EGL089 Body Horror 1: Titane und Weapons

"The body is the only reality we have. Everything else is abstraction." Cronenberg on Cronenberg

Diese Episode wieder in neuer Konstellation – wir sprechen zu viert im Sitzen über Horrorfilme, speziell über Body-Horror. Reinhard Günzler und Chris sind zu Gast und jeder hat einen Body-Horrorfilm zum Besprechen mitgebracht: Reinhard stellt „Titane" vor und Chris hat sich ganz frisch im Kino „Weapons" angeschaut. Eigentlich wollten Micz und Flo noch weitere Body-Horrorfilme vorstellen, aber „The Substance" und „Together" verschieben wir auf die nächste Episode EGL090. Bevor wir in die einzelnen Filme einsteigen, schärfen wir die Definition von Body-Horror und kommen dabei immer wieder auf einen maßgeblichen Vertreter des Genres zu sprechen: David Cronenberg. Cronenberg schuf mit „Die Fliege", „Videodrome", „Crash" und vielen weiteren Filmen die Archetypen des Body-Horrors, bei denen es um Körperverlust, Grenzerfahrungen und Metamorphosen geht. Der Horror entsteht aus einer vertrauten Körperwahrnehmung, die invasiv gespiegelt wird. In den neueren Filmen des Genres stellen wir fest, dass besonders Regisseurinnen ihrer Kunst Ausdruck verleihen, da gerade hier die Zwänge, denen der weibliche Körper innerhalb eines patriarchalen Systems ausgesetzt ist, bildgewaltig dargestellt werden können. Der französische Film „Titane" von 2021 von Julia Ducournau verdichtet diese Themen in ein Kompilat, das immer wieder die Geschichte sprengt. Reinhard fasst das folgendermaßen zusammen: „Man könnte den Film auch als eine tödlich endende Passionsgeschichte beschreiben, als einen brutalen Kreuzweg oder eine dreifache Metamorphose. Also die erste Metamorphose ist vom Mensch zur (Tötungs-)Maschine, dann von einer Maschine zu einem Mann und/oder Sohn und schließlich von einem jungen Mann/Sohn wieder zurück zur Frau und sogar zur Mutter." Der Film löst in diesen Verwandlungsetappen die gesellschaftlichen und psychologischen Geschlechterrollen auf. Hinter dem Horror wird eine Geschichte von Einsamkeit und wiederentstehenden Vertrauen erzählt. Diese und andere gesellschaftlich relevante Themen sprechen wir auch dem jüngst im Kino gezeigten Film „Weapons" von Zach Cregger zu, der das schlagartige Verschwinden einer gesamten Schulklasse zum Thema macht. Bis auf die Erzählfigur Alex, 11 Jahre, rennen alle Kinder mit halb ausgestreckten Armen zu genau der gleichen Uhrzeit in die Nacht hinein und werden nicht mehr gesehen. Der Film ist episodisch erzählt und baut handwerklich geschickt die Spannung und den Horror auf. Chris berichtet, dass er während des Films schnell aufs Klo gehen musste und, um nichts zu verpassen, im eiligen Laufschritt durchs Kino gegangen ist und dabei geistesgegenwärtig die Arme so gestreckt hält, wie die Kinder beim Verschwinden. Das ganze Kino schreckt zusammen angesichts der gebrochenen Fiktion im Kinoraum. Wir lachen sehr bei dieser Anekdote. „Weapons" reißt gesellschaftlich relevante Themen auf wie Altersdiskriminierung, Alkoholismus, Pflegesystem, aber, wie Chris es auf den Punkt bringt: „Vielleicht hat ‚Weapons' keinen tieferen Sinn, aber das ist okay."

Shownotes

Mitwirkende

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Reinhard
Erzähler
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Chris Flor
Erzähler
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Florian Clauß
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Micz Flor

