"People always ask for something new. It's inevitable." -- Harvey (aka Dennis Quaid) in The Substance

Weiter geht's mit dem Halloween-Special zu Body Horror. Reinhard ist wieder dabei, Chris jedoch nicht. Der hat sich mit Zelt und Isomatte in die Wildnis verabschiedet. In dieser Episode widmen wir uns zwei weiteren Filmen des Genres: "The Substance" und "Together". Laufen beim Reden und laufend reden. Unterwegs im Treptower Park, wo uns zum Schluss ein ganz anderer Horror einholt: das dritte Aufnahmegerät hat nicht aufgenommen (Micz vergaß den Hold-Schieber auf eben jenes "Hold" zu schieben). Wir mussten Reinhards Tonspur akribisch aus den anderen beiden Spuren herausschneiden. In "The Substance" von Coralie Fargeat steht der weibliche Körper im Zentrum einer von Außen auf den Körper projizierten Selbstoptimierungsspirale. Elizabeth Sparkle, einst gefeierte Schauspielerin, wird älter – und damit für die Kamera untauglich. Ein mysteriöses Serum namens „The Substance“ verspricht Verjüngung. Ein zweites Ich, jung, schön, makellos, bricht durch den Rücken in die Welt. Die Gebrauchsanweisung sagt deutlich: alle sieben Tage müssen sich jung und alt abwechseln. Doch dieses zweite Selbst beginnt, das erste zu verdrängen – bis Identität, Fleisch und Selbstbild in einem grausamen Machtkampf verschmelzen. Fargeat inszeniert diese Verwandlung als blutiges Schauspiel über Körperbesitz, Leistungsdruck und das Begehren, gesehen zu werden. Im Anschluss reibt Flo Lacans Konzept des "Realen" am Schleim und Formlosen des Films. Wo "The Substance" Körpergrenzen auflöst, wird das Reale zum Ort des Unbegreiflichen – jener Überschuss, der sich der Symbolisierung entzieht. Der Film lässt uns körperlich spüren, was Lacan nur andeuten konnte: dass das Reale keine äußere Bedrohung ist, sondern etwas, das unaufhörlich in uns arbeitet. Der zweite Film, "Together" von Michael Shanks, erweitert das Thema Körperhorror um eine groteske Komödiennote. Alison Brie und Dave Franco spielen ein Paar, dessen Beziehung nach dem Umzug auf's Land zerbröselt, als ein bizarrer Selbstfindungstrip zur physischen Eskalation führt. Durch ein unerklärliches Phänomen werden die beiden aneinandergebunden, besser noch ineinanderverwickelt und -verstrickt. Die Geschichte ist in eine Farce über Abhängigkeit, Selbstauflösung und die möglicherweise Unmöglichkeit, wirklich „eins“ zu werden. Shanks inszeniert diesen Körper- und Beziehungsknoten als Mischung aus Beziehungsdrama und Splatter. Hier spricht Micz über Julia Kristevas Konzept des "Abjekts" – jenes Moments, in dem das Ich sich selbst nicht mehr von dem unterscheiden kann, was es abstößt. "Together" zeigt das Abjekt als Auflösung der Trennung zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Ich und Du. Das eklig Verschmelzende wird zum Beweis dafür, dass unser Selbstbild auf einer dünnen Haut beruht.

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß
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Reinhard

Transcript

Florian Clauß
0:00:00–0:00:01
Merci.
Micz Flor
0:00:03–0:00:06
Okay, dann fangen wir jetzt mal ein bisschen mit der Musik an.
0:00:06–0:00:12
Ja, aber ich lege dann das zck, zck, zck von uns drüber.
Florian Clauß
0:00:12–0:00:14
Soll ich die Einleitung machen?
Micz Flor
0:00:14–0:00:15
Achso, ich mache ja die Einleitung.
Florian Clauß
0:00:15–0:00:17
Ja, ich wollte dich nur fragen.
Micz Flor
0:00:17–0:00:18
Und wir sind Folge 88?
Florian Clauß
0:00:19–0:00:21
Wir sind Folge 90.
Micz Flor
0:00:21–0:00:27
Folge 90 schon. Bist du sicher? Ah ja, genau, Folge 90. Okay.
0:00:30–0:00:31
Ich mache die Einleitung, okay?
Florian Clauß
0:00:31–0:00:32
Ja, gerne.
Micz Flor
0:00:32–0:00:35
Okay, hallo zusammen. Wir sind
0:00:35–0:00:39
heute zu dritt. Und bevor ich den Reveal mache, wer noch mit dabei ist.
0:00:40–0:00:43
Wir waren nämlich zu viert, als wir angefangen haben aufzunehmen.
0:00:44–0:00:45
Und dann haben wir gemerkt, das wurde zu lang.
0:00:46–0:00:51
Auch Podcast-Erfolgen können zu lang sein. Und haben zum Thema Body Horror dann
0:00:51–0:00:53
entschieden, wir splitten das in zwei Sets.
0:00:54–0:00:57
Und dann war es uns aber auch zu spät. Und wir haben dann nicht einfach gesplittet
0:00:57–0:01:02
und weitergemacht. Wir haben das Ganze fallen lassen, like a hot potato,
0:01:03–0:01:05
und greifen es heute wieder auf.
0:01:06–0:01:10
Wir sind, wie ihr hört, diesmal wieder auf den Spuren mit, wie immer,
0:01:10–0:01:16
und die Uridee von eigentlich war ja beim Laufen reden und laufend reden.
0:01:16–0:01:18
Und wir laufen gerade abends.
0:01:19–0:01:25
Kälte der Nacht am Treptower Park. Und mit mir ist natürlich der Flo.
Florian Clauß
0:01:25–0:01:26
Hallo.
Micz Flor
0:01:26–0:01:32
Und der Reinhard. Und wir grüßen den Chris, der gerade zelten ist und diesen
0:01:32–0:01:35
zweiten Teil deshalb nicht mit aufnehmen konnte.
0:01:35–0:01:39
Eigentlich war er dabei und eigentlich hätte ich mir auch gewünscht,
0:01:39–0:01:43
dass er da ist, weil ich habe einen Begriff, den Begriff der Abjection,
0:01:43–0:01:45
über den ich später reden wollte bei Chris Thewa.
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Und da weiß ich nicht genau, was das im Englischen wirklich bedeutet.
0:01:49–0:01:52
Aber ich glaube, das kann er vielleicht dann als Kommentar unten mit reinlegen.
0:01:52–0:01:54
Und jetzt gehen wir ein bisschen unter.
Florian Clauß
0:01:55–0:02:00
Ja, wir laufen hier über den Weihnachtsmarkt vom Treptower Park.
0:02:00–0:02:03
Es riecht nach Zuckerwatte und Glühwein.
0:02:04–0:02:08
Und wo ist es ein DJ-Pult? Wir machen jetzt hier eine Kunstpause.
Micz Flor
0:02:08–0:02:09
Ja, Schnitt!
Florian Clauß
0:02:10–0:02:14
Wie ihr gehört habt, es ist Samstagabend, Saturday Night.
Micz Flor
0:02:15–0:02:15
So.
Florian Clauß
0:02:16–0:02:19
Das ist der erste kalte Oktobertag. Reinhard hat noch gesagt,
0:02:19–0:02:23
dass er gestern fast die ganze Zeit im kurzärmeligen Hemst unterwegs war.
0:02:24–0:02:26
Aber jetzt muss man sich lang anziehen.
Reinhard
0:02:28–0:02:31
Aber eins können wir auf jeden Fall unseren Hörern schon mal garantieren.
0:02:31–0:02:33
Wir behalten heute einen kühlen Kopf.
Florian Clauß
0:02:34–0:02:38
Ich habe noch eine warme Mütze dabei. Könnte sein, dass ich da aussteige.
Micz Flor
0:02:39–0:02:42
Und kühle Hände. Mit kühler Hand. Nee, mit ruhiger Hand. Entschuldigung.
Florian Clauß
0:02:43–0:02:49
Also Body Horror mit Reinhard. Letztes Mal hatten wir ja schon so eine Definition
0:02:49–0:02:50
von Body Horror geliefert, ne?
0:02:51–0:02:56
Und ich dachte, ich wollte jetzt einsteigen mit der Frage,
0:02:57–0:03:04
ob ihr in eurem Leben euch an Situationen erinnern könnt, wo ihr tatsächlich
0:03:04–0:03:11
Body Horror am eigenen Körper oder auch bei anderen gesehen habt,
0:03:11–0:03:13
der euch noch so in Erinnerung geblieben ist.
Micz Flor
0:03:15–0:03:15
Ja.
Florian Clauß
0:03:17–0:03:18
Dann erzähl.
Micz Flor
0:03:18–0:03:21
Wer will anfangen? Oder, Reinhard? Oder willst du noch suchen?
Reinhard
0:03:21–0:03:22
Nein, nein, ich habe tatsächlich was.
Micz Flor
0:03:22–0:03:26
Oder du kannst dann immer sagen, alles, was du sagst, und mir fällt auch noch
0:03:26–0:03:28
was. Das ist mir auch alles, das kenne ich.
Reinhard
0:03:28–0:03:31
Das ist tatsächlich eine Situation, die wir, glaube ich, bei unserem letzten
0:03:31–0:03:33
Gespräch auch schon zitiert haben.
0:03:33–0:03:38
Ich weiß nicht, wer es genau war. Erzählte, er hätte einmal einen älteren Mann
0:03:38–0:03:42
gesehen und sich gewundert über dessen Haltung oder dessen Gesicht.
0:03:42–0:03:45
Und dann erst zu erkennen, dass er in den Spiegel geschaut hat.
0:03:46–0:03:49
Und so ist es mir tatsächlich auch mal passiert. Ja, da bin ich,
0:03:49–0:03:54
nee, ich hatte irgendwie, ich hatte geschlafen in einem Zimt.
