:16–0:47:21
Genau, wo dann anfangs wurde angenommen, das ist so eine Sklavenarbeit,
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ähnlich wie bei den Pyramiden, wo ein streng hierarchisches Faron-System,
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die Leute dazu gezwungen hat, diese Bauten zu machen.
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Bei Stonehenge geht man davon aus, dass es auf einer freiwilligen Basis passiert
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ist. Und dieses Dorf, was sie da gefunden hat, auch riesig groß ist.
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Da konnten so 4.000 bis 5.000 Menschen wohl wohnen.
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Und dass die aber so gebaut waren, dass es nicht wirklich eine Hierarchie gab.
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Es gab dann vier größere Häuser, die in der Mitte von diesem Dorf stehen,
0:47:51–0:47:54
wovon ausgegangen wird, dass es dann so die Stammesführer waren.
0:47:54–0:47:58
Aber es wurde nicht unterschieden bei den anderen. Es gab nicht so ein irakisches System.
0:47:58–0:48:03
Später dann, als Stonehenge dann quasi in dieser neolithischen Phase dann fertig
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gebaut wurde und dann 500 Jahre später sind diese Hühnengräber da in der Nähe
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entstanden, wo dann im Prinzip auch da...
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Leute begraben waren, aber die hatten dann halt auch so Grabbeilagen und so
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weiter drin, dass es darauf geschlossen werden konnte, dass das eher Hörgestellte waren.
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Also da fing es schon an mit der Kupferzeit und so weiter.
0:48:26–0:48:30
Bei Bronze Zeit, dass die dann halt auch da so Grabbeilagen hatten und so weiter.
0:48:30–0:48:34
Also es ist so ein stetiger Bedeutungswandel, der dann auch da und dagegen passiert.
0:48:35–0:48:37
Dann kommt man irgendwo als Kultur dahin.
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Also ich weiß nicht genau diese Kultur, die Stonehenge aufgebaut haben.
Ali Hackalife
0:48:41–0:48:44
Die Windmill Hill Culture war das.
Florian Clauß
0:48:44–0:48:45
Die Glockenbecher.
Ali Hackalife
0:48:45–0:48:48
Nee, Windmill Hill waren die, die den Graben ausgehoben haben.
Florian Clauß
0:48:49–0:48:52
Die finde ich auch so geil, als wenn man die nachher an den Artefakten benennt.
Ali Hackalife
0:48:53–0:48:58
Ja, also Windmill Hill heißt nicht nach einem Fundort, sondern nach einem Fundort so.
0:48:58–0:49:02
Genauso wie die Michelbacher oder die Ornitizer Kultur nicht an Objekten benannt
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werden, sondern nach Fundorten für kulturverbindende Gemeinschaften,
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die man dort ausgegraben hat.
0:49:08–0:49:14
Also Windmill Hill hat als Erste angefangen und hat diesen Graben ausgehoben.
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Die, die dann das Henge gebaut haben, Stonehenge, ein Henge aus Steinen,
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ist das eine, aber es gibt auch Woodhenges.
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Zum Beispiel in Pömmeltill in Sachsen-Anhalt, da haben sie ein großes Woodhenge
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gefunden, also einen Holzpfahlkreis.
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Und bei der zweiten Stufe, also als man dann angefangen hat,
0:49:33–0:49:37
diese Saarzen dort aufzubauen, das war Beaker-Culture, also die Becher- bzw.
0:49:37–0:49:38
Glockenbecher-Kulturen.
Florian Clauß
0:49:38–0:49:38
Ja.
Ali Hackalife
0:49:39–0:49:45
Da ist aber auch so ein bisschen das Ding, wir wissen, dass die viel Zeit dafür gebraucht haben.
0:49:45–0:49:48
Also in 800 Jahren wechseln die Kulturen schon mal durch.
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In Zentraleuropa auf dem europäischen Festland würde man dann wieder unterscheiden
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zwischen Schnurrbandkeramik, Linearbandkeramiker und dann gibt es neben dem
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Glockenbecher auch den Becher mit Füßen und so weiter. und nach denen teilt
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man dann Kulturen nochmal ein. Also es gibt Füßchenbecher.
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Und da wissen wir halt aus den Funden der Gräber, von denen,
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wie ich gerade sagte, 63 Individuen, das war dann Beaker-Culture.
0:50:13–0:50:16
Aber in der Beaker-Culture, also in der Becherkultur, ist die Frage,
0:50:16–0:50:20
welcher Bechertyp, durchaus umstritten, weil es halt viele Jahrhunderte gesauert hat.
Florian Clauß
0:50:22–0:50:24
Da kann man schon mal so einen Becher variieren.
Ali Hackalife
0:50:24–0:50:32
Ja, die letzte Ausbauphase war, ich glaube, Willex-Culture, weil Funde bei Willicks
0:50:32–0:50:34
für die Epoche führend sind.
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Und in der Nähe gibt es, wie gesagt, Avebury. Das ist die größte europäische
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menschengemachte geografische Veränderung.
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Also aus dem Neolithikum. Das ist ein 39 Meter hoher Berg.
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Und es ist unklar, wofür er gebaut wurde. Es gab jetzt mehrere Scans und man
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hat im Boden nichts gefunden. Das heißt, es ist kein Grabhügel vermutlich.
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Er war nicht besiedelt. Das heißt, es war auch keine Festung.
0:50:58–0:51:03
Und die Frage ist, wofür bauen Menschen im Schweiß ihres Angesichts einen riesigen Jügel?
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Ja, und es gibt drumherum Grabhügel. Und dann gibt es natürlich auch die Ideen
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von wegen, was ist, wenn sie den einen Grabhügel ihrer Gottheit gewidmet haben
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oder so und man deswegen dort kein Grab vor Ort finden kann,
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weil es etwas Mythisches hat.
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Aber gilt bis heute als eines der größten, ungelösten Mysterien der europäischen
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Ethnologie und Archäologie, warum da dieser Hügel ist, der eindeutig menschgemacht
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ist, aber man weiß nicht warum.
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Und wenn man auf ihm steht, dann kann man im Umland andere Grabhügel sehen,
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aber er hat jetzt keine so prominente Position, dass klar ist,
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das ist ein Observatorium, weil dafür reichen die paar Meter nicht.
0:51:40–0:51:46
Also wir sehen, dass im südamerikanischen Regenwald, da gibt es Observatorien,
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die gebaut wurden, damit man aus der Baumdecke, aus der Laubdecke raus konnte in den Himmel gucken.
0:51:51–0:51:54
Und das macht halt keinen Sinn, wenn du auf einer platten Ebene bist.
Florian Clauß
0:51:56–0:52:03
Ja, interessant. Aber ich meine, das ist ja sowieso bei so Monumenten eben bei
0:52:03–0:52:05
Kulturen, die nicht wirklich Schrift hinterlassen.
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Da gibt es ja einen ständigen Bedeutungswandel.
0:52:10–0:52:13
Steht da wahrscheinlich auch, wenn andere Kulturen, wenn die eine dann weitergezogen
0:52:13–0:52:16
oder ausgestorben ist, kommen andere Kulturen, die fangen dann auch an.
0:52:16–0:52:20
Haben dieses Framework Stonehenge aufgebaut und denken auch,
0:52:20–0:52:23
okay, jetzt machen wir halt unser Ding da raus.
0:52:23–0:52:26
Erstmal die Frage, ich meine, das ist ja so Archäologie, ist ja nichts anderes
0:52:26–0:52:29
als, jetzt mal so platt gesprochen, Reverse Engineering.
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Du musst ja dann irgendwie, du hast ein System, das ist dann überlagert von
0:52:33–0:52:37
Artefakten und von Zeitschichten, die musst du ja irgendwie auseinander friemeln
0:52:37–0:52:40
und kannst dann Bedeutung irgendwo reinlesen.
0:52:40–0:52:45
Das ist ja so ein Ding, sich das zu erschließen, so ein Kulturkontext.
0:52:45–0:52:48
Aber ich meine, wenn man dann auch selber, wenn man weiter zurückgeht in die
0:52:48–0:52:51
Geschichte, es ist ja auch so ähnlich, kommt eine Kultur.
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Und die haben wahrscheinlich was ganz anderes, als dann die nach den Glottenbecher
0:52:56–0:53:01
Kulturen, als die gekommen sind, die haben ja auch wahrscheinlich keine Bedienungsanleitung
0:53:01–0:53:02
von Stonehenge irgendwo gefunden,
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sondern ihr Ding draus gemacht und haben dann auch angefangen umzuformen.
0:53:06–0:53:10
Und jetzt kommen wir zu deiner eigentlichen Entrüstung. Ja,
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dass du das jetzt nicht so authentisch fandst, weil da in den 50ern halt die
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Steine so gebaut wurden, dass es sie nach der Sonnenwende ausrichtet und dass
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es überhaupt nicht der ursprüngliche Effekt von diesem Monument war.
0:53:23–0:53:24
Aber ist es dann nicht egal?
Ali Hackalife
0:53:26–0:53:31
Nun, wir können uns die Frage stellen, hat irgendetwas einen Wert? Aber das hilft ja nicht.
0:53:32–0:53:37
Also ist es wichtig zu wissen, warum diese Steine dort stehen, wie sie stehen?
0:53:37–0:53:40
Nein. Ist es interessant? Ja, okay.
0:53:41–0:53:49
Und ich finde spannend, einerseits die Craftmanship, also wie man diese Steine
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aufgebaut und aufgerichtet hat,
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die ist ganz faszinierend, weil mittlerweile relativ gut nachgeforscht ist mit
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Experimentalarchäologie, wie man halt so große Steine bewegt.
0:54:00–0:54:03
Und dass du die nicht, also es gibt die lange Zeit, gab es die Theorie,
0:54:04–0:54:10
dass man über Holz, über Stämme gerollt hat, aber im Moment und das ist auch, wozu ich tendiere,
0:54:10–0:54:17
Pivot Points, also dass du einen Gegenstand, einen Stamm, einen Stein unter
0:54:17–0:54:21
diesen großen Stein bringst und dann im Prinzip durchs Hebeln den Stein anhebst
0:54:21–0:54:25
und um diesen Punkt, auf dem er pivotet, auf dem er balanciert, drehen kannst.
Florian Clauß
0:54:25–0:54:29
Also Schwerpunkt, also Hebel, also quasi Verlagerung.
Ali Hackalife
0:54:29–0:54:35
Ja. Und also finde ich jetzt erstmal eine recht interessante und plausible These,
0:54:35–0:54:39
weil wenn du dir die Gegend anschaust, durch die sie die Steine gebracht haben,
0:54:39–0:54:43
dann ist das viel Marschland, wo ich vermuten würde, dass da einfach der Stein
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sofort einsinkt, wenn du ihn ziehst.
0:54:44–0:54:48
Es ist ja spannend, sich Gedanken zu machen, wie bewegt man diese Steine.
0:54:48–0:54:51
Und da hat die Ägyptologie mittlerweile viele Erkenntnisse zu,