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:02
Mache einfach los. Wir machen jetzt einen Schnitt, sonst geht wirklich,
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glaube ich, so ein bisschen auch das Schöne des Anfangs verloren.
Florian Clauß
0:00:06–0:00:07
Okay, alles klar.
Micz Flor
0:00:07–0:00:08
Ich mache mich jetzt auf Mute.
Florian Clauß
0:00:08–0:00:16
Dann starten wir. Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast, Folge Episode 89.
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Jetzt ist die Wende da. Wir haben es vor zwei Folgen gehört.
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Diesmal ganz neu und ganz anders. Wir sind heute nicht im Laufen und Reden,
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aber trotzdem, ja, wir sitzen nämlich alle an unseren Rechnern und wir sind
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auch nicht nur zwei, sondern wir sind zu viert heute.
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Ganz, ganz, ganz neu. Ich sage Hallo in die Runde. Hier spricht Flo.
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Wir haben dabei Mitch natürlich und Chris ist wieder dazu geschaltet. Hallo.
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Und ganz neu ist Reinhard dabei. Reinhard, hallo Reinhard.
Reinhard
0:00:54–0:00:56
Ja, hallo zusammen.
Florian Clauß
0:00:56–0:01:00
Reinhard Günzler, ich stelle ihn kurz vor. Reinhard ist Filmwissenschaftler,
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Politikologe, Soziologe und du hast an einer Freien Universität in Berlin studiert.
0:01:06–0:01:14
Du hast auch Dramaturgie, lehrst du und jetzt ganz aktuell, du hast ein Buch
0:01:14–0:01:15
geschrieben, Reinhard.
Reinhard
0:01:15–0:01:20
Ja, das war ein langer Traum eigentlich. Eigentlich habe ich als Regisseur und
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Autor gearbeitet seit Mitte der 80er Jahre und nach Corona hatte ich die Idee,
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mal was zu machen, was ich schon immer machen wollte, nämlich einen Roman zu
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schreiben und der ist jetzt gerade fertig geworden.
0:01:32–0:01:39
Es ist ein Roman, der sich auf verschiedenen Ebenen dem Thema Bewusstsein versucht zu nähern.
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Also was ist Bewusstsein eigentlich, woher kommt das, wie manifestiert sich das?
0:01:43–0:01:48
Ein Phänomen, das in der Wissenschaft extrem kontrovers diskutiert wird und
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mich hat das sehr interessiert.
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Und darum geht es in diesem Roman und ja, ist jetzt gerade fertig,
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heißt Eiskind und ich hoffe, dass ich den nächsten Verlag finde.
Florian Clauß
0:01:58–0:02:03
Wow, Eiskind. Also du hast mir noch vorher geschrieben, ein Thriller ist das.
0:02:04–0:02:07
Und das Rätsel der Wissenschaft, das Bewusstsein.
Reinhard
0:02:07–0:02:09
Eines der größten Rätsel der Wissenschaft, genau.
Florian Clauß
0:02:10–0:02:14
Ja, das ist genau das, was wir auch mal mit Jungen diskutiert haben,
0:02:14–0:02:17
nämlich zwischen Religion und Wissenschaft.
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Also das Bewusstsein, was sich da auch nicht so richtig verorten lässt.
0:02:21–0:02:27
Sobald man das untersucht, weiß man nicht, wo es ist. Ich bin gespannt.
Reinhard
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Doch mal ein Thema für einen eigenen Podcast sicher. Und es gibt da auch ein
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paar interessante Filme zu.
Florian Clauß
0:02:33–0:02:38
Ja, also spontan fällt mir dieses 21 Gramm ein. Ich weiß nicht,
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den habe ich tatsächlich nicht gesehen. Aber hast du den auch gesehen?
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Gesehen, gehört?
Reinhard
0:02:42–0:02:43
Ja, den habe ich gesehen.
Chris Flor
0:02:44–0:02:47
Aber der hat damit nichts so richtig zu tun.
Florian Clauß
0:02:47–0:02:48
Hat nichts zu tun.
Reinhard
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Ja, genau. Dachte ich mehr an Filme wie 2001 zum Beispiel.
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Das wäre ja eigentlich der nächste Schritt in der KI-Entwicklung,
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eine KI zu entwickeln, die ein Bewusstsein hat.
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Dazu müsste man aber erst mal entschlüsseln, wie es eigentlich bei Menschen
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funktioniert, dieses Bewusstsein.
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Und bevor wir das nicht ganz verstanden haben, können wir es auch nicht nachbauen.
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Und es gibt sogar theoretische Physiker, die sagen, wahrscheinlich wird es uns
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nie möglich sein, ein künstliches Bewusstsein nachzubauen, weil wir dazu erst
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eine neue Physik bräuchten.
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Roger Penrose zum Beispiel hat das behauptet. Aber Schluss mit dem Ink-Exkurs.
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Wir haben ja eigentlich ein anderes Thema.
Florian Clauß
0:03:24–0:03:27
Ja, genau. Das ist auf jeden Fall ein eigener Podcast. Es ist spannend.
0:03:27–0:03:30
Ich freue mich darauf, das Buch zu lesen.
0:03:30–0:03:35
Eiskind, wir haben ein anderes Thema. Und zwar haben wir uns so lose zusammengesammelt.
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Nämlich mich hat in letzter Zeit, haben mich da viele Horrorfilme beschäftigt.
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Ja, hatten wir ja auch hier schon mal in einem eigentlich Podcast.
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Chris ist da immer derjenige, mit dem ich drüber sprechen kann.
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Ja, zuletzt haben wir über Nosferatu gesprochen.
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In letzter Zeit habe ich einige, und jetzt kommen wir zum Genre,
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zum Subgenre in dem Horrorfilm, nämlich einige Body-Horrorfilme gesehen.
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Hier in Berlin war auch das Fantasy-Filmfestival vom 3. bis zum 10.
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Und dort habe ich auch einen Body-Horrorfilm gesehen, weil ich mich gerade mit
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dem Thema beschäftige, Weil ich auch mit Reinhard, Chris und Mitch in Kontakt
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bin, habe ich auch gesagt, hier...
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Body Horror, wäre das nicht was? Und tatsächlich haben Mitch und ich auch einen
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Film gemeinsam geschaut, Together im Kino, gerade aktuell.
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Und Weapons lief auch vor kurzem im Kino.
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Da hatte auch Chris gesagt, den habe ich gesehen. Oh, den finde ich total spannend.
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Könnte man auch im Bereich von Body Horror einordnen.
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Und je länger ich mich damit beschäftigt habe und geguckt habe,
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was war denn in den letzten Jahren?
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Da kam Reinhard rein und meinte, Hier, guck dir mal von 2021 Titan an,
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ein französischer Body-Horror-Film von einer Regisseurin verfilmt.
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Und schließlich habe ich, und den will ich auch ein bisschen vorstellen,
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den Film, nämlich Substance, The Substance von 2024.
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Also wir haben jetzt vier Filme hier, wir wollen die so ein bisschen miteinander diskutieren.
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Jeder hat sich für einen so entschieden, den er kurz vorstellen möchte und wo
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wir dann über den Film sprechen können.
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Das haben wir uns so ein bisschen aufgeteilt, werden wir gleich machen.
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Aber bevor ich oder bevor wir in die Filme einsteigen, ich möchte erstmal noch
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und Chris, ja, du hast recht, das ist nicht schön, aber wir müssen es trotzdem
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sagen, wir machen Spoiler.
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Also das heißt, wir erzählen da genau, was in den Filmen passieren wird.
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Also diejenigen, die jetzt nicht wollen oder beziehungsweise die noch den Film
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sehen wollen, sollten diesen Podcast dann nicht anhören. Wir machen Kapitelmarken,
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das heißt, man könnte über die einzelnen Filme springen, um sich da nicht spoilern zu lassen.
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Ja, aber so viel sei gesagt, wir müssen spoilern. Ja, tut mir leid,
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ich mag es auch nicht, aber wir wollen drüber reden.
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Okay, Horror, Body Horror.
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Ich frage mich so in die Runde, was fasziniert euch am Horror und was könnte
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da speziell den Body Horror ausmachen?
Chris Flor
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Ich kann mal anfangen. Und zwar, also ich hatte, wenn ich mich so in mich reinhorche,
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mal versucht bei einem Horrorfilm für mich jedenfalls,
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irgendeinem Geheimnis auf die Spur zu kommen oder so ein Rätsel zu lösen über
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die Existenz, würde ich mal sagen, halt auch über Bewusstsein und so.
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Und ich glaube, jetzt direkt bei so Gore-Filmen oder sowas geht es ja auch schon,
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das ist schwer in Worte zu fassen und leider habe ich mir nichts richtig gut
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vorbereitet, aber es geht ja schon immer darum,
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Grenzen zu zeigen und diese Grenzen zu überschreiten und dadurch zu sehen, was die Grenzen sind.
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Also wenn ich jetzt hier einen Menschen als Körper habe, dann sehen wir den
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erstmal als ganzen Körper, als Person vielleicht. Aber sobald ihr anfangen,
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da Scheiben von abzuschneiden,
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wird er ja auf einmal, ist er dann nicht mehr komplett und wir wissen dann mehr,
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was diese Gestalt des ganzen Menschen ausmacht, dadurch, dass wir den zerlegen.
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Also so hatte ich mir das immer erklärt, was diese Faszination dabei ist.
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Ich vertrage diese Sachen nicht so super, wenn ich sie mir anschaue,
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bin trotzdem wahnsinnig fasziniert davon.
Florian Clauß
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Ja, also das denke ich genau, das
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ist der Grund, so ein bisschen diese Spiegelneuronen im Kopf, die man hat.
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Hatten wir auch schon verschiedentlich berichtet von dem Experiment,
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dass ein künstlicher Arm, wenn der neben einem liegt und man schaut auf diesen
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Arm und jemand anders steckt eine Nadel in diesen künstlichen Arm,
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man fängt trotzdem an, empathisch mehr zu empfinden.
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Diese Spiegelneuronen, die uns dann eben beim Body Horror ganz extrem,
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weil jeder doch irgendwie natürlich bei irgendwie, mir fällt jetzt ganz spontan
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ein, weil ich das auch gerade vor meinem inneren Auge habe,
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nämlich ein Auge und man kann quasi fühlen wie der Finger, wenn man sie auf
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einen Augapfel drückt, wie das dann auch wehtut im Auge.
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Also das ist diese Identifikation, die sich da aufbaut über diese Körperdarstellung.
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Das ist, glaube ich, beim Body-Horror ganz explizit da.
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Also da ist quasi, das ist immersives Kino, ganz stark immersiv,
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würde ich jetzt mal behaupten.
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Auf der einen Seite, so wie du auch sagst, die Grenzen, dass dann Grenzen verletzt
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werden, dass da Verformungen passieren, dass ein Verfall, ein Zerfall beginnt.
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Und meistens ist es ja auch im Prozess des Verwandelns, eine Metamorphose.
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Wenn wir jetzt an The Substance denken oder Titan, weil Titan,
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das kann Reinhard gleich erzählen, da steht auch eine Schwangerschaft mit im Mittelpunkt.
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Es beginnt der Körper sich zu wandeln. Oder wenn wir uns die klassischen Body-Horror-Filme
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von Cronenberg anschauen, die Fliege,
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wo ein Mann sich dann transformiert in einen anderen Raum oder in eine andere
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Kapsel und dann in dieser Kapsel die Fliege noch drin ist und dann beginnt sich
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der Mann in die Fliege zu verwandeln.
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Das ist ja so der Klassiker dabei, also eine Metamorphose, die da passiert.
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Wenn wir auf die Ästhetik schauen, wie ist so Body-Horror inszeniert,
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dann ist es auch meistens sehr explizit, würde ich sagen.
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Auch wieder schauen wir uns Videodrome an. Ich komme nicht weg von Cronenberg,
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aber Cronenberg ist halt auch wirklich so einer der Leuchttürme in diesem Genre.
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Bei Videodrom, wie dann die Videokassette in den Bauch geschoben wird.
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Erinnere ich mich spontan dran.
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Man hat Close-Ups, man hat sehr splättrige Effekte, ohne dass es jetzt auch
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unbedingt Splatter sein muss.
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Also man sieht dann Hautreißen oder man sieht, wie sich was verformt.
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Oder ich weiß nicht, habt ihr
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damals, mich hat es total fasziniert und ich meine mich daran zu erinnern,
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Mitch, dass wir vielleicht sogar gemeinsam im Film waren, Ende der 90er,
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Tetsuo, den japanischen Film, haben wir den gesehen oder hast du den gesehen?
Micz Flor
0:10:01–0:10:04
Den habe ich in Manchester gesehen, den hast du in Berlin gesehen.
Florian Clauß
0:10:04–0:10:05
Okay. Ich habe ihn gesehen.
Micz Flor
0:10:05–0:10:05
Ja.
Florian Clauß
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Tetsuo ist ja auch so eine monströse Geschichte,
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die so ein bisschen aus Akira, aus diesem Universum stammt, wo auch die Hauptfigur
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in dem Manga, Tetsuo, dann anfängt sich zu verformen und zu wachsen und zu mutieren.
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In dem Film ist es so ein bisschen auch an der Schnittstelle,
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dass dann Tetsu, soweit ich mich noch daran erinnern kann, so verwächst auch
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mit so Motorrad und so anderen Sachen. Kann das sein?
Micz Flor
0:10:39–0:10:43
Ja, also das ist das Metalle, das dringt so, kommt aus ihm raus,
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weiß nicht, Motorrad, weiß ich nicht, aber er fängt dann auch irgendwie an so
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unfassbar schnell zu rennen und es gibt dann noch diese Frau,
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es ist jetzt auch lange her, ich bin nicht vorbereitet,
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über 20, 30 Jahre her wahrscheinlich, dass der Film rauskam,
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aber es geht da ein bisschen so um diese Cyborg-Sache, fand ich ästhetisch auch.
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Low budget, also wirklich so mit Stahlwoll aufs Auge geklebt und so.
Florian Clauß
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Ich sehe gerade, ist das tatsächlich, ist der von 89, nicht von Ende 90er?
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Ich glaube, der ist von 89 dazu, The Iron Man.
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Okay, ja, und dann ist es ja diese Verbindung, das war ja auch in dem Akira-Comic
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so zwischen Autos, Motorrädern und Fleisch, ja.
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Da kommen wir auch so ein bisschen auf wieder auf Cronvore Crash,
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der dann eher so nicht der explizite, aber doch mit sehr expliziten Szenen,
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aber der ein bisschen ruhigere Film, Crash, wo dann auch Prothesen und Menschen zusammen wachsen.
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Ja, Reinhard.
Reinhard
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Ja, Florian, ich wollte eigentlich noch eine kleine Ergänzung beisteuern,
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jetzt also noch gar nicht zur Ästhetik, sondern noch zu den Hintergründen des Body Horrors.
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Ich denke tatsächlich, also, ich
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Kultur und Kunst und Film hier im Besonderen spiegeln ja immer auch gesellschaftliche
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Entwicklungen wieder oder technische Entwicklungen.
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Und die Ängste, die davon ausgelöst werden, und ich denke schon, dass dieser Body Horror,
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unseren Ängsten vor Entwicklungen in der Genetik, in der plastischen Chirurgie,
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Organtransplantation, jetzt ganz neu Computer-Brain-Schnittstellen,
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wie Elon Musk das mit seiner Neuralink-Firma gerade versucht,
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Da haben sich jetzt zehn Freiwillige gemeldet, soweit ich weiß,
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die sich tatsächlich jetzt so eine Schnittstelle einbauen lassen wollen.
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Und diese transhumanistischen Gedanken und Visionen, die lösen auch tatsächlich Ängste aus.
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Und das ist ja nichts Neues. Also ich denke mal, am Anfang des Body-Horrors,
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ich würde den irgendwo in der Romantik verorten,
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da waren es Ängste auch vor technischen Entwicklungen, die zu den ersten literarischen
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Vorläufern des Body-Horrors geführt haben.
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Also das würde ich schon sehen, dass da ganz reale Ängste, die wir haben durch
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die neuesten technischen Entwicklungen, dass die sich da Ausdruck verleihen in diesem Film.
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Also vielleicht jetzt nicht zu 100 Prozent, aber ich glaube doch,
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dass es ein wesentlicher Anteil ist.
Florian Clauß
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Unbedingt. Ja, ja. Also danke, Bernhard, für diesen Einwand.
0:13:20–0:13:24
Ja, sehe ich genauso, dass die Ängste natürlich aus der Zeit heraus dann sich
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in solchen Filmen widerspiegeln.
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Ja, und ich würde auch sagen, ich habe mich auch in die Runde geschickt,
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so eine Liste von Sub-Sub-Genres im Body-Horror. Und eines davon ist dann eben
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auch die Techno-Organik und der Transhumanismus.
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Und gerade der Transhumanismus spielt ja auch heutzutage, du hast Elon Musk
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angesprochen, aber da gibt es ja noch...
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Viel wildere Fantasien aus dieser Tech-Pro-Szene, dass diese Unsterblichkeit
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durch Transhumanismus.
Reinhard
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Den Brain-Upload zum Beispiel, so eine Idee.
Florian Clauß
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Genau, den Brain-Upload oder aber auch, dass man durch Transplantation,
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jetzt ganz aktuell, ich muss es gerade noch mal zusammenbekommen,
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ich glaube, da war das Mikro noch offen und deswegen ist da noch ein Teil von geleakt worden.
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Aber da ging es tatsächlich darum, um wie man sich neue Organe transplantieren
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kann und wie man so seine Lebenszeit verlängern kann.
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Und das war nicht Trump, sondern das war Xi Jinping, also der chinesische Staatspräsident, und Putin.
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Da ist natürlich auch die Fantasie von solchen Autokraten, die länger an der
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Macht bleiben wollen, wie sie sich verlängern.
0:14:37–0:14:42
Und das reicht da rein. Durch Organtransplantation kann man sicher.
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Und ich meine, die Technologie ist mittlerweile so weit, dass man dann ohne
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Probleme noch ein paar Jahre, noch ein paar Jahrzehnte länger leben kann,
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wenn man entsprechend die Mittel und die Ressourcen hat.
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Also da kommt eine Menge Horror zusammen, auch in der Realität.
0:14:56–0:15:01
Ja, ich würde ja bei Transhumanismus würde ich jetzt auch zum Beispiel,
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habe ich auch, den wollte, dachte ich, vielleicht können wir da nochmal kurz
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drüber sprechen, aber ich glaube, ich bin der Einzige, der den gesehen hat,
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nämlich die neue Reihe Alien Earth von 2025, wo dann halt auch die Transhumanen
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neben den Cyborgs sind. Das ist auch eine ganz spannende Geschichte.
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Alien Earth, unbedingt gucken. Das ist eine Empfehlung.
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Weitere Subgenres, die wir noch im Body Horror finden, ist, wir haben sowas
0:15:27–0:15:32
wie was Okkult-Dämonisches, Besessenheit, Fluch.
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Das ist das, was wir bei Rosemary's Baby oder...
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Oder Suspiria. Da gibt es diese Neuverfilmung. Hat die jemand gesehen, die Neuverfilmung?
Reinhard
0:15:40–0:15:42
Ja, die ist ganz toll. Fantastisch.
0:15:44–0:15:47
Unbedingt sehen. Tilda Swinton.
Florian Clauß
0:15:47–0:15:51
Ja, Tilda Swinton, genau. Die hat, glaube ich, sieben oder acht Rollen in diesem
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Film. Und man sieht es nicht. Das ist unglaublich.