0:03:54–0:03:59
Und bin aufgewacht und habe verschlafen, irgendwie so mich umgeschaut und dabei
0:03:59–0:04:02
einen seltenen Menschen gesehen.
Florian Clauß
0:04:03–0:04:07
Und das hat wirklich zwei, drei Sekunden gedauert, bis ich gemerkt habe,
0:04:07–0:04:11
dass ich das selber bin. Das war schon ein schockierender Moment.
Reinhard
0:04:11–0:04:16
Weil wenn man nicht weiß, dass man es selber ist, schaut man doch wesentlich
0:04:16–0:04:18
kritischer. Das ist mir aufgefallen.
0:04:19–0:04:23
Deshalb hat man ja auch so wenig Probleme mit dem Älterwerden,
0:04:23–0:04:28
weil man ja irgendwie, man sieht sich jeden Tag im Spiegel wieder und das Gehirn
0:04:28–0:04:31
adaptiert irgendwie diese kleinen Veränderungen so,
0:04:31–0:04:34
dass wir die gar nicht mehr wahrnehmen. Aber wenn wir dann, wenn wir das nicht,
0:04:36–0:04:40
Verbindung gekappt ist, dann kommt der Horror.
Micz Flor
0:04:41–0:04:43
Aber älter werden ist gleich Horror.
Reinhard
0:04:44–0:04:47
Ja, ich würde sagen, das taucht dieses Motiv doch immer wieder auf.
0:04:47–0:04:51
Wir werden es gleich in der Substance natürlich. Da ist es ja bis zum Ultimo betrieben.
Micz Flor
0:04:52–0:04:53
Genau.
Florian Clauß
0:04:53–0:04:57
Ageism hatten wir auch das letzte Mal mit angesprochen, aber da ist glaube ich
0:04:57–0:05:01
Substance ein sehr starker Film.
0:05:03–0:05:05
Mitch, was war deine?
Micz Flor
0:05:05–0:05:07
Ja, zwei Dinge, die hatte ich, glaube ich, schon mal erzählt.
0:05:07–0:05:10
Da ging es in dieser Doppelfolge über C.G.
0:05:10–0:05:17
Jung, das rote Buch und dann die zweite Folge Chaos, Magie und Psychotherapie.
0:05:17–0:05:22
Da hatte ich darüber gesprochen, über Dinge, die ich erfahren habe,
0:05:22–0:05:25
als ich Zivildienst gemacht habe.
0:05:25–0:05:27
Die reiße ich nur kurz an, kann man ja dann immer nachhören.
0:05:27–0:05:29
Und dann habe ich aber noch was Neues, was mir gerade eingefallen ist.
0:05:30–0:05:35
Und das eine war, dass ich Patienten hatte beim Zivildienst in der mobilen Altenpflege,
0:05:36–0:05:38
dem es irgendwie nach und nach besser ging, der in den Kubitus hatte,
0:05:38–0:05:41
also wund gelegen war sozusagen an der Wirbelsäule.
0:05:41–0:05:44
Ich habe mich lange um den gekümmert, dann ging es ihm besser und da haben wir
0:05:44–0:05:48
uns beide gefreut, aber dann ging es ihm nach zwei Wochen wieder schlechter
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und als ich kam, hat er hinten wieder so eine feuchte, wunde Stelle an der Wirbelsäule.
0:05:52–0:05:53
Und in der Nacht danach...
0:05:54–0:05:58
Dann schlief ich und wachte am nächsten Morgen auf und hatte an meiner Hüfte
0:05:58–0:06:02
etwa Tischtennisgroßen, so wie so eine Brandblase.
Florian Clauß
0:06:03–0:06:04
Ja, ich erinnere mich an die Geschichte.
Micz Flor
0:06:04–0:06:08
Das war so eine Sache, wo ich drangeguckt habe, das hat mich wirklich so erfasst,
0:06:08–0:06:11
weil ich gefühlt habe, das kommt von woanders, nicht von mir direkt.
0:06:12–0:06:16
Und in dem gleichen habe ich auch genannt, dass ich beim Studium in Manchester
0:06:16–0:06:19
hatte einen Mitbewohner, der hatte kreisrunden Haarausfall, heißt es,
0:06:19–0:06:23
dem alle Haare ausgefallen sind. Und er hat mir das erzählt und ich hatte natürlich
0:06:23–0:06:24
gedacht, oh Gott, wie schlimm.
0:06:24–0:06:29
Es fängt an, zuerst so Pfennig groß und dann hört das nicht mehr auf.
0:06:29–0:06:33
Und dann fallen dir alle Haare aus und die wachsen auch nie wieder nach oder ganz selten nur.
Florian Clauß
0:06:33–0:06:35
Ja, da hatten wir auch den Stalker, ne?
Micz Flor
0:06:35–0:06:39
Und prompt eine Woche später hatte ich hier am Kinn unten auf einmal weniger Haare.
0:06:40–0:06:44
Und dann hatte ich da wirklich auch so ein Pfenniggroßes oder Centgroß,
0:06:44–0:06:47
würde man heute sagen, auf einmal die Haare weg.
0:06:47–0:06:50
Und ich habe gedacht, ey, das ist jetzt nicht wahr. Und dann ist es so aber
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geblieben und dann wuchsen die auch wieder nah und dann hatte ich aber lange
0:06:52–0:06:55
Zeit hier so einen grauen Fleck, bevor das dann wieder auch dunkel wurde.
0:06:56–0:06:57
Das war so ein bisschen unheimlich.
Reinhard
0:06:58–0:07:03
Ich hätte noch einen. Darf ich noch einen? Ja, klar. Also der ist mir jetzt erst eingefallen.
0:07:03–0:07:08
Dabei ist der wirklich viel, viel horrormäßiger gewesen als das andere Erwählnis.
0:07:08–0:07:09
Und es liegt auch noch nicht so lange zurück.
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Ich war mit meiner Frau auf dem indischen Ozean-Syndrom im Paddelboot gefahren
0:07:15–0:07:17
zu einer Insel, die hieß Shark Island.
0:07:18–0:07:22
Und auf der Fahrt dahin ist unser Boot gesunken. Ich weiß heute noch nicht warum.
Florian Clauß
0:07:22–0:07:26
Aber es ist alles wahr.
Reinhard
0:07:27–0:07:32
Oh mein Gott. Ist das Boot gesunken, aber es ist komplett gesunken.
0:07:32–0:07:35
Es war nur irgendwie so einen halben Meter unter der Wasseroberfläche.
0:07:35–0:07:40
Und wir hatten das Boot geliehen und ich wollte nicht, dass wir das bezahlen
0:07:40–0:07:42
müssen, weil das dann einfach irgendwo auf dem Meeresgrund liegt.
0:07:44–0:07:47
Vollgelaufene boot dann irgendwie auf diese insel zu
0:07:47–0:07:52
bekommen diese insel war aber total scharfkantige
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scharfkantiger feld hat mir irgendwie dabei und so vollgelaufenes boot wiegt
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ja 200 kilo und da habe ich mir total die füße aufgeschürzt und dann das wäre
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dann endlich auf dem feld zusammen und dann hat das boot auch gerettet da fielen
0:08:09–0:08:11
wir auf dass ich ein seltsames tier am,
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so was sah das wirklich, das sah aus wie,
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gesaugt so und und ich war total panisch und ich hab zu meiner frau gesagt mach
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das weg macht das weg und sie zog und so und ich sag fester fester sie kriegt
0:08:27–0:08:31
ihr das nicht weg und dann stellte ich irgendwann fest dass es meine sehne ist
0:08:31–0:08:33
meine elbobensehne die sie versucht.
Micz Flor
0:08:33–0:08:33
Hat,
0:08:41–0:08:42
abgerissen oder was.
Reinhard
0:08:42–0:08:48
Seine war noch dran aber die haut da drüber war abgerissen und die blanke Sehne schaut.
Florian Clauß
0:08:49–0:08:50
Nein, doch Mensch.
Reinhard
0:08:50–0:08:55
Man hat ja nie seine eigenen Eingeweide gesehen. Man ist jetzt vielleicht Chirurg
0:08:55–0:08:58
und operiert sich selber. Aber das...
Florian Clauß
0:08:58–0:08:59
Und dann...
Reinhard
0:09:00–0:09:03
Und diese Farbe, das kam mir so fremd vor.
0:09:03–0:09:09
Also mein eigener Körper kam mir fremd vor, weil ich ja noch nie in sein Inneres geschaut habe.
0:09:10–0:09:13
Und dann habe ich gedacht, das muss was Fremdes sein.
Micz Flor
0:09:13–0:09:19
Gut, das war Folge 90, besser wird es nicht.
0:09:20–0:09:22
Alles andere ist Kino.
Reinhard
0:09:25–0:09:27
Ich habe die Drehbuchrechte schon verkauft.
Florian Clauß
0:09:29–0:09:32
Ja, was man nicht alles macht, um Geld zu sparen.
Micz Flor
0:09:34–0:09:37
Ja, ich habe auch noch eine, das war aber in Südhessen.
Florian Clauß
0:09:38–0:09:42
Ja, damit ich herkomme, in Darmstadt.
Micz Flor
0:09:44–0:09:52
Und zwar war das einfach so ein Waldstück und da stand wie so eine alte Bushaltestelle,
0:09:52–0:09:57
so eine gemauerte 70 Jahre Bushaltestelle und sonst was irgendwie wild bewachsen.
0:09:57–0:10:05
Und da war ich und dann kamen auf einmal so Leute mit Säbeln aus dem Wald. Die waren da irgendwie.
Florian Clauß
0:10:05–0:10:06
Da wusste ich nicht genau.
Micz Flor
0:10:06–0:10:11
Was die wollten. Und dann rannte einer auf mich zu und steckte mir den in den
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Bauch bis durch den Rücken hinten raus. Und ich guck so runter.