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die man eins zu eins auch übernehmen kann, die auch plausibel aussehen.
0:54:55–0:55:01
Aber das erste Mal, dass die Steine schriftlich auftauchen, ist, ich glaube, im 12.
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Jahrhundert in einer Geschichtserzählung über den Magier Merlin.
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In der ältesten Aufzeichnung einem Kodex, der die Geschichte Schottlands und Englands beschreibt.
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Da erklärt Merlin, dass Stonehenge von Riesen aufgebaut wurde,
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was ja nett von den Riesen ist, und gibt aber auch keinen Kontext wofür, warum und überhaupt.
0:55:26–0:55:31
Jetzt, während ich da war, überschnitt sich das mit dem kalendarischen Frühlingsanfang.
0:55:31–0:55:34
Und entsprechend waren sehr viele Esoteriker dort vor Ort.
Florian Clauß
0:55:35–0:55:36
Du warst zur Sonnenwende da?
Ali Hackalife
0:55:36–0:55:36
Ja.
Florian Clauß
0:55:37–0:55:40
Nein, zum Tag-Nacht-Gleiche.
Ali Hackalife
0:55:41–0:55:46
Ja. Und da waren viele Esoteriker da, ihre Haltsteine aufladen und was man halt so macht.
Florian Clauß
0:55:47–0:55:49
Hast du da auch ein Relikt mitgebracht?
Ali Hackalife
0:55:51–0:55:51
Also.
Florian Clauß
0:55:52–0:55:55
Kann man eigentlich da direkt auf die Steine, also ist es so,
0:55:55–0:55:58
dass du da hingehen kannst, kannst und deine Stirn drauflegen kannst.
Ali Hackalife
0:55:59–0:56:03
Also, es gab in den 60er Jahren das Free Stonehenge Festival.
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Da sind die Hippies direkt da drangegangen und haben Musik zwischen den Steinen
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gemacht und haben getanzt. Finde ich mega cool, würde ich auch gerne.
0:56:11–0:56:14
Dann verkleide ich mich auch gerne als Hippie. Ich glaube, ich könnte es schaffen,
0:56:14–0:56:15
da optisch reinzupassen.
0:56:16–0:56:21
Und dann gab es in den letzten Jahren halt für dieses Besucherzentrum einen
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Ring mit ziemlich viel Abstand, einen Weg, wie man um diese ganze Anlage laufen
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konnte. Aber da warst du 20, 30 Meter weg von den Steinen.
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Und jetzt gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit, mit einem Weg näher ranzugehen
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auf 10 Meter an die Steine.
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Aber es steht da für Wachtpersonal, denn die Leute von der letzten Generation,
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nee, Extinction Rebellion, irgendeine dieser Umweltgruppen, die haben vor gar
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nicht so langer Zeit die Steine mit Farbe besprüht.
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Und deswegen ist da gerade immer noch High Alert. Und ich denke mir,
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das sind ja sehr robuste Steine.
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Ich wäre auch bereit, meinen Rucksack abzugeben und ohne Wasserflasche dorthin
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zu gehen, wenn ich mal wirklich dazwischen durchlaufen könnte.
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Aber ich glaube, das haben sie nicht so gerne. Alleine die in den 50er-Jahren
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gegossenen Fundamente sind jetzt künstlich mit Rasen bepflanzt,
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damit du sie nicht siehst.
0:57:11–0:57:13
Also für die Illusion braucht es ein bisschen Abstand.
Florian Clauß
0:57:14–0:57:14
Ja.
Ali Hackalife
0:57:15–0:57:19
Apropos, für die Illusion braucht es ein bisschen Abstand. Und wir nähern uns
0:57:19–0:57:24
wieder den Häusern vom Regierungsviertel, oder?
Florian Clauß
0:57:24–0:57:26
Ja, das ist tatsächlich die Häuser,
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die für die Familien der Regierungsviertelangestellten gebaut wurden.
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Das ist da direkt an der S-Bahn-Trasse.
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Und das ist so dieses S-förmige, schmengelt sich diese Linie lang.
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Also es sind noch keine offiziellen Gebäude, aber es wurde so ein Zeitraum 2000er gebaut.
Ali Hackalife
0:57:45–0:57:50
Das neue Bundeskanzleramt, das geplant ist, mit Hubschrauberlandeplatz und vor
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allem Gebäudeverlängerung.
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Das sieht dann ja aus wie ein großes J.
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Ich weiß nicht, ob du da mal Bauskizzen von gesehen hast.
Florian Clauß
0:57:56–0:57:57
Nee, hab ich nicht.
Ali Hackalife
0:57:57–0:58:00
Das war auch so eine der Sachen. Wolfgang Schäuble ist ja nun nicht mehr,
0:58:01–0:58:04
aber er war immer sehr dagegen, weil er ja generell, also eine seiner Missionen
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war, der Bundestag soll nicht noch größer werden.
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Und er meinte, mehr Parlamentsgebäude, das verleitet dazu dann noch mehr Mitarbeiter zu haben.
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Und Deutschland hatte ja nach der Volksrepublik China das größte Parlament.
Florian Clauß
0:58:18–0:58:23
Ja, aber Merlin und die Riesen. Da waren wir ja zuletzt.
Ali Hackalife
0:58:23–0:58:29
Apropos historische Dinge erhalten. Im Reichstagsgebäude sind noch die Graffiti
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von den Rotarmisten, die damals Berlin befreit haben.
0:58:33–0:58:38
Und es stehen dort noch auf Kyrill die Namen der Leute, die sich da verewigt haben.
0:58:38–0:58:42
Und das wiederum finde ich cool, dass die dieses Graffiti trotz Renovierung dort gelassen haben.
Florian Clauß
0:58:42–0:58:47
Das ist ja auch so, dass du die Einschusskerben an den historischen Gebäuden
0:58:47–0:58:49
hast ja auch noch so erhalten.
0:58:50–0:58:55
Diese letzte Schlacht um Berlin, da sind ja auch am Ende, glaube ich,
0:58:56–0:59:01
über 150.000 Soldaten noch gestorben in diesem Kampf.
0:59:01–0:59:06
Und das sowjetische Ehrendenkmal, glaube ich, da haben das gestriffen,
0:59:06–0:59:08
sind nicht direkt dann vorbeigelaufen, wo dieser Panzer davor.
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Genau, und das haben die Sowjeten damals direkt quasi noch 1945 hingebaut,
0:59:16–0:59:20
zum Gedenken an die letzte Schlacht, wo 80.000 Rotarmüsten gestorben sind.
0:59:20–0:59:25
Und das war genau an der Stelle, wo diese Achse durchlaufen sollte.
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Das fand ich auch nochmal so ein Blocker dahin.
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Fand ich auch nochmal einen ganz guten symbolischen Akt, da halt so einen Akzent
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zu setzen und zu sagen, nee, geht halt nicht.
Ali Hackalife
0:59:36–0:59:42
Ich habe vor kurzem die Guido-Knopf-Biografie über Goebbels,
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Josef Goebbels gelesen.
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Das Ding ist, wenn man sich immer mal wieder mit den verschiedenen Personen
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befasst, die um Hitler in den letzten Jahren rumschwirren.
0:59:53–0:59:57
Also Theodor Morel, sein Arzt, Traudel Junge, seine Sekretärin,
0:59:57–1:00:02
Linge, der Leibwächter und dann Familie Goebbels, Josef und Magda Goebbels,
1:00:02–1:00:03
die auch noch im Führerbunker waren.
1:00:03–1:00:09
Ich habe mittlerweile von so vielen von denen Biografien und Werke gelesen,
1:00:09–1:00:11
also teilweise Autobiografie, teilweise Werke über sie.
1:00:15–1:00:18
Und nachdem ich Normen-Ola da hatte, sehe ich das Ganze ja dann immer ein bisschen
1:00:18–1:00:22
anders mit dem unfassbaren Medikamentenkonsum, der dort betrieben wurde.
1:00:22–1:00:26
Und ich bin schwer überrascht, dass das so eine Perspektive ist,
1:00:26–1:00:30
die so wenig im öffentlichen Geschichtsbewusstsein stattfindet.
1:00:30–1:00:35
Also wenn du dir die Schlacht um Berlin anschaust, wo sie Goebbels auf dem Weg
1:00:35–1:00:39
durch Berlin macht noch eine Fahrt von der Reichskanzlei zum Wendlerblock und
1:00:39–1:00:43
trifft währenddessen, weil Luftalarm ist, in mehreren Bunkern auf die Leute.
1:00:44–1:00:46
Und obwohl gerade alle in diesen Bunkern sitzen und das ist klar,
1:00:46–1:00:50
Berlin fällt, ist er immer noch der Liebling der Bevölkerung,
1:00:50–1:00:53
macht Witze, dass er ja gesagt hat, wenn jemals auf Berlin eine Bombe fällt,
1:00:53–1:00:54
dann möchte er Meier heißen.
1:00:55–1:00:58
Und dann kommt er in den Bunkern und begrüßt alle mit, guten Tag, Meier mein Name.
1:00:58–1:01:03
Also es ist so absurd, was Menschen, also du sitzt in diesem Bunker und du hattest
1:01:03–1:01:06
jede Berechtigung zu sagen, diese Regierung hat einen Scheiß gemacht,
1:01:06–1:01:09
hat alle ins Verderben gestürzt und die Leute klönen dann trotzdem noch mit
1:01:09–1:01:12
ihm. Ein Schnäpschen auf dem Weg zum nächsten Bunker.
1:01:12–1:01:17
Und diese Galgenhumor-Stimmung in den letzten Kriegstage ist etwas,
1:01:17–1:01:19
was sich mir völlig nicht erschließt.
Florian Clauß
1:01:20–1:01:25
Ja, absolut nachvollziehbar. Also es ist nicht, ich weiß nicht,
1:01:25–1:01:28
man kann es wirklich nicht beschreiben, was da menschlich vor sich gehen muss,
1:01:29–1:01:30
um an so einem Punkt zu sein.
Ali Hackalife
1:01:30–1:01:35
Ja, wenn du weißt, wir haben in jeder Form moralisch, strategisch,
1:01:35–1:01:38
menschlich verloren, aber wir machen jetzt einfach weiter.
1:01:39–1:01:43
Also auch das Traudl Junge, die Sekretärin, hat die Anweisung bekommen,
1:01:43–1:01:46
dass sie noch mit der Goebbels-Familie fliehen könnte aus Berlin.
1:01:46–1:01:51
Es gab eine Maschine, mit der man noch nach Süddeutschland fliegen wollte.
1:01:51–1:01:56
Also Flugzeug war da und Josef Goebbels war ja im Ersten Weltkrieg auch erfolgreicher
1:01:56–1:02:00
Pilot und hat sich immer damit geschmückt, dass er ja auch die Luftwaffe unter
1:02:00–1:02:02
seiner Kontrolle hatte, er das Fliegerass.
1:02:02–1:02:04
Das heißt, es hätte Mittel und Wege gegeben rauszufliegen und dann sagt Familie
1:02:04–1:02:08
Goebbels, nein, wir wollen zusammen mit unserem Führer hier unten im Bunker sterben.
1:02:09–1:02:13
Komm, Theodor Morell, bitte vergifte unsere Kinder, damit die nicht mitbekommen, wenn wir uns töten.
Florian Clauß
1:02:13–1:02:19
Da muss ja so eine Affinität zum Tod und zum Verderben, die ist ja so implementiert in dem System.
1:02:19–1:02:23
Das heißt, es ist ja auch dann nicht verwundernswert, dass die dann halt auch
1:02:23–1:02:27
überhaupt nicht nach normalen, menschlichen Entscheidungen dann irgendwelche
1:02:27–1:02:27
Entscheidungen fallen.
1:02:28–1:02:32
Wir hatten eine Eigentlich-Folge, eine Doppelfolge über den Laser-Film.
1:02:34–1:02:36
Wie heißt der noch, der letzte? Jetzt komme ich nicht drauf.
Ali Hackalife
1:02:36–1:02:39
Ah, Zone of Interest.
Florian Clauß
1:02:39–1:02:45
Genau, Zone of Interest. Zone of Interest ist quasi das Interessensgebiet um eine ganze Zeit.
1:02:45–1:02:52
Und wir hatten dann auch die Folge begonnen auf dem jüdischen Mahnmal.
1:02:53–1:02:59
In den 90ern gab es halt auch diese Debatte, jetzt auch wieder so Kultur und so, Berlin-Mitte.