Chris Flor
0:15:55–0:15:58
Ich wusste das nicht. Ich habe das erst später mal gelesen, nachdem ich den
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Film schon geguckt hatte. Und da habe ich es dann erst gemerkt.
Reinhard
0:16:01–0:16:04
Ja, sie spielt auch einen ganz alten Mann. Und das so überzeugend.
0:16:04–0:16:08
Ich habe es auch erst hinterher gelesen. Ich wäre nie drauf gekommen.
Florian Clauß
0:16:08–0:16:12
Ich mache einen Kniefall vor Tilda Swinton. Überall, wo die mitspielt,
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die ist wirklich großartig. Also ganz tolle Schauspielerin.
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Dann könnte man auch unter diesen okkulten Dämonischen könnte man auch Weapons
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mit einordnen, würde ich mal behaupten.
Chris Flor
0:16:25–0:16:26
Das ist aber jetzt schon ein Spoiler.
Florian Clauß
0:16:31–0:16:34
Ja, okay. Also ich mache eine Kapitelmarke.
0:16:36–0:16:42
Und Evil Dead, der Klassiker also der Klassiker Evil Dead, wer hat das nicht
0:16:42–0:16:48
geguckt damals auf Video ich glaube wir alle kennen diese Situation,
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wo man bei Freunden zusammen auf der Couch gehangen hat die noch irgendwie Zugang
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zu Evil Dead das war eines der Filme in den 80ern, die dieser,
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Zensurschere dann zum Opfer fielen die dann halt komplett verbannt waren auch
0:17:00–0:17:03
vom Markt obwohl das völlig absurd ist, weil Evil Dead ist ja eigentlich eine
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Komödie Wenn man es so will, ja. Habt ihr alle gesehen damals, oder?
Reinhard
0:17:07–0:17:08
Natürlich.
Florian Clauß
0:17:08–0:17:13
Ja. Versteht sich von selbst, ja. Identität.
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Identität ist auch immer ein Thema bei Body Horror und Identität.
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Und jetzt kommen wir, glaube ich, auch zu zwei Filmen, mit denen wir uns heute
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beschäftigen, nämlich Doppelgänger und Fremdbesitz, ja.
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Doppelgänger ist bei The Substance und auch Together könnte man eben als invertierten
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Doppelgänger begreifen, ja. Können wir auch gleich nochmal drüber sprechen.
0:17:35–0:17:39
Aber das ist ja auch der Horror, wenn sich was irgendwie dupliziert,
0:17:39–0:17:42
ja, und auf einmal das andere gegenübersteht.
0:17:42–0:17:45
Dann haben wir die Dr. Jekyll, Mr. Hyde oder...
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Oder solche ähnlichen Thematiken haben wir da mit drin, ja.
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Ja, also ich glaube, ich habe jetzt so ein paar Felder aufgemacht.
0:17:53–0:17:55
Fällt euch noch was ein, was wir noch erwähnen können?
0:17:55–0:17:58
Das könnten wir nochmal sagen, Parasitenhorror, ja.
0:17:58–0:18:02
Also sowas wie Krankheit oder Pilze, Würmer oder irgendwelchen Invasiven.
Reinhard
0:18:02–0:18:03
Das Ding von Carpenter.
Florian Clauß
0:18:04–0:18:10
Ja, genau, The Thing. Und jetzt würde auch Last of Us, würde ich auch da reinholen.
0:18:10–0:18:16
Also diese Verfilmung des Spiels als Serie, wo dann halt diese Pilze quasi die
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Menschen zu Zombies machen.
0:18:18–0:18:22
Finde ich auch, könnte man als Body Horror so sehen, ja.
Reinhard
0:18:22–0:18:26
Ja, auch außerirdische Gene, wie in District 9 zum Beispiel.
Florian Clauß
0:18:26–0:18:27
Ja.
Reinhard
0:18:27–0:18:30
Das ist auch sehr verbreitet, glaube ich.
Florian Clauß
0:18:30–0:18:35
Ja, stimmt. Ja, also Body-Horror, ich glaube auch, das ist halt wirklich so
0:18:35–0:18:36
eine Definitionsklammer,
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da kann man ziemlich viel runterordnen, aber ich würde vor allen Dingen,
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also dieser Ekel, ja, dieser Ekel und diese Entgrenzung, die passiert,
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und das ist das, was für mich den Body-Horror ausmacht.
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Das ist nicht so sehr, also wenn wir uns so einen klassischen Zombiefilm angucken,
0:18:54–0:18:58
dann ist es ja immer eher die Situation, oder ein Splatter, Splatterfilm,
0:18:58–0:19:01
dann ist es ja immer eher die Situation, der eine rennt weg und man muss halt
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gucken, dass man halt irgendwie Schutz findet und dass man halt nicht von den
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Zombies gebissen wird und so weiter.
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Dann ist es aber nicht so sehr dieser Zerfeil oder die Metamorphose,
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die da gezeigt wird, sondern es ist eher so dieses Height-and-Sieg-Spiel,
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wo das da inszeniert wird.
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Obwohl, wenn ich an die italienischen Zombie-Filme denke, die können aber auch
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schon sehr eklig werden und, naja, das sind die von Fulci, die Zombie-Filme.
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Ich glaube, wir haben uns auch, habe ich mal erwähnt, als wir,
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also Mitch und ich, über 28 Years Later gesprochen haben. Ja.
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Habt ihr noch Ergänzungen zu diesem Versuch der Einordnung?
Micz Flor
0:19:45–0:19:50
Ich habe noch gar nichts gesagt, was auch nicht unpassend ist,
0:19:50–0:19:54
weil ich, wie mein Bruder Chris, auch mit Horrorfilmen eigentlich über meine
0:19:54–0:19:56
Grenzen gehe, also wenn wir von Grenzen sprechen.
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Ich finde das oft schwer auszuhalten und bin jemand, der dann gerne ohne Ton
0:20:01–0:20:05
guckt oder auch als wir together so durch die Finger guckt.
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Da schäme ich mich inzwischen nicht mehr für. Lange habe ich mich dafür geschämt.
0:20:10–0:20:15
Und jemand, der auch beim fünften Mal gucken von Shining,
0:20:15–0:20:20
als ich mal in den 90er Jahren ein Videobeamer ausgeliehen hatte für eine Ausstellung,
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der war bei mir zu Hause, habe ich das so auf Großformat geguckt und musste
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dann auch ausmachen, obwohl ich schon wusste, worum es geht.
0:20:27–0:20:30
Aber ich finde es gleichzeitig auch faszinierend. Für mich ist das immer so
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ein Ding wie saure Gurken, also diese Zuckerdinger.
0:20:35–0:20:36
Kennt ihr diese flachen Teile?
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Die sind sauer und süß und die kleben zwischen den Zähnen und man kann nicht aufhören.
0:20:41–0:20:45
Und obwohl man es nicht will, also man will es buchstäblich ausspucken,
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kann also so geht es mir immer mit hinschauen und wegschauen.
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Eine Sache, die ich aber noch so ein bisschen dazu schieben möchte, ist,
0:20:52–0:20:57
Dass ich schon auch diesen Film Freaks von 1932, ich weiß nicht,
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den kennt ihr vielleicht auch, den würde ich gerne kurz noch dazunehmen.
0:21:01–0:21:04
Das war US-amerikanischer, in Anführungszeichen,
0:21:05–0:21:10
Horrorfilm oder spektakulärer Film oder so, wo Todd Browning war der Regisseur,
0:21:10–0:21:16
der diese Sideshow-Künstler heißen, die also in Anführungszeichen missgebildete
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Menschen mit Fehlbildungen.
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Und ich finde das deshalb so nicht unwichtig, den zu erwähnen,
0:21:29–0:21:33
weil das ist ein Spektakel, diesen Film zu sehen.
0:21:33–0:21:37
Und das war natürlich jetzt auch schon Jahrzehnte, nachdem es Filme gab.
0:21:37–0:21:41
Aber es gibt trotzdem, finde ich, so einen Bruch, wenn wir zurückgucken,
0:21:41–0:21:45
gibt es halt so eine Zeit, bevor man fotografieren konnte und bevor man Filme
0:21:45–0:21:51
hatte, wo Kupferstiche von Nilpferden oder Elefanten oder Löwen halt irgendwie so,
0:21:51–0:21:54
wenn wir die heute sehen, dann muss man sich daran erinnern,
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dass die Leute das aus Erzählungen nachgestellt haben.
0:21:57–0:22:04
Und dann kam Fotografie rein und dann kam Film rein und in dem Film Freaks sieht
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man dann eben auch dieses Spektakel, wenn man Missbildungen sieht, also in Schwarz-Weiß.
0:22:09–0:22:15
Die sind alle irgendwie, finde ich, trotzdem auch sehr fröhlich und gut porträtiert.
0:22:15–0:22:19
Also ich habe nicht das Gefühl, dass es eine komplette Verkünstlichung ist,
0:22:19–0:22:21
diesen Film anzuschauen.
0:22:22–0:22:25
Aber es ist irgendwie so an so einer Schwelle, wo, glaube ich,
0:22:26–0:22:28
Body Horror irgendwie auch mit ansetzt.
0:22:28–0:22:31
Nämlich mit diesem Gefühl, dass man in diesem Gegenüber, in dem Spiegel,
0:22:31–0:22:36
dass man da auf einmal das Gefühl hat, es gibt eine Verzerrung.
0:22:36–0:22:37
Da beginnt so etwas zu reißen.
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Da beginnt so ein bisschen, wie wenn man in Zerspiegel reinschaut,
0:22:41–0:22:43
wenn man in solche Filme reinguckt.
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Und das finde ich bei Body Horror für mich so das Thema. Für mich ist es ein.
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Es ist an dieser Schnittstelle zwischen Körper und Geist oder Leib und Seele
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oder wie man es auch nennen möchte.
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Und es geht für mich oft im Body Horror darum, gar nicht so sehr um das Blut
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und das Gehirn und was da so rauskommt, sondern um diesen Moment,
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dass diese beiden Dinge beginnen, sich zu entfernen.
0:23:09–0:23:14
Dass entweder das Körperliche unter dem Psychischen leiden kann.
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Das ist ja auch, wie heißt denn immer der Film?
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Mir fällt jetzt gerade ein gutes Beispiel ein, ohne dass mir der Titel dazu einfällt.
Florian Clauß
0:23:21–0:23:21
Sag mal, beschreib mal.
Micz Flor
0:23:22–0:23:26
Das ist da, wo die dann auch, wo einer, wo die mit dem Hirn aufeinander,
0:23:26–0:23:30
es ist auch ein Cronenberg-Film, Brain Splatning.
Florian Clauß
0:23:31–0:23:33
Mit dem Hirn Naked Lunch?
Micz Flor
0:23:33–0:23:37
Nein, nein, nein, es ist ein ganz früher, wo die dann so, die haben so psychische.
Florian Clauß
0:23:39–0:23:40
Parapsychische. Also die Unzertrennlichen.
Micz Flor
0:23:40–0:23:41
Nein.
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Auf jeden Fall, dass quasi das Parapsychische den Körper bedroht oder umgekehrt,
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das Psychische durch die Körperveränderung bedroht wird, da könnten dann auch
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so Sachen wie Demenz zum Beispiel reinspielen, also dass irgendwie diese Verbindung
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von diesen beiden Elementen, die
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ja sowieso auch philosophisch noch nicht geklärt ist, diese Verbindung,
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wo alle dran rumschrauben und auch, wo wir vorhin jetzt über,
0:24:05–0:24:09
Reinhards Buch gesprochen haben, auch da geht es ja um diesen Zusammenhang,
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das ist für mich irgendwie Body-Horror, dass diese Dinge,
0:24:12–0:24:17
dass da beginnt etwas sich zu entfernen und wenn es dann reißt,
0:24:17–0:24:20
dann ist es eigentlich so wie beim Monster-Film, wenn man das Monster gesehen
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hat, irgendwie ist dann die Spannung weg.
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Aber der wirkliche Horror entsteht für mich bei Body-Horror,
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so wie ich es verstehe, immer an diesen Momenten, wo da Zerrbilder entstehen
0:24:31–0:24:35
und Körper und Seele irgendwie nicht mehr ganz zusammenpassen.
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Das ist für mich so das Motiv. Und ich denke, dass Freaks da irgendwie so eine
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Rolle spielt als Spiegel und dass das heute natürlich viel feinteiliger über
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CGI oder so auch durchdekliniert wird.
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Also zwischendrin hat man dann noch solche Sachen wie vielleicht der Exorzist
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oder so, wo die Sachen wirklich über Maske und Materie hergestellt wurden.
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Aber seitdem ist dann viel Zeit vergangen, sodass einfach dieses ganze diese
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ganze Palette von Effekten manchmal leider ausgespielt wird,
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um da einfach noch mehr von dieser,
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von dieser Zerreißprobe zu zeigen.
Reinhard
0:25:12–0:25:18
Sag mal, Michael, hast du vielleicht den Aufsatz von Freud über das Unheimliche gelesen?
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Ich glaube, 1919 hat er den veröffentlicht.
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Das wäre in dem Zusammenhang noch mal ganz interessant. Ich habe den mal gelesen,
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das ist aber schon 30 Jahre her.
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So genau kann ich mich nicht mehr erinnern. Eins ist mir dazu im Kopf geblieben.
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Ich glaube, Freud so verstanden zu haben, dass er sagte, das Unheimliche resultiert daraus,
0:25:39–0:25:45
dass etwas Vertrautes uns fremd wird, dass etwas zugleich vertraut ist,
0:25:45–0:25:51
also unser Körper und gleichzeitig etwas völlig Fremdes annimmt.
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Und aus diesem Widerspruch, aus diesem Kontrast heraus erwächst das Unheimliche.
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Aber vielleicht habe ich ihn noch missverstanden.
Micz Flor
0:26:01–0:26:06
Das ist schon ziemlich genau das, was als These da unten drunter liegt.
0:26:06–0:26:11
Und das Unheimliche ist halt heimelig. Das Heimelige, das Vertraute und das
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Unheimliche, das ist...
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Bei Horrorfilmen oder bei Thrillern wird das ganz oft gemacht,
0:26:19–0:26:23
dass Orte, die total schützend und schön und angenehm wirken,
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dargestellt werden und dann gefüllt werden mit Anspannung oder Destruktion.
0:26:27–0:26:33
Also dass man so in Situationen kommt, wo man nicht bei Evil Dead, da gibt es diese Hütte,
0:26:33–0:26:38
diese Hütte im Wald kann man ja auch idealisieren als Rückzugsort und Naturverbundenheit
0:26:38–0:26:43
und genau da kommt dann das Unheimliche richtig zum Tragen.
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Und Freud hat, ich glaube jetzt 99 Prozent sicher, in diesem Text auch über
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sich selber geschrieben, was ich total schön finde.
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Er sagt sowas als Beispiel, als Illustration, dass er mal zugefahren ist und
0:26:56–0:26:59
dann ging so eine Tür auf und dann sah er auf einmal so gegenüber jemandem,
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das war so ein älterer Herr mit grauen Haaren, der so in sich zusammengesunken
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so da saß und er hat sich total erschreckt und dabei dann gemerkt.
0:27:07–0:27:13
Dass das die Tür vom Klo war und er im Spiegel sich selber gesehen hat.
0:27:13–0:27:18
Und das finde ich total spannend, weil das nämlich natürlich auch so eine Situation
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ist, in der Bodyhorror für uns alle entsteht, auf so ganz subtile Ebene,
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wir sehen Fotos von uns und sind immer erschreckt,
0:27:26–0:27:31
es gibt kaum jemand, der gerne Fotos von sich sieht oder die Stimme von sich
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hört oder so und das finde ich ein spannendes Bild, wo Freud da an sich selber
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auch explizit nochmal gesagt hat,
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es war ihm seltsam vertraut, aber dann knallt es rein, das bin ja ich und dann
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hat er sich wahrscheinlich wie wir alle vom Spiegel in Pose geworfen.
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Also wenn wir zum Spiegel gehen.
Chris Flor
0:27:46–0:27:50
Ich würde dann aber mal das Abgrenzen vom Body-Horror dann doch sozusagen das
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Unheimliche und Uncanny Valley und so weiter sind Sachen, die halt der Vampir
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zum Beispiel ist ein Mensch, aber doch kein Mensch. Also man sieht diese Sache.
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Aber Body-Horror geht dann ja wirklich auch ein bisschen drum,
0:28:02–0:28:10
eben um diese Transformation, um dieses Desintegrieren oder irgendwie ja Auswuchern und so weiter.
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Da müssen wir, glaube ich, schon ein bisschen eine Grenze ziehen.
Micz Flor
0:28:15–0:28:18
Finde ich auch richtig und das ist vielleicht genauso der Unterschied zwischen
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dem Prozess der Transformation, der Transformative, das Narrativ im Body Horror und diesem Bild.
0:28:25–0:28:30
Die Tür geht auf und ich sehe halt, da entsteht kein transformativer Akt,
0:28:30–0:28:33
sondern das ist einfach nur eine Bestandsaufnahme sozusagen.
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Das ist jetzt unheimlich, das ist ein Bild.
Florian Clauß
0:28:35–0:28:40
Also diese Spiegel-Metaphern, ja, also gerade in The Substance wird auch ganz
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viel mit dem Spiegel gearbeitet und ich denke, das ist, ja, das ist,
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also wie du sagst, das eine ist ein Prozess, das andere ist,
0:28:48–0:28:53
glaube ich, das Bild, was da uns erstmal so unheimlich erscheinen lässt.
0:28:53–0:28:57
Ich würde auch sagen, dass diese Definition von unheimlich, das ist ja so das,
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was dann auch so im Horrorfilm typisch ist, dass ein heimlicher Ort,
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also ein heimeliger, wie du sagst, Mitch,
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der wird auf einmal, wie die irgendwelche, weiß ich nicht, da,
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wo man sich halt wohlfühlt, das wird auf einmal zum Horror.
0:29:13–0:29:16
Das haben wir auch bei Midsummer und so weiter.
0:29:16–0:29:20
Das sind ja so die Momente, wo sich jeder identifizieren kann und auf einmal
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kommt in diesen Raum, der so ein Schutzraum bedeutet, dann dieser Horror rein
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oder ich muss nur an Freddy Krüger denken und so weiter.
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Das sind ja so diese Geschichten darüber. Aber bleiben wir beim Body Horror.
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Ich würde vorschlagen, Reinhard, möchtest du mit, ich überlege gerade,
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wie man den französisch ausspricht, Titan?
Reinhard
0:29:41–0:29:46
Ja, das habe ich auch. Also der Name des Films macht, glaube ich,
0:29:46–0:29:47
nicht so große Probleme.
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Größere Probleme habe ich tatsächlich beim Namen der Autorin,
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Julia, ist noch einfach, aber...
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Du Correnaud würde ich jetzt mal schätzen.
Florian Clauß
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Das klingt sehr französisch, ja. Lass mal Geld hin.
Reinhard
0:30:01–0:30:05
Obwohl ich nie französisch hatte, aber ich gebe mir Mühe. Ja,
0:30:05–0:30:07
sehr gerne erzähle ich was über den Film.
0:30:08–0:30:11
Interessant fand ich, was Mitch eben noch gesagt hat, also diese Beziehung zwischen
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Körper und Geist und dass eigentlich vielleicht der Geist auch der Ursprung
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des Körperhorrors sein kann.
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Also das ist in diesem Film auch tatsächlich exemplarisch der Fall.
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Weil der Auslöser dieses Body-Horrors, der sich da vor uns ausbreitet,
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ist eigentlich tatsächlich ein psychischer Defekt.
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Oder Defekt kann ich gar nicht sagen. Vielleicht etwas, was da fehlt in der Psyche eines Kindes.
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Aber ich erzähle mal von Anfang an.
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Ich habe den Film gestern zum dritten Mal gesehen.
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Und ich muss sagen, er hat mich auch beim dritten Mal schon noch genauso umgehauen
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wie beim ersten Mal. weil ich finde, dieser Film ist wirklich ein Ereignis und
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jeder sollte den gesehen haben.
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Also ich mag eigentlich sehr gerne Filme, die sich nicht in eine Schublade stecken
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lassen, die Grenzen überschreiten und auch Genre-Grenzen überschreiten,
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wo ich tatsächlich das Gefühl habe, hier wird ein komplett neues Feld aufgemacht.
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Oder es werden mir Erfahrungen vermittelt, die ich vorher noch nie gemacht habe.
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Und das tut dieser Film tatsächlich. Also er bedient überhaupt keine Klischees
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und er ist in jeder Minute überraschend, schockierend und auch unvorhersehbar.
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Und er produziert Bilder und Szenen, die man so schnell nicht wieder vergisst.
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Also von daher würde ich wirklich sagen, es ist ein wirkliches Kunstwerk und
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er hat die Goldene Palme 2021 in Cannes wirklich vollkommen zurechtgewonnen.
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Er war auch der französische Kandidat für den Oscar in dem Jahr,
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aber mich hat es überhaupt nicht
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verwundert, dass so ein radikaler Film in Hollywood keine Chance hat.
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Das Buch geschrieben und Regie geführt hat die damals noch nicht einmal 40-jährige
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Julia Ducorno und es ist ihr zweiter Spielfilm nach Raw.
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Den sie 2016 rausgebracht hat, das eine Coming-of-Age-Geschichte und gleichzeitig
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eine Geschichte über Fleischeslust und Kannibalismus.
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Auch ein sehr radikaler Film, hat auch mit dem Film schon viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
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Aber erst recht mit Titan.
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Also der Film beschreibt eigentlich,
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also ich habe schon gesagt, es ist schwer in eine Schublade zu zwängen,
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aber man könnte den Versuch machen, ihn als eine
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radikal-feministische Selbstermächtigungs-Body-Horror-Drama zu bezeichnen.
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Aber selbst mit dieser Bezeichnung trifft man eigentlich nicht mal die Hälfte
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der Botschaft, die dieser Film vermittelte. Ich versuche es nochmal anders.
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Also man könnte ihn auch als eine tödlich endende Passionsgeschichte beschreiben,
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als einen brutalen Kreuzweg oder eine dreifache Metamorphose.
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Also die erste Metamorphose ist vom Mensch zur Maschine, dann von einer Maschine
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zu einem Mann und oder Sohn und dann von einem jungen Mann oder Sohn.