0:10:16–0:10:21
Und ich habe in dem Moment gemerkt, dass ich mich nicht wehren werde.
0:10:22–0:10:26
Und dann bin ich aufgewacht. Aber es war wirklich so eine Sache,
0:10:27–0:10:29
weil du fragst, was habt ihr da erlebt?
0:10:29–0:10:37
Das ist so plastisch gewesen, dass ich es bis heute als wirkliches Ereignis mitnehme.
0:10:38–0:10:41
Und vor allen Dingen, glaube ich, auch wegen dieser Verwunderung,
0:10:41–0:10:43
die ich selber hatte, zu merken, ich wehre mich nicht.
0:10:44–0:10:49
Das fand ich bis heute, verstehe ich das nicht, aber das ist mein Anfang.
Florian Clauß
0:10:49–0:10:53
Traumerlebnisse lassen wir auch zu. Meine Geschichte geht so,
0:10:53–0:10:56
und zwar, das ist jetzt vor zwei Jahren in Frankreich gewesen.
0:10:57–0:11:00
Da waren wir wandern in Frankreich.
0:11:01–0:11:05
Und wie mir immer irgendwie auf Wanderung passiert, hatte ich da auch starke
0:11:05–0:11:07
Schmerzen. Mein Fuß ist angeschwollen.
0:11:08–0:11:13
Und man tippte eben auf Sehenscheinentzündung im Fuß. Und wie sich das später
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herausgestellt hat, war das ein sogenannter Ermüdungsbruch, den ich hatte.
0:11:17–0:11:19
Das hatte ich ja noch MRT gemacht und so weiter.
0:11:20–0:11:22
Auf jeden Fall, ich war in einer Klinik in Frankreich, Südfrankreich.
0:11:23–0:11:27
Und die haben mir dann halt so Medikamente gegeben, ja, so irgendwas.
0:11:27–0:11:30
Und als die Apothekerin, als wir das abgeholt haben, hat man die Apothekerin,
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oh, das sind ja so Medikationen, womit man eigentlich Pferde betäuben kann.
0:11:35–0:11:38
Also es waren halt so richtig harte Medikamente. Das war die noch die.
0:11:39–0:11:45
Nee, es war nicht Ketamin. Aber es waren halt wirklich so Ibo plus noch was, Substanz.
0:11:46–0:11:51
Und die habe ich dann täglich genommen. Und als ich die eines Morgens genommen habe,
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dann schaue ich so, wir sitzen, also es war Frühstück, ich schaue an meinen
0:11:55–0:12:02
Körper runter, sehe meinen Bauch und sehe auf einmal, wie von hinten mich so ein Arm umschlingt.
0:12:02–0:12:06
Und dann nehme ich den Arm und stoße ihn so weg und ich überlege,
0:12:06–0:12:09
wir sind zu zweit im Apartment, wer ist denn hier, ist Luke gekommen oder sowas?
0:12:09–0:12:14
Und dann schlingt der Arm mich nochmal und Karin sitzt mir gegenüber und ich stoße ihn wieder weg.
0:12:15–0:12:18
Und dann merke ich, dass es mein eigener Arm ist, den ich nicht mehr gespürt
0:12:18–0:12:20
habe und ich stehe schreiend auf.
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Das war der unglaublich Horrormoment, das hatte ich noch nie.
0:12:26–0:12:28
Also ich war so völlig defragmentiert.
Micz Flor
0:12:28–0:12:29
Der war wie eingeschlafen oder was?
Florian Clauß
0:12:29–0:12:36
Ich weiß es nicht, das war wie so eine kalte Wurst, die mich dann halt so umschlungen hat.
0:12:36–0:12:39
Aber das war so echt, das war total der Schock.
0:12:40–0:12:43
Und dann habe ich ja, glaube ich, die Medikamente auch nicht mehr genommen.
Micz Flor
0:12:44–0:12:45
Ich bin doch kein Pferd.
Florian Clauß
0:12:45–0:12:46
Ich bin doch kein Pferd.
Reinhard
0:12:47–0:12:50
Eigentlich ist die Definition von Body Horror, wenn unser eigener Körper uns fremd steht.
Florian Clauß
0:12:51–0:12:54
Ja, so fragmentiert, so auseinanderfällt.
0:12:54–0:12:58
Und ich wollte jetzt noch, bevor wir in The Substance einsteigen,
0:12:59–0:13:04
also, Mitchell, du hast es ja schon gesagt, The Substance habe ich als Film
0:13:04–0:13:06
mitgebracht, du wirst nochmal über Together sprechen.
0:13:07–0:13:11
Bevor wir da jetzt in The Substance einsteigen, wollte ich gerne nochmal mit euch über...
Micz Flor
0:13:11–0:13:12
Stopp, Mütze verloren.
Florian Clauß
0:13:14–0:13:20
Wollte ich gerne mit euch nochmal so über diese emotionale und archaische Triebfeder
0:13:20–0:13:25
von Body Horror sprechen und hoffen, dass ihr noch da was zu beitragen könnt.
0:13:26–0:13:30
Und zwar Ekel. Der Ekel als Emotion.
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Wie entsteht Ekel? Warum gibt es Ekel? Body Horror arbeitet stark mit Ekel,
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mit den Reizen, wo gerade wenn man sieht, wie irgendwelche,
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Flüssigkeiten aus dem Körper dringen, ja,
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dann stellt sich ja schon so ein Ekelgefühl ein oder was auch immer,
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ja, und ich habe dann nochmal ein bisschen nachgeguckt, warum empfinden wir
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Ekel? Da gibt es ja so verschiedene.
Reinhard
0:13:59–0:14:03
Meine erste Idee ist es eine Schutzfunktion unseres Körpers tatsächlich.
0:14:05–0:14:09
Uns Ekel ja davor, unsere eigenen Exkremente zu essen oder Dinge zu essen,
0:14:10–0:14:14
die schlecht riechen, von denen wir krank werden würden.
0:14:16–0:14:21
Und ich denke, das hat sich dann im Laufe des Voranschreitens unserer Zivilisation
0:14:21–0:14:26
ein bisschen ausgeweitet, dieses Ekelgefühl, auf andere Bereiche vielleicht auch noch.
0:14:28–0:14:32
Aber ich denke, das ist eigentlich der tiefere Grund für Ekel.
Florian Clauß
0:14:33–0:14:40
Ja, genau. Das habe ich auch so entdeckt als Definition, das im Prinzip ganz biologisch motiviert,
0:14:40–0:14:48
dass eben vor schlechtem Essen, dass so der Ekel dich davor bewahrt, vor Exkrementen,
0:14:48–0:14:53
dass natürlich dein Immunsystem dann halt entsprechend angreifen wird,
0:14:53–0:14:56
dass du da eben diese Ekelempfindung hast.
0:14:57–0:15:02
Zum späteren Zeitpunkt in der Ontologie, also in der Entwicklung vom Individuum,
0:15:03–0:15:05
gibt es aber dann auch so kulturell geprägten Ekel.
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Also eine andere Form von Ekel ist auch zum Beispiel...
Micz Flor
0:15:11–0:15:12
Menschen essen.
Florian Clauß
0:15:13–0:15:18
Ja, nee, so sexuell motiviert, dass du halt Inzest, dass das so ein Verbot...
0:15:18–0:15:22
Ich meine, bei Freud ist es ja dann anders mit Oedipus, aber dass du dann erstmal
0:15:22–0:15:30
einen sexuellen Ekel, also einen Ekel gegen Inzest und gegen Sodomie oder sowas empfindet.
0:15:31–0:15:34
Und dann gibt es natürlich gesellschaftlich okturierte Ekel,
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der dann je nach Gesellschaftsform dann passieren kann.
0:15:38–0:15:43
Und damit wird halt gespielt im Body Horror. Es wird eben mit diesen Momenten,
0:15:43–0:15:50
also gerade im immersiven Kino wird ja versucht, eben so dieses Ekelgefühl zu triggern.
0:15:51–0:15:55
Und da gibt es ja auch verschiedene Techniken, dass man da nicht zu sehr wirklich
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so zu sehr drauf hält, weil dann ist es zu explizit und dann setzt es wieder
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so ein Schutzmechanismus ein, sondern dann immer so an der Kante spielt.
0:16:05–0:16:08
So wie du es so schön gesagt hast, dieser Zahn.
Micz Flor
0:16:09–0:16:11
Wo man immer ein bisschen dran topft.
Florian Clauß
0:16:11–0:16:15
Genau, wo man dann immer, der wackelt, kennt man noch das Gefühl als Kind,
0:16:15–0:16:19
so ein wackelnder Zahn, wo man immer ein bisschen mit der Zunge dran drückt
0:16:19–0:16:21
und auch ein bisschen merkt, dass es nach Blut schmeckt.
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Und dieser Schmerz, oder mit der 9-Volt-Batterie, die man immer so gerne leckt.
Micz Flor
0:16:27–0:16:31
Aber das ist ja was schon eher lustmäßig ist. Aber diese Zahnsache,
0:16:31–0:16:35
das war für mich auch nochmal, um das jetzt für die Leute, die jetzt in der
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Folge einschränken, meine Tochter, als sie ihren ersten Zahn verloren hat,
0:16:38–0:16:41
der war auch schon lange wackelig, da hat sie auch mit gespielt,
0:16:41–0:16:42
das war alles total okay.
0:16:42–0:16:45
Und dann wollte sie einen Apfel beißen, hat sie auch gemacht und dann wollte
0:16:45–0:16:47
sie nochmal einen Apfel beißen, dann war der Zahn aber weg.
0:16:49–0:16:53
Und dann ist die kreidebleiche geworden, diese verzerrte Körperwahrnehmung,
0:16:53–0:16:55
wenn man auf einmal zum ersten Mal keinen Zahn hat.