1:02:59–1:03:03
Wo kommt dieses Mahnmal hin und was kann man machen? Da gab es verschiedene Ausschreibungen.
1:03:03–1:03:05
Und eine Ausschreibung, die fand ich eigentlich auch so,
1:03:06–1:03:13
clever, auch von wegen Umdeutung. Ein Entwurf war eben, dass man nicht was hinzubaut, sondern was wegnimmt.
1:03:14–1:03:18
Und das Wegnehmen war, dass man die beiden zentralen, also die mittleren Säulen
1:03:18–1:03:20
des Brandenburger Tors ausbaut.
1:03:21–1:03:24
Und das war, um halt was Fehlendes zu demonstrieren.
1:03:24–1:03:29
Und das fand ich eigentlich einen total guten Entwurf, so damit umzugehen mit
1:03:29–1:03:31
Geschichte, dass du was wirklich wegnimmst, ja.
Ali Hackalife
1:03:31–1:03:36
Ich war letztens das erste Mal in Weimar und ich muss ganz ehrlich sagen,
1:03:36–1:03:38
Weimar ist eine total erdrückende Stadt.
1:03:38–1:03:41
Also alles atmet Geschichte, alles atmet schwere Geschichte.
1:03:42–1:03:44
In der Nähe ist Buchenwald, das heißt der Platz, Buchenwaldplatz,
1:03:44–1:03:49
da stehen große schwarz-weiß Schraffur Bilder von Leuten, die dort deportiert wurden.
1:03:49–1:03:53
Alle Ecken haben historisch besondere Namen und ich finde Erinnerungskultur wichtig.
1:03:53–1:03:58
Aber ich glaube, wenn du jeden Tag auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit,
1:03:58–1:04:00
was auch immer, daran vorbeifährst und in diese Gesichter schaust,
1:04:01–1:04:03
wirst du nicht geschichtsbewusster, sondern du wirst blind dafür und siehst
1:04:03–1:04:04
es irgendwann nicht mehr.
1:04:05–1:04:09
Und ich habe in Weimar das Gefühl gehabt, man merkt so einen Hauch von Bedeutung,
1:04:10–1:04:11
den diese Stadt mal hatte, der ist komplett weg.
1:04:12–1:04:14
Ich war da und ich wollte um 8.30 Uhr noch Abendessen gehen.
1:04:15–1:04:18
Und 8.30 Uhr ist jetzt noch, also in Berlin machen da die meisten Lokale erst
1:04:18–1:04:22
auf. Und in Weimar war einfach der Bürgersteig hochgekleppt, es gab nichts mehr.
Florian Clauß
1:04:24–1:04:26
Und dann vor allem nichts Vegetarisches.
Ali Hackalife
1:04:26–1:04:31
Ich finde den Spagat total schwer zwischen, wie schaffe ich es,
1:04:31–1:04:35
historisches Bewusstsein zu schaffen, dass die Leute aktiv wahrnehmen und wann
1:04:35–1:04:37
ist es vielleicht zu viel.
1:04:38–1:04:40
Und ich habe in Weimar das Gefühl, es ist zu dicht zugestellt.
1:04:40–1:04:44
Also man nimmt das Einzelne gar nicht mehr wahr. Und wenn du vom Hiroshimaplatz
1:04:44–1:04:49
zum Buchenwaldplatz gehst und du gehst von einem Grauen zum nächsten,
1:04:49–1:04:52
also ich möchte nicht sagen beliebig, weil das so ein unschönes Wort ist,
1:04:53–1:04:56
aber es hat nicht mehr die Gravitas, die es eigentlich haben sollte.
Florian Clauß
1:04:56–1:05:00
Ja, verstehe. Ja, obwohl ich das mal für die ermordeten Juden,
1:05:01–1:05:04
also es hat nicht so einen grauen Faktor, sondern es hat einen Erlebnisfaktor.
1:05:04–1:05:06
Das finde ich glumm, einfach das.
1:05:07–1:05:11
Und die Idee jetzt, tatsächlich diese mittleren Säulen des Brandenburger Tors
1:05:11–1:05:14
wegzunehmen, das wäre wahrscheinlich, sieht sich das dann auch irgendwann glatt.
1:05:15–1:05:19
Du wirst dann auch irgendwann vorbeigehen und dann nicht mehr merken, dass da was fehlt.
1:05:19–1:05:23
Aber vielleicht eine gewisse Irritation bleibt, wo du dann denkst du,
1:05:23–1:05:25
Moment, das war doch mal anders.
1:05:26–1:05:29
Und ich glaube, dieser Moment, das ist schön, ich weiß gar nicht,
1:05:29–1:05:32
ich glaube, wir müssen hier hineingehen, um zu dem Uferweg zu kommen.
Ali Hackalife
1:05:33–1:05:34
Da ist das Kanzleramt wieder, oder?
Florian Clauß
1:05:35–1:05:38
Da ist das Kanzleramt und hier ist der Uferweg. Aber das fand ich so einen ganz
1:05:38–1:05:40
schönen... Was die Leute jetzt nicht sehen.
Ali Hackalife
1:05:41–1:05:43
Wir klettern illegal auf ein Baugerüst.
Florian Clauß
1:05:44–1:05:46
Überhaupt nicht. Das ist total lauber.
Ali Hackalife
1:05:46–1:05:51
So hat ein Seil mitgebracht. Hier ist ein Nicht-Durchgehen-Schild.
Florian Clauß
1:05:51–1:05:52
Das sieht man ja im Podcast nicht.
Ali Hackalife
1:05:53–1:05:58
Jetzt sind wir über den Dächern Berlins. Im Geben von Pressspan laufen wir über
1:05:58–1:06:01
ein Baugerüst, das den Weg über die Spree führt.
Florian Clauß
1:06:02–1:06:03
Aber wir kommen gleich.
1:06:04–1:06:08
Rückseite zum Kanzleramt, zu der Waschmaschine, wie du schon gesagt hast.
1:06:09–1:06:10
Es steht jetzt eigentlich leer.
1:06:11–1:06:16
Das Kanzleramt? Ja, naja, gibt es jetzt schon? Nee, offiziell gehört es noch.
Ali Hackalife
1:06:17–1:06:22
Der Koalitionsvertrag steht seit gestern. Und Friedrich Merz hat erst,
1:06:22–1:06:27
wenn er als Kanzler ins Amt eingeschworen wird, so war ihm Gott helfe.
Florian Clauß
1:06:27–1:06:29
Wird er wohl sagen müssen.
Ali Hackalife
1:06:29–1:06:34
Bei der vorletzten Vereidigung Corona, also die Regierung, die dann durch Corona
1:06:34–1:06:36
musste, die große Koalition,
1:06:37–1:06:42
also die, unter der Jens Spahn Gesundheitsminister wurde, da haben noch zwölf
1:06:42–1:06:46
der 16, nee, da haben acht der 16 Minister auf die Bibel geschworen.
1:06:47–1:06:52
Und jetzt bei der Ampel haben zwölf von 16 Ministern auf die Bibel geschworen.
Florian Clauß
1:06:52–1:06:53
Und es waren Grüne dabei.
Ali Hackalife
1:06:55–1:07:00
Und da denke ich mir immer, ich bin kein gläubiger Mensch, aber wenn du da stehst
1:07:00–1:07:04
und sie halten dir diese Bibel hin, wie groß ist der Impuls zu sagen,
1:07:04–1:07:06
na gut, ich mache es trotzdem, die Leute wollen das.
1:07:07–1:07:11
Also die meisten von denen, die geschworen haben mit der Hand auf der Bibel,
1:07:11–1:07:12
haben ja eh keine Ahnung, was drinsteht.
1:07:13–1:07:15
Es ist ja mehr so ein Symbol.
Florian Clauß
1:07:16–1:07:20
Also das heißt, du kannst es nachvollziehen, dass es noch so ein hoher Anteil ist.
Ali Hackalife
1:07:21–1:07:24
Stell dir das doch mal fest, du stehst da, vor dir steht Frank-Walter Steinmeier
1:07:24–1:07:28
und neben ihm steht ein Saaldiener mit seinem Frack und er hält eine Bibel hin
1:07:28–1:07:31
und dann sagt der Steinmeier, hier ist Ihre Urkunde,
1:07:32–1:07:37
Flo, Sie werden jetzt Minister für Podcasts, das sprechen Sie mir bitte nach
1:07:37–1:07:41
und dann legst du den Anzeiten ab, also dann dem Saaldiener zu sagen,
1:07:41–1:07:43
nee, nee, passt schon, ich glaube,
1:07:43–1:07:45
ich könnte das nicht, ich würde aus Verlegenheit meine Hand drauflegen.
Florian Clauß
1:07:45–1:07:48
Genau, ich würde es hier irgendwo abstützen, aber ich meine,
1:07:48–1:07:52
das wäre doch genauso symbolisch, Das ist doch nicht mal ein Akt des Widerstandes,
1:07:52–1:07:55
da nicht die Hand drauf zu legen, sondern auch nicht mal so wie mit Turnschuhen
1:07:55–1:07:58
ins Gebäude, ins Parlamentsgebäude zu legen.
Ali Hackalife
1:07:58–1:08:01
Das fand ich einen guten Post der Titanic. Cem Özdemir ist damals mit seiner
1:08:01–1:08:04
Ministerurkunde mit dem Fahrrad gefahren.
1:08:04–1:08:07
Und es gab ein Foto, wie er halt hinten auf dem Gepäckträger das Dokument in
1:08:07–1:08:08
einer Dokumententasche verstaut hatte.
1:08:09–1:08:12
Und dann hat die Titanic gephotoshoppt, wie er sein Ministeramt antritt und
1:08:12–1:08:15
dabei den Fahrradhelm trägt und schrieben, jetzt ist es wirklich genug.
Florian Clauß
1:08:17–1:08:20
Ja, das war aber auch total lächerlich, muss ich sagen. mit den Fahrradhäden
1:08:20–1:08:24
da. Ich meine, er wollte ja auch was Ikonisches schaffen, aber es ist,
1:08:25–1:08:28
Ich würde von der Bildsprache nicht ganz gepasst.
Ali Hackalife
1:08:28–1:08:32
Ja, ich finde vor allem, Fahrradfahren ist cool und alles. Aber ab dem Moment,
1:08:32–1:08:35
wo ich so eine staatstragende Funktion hätte, würde ich nicht und vor allem
1:08:35–1:08:37
nicht in Berlin Fahrrad fahren.
Florian Clauß
1:08:39–1:08:42
Und vor allen Dingen, naja, mit Helm, ja unbedingt.
Ali Hackalife
1:08:42–1:08:46
Ja, naja. Ich möchte jetzt nicht sagen, wo waren wir denn, da war viel.
1:08:47–1:08:50
Wir sind mittlerweile vom Baugerüst wieder runter und befinden uns auf einem offiziellen Weg.
Florian Clauß
1:08:51–1:08:55
Wir gucken jetzt auf die Rückseite des Hauptbahnhofs. Ich überlege,
1:08:55–1:09:00
ob hier noch irgendwas Interessantes, Bautechnisches zu erwähnen ist.
Ali Hackalife
1:09:00–1:09:05
Zum Hauptbahnhof. Ich habe da ja so eine Idee. Und wenn jemand aus dem Land
1:09:05–1:09:07
Berlin zuhört, ich schenke die euch.
1:09:07–1:09:11
Und zwar, es passiert mir relativ oft, man kann ja im Berliner Hauptbahnhof
1:09:11–1:09:15
auf der mittleren Zwischenebene, also wenn du von den untersten Gleisen eins
1:09:15–1:09:17
hochkommst, ist da so ein Ring einmal außenrum.
1:09:17–1:09:20
Und es gibt eine Seite, wo man zu den Trams direkt mit so einem Tunnel durchgehen kann.
Florian Clauß
1:09:21–1:09:22
Ja, genau.
Ali Hackalife
1:09:22–1:09:26
Und ich habe in meinem Leben bestimmt, ungelogen, 50 Runden auf diesem Ring
1:09:26–1:09:29
gedreht, weil ich mich in die falsche Richtung entschieden habe und dann drei
1:09:29–1:09:31
Ecken abgelaufen bin, bis ich in der richtigen war.
1:09:31–1:09:35
Und ich glaube, das ist ja ein Designfehler, dass dieses Gebäude symmetrisch ist.
1:09:35–1:09:39
Es wäre so einfach, ein Pfeiles, der nach Norden zeigt, damit du weißt,
1:09:39–1:09:41
in welche Richtung du diesem Gebäude möchtest.
1:09:41–1:09:45
Also es wäre wirklich einfach, ein einfaches optisches Merkmal zur Orientierung
1:09:45–1:09:47
in diesem Gebäude zu bauen. Denn das gibt es nicht.
Florian Clauß
1:09:48–1:09:51
Ja, das stimmt. Das ist wirklich fürchterlich. Mir geht es auch so.
1:09:52–1:09:56
Man hat überhaupt keine Orientierung. Und ich habe auch tatsächlich mal meinen Kompass rausgeholt.
1:09:57–1:10:00
Ich benutze nie oft meine Kompass-App, aber da schon.
Ali Hackalife
1:10:01–1:10:06
Oh, ich würde nochmal zu dem Denkmal hier in Berlin mit den Stählen zurückrechnen.
Florian Clauß
1:10:06–1:10:06
Ja, gerne.
Ali Hackalife
1:10:06–1:10:11
Und zwar, ich finde die Optik ja erstmal relativ selbsterklärend.
1:10:11–1:10:15
Ich bin einigen Leuten begegnet, die das nicht so sahen und sie nicht so selbsterklärend
1:10:15–1:10:17
fanden. Kennst du Shahak Shapira?
Florian Clauß
1:10:17–1:10:19
Shahak Shapira, nee.
Ali Hackalife
1:10:19–1:10:24
Shahak Shapira ist ein israelischer Comedian. Und seinen Bruder kennst du vielleicht,
1:10:24–1:10:30
das war der, der von den pro-palästinensischen Demonstranten der FU zusammengeprügelt wurde.
Florian Clauß
1:10:30–1:10:31
Ja, das habe ich gehört.
Ali Hackalife
1:10:32–1:10:37
Und Jacques Shapira hatte mal eine Kunstreihe mit dem Thema Hashtag Yolocaust,
1:10:37–1:10:41
wo er Fotos von Leuten gesammelt hat, die sich auf dem Stehlen daneben benehmen.
Florian Clauß
1:10:43–1:10:45
Das ist großartig.
Ali Hackalife
1:10:47–1:10:52
Also es ist halt ein sehr humoristischer Umgang mit etwas total Geschmacklosem,
1:10:52–1:10:56
nämlich Touristen aus aller Welt, die auf denen liegen, weil das sind ja große
1:10:56–1:10:59
Steine, die schön warm werden in der Sonne, die über die balancieren,
1:11:00–1:11:02
von Stein zu Stein hüpfen und so weiter.
1:11:02–1:11:05
Ich weiß nicht, wie da dein Referenzwert ist, aber mein erster Gedanke,
1:11:05–1:11:07
als ich es das erste Mal gesehen habe, und der ist ja auch gewollt,
1:11:08–1:11:09
ist der eines jüdischen Friedhofs.
1:11:11–1:11:15
Also jüdische Friedhöfe sind ja nicht, dass du verbuddelt, sondern du baust
1:11:15–1:11:19
eine Kammer nach oben, in der der Körper dann verschlossen ist aus Stein.