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Wieder zurück zur Frau oder sogar zur Mutter.
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Ich versuche mal die Geschichte also wenigstens zu skizzieren.
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Wir sehen am Anfang ein kleines Mädchen, die heißt Alexia,
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Wir sehen auch, dass sie von ihrem Vater nicht geliebt wird.
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Um seinen Blick zu bekommen oder seine Aufmerksamkeit zu bekommen,
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tut sie einiges, was dazu führt, dass die beiden einen schweren Autounfall haben.
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Und das kleine Mädchen hat eine schwere
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Kopfverletzung und ihr wird eine Titanplatte in den Kopf eingesetzt.
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Dieser Eingriff markiert eigentlich auch den Beginn des Körperhorrors.
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Weil von da an fängt sie an, sich in eine Maschine zu verwandeln.
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Also diese äußerliche Veränderung führt auch zu einer inneren Veränderung.
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So wie am Anfang dieser innere Schmerz, nicht gesehen zu werden von ihrem Vater,
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dann tatsächlich auch zu diesem Ereignis führt, was das alles auslöst.
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Also wir sehen sie dann später als junge Frau, sehr kalt, eigentlich schon eher
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eine Maschine, ohne Emotionen.
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Sie tötet fast beiläufig einen übergriffigen Mann, dann ihre menschliche Geliebte
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und im Anschluss noch ein paar harmlose WG-Bewohner.
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Und am Ende dieses Massakers bringt sie auch noch ihre Eltern um.
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Wir sehen dieser Brutalität zu und sehen auch, dass sie wirklich fast unbeteiligt ist.
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Also folgerichtig hat sie auch, sie hat sich also dem Menschsein und den Menschen
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komplett entzogen und hat folgerichtig auch Sex mit einer Maschine, mit einem Auto,
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mit einem sehr männlichen Cadillac und wird dann in der Folge auch von ihm schwanger.
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Das klingt jetzt ein bisschen verquer, aber es ist in dem Film,
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es ist wirklich sehr gut umgesetzt. Ja, es ist großartig.
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Es wirkt so, es wirkt wirklich, also der Film hat teilweise was unglaublich
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Dramatisches, teilweise Romantisches, teilweise Sakrales, dann aber auch etwas sehr Träschiges.
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Man weiß eigentlich nie, wo man jetzt genau ist, an welcher Stelle.
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Nun ja, also das ist eigentlich der erste Teil des Films, endet damit,
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also mit dieser Massentötung, könnte man es fast sagen, und der Flucht vor der Polizei.
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Und dann beginnt etwas komplett Neues, was man eigentlich überhaupt nicht erwartet. Es beginnt der...
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Eine zweite Transformation. Und diese Transformation ist zurück von der Maschine
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wieder zu einem Menschen und zwar zu einem jungen Mann.
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Also sie sieht irgendwo ein Fahndungsfoto, da wird nach einem jungen Mann gesucht,
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der irgendwie verloren gegangen ist und sie verwandelt sich in diesen jungen
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Mann. Aber auch mit einer Form von Body-Horror.
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Also eine der eindrücklichsten Szenen des Films ist, wie sie versucht,
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auf einer Flughafentoilette sich selbst die Nase zu brechen.
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Und das klingt jetzt erst mal nach keiner großen Sache, aber es ist wirklich äußerst brutal.
Florian Clauß
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Es tut so weh. Diese Szene tut so weh.
Reinhard
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Und das ist ja nicht das Einzige. Sie rasiert sich ihre wunderschönen langen
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Haare ab und schnürt sich ihre Brüste ein und da beginnt sie ja schon schwanger
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zu sein von diesem Cadillac,
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muss sie auch den schwangeren Bauch abbinden, das ist alles äußerst schmerzhaft,
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also es ist wirklich eine Tortur.
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Aber sie hat Glück, also der Vater dieses jungen Mannes oder dieses Kindes,
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das da irgendwie verloren gegangen ist.
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Leidet unglaublich unter dem Verlust seines Sohnes und als sich ihm die Chance bietet...
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Wieder einen Sohn zu bekommen, ergreift er sie. Obwohl er spüren muss,
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dass dieser junge Mann, der eigentlich eine Frau ist, die eigentlich eine Maschine
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ist, dass das nicht sein Sohn sein kann.
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Aber er ist so abhängig davon, diesen Sohn wiederzubekommen,
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dass er diese Illusion auferstehen lässt. Und was sich dann entwickelt,
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das ist unglaublich, nämlich wirklich eine romantische Liebesgeschichte.
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Also dieser Mann, der auch noch ein extrem männlicher Mann ist,
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ist Chef einer Feuerwehr und diese Feuerwehr ist eine extrem männliche Gesellschaft,
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also die hat fast etwas Sektenhaftes und dieser Feuerwehrkommandant wird als Gott verehrt.
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Er prügelt seinen eigenen Körper aus Angst vor dem Älterwerden und dem Verlust
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seiner Autorität, spritzt er sich ständig Testosteron oder irgendwelche anderen Substanzen.
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Die beiden leben zusammen und es entwickelt sich wirklich zunächst so eine wunderschöne
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Vater-Sohn-Geschichte und dann aber auch daraus eine Liebesgeschichte.
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Weil irgendwann kann Alexia, so heißt die junge Frau, kann sie das nicht mehr
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verbergen, ihre Schwangerschaft und ihre Weiblichkeit.
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Und sie offenbart sich ihm immer mit der Angst, also dass er sie jetzt rausschmeißt
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oder noch Schlimmeres tut.
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Aber das tut er nicht. Und was eigentlich die Botschaft ist,
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das klingt banal und haben wir schon oft genug gesehen, aber dass es tatsächlich
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die Liebe ist, die am Ende siegt.
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Der Film endet dann aber sehr tragisch, dass sie bekommt ihr Kind,
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also dieses Hybridwesen aus Mensch und Maschine und stirbt bei der Geburt.
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Aber dieser Ersatzvater, den sie da gefunden hat, nimmt dieses Kind als seinen
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Sohn an. Und es hat somit ein gutes Ende.
Florian Clauß
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Ja, so großartig, großartig, Reinhard.
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Vielleicht noch ergänzend, wenn sie dann schwanger ist, wo dann der Body Horror auch anfängt,
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der Bauch wird immer praller und irgendwann reißt dann auch der Bauch auf einer
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Stelle ein und man sieht dann an dieser Stelle so ein glänzendes Titan unten
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drunter, wo eigentlich irgendwie Gewebe hätte sein müssen.
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Also man kriegt schon das Gespür, dass da irgendwas komisches ranwächst oder
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aus ihren Brüsten kommt dann Maschinenöl raus.
Reinhard
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Motoröl, ja genau.
Florian Clauß
0:39:38–0:39:39
Motoröl raus.
Reinhard
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Sie versucht auch das Kind abzutreiben am Anfang mit dem Werkzeug,
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mit einer metallenen Haarnadel, mit der sie vorher zehn Menschen schon umgebracht hat.
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Das ist auch eine wahnsinnig intensive und äußerst schmerzhafte Szene,
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sich das mit anschauen zu müssen.
Florian Clauß
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Das ist so schlimm. Es wird auch nicht explizit da diese Szene gezeigt,
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aber man leidet wirklich.
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Ich konnte da nicht hinschauen. Ich musste wirklich wegschauen und ich schäme
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mich auch nicht mehr dafür.
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Ich nehme meine Brille ab, dann sehe ich nichts mehr und gucke dann nur noch
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durch die zusammengekniffenen Augen.
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Aber da habe ich es nicht ausgehalten bei dieser Szene.
Reinhard
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Aber ich hatte des ganzen Films nie den Eindruck,
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wir haben vorhin ja darüber diskutiert, dass irgendwie dieser Body-Horror auch
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daraus resultiert, dass etwas mit dem eigenen Körper passiert,
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was eben nicht selbstbestimmt ist, was irgendwie von außen kommt.
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Und in diesem Film ist es tatsächlich diese Transformation in eine Maschine
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und auch das Schwangersein mit einem Hybridwesen aus Mensch und Maschine.
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Das ist eigentlich, so habe ich den Film gelesen, eine Form weiblicher Selbstermächtigung.
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Sie hat sich selbst dafür entschieden, eine Maschine zu werden,
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Sex mit einer Maschine zu haben oder ein Maschinenkind zu gebären.
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Also das war eine Entscheidung, die sie selber getroffen hat.
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Und dann zu einem Mann zu werden, das ist auch eine Entscheidung,
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die sie selber getroffen hat.
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Also dieser Film überwindet mehrfach Grenzen zwischen Mensch und Maschine,
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zwischen Männern und Frauen, zwischen Vater und Sohn, in dem da aus dieser Beziehung
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eine Liebesgeschichte wird. Er überwindet.
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Lässt sozusagen alle Identitäten in sich zusammenfallen und lässt uns das als
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etwas Positives erleben.
Florian Clauß
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Ja, ich finde auch, ich stimme dir da so 100% zu und ich würde auch sagen,
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das ist wirklich ein ganz toller Film, auch wirklich einer der besten,
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die ich in der letzten Zeit gesehen habe,
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der mich sehr berührt hat und auch ein, ich bin da auch voll bei dir,
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das ist ein Kunstfilm, das ist wirklich ein Film,
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der schafft, diese Ambivalenz in den Figuren so zu halten, dass es eben keine
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Moral gibt oder irgendwas,
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wo man urteilen könnte, sondern er löst es auch, also er löst es in Liebe auf und in Mitgefühl.
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Und ich glaube, das ist, was am Ende so stehen bleibt. Man lässt diese Ambivalenzen zu.
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Sie ist eine Mörderin. Das finde ich zum Beispiel,
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diese Darstellung des Bodyhorrors, die jetzt nicht selbst erwählt sind,
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ist nämlich die Reaktion der Opfer, wenn Alexia den Opfern diese Haarnadel ins Ohr stößt,
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dann fangen die an so zu zucken und dann so eine schleimige Masse zu kotzen.
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Und das war wirklich, das war sehr eklig, also das ist auch eine sehr eklige
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Szene, aber die war sicher nicht selbstbestimmt von den Opfern,
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insofern an der Stelle vielleicht.
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Also diese Szene, wo man sie dann sieht, die ist auch so großartig inszeniert.
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Sie ist dann auch Striptänzerin oder so eine Art, wie auch immer.
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Es gibt so eine Automesse, wo dann auch meistens nur Männer hingehen und die
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Autos werden dann bespielt von Frauen und man sieht dann halt diese Eingangsszene,
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es kommt dann quasi Schnitt und sie ist dann älter.
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Also man sieht sie dann quasi als Kind operiert und als Kind,
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als sie dann aus der Klinik rauskommt, läuft sie auch zu dem Auto.
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Ich glaube, ihre Eltern haben ein neues Auto und sie küsst das Auto und umarmt
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es. Das Auto, was ihr dann zur Falle geworden ist, warum sie dann halt auch
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diese Tatanplatte eingesetzt bekommen hat.
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Dann gibt es einen Schnitt und man folgt dieser, man sieht dann halt auch,
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dass es die gleiche Person sein muss, weil sie auf der Einschädelhälfte dann
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eben durch ihre Operation am Kopf eine große, fast so eine Tattoo-Narbe hat,
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also die sehr ornamental ist und einen Schmuck darstellen könnte.
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Man sieht diese, wie sie dann in so einer Umkleide dann in diese Messehalle
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mit diesen ganzen Autos und man sieht dann eben um die Autos dann irgendwelche Frauen,
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die dazu tanzen und sehr explizite Gesten und Posen machen und irgendwann sieht
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man sie dann halt in diesem Hauptauto dann,
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wie sie da so einen extremen Stripdance macht, ohne sich auszuziehen.
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Auch eine Menge von Fans hat, die dann auch alle Autogramme von ihr haben wollen.
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Die ist in einem Schnitt inszeniert und hat eine unglaubliche Dynamik. Also diese ganze...
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Die ganze Filmsprache ist auch so kunstvoll, dass ich sehr beeindruckt bin von einem Film.
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Du wolltest auch noch mal was sagen, aber ich wollte noch eine Ergänzung machen zu der Filmsprache.
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Und zwar diese Gesellschaft, die du auch beschrieben hast, Rainer,
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die so männlich besetzt ist.
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Gleichzeitig sind das diejenigen, die auch da helfen und ausziehen.
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Ausziehen im Sinne von Brandlöschen oder irgendwelche Menschen dann retten.
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Diese Szenen, wenn die jetzt auch dann ein Feuer löschen irgendwo,
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die sind auch so surreal gefilmt.
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Das hat so eine ganz, wie so eine Traumästhetik, wo man auch sich erst mal orientieren
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musste. Was ist das jetzt? Ist das jetzt real oder ist das nicht real?
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Der hat immer so ambivalente Momente, dieser Film, wo man immer noch irgendwie
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gucken muss, was passiert da gerade?
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Also wo man erst mal sich diese Erzählung dann wieder erschließen muss,
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aber die lässt sich auch erschließen.
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Also die ist jetzt nicht so, dass sie dich total verwirrt, sondern du kommst
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auch wieder auf diese Erzählung drauf.
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Und das finde ich auch ganz toll von ihr inszeniert. Also wirklich so eine eigene
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Filmsprache, die sie entwickelt hat.
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Und das findet man selten, dass jemand auch in den jungen Jahren dann so eine
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starke Filmsprache hat.
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Und das hat mich wirklich sehr beeindruckt an dem Film.
Chris Flor
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Wo du so real sagst, hat schon jemand andalusischer Hund eigentlich gesagt.
Reinhard
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Nein, mit dem Auge und Body Horror und so weiter. Die Ursprung des Body Horror.
Florian Clauß
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Ja, sehr gut, sehr guter Einwand. Den nehmen wir noch mit rein.
Reinhard
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Ich wollte noch etwas sagen, abschließend vielleicht, zu Titan.
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Die mit Abstand schönsten Szenen sind drei Tanzszenen.
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In diesem Film wird getanzt und das sind Momente, in denen sich plötzlich der Film Flügel bekommt.
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Also wo er wirklich abhebt. Also die erste Szene ist wirklich ein heftiger Streit
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zwischen der Protagonistin und diesem Ersatzvater.
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Wo man erst denkt, okay, das geht jetzt, jetzt ist eine Grenze überschritten
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und jetzt gehen die beiden wieder auseinander.
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Und dann legt er Musik auf und tanzt dazu. Und dieser Mann, den wir vorher nur
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als Feuerwehrmann kennengelernt haben, als unglaublich maskulinen Typen,
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und der tanzt auf eine Art und Weise, die einen vollkommen verzaubert.
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Wo er sich innerhalb von Sekunden in jemand anderen verwandelt.
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Und das ist so unglaublich schön. Und dann gibt es noch eine Szene,
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wo die Feuerwehrleute eine Party feiern, neben ihren Feuerwehrautos in so einer Halle.
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Und das hat so eine Intensität, diese unglaublich kräftigen, nackten Männerkörper.
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Und dann unsere Protagonistin wird dann...
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Dazu gezwungen, irgendwie so einen Feuerwehrwagen zu besteigen und dann führt
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sie da oben einen Tanz auf, der so unglaublich androgyn und lassiv ist, dass diese Männer.
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Erstarren, also die vollkommen irritiert und fasziniert sind und wir mit ihnen.
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Also allein wegen dieser Tanzszenen lohnt es sich, diesen Film anzuschauen.
Florian Clauß
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Absolut, ja.
Micz Flor
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Ich mach da trotzdem auch nochmal einen kurzen Knick mit den Worten von Reinhard,
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vielleicht zum Abschluss. Aber ich habe noch nichts gesagt.
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Die Tanzszene mit dem Vater finde ich auch ganz toll, weil da sieht man so,
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also es gibt halt so viel Fassade und in dieser Tanzszene gibt es dann für mich
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so diesen Satz, der sich so ausdrückt, unterschwellig.
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Warum sieht das denn keiner? Also so ein Teil von ihm, der nur da sichtbar wird
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und den er hinter diesem Charakterpanzer mit Chemie gar nicht zeigen kann.
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Und da wird er nicht nur ein anderer, sondern da ist so ein Appell dahinter.
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Seht mich doch mal. Ja, seht das doch auch mal. Das fand ich wirklich sehr berührend.
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Die Traumszene, da wollte ich auch noch was einfügen.
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Ein Film, der auch irgendwie im Horrorgenre ist, dieser Jacob's Ladder,
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den ich irgendwann mal gesehen habe und nicht dachte, dass ich den immer wieder
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mal nach vorne ziehe, auch hier bei den Episoden schon wieder oft.
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Und da ist ja auch so diese Frage, was ist Traum, was ist Realität?
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Bei Jacob's Ladder, Plot Spoiler, ist das jetzt alles nur ein Traum im Sterbeprozess
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gewesen oder wurde da wirklich an ihm rumgedoktert nach dem Krieg und so weiter?
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Ja, und das gibt, das wollte ich kurz sagen aus dieser Psychiatrie-Ecke,
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es gibt halt eine F-Störung unter F07, die Persönlichkeits- und Verhaltensstörung
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aufgrund einer Krankheitsschädigung der Funktionsstörung des Gehirns.
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Oder wie es auch manchmal genannt wird, ist Pseudopsychopathie.
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Da geht es darum, dass eben infolge eines Hirntraumas oder Hirnhautentzündungen
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oder Virenbefall, dass sich die Persönlichkeit ändert. Und diese Veränderung
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dann zum Beispiel eben auch die Sexualität oft betrifft.
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Das kann enthemmend sein in bestimmten Bereichen.
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Und das ist eine eigene, also diese Transformationsebene haben wir angesprochen,
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der Unfall, Titan und dann gibt es so was Traumhaftes, was da passiert.