0:16:55–0:16:59
Ich habe mich dann erinnert, wie das dann so war, dass der dann wirklich weg war.
0:16:59–0:17:02
Das war so ein Verlust. Ich würde gar nicht so sehr sagen, das ist Ekel,
0:17:02–0:17:07
aber es ist auf alle Fälle auch ein Thema von Body-Horror, dass man da seinen
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veränderten Körper oder was du beschrieben hast, eben diese Hand,
0:17:10–0:17:12
die da drum rum kommt, die deine ist und nicht deine ist.
Florian Clauß
0:17:12–0:17:12
Ja.
Reinhard
0:17:13–0:17:18
Ich glaube, die Dauer verändert tatsächlich den Blick und der Ekel kann tatsächlich
0:17:18–0:17:20
auch in Faszination umschlagen.
0:17:21–0:17:24
Also wir sehen das ja zum Beispiel in David Lynch's Elefantenbönch.
0:17:24–0:17:29
Das erste Mal, wenn die Menschen ihn gesehen haben, haben sie geschrien,
0:17:30–0:17:32
haben hysterische Anfälle bekommen.
0:17:32–0:17:38
Und dann waren sie fasziniert und wollten eigentlich sogar in seiner Nähe sein.
0:17:39–0:17:42
Das sehen wir ja auch jetzt in den Substanzen. Wenn ich vorgreife,
0:17:42–0:17:46
aber wenn sie das erste Mal in den Spiegel schaut, erst nur wirklich so ein
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ganz kleines bisschen, das ist wirklich schockierend.
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Und dann aber gewöhnen wir uns an
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dieses Ausland, dann kommt es einem fast sympathisch vor, dieses Monster.
Florian Clauß
0:17:55–0:17:59
Genau, das ist am Ende. Das dachte ich auch gerade als Elefantenmensch.
0:18:00–0:18:02
Die Brücke habe ich jetzt noch gar nicht gesehen, aber ja klar,
0:18:02–0:18:03
das ist natürlich auch...
Reinhard
0:18:03–0:18:06
Da gibt es ganz viele Anklänge in den Substance, habe ich gerade zu nehmen.
0:18:07–0:18:08
Also ich habe oft an der Elefant Mensch gedacht.
0:18:09–0:18:15
Aber auch an Karpeln. Karpeln ist das Ding, ganz am Fluss, dieser Kopf, das so wegkriegt.
0:18:17–0:18:24
Süß, bei diesem Way of Fame oder diesem Walk of Fame. Das ist eindeutig wie ein Karpelterzitat.
Florian Clauß
0:18:24–0:18:27
Ja, wollen wir dann in The Substance einsteigen?
Micz Flor
0:18:27–0:18:30
Ja, ich wollte ganz kurz noch vorgreifen, weil ich über Ekel auch noch spreche,
0:18:30–0:18:31
dann eben in Bezug auf Together.
0:18:31–0:18:40
Und dann, du wolltest ja noch über Lacan sprechen, und das ist jetzt quasi zu
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Subsons bezogen, aber über Ekel werde ich mich auch noch mal darauf beziehen
0:18:43–0:18:44
und wollte nur kurz sagen,
0:18:45–0:18:51
dass die Frage, was nicht konkret um Ekel geht, aber um diese Aussondungen und so weiter.
0:18:53–0:18:55
Wollte aber trotzdem das sagen, das ist Ekel, finde ich auch interessant,
0:18:55–0:18:58
diese biologische Hintergrund. Es gibt ja, und da hast du mich auf dem kalten
0:18:58–0:19:00
Fuß erwischt, falschen Fuß erwischt, kalt, falsch.
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Das ist zum Beispiel, das kennt
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ihr bestimmt auch, das haben manche Menschen, manche haben das nicht.
0:19:09–0:19:13
Wenn man zum Beispiel so etwas sieht wie eine Sonnenblume, wo alle Kerne raus
0:19:13–0:19:17
sind oder so Steine am Wasser, die porös sind, wo so Löcher drin sind.
0:19:17–0:19:19
Oder manchmal auch Duschköpfe.
0:19:19–0:19:23
Es gibt manche Leute, und ich habe den Namen vergessen, die sehen so etwas mit Poren drin.
0:19:24–0:19:28
Und das ekelt die. Da stehen denen wirklich die Haare auf. Seid ihr solche Leute?
Florian Clauß
0:19:28–0:19:28
Nein.
Micz Flor
0:19:29–0:19:33
Nein, kennt ihr nicht. Aber dafür gibt es sogar einen medizinischen Begriff für diesen Zustand.
Reinhard
0:19:33–0:19:36
Hat die das an Haut erinnert? An fehlerhafter Haut?
Micz Flor
0:19:37–0:19:40
Nein, nicht fehlerhafter Haut. Ich nehme an, dass es eher so etwas wie voller
0:19:40–0:19:42
Maden oder Löcher da drin ist.
0:19:42–0:19:48
Ach so, okay. Das ist wirklich was, was quasi biologisch vorgegeben ist.
0:19:48–0:19:50
Und ich finde das interessant, weil das,
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Falscher Fuß, aber vielleicht auch ein interessantes Thema ist,
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wo Ekel noch so hinkommt. Also Ekel hat zum Beispiel ja wahrscheinlich dann auch mit Angst zu tun.
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Und es gibt in der Tat im Hippocampus und Amygdala diese Angstsache,
0:20:03–0:20:08
dass halt solche biologischen Dinge wie vor Duschköpfen Ekel zu erleben,
0:20:09–0:20:15
dass die halt wirklich mitgegeben wurden vor einem evolutionär scheinbar vorteilhaften Hintergrund.
Florian Clauß
0:20:15–0:20:19
Das hatten wir, glaube ich, auch so ein bisschen bei der Jungfolge mit angesprochen.
Micz Flor
0:20:19–0:20:22
Ja, genau, diese Archetypensache. Also gibt es das überhaupt?
Florian Clauß
0:20:23–0:20:27
Ja, Spinnenangst. Das ist ja auch eine typische Ekelerregung,
0:20:27–0:20:29
die ja auch ausgenutzt wird.
Micz Flor
0:20:30–0:20:35
Das ist ja auch immer noch so ein analytisches Thema, dass es doch mehr gibt als nur das Lernen.
0:20:36–0:20:40
Weil es gibt wenig Grund, dass man irgendwie lernen würde, für Hühnern eine
0:20:40–0:20:42
Phobie zu entwickeln in unserer Gesellschaft.
0:20:42–0:20:46
Aber es gibt sie trotzdem und oft bei Leuten, die mit Hühnern kaum Kontakt haben.
0:20:46–0:20:52
Aber es gibt eben keine Phobie vor Zebrastreifen oder vor Starkstrom,
0:20:53–0:20:58
also Sachen, die modern sind, zeitgenössisch und gefährlich,
0:20:59–0:21:03
da entwickelt keiner wirklich Phobien drauf, aber Hühner und Spinnen und so weiter.
Florian Clauß
0:21:04–0:21:09
Wir sind gerade am Haus Zennern angelaufen und schauen auf die Insel der Jugend,
0:21:09–0:21:14
auf die Brücke, die dann vom Ufer...
Micz Flor
0:21:14–0:21:16
Um die Brücke zu schlagen, zu dem Horror des Alters.
Florian Clauß
0:21:18–0:21:24
Und steigen ein mit The Substance. Also eigentlich ist die Geschichte ja relativ schnell erzählt.
0:21:26–0:21:31
Ich fange mal an mit der Regisseurin. Die Regisseurin ist Carolie Fagot,
0:21:31–0:21:35
also wieder ein französischer Name, Reinhard. Ich sag mal Fagot,
0:21:35–0:21:36
ich weiß nicht genau, ob es stimmt.
0:21:36–0:21:41
Fagat? Fagat, Fagil, Fagot, ich würde mal Fagot. Und es heißt nicht Karoli, sondern Coralie.
0:21:41–0:21:45
Ja, Coralie, du hast recht. Coralie heißt sie, genau.
0:21:46–0:21:57
Hat einen Film, mit dem sie dann auch 2017 schon Aufmerksamkeit bekommen hat.
0:21:58–0:22:04
Ja, genau. Und ich kenne jetzt nicht ihre anderen Filme. Mit der Substance von
0:22:04–0:22:12
2024 hat sie den Preis für das beste Drehbuch gewonnen.
0:22:13–0:22:18
Und obwohl sie französischsprachig ist, arbeitet sie doch mit internationalen
0:22:18–0:22:22
Casts und hat dann auch entsprechend für der Substance das Star-Aufgebot.
0:22:23–0:22:28
Da spielt nämlich die weibliche Hauptrolle Demi Moore.
0:22:29–0:22:37
Und das Demi Moore ist quasi die ältere, das ältere Ich, das jüngere Ich wird
0:22:37–0:22:41
von, und da muss ich jetzt mal kurz nachgucken, weil ich doch hier einen Spickzettel
0:22:41–0:22:43
habe, Margaret Crawley.
0:22:44–0:22:48
Die ist aber auch schon mir aufgefallen in Leftovers.
0:22:49–0:22:53
Spielt sie da eine Rolle? Leftovers, lege ich euch sehr ins Herz?
Micz Flor
0:22:53–0:22:56
Ist sie auch nicht in einem neuen Coen-Film auch?
Florian Clauß
0:22:56–0:23:02
Ja, die spielt sehr in so einem Art-House-Bereich. Also finde ich...
0:23:03–0:23:07
Starke, also hat eine starke Präsenz, auch in dem Film The Substance.
0:23:08–0:23:13
Und wir haben natürlich als TV-Boss Dennis Quod, als Harvey.
Micz Flor
0:23:13–0:23:14
Quaid.
Florian Clauß
0:23:14–0:23:22
Quaid. Ja, Mensch. Das ist französisch. Den kennen wir aus Filmen aus den 80ern.