1:11:20–1:11:23
Und daran erinnert das mich von der Optik und das ist ja auch gewollt.
1:11:24–1:11:27
Und wenn man da durchgeht, sinkt der Boden ab und die Stehen um dich herum werden
1:11:27–1:11:30
immer höher und sollen dann beklemmend auf dich wirken.
Florian Clauß
1:11:30–1:11:31
Ja.
Ali Hackalife
1:11:31–1:11:35
Aber ich habe nicht das Gefühl, dass wenn ich sehe, wie Schulklasse nach Schulklasse
1:11:35–1:11:39
davor und da drum steht, dass diese Beklemmung sich transportiert.
Florian Clauß
1:11:39–1:11:45
Es ist ja ein Raum, der dann quasi sich erschließt, in dem Moment, wenn man den begeht, ne?
1:11:45–1:11:49
Am Anfang ist alles offen und dann springen halt irgendwelche Schulklassen über
1:11:49–1:11:53
die Stehlen und schlagen sich die Zähne aus, weil sie den Abstand falsch einschlägen.
1:11:54–1:11:58
Das kriegt man mit, aber in dem Moment, wenn man dann wirklich so tiefer absinkt
1:11:58–1:12:03
und die Stehlen über einen über den Kopf wachsen, ja, dann finde ich schon,
1:12:03–1:12:07
dass es so eine Enge passiert, ja, die erlebbar ist.
1:12:09–1:12:14
Ich finde, das funktioniert wirklich so, als eine Beklemmung der Enge.
1:12:14–1:12:17
Das würde ich so haken hinter. Das geht mir so bei diesem.
1:12:18–1:12:21
Ich meine, gut, dieses respektvoll sich benehmen.
1:12:21–1:12:27
Ich finde, es ist halt irgendwie so ein Platz, wo das auch zugelassen ist.
1:12:28–1:12:29
Und das finde ich halt offen.
1:12:29–1:12:34
Also man muss sich dann, man hat keinen, natürlich ist es ein Benimm-Code irgendwo
1:12:34–1:12:39
da. Aber es ist jetzt nicht so, dass du halt komplett freudlos oder sowas daraus denkst.
Ali Hackalife
1:12:39–1:12:41
Ist nicht da oben auch so eine Kunstinstallation?
Florian Clauß
1:12:41–1:12:43
Ja, da ist, glaube ich, hier so der Garten.
Ali Hackalife
1:12:43–1:12:47
Oh, und wir hören den Gong im Bundestag.
Florian Clauß
1:12:47–1:12:50
War das der Bundestag oder war das das Schiff?
Ali Hackalife
1:12:51–1:12:53
Also es ist derselbe Gong, der den Bundestag kriegt.
Florian Clauß
1:12:54–1:12:57
Okay, jetzt wird dein akustisches Gedächtnis getriggert.
Ali Hackalife
1:12:57–1:13:04
Mach doch mal ein Foto. Das hier, finde ich, zeigt Leere und Trostlosigkeit viel besser.
Florian Clauß
1:13:04–1:13:06
Ich weiß nicht, ob das so gewollt ist hier.
Ali Hackalife
1:13:06–1:13:08
Das ist Absicht, das hier ist eine Kunstinstallation.
Florian Clauß
1:13:09–1:13:12
Es ist so ein bisschen wie beim Potsdamer Platz, gibt es dann auch so diese
1:13:12–1:13:16
Hügel und dann auch diese Roststellen.
Ali Hackalife
1:13:16–1:13:19
Also das ist Absicht. Ich habe vergessen, wofür es hier ist,
1:13:19–1:13:20
aber das ist halt auch Geschichte.
1:13:20–1:13:23
Aber ich erinnere mich daran, ich finde hier, dadurch, dass so mitten in der
1:13:23–1:13:27
Promenade einfach ein Stück fehlt, das ist ja näher an dem Modell von Venet
1:13:27–1:13:30
mit der Siegessäule eine Säule, der Katsch dem Brandenburger Tor.
1:13:31–1:13:35
Hast du mal die alten Zeichnungen des Brandenburger Tors gesehen?
1:13:35–1:13:41
In der Wikipedia sind Bilder von ich glaube 1711 oder 1715, wo wirklich noch
1:13:41–1:13:45
das Tor nach Brandenburg war und im Prinzip nur aus zwei Häusern bestand.
1:13:46–1:13:50
Und das ist ja mehrfach umdesignt worden. Napoleon ist da durchgezogen,
1:13:50–1:13:52
natürlich die Nazis mit ihrem Fackelzug.
1:13:52–1:13:56
Und so wie es heute aussieht und so eine antike Ästhetik haben soll,
1:13:56–1:13:58
so sieht das ja noch gar nicht so lange aus.
Florian Clauß
1:14:00–1:14:03
Die Quadriga wurde dann irgendwann drauf gesetzt.
Ali Hackalife
1:14:03–1:14:06
Genau, die hat Napoleon zwischendurch eingesackt und mit nach Frankreich.
Florian Clauß
1:14:06–1:14:11
Ja, genau, das ist ja die Anekdote. Ich meine, so wie es dann aussieht nach Napoleon, oder?
1:14:12–1:14:16
Oder so um, wann war denn das dann? 1810?
Ali Hackalife
1:14:16–1:14:19
Also, ich glaube, 1815 war Völkerschlacht in Leipzig.
1:14:20–1:14:25
Das wird ja danach passiert sein. Also vielleicht 1813 oder so.
Florian Clauß
1:14:25–1:14:29
Aber dann die Quadriga, aber ja. Also ich meine, früher war es halt wirklich so ein Stadttor.
1:14:30–1:14:35
Das ist so ein Zolltor, wo man halt durchgekarrt ist.
Ali Hackalife
1:14:36–1:14:42
So, wir befinden uns jetzt zwischen Bahnhof und dem Bundestagskomplex.
1:14:42–1:14:46
Ein Gebiet, über das ich schon sehr viel gerannt bin, weil ich nicht die U-Bahn
1:14:46–1:14:48
zum Bundestag genommen habe.
1:14:49–1:14:51
Das ist ja mittlerweile die U5 auf der Strecke.
Florian Clauß
1:14:53–1:14:55
Die war doch nicht fertiggestellt zu deinen Zeiten.
Ali Hackalife
1:14:56–1:15:00
Ich weiß, dass es eine U-Bahn gab und gibt, und es gibt ja da direkt an Paul-Löbehaus
1:15:00–1:15:03
den Ein- und Ausgang mit der Station Bundestag.
1:15:03–1:15:08
Aber ich glaube, sie fuhr gerade eben erst und ich bin oft losgegangen und habe
1:15:08–1:15:08
die Strecke unterschätzt.
1:15:08–1:15:13
Also ich bin hier die Promenade doch sehr oft in meinem Leben rauf und runter gelaufen.
1:15:14–1:15:20
Und gleich kommt die Bundestagskita zu unserer Rechten, der sogenannte kurze Dienstweg.
Florian Clauß
1:15:20–1:15:25
Ich hatte aber meine Kollegin, die nicht irgendwie in Verbindung mit dem Bundestag
1:15:25–1:15:28
steht, ihre Kinder trotzdem hingegeben. Also sie hätten auch viele Plätze.
Ali Hackalife
1:15:30–1:15:34
Es ist halt auch sehr familienfeindlich. Also ich meine das im Ernst.
1:15:34–1:15:37
Ich glaube, es ist nicht möglich, beides gut zu machen.
1:15:37–1:15:41
Ich glaube, es ist nicht möglich, gutes Familienmitglied und Abgeordneter zu sein.
1:15:41–1:15:46
Für eine der Sachen brauchst du halt 60 Stunden in der Woche und du hast nicht
1:15:46–1:15:48
die Kapazität, 120 Stunden in der Woche aufzubringen.
Florian Clauß
1:15:49–1:15:54
Ja, ich glaube, du kannst nicht zwei Berufspolitiker als Eltern haben,
1:15:54–1:15:56
sondern einer muss halt die Arbeit machen.
Ali Hackalife
1:15:57–1:16:00
Ja, und wie gesagt, ich selber habe keine Kinder. Ich habe überlegt,
1:16:00–1:16:01
in Berufspolitik zu gehen.
1:16:02–1:16:06
Ich würde es meinen Kindern gegenüber als unfair empfinden, so große Teile einfach nicht da zu sein.
1:16:06–1:16:09
Und wenn ich da bin, die ganze Zeit mit, wenn das Telefon klingelt,
1:16:09–1:16:12
bist du wieder weg. Es geht wieder in die Fraktionssitzung, Sondersitzung,
1:16:12–1:16:14
Notfallplanung, Enquete-Kommission.
1:16:14–1:16:17
Also du bist ja selbst in den Momenten, wo du frei hast, nicht frei.
1:16:18–1:16:24
Und ich glaube, das verträgt sich nicht gut mit ein präsenter Elternteil sein.
Florian Clauß
1:16:24–1:16:26
Also ich will es auch nicht machen. Ich
1:16:26–1:16:30
kann es verstehen, aber hast du Politikwissenschaft dann zu Ende studiert?
Ali Hackalife
1:16:31–1:16:33
So ein leidiges Thema.
Florian Clauß
1:16:33–1:16:36
Wollen wir das Thema einfach mal rausschneiden?
Ali Hackalife
1:16:36–1:16:37
Nee, wir können das gerne ansprechen.
Florian Clauß
1:16:38–1:16:40
Wir gehen jetzt gleich über diese untere Brücke.
Ali Hackalife
1:16:40–1:16:44
Ich habe Politikwissenschaft weiter studiert, aber ich habe dann irgendwann
1:16:44–1:16:48
angefangen, vermehrt Philosophie-Module zu belegen, weil ich auf der Sinnsuche
1:16:48–1:16:51
war, nachdem ich festgestellt habe, der Politikbetrieb gibt mir nicht das,
1:16:51–1:16:52
was ich mir dort erhofft habe.
1:16:52–1:16:55
Habe ich sehr viel Zeit mit Philosophie verbracht und habe ja jetzt zwischendurch
1:16:55–1:16:57
auch mein erstes philosophisches Werk veröffentlicht.
Florian Clauß
1:16:57–1:17:01
Ja, genau, das haben wir doch schon erwähnt in der Zwischenzeit.
1:17:01–1:17:04
Du hast dein erstes Buch geschrieben. Herzlichen Glückwunsch.
Ali Hackalife
1:17:04–1:17:08
Danke, danke. Ja, zum Thema denkende Maschinen und die Philosophie des Denkens
1:17:08–1:17:14
und die Grundlage der modernen Koordinationswissenschaft und der computerisierten bzw.
1:17:15–1:17:17
Der elektronischen Emulation von Denken.
1:17:18–1:17:21
Und ja genau darüber habe ich geschrieben zusammen mit
1:17:21–1:17:26
dem dr christian christian schröter der seines zeichens am kti forscht also
1:17:26–1:17:31
am karlsruher institut für technologie das ist ja so das letzte bisschen an
1:17:31–1:17:36
echter kri-forschung die wir in deutschland noch haben alles andere wandert
1:17:36–1:17:39
ja zunehmend in die usa und nach paris ab.
Florian Clauß
1:17:39–1:17:43
Das buch ist auch aus einem podcast von dir hervorgegangen.
Ali Hackalife
1:17:43–1:17:44
Genau wir haben,
1:17:46–1:17:50
geführt und danach stand im Raum, dass in diesem Gespräch er und ich uns halt
1:17:50–1:17:56
auf fachlicher Basis unterhalten und für Leute, die nicht so viel Zeit haben,
1:17:56–1:18:00
sich so sehr mit Philosophie zu beschäftigen, habe ich mal alle Referenzen erklärt.
1:18:00–1:18:04
Also es sind Erklärtexte, es sind Quellen, es hat, ich glaube,
1:18:05–1:18:10
ich zitiere 60 verschiedene Bücher und Werke und das rangiert von der Sendung
1:18:10–1:18:11
mit der Maus bis zu Karl Marx.
1:18:12–1:18:14
Kommt übrigens auf derselben Seite vor.
1:18:15–1:18:18
Ich glaube, es ist ein guter Einstieg Es ist vor allem etwas,
1:18:18–1:18:21
das ich gerne gelesen hätte Bevor ich mich mit dem Thema befasst habe Ja.
Florian Clauß
1:18:22–1:18:26
Also man muss wirklich sagen Das war auch ein ganz, ganz tolles Gespräch Das
1:18:26–1:18:30
war eines dieser magischen Podcasts Wo ich dann dachte so, wow,
1:18:31–1:18:35
Und deswegen war ich noch so viel erfreut Weil ich tatsächlich auch angefangen
1:18:35–1:18:40
habe Alle möglichen Wiki-Seiten rauszusuchen Während des Gesprächs,
1:18:40–1:18:42
weil es mich dann wieder gepackt hat Und als ich dann gehört habe,
1:18:42–1:18:46
du hast ein Buch geschrieben Wie praktisch ist das denn?
Ali Hackalife
1:18:46–1:18:49
Ja, es ist halt, es ist während des Gesprächs klar geworden,
1:18:49–1:18:52
dass Shownotes machen keinen Spaß machen wird.
1:18:52–1:18:55
Wir laufen jetzt unterm Jakob-Maria-Mirscheid-Weg.
Florian Clauß
1:18:56–1:19:00
Ja, genau. Jetzt wissen aber auch nur die, die den Podcast gehört haben,
1:19:00–1:19:02
das ist ordentlich zu verorten.
Ali Hackalife
1:19:02–1:19:07
Da drüben ist die Kantine vom Paul-Löbe-Haus. Und ich bin ja Vegetarier.
1:19:08–1:19:14
Und Vegetarier im Deutschen Bundestag war zumindest damals 2020 eine schwere Geschichte.
Florian Clauß
1:19:14–1:19:15
Wirklich?
Ali Hackalife
1:19:15–1:19:21
Weil, also erstmal ist es so, im Gebäude, also da drüben in dem Komplex, wo auch mein Büro war,
1:19:22–1:19:26
da gibt es ein Casino, also eine Kantine und es gibt dort unter anderem von
1:19:26–1:19:29
jeder Bank, die in Deutschland Geschäfte hat, einen eigenen Automaten,
1:19:29–1:19:32
damit du gebührenfrei bei deiner Hausbank abheben kannst.
1:19:32–1:19:35
Denn im Jahr 2020 konnte man sein Mittagessen nicht mit Karte bezahlen.
1:19:35–1:19:40
Es gab Karten, auf die du Geld aufladen konntest, so MyFair-NFC-Karten.
1:19:41–1:19:44
Und du konntest mit Bargeld bezahlen. Das heißt, der deutsche Magen möchte um
1:19:44–1:19:45
12 Uhr gefüttert werden.
1:19:46–1:19:50
Also ab 11.30 Uhr lange Schlange an den Bankautomaten, weil als Abgeordneter
1:19:50–1:19:54
hast du ja nicht mal eben einen Zehner auf Tasche, um dir dein Mittagessen zu kaufen.
1:19:54–1:19:59
Und es gibt einen Ausgabestand, an dem gibt es an jedem Tag Currywurst-Pommes.
1:19:59–1:20:04
Und dann war das vegetarische Essen halt oft so ein absurder Quatsch.
1:20:04–1:20:08
Also so, was wir hier, Wir haben für alle einen Hähnchensalat gemacht,