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Und das fand ich irgendwie auch interessant, dass sich da vielleicht sowas auch
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in einer veränderten, subjektiven Wahrnehmung der Haupterstellung,
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mit der wir ja als Zuschauer verbunden sind, nach der Kindheit dann sich da ausdrückt.
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Und das zweite ist dieser Begriff einfach nur noch so als Fußnote von der Objektsexualität.
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Das kennt jeder wahrscheinlich, glaube ich. Das war 2007, hat eine US-amerikanische
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Sportlerin, ich weiß gar nicht mehr genau was, die hat den Eiffelturm geheiratet.
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Ich weiß nicht, ob ihr davon mal gehört habt.
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Also es gibt dieses Thema, dass Menschen in Liebe verfallen.
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Wir wissen jetzt nicht, ob beim Cadillac das nur sexuell ist oder ob das auch
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eine Liebesbeziehung ist, aber diese Sache, dass wirklich eine emotionale, tiefe,
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nachhaltende Verbindung mit einem nicht belebten Objekt, also kein Tier,
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sondern wirklich der Eiffelturm, die heißt auch Erika Eiffel,
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geboren Erika Labrie.
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Und das wollte ich auch nochmal reinwerfen, weil ich finde das schon auch nochmal
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interessant, wenn wir dann über diese Horror-Ideen denken,
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Bilder, die entstehen und diese Grenzthematik gar nicht nur von wegen,
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wo hört meine Haut auf, wo beginnt was anderes, sondern auch die Grenzthematik.
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Ist dieses Objekt jetzt belebt genug in der Wahrnehmung, die ich von ihm habe,
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damit ich da wirklich mich, sage ich mal, mit Flüssigkeiten und nicht nur mit
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harten Dingen verbinden kann.
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Also das finde ich einfach auch nochmal schön, dass es da mit reinkommt,
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auch wie so eine Grenzthematik, die Liebe zwischen belebten und unbelebten Objekten.
Florian Clauß
0:51:07–0:51:10
Ja unbedingt, das ist immer ein wichtiger Punkt, nämlich wie du sagst,
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dass bestimmte Body-Horror-Szenen dann auch tatsächlich eine Inszenierung sind
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von irgendwelchen pathologischen Ausdrücken, die sich dann halt auch tatsächlich
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kategorisieren lassen.
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Also bleiben wir beim andalusischen Hund und diese Szene, wo dann aus dem Loch
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in der Hand Ameisen krabbeln, das könnte ja auch einfach eine psychotische Wahrnehmung
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sein, aber ist halt ein Film.
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Und ich glaube auch viele Zustände sind dann auch aus solchen krankhaften Wahnvorstellungen
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dann entstanden, gerade im Body-Horror-Bereich und ich will noch einen Punkt machen,
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dass eben diese beiden Filme, die wir jetzt, also Reinhard jetzt mit Titan und
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ich mit The Substance, das ist beides von Frauen gedreht.
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Ja, ich glaube, gerade im feministischen Bereich ist dann auch Bodyhorror ein
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Ausdruck, um eben mit diesen Repressionen, denen gerade Frauen und Frauenkörper ausgesetzt sind.
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Die dann irgendwie auch Ausdruck zu verleihen oder auch eine andere Perspektive
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oder auch das kaputt zu machen.
0:52:14–0:52:18
Ja, also auf den Kopf zu drehen. Ich glaube, das ist auch eine Möglichkeit,
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sich da auszutoben und so ein Gegenbild zu entwickeln.
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Und ich finde, Titan hat das besonders gut gemacht in dieser Form.
0:52:26–0:52:30
Ich möchte noch erwähnen, ich hatte noch einen Punkt zu Titan,
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vielleicht nochmal zum Titel, weil der im Deutschen oder im Englischen auch
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könnte und ich dachte auch erst, es wäre quasi diese Doppelbedeutung von Titan.
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Dass auf der einen Seite das Metall gemeint ist, auf der anderen Seite eben
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die mythologische Figur, die Titanen, diese Riesengötter.
0:52:50–0:52:56
Aber das ist es nicht, weil im Französischen wird es mit E hinten geschrieben und das ist das Metall.
0:52:56–0:53:00
Also das hat nicht diese doppelte Konnotation, dass auf der einen Seite.
0:53:00–0:53:05
Und auf der anderen Seite, was der Film, diese unglaubliche Nähe,
0:53:05–0:53:08
die dann noch zwischen den Figuren entsteht,
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die hat mich stellenweise, und weiß ich nicht, ob Reinhard das auch so bejahen
0:53:13–0:53:15
würde, mich an den Film The Wrestler erinnert.
0:53:15–0:53:20
Ja, auch ein ganz tolles Porträt von so einem alten Ringer, ja,
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also Wrestling-Ringer, der gespielt wurde von Chris Wester.
Reinhard
0:53:25–0:53:27
Sylvester Stallone war das doch.
Florian Clauß
0:53:27–0:53:30
Nee, nicht Sylvester Stallone. Das war nicht Sylvester Stallone.
Micz Flor
0:53:30–0:53:31
Mickey Rourke.
Florian Clauß
0:53:32–0:53:34
Mickey Rourke, genau. Richtig, ja.
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Die sich auch alle so, also auf der einen Seite siehst du diesen knallharten
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Kampf auf der Bühne, der halt viel inszeniert ist, auf der anderen Seite siehst du dann halt,
0:53:43–0:53:48
wie herzlich die in der Umkleidekabine zueinander sind, aber auch wie selbstverständlich
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sie sich dann halt gegenseitig die ganzen Drogen reichen,
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um dann halt irgendwie noch irgendwie in Form zu bleiben.
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Ja, also dieses zwischen Drogen und aber auch trotzdem Akzeptanz dabei.
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Sie wird ja auch irgendwie und er wird ja mit seinen Fehlern so akzeptiert.
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Und da, finde ich, ist so eine Menschlichkeit drin, die mich halt wirklich ergreift,
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weil das halt genau diese Ambivalenz von Menschlichkeit so ausmacht.
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Und das finde ich halt toll, dass das so inszeniert ist.
Micz Flor
0:54:16–0:54:17
Ja, könnten wir...
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Als Fußnote und dann können wir vielleicht eine Folge machen über Sportfilme.
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Und dann können wir den mal reinziehen.
Reinhard
0:54:25–0:54:31
Aber du hast recht. Ich finde auch, der Wrestler und Titan, also diese Männerfiguren,
0:54:31–0:54:35
der Feuerwehrmann und dieser Wrestler, die haben sehr viel miteinander gemein.
0:54:35–0:54:42
Also da ist so eine sehr, sehr männliche äußere Hülle und was darunter ist eigentlich
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ein sehr zerbrechlicher Mensch.
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Und das sozusagen freizulegen, das versuchen beide Filme und das ist sehr schön
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hat mir bei beiden sehr gut gefallen Ich.
Micz Flor
0:54:52–0:54:56
Mach mal eine kurze Frage Chris ist noch da oder?
Chris Flor
0:54:56–0:55:01
Ja ja, aber wie lang machen wir den noch? Das ist ein bisschen Wahnsinn.
Florian Clauß
0:55:01–0:55:04
Oder wollen wir das vielleicht so machen, dass wir jetzt Weapons dran nehmen
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und du dass wir dann so ein bisschen das offener diskutieren und Weapons gemeinsam
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dann so vorstellen Und dann.
Micz Flor
0:55:13–0:55:16
Würde ich vorschlagen, dann können wir es noch besser argumentieren weil ich
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glaube echt, wir machen da zwei Folgen draus.
Florian Clauß
0:55:17–0:55:18
Ja, würde ich auch sagen, genau.
Micz Flor
0:55:19–0:55:20
Wäre das okay, Chris?
Chris Flor
0:55:21–0:55:24
Naja, können wir machen, aber wie gesagt, ich kann ein bisschen Einführungssachen
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sagen, aber es ist halt nichts Tolles erwarten jetzt.
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Ich bin immer noch halb wahnsinnig von meinem, ja, ich habe gestern war den
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ganzen Tag krank und habe das Elixier des Teufels gelesen in meinem Fieberwahn.
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Also insofern.
Reinhard
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Nicht die beste Idee.
Micz Flor
0:55:42–0:55:43
Das bleibt drin.
Florian Clauß
0:55:43–0:55:45
Du bist geimpft worden, hast du erzählt.
Chris Flor
0:55:45–0:55:51
Ja, ich habe die genauso auch Body Horror. Ich habe den Pneumonia Covid und
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die Flu gekriegt, also die Grippeimpfung bekommen.
Florian Clauß
0:55:55–0:56:00
Also ich würde vorschlagen, dass wir jetzt zu dem zweiten Film des Abends kommen.
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Nämlich auch ein ganz aktueller Film, der eben in den Kinos lief, den ich mit meiner...
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Kinogruppe gesehen habe, Weapons von 2025 und dann auch in unsere Eigentlich-Gruppe
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geschrieben habe, ihr müsst den auch sehen, ich fand den toll und Chris hat
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sich den angeguckt und Chris, was ist dein Eindruck?
Chris Flor
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Also ich fand es erstmal toll bei dem Film, also ich hatte, du hattest dann
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schon gesagt, so ein bisschen, dass es wie Rashomon so ein bisschen wäre mit
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dieser Erzählstruktur, das war aber mehr oder weniger alles,
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was ich über den Film wusste.
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In meiner anderen Filmgruppe wurde gesagt, je weniger man über den Film weiß, desto besser.
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Und ich fand das auch wirklich toll, weil mir war das nicht klar,
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dass es ein Body-Horror-Film ist oder in Teilen ein Body-Horror-Film.
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Weil einfach die Preview dazu war mehr oder weniger eigentlich nur die ersten
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fünf Minuten der Geschichte, wo einfach erzählt wird, was ist hier passiert.
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Und dann kamen dann so ein paar Ausschnitte von irgendwelchen Szenen,
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die man nicht richtig in Kontext setzen konnte zu irgendeiner Geschichte und
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das war es dann auch schon.
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Also ich war, ich dachte auch, also doch mal von oben und draußen,
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ich fand es einen sehr tollen Film, um den im Kino zu sehen,
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weil eben durch diese Horrorsachen und auch, weil es eine Komödie auch in gewisser
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Weise ist, das ein sehr gutes,
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das war ein Erlebnis, das mit anderen Menschen zusammenzusehen,
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dieses Stöhnen, die Angst und so weiter, also der Ekel, also auch diese humorvollen
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Szenen, das alles irgendwie so miteinander zu erleben. fand ich so. Ich hatte dann auch.
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Ich war halt so ein Kinotag, heißester Tag des Jahres irgendwie.
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Ich hatte ein großes Getränk getrunken, saß dann drin und musste dann halt blöderweise
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mittendrin aufs Klo und bin halt aufgestanden, hab gemeint, ja,
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ich möchte jetzt ganz schnell aufs Klo gehen.
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Fing dann an, so ein bisschen zu rennen und dann hab ich dann meine Arme so
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zur Seite raus und bin halt so wie die Leute gerannt.
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Und dann haben wir im Kino richtig so ...
Reinhard
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So ein paar Leute haben dann gedacht ...
Florian Clauß
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So ein paar Leute, so ...
Reinhard
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Das müssen wir mal als Flashmob machen, so mit zehn Leuten in den Film gehen
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und dann so aufs Klo retten.
Micz Flor
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Das war jetzt genialer Plot-Spoiler, als anekdotenhafter Plot-Spoiler, das ist ein neues Genre.
Florian Clauß
0:58:24–0:58:24
Super.
Chris Flor
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Ja, ja, aber also, der Film fängt halt eben an, und das hat vielleicht,
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die Vorschau hat halt jeder gesehen, aber machen wir jetzt hier Filmnacherzählungen?
Florian Clauß
0:58:33–0:58:34
Wir machen das.
Chris Flor
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Okay, also in einer Suburbstadt in den USA sind halt eines Morgens um 2.17 Uhr, glaube ich war es,
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sind auf einmal so alle Kinder aus einer bestimmten Schulklasse von einer Lehrerin
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aufgestanden und sind dann die Tür rausgerannt und sind dann nie wiedergekommen
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und die Eltern wissen nicht, was los ist.
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Natürlich sind alle komplett verzweifelt, die Lehrerin wird verhört,
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alle Leute werden verhört.
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Das alles wird halt jetzt wirklich in den ersten 5 Minuten erzählt,
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aber man weiß halt überhaupt nicht, was passiert ist.
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Also ein Kind erzählt die ganze Geschichte, also der, ich weiß nicht,
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allwissende Erzähler vielleicht nicht unbedingt, aber halt schon aus so einer.
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Perspektive raus, erzählt uns halt diese Geschichte.
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Es fängt dann an, der Film Richtig fängt dann an, wo wir, bevor die,
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Ein paar, eine Woche oder so was oder zwei Wochen wurde die Schule halt komplett
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geschlossen und am Abend, bevor die Schule wieder geöffnet wurde,
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ist dann so ein Elternabend, wo halt alle im Saal sitzen und dann die Schulleitung
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und dann halt eben auch die Lehrerin Julia Garner nach vorne gehen und dann
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halt ein paar Worte sagen.
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Und man merkt schon, natürlich ist die Spannung groß, vor allen Dingen Josh
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Brolin ist halt einer dieser Hauptfiguren, der heißt Archer,
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was auch relativ interessant ist als Name, der halt dann die Verbindung sieht,
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ja, das waren nur Kinder aus dieser einen Schulklasse, also muss die Lehrerin
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was wissen. Und das kommt dann halt zur Eskalation.
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Man merkt, dass da auch so Gewalt in der Luft liegt und die Lehrerin muss dann
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halt schnell rausgerettet werden.
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Und man kriegt dann halt auch mit, ja, sie ist Alkoholikerin.
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Das ist halt irgendwie relativ klar. Also das ist auch das Erste,
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was sie macht. Es wird gesagt, na, gehen Sie jetzt schnell nach Hause.
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Gehen Sie nirgendwo mehr hin, damit Ihnen nichts passiert, damit Sie niemand abfängt.
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Und sie geht dann trotzdem noch in den Liquor-Store und kauft sich halt erstmal
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ein paar Flaschen Wodka und fährt dann nach Hause. Also ja, dann entfaltet sich das dann.
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Es ist, wie halt schon gesagt, das ist ein bisschen so eine Rashomon-Geschichte.
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In der Struktur wird es erzählt, dass man erst mal aus einer Perspektive das sieht.
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Das ist aus der Lehrerin, die heißt, Moment, ich habe den Namen hier vor mir, Justine.
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Justine, wie sie das halt so mitkriegt. Und man kriegt halt auch mit,
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wie ihr Leben halt so aussieht.
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Sie kommt dann, ich finde den Film halt ziemlich genial. Also auch wie dann
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halt so manche Sachen halt so, weil man denkt halt erstmal, okay, was ist das hier?
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Ist das jetzt ein Science-Fiction-Film? Der Film heißt auch Weapons,
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deswegen denkt man vielleicht an sowas Technologisches oder sowas.
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Man hat die ganze Zeit, sind so Andeutungen auf Parasiten irgendwie überall,
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also dann auf der Schultafel steht was über Parasiten, die Leute schauen sich
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Dokumentationen an über Parasiten.
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Dann aber halt dieses Wort Weapons ist dann halt auch drin, aber dann taucht
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dieses Wort Witch auf, ist dann halt auf ihr Auto draufgeschrieben,
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wo dann halt erstmalig halt dieses Wort dann halt auftaucht.
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Und also das ist halt jetzt der Spoiler, der Böse ist eine Hexe halt auch,
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aber es ist nicht unsere Julia Garner, obwohl man die vielleicht auch,
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wenn man die Person genauer untersuchen würde,
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dann halt auch Hexenhaftes an ihr erkennen würde.
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Aber im Endeffekt steckt dann wirklich eine Hexe dahinter.
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Es ist sehr schwierig, diesen Film nachzuerzählen, weil der halt eben über diese
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verschiedenen Spuren erzählt wird.
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Also erstmal wird halt die Geschichte der Lehrerin erzählt, dann wird die Geschichte
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von dem Archer erzählt, das ist der Josh Brolin.
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Und das ist auch eine ganz tolle Figur irgendwie, weil der scheint,
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also das ist halt so ein Typ, der so Hausbauer ist, so ein Bauherr oder sowas,
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der aber scheinbar auch irgendwie so eine militärische Vergangenheit hat,
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ein ziemlich harter Typ,
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der aber wahnsinnig darunter leidet, dass sein Sohn dann halt verschwunden ist.
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Er schläft seitdem nur noch in
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dem Bett seines Sohnes und hat auch schon Schwierigkeiten mit seiner Frau.
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Aber er scheint dann trotzdem auch eben so sehr hart und männlich halt einerseits.
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Aber dann halt eben andererseits auch, er hat nie seinem Sohn gesagt,
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ich liebe dich, das ist halt auch so ein Problem.
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I love you hat er nie gesagt. er auch eher der intuitivste von den allen ist,
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wenn man das halt jetzt mal so Gender-Role-mäßig zuschreiben wollen würde,
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ist er schon so derjenige, der halt in seinen Träumen dann irgendwie die Sachen
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so halt so mehr oder weniger halt so zusammenfügt und auch,
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dass es eine Waffe ist, dass er darauf kommt als Archer eben,
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also was er dann halt herausfindet ist, wenn man schaut, wohin die Kinder gerannt
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werden, dann sind die so sternförmig auf einen Punkt zugerannt und hat er in
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der Landkarte festgemacht. Und das ist halt eben dieses eine Haus.
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Was für ein Haus ist das? Das ist das Haus, wo der junge Alex drin wohnt.
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Das einzige Kind, das an dieser Nacht nicht verschwunden ist,
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der aber auch überhaupt gar nicht über die Situation reden kann,
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möchte, der ziemlich traumatisiert scheint.
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Und Justine, die Lehrerin, versucht die ganze Zeit mit ihm zu reden.
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Und so nähern sie sich immer mehr diesem Haus. Also das Haus ist halt dieses
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sternförmige Zentrum, diese Pfeile schießen aus allen Seiten dorthin.
1:03:45–1:03:52
Sowohl Justine, die halt eben, sagen wir mal, eher so zwischenmenschlich,
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also sie ist quasi, wie sie sich mit den Kindern verhält.
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Durch den Kontakt zu Alex kommt sie dann hin, okay, dieses Haus muss der richtige Ort sein.
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Und dann der andere, dieser andere Charakter, Josh Brolin, Archer,
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für ihn ist es halt einfach die
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Vektorrechnung, das dann im Zentrum dieser ganzen Pfeile dieses Haus ist.
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Du hast diesen James, diesen Junkie, der halt in diesem Haus endet oder dann
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in dem Haus ankommt, weil er, weil das Haus verlassen erscheint und er da Sachen rausklauen möchte.
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Du hast einen Polizisten, der dem, diesem James auf der Spur ist,
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der auch gleichzeitig eine Affäre mit Justine hat.
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Alle werden dann halt zu diesem Haus dann hingezogen und was ist in diesem Haus?
1:04:36–1:04:39
In diesem Haus sind die Eltern von Alex.
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Okay, ich liste mir da immer jemand.
Florian Clauß
1:04:42–1:04:48
Also das Haus selber ist total auch so unheimlich inszeniert.