0:23:22–0:23:26
Und Demi Moore kennen wir aus Filmen aus den 90ern. Tatsächlich hätte man länger
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nichts von Demi Moore gehört.
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Also die Geschichte ist folgende. Demi Moore als Elisabeth, da ist dieser grandiose,
0:23:35–0:23:38
ich finde wirklich den Anfang von diesem Film, ganz toll.
0:23:39–0:23:43
Also da sieht man quasi aus Vogelperspektive, aber jetzt nicht irgendwie 50
0:23:43–0:23:48
Meter über dem Boden, sondern eher so 4 bis 3 Meter, sieht man dann einen Stern,
0:23:48–0:23:50
wie so einen Stern, was heißt der Hall of Walk?
0:23:51–0:23:58
Hall of Fame heißt es. Hall of Fame, wie Elisabeth Sparkle einen Stern gesetzt
0:23:58–0:24:03
bekommt in einem Quadrat quasi auf dem Boden.
0:24:03–0:24:08
Und man sieht, wie der dann halt quasi so ausgestanzt wird, dann draufgepappt
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wird, wie er frisch gemacht wird, wie er trocknet.
0:24:11–0:24:16
Und dann sieht man aber auch schon die ersten Brüche von dem Stern und irgendwie
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wie jemand so Ketchup über den Stern. Also sehr plastisch inszeniert und auch so ein bisschen,
0:24:25–0:24:31
Ich sag mal so vorausschauen, vorausgreifend, was mit Elisabeth Sparkle so passieren kann.
0:24:32–0:24:38
Also es gibt eben, Elisabeth Sparkle hat eine Show, eine Aerobicshow,
0:24:38–0:24:40
ist da sehr erfolgreich gewesen.
0:24:40–0:24:47
Aber sie zieht halt nicht mehr das Publikum und der TV-Boss Harvey schmeißt
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sie einfach raus. Also man muss von der generellen Inszenierung des ganzen Films
0:24:52–0:24:55
sagen, der ist einfach in your face.
0:24:55–0:25:03
Der Film ist knallbunt, hochglanzproduziert, hat, also wie wir das gesagt haben, alles geht auf Eleven.
0:25:03–0:25:07
Also alles ist überdreht, hat einen sehr starken Soundtrack.
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Es kommt dann immer diese, ich weiß nicht, wie man sagen kann,
0:25:09–0:25:13
aber es ist schon so eine elektronische Bassspur, Also wenn The Substance dieses,
0:25:13–0:25:18
als ob dann halt so ein, als ob ein U-Bahn-Zug dann gerade einfährt,
0:25:18–0:25:20
aber halt elektronisch verzehrt.
Micz Flor
0:25:20–0:25:24
Aber ist auch irgendwie, finde ich, schon bewusst überzogen.
0:25:25–0:25:30
Also es hat sowas, was so wie Melodramatisches. Aber es ist nicht Melodrama,
0:25:30–0:25:32
aber es ist quasi so Comichaft.
0:25:32–0:25:37
Das bringt es aber, also die ganzen Charaktere werden auch irgendwie überzogen und dann auch so.
Florian Clauß
0:25:38–0:25:39
Total. great wird.
Micz Flor
0:25:39–0:25:44
Dann immer so mit fischaugen linse gefilmt und hat mir so das gefühl dass er
0:25:44–0:25:47
halt so richtig in your face ist und dann ja das.
Florian Clauß
0:25:47–0:25:53
Ist alles comic relief es ist alles wirklich so komplett stereotypisch aufgezogen
0:25:53–0:25:57
und das ist glaube ich auch so der punkt die man bei dem film so annehmen muss
0:25:57–0:26:02
und auch kann weil ich finde das ist so übertrieben dass es dann halt auch wieder
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so funktioniert ja sonst sonst kommt man in so einem ding wo man,
0:26:07–0:26:11
sich überlegt, was will der Film eigentlich erzählen? Das ist doch schon tausendmal erzählt worden.
0:26:13–0:26:19
Und ich finde, durch diese totale Übertreibung funktioniert er wieder in seiner Erzählung.
0:26:20–0:26:25
Und hat, also eskaliert dann auch letztendlich am Ende.
0:26:27–0:26:32
Ich möchte nur mal kurz ein Bild machen, weil das hier so eine Stimmung ist. Wir sind jetzt...
Micz Flor
0:26:32–0:26:34
Stimmt, kann ich ja auch machen. Ich habe zwar ältere Generation,
0:26:35–0:26:36
aber es ist, glaube ich...
0:26:39–0:26:41
Hier wieder so ein Exorzisten-Poster.
Reinhard
0:26:44–0:26:46
Eine Reise ins Herz der Finsteren.
Florian Clauß
0:26:46–0:26:54
Heart of Darkness. Wir haben hier noch eine Beleuchtung und der Plänter-Welt
0:26:54–0:26:59
ist ja auch so ein bisschen renaturiert worden.
0:26:59–0:27:03
Das heißt, wir gucken mal, was es da gibt. Ich glaube, hier gibt es sogar Gastronomie,
0:27:03–0:27:07
die entstanden ist rund um den Plänterwald.
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Also, die Little Sparkle wird eben rausgeschmissen an ihrem 50.
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Geburtstag und gerät dann natürlich in eine Identitätskrise.
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Sie kriegt Kontakt.
0:27:23–0:27:29
Über Ecken, ja, kriegt eine Telefonnummer, anonym sieht dann halt so einen Typ,
0:27:29–0:27:33
der schätzt schon richtig ein, dass sie unter ihrem, ja, unter ihrem,
0:27:34–0:27:38
also ihrem zunehmenden Alter, das dann halt nicht mehr marktgerecht ist,
0:27:38–0:27:43
darunter leidet und steckt ihr dann halt so eine Nummer zu und da steht eine Substance drauf.
Micz Flor
0:27:43–0:27:46
Aber da ist es, glaube ich, wichtig nochmal, dass du sagst, was nicht mehr marktgerecht
0:27:46–0:27:48
ist, ist Appearance, nicht Performance.
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Also Performance, sie macht das mit ihrem Körper, alles, was gefordert wird von diesem Fitness.
0:27:53–0:27:57
Das steht ja gar nicht zur Frage, aber die Appearance halt, ihr Alter sei nicht
0:27:57–0:28:00
mehr publikumstauglich.
Florian Clauß
0:28:00–0:28:03
Genau, das ist glaube ich nochmal, ja, das ist nochmal ein wichtiger Punkt,
0:28:03–0:28:08
weil nämlich, man sieht dann diese Aerobicshow, die ist unglaublich dynamisch.
0:28:09–0:28:13
Die ist auch so sehr sexy von den Posen und von den Gesen, wie es halt Aerobicshows
0:28:13–0:28:15
halt so aus den 80ern sind.
0:28:15–0:28:19
Es ist noch dieser Charme der 80er, der da mit drin hängt.
Micz Flor
0:28:20–0:28:25
Da kann ich ganz kurz was sagen, weil ich glaube, das müssen wir einfach einmal explizit ansprechen.
0:28:25–0:28:29
Der Begriff Body Horror für diesen Film ist jetzt auch noch überzogen,
0:28:29–0:28:31
weil jetzt drei Männer über Frauenkörper sprechen und wir nicht,
0:28:32–0:28:34
glaube ich, also was du gerade sagst, ist sehr sexy und sowas.
0:28:34–0:28:36
Das ist ja genau Thema des Films.
0:28:36–0:28:41
In gewisser Weise sind wir trotz aller Versuche, unsere Androgynität auszuleben,
0:28:41–0:28:44
sind wir nur die halbe Wahrheit.
Florian Clauß
0:28:44–0:28:51
Ja, ich wollte das genau sagen, weil es ist nämlich genau dieser männliche Blick,
0:28:52–0:28:57
der männliche, der male gaze, der im Prinzip jetzt...
0:28:58–0:29:04
Internalisiert ist von der Gesellschaft, sag ich mal. Internalisiert ist auch von den Frauen,
0:29:04–0:29:10
jetzt in dem Fall Elisabeth, die natürlich immer so angeguckt wird und nach
0:29:10–0:29:14
Sexsymbolen, nach Frische, nach Jugendlichkeit usw.
0:29:14–0:29:16
Dann auch eingeschätzt wird.
0:29:17–0:29:23
Und dafür stellvertretend ist eben dieser TV-Boss, der dann ganz knallhart einfach
0:29:23–0:29:27
judgt, ja, du nicht mehr, du hast hier keinen Platz mehr, du gehst.
0:29:28–0:29:33
Ja, wir brauchen was Junges, Frisches. Also dieser Blick, der jetzt natürlich
0:29:33–0:29:37
personalisiert durch den TV-Boss, aber den finden wir überall in den Blickachsen.
0:29:38–0:29:43
Das Publikum auch bei der Show selber, bei der Aerobicshow, tanzt da,
0:29:44–0:29:48
schaut dann die Kamera, wie die inszeniert ist, der ganze Stuff hinter der Kamera.
0:29:49–0:29:55
Es geht immer um Blicke bei diesem Film und auch dann immer so urteilende Blicke, die genau dieses.
0:29:57–0:30:02
Funktioniert das so wie man das eben erwartet von der Gesellschaft und ich glaube
0:30:02–0:30:06
das können wir uns als drei Männer nicht so vorstellen,
0:30:06–0:30:11
dass oder wir können es uns sehr gut vorstellen aber eben wir können es die
0:30:11–0:30:16
andere Seite nicht vorstellen ja gut aber ich meine selber kriegt man auch diesen Blick aber dieser.
0:30:18–0:30:23
Blick ist man also man muss sagen als Frau ist man diesen Blick immer ausgeliefert
0:30:23–0:30:28
In jungen Jahren, wo es natürlich dann dieses Bewertende und das Sexuelle dahintersteht,
0:30:28–0:30:31
in alten Jahren ist eben die Abwesenheit des Blickes dann auch wieder ein Thema.