1:20:08–1:20:09
für die Vegetarier gibt es ihn ohne Hähnchen.
1:20:10–1:20:14
Ich möchte dir jetzt nichts anmerken, aber nur so eine große Schüssel grün essen
1:20:14–1:20:16
macht nicht so richtig satt.
Florian Clauß
1:20:16–1:20:20
Ja, das ist absurd. Das klingt ja wie irgendwie Mensa-Essen aus den 90ern.
Ali Hackalife
1:20:20–1:20:26
Wir laufen am Eingang zur Tiefgarage vom Bundestag vorbei. Und das ist,
1:20:26–1:20:30
wenn du etwas ins Gebäude bekommen möchtest und du möchtest nicht das alles
1:20:30–1:20:33
mitbekommen, sind die Zugänge der Tiefgaragen.
1:20:33–1:20:38
Wir hatten zwischendurch das Problem, dass wenn du große Möbel reinbringen möchtest,
1:20:38–1:20:42
die auffällig groß sind, in der Richtung eines Sofas, dann musst du dafür einen Antrag stellen.
1:20:42–1:20:45
Oder du stellst keinen Antrag und gehst damit durch die Tiefgarage.
Florian Clauß
1:20:46–1:20:53
Ja, genau. Hier so richtige Hacks und Tricks lernen, wenn ich meinen Bundestag einziehe.
Ali Hackalife
1:20:54–1:21:00
Hier wieder zu unserer Rechten das Paul-Löbe-Haus. Nein, hier ist das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus.
1:21:00–1:21:01
Da sind die Rotunden drin.
1:21:01–1:21:05
In den Rotunden finden die Anhörungen der Untersuchungsausschüsse statt.
1:21:05–1:21:10
Und die sind so gebaut, dass die Außen- und die Innenwand schwingungsgleich
1:21:10–1:21:11
voneinander getrennt sind.
1:21:11–1:21:15
Das heißt, wenn du mit einem Lasermikrofon auf die äußere Scheibe zielst,
1:21:15–1:21:18
da kannst du nicht abhören, was drinnen gesprochen wird.
Florian Clauß
1:21:18–1:21:18
Ja, sehr gut.
Ali Hackalife
1:21:19–1:21:22
Hat aber den großen Nachteil, Rotunden sind rund. Stell mal in einem runden
1:21:22–1:21:23
Raum einen Tisch an die Wand.
Florian Clauß
1:21:23–1:21:26
Aber vielleicht gibt es auch runde Tische oder halbrunde Tische.
Ali Hackalife
1:21:26–1:21:31
Und hier in die Ecke ertagt die Bundespressekonferenz. Bei dem Innenhof der
1:21:31–1:21:39
BPK gibt es so ein Wasserspiel im Boden und es gibt da eine Kaffeebar mit einem Barista und du kannst,
1:21:39–1:21:42
wenn du ein bisschen Zeit wegbringst und deine Mittagspause in diesem Innenhof machst,
1:21:43–1:21:46
siehst du einmal am Tag jemanden, der bei dem Wasserspiel sind so Stufen,
1:21:46–1:21:49
wie man da durchlaufen kann, um nass zu werden und dann gucken die Leute halt
1:21:49–1:21:53
konzentriert auf ihre Tasse, um nicht zu kleckern und treten neben die Stufen
1:21:53–1:21:55
von dem Wasserspiel und haben nasse Füße. so.
Florian Clauß
1:21:57–1:21:59
Hat der auch so Betten abgeschlossen.
Ali Hackalife
1:22:00–1:22:04
So nieder war es dann doch nicht, aber ich habe wenig Pausen gemacht,
1:22:04–1:22:06
aber die wusste ich dann immer ganz gut rumzubringen.
1:22:07–1:22:10
Genau, jetzt siehst du hier nochmal die Rotunden in der Nahbetrachtung.
1:22:12–1:22:19
Und das ist dann so unten im Kreis sitzen die Abgeordneten und ihre eingeladenen Sachverständigen.
1:22:20–1:22:24
Und es gibt oben drüber nochmal eine Empore, von der man zuschauen kann.
1:22:24–1:22:28
Weil viele Untersuchungsausschüsse tagen nicht öffentlich.
1:22:28–1:22:32
Also es gibt manche, die mit Absatz öffentlich tagen und dann gibt es auch eine
1:22:32–1:22:35
Live-Obertragung dazu. Aber die meisten tun es nicht.
1:22:35–1:22:39
Und unter Merkel war das erste Mal in ihrer dritten oder vierten Amtszeit die
1:22:39–1:22:43
Frage, wollen wir das umdrehen, dass standardmäßig die Ausschusssitzungen öffentlich
1:22:43–1:22:46
sind und nur auf Antrag privat.
1:22:47–1:22:50
Und es wurde zumindest diskutiert, während seit ich noch im Bundestag war,
1:22:51–1:22:53
aber es ist unter der Ampel dann leider nicht umgesetzt worden.
1:22:53–1:22:57
Ich finde es eigentlich eine gute Transparenz-Offensive gegenüber der Bevölkerung
1:22:57–1:23:01
zu sagen, wenn wir hier im Ausschuss die Experten hören, sollen alle hören können, was die Experten,
1:23:03–1:23:09
Jetzt habe ich doch ein bisschen viel über Politik geredet, abseits von Stonehenge.
1:23:09–1:23:12
Fast so, als hätte das Regierungsfeld etwas damit zu tun.
Florian Clauß
1:23:12–1:23:17
Wie könnte es sein? Bei uns ist das ARD-Hauptstadtstudio. Und da gibt es ja
1:23:17–1:23:22
auch ein Studio, wo man halt auch so den Reichstag dann sehen kann.
1:23:22–1:23:25
Das heißt, die müssen sich da nicht frierend draußen hinstellen,
1:23:25–1:23:28
was du neulich auch kritisiert hast in einer deiner Sendung.
1:23:29–1:23:33
Dass dann die Authentizität von Journalismus darin ausartet,
1:23:33–1:23:36
dass alle Korrespondenten sich dann immer irgendwo hinstellen müssen.
Ali Hackalife
1:23:36–1:23:40
Um zu beweisen, das ist der Ort. Genau, das war mit C-Light über die Unterhaltung zum Thema Weltlage,
1:23:40–1:23:45
wo ich kritisierte, dass Katrin Eigendorf nachts in der kalten Ukraine stehen
1:23:45–1:23:47
muss, während mir auch gereicht hätte, wenn sie gesagt hätten,
1:23:48–1:23:51
wir erreichen Frau Eigendorf im Kiew-Studio und im Hintergrund steht einfach
1:23:51–1:23:52
Kiew an der Wand. Das wäre für mich okay gewesen.
Florian Clauß
1:23:53–1:23:56
Das finde ich auch für mich nachvollziehbar. Aber hier haben sie es ja richtig
1:23:56–1:23:59
gemacht, die ARD. einfach direkt das Studio vor dem Reichstag aufzubauen.
1:24:00–1:24:02
Genau, wie kriegen wir jetzt noch den Bogen zu Stonehenge?
Ali Hackalife
1:24:02–1:24:06
Der Bogen über die Stählen ist tatsächlich gar kein schlechter zu sagen.
1:24:06–1:24:09
Wie integrieren wir Erinnerungskultur so, dass sie nicht verfälscht ist?
1:24:09–1:24:12
Sodass sie nicht wie in Weimar erdrückt, sodass sie präsent ist?
1:24:13–1:24:17
Ich muss sagen, ich finde zum Beispiel gut, das Gebäude, wo der Führerbunker
1:24:17–1:24:21
war, ist ja komplett aufgefüllt mit Schutt und es steht da noch eine Gedenktafel,
1:24:22–1:24:23
also der Führerbunker neben dem Wendlerblock.
1:24:23–1:24:26
Im Wendlerblock sitzt ja heute immer noch die Verteidigung.
1:24:27–1:24:31
Und ich finde es eigentlich sehr gut, dass es da keine Pilgerstätte gibt und
1:24:31–1:24:33
dass es da auch keine Mahnstätte gibt.
1:24:33–1:24:37
Also ich finde, manche Orte sind, es ist gut, sie zu verfüllen,
1:24:37–1:24:40
ein Schild hinzustellen, aber kein Gewesen drumrum zu machen.
1:24:40–1:24:44
Und bei Stonehenge hätte ich mir gewünscht, dass wenn man schon sagt,
1:24:44–1:24:47
wir bauen das jetzt hier künstlich auf, dass man dann sagt, und jetzt kann man
1:24:47–1:24:49
auch direkt durch die Steine gehen.
Florian Clauß
1:24:49–1:24:56
Dass man das wieder nahbar macht. Nach diesem maximal invasiven Eingriff in
1:24:56–1:25:02
die Geschichte von dem Monument von Stonehenge ist ja dann auch eine Charter erlassen worden,
1:25:03–1:25:06
die dann für die Archäologie und Anthropologie dann so auch vorschreibt,
1:25:07–1:25:10
dass man jetzt nie mal invasiv das machen muss. Also das war in den 60ern.
1:25:11–1:25:14
Also die haben dann auch irgendwann lessons learned gemacht und gesagt,
1:25:14–1:25:15
was sollten wir nicht machen.
1:25:16–1:25:19
Und ich meine, gut, die Messmethoden sind sehr viel besser geworden.
1:25:19–1:25:21
Das heißt, mit dieser Mann...
Ali Hackalife
1:25:21–1:25:23
Ich erinnere nochmal an den Knochenberg. Oh, wir haben noch eins geklappt.
1:25:23–1:25:25
Ja, wirf es in den Knochenhaufen.
Florian Clauß
1:25:26–1:25:29
Genau, wir haben Praktikanten, die puzzeln gerne.
1:25:29–1:25:32
Das ist schon enorm, was es aber jetzt für Möglichkeiten gibt,
1:25:32–1:25:35
da auch noch mehr Informationen aus dem Boden rauszuholen.
1:25:35–1:25:38
Das ist ja wirklich so ein Sprung, der dann nochmal nach vorne getan hat.
1:25:38–1:25:42
Und deswegen funktionieren, glaube ich, jetzt auch ganz gut so minimalinvasive
1:25:42–1:25:46
Methoden, um dann halt auch zu rekonstruieren, was war da mal.
1:25:46–1:25:51
Generell ist auch die Frage von, ja, wenn ich die Bedeutung weiß und dann.
1:25:52–1:25:54
Aber das ist ja auch schon, ja, es ist halt interessant. Ja,
1:25:55–1:25:56
ich glaube, es ist einfach auch interessant.
Ali Hackalife
1:25:56–1:26:03
Es ist auch interessant. Ich glaube, dass die Warum-Frage die zweckloseste aller Fragen ist.
1:26:03–1:26:06
Das merkt man auch in der Philosophie, wenn man erzählt, ich studiere Philosophie.
1:26:06–1:26:09
Und Leute sich dann fragen, warum oder was ist der Sinn des Lebens?
1:26:09–1:26:13
Ich glaube, der Sinn des Lebens ist eine klassische Fehlschlussfolgerung,
1:26:13–1:26:18
weil wir feststellen, dass um uns herum, also die Vergangenheit wirkt immer deterministisch.
1:26:19–1:26:22
Weil wir jetzt hier sind, weil wir den Weg gelaufen sind, den wir gelaufen sind,
1:26:22–1:26:25
weil wir ganz viele Entscheidungen auf dem Weg nicht getroffen oder getroffen haben.
1:26:25–1:26:28
Also deterministisch sind wir hier an diesem Ort.
1:26:28–1:26:33
Daraus abzuleiten, dass alle Entscheidungen, die passieren, einen Zweck haben,
1:26:33–1:26:35
ist ein einfacher, logischer Fehler.
1:26:36–1:26:40
Dass Dinge einfach aus Coincidence, aus Gleichzeitigkeit, aus Zufälligkeit passieren,
1:26:40–1:26:41
ist etwas, das wir oft übersehen.
1:26:42–1:26:46
Und bei der Sinnfrage, bei so etwas wie, warum lebe ich, die biologische Antwort
1:26:46–1:26:49
ist meistens gar nicht so spannend Und wofür lebe ich?
1:26:49–1:26:53
Naja, wir sind Flughäfe auf einem Stein irgendwo im Weltall.
1:26:54–1:26:57
Also ich glaube, die Sinnfrage zu stellen ist nicht zielführend.
1:26:57–1:26:58
Und es ist ja auch befreiend.
1:26:59–1:27:02
Also Zootiere zum Beispiel haben eine ganz klare Sinnfrage, warum sie leben.
1:27:03–1:27:05
Und da ist es doch ganz schön zu wissen, dass wir die nicht haben.
Florian Clauß
1:27:07–1:27:11
Ja, nee, was kann besser als Schlusswort dienen als diese letzten Worte?
1:27:11–1:27:14
Ali, hat mich gefreut, dass es geklappt hat.
1:27:14–1:27:16
Es war wieder sehr schön, dich hier in der Sendung zu haben.
1:27:17–1:27:19
Danke, hört auch interessant.
Ali Hackalife
1:27:19–1:27:20
Lest mein Buch.
Florian Clauß
1:27:20–1:27:24
Genau, lest das Buch, kauft das Buch und bald wird auch ein Hörbuch erscheinen.
1:27:24–1:27:26
Wann nennen das? Worauf warte ich noch?
Ali Hackalife
1:27:28–1:27:32
Also die Dateien habe ich ja. Nach dem jetzt noch zu schneidenden Interview
1:27:32–1:27:33
werde ich wieder das Hörbuch schneiden.
1:27:34–1:27:37
Also ich denke so in zwei, drei Wochen geht es da weiter und ich hoffe,
1:27:38–1:27:41
dass das nur noch eine Frage von einer einstelligen Anzahl Wochen ist.
1:27:42–1:27:44
Ich schicke dir auf jeden Fall einen Link, wenn es das Ganze gibt.
1:27:44–1:27:46
Danke für die Einladung, es hat mich gefreut.
1:27:46–1:27:48
Ich bin ja immer mal wieder in Berlin. Vielleicht drehen wir noch mal eine Runde
1:27:48–1:27:50
durch einen anderen Bezirk.
Florian Clauß
1:27:50–1:27:55
Ja, sehr gerne. Das war jetzt eigentlich Podcast Episode 77.
1:27:56–1:28:02
Das Ganze könnt ihr auf eigentlich-podcast.de nach, ich wollte schon sagen hören,
1:28:02–1:28:04
aber ihr könnt sehen, wo wir langgelaufen sind.
1:28:04–1:28:08
Ihr könnt Shownotes euch anschauen und ein bisschen Text, was wir noch zusammengestellt haben.
1:28:08–1:28:13
Das Ganze wird erscheinen, wenn du wahrscheinlich schon deine Folge herausgegeben
1:28:13–1:28:17
hast, weswegen du hier in Berlin bist. Deswegen können wir jetzt glaube ich,
1:28:17–1:28:18
brauchen wir nicht zu spoilern.
1:28:18–1:28:20
Also hört die Joscha-Bach-Folge an.
Ali Hackalife
1:28:21–1:28:24
Jawohl. Danke für die Einladung. Ich verabschiede mich.
Florian Clauß
1:28:24–1:28:25
Tschüss.