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Man sieht dann halt immer die Tür auf und dann hinter ist total schwarz.
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Man sieht dann nur in den Fenstern, dass sie mit Zeitungspapier vollgeklebt ist.
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Und das wird schon ziemlich früh sehr unheimlich inszeniert.
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Und letztendlich, also ein bisschen banal ist die Geschichte dann schon,
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aber ziemlich gut inszeniert.
Chris Flor
1:05:05–1:05:06
Wenn man es weiß.
Florian Clauß
1:05:06–1:05:11
Wenn man es weiß, ja, also dann ist natürlich, sind alle Kinder in diesem Haus,
1:05:11–1:05:15
ja, und die sind so wie Marionetten, ja, und diejenige, die das dann halt quasi
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alles steuert, ist die Tante, also die Schwester von der Mutter von Alex,
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und die ist eine echte Witch, die kann richtig, also quasi verfluchen,
1:05:24–1:05:28
und was sie dann macht mit so einem Ritual, mit so einem Stock und einem Stoff,
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ja, dass sie dann halt so quasi dann die Macht über die jeweiligen Menschen
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hat, und sie wie Marionetten dann dirigieren kann.
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Und so sind auch die Eltern von Alex, also ihre Schwester und der Mann von ihr,
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die sind auch eben so eingefroren.
Chris Flor
1:05:44–1:05:48
Diese Tante ist halt sehr krank, wahrscheinlich krebskrank oder sowas.
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Also sind alle Haare ausgefallen, sie trägt immer Perücken.
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Das kommt aber erst am Ende raus. Also die Figur taucht natürlich in den anderen
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Geschichten schon vorher aus und ist halt so mit einer roten Perücke total absurd
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übergeschminkt und so weiter. Eine echt skurrile Figur.
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Wo sich dann halt dann später eben durch diese verschiedenen Geschichten und
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dann halt eigentlich erst durch die allerletzte Geschichte, die dann von innen
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alles erzählt, nämlich Alexes, aus Alexes Sicht das alles erzählt wird.
1:06:15–1:06:20
Es ist eben die Tante von Alex, die krank ist, die sich dort eingenistet hat,
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also quasi eigentlich sollten die so die...
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Alexis Eltern ihr Sterbehilfe leisten, aber in Wirklichkeit ist sie eine Hexe,
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um deren Lebenskraft auszusaugen.
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Sie hat so ein kleines Bäumchen dabei und dieses Bäumchen, da macht man die
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Zweige ab, da sind auch so Stacheln dran und das ist halt so eine Blutmagie.
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Wo sie dann halt so Stachel und dann um den Zweig und dann bindet sie dann Haare
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herum oder irgendwas, was zu der Person gehört.
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Wenn sie das bricht, das Stäbchen, dann kann sie diese Menschen quasi,
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ja, marionettenmäßig bewegen.
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Und was halt passiert ist, sie hatte eigentlich gehofft, dass sie durch die
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Eltern von Alex ihre Energie genügend zurückkriegen konnte, um wieder zu genesen.
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Also die Eltern sind quasi in so einem Zombie-Dasein, sitzen die nur so rum,
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werden von Alex dann mit Suppe gefüttert.
1:07:07–1:07:12
Alex bleibt normal, damit er helfen kann, damit er in der Schule ist und damit
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er auch helfen kann, die Eltern zu füttern und so weiter und Suppe einzukaufen.
1:07:16–1:07:18
Und überlegen halt diese Dosen Suppe rum.
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Aber es stellt sich dann halt später, merkt die Tante dann, naja,
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das reicht jetzt doch nicht.
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Diese Energie von den Eltern reicht jetzt doch nicht aus. Wir müssen jetzt auch
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alle Kinder aus der Schule holen.
1:07:28–1:07:31
Und dann fängt halt Alex an und bringt halt, oder wir brauchen mehr Menschen.
1:07:32–1:07:35
Die Hexe sagt, du kannst das nicht der Polizei erzählen oder deiner Lehrerin
1:07:35–1:07:39
oder irgendjemand, weil sonst kann ich es machen, dass deine Eltern sich großen Schaden zufügen.
1:07:40–1:07:45
Und er wird dann in die Schule geschickt, Alex, um Gegenstände zu sammeln.
Micz Flor
1:07:45–1:07:49
Diesen Ein-Body-Horror-Moment. Jetzt hast du den Ein-Body-Horror-Moment mit
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den Gabeln nicht erzählt.
Chris Flor
1:07:51–1:07:56
Ach so, ja genau. Ach, du hast den auch gesehen, den Film. Okay, das ist der erste.
1:07:56–1:08:01
Ich hatte dann auch überlegt, den Film könnte man auch irgendwie Messergabelschere Licht nennen.
1:08:02–1:08:04
Weil halt eben diese ganzen, also man hat halt diese Schere,
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man hat die Messer, man hat die Gabeln und so weiter, das ist sogar die Gabel.
1:08:08–1:08:10
Also die sitzen alle am Tisch.
1:08:11–1:08:17
Und da erklärt halt die Tante, erklärt dann dem Alex, wie die Situation halt
1:08:17–1:08:21
jetzt liegt, dass halt die Eltern jetzt sitzen hier und dann fängt sie an und
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wickelt halt die Haare der Eltern um den Stab und macht ihr eigenes Blut drauf und bricht.
1:08:26–1:08:29
Und dann fangen die beiden an und stechen sich halt mit den Gabeln,
1:08:29–1:08:33
die Vater und die Mutter nehmen dann ihre Gabel und stechen sich halt so wiederholt
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mit der Gabel ins Gesicht, bis sie dann halt den Stab ins Wasser fallen lässt
1:08:39–1:08:41
und dann hören sie halt halt auf.
1:08:41–1:08:47
Was halt irgendwie so demonstriert, ja okay, die sind halt unter ihrer Kontrolle, die...
Florian Clauß
1:08:47–1:08:51
Vielleicht nochmal ganz kurz ergänzend dazu, was dann vielleicht auch nochmal
1:08:51–1:08:55
so ein bisschen einen Blick auf den Titel des Filmes wirft, ist,
1:08:55–1:08:58
dass diese, ich sag mal so verfluchten Menschen,
1:08:59–1:09:03
ja, dass man die konditionieren kann auf andere Menschen, ja,
1:09:03–1:09:05
und dass die dann halt so losgehen wie Waffen, ja.
1:09:05–1:09:09
Und das ist vielleicht auch der andere Body-Horror-Film im Moment in dem Film,
1:09:09–1:09:13
dass die dann halt so, sobald die dann konditioniert sind und dann bricht sie
1:09:13–1:09:18
eben dieses Stöckchen und dann rennen die los und wollen halt um alles auf der
1:09:18–1:09:20
Welt diesen einen Menschen dann vernichten.
1:09:20–1:09:24
Und da gibt es halt auch so eine Szene, wo dann halt der Direktor der Schule
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dann die Lehrerin vernichten soll,
1:09:28–1:09:31
weil der auch verflucht wurde und dann siehst du halt, wie der dann halt wie
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besessen losrennt und dabei halt auch sich irgendwie komplett dann auch kaputt geht dabei.
Reinhard
1:09:40–1:09:43
Wie so ein Zombiefilm ist das dann eigentlich an der Stelle.
Florian Clauß
1:09:44–1:09:47
Genau, an der Stelle wird es wie so ein Zombiefilm inszeniert, ja.
Chris Flor
1:09:47–1:09:50
Ja, aber das ist halt auch lustig, weil es halt dadurch, man sieht den halt
1:09:50–1:09:55
dann in der Geschichte von dem Archer sieht man,
1:09:55–1:09:59
glaube ich. Ich glaube, oder ist es schon bei der Justine-Geschichte auf jeden Fall.
1:09:59–1:10:02
Sie steht an der Tankstelle und dann auf einmal kommt das, ich glaube,
1:10:02–1:10:04
das ist bei der Archer-Geschichte, dann kommt, sieht man denen das erste Mal
1:10:04–1:10:08
diesen Marcus, den Schulleiter, wie er dann halt auf sie zurennt und der hat
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schon wahnsinnig viel Blut läuft ihm über das Gesicht.
1:10:11–1:10:15
Und der rennt dann halt die ganze Zeit hinterher und sie versucht halt zu entkommen
1:10:15–1:10:19
und geht in den Laden und dann kommt er hinterher und ein paar Mal ist sie schon
1:10:19–1:10:22
fast gestorben, sie fährt dann mit dem Auto weg und er rennt hinterher und wird
1:10:22–1:10:25
dann halt, schließlich wird der Schulleiter dann halt von dem Auto überfahren.
1:10:25–1:10:29
Als man dann später die Geschichte aus der Sicht des Schulleiters sieht,
1:10:29–1:10:33
ist er halt zu Hause mit seinem Partner und die schauen sich gerade halt eben
1:10:33–1:10:36
auch diesen Film über diese, wie heißen diese Pilze da?
Florian Clauß
1:10:36–1:10:41
Ja, die dann die Schnecken und so weiter besetzen.
Chris Flor
1:10:41–1:10:42
Ja, die Ameisen.
Florian Clauß
1:10:42–1:10:49
Die Ameisen oder Käfer, so halbtote Käfer. Also symbolisch dann halt so besetzt.
Chris Flor
1:10:50–1:10:54
Ja, also die schauen sich das halt an, dann taucht diese Tante auf und sagt,
1:10:54–1:10:58
hier könnte ich eine Schale Wasser haben und dann setze ich dann halt hin.
1:10:59–1:11:02
Also das ist eine ziemlich skurrile Figur halt eben, setzt sich hin und dann,
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als sie dann den Schulleiter erstmalig aktiviert, setzt sie ihn darauf an,
1:11:07–1:11:08
seinen Partner zu töten.
1:11:08–1:11:12
Und das ist halt ziemlich, das ist ziemlich heftig, wo er dann halt anfängt
1:11:12–1:11:15
und den halt erstmal so wirkt und dann halt mit seinem Kopf immer wieder auf
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dessen Kopf einschlägt,
1:11:17–1:11:20
bis der halt tot ist oder nur nicht tot, man weiß es nicht, also das Gesicht
1:11:20–1:11:24
ist dann schon so total platt, man sieht das eigentlich alles und der atmet
1:11:24–1:11:28
halt immer noch durch, so durch dieses Gesicht, das ist eine ziemlich fiese,
1:11:28–1:11:29
fiese, fiese Situation,
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wenn man sich das anguckt, aber halt eben auch im Kino, also ist man wenigstens
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zusammen und schaut sich das an.
1:11:34–1:11:39
Und dann wirft sie halt das Stäbchen ins Wasser, hört auf und dann macht sie
1:11:39–1:11:42
ein neues Stäbchen und setzt ihn halt auf diese Justine an.
1:11:43–1:11:49
Schließlich, sagen wir mal schließlich, also die ganzen Kinder sind unten im Keller.
1:11:49–1:11:53
Es gibt diesen Polizisten, was halt auch, brauchen wir nicht unbedingt darauf
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eingehen, aber der ist halt auch geil, diese Bad Cop Polizisten Figur,
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der halt auch ein Verhältnis wohl mit Justine hat, er ist verheiratet.
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Da hatte ich dann halt eben auch gedacht, wo diese Sache von wegen Hexe und
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Kontrolle und so weiter, wo die Justine den Polizisten, also den Paul,
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er ist halt verheiratet, er möchte stark sein, in Anführungszeichen,
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aber sie bringt ihn dann schließlich dazu, dass er Alkohol trinkt und dann haben sie halt doch Sex.
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Es ist quasi so, dieser auch eben ähnlich.
1:12:28–1:12:34
Justine halt benutzt auch einen Trunk, sagen wir mal, um ihn zu manipulieren.
1:12:34–1:12:37
Er kommt dann halt in eine Situation und ist halt fremdgesteuert,
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in der er eigentlich nicht sein möchte.
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Hatte ich dann irgendwie so gesehen. Aber wo halt, wenn man sich die Justine
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anschaut, im Gesetz zur Tante, hat die Justine halt eben auch etwas sehr so
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Nurturing, so eine Komponente.
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Und Fürsorglichkeit halt auch gerade den Kindern gegenüber, die der Tante halt
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komplett abgeht, weil es ihr halt um ihr eigenes Überleben nur geht und ihr
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das dann egal ist, wie es anderen Menschen damit geht. Ja, zu guter Letzt kommt
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dann alles dahin zusammen.
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Wir haben jetzt sowohl der Junkie James als auch der Polizist,
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als auch die ganzen Kinder, als auch die beiden Eltern von Alex sind alle unter Kontrolle dieser Hexe.
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Die merkt langsam, dass das sich nicht mehr lange so halten lässt und sie möchte
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eigentlich jetzt den Standort wechseln und bereitet da halt was daraus vor.
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In dem Moment kommen Justine und Arce kommen in dem Haus an,
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finden das halt so alles vor.
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Und dann geht quasi halt das Gemetzel halt noch so ein bisschen weiter.
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Ich fand, wo man gedacht hat, okay, das könnte jetzt dieser,
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das könnte das Ende sein.
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Und dann wird dann getötet und dann die Bösen sind tot und dann ist alles vorbei oder so.
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Also ich fand diese eine Szene, Buddy-Horror, fand ich halt total geil,
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wo in der Küche kämpfen sie, der Polizist unter der Kontrolle greift Justine an,
1:13:56–1:14:00
Justine greift nach Besteck irgendwie und man denkt, sie holt sich ein Messer,
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aber sie holt sich so einen Apfelschäler und fängt dann an, dir das Gesicht zu schälen.
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Also man denkt so, nein, das passiert jetzt nicht, doch, das passiert jetzt.
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Und fängt halt an, dieses Gesicht zu schälen von dem Polizisten und das passiert
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halt auch tatsächlich. ich so runtergestellt. Das fand ich halt ziemlich geil.
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Aber zu guter Letzt, der Junge hat dann den genialen Einfall,
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also der Alex hat den genialen Einfall mit seinem eigenen Blut und so einem
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Zweig und den ganzen Schildchen von den Kindern, die Kinder auf die Hexe anzusetzen.
1:14:31–1:14:37
Und das ist halt dieser wunderschön befriedigende, das wunderschön befriedigende
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Ende dieses Filmes, wo du halt dann dieses fast schon Slapstick-mäßige, wo du halt immer die,
1:14:44–1:14:47
Die Hexe weiß, was los ist und rennt dann halt weg von den Kindern und rennt
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durch diese Suburbian-Nachbarschaft von einem Haus zum anderen.
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Und man sieht immer, wie sie so schreit, so aaaaaaah, wegrennt.
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Und dann ist es kurz still und dann hört man diese ganzen Kinder schreien.
1:14:57–1:15:00
Aaaaaaah, mit so einem Kindergeschrei rennen die dann so hinter sie her.
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Ja, aber so völlig brutal.
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Ja, aber es ist halt so.
Florian Clauß
1:15:04–1:15:07
Wie die dann durchs Fenster steigen und dann die Treppen so runterfallen.
Chris Flor
1:15:07–1:15:11
Ja, alle kommen immer hinterher. Erst geht sie souverän zu weg und dann kommen
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sie hinterher und halt immer mit ihrem Geschrei,
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Stille und dann das Kindergeschrei und am Ende schaffen sie es halt,
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das erste Kind schafft es irgendwie, sie zu erreichen und dann ist es natürlich
1:15:22–1:15:26
vorbei, weil halt eben diese Meute dann über sie herfällt und sie dann zerreißt.
1:15:26–1:15:30
Nachdem sie zerrissen ist, ist der Zauber gebannt.
1:15:30–1:15:34
Aber trotzdem sind die Kinder erst mal komplett leer. Die Eltern sind komplett leer.
1:15:35–1:15:40
Aber es scheint wohl von dieser Kinderstimme im Off, die dann halt so erzählt,
1:15:40–1:15:43
ja, aber manche der Kinder haben jetzt schon wieder angefangen zu reden.
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Also insofern scheint sich da wieder was zu füllen, dann wenigstens bei den Kindern danach.
Florian Clauß
1:15:48–1:15:49
Ja, ein Happy End, ne?
Chris Flor
1:15:50–1:15:53
Happy End, ja. Also auch die Hexe, wo gerade die Hexe ist tot.
1:15:53–1:15:55
Genau, wo gerade die Hexe ist tot.
1:15:56–1:15:59
Die haben die in den Ofen geworfen und die Tür zugemacht.
Florian Clauß
1:15:59–1:16:01
Ja, und die Därme gegessen dabei.
Reinhard
1:16:03–1:16:07
Da möchte ich kurz einen Einwand formulieren, wenn ich darf.
Florian Clauß
1:16:08–1:16:08
Natürlich.
Reinhard
1:16:08–1:16:11
Ich wollte jetzt nicht vorgreifen, Chris. Ich meine, vielleicht möchtest du
1:16:11–1:16:14
ja noch ein Fazit. Ein Fazit noch ziehen.
1:16:14–1:16:16
Nein, ich finde, es ist gerade fragwürdig.
1:16:17–1:16:21
Ihr sagtet jetzt ein Happy End. Und das würde ich jetzt gerade in Frage stellen.
1:16:22–1:16:27
Zunächst mal, bevor ich darauf weiter eingehe. Also ich habe den Film vor einer Woche im Kino gesehen,
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nachdem mir der aus mehreren Seiten empfohlen wurde und ich war natürlich voller
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Erwartungen und ich muss gestehen, dass meine Erwartungen ziemlich enttäuscht
1:16:36–1:16:38
worden sind. Ich fand den Film...
1:16:39–1:16:42
Ungefähr bis zur Hälfte hat er mir gut gefallen. Ich fand auch diese verschiedenen
1:16:42–1:16:46
Erzählpositionen, obwohl das nichts Neues ist, aber ich fand es sehr interessant.
1:16:46–1:16:49
War gut gemacht. Mir haben auch die Figuren gefallen.
1:16:50–1:16:54
Aber der Film hat von dem Augenblick an für mich seinen Zauber verloren,
1:16:54–1:16:56
wo zum ersten Mal diese Hexe auftaucht.
Chris Flor
1:16:57–1:16:58
Ich weiß es nicht.
Reinhard
1:16:59–1:17:02
Moment, Moment, Moment. Ich will kurz weiter ausführen. Und diese Hexe,
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das ist für mich genau das Problematische an dem Film.
1:17:06–1:17:11
Eigentlich geht der Body-Horror, man müsste ja eigentlich das Bewusstseins-Horror
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nennen, weil die Körper dieser Menschen verändern sich ja gar nicht,
1:17:14–1:17:18
sondern es ist das Bewusstsein, was sich verändert, das da ausgeschaltet wird durch die Hexe.
1:17:18–1:17:24
Aber ich finde, der wahre Body-Horror geht in diesem Film gar nicht von diesen
1:17:24–1:17:29
Menschen aus, von den Kindern, denen das Bewusstsein abgeschaltet wurde oder
1:17:29–1:17:33
von den Menschen, die da als Waffen missbraucht werden, sondern der wahre Horror.
1:17:33–1:17:38
Und das sehen wir ein paar Mal in den Träumen dieser beteiligten Protagonisten,
1:17:38–1:17:43
taucht ganz kurz das Gesicht dieser alten kranken Frau auf.
1:17:43–1:17:49
Und davon geht eigentlich der wahre Horror aus. Das Gesicht einer alten kranken Frau.
1:17:49–1:17:54
Nachher wird sie dann als Hexe tituliert und das ist sie ja auch in diesem Zusammenhang.
1:17:55–1:18:02
Ich finde, das ist eigentlich die tiefere Motivation dieses Films.
1:18:02–1:18:05
Das ist eigentlich das, wovor wir Angst haben müssen und das ist das,
1:18:06–1:18:07
wovon der wahre Horror ausgeht.
1:18:08–1:18:12
Vom Alter, diese Frau ist nicht geliftet wie alle Schauspielerinnen in Amerika
1:18:12–1:18:20
und die Falten sind nicht weggeschminkt, sondern wir sehen wirklich eine alte Frau,
1:18:20–1:18:27
so wie sie aussieht, wenn man eben nichts Kosmetisches oder Chirurgisches daran macht.
1:18:27–1:18:30
Und ich glaube, dass das gerade in den Vereinigten Staaten, wo ja jetzt alle
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älteren Frauen beim Schönheitschirurgen waren, etwas wirklich Schockierendes hat.
1:18:36–1:18:41
Und damit konfrontiert zu werden, mit dem Alter, mit dem eigenen Verfallen,
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mit dem sicheren Tod, ich glaube, das ist das, was eigentlich den Warenhorror dieses Films ausmacht.
1:18:47–1:18:53
Und ich finde es eigentlich tragisch, dass diese Frau dann sterben muss.
1:18:53–1:19:00
Diese arme, alte, kranke Frau wird von der Jugend zerrissen förmlich.
1:19:00–1:19:03
Also das ist ja auch eine Form von Euthanasie.
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Also die alten Kranken müssen sterben, damit die Jungen irgendwie aufblühen können.
Chris Flor
1:19:09–1:19:14
Ja, also ich sehe das auch so. Also sie hat sich nicht in ihre Rolle reingefunden.
1:19:14–1:19:17
Sie hat nicht akzeptiert. Sie hat die Frechheit besessen.
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Und da geht es dann vielleicht auch mit dem Substance dahin.
1:19:22–1:19:24
Also das sind auch Parallelen zur Substance.
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Dass sie nicht artig irgendwie sagt, okay, dann bin ich alt und ich sterbe jetzt.
1:19:29–1:19:32
Sondern sie sagt, nee, nee, ich möchte noch weitermachen. Ich kann noch weitermachen.
1:19:33–1:19:38
Und macht es halt, greift zu Mitteln, die anderen Menschen halt auch schaden,
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aber um halt eben weiterzumachen. Aber das darf nicht.
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Und am Ende der befriedigende Moment ist, die alte Frau muss sterben,
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darf ihr Leben nicht verlängern, darf nicht irgendwie wie jetzt,
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also diese Unsterblichkeitsfantasien von Silicon Valley und so weiter,
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darf nicht ewig weiterleben, sondern muss sich halt jetzt einfach mal dem fügen
1:19:59–1:20:00
und muss der Jugend Platz machen.
1:20:02–1:20:09
Was ja auch stimmt, also diese ganze Horrorgeschichte der Babyboomer,
1:20:09–1:20:15
die halt eben in allen Jobs noch drin sitzen und die Gen Z und so weiter,
1:20:15–1:20:17
denen keinen Raum machen im Arbeitsmarkt.
1:20:18–1:20:22
Die muss halt jetzt einfach mal weg und dann wird's halt zerrissen.
1:20:23–1:20:27
Damit die endlich aufleben können wieder, damit die Jugend endlich wieder aufleben kann.
Florian Clauß
1:20:27–1:20:31
Ja, also ich denke auch, da sind so bestimmte gesellschaftlichen Themen gepflanzt
1:20:31–1:20:34
in diesem Film, aber so nicht wirklich gut aufgelöst.
1:20:34–1:20:39
Also auf der einen Seite ist es halt natürlich in der alten Frau,
1:20:40–1:20:44
in der Tante, die Einsamkeits-Pandemie, die da passiert.
1:20:44–1:20:48
Sie ist einsam, sie sucht dann irgendwo Anschluss, ja, sie ist zwar eine Hexe.
Chris Flor
1:20:48–1:20:50
Aber... Na, sie sucht keinen Anschluss allerdings.
Florian Clauß
1:20:50–1:20:55
Sie besucht halt Energie. Aber auf der anderen Seite, das was halt so offensichtlich
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ist, dieses Ageism, was da passiert.
1:20:58–1:21:01
Auf der einen Seite wird sie eben als alte Frau rausgeworfen.
1:21:01–1:21:04
Ich finde aber, sie schminkt sich völlig übertrieben.
1:21:04–1:21:09
Also da habe ich schon so dieses Stereotyp von alten amerikanischen Frauen.
Reinhard
1:21:09–1:21:12
Es ist auch ein Zitat von der Joker.
Florian Clauß
1:21:12–1:21:17
Genau, der Joker. Oder ich dachte, ein S an diesem Klon und so weiter.
Reinhard
1:21:17–1:21:17
Ja, genau.
Florian Clauß
1:21:19–1:21:23
Aber vor allen Dingen, da fand ich jetzt auch nochmal gut den Einwand,
1:21:23–1:21:25
dass die Boomer-Generation,
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die drückt ja quasi auch, also die belastet ja die jetzt nachkommende Generation,
1:21:32–1:21:34
die in den Arbeitsmarkt geht mit ihren Renten.
1:21:34–1:21:37
Also das ist zumindest in Deutschland ein massives Problem, wie wir die Renten
1:21:37–1:21:41
finanzieren. Und das, was dann drunter liegt, ist natürlich das Care-System.
1:21:41–1:21:45
Das Care-System, der Junge, der Alex muss seine Eltern pflegen,
1:21:45–1:21:50
die sind dann halt so paralysiert, ja, sitzen da und er hat aber auch nichts irgendwie,
1:21:51–1:21:55
was er irgendwie, wie er es anwenden kann, außer diese Campbells-Suppendosen,
1:21:55–1:21:56
die er dann zusammenkehrt,
1:21:57–1:21:59
ja, und den dann halt, die füttert.
1:21:59–1:22:04
Aber das ist halt so ein ganz offensichtliches Bild, wo er dann halt seine Eltern füttert.
1:22:05–1:22:07
Ja, das ist halt irgendwie auch eine Kritik an dem Kehrsystem.
1:22:08–1:22:13
Also der Film reißt so viele Sachen auf, aber findet da nicht so richtig den
1:22:13–1:22:16