0:30:32–0:30:37
Das ist ja auch das, was dann eben Demi Moore oder beziehungsweise die Hauptfigur
0:30:37–0:30:43
dazu treibt, eben diesen Schritt zu gehen, dort anzurufen und nach der Substance zu verlangen.
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Ist im Prinzip, man kann es dann so beschreiben, also wenn man sich dann auch
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anschaut, was eben Frauen für Möglichkeiten haben, um eben dann eben diesen,
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ich sag mal so, um sich dann halt entsprechend dann aufzubereiten,
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ja, diesen Blick, diesen fordernden Blick halt auch standzuhalten.
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Das sind ja so Kosmetika auf der einen Seite und dann geht es ja weiter auf
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der anderen Seite, dass du dann anfängst so Schönheitscheorie oder andere Sachen zu machen,
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um dann halt jung und jugendlich und diesem Idealbild der sexy Frau dann auch
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standzuhalten, um eben das zu machen, gibt es diese Mittel.
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Und an dieser Stelle bietet eben das Substance ein pharmazeutisches Mittel,
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was aber mit so einem ganz klaren Rules-Set daherkommt.
Micz Flor
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Ja, die Substance muss man sagen, das kommt ja fast unerwartet zu ihr über einen
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Arztbesuch, den sie hat.
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Und dann ein junger Arzt, der dann irgendwas rumtestet und das Gefühl hat,
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das könnte passen, er nuschelt dann noch irgendwas.
Florian Clauß
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Ihre Wirbelsäule ab, die er hat.
Micz Flor
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Ja, genau. Und dann sagt er irgendwie, das könnte gehen oder irgend so.
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Aber mit dem hat sie nicht direkt Kontakt, der ist dann weg,
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aber dann kommt dieses Substance.
Florian Clauß
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Also der Arzt.
Micz Flor
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Eine Nummer kriegt sie zuerst.
Florian Clauß
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Eine Nummer, ja, eine Nummer. Da ruft sie an und sie wird dann geleitet und
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kommt dann in so einem anonymen Postfach.
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Alles ist immer sehr klinisch inszeniert. Das ist auch so ein typisches Attribut
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von Body Horror, dass es dann halt in so einer klinischen Atmosphäre stattfinden kann.
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Und sie kriegt dann diese Substanz und da steht wirklich so in Großbuchstaben
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sehr einfach wie so eine Ikea-Anleitung,
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vorgetragen, also die Regeln sind you activate only once you stabilize every day,
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You switch every seven days without exception und dann remember you are one.
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Ja, also what can possibly go wrong?
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Da weiß man schon, das ist schief.
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Switch every day without any exception. Every seven days without any exception.
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Ja, und es kommt dann eben, dass man diese Substanz, dass Elisabeth diese Substanz
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sich dann spritzt und da kommt es quasi zu so, ja, es ist halt so eine Selbstgeburt.
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Also das ist schon sehr explizit dann auch inszeniert in dem Badezimmer von
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ihr, das auch total steril gehalten ist. Und sie schlüpft dann aus sich selbst,
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schlüpft dann die jüngere Sue.
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Und Elisabeth ist dann so eine, ja, sie sieht fast leblos aus,
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eine Hülle mit einer riesen Narbe.
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Und sie wird dann an so einen Versorgungstrakt angeschlossen,
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was dann auch von der Substance mitkommt.
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Und Sue ist quasi das jüngere Ideal von ihr, die dann in die Welt gehen kann
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und genau das verkörpert, was jetzt eben Elisabeth gefehlt hat.
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Und Sue bekommt dann tatsächlich auch die Nachfolgeschow von Elisabeth.
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Nachdem die abgesetzt wurde, wurde halt ausgeschrieben, wer die übernehmen kann.
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Sue bewirbt sich und sie hat auch eine unglaubliche... Also da ist es auch so,
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dass diese Bewegung, das wird nicht in Frage gestellt, weil die können alle
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perfekt dann halt auch die Choreografie vortragen.
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Und du siehst sie auch nie proben. Die sind auf der Bühne und machen halt ihre
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Choreo und es ist super auf den Punkt.
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Ja, aber auch die Ältere kann das ja auch. Also das, was Mitch gesagt hat,
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da wird es ja gar nicht in Frage gestellt.
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Also sie erfüllt noch voll diesen Zweck, diese Bewegung und so weiter,
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aber sie sieht halt nicht mehr so aus.
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Und das ist ja nochmal das Brutale da drin. Und Sue ist dann halt auch sehr vom Typen her,
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sie weiß genau, wie es funktioniert und ist dann auch sehr erfolgreich in der
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Show und steigt dann immer eine Karriereleiter nach der anderen hoch,
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gepusht von Harvey, der dann ein totaler Fan von ihr ist.
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Weil sie genau diese Ideale erfüllen kann und auch damit massentauglich wird.
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Und das Interessante ist, dass in diesem Apartment, also da liegt eben Elisabeth
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rum, dass Sue baut dann auch so eine Nische für sie, weil sie die dann nicht
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mehr im Bad rumliegen haben will.
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So eine abseitige Nische, die dann durch so eine Tür versperrt ist,
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dass man die halt auch wegsperren kann.
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Und sie lässt dann auch das Bild von ihr, was dann im Wohnzimmer hängt,
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ein riesengroßes Bild von Elisabeth, das lässt sie dann austauschen oder wegbringen.
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Ja, und dann gegenüber ist so eine Werbetafel, auf die man dann halt aus dem
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Fenster raus drauf blickt.
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Und da ist jetzt Sue mit ihrer neuen Show dann auch als Werbetafel angebracht.
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Also man sieht ständig irgendwo dann die andere, die andere Figur,
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das andere selbst der Figur.
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Und es kommt, wie es kommen muss, haben wir schon gesagt, das Ganze eskaliert.
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Das Ding ist, dass Sue dann gegen die Regel verstößt und statt sieben Tage macht sie mal acht Tage.
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Als dann Elisabeth quasi wieder in ihrer alten Gestalt ist oder dann wieder
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transformiert, dann sieht sie auf einmal, dass ihre Hand, glaube ich, ist komplett alt.
Micz Flor
0:36:26–0:36:27
Der linke Zeigefinger.
Florian Clauß
0:36:27–0:36:28
Der Zeigefinger.
Micz Flor
0:36:28–0:36:29
Nur der eine Finger.
Florian Clauß
0:36:29–0:36:32
Genau, also das heißt, sobald du gegen diese Regel...
Micz Flor
0:36:32–0:36:33
Der rechte Zeigefinger.
Florian Clauß
0:36:33–0:36:40
Der rechte, es sieht aus wie von einer alten Frau. Sobald du gegen diese Regel verstößt.
Micz Flor
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Wird das so voll abgestockt.
Florian Clauß
0:36:41–0:36:41
Geht eigentlich aus wie von einer Hexe.
Micz Flor
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Genau, habe ich auch gedacht. Ja, es ist nicht nur alt, sondern der ganze Film
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ist über, also alles ist auf zwölf und deshalb ist ein alter Finger da dann
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auch gleich eher schon was, was ein bisschen an den Dracula bei Coppola erinnert.
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Also diese sehr dicken Fingernägel und so grün geschrumpft.
Florian Clauß
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Ja, ja, also es wird, das ist auch das, was diesen Ekel auslöst, ne? Also, ähm.
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Der Film arbeitet auch mit Close-Ups und mit allen möglichen Sekreten,
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die dann aus allen möglichen Öffnungen rauskommen.
0:37:20–0:37:27
Also Body Horror hat auch viel von der Kamera-Ästhetik und Inszenierung mit
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Porno zu tun, weil es einfach so dieses Close-Up draufhalten,
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obwohl es immer auch ein Andeuten ist.
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Das vielleicht ist doch nicht so wie Porno, weil Porno dann halt immer drauf
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bleibt. Ja, wenn bei Body Horror sehen wir dann halt häufig auch dann nur das
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Angedeutete und dann wieder ein Schwenk zurück, dass man halt den Rest sich imaginieren kann.
Reinhard
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Also ich fand bei diesem Film, bei The Substance, funktioniert der Body Horror
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tatsächlich gar nicht so sehr über das Visuelle, sondern schlimmer finde ich die Geräusche.
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Also in dem Moment, den du eben geschildert hast, wo das jüngere Ich aus dem
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älteren Ich herauskriegt, da ist dann der Rücken offen und der muss wieder zugenäht werden.
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Und das sehen wir also in sehr schönen Close-Ups. Aber das Fiese,
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das wirklich Gemeine und Gruselige und was eine Gänsehaut macht,
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ist der Ton, den wir da zu hören.
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Dieses Schmatzige, wenn der dicke Faden, ein sehr dicker Faden durch die Haut des Rückens geht.
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Und diese Geräusche, die haben wir öfter nochmal, auch wenn eine Spritze,
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wenn eine Injektion gesetzt wird.
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Das Geräusch, wenn die Kanüle in die Haut gestoßen wird.
0:38:30–0:38:34
Das alles, das ist wirklich, das fand ich wirklich die grüßlichste Momente.
Florian Clauß
0:38:35–0:38:40
Ja, also das Audiodesign von einem Film ist wirklich sehr stark, ja.
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Und das ist so fast, als ob dann eben durch dieses, der fehlende Geruchssinn
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wird durch diese, durch das Auditive ersetzt, ne, weil man kriegt dann,
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man ist dann noch näher dran, ja.
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Und das ist auch wieder völlig übertriebene Geräusche, die nichts damit zu tun
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haben, aber die machen dich dann schon so ein bisschen so, ja.