Berlins historische Wahrzeichen: Zwischen preußischer Vergangenheit und demokratischer Gegenwart

In der Mitte Berlins, wo sich heute das Regierungsviertel der Bundesrepublik Deutschland erstreckt, verdichtet sich die wechselvolle Geschichte einer Stadt und eines Landes auf einzigartige Weise. Die monumentalen Bauwerke und Denkmäler, die diesen Raum prägen, sind nicht nur architektonische Meisterwerke, sondern auch steinerne Zeugen deutscher Geschichte – vom Aufstieg Preußens über die Reichsgründung, zwei Weltkriege und die Teilung bis hin zur Wiedervereinigung und demokratischen Gegenwart. Eine Betrachtung dieser Wahrzeichen offenbart die komplexen Schichten der Berliner und deutschen Identität.

Die Siegessäule: Monument preußischer Machtentfaltung

Die Berliner Siegessäule, heute ein unverkennbares Symbol der Stadt, trägt in ihrer Geschichte die Spuren preußischer Machtpolitik und nationalsozialistischer Stadtplanung. Ursprünglich wurde das Monument 1873 auf dem damaligen Königsplatz (heute Platz der Republik) vor dem Reichstagsgebäude errichtet. Die Säule entstand als Denkmal für die drei siegreichen Kriege, die unter der Führung Preußens zur deutschen Einigung führten: den Deutsch-Dänischen Krieg von 1864, den Deutsch-Österreichischen Krieg von 1866 und den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.

Die symbolische Bedeutung des Monuments ist vielschichtig: Das Bauwerk verkörpert den preußischen Militarismus und die Durchsetzung der kleindeutschen Lösung unter preußischer Führung. Die vergoldete, 8,3 Meter hohe Viktoria an der Spitze – im Volksmund liebevoll „Goldelse“ genannt – blickt triumphierend in den Himmel. Besonders bemerkenswert: Die Säule ist mit dem Metall von 16 erbeuteten dänischen, 35 österreichischen und 75 französischen Kanonen verziert, die zu vergoldeten Reliefs verarbeitet wurden – ein materialisierter Triumph über die besiegten Gegner.

Die heutige Position der Siegessäule ist das Ergebnis nationalsozialistischer Stadtplanung. Im Rahmen von Albert Speers megalomanischen „Germania“-Plänen wurde das Monument 1938/39 an seinen heutigen Standort am Großen Stern versetzt. Bei dieser Verlegung erhöhte man die Säule durch ein zusätzliches Segment von ursprünglich 50,7 auf 66,9 Meter – ein Eingriff, der die imperiale Symbolik des Monuments noch verstärkte. Die Säule wurde Teil der monumentalen Ost-West-Achse (heute Straße des 17. Juni), die als Paradestrecke und Machtdemonstration des NS-Regimes dienen sollte.

Die drei Einigungskriege: Preußens Weg zur Reichsgründung

Die Kriege, denen die Siegessäule gewidmet ist, markieren entscheidende Etappen auf dem Weg zur deutschen Einigung unter preußischer Führung. Der Deutsch-Dänische Krieg von 1864 entbrannte um die Zugehörigkeit der Herzogtümer Schleswig und Holstein. Preußen und Österreich kämpften gemeinsam gegen Dänemark und sicherten sich die Kontrolle über diese strategisch wichtigen Gebiete.

Nur zwei Jahre später, 1866, kam es zum Deutsch-Österreichischen Krieg, in dem Preußen gegen seinen ehemaligen Verbündeten antrat. Die Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 brachte die Entscheidung zugunsten Preußens und beendete die österreichische Vorherrschaft im Deutschen Bund. Dieser Sieg ebnete den Weg für die preußische Dominanz in Deutschland und führte zur Gründung des Norddeutschen Bundes.

Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 vervollständigte schließlich den preußischen Einigungsprozess. Nach dem Sieg über Frankreich wurde am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Kaiserreich proklamiert – mit dem preußischen König Wilhelm I. als deutschem Kaiser. Diese „Einigung von oben“ unter preußischer Führung prägte die politische Kultur des neuen Reiches nachhaltig.

Preußische Geschichte: Vom Königreich zur europäischen Großmacht

Die Geschichte Preußens, die in Berlins Architektur und Denkmälern allgegenwärtig ist, begann mit der Krönung Friedrichs III. von Brandenburg zum „König in Preußen“ am 18. Januar 1701 in Königsberg. Als Friedrich I. begründete er die preußische Monarchie, die in den folgenden zwei Jahrhunderten zur bestimmenden Macht in Mitteleuropa aufsteigen sollte.

Unter Friedrich II., genannt „der Große“ (1740-1786), erlebte Preußen seinen Aufstieg zur europäischen Großmacht. Durch militärische Erfolge wie die Eroberung Schlesiens im Österreichischen Erbfolgekrieg und durch innere Reformen wie die Förderung der Aufklärung, des Handels und der Landwirtschaft formte Friedrich ein modernes Staatswesen. Seine Bauten in Berlin und Potsdam – allen voran Schloss Sanssouci – zeugen bis heute von dieser Blütezeit.

Die napoleonische Ära brachte 1806 mit der vernichtenden Niederlage bei Jena und Auerstedt einen dramatischen Einschnitt. Doch die anschließende Reformzeit unter Staatsmännern wie Freiherr vom Stein und Wilhelm von Humboldt legte den Grundstein für die Modernisierung Preußens. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, die Bildungsreform und die Bauernbefreiung schufen die Voraussetzungen für den späteren Wiederaufstieg.

Die Ära Otto von Bismarcks (1862-1890) markierte schließlich den Höhepunkt preußischer Machtentfaltung. Als Ministerpräsident und später als Reichskanzler orchestrierte er die deutsche Einigung unter preußischer Führung. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Sturz der Monarchie 1918 verlor Preußen zwar seine Vormachtstellung, blieb aber als größtes Land der Weimarer Republik politisch bedeutsam. Die formelle Auflösung Preußens erfolgte erst 1947 durch den Alliierten Kontrollrat – ein symbolischer Schlussstrich unter eine Staatsidee, die Deutschland über Jahrhunderte geprägt hatte.

Berlin: Von der mittelalterlichen Doppelstadt zur Metropole

Die Geschichte Berlins beginnt lange vor dem Aufstieg Preußens. Die mittelalterliche Doppelstadt Berlin-Cölln, erstmals 1237 bzw. 1244 urkundlich erwähnt, entstand an einer günstigen Furt über die Spree. Im Jahr 1432 schlossen sich beide Städte zur „Berliner Union“ zusammen – ein erster Schritt zur Vereinigung, die 1709 mit der Gründung der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin offiziell vollzogen wurde.