richtigen, also ich finde, der ist nicht so richtig rund am Ende.
1:22:16–1:22:18
Ja, der geht nicht so richtig auf.
Micz Flor
1:22:18–1:22:23
Da würde ich vielleicht reinspringen, genau als jemand, der den Film nicht gesehen hat.
1:22:24–1:22:28
Aber allgemein nochmal zurück, raus zu diesem Horror-Thema.
1:22:28–1:22:33
Also der Film wurde mir halt kurz vorgestellt, ich weiß nicht mehr Medien oder
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Flo oder wer es gesagt hat, aber diese Tür geht auf, die Kinder rennen weg.
1:22:37–1:22:43
Das Bild ist ja auch dieses Rennen, wo die wie so mit ausgestreckten Armen die Straße lang rennen.
1:22:43–1:22:51
Und das war einfach so ein Bild, was sofort Horror ist. Ja, also das hat mich gleich gegruselt.
1:22:52–1:22:55
Und dann habe ich eben auch über Erzählungen, weil ich wusste,
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ich werde den Film nicht gucken können,
1:22:58–1:23:01
von Flo auch schon diesen Abriss bekommen und dann kommt diese Hexe und so,
1:23:01–1:23:05
dann hatte ich auf einmal eher so ein Bild von diesem Film wie Shutter Island
1:23:05–1:23:10
oder wie Angel Heart oder so, wo es halt quasi so metaphysisch,
1:23:10–1:23:13
dämonisch irgendwie horrormäßig losgeht.
1:23:13–1:23:16
Also gar nicht mal metaphysisch, sondern einfach nur so Horror ist.
1:23:16–1:23:24
Also Horror so wie Aspirin-Tabletten oder sowas, ohne Bodenhaftung.
1:23:24–1:23:28
Einfach ein Bild, was so X-Files mäßig, das steht einfach da.
1:23:28–1:23:33
Und dann hinten raus wird es aber eher so ein Thriller und man folgt den Spuren
1:23:33–1:23:38
und man kommt dann eben auch zu einem Ende und das finde ich halt auch interessant
1:23:38–1:23:44
wenn man mal rauszoomt und sagt muss ein Horrorfilm zum Schluss sich auflösen,
1:23:44–1:23:45
egal ob es jetzt ein Happy End ist.
Chris Flor
1:23:45–1:23:50
Aber einfach muss es eine Lösung geben Wunderbar eigentlich darf es keine Lösung
1:23:50–1:23:52
geben, also ich finde bei einem Horrorfilm ich würde so weit gehen und sagen,
1:23:52–1:23:56
es darf keine Lösung geben, also die Widersprüche dürfen nicht aufgelöst werden.
Reinhard
1:23:56–1:24:00
Sonst haben wir einen Science Fiction Film Ich bin da total bei euch.
1:24:00–1:24:03
Ich habe mir die ganze Zeit, als ich da in dem Kino saß, habe ich mir gewünscht,
1:24:03–1:24:05
dass es nicht aufgelöst wird.
1:24:05–1:24:08
Dass wir am Ende nie erfahren werden, dass es vielleicht verschiedene Spuren
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gibt, denen man nachgeht.
1:24:09–1:24:13
Aber dass wir nie erfahren werden, wo diese Kinder hin sind und was mit denen passiert ist.
1:24:14–1:24:18
Es ist so ein bisschen das, was Stanley Kubrick in Shining versucht hat.
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Also es passieren seltsame Dinge, aber am Ende bleibt man ratlos.
1:24:24–1:24:27
Und es ist toll, wenn man diesen Film dann nie wieder vergisst.
1:24:27–1:24:33
Er hat eine Saat in einen gelegt, die ein Leben lang aufgeht.
Chris Flor
1:24:33–1:24:35
Kann ich jetzt auch noch mal wieder einen Schritt zurückgehen und sagen,
1:24:35–1:24:41
ja, ich glaube, dass es gerade eine Wende gibt in Horror.
1:24:41–1:24:47
Also Body-Horror ja mehr, aber halt eben auch weg von diesem High-Horror hört man ja auch dazu.
1:24:47–1:24:51
So einer, eher so einer, also ich finde den Film halt deswegen,
1:24:51–1:24:54
der fängt irgendwie so als so ein Thriller oder sowas an, wird dann halt eben
1:24:54–1:24:59
dann am Ende wirklich dieses Hexenmärchen, das dann halt auch dann aufgelöst
1:24:59–1:25:01
wird und sehr befriedigend aufgelöst wird.
1:25:01–1:25:04
Das ist, ja stimmt, dass am Ende eigentlich eine,
1:25:05–1:25:09
ein bisschen eine Ambivalenz halt komplett verschwindet, die aber halt in den,
1:25:10–1:25:14
also es gibt noch für uns Möglichkeiten, das so zu interpretieren,
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was wir dann halt auch gemacht haben mit Generationen und so weiter.
1:25:17–1:25:23
Aber am Ende wird das dann halt natürlich schon alles schön zerfetzt,
1:25:23–1:25:25
dann am Ende und alles ist gut.
1:25:25–1:25:29
Dass das eben absichtlich gelöst wird, einfach absichtlich aufgelöst wird.
Florian Clauß
1:25:29–1:25:33
Ja, also, ja, ich glaube, das ist auch das, was mich bei dem Film stört,
1:25:33–1:25:38
der, also, weil der so gut ausgeht und weil er so rund ist dann am Ende,
1:25:38–1:25:41
aber gleichzeitig, das ist, was mich am meisten, also ein Bild,
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was mich dann halt wirklich am meisten dann halt so in diesem,
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Angstzustand versetzt hat oder in diesem Verwirrungszustand,
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das war dieser Traum von dem Vater, von dem einen, der dann halt irgendwie diese
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ganzen diese ganzen Linien gezeichnet hat und drauf gekommen ist,
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dass alles in diesem Haus zusammenläuft.
1:25:58–1:26:02
Er hat eine Traumsequenz, wo er auf dieses Haus zugeht und über diesem Haus
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das öffnet sich dann halt so in seinem Traum, ist halt so ein Riesen,
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so wie eine 3D-Animation,
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so ein Riesenmaschinengewehr und es leuchtet diese 3.19, also die Uhrzeit auf,
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wo die Kinder verschwinden.
1:26:15–1:26:20
Das hat mich total verwirrt. Das war wirklich so, hä, was passiert jetzt gerade?
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Und der hatte so tolle Momente, dieser Film,
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die mich dann wieder an Ari Aster oder diese ganze neue Regie-Generation von
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Horrorfilmern, die jetzt so gerade die Filme drehen.
1:26:35–1:26:38
Und Cracker gehört ja auch mit dazu, auf jeden Fall.
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Aber das hat es nicht so richtig ausgezahlt am Ende.
Chris Flor
1:26:43–1:26:46
Im Guardian stand eine Besprechung von dem Film. Da wurde gesagt,
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vielleicht hat Weapons keinen tieferen Sinn, aber das ist okay.
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Und das glaube ich fast auch. Also ich finde es aber auch in Ordnung.
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Also es ist schon allerhand irgendwie drin.
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Man kann darüber nachdenken und so weiter. Aber es ist dann schon,
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also es ist jetzt nicht eben wie halt Substance,
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es ist halt, die Komplexität ist in der Art, wie es erzählt wird,
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die Komplexität ist, wie auch das Erwartungen geschürt werden und dann enttäuscht
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werden und dann aber am Ende dann geschürt werden und erfüllt werden.
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Irgendwie, man denkt, natürlich hatte ich auch gedacht, oh je,
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vielleicht kommt nie raus, was da jetzt mit denen los ist, weil das Kind halt
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auch am Anfang sagt und die Kinder wurden nie wieder gesehen,
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dachte ich, um Gottes Willen, wird sich jetzt dieser Film nicht für mich auflösen.
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Und dann muss ich halt ehrlich sagen, war ich schon befriedigt,
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dass sich der Film am Ende auflöst, dass es alles rund geworden ist.
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Wäre blöd zu sagen, es ist kein Stanley Kubrick, sowas möchte ich halt auch
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nicht sagen, aber ich möchte schon auch sagen, dass er halt in, also auch schon eben.
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Die meisten Leute, die den Film sehen, finden den super. Also wie damals Smells
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Like Teen Spirit war ein Song, den alle gut fanden.
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Und als der rauskam, dieser Film, alle, die sich angucken, finden den toll.
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Und das ist ja eine Leistung. Dafür, dass der halt so ein relativ low,
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also nicht low-budget, aber so ein mid-budget Film ist.
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Und ich finde, dafür ist der schon sehr gut. Dafür hat er eine sehr komplexe
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Erzählstruktur, sehr gute Schauspieler dabei.
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Ja, ist sehr lustig, ist sehr brutal für einen Film, der halt dermaßen erfolgreich
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ist. Aber ich habe den Titanen jetzt nicht gesehen, aber natürlich ist das kein
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Kunstfilm oder sowas mit dem, was sie hier zu tun haben.
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Es ist halt ein sehr gut gemachter Thriller und ein sehr überraschend gemachter Thriller.
Florian Clauß
1:28:27–1:28:32
Ja, ich glaube auch, er bietet dann für die amerikanische Durchschnittsgesellschaft
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dann halt auch entsprechende Möglichkeiten, sich da reinzuhängen.
Chris Flor
1:28:36–1:28:41
Ja, also mit dem amerikanischen, das ist jetzt hier schon ein paar Mal aufgekommen.
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Also wir müssen auch langsam mal zugeben.
Florian Clauß
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Ich will noch mal eins dazu werfen, weil ich halt wirklich auch so jetzt kurz
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danach diesen Paddington, also diesen Film von Ari Aster, den habe ich auch
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gesehen und der ist ja irgendwie so ähnlich von der Stimmung her.
Chris Flor
1:28:57–1:28:58
Achso, den habe ich noch nicht gesehen.
Florian Clauß
1:28:58–1:29:04
Ja, der spielt halt irgendwie so in Neu-Mexiko oder in irgendeinem Wüstenbundesstaat.
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Und da geht es halt auch um den Zerfall von einer Stadt und an so mehreren Personen.
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Also ein bisschen Multiperspektive auch. Aber so ein bisschen dieses ...
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Diese Hexenjagd, die passiert, diese Versammlung in der Schule,
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wo die gegeneinander reden und so weiter.
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Also dieser Zerfall oder die Spaltung, wie man schon sagt, die Spaltung der
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Gesellschaft irgendwo auch dann mitmacht. Ja, gleichzeitig finde ich den aber auch sehr Comedy-haft.
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Also ich meine, die Figur des Junkies haben schon ein paar Mal laut gelacht,
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wie er schon in sein Zelt flüchtet und die Polizei anruft.
Chris Flor
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Wenn er die Polizei anruft und dann vorher Crack geraut hat.
Florian Clauß
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Also irgendwie hat er auch lustige Momente. Also er erzählt eine Geschichte,
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er spielt da mit und ist auf jeden Fall ein unterhaltsamer Film.
Chris Flor
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Aber mit dem, ich finde es, mit diesem Amerikanisch wollte ich auch nochmal
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drauf eingehen, weil das wurde ja jetzt schon immer ein paar Mal gesagt,
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also wegen der amerikanischen Jugend,
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das Jugendkult und so weiter, amerikanische Schminke, Frauen,
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amerikanische Erwartungen und so weiter.
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Also ich würde sagen, ein Großteil der Menschen hier oder sowas haben das,
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waren ja auch noch nicht in New Mexico, der Amerikaner zum Beispiel,
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oder waren auch noch nicht.
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Also die Sache ist, ich glaube, man kann sich nicht so gemütlich in Deutschland
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hinsetzen und sagen, das ist Amerika, weil man ist ja mit genau den gleichen
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Filmen auf genau die gleiche Weise aufgewachsen.
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Man hat genau dieselben Erwartungen anerzogen bekommen durch diese amerikanischen
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Filme und das ist eigentlich,
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ich würde sagen, die amerikanische Kultur in dem Sinne bei solchen Filmen ist
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eigentlich so eine Hollywood-Kultur und damit halt eben eine,
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Mainstream-Filmkultur. Ich würde sagen, eher Hollywood, als dass ich Amerika
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sagen würde. Sagen wir mal so.
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Ich würde eher sagen, mit Hollywood würde ich nicht meinen, den Ort in Kalifornien,
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sondern mit Hollywood würde ich meinen, die Mythologien, die Kosmologien und
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so weiter, die halt da aufgebaut wurden über Jahrhunderte.
Florian Clauß
1:31:07–1:31:12
Ja gut, ja, natürlich. Das ist die Narration, die dann halt auch fast global ist.
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Wo dann halt, so kennen wir das eben, So sind die Geschichten, so werden sie erzählt.
Micz Flor
1:31:20–1:31:23
Bleiben wir mal beim Thema. Also ich finde es gut, das nochmal zu korrigieren.
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Aber Body Horror, wir haben jetzt über Altersvorsorge geredet,
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über Baked Beans, über Hollywood dürfen wir auch.
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Aber sollte ein Publikum hier drauf geklickt haben, wegen dem Body Horror Thema,
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das sollten wir nicht vergessen, finde ich.
Florian Clauß
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Okay, Mitch, dann mal los.
Micz Flor
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Nee, ich möchte das noch kurz abwickeln, Weil ich möchte einen Link machen zu
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unserer Folge 50, Carrying Comfort.
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Und da ist in den Shownotes nämlich ein Link drin auf Carrying Comfort in dem
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Omni-Magazin von 1983. Das ist eine Novelette von Dan Simmons.
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Und ich finde es so, so gute Horrorliteratur.
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Und es geht eben genau um diese Übernahme von anderen Körpern durch Menschen
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mit parapsychologischen, aber ich möchte gar nicht so viel sagen,
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aber wer Lust hat, da mal was zu lesen zu,
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es gibt eben diese Kurzgeschichte online, ist verlinkt in den Shownotes der Folge Nummer 50.
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Kann ich sehr empfehlen.
Florian Clauß
1:32:25–1:32:30
Okay, Body-Horror. Chris hat das ja in seiner Erzählung dann ab und zu eingesteuert.
Reinhard
1:32:30–1:32:34
Ja, ich hatte noch einen Aspekt, den wollte ich hier kurz noch beitragen.
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Und zwar, ich finde den Body-Horror eigentlich ja dann am intensivsten und am
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gruseligsten, wenn etwas mit Körpern passiert, die wir mit etwas komplett Unschuldigem verbinden.
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Und das ist ja ein Kind.
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Also Kinder, das hat mir in diesem Film auch gut gefallen, dass es Kinder sind,
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die sind ja sogar noch ganz jung, die sind ja gerade erst mal in der Grundschule,
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dass die zu Killermaschinen werden, das fand ich eine sehr gute Idee.
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Und das hat mich an einen Film erinnert, ich glaube, der ist noch aus den 70er-Jahren
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oder sogar aus den 60er-Jahren, wo so eine Gruppe von Kindern irgendwie,
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ich glaube, von Außerirdischen okkupiert wird.
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Und die haben dann so ganz seltsame Augen, schauen total intensiv.
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Ja, das fand ich wirklich ultra gruselig, weil das eben auch Kinder waren,
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mit denen wir das überhaupt nicht verbinden, das Böse, das abgrundtief Böse,
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das im Körper eines Kindes.
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Ich glaube, das ist sozusagen die schlimmste Form von Körperhorror,
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die überhaupt vorstellbar ist.
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Weiß jemand noch den Titel von diesem Film.
Chris Flor
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An den ich mich da erinnere? War es nicht Children of the Corn,
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war es nicht Kinder des Zorns.
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Ja, Kinder des Zorns. Ja, aber ich fand dann aber auch interessant,
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also die, man hatte ja auch, selbst bei diesem Film hatte man dann halt kurz
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gedacht, bei den Weapons,
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dass, man hat ja schon gesehen, dass diese Kinder den Alex dann halt auch so
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ein bisschen gebullied haben dann zu einem Zeitpunkt,
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dass die den halt irgendwie la la la hinter ihm her und ihn so ein bisschen
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geschubst und so weiter und ihn halt so fertig gemacht haben und dann hat man
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sich so gefragt, also ich habe mich jedenfalls gefragt, ach so,
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die Tante hat sich dann quasi für ihn eingesetzt und möchte ihn beschützen,
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habe ich dann da noch gedacht,
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dass sie deswegen sich an den Kindern gerecht hat oder so.
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Aber dem war halt dann überhaupt auch gar nicht so. Also das geht aber eben
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nochmal in diese Sache von wegen Unschuld, gibt es das unschuldige Kind irgendwie
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oder sind Kinder grausam an und für sich oder also der Vater von,
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diesem, ich weiß jetzt gar nicht mehr, wie er heißt, also Julian oder sowas
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hieß, glaube ich, der Sohn von dem Archer.
1:34:42–1:34:45
Also für den Vater war das natürlich so ein ganz unschuldiges,
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nettes Kind, aber man hat gesehen, dass er eigentlich schon auch so gemein war.
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Also er war halt auch schon in seiner eigenen, in seinem täglichen Miteinander
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mit den anderen Kindern war er halt schon auch so ein bisschen so Bulli-mäßig
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drauf gegenüber diesem Alex.
Florian Clauß
1:35:01–1:35:07
Ich wollte die Quelle erwähnen, auf die viele Filme und Geschichten und so weiter
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zurückgehen, nämlich unsere griechische Mythologie.
1:35:11–1:35:16
Die ja irgendwo auch ein unerschöpflicher Geschichtenvorrat birgt.
Micz Flor
1:35:16–1:35:20
Ich fand das auch einen typisch griechischen Film. Also ich habe den nicht als
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amerikanischen wahrgenommen.
Florian Clauß
1:35:22–1:35:25
Meine Frage wäre, was würdet ihr denn, also dieser Plotpoint am Ende...
1:35:26–1:35:32
Wo Alex dann quasi die ganzen Kinder gegen die Hexe richtet.
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Was würdet ihr da für eine mythologische Sage dann sehen können?
Reinhard
1:35:38–1:35:40
Hänsel und Gretel doch, durchaus.
Florian Clauß
1:35:41–1:35:43
Hänsel und Gretel. Aber das ist nicht die Antike.
Micz Flor
1:35:45–1:35:46
Hänsel und Gretel.
Florian Clauß
1:35:46–1:35:50
Der Plotpoint ist ja dann an der Stelle, dass quasi die Waffe,
1:35:51–1:35:55
die die Hexe bisher genutzt hat, gegen sich selber gerichtet wird.
Chris Flor
1:35:55–1:36:00
Ah, Medusa, wo dann das Schild vorgehalten wird und es spiegelt sich.
Florian Clauß
1:36:01–1:36:03
Das ist genau, ich habe auch an Medusa gedacht.
Micz Flor
1:36:03–1:36:06
So muss das die richtige Antwort sein.
Chris Flor
1:36:09–1:36:11
Ja, stimmt, also eben die Hexe halt eben.
Florian Clauß
1:36:12–1:36:12
Okay.
Chris Flor
1:36:13–1:36:14
Aber die Medusa konnte ja auch nichts dafür.
Florian Clauß
1:36:15–1:36:18
Nee, die sind so von Natur aus, die können nichts anderes.
1:36:19–1:36:25
Ja, also würde ich sagen, an dem Punkt Mitch hat schon vorgeschlagen,
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dass wir ja, haben uns vier Filme vorgenommen.
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Zwei pro Folge, ja, dass wir jetzt an dieser Stelle einen Cut machen und dann
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für nächste Folge uns zwei anderen vornehmen, nämlich The Substance und Together.
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Die passen, glaube ich, auch ganz gut zusammen.
1:36:45–1:36:51
Tatsächlich muss auch Chris weiter, der ist uns ja aus Berkeley zugeschaltet, ja.
1:36:52–1:36:57
Und jetzt ist es früh morgens, also schon jetzt dein Vormittag vorbei, oder?
Chris Flor
1:36:57–1:36:58
Ja, ja.
Florian Clauß
1:36:58–1:37:01
Chris, du hast auch gefrühstückt, das hat man teilweise gehört.
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Die Schale von Zeralien, die immer geklackert hat.
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Das Hühnchen im Hintergrund.
1:37:10–1:37:14
Da würde ich sagen, machen wir erst mal einen Punkt. Vielen Dank in die Runde.
Micz Flor
1:37:15–1:37:19
Genau, bei dem zweiten Teil abschließend auch nochmal über,
1:37:19–1:37:25
Lacan sprechen, über auch diesen Begriff des Ekels, was Flo ganz am Anfang besprochen hat.
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Das Bodyhorror und Ekel und diese Grenzerfahrung und was austritt und eintritt
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in den Körper, darüber wollte ich dann auch noch ein bisschen mit Christevas
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Begriff des Objekts was vorstellen.
Florian Clauß
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Ja, stimmt. Und ich hatte tatsächlich auch schon mir als kleine Aufgabe gesetzt,
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Substance nach der Lesart von Lacan zu interpretieren. weil das geht super auf.
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Ich meine, und der Kau kann man überall draufwerfen, habe ich dann festgestellt.
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Okay, dann würde ich sagen, vielen Dank. Ja, genau, vielen Dank,
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Chris, vielen Dank, Reinhardt und natürlich auch Mitch.
1:38:01–1:38:07
Das war jetzt eigentlich Podcast-Episode 89 und ich wollte schon sagen,
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die Strecke, die wir langgegangen sind, aber wir sind keine Strecke langgegangen,
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müssen wir überlegen, was wir da als Track nehmen.
1:38:14–1:38:20
Normalerweise bebildern wir auf unserer Netzseite immer. aber welche Laufroute
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wir hatten, haben wir nicht. Machen wir was anderes.
1:38:23–1:38:29
Aber ihr könnt unter eigentlich-podcast.de Shownotes nochmal zu diesen Themen
1:38:29–1:38:33
finden, die Filme, die wir besprochen haben und noch ein paar andere Informationen.
1:38:34–1:38:38
Wir bereiten da jede Folge nochmal recht viel textuell auf.
1:38:39–1:38:45
Ja, dann würde ich sagen, macht's gut und bis in 14 Tagen, wenn dann Body Horror
1:38:45–1:38:47
weitergeht. Bis dahin. Ciao.
Micz Flor
1:38:47–1:38:48
Tschüss.
Reinhard
1:38:48–1:38:48
Ciao.