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Sue bekommt dann ihre Show, macht Karriere und als Perspektive kriegt sie dann,
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also als großen Sprung, wird in ihr in Aussicht gestellt, dass sie die Abschlussgala,
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die Silvester-Show moderieren kann.
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Verlängert immer weiter, immer länger ihre Seven Days.
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Und gleichzeitig wird eben Elisabeth als menschliche Ressource dafür ausgebeutet. Das heißt,
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der Finger zerfällt sie, also sie zerfällt nicht, aber es hat ganze Körperteile,
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sind komplett gealtert von ihr.
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Und Elisabeth kommt dann eben, ich weiß gar nicht, ist das das Bein oder der Arm?
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Auf jeden Fall sieht sie total degeneriert aus.
Reinhard
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Der 750-Jährige im Grunde.
Florian Clauß
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Und sie fängt dann auch an, wenn sie, genau, sie hatte auch das,
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wenn sie dann halt quasi in ihren echten sieben Tagen, wo sie dann ihr Leben
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wieder hat, ja, da ist sie eigentlich die ganze Zeit nur am Essen.
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Und sie hat überhaupt kein sinnerfüllendes Leben mehr, sondern sie ist eigentlich
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nur noch in der Konkurrenz zu ihrem jüngeren Ich.
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Und das ist ja so dieser Kampf. Man hat ja auch nicht das Gefühl,
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dass die beiden Darstellerinnen irgendwas miteinander zu tun haben.
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Die sind so konträr, dass man die als eine Person überhaupt nicht denken kann.
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Ja, das ist, also sie fangen dann quasi gegeneinander an zu kämpfen,
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ja, also beziehungsweise die Jüngere nimmt sich immer mehr raus,
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um dann halt auch ihre Ziele zu verwirklichen.
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Sie braucht dann halt immer mehr Zeit, um dann halt auch die Show vorzubereiten,
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um dann halt auch die jungen Männer abzuschleppen und so weiter.
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Also das wird immer, das dehnt sich immer weiter aus und gleichzeitig geht das
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eben auf Lasten von Elisabeth.
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Aber wir wissen, es bleibt ja dann in einer kausalen Zusammenhang,
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nämlich je mehr sie dann eben Elisabeth ausbeutet, desto mehr fällt das auf sie zurück.
0:41:18–0:41:30
Und sie versucht dann noch zuletzt noch das letzte Quäntchen,
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das ist auch sehr haptisch, optisch dargestellt,
0:41:33–0:41:40
so das letzte Quäntchen an Lebenssaft ihr dann noch an Flüssigkeit rauszulocken,
0:41:40–0:41:42
damit sie weiter noch in der Sioux-Rolle bleiben kann.
0:41:42–0:41:47
Aber das kann sie ja nie mal aufrechthalten. Und dann gibt es halt diesen,
0:41:47–0:41:50
ich muss es gerade noch mal, weil es länger her ist, dass ich es gesehen habe,
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kriege ich sie wieder ganz zusammen, dann gibt es halt diese Silvester-Show
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und sie kommt dann da hin,
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aber hat er noch nicht geswitcht oder so.
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Könnt ihr das noch erinnern?
Micz Flor
0:42:01–0:42:04
Das ist interessant, du sagst, weil ich auch nämlich gerade überlegt habe,
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wie ging denn dieser Showdown? Weil die beiden haben sich dann in so einem...
Reinhard
0:42:08–0:42:11
Die Ältere versucht es zu terminieren. Sie sagt irgendwann, sie ist dann so
0:42:11–0:42:15
verkrüppelt, Und dass sie da anruft an dieser Hotline und sagt,
0:42:15–0:42:16
ich will jetzt aufhören.
0:42:16–0:42:20
Wo man eigentlich als Zuschauer denkt, ja, ein bisschen Spätmädchen eigentlich.
Micz Flor
0:42:21–0:42:26
Mädchen. Das ist gut, dass du das völlig auslebst, dieses männliche Klischee.
Reinhard
0:42:28–0:42:33
Sie will aufhören und dann bekommt sie eine Spritze, da steht dann drauf Terminator.
0:42:35–0:42:39
Und die jagt ihrem jüngeren Ich in die Brust. Und die stirbt dann tatsächlich.
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Und dann bekommt sie Gewissensbisse und startet so eine Wiederbelebungsaktion,
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indem sie sich dann nochmal anschließt, die Körpersäfte werden nochmal getauscht,
0:42:51–0:42:55
dann wacht die wieder auf, kriegt mit, dass die Ältere sie umbringen wollte
0:42:55–0:42:56
und bringt da die Ältere um.
0:42:58–0:43:03
Und dann macht sie sich auf zu dieser Show, glaube ich.
0:43:04–0:43:07
Aber dabei ist irgendwie, ich glaube, mich richtig zu erinnern,
0:43:08–0:43:13
dass sie dann schon, also dadurch, dass sie wiederbelebt wurde,
0:43:13–0:43:16
illegalerweise, durfte sie anhand der Regeln eigentlich gar nicht,
0:43:16–0:43:19
dieser Terminator durfte da nicht eingesetzt werden, keine Ahnung,
0:43:19–0:43:22
ich weiß nicht mehr genau. Auf jeden Fall fängt sie auch an sich zu.
0:43:24–0:43:27
In irgendein Monster zu transformieren.
Micz Flor
0:43:27–0:43:31
Sie wulstet so. Sie wächst in alle Richtungen.
Florian Clauß
0:43:31–0:43:35
Das ist noch nicht so der Fall. Das ist so.
Micz Flor
0:43:36–0:43:38
Jetzt fährt es mir wieder ein.
Florian Clauß
0:43:39–0:43:44
Sie geht da hin und fängt dann an. Sie merkt auf einmal, dass ihre Zähne ausfallen.
0:43:45–0:43:46
Und dass ihr Ohr runterfällt.
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Und sie merkt irgendwie, scheiße, so kann sie sich schon nicht machen.
0:43:51–0:43:54
Sie muss sich was anderes einfallen lassen.
0:43:54–0:44:00
Und dann geht sie wieder nach Hause und nimmt diese Substanz,
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die man eigentlich nur einmal zum Aktivieren nehmen darf, spritzt die sich und
0:44:06–0:44:08
dann fängt sie an komplett zu mutieren.
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Also das ist dann wie so... Chaos. Ja, das ist dann halt wirklich so...
0:44:13–0:44:20
Dann hat sie überhaupt keine Gestalt mehr so richtig... Sieht aus wie Toxic Avenger.
Reinhard
0:44:21–0:44:26
Schluss von die Fliege, dieses Monster, was da auf diesen Transmitter steigt.
Micz Flor
0:44:27–0:44:30
Ja, bei dem fällt ja auch das Ohr ab, da geht es ja auch einmal,
0:44:30–0:44:31
dass ihm das Ohr runterfällt.
Florian Clauß
0:44:32–0:44:36
Stimmt, ja. Ja, sie hat dann zum Beispiel, auf der Brust ist ein Gebiss,
0:44:36–0:44:41
sie hat mehrere Gesichter, sie hat viele Augen, auch Brüstequellen irgendwo
0:44:41–0:44:46
raus und, aber dann kommt es so ein Moment, wo ich dann auch gedacht habe,
0:44:47–0:44:50
ja, da ist sie irgendwie mit sich selbst im Eins.
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Sie fängt dann an, sich für die Show herzurichten.
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Sie will die Ohrringe dann einsetzen und sucht nach den Ohren und steckt sie
0:44:59–0:45:01
sich dann irgendwo rein.
0:45:03–0:45:07
Ihre drei, vier Haarbüschel fängt sie dann an, mit so einem Lockenwickler dann
0:45:07–0:45:10
halt auch wirklich aufzutopieren und sie...
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Hat sich eine Maske von ihrem jüngeren Ich dann gebastelt, klebt die sich aufs
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Gesicht, hat noch diesen Törock an.
Reinhard
0:45:19–0:45:20
Das ist nur ein Zettel eigentlich.
Florian Clauß
0:45:20–0:45:22
Das ist nur ein Foto.
Reinhard
0:45:22–0:45:25
Was sie sieht und jeder müsste sofort sehen, da steht jetzt was gewaltig.
0:45:26–0:45:30
Aber sie geht in dieses Studio bis auf die Bühne, ohne dass irgendjemand sie auffällt.
Florian Clauß
0:45:30–0:45:38
Ja und alle sagen, wir lieben dich und sie hat auch so rot Lippen gemacht.
0:45:38–0:45:43
Und dann kommt sie, dann stehen schon alle, die ganze Tänzerinnen stehen bereit.
0:45:43–0:45:49
Und dann steht sie am Mikrofon und brubbelt irgendetwas von sich hin.
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Und dann fällt die Maske runter und alle sind schockiert. Und eine Frau schreit dann, it's a monster.
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Und dann fängt quasi so der Splatter-Teil des Films an, wo dann ihr irgendwas
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auf den Kopf geschlagen wird. und der ganze Kopf anfängt zu explodieren.
0:46:10–0:46:15
Und dann wulstet irgendwas anderes noch raus, einen weiteren Kopf.
0:46:15–0:46:20
Und auf einmal ist dann nur noch Blut, was dann halt stundenlang rumspritzt.
0:46:21–0:46:28
Wie bei Braindead, das Ende, wo dann halt Fontänen von Blut in das Publikum gespritzt werden.
0:46:28–0:46:35
Alle sind schreiend und es ist eine völlige Eskalation, die Szene.
0:46:35–0:46:42
Und sie geht dann am Ende den Gang von diesem Studio lang und spritzt dann auch alles voller Blut.
0:46:43–0:46:46
Und sie hat dann auch in ihrer Mutation,
0:46:47–0:46:53
hat sie noch so dieses an einer Stelle hinten am Rücken irgendwo dieses ältere
0:46:53–0:46:58
Elisabeth-Gesicht, was eigentlich nur noch so einen Mund auf nichts sagen kann
0:46:58–0:46:59
und die ganze Zeit so aufregt.