Mit der Krönung Friedrichs I. zum König in Preußen 1701 begann Berlins Aufstieg zur preußischen Hauptstadt. Die Stadt erfuhr unter den preußischen Herrschern eine umfassende bauliche Prägung. Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“, erweiterte die Stadtmauern und schuf mit der Friedrichstadt ein neues Stadtviertel. Friedrich der Große ließ repräsentative Bauten wie das Forum Fridericianum (heute Bebelplatz) errichten und förderte die Ansiedlung von Handwerkern und Künstlern.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Berlin zur Industriemetropole. Die Bevölkerung wuchs explosionsartig von rund 170.000 Einwohnern im Jahr 1800 auf über 2 Millionen um 1900. Mit dem Groß-Berlin-Gesetz von 1920 entstand schließlich durch die Eingemeindung umliegender Städte und Dörfer die moderne Bezirksstruktur – ein administrativer Meilenstein, der Berlin zur flächenmäßig zweitgrößten Stadt Europas machte.

NS-Zeit und Stadtplanung: Speers „Germania“ und die Umgestaltung Berlins

Die nationalsozialistische Herrschaft hinterließ tiefe Spuren im Stadtbild Berlins. Albert Speer, Hitlers Architekt und späterer Rüstungsminister, entwickelte ab 1937 gigantomanische Pläne für die Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“. Im Zentrum dieser Planungen stand eine monumentale Nord-Süd-Achse, die von einem 117 Meter hohen Triumphbogen im Süden bis zu einer 290 Meter hohen „Großen Halle“ im Norden reichen sollte.

Während die meisten Elemente von „Germania“ Planungen blieben, wurde die Ost-West-Achse, die heutige Straße des 17. Juni, teilweise verwirklicht. Die Verlegung der Siegessäule vom Königsplatz zum Großen Stern war Teil dieser Umgestaltung. Nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933, den die Nationalsozialisten als Vorwand für die Aushebelung demokratischer Grundrechte nutzten, tagte das Parlament nicht mehr im Reichstagsgebäude. Stattdessen wurde die Neue Reichskanzlei zum eigentlichen Machtzentrum des NS-Regimes.

Die „Germania“-Pläne offenbaren den totalitären Charakter des NS-Regimes: Architektur sollte hier nicht menschlichen Bedürfnissen dienen, sondern Macht demonstrieren und einschüchtern. Die wenigen realisierten Bauten wie das Reichsluftfahrtministerium (heute Bundesfinanzministerium) zeugen von diesem Anspruch. Die vollständige Umsetzung der Pläne hätte die historisch gewachsene Stadt weitgehend zerstört – ein Schicksal, das Berlin durch die Bombardierungen des Zweiten Weltkriegs dann auf andere, tragische Weise erlitt.

Das Reichstagsgebäude: Vom Kaiserreich zur Demokratie

Kein anderes Gebäude in Berlin verkörpert die Höhen und Tiefen deutscher Geschichte so eindrucksvoll wie das Reichstagsgebäude. Erbaut zwischen 1884 und 1894 nach Plänen des Architekten Paul Wallot, war es ursprünglich als Sitz des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs konzipiert. Die berühmte Inschrift „Dem Deutschen Volke“ wurde erst 1916, mitten im Ersten Weltkrieg, angebracht – ein spätes Zugeständnis an die demokratische Idee.

Am 9. November 1918, als der Erste Weltkrieg verloren war und die Monarchie zusammenbrach, verkündete Philipp Scheidemann vom Balkon des Reichstags die Republik. Während der Weimarer Zeit diente das Gebäude als parlamentarisches Zentrum, bis der Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 den Nationalsozialisten als willkommener Vorwand für die Errichtung ihrer Diktatur diente. In der NS-Zeit tagte das gleichgeschaltete Parlament nicht mehr im Reichstag, sondern in der Krolloper.

Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurde das Gebäude 1945 zum Schauplatz eines der ikonischsten Momente des 20. Jahrhunderts: Sowjetische Soldaten hissten die rote Fahne auf dem Dach – ein Bild, das zum Symbol für das Ende des Dritten Reiches wurde. Während der deutschen Teilung lag der Reichstag im britischen Sektor West-Berlins, nur wenige Meter von der Berliner Mauer entfernt. In den 1960er Jahren notdürftig renoviert, diente er für Ausstellungen und gelegentliche Sitzungen des Bundestags, ohne jedoch seine volle parlamentarische Funktion wiederzuerlangen.

Nach der Wiedervereinigung 1990 beschloss der Deutsche Bundestag, seinen Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen. Der britische Architekt Norman Foster wurde mit der umfassenden Renovierung des Reichstags beauftragt, die von 1995 bis 1999 dauerte. Das markanteste Element des erneuerten Gebäudes ist die gläserne Kuppel, die Besuchern einen Rundblick über die Stadt ermöglicht und gleichzeitig den Plenarsaal von oben einsehbar macht – ein bewusstes Symbol für die Transparenz der demokratischen Institutionen.

Die Reichstagsverhüllung: Kunstprojekt mit historischer Dimension

Bevor der Reichstag zum Sitz des Deutschen Bundestags umgebaut wurde, fand dort im Sommer 1995 eines der spektakulärsten Kunstprojekte des 20. Jahrhunderts statt: die Verhüllung des Reichstagsgebäudes durch die Künstler Christo und Jeanne-Claude. Die Idee entstand bereits 1971 bei einem Berlin-Besuch Christos, doch der Weg zur Realisierung war lang und steinig.

Nach mehreren abgelehnten Anfragen in den 1970er und 1980er Jahren und intensiver Lobby-Arbeit kam es am 25. Februar 1994 zu einer historischen Debatte im Deutschen Bundestag. Mit 292 zu 223 Stimmen – in einer fraktionsübergreifenden Abstimmung nach persönlicher Überzeugung – erteilten die Abgeordneten ihre Zustimmung zu dem Kunstprojekt.

Die Umsetzung erforderte jahrelange technische Studien, Windtests und statische Berechnungen. Für die Verhüllung wurden 100.000 Quadratmeter feuerfestes Polypropylengewebe und 15,6 Kilometer blaue Seile verwendet. Über 90 professionelle Kletterer und 120 Monteure arbeiteten vom 17. bis 24. Juni 1995 an der Installation. Das Kunstwerk war für 14 Tage, vom 24. Juni bis 7. Juli 1995, zu sehen und zog über 5 Millionen Besucher an.

Die Reichstagsverhüllung wurde vollständig durch den Verkauf von Christos Vorstudien und Kunstwerken finanziert – ohne Sponsoren oder öffentliche Gelder. Diese finanzielle Unabhängigkeit war den Künstlern wichtig, um ihre künstlerische Freiheit zu wahren.

Die Wirkung des Projekts ging weit über das Ästhetische hinaus. Die Verhüllung transformierte das historisch belastete Gebäude vorübergehend in ein abstraktes Kunstwerk und schuf Raum für neue Assoziationen. Paradoxerweise betonte die Verhüllung die Architektur, indem sie sie dem direkten Blick entzog. Das Projekt gilt heute als Meilenstein der Kunst im öffentlichen Ra und als Symbol für das wiedervereinigte Berlin.

Der befriedete Bezirk: Demokratische Sicherheitszone

Um das Reichstagsgebäude und die umliegenden Parlamentsgebäude erstreckt sich heute ein besonderer Bereich, der offiziell als „befriedeter Bezirk“ bezeichnet wird – im Volksmund oft „Bannmeile“ genannt. Dieser Bezirk umfasst neben dem Reichstagsgebäude auch das Paul-Löbe-Haus und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus und wird im Norden etwa durch die Spree, im Osten durch die Wilhelmstraße, im Süden durch die Dorotheenstraße und im Westen durch die Scheidemannstraße und den Platz der Republik begrenzt.

Die Einrichtung dieses besonderen Bezirks dient dem Schutz der parlamentarischen Arbeit und hat historische Gründe: In der Weimarer Republik hatten Demonstrationen vor dem Reichstag wiederholt Druck auf die Abgeordneten ausgeübt. Das „Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes“ regelt heute die Bestimmungen für diesen Bereich, in dem Demonstrationen und öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel grundsätzlich verboten sind. Ausnahmegenehmigungen können durch den Bundestagspräsidenten oder die Bundestagspräsidentin erteilt werden.

Neben dem Demonstrationsverbot gelten im befriedeten Bezirk weitere Beschränkungen, etwa für Foto-, Film- und Fernsehaufnahmen in bestimmten Bereichen, ein verschärftes Waffenverbot sowie die Erlaubnis für strenge Zugangskontrollen. Diese Maßnahmen dienen der Sicherheit der Verfassungsorgane und sollen die ungestörte Funktionsfähigkeit der Demokratie gewährleisten.

Das Brandenburger Tor: Vom Friedenstor zum Symbol der Einheit

Das Brandenburger Tor, 1788-1791 von Carl Gotthard Langhans im frühklassizistischen Stil erbaut, hat im Laufe seiner Geschichte einen bemerkenswerten Bedeutungswandel erfahren. Ursprünglich als Friedenstor konzipiert – die von Johann Gottfried Schadow geschaffene Quadriga trägt die Friedensgöttin Eirene –, wurde es später zum Symbol nationaler Identität und militärischer Triumphe. Nach dem Sieg über Napoleon 1814 wurde die von den Franzosen entwendete Quadriga zurückgebracht und mit dem Eisernen Kreuz und dem preußischen Adler ergänzt – ein Symbol des Triumphes über Frankreich.

Während der deutschen Teilung stand das Brandenburger Tor unmittelbar an der Berliner Mauer im sowjetischen Sektor und war für den normalen Verkehr gesperrt. Es wurde zum Symbol der schmerzlichen Trennung Deutschlands. Die Bilder vom 9. November 1989, als tausende Menschen auf der Mauer am Brandenburger Tor die Öffnung der Grenzen feierten, gingen um die Welt. Heute verbindet die Straße des 17. Juni – benannt nach dem Volksaufstand in der DDR 1953 – das Brandenburger Tor mit der Siegessäule und schafft so eine symbolische Achse, die verschiedene Epochen deutscher Geschichte verbindet.

Berlins Wahrzeichen als Spiegel deutscher Geschichte

Die historischen Wahrzeichen im Berliner Regierungsviertel erzählen die vielschichtige Geschichte einer Stadt und eines Landes. Von der preußischen Machtentfaltung über die Katastrophen des 20. Jahrhunderts bis zur demokratischen Gegenwart spiegeln sie die Brüche und Kontinuitäten deutscher Geschichte wider. In ihrer heutigen Nutzung und Symbolik sind sie nicht nur Erinnerungsorte, sondern auch lebendige Bestandteile einer demokratischen Kultur.

Die Transformation des Reichstagsgebäudes vom Symbol kaiserlicher und später nationalsozialistischer Macht zum transparenten Sitz eines demokratischen Parlaments steht exemplarisch für den Wandel, den Deutschland durchlaufen hat. Die gläserne Kuppel, die Besuchern einen Blick auf die Arbeit der Abgeordneten ermöglicht, verkörpert das Ideal einer offenen, bürgernahen Demokratie.

Berlins historische Wahrzeichen sind somit mehr als nur touristische Attraktionen – sie sind steinerne Zeugen einer komplexen Vergangenheit und zugleich Symbole für die Hoffnungen und Werte der Gegenwart. In ihrer Vielschichtigkeit fordern sie uns auf, Geschichte kritisch zu reflektieren und die Errungenschaften der Demokratie zu bewahren.

Stonehenge: Neues Licht auf ein altes Rätsel

Moderne Forschungsmethoden enthüllen die Geheimnisse eines der berühmtesten prähistorischen Monumente der Welt

Seit Jahrhunderten fasziniert Stonehenge Gelehrte und Laien gleichermaßen. Doch erst in den letzten Jahrzehnten haben revolutionäre wissenschaftliche Methoden begonnen, die Geheimnisse dieses enigmatischen Monuments zu lüften. Die gewaltigen Steinkreise auf der Salisbury-Ebene in Südengland erzählen heute eine weitaus komplexere Geschichte, als wir je vermutet hätten.

Die Revolution der archäologischen Methoden

Die wissenschaftliche Erforschung von Stonehenge begann im frühen 20. Jahrhundert mit konventionellen Ausgrabungen. Doch erst die Einführung moderner Technologien hat unser Verständnis grundlegend verändert. „Die Radiokarbondatierung war ein Wendepunkt“, erklärt Professor Mike Parker Pearson von der University College London. „Sie hat uns ermöglicht, die chronologische Entwicklung von Stonehenge präzise zu rekonstruieren und die Hauptbauphase auf etwa 3000-2000 v. Chr. zu datieren.“

Heute ermöglichen nicht-invasive Prospektionsmethoden wie Bodenradar, Magnetometrie und LIDAR Einblicke, ohne das Monument zu beschädigen. Das Stonehenge Hidden Landscapes Project hat mit diesen Techniken ein komplexes System aus bis zu 20 Schächten rund um Durrington Walls entdeckt – eine Sensation, die zeigt, wie viel noch unter der Oberfläche verborgen liegt.