Körper im Widerstand: Eine Vermessung des Body-Horror

Was wir meinen, wenn wir Body-Horror sagen

Body-Horror bezeichnet ein Feld des Horrorkinos, in dem nicht primär ein äußerer Feind oder ein übernatürlicher Akteur den Schrecken erzeugt, sondern der Körper selbst – seine Durchlässigkeit, Veränderlichkeit, sein Verfall. Der Horror entsteht dort, wo Integrität, Identität und Autonomie an der materiellen Grenze des Fleisches verhandelt werden. Das Subgenre arbeitet mit Ekelreizen und Schmerzbildern, aber seine Stärke liegt weniger in der reinen Zurschaustellung als im Nachweis, dass kulturelle, politische und psychische Konflikte in den Körper eingeschrieben sind. Anders als im Splatterfilm, der Verletzung oft als spektakulären Effekt organisiert, macht Body-Horror die Transformation des Körpers selbst zur Aussage: Er zeigt, wie Normen und Technologien auf Organen, Haut und Haltungen wirksam werden – und wie diese Materialität zurückschlägt.

Genealogie des Unbehagens: Cronenberg und die Geburt einer Moderne

Die moderne Grammatik des Body-Horror ist ohne David Cronenberg nicht denkbar. In frühen Arbeiten wie Shivers (1975) und Rabid (1977) verknüpfte er Sexualität, Krankheit und Urbanität zu dem, was er selbst einmal „venereal horror“ nannte: ein Kino der Ansteckungen, das die vermeintlich sichere Grenze zwischen Innen und Außen auflöst. Videodrome (1983) formuliert mit seinem Leitmotiv der „neuen Fleischlichkeit“ eine medienphilosophische These: Bilder sind nicht nur Repräsentationen, sondern Eingriffe – Bildtechnologien kolonisieren Körper, Körper absorbieren Technologie. The Fly (1986) universalisierte diese Einsicht zu einer Liebestragödie des Alterns und Zerfalls: Das Experiment, die Optimierung, kippt in eine Metamorphose, die als Tod und Geburt zugleich lesbar ist. Dead Ringers (1988) verlegt das Monströse in sterile chirurgische Räume und fragt, wie Zwillinge als zwei Körper ein Begehren teilen können, das sie zerreißt. Crash (1996) schließlich radikalisiert die Verbindung von Technik und Haut: Auto, Narbe, Lust – das Trauma als Einschreibung einer Moderne, die nicht mehr zwischen Unfall und Erregung trennt. In allen Fällen ist es derselbe Grundsatz: Der Körper ist keine stabile Hülle; er ist die primäre Realität, in der gesellschaftliche Abstraktionen gravieren.

Diese Linie markiert keine isolierte Autorhandschrift, sondern eine Traditionsbildung. John Carpenters The Thing (1982) und seine formale Perfektion des organischen „Werdens“ gehören ebenso dazu wie die japanischen Industrial-Exzesse eines Tetsuo: The Iron Man (1989), in dem Metall und Fleisch zu einem einzigen, aggressiven Organismus verschmelzen. Der Kanon wird dabei nicht nur durch Effekte bestimmt, sondern durch Ideen: Wie wird Kontrolle gedacht? Woher kommt das Begehren? Wer besitzt wessen Körper?

Ästhetik der Oberfläche: Formen, Motive, Blickregime

Body-Horror ist eine Ästhetik des Nahbereichs. Close-ups von Haut, Poren, Narben, Nähten, Schleimhäuten und Prothesen sind keine bloßen Ekelsignale, sondern methodische Instrumente: Sie entziehen dem Blick Distanz und zwingen zur „Berührung“ mit dem Auge. Praktische Effekte – Masken, Modelle, animatronische Details – erzeugen dabei eine spezifische Glaubwürdigkeit. Wenn der Körper reißt, wenn ein Fremdkörper die Haut nach außen drückt, ist das Bild nicht nur gesehen, sondern imaginiert gefühlt. CGI hat längst seinen Platz gefunden, doch seine stärksten Momente hat das Subgenre dort, wo digitale Mittel konkrete Oberflächen nur verlängern, nicht ersetzen.

Die Motive sind vielfältig, doch sie lassen sich grob bündeln. Infektions- und Parasitenhorror (The Thing; Slither, 2006) inszeniert das Kapern des Körpers als Verlust der Willensfreiheit. Metamorphose und Mutation (The Fly; Bite, 2015) zeigen progressive Verwandlung als Spiegel von Reifung, Krankheit oder Sucht. Chirurgie und Body-Modification (Dead Ringers; The Skin I Live In, 2011; Crimes of the Future, 2022) richten den Blick auf die Schnittstelle zwischen Selbstermächtigung, Kunst und Gewalt. Techno-Organik und Transhumanismus (Videodrome; eXistenZ, 1999; Possessor, 2020) verhandeln die Frage, wo das „Ich“ endet, wenn Interfaces in Nervenbahnen greifen. Reproduktion und Schwangerschaft (The Brood, 1979; Huesera: The Bone Woman, 2022) reartikulieren den Körper als Gefäß und Austragungsort sozialer Projektionen. Öko- und Myko-Horror (Annihilation, 2018; The Last of Us, 2023) materialisieren Klima- und Pandemieängste als Symbiosen und Überwucherungen.

Zentral ist die Blickpolitik: Wer sieht, und aus welcher Position? Body-Horror kann den male gaze reproduzieren – oder ihn durch Gegenblicke und ästhetische Strategien neutralisieren. Cronenberg verschiebt den Voyeurismus oft ins Kognitive: Seine Kamera ist klinisch, nicht lüstern. Arthouse-nahes Gegenwartskino treibt diese Entsexualisierung weiter, indem es Ekelbilder mit Empathie für Verwundbarkeit koppelt. Das Ergebnis ist weniger Schock als Erkenntnis: Die Oberfläche ist nie „nur“ Oberfläche; sie trägt die Spur.

Gegenwart: Diversifizierung, Arthouse-Crossover, neue Perspektiven

Seit den 2010er Jahren hat Body-Horror eine deutliche Breitenwirkung gewonnen, ohne seine radikale Spitze einzubüßen. Julia Ducournau brachte mit Raw (2016) und Titane (2021) eine feministische, melancholisch-zärtliche Perspektive in ein Terrain, das zuvor häufig männlich und technisch konnotiert war. In Raw ist Kannibalismus Coming-of-Age und Begehren – nicht als Provokation, sondern als Metapher für die Überforderung, die in die Welt der Erwachsenen führt. Titane sprengt Kategorien, indem es Geschlecht, Familie und Maschinenbegehren in einen Metamorphose-Rausch überführt, der Härte mit Fürsorge verschränkt. David Cronenberg selbst kehrte mit Crimes of the Future (2022) in ein altersmildes, zugleich wagemutiges Terrain zurück: Performance-Chirurgie, bürokratisierte Organe, die Erotik des Eingriffs – ein Alterswerk, das seine eigenen Frühwerke kommentiert und die Frage stellt, ob der Körper nicht längst eine Bühne ohne „Original“ ist.

Parallel schärft Brandon Cronenberg mit Antiviral (2012), Possessor (2020) und Infinity Pool (2023) den techno-organischen Strang: Celebrity-Krankheiten als Ware; Körper-„Besitz“ per Neuraltech; Klon-Strafrituale, in denen Identität austauschbar wird. Diese Filme denken Körper als Schnittstellen, in denen Ökonomien und Protokolle zirkulieren. Almodóvars The Skin I Live In (2011) führt die chirurgische Kontrolle als melodramatische Grausamkeit vor und verknüpft Identität mit Haut als Material. American Mary (2012) der Soska-Schwestern verhandelt Body-Modifikation zwischen Selbstermächtigung und Ausbeutung. Swallow (2019) macht eine Zwangsstörung zur Körperpolitik innerhalb häuslicher Machtverhältnisse. Und das Öko-/Myko-Feld – Annihilation, The Last of Us – entwirft eine Welt, in der Körper ohne klare Grenze zwischen Individuum und Umwelt existieren. Das Bemerkenswerte ist nicht nur das thematische Spektrum, sondern die ästhetische Sorgfalt: Body-Horror ist festivalfähig geworden, ohne handwerkliche Radikalität einzubüßen.

Politiken des Fleisches: Markt, Geschlecht, Medien

Jenseits der offensichtlichen Schocks liegt die intellektuelle Attraktivität des Body-Horror in seiner Fähigkeit, abstrakte Ordnungen als körperliche Effekte zu zeigen. Der Körper als Ware – Organe, Haut, Krankheiten, Falten – ist ein wiederkehrendes Motiv, das von Antiviral bis Crimes of the Future reicht. Biokapitalismus wird nicht nur behauptet, sondern buchstäblich geschnitten, geformt, implantiert. Die Wellness- und Influencerkultur des 21. Jahrhunderts liefert dabei weniger Inhalte als Formate: Routinen, Timer, App-gesteuerte Selbstoptimierung erzeugen Zeitregime, in die Subjekte ihren Körper einschreiben. Body-Horror antwortet darauf, indem er zeigt, was aus dem Raster fällt: Schweiß, Blut, Hautunreinheiten, Wucherungen – das Abjekte im Sinne Julia Kristevas, das Ausgeschlossene, kehrt an die Oberfläche zurück.

Gleichzeitig erlaubt das Subgenre eine präzise Bearbeitung geschlechtlicher Politiken. Wenn Schwangerschaft zur Folie des Unheimlichen wird, reflektiert das nicht „Natur“, sondern gesellschaftliche Regimes von Kontrolle, Fürsorge und Angst. Wenn eine Figur ihren Körper modifiziert, steht dahinter nicht nur individueller Wille, sondern die Frage, wer definieren darf, was ein „gelungener“ Körper ist. Ducournaus Kino antwortet darauf mit Zärtlichkeit im Extrem – der Verletzliche ist der Maßstab, nicht der Normkörper. Cronenbergs späte Arbeiten sind gelassener: Er suggeriert, dass der Körper längst „öffentlich“ ist; die Frage ist, wie wir ihn lesen. In diesem Sinn ist die Mediensphäre von Videodrome bis zu zeitgenössischen Social-Media-Ästhetiken kein Außen: Bilder sind Operationen, und Operationen sind Bilder.

Form und Material: Warum praktische Effekte wichtig bleiben

Die formale Ökonomie des Body-Horror begünstigt Praktiken, die Materialität erfahrbar machen. Praktische Effekte erzeugen Widerstand: Licht bricht anders auf Latex als auf Pixeln, Klebstofffugen haben eine eigene Semantik, Blut ist in der Viskosität sprechender, wenn es sich nicht vollständig kontrollieren lässt. Diese Widerständigkeit korrespondiert mit einem Ton, der nüchtern bleiben kann, ohne den Ekel zu denunzieren. Cronenberg hat die klinische Kamera etabliert, die Diagnose statt Voyeurismus sucht. Viele Gegenwartsfilme übernehmen diesen Zug: Je präziser Licht, Farbe und Geräusche gesetzt werden, desto weniger geht es um Überrumpelung, desto mehr um eine Lesbarkeit von Körpern, die verletzt und verletzend sind. Das bedeutet nicht, dass das Subgenre sich dem Spektakel verweigert; vielmehr kalibriert es den Effekt auf Bedeutung: Ekel als Erkenntnis.

Das letzte Reale

Der Reiz des Body-Horror liegt darin, dass er eine alte Einsicht des Kinos erneuert: Der Körper ist die Bühne, auf der sich das Politische, Soziale und Intime kreuzen. Indem das Subgenre die Oberfläche in den Mittelpunkt rückt, entwertet es das Innere nicht; es macht nur sichtbar, dass das Innere ohne Oberfläche nicht zu haben ist. In Zeiten, in denen Optimierungs- und Verfügbarkeitsphantasien den Alltag strukturieren, erweist sich die Form als kritisch: Sie unterläuft das Versprechen der glatten Hülle, indem sie die Naht zeigt. David Cronenbergs Werk hat hierfür die Grammatik geliefert, viele Gegenwartsfilme haben den Wortschatz erweitert. Was bleibt, ist eine doppelte Bewegung: Body-Horror zwingt uns, hinzusehen, und erinnert uns daran, dass Sehen eine körperliche Tätigkeit ist. Das Kino, das hier entsteht, ist nicht nur ein Kino des Schreckens, sondern eines der Erkenntnis – nüchtern, präzise, mitunter grausam. Es nimmt seinen Gegenstand ernst: den Körper, der begehrt und leidet, der modelliert wird und sich entzieht. Und es behauptet – souverän, ohne Pathos –, dass gerade dieser Körper die letzte Instanz ist, in der die großen Abstraktionen unserer Gegenwart Wahrheit werden.

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