Petrographische Untersuchungen haben einen der faszinierendsten Aspekte von Stonehenge enthüllt: Die kleineren „Blausteine“ stammen aus den Preseli-Bergen in Wales, etwa 250 Kilometer entfernt. „Die logistische Leistung, diese tonnenschweren Steine über solche Distanzen zu transportieren, ist beeindruckend“, sagt Dr. Richard Bevins vom National Museum of Wales. „Neueste Forschungen deuten sogar darauf hin, dass einige dieser Steine ursprünglich zu einem Steinkreis in Wales gehörten, der demontiert und nach Stonehenge transportiert wurde.“

Bioarchäologische Methoden liefern weitere Puzzleteile. Isotopenanalysen an menschlichen und tierischen Überresten geben Aufschluss über Ernährungsgewohnheiten und Migrationsmuster. Die Analyse alter DNA hat gezeigt, dass um 2500 v. Chr. – zeitgleich mit der Hauptbauphase von Stonehenge – ein signifikanter Bevölkerungsaustausch in Großbritannien stattfand, als kontinentale Gruppen der Glockenbecherkultur einwanderten.

Die sakrale Landschaft – mehr als nur ein Steinkreis

Eine der wichtigsten Erkenntnisse der modernen Forschung ist, dass Stonehenge nicht isoliert betrachtet werden darf. „Wir müssen Stonehenge als Teil einer komplexen rituellen Landschaft verstehen“, betont Dr. Susan Greaney von English Heritage. „Es war ein Element in einem ausgeklügelten System von Monumenten, die über Jahrhunderte entstanden sind.“

Die früheste Nutzung des Areals reicht bis etwa 8500 v. Chr. zurück, lange vor der Errichtung der berühmten Steinkreise. Die Hauptbauphase mit den massiven Sarsensteinen erfolgte um 2500 v. Chr. Zu dieser Zeit war die Landschaft bereits mit zahlreichen anderen Monumenten übersät: Grabhügeln, Prozessionswegen, Holzkreisen und dem nahegelegenen Siedlungskomplex von Durrington Walls.

Besonders aufschlussreich ist die duale Organisation dieser Landschaft. „Durrington Walls scheint als ‚Land der Lebenden‘ fungiert zu haben, mit Häusern und Hinweisen auf Feste und Zeremonien“, erklärt Professor Parker Pearson. „Stonehenge hingegen war das ‚Land der Toten‘, ein Ort für Bestattungen und Ahnenverehrung.“ Beide Bereiche waren durch rituelle Prozessionswege verbunden, die teilweise dem Lauf des Flusses Avon folgten.

Diese integrierte rituelle Landschaft funktionierte als komplexes System mit jahreszeitlichen Ritualen. Die präzise Ausrichtung von Stonehenge auf die Sonnenwenden – insbesondere die Wintersonnenwende – deutet auf einen ausgeklügelten Kalender hin, der kosmische Zyklen mit menschlichen Aktivitäten verband.

Rituale und Funktionen – ein kosmisches Theater

Die Frage nach der Funktion von Stonehenge hat Generationen von Forschern beschäftigt. Heute wissen wir, dass das Monument mehrere Funktionen erfüllte. Die präzise astronomische Ausrichtung ist unbestreitbar: Die Hauptachse ist exakt auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende und den Sonnenuntergang zur Wintersonnenwende ausgerichtet.

„Die Analyse von Tierknochen zeigt, dass die Hauptaktivitäten im Winter stattfanden, besonders zur Wintersonnenwende“, erläutert Dr. Jane Evans von der University of Leicester. „Dies deutet auf große Feierlichkeiten hin, zu denen Menschen aus ganz Großbritannien zusammenkamen.“

Stonehenge diente auch als Bestattungsort. Archäologen haben die Überreste von 150-240 Individuen gefunden, die meisten kremiert. Die Isotopen- und DNA-Analysen dieser Überreste deuten darauf hin, dass es sich um eine Elite handelte, die aus verschiedenen Regionen Britanniens stammte.

Interessanterweise gibt es Hinweise auf eine Verbindung zu Heilungsritualen. „Die überdurchschnittliche Zahl von Bestatteten mit Verletzungen könnte darauf hindeuten, dass Stonehenge als Ort der Heilung angesehen wurde“, erklärt Dr. Timothy Darvill von der Bournemouth University. „Einige der Blausteine aus Wales wurden möglicherweise wegen ihrer vermeintlichen heilenden Eigenschaften transportiert.“

Stonehenge erfüllte auch eine wichtige soziale Funktion. Der Bau erforderte die Koordination tausender Menschen und etwa 30.000 Arbeitstage – eine enorme Leistung für eine Gesellschaft mit schätzungsweise 200.000-300.000 Einwohnern in ganz Großbritannien. „Die Organisation eines solchen Projekts setzte komplexe soziale Strukturen voraus“, betont Dr. Colin Richards von der University of Manchester. „Der Bau selbst war vermutlich ebenso wichtig wie das fertige Monument – er schuf Gemeinschaft und stärkte soziale Bindungen.“

Die Gesellschaft hinter dem Monument

Wer waren die Menschen, die Stonehenge errichteten? Die archäologischen Befunde zeichnen das Bild einer komplexen Gesellschaft im Übergang von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit. Die Region Wessex war mit etwa 10-20 Menschen pro Quadratkilometer relativ dicht besiedelt. Die Menschen lebten in kleinen Siedlungen mit 3-5 Häusern und etwa 20-50 Personen.

Die monumentale Phase von Stonehenge fällt zeitlich mit der Ausbreitung der Glockenbecherkultur zusammen, die um 2500 v. Chr. von Kontinentaleuropa nach Großbritannien kam. Diese Kultur ist durch charakteristische glockenförmige Keramikgefäße, frühe Metallurgie und standardisierte Bestattungssitten gekennzeichnet.

Ab etwa 2200 v. Chr. entwickelte sich im südlichen England die Wessex-Kultur, die zur frühen Bronzezeit gehört. Sie ist bekannt für reiche Grabbeigaben, internationale Handelskontakte und fortgeschrittene Metallurgie. Ein herausragendes Beispiel ist das Grab von Bush Barrow, in dem ein Häuptling mit goldenen Artefakten und einer kunstvollen „Sonnenscheibe“ bestattet wurde.

DNA-Analysen haben ein überraschendes Bild geliefert: Um 2500 v. Chr. wurde die neolithische Bevölkerung Großbritanniens weitgehend durch kontinentale Einwanderer ersetzt. „Diese demographische Veränderung fällt genau mit der Hauptbauphase von Stonehenge zusammen“, erklärt Dr. Ian Barnes vom Natural History Museum London. „Es ist verlockend, einen Zusammenhang zu vermuten, obwohl wir nicht wissen, ob dieser Bevölkerungsaustausch friedlich oder gewaltsam verlief.“

Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug etwa 30-35 Jahre. Die Ernährung basierte auf Getreide, Fleisch und gesammelten Nahrungsmitteln. Isotopenanalysen zeigen, dass zu bestimmten Zeiten, besonders zur Wintersonnenwende, bis zu 4.000 Menschen bei Durrington Walls zusammenkamen – vermutlich für große Feste und Zeremonien.

Religion und Kosmologie

Die religiösen Vorstellungen der Menschen von Stonehenge können nur indirekt erschlossen werden. „Reverse Engineering in der Archäologie bedeutet, von materiellen Hinterlassenschaften auf immaterielle Konzepte zu schließen“, erklärt Professor Timothy Insoll von der University of Exeter. „Bei prähistorischen Gesellschaften ohne Schrift ist dies besonders herausfordernd.“

Dennoch lassen sich einige Grundzüge rekonstruieren. Die Religion der Glockenbecherkultur und der Wessex-Kultur scheint stark von dualistischen Konzepten geprägt gewesen zu sein: Leben und Tod, Tag und Nacht, Sommer und Winter. Die kosmologische Bedeutung von Stonehenge mit seiner präzisen astronomischen Ausrichtung deutet auf eine enge Verbindung zwischen Himmelsbeobachtung und religiösen Vorstellungen hin.

„Die zyklische Ausrichtung neolithischer Heiligtümer ist ein weltweites Phänomen“, betont Dr. Clive Ruggles, Experte für Archäoastronomie. „Diese Monumente dienten als Vermittler zwischen kosmischen Zyklen und menschlichen Bedürfnissen. Sie waren gleichzeitig Kalender, Versammlungsorte und heilige Stätten.“

Ein ausgeprägter Ahnenkult scheint eine zentrale Rolle gespielt zu haben. Die Bestattungen in und um Stonehenge, oft mit standardisierten Beigaben und rotem Ocker, deuten auf komplexe Jenseitsvorstellungen hin. Die Grabhügeltradition der Wessex-Kultur mit wiederholten rituellen Handlungen an Gräbern verstärkt diesen Eindruck.

Wasser spielte ebenfalls eine wichtige rituelle Rolle, wie die Nähe zum Fluss Avon und Deponierungen von Artefakten in Gewässern zeigen. Mit der Zeit scheint die Religion hierarchischer geworden zu sein, parallel zur zunehmenden sozialen Stratifizierung in der Wessex-Kultur.

Kriegerische Auseinandersetzungen und gesellschaftlicher Wandel

Obwohl die Hauptnutzungszeit von Stonehenge oft als friedliche Periode dargestellt wird, gibt es Hinweise auf Konflikte. Der „Stonehenge Archer“, ein Mann, der um 2300 v. Chr. durch drei Pfeilspitzen getötet wurde, deutet auf gewaltsame Auseinandersetzungen hin.

Die massive demographische Veränderung um 2500-2200 v. Chr., die durch DNA-Analysen belegt ist, könnte ebenfalls nicht völlig friedlich verlaufen sein. Ab der mittleren Bronzezeit (ca. 1500 v. Chr.) gibt es deutlichere Anzeichen für eine zunehmende Militarisierung: Waffen werden häufiger in Grabbeigaben gefunden, und Schädelverletzungen nehmen zu.

„Viele prähistorische Konflikte könnten ritualisiert gewesen sein“, gibt Dr. Richard Osgood, Archäologe beim UK Ministry of Defence, zu bedenken. „Die Grenze zwischen Krieg und Ritual war vermutlich fließend.“

Stonehenge heute – ein konstruiertes Monument?

Ein wenig bekannter Aspekt von Stonehenge ist, dass sein heutiges Erscheinungsbild teilweise das Ergebnis moderner Eingriffe ist. Zwischen 1958 und 1959 wurden umfangreiche Restaurierungs- und Stabilisierungsarbeiten durchgeführt. Mehrere umgefallene Megalithen wurden wieder aufgerichtet und mit Betonfundamenten gesichert. Der Trilithon 6/7 wurde komplett rekonstruiert, mehrere Blausteine neu positioniert.

„Die Dokumentation war nach heutigen Maßstäben unzureichend“, kritisiert Dr. Heather Sebire von English Heritage. „Viele archäologische Kontexte gingen verloren. Das ikonische Bild von Stonehenge, das wir heute kennen, ist teilweise ein Produkt dieser Nachkriegsrestaurierung.“

Diese Erfahrungen haben die archäologische Praxis nachhaltig beeinflusst und zu strengeren konservatorischen Prinzipien geführt. Stonehenge steht damit in einer Reihe mit anderen berühmten archäologischen Stätten, die erhebliche Umgestaltungen erfahren haben – von Arthur Evans‘ Betonrekonstruktionen in Knossos bis zu den komplett neu aufgebauten Abschnitten der Chinesischen Mauer.

Ein komplexes Erbe

Die moderne Forschung hat unser Verständnis von Stonehenge revolutioniert. Was einst als isoliertes Monument betrachtet wurde, erscheint heute als Knotenpunkt in einem komplexen Netzwerk ritueller Landschaften. Die Menschen, die es errichteten, waren keine primitiven Barbaren, sondern Mitglieder einer hochentwickelten Gesellschaft mit beeindruckenden astronomischen Kenntnissen, logistischen Fähigkeiten und komplexen religiösen Vorstellungen.

Stonehenge verkörpert die Fähigkeit prähistorischer Gesellschaften, Gemeinschaftsprojekte von monumentalem Ausmaß zu realisieren. Es zeigt, wie Menschen vor mehr als 4.500 Jahren kosmische Zyklen mit ihrem Alltagsleben verbanden und eine Brücke zwischen Himmel und Erde, Leben und Tod, Vergangenheit und Zukunft schufen.

Die Erforschung von Stonehenge ist noch lange nicht abgeschlossen. Mit jeder neuen Technologie und jedem neuen Ansatz werden weitere Facetten dieses außergewöhnlichen Monuments enthüllt. Wie Professor Mike Parker Pearson es ausdrückt: „Stonehenge ist nicht ein Rätsel, das gelöst werden muss, sondern ein komplexes Erbe, das wir immer besser verstehen lernen.“

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