0:47:00–0:47:07
Und dann das, was von diesem Blob noch übrig geblieben ist,
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das sackt dann irgendwann zusammen und dann kriecht nur noch dieses Gesicht
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wie so eine Art Seestern mit so ein bisschen Masse, kriecht dann noch am Ende
0:47:15–0:47:19
auf diesen Stern, den wir am Anfang sehen,
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wo der Elisabeth Sparkle draufsteht.
0:47:23–0:47:25
Und sie schaut, man sieht dann halt einen Perspektivwechsel,
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sie schaut in den Himmel.
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Und auf einmal sieht sie dann auch tatsächlich solche Sparkles,
0:47:30–0:47:35
also so Funken auf sich niederregenden Sternen. Und sie fängt an,
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sie grinst und freut sich. Und irgendwie ist es so ein Happy End.
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Sie löst sich dann auch auf in einem großen roten Fleck.
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So, und damit endet die Geschichte. Und dann wird noch am Ende der Stern geputzt.
Reinhard
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Da kommt die Kehrmaschine.
Florian Clauß
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Die Kehrmaschine und fegt den Rest weg, ja. Also das ist jetzt mal so im Groben.
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Ich wollte noch erwähnen, dass als sie auf der Bühne steht vor dem Publikum,
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dann versucht sie sich zu verteidigen und sagt noch so, it's me, it's still me.
0:48:14–0:48:19
Also sie sagt noch, ich bin's noch, ja, während sie versucht dann zu appellieren,
0:48:19–0:48:24
so ich bin noch diejenige, die hier diese Show gemacht hat oder die hier.
0:48:24–0:48:27
Und natürlich ist sie gar nichts mehr von allem.
0:48:28–0:48:33
Aber das finde ich ganz schön, weil das dann auf einmal wieder so eine Individualität
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und so ein Selbstbewusstsein zeigt, was jetzt die ganze Zeit eben zerbrochen war.
0:48:40–0:48:44
Als Vorgeschichte dazu, das ist ein Detail, was man vielleicht noch erwähnen sollte.
0:48:45–0:48:50
Bevor diese Silvestershow losgeht oder als Vorbereitung hat sie einen riesigen Rosenstrauß bekommen.
Reinhard
0:48:50–0:48:55
Und da steht so ein Schildchen drauf mit dem Satz They will love you.
Florian Clauß
0:48:55–0:48:56
Ah ja, genau.
Reinhard
0:48:56–0:49:01
Und da verstehen wir, und der wird mehrmals ins Bild gesetzt, dieser Rosenstrauß,
0:49:04–0:49:09
Und das ist eigentlich die tiefere Motivation. Sie möchte, also der Wunsch,
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geliebt zu werden, und das drückt sie ja dann auch aus, wenn sie da vorne steht.
0:49:13–0:49:16
Ich bin es doch, ihr müsst mich doch lieben. Ja.
0:49:18–0:49:22
Und das Fatale ist halt, dass es in unserer Gesellschaft so verknüpft ist,
0:49:22–0:49:26
dass wir denken, nur noch dann geliebt zu werden, wenn wir schön und jung sind.
Florian Clauß
0:49:26–0:49:34
Ja, vor allen Dingen die Frauen in unserer Gesellschaft.
Micz Flor
0:49:34–0:49:41
Dazu gibt es ja dann auch, da gibt es ja noch zwei kleine Männernebenrollen, die damit zu tun haben.
0:49:41–0:49:53
Das eine ist der jüngere Nachbar, der total der jungen Hauptstadt sofort verfallen ist und verzaubert ist.
0:49:53–0:49:57
Und dann gibt es aber auch, nachdem sie gefeuert wurde, kommt da jemand auf
0:49:57–0:49:59
sie zu, der sie noch aus der Schule kennt oder so.
0:50:00–0:50:04
Ah ja, genau. Der sie sehr attraktiv findet und der so ein bisschen schüchtern
0:50:04–0:50:06
sagt, wir könnten ja mal einen Kaffee trinken gehen. Sowas in der Art.
0:50:06–0:50:07
Ich weiß nicht mehr genau, was das ist.
0:50:08–0:50:13
Und mit dem kann sie aber gerade gar nicht umgehen, weil sie die Liebe der ganzen
0:50:13–0:50:16
Welt verloren hat. Kommt sein Interesse bei ihr nicht richtig an.
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Und später möchte sie sich mit ihm treffen und dann kommt aber der Finger in
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den Weg. und dieser sehr frühe Zerfall, wo sie sich doch wieder zu sehr schämt und sich zurückzieht.
Reinhard
0:50:26–0:50:31
Also das ist wirklich die einzige Szene in dem Film, jetzt greife ich ein bisschen
0:50:31–0:50:34
vor in meiner Beserkung, aber das ist die einzige Szene in dem Film,
0:50:34–0:50:37
die mich innerlich wirklich berührt hat.
0:50:37–0:50:42
Also wo ich auch tatsächlich mich mit der Protagonistin identifizieren konnte.
0:50:42–0:50:47
Also sie verabredet sich dann mit diesem alten Freund, weil sie sich einsam fühlt.
0:50:48–0:50:53
Und sie machen ein Essen aus. Er ist ganz überrascht, weil er eigentlich so
0:50:53–0:51:01
auch mit ihrem älteren Ich völlig fasziniert ist von diesem älteren Ich und
0:51:01–0:51:02
sie wunderschön findet. Ja.
0:51:03–0:51:08
Und dann verabreden sie sich und sie steht vorm Spiegel, macht sich fertig,
0:51:08–0:51:10
probiert zehn verschiedene Kleider an,
0:51:11–0:51:17
macht ihre Haare, legt Make-up auf und dann steht sie vorm Spiegel und sieht
0:51:17–0:51:19
ihr älteres Ich und ist damit so unzufrieden, dass sie anfängt,
0:51:19–0:51:23
sich wieder abzuschminken, wieder neu zu schminken, noch was anderes anzuziehen,
0:51:23–0:51:24
noch mal was anderes anzuziehen.
0:51:24–0:51:28
Und dann sehen wir, dann gibt es einen Zeitpunkt und wir sehen,
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wie sie weinend auf ihrem Bett sitzt und sie hat diese Verabredung ausfallen lassen.
0:51:33–0:51:39
Das ist die tragischste Szene in dieser Film.
0:51:40–0:51:42
Dafür fand ich, war es es wert.
Florian Clauß
0:51:42–0:51:48
Der Film. Der Film war das wert. Ja, ich meine, es ist sehr plakativ einfach.
0:51:48–0:51:53
Das heißt, das könnte ja ihr Leben in der zweiten Lebenshälfte sein,
0:51:53–0:51:59
wo sie sich dann eher so auf so eine Beziehung besinnt und mehr zu sich zur
0:51:59–0:52:00
Ruhe kommt, wie auch immer,
0:52:00–0:52:05
sich neu verlieben kann und einfach auch neue Ideale findet in ihrem Leben.
0:52:05–0:52:10
Aber sie kann sich nicht lösen, weil ihr jüngeres Ich dann quasi sie da zurückhält.
0:52:10–0:52:14
Und sie kann gar kein eigenes Leben mehr entwickeln.
0:52:14–0:52:19
Das ist ja so diese Fatalität in der ganzen Konstellation.
Reinhard
0:52:19–0:52:22
Ja, ich finde das andere, also den ganzen Rest der Geschichte,
0:52:22–0:52:27
finde ich wirklich ein bisschen sehr überkonstruiert und auch ziemlich bizarr und eher,
0:52:28–0:52:33
es ist eher eine Farce, aber in dieser kleinen Szene ist unglaublich viel Wahrheit
0:52:33–0:52:37
drin und dass wir glauben, nicht geliebt werden zu können,
0:52:37–0:52:41
weil wir uns selbst nicht lieben und dass wir uns damit so sehr im Weg stehen
0:52:41–0:52:44
und das ist ja auch tatsächlich noch gut, das wird dann auf einer sehr oberflächlichen
0:52:44–0:52:46
Ebene, erzählt der Film das auch.
0:52:47–0:52:52
Dass wir sozusagen dadurch, dass wir diese unglaubliche Sehnsucht danach,
0:52:53–0:52:57
jung und schön zu sein und beliebt zu werden, dass wir uns damit eigentlich selbst verletzen.
0:52:58–0:53:02
Das ist ja, also so könnte man ja ganz platt den Botschaften des Films zusammenfassen.
Florian Clauß
0:53:02–0:53:07
Ja, obwohl, ich meine, der nimmt jetzt nicht unbedingt der Film diese Position
0:53:07–0:53:12
der, ich sag mal, der Älteren ein, ja.
0:53:12–0:53:17
Sondern so wie jetzt Demi Moore auch dargestellt wird oder auch der Blob,
0:53:17–0:53:22
der am Ende ist, wird ja auch dann so inszeniert, dass es tatsächlich abstoßend ekelerregend ist.
0:53:23–0:53:28
Also du findest ja auch dann die Jüngere viel attraktiver.
Reinhard
0:53:28–0:53:31
Und das findest du wirklich?
Florian Clauß
0:53:31–0:53:34
Nein, da muss ich jetzt schon widersprechen. Nein, nein, nein,
0:53:35–0:53:40
ja, aber so ist es inszeniert von der Poppigkeit her, von der Kameraführung
0:53:40–0:53:44
und wie die auch dargestellt und ausgestellt werden.
0:53:45–0:53:50
Also klar hat natürlich Demi Moore, wenn sie dann nackt vor dem Spiegel steht,
0:53:50–0:53:54
auch was sehr Attraktives, aber es ist nicht so inszeniert.
Reinhard
0:53:55–0:54:00
Da muss ich entschieden widersprechen. Ich finde ganz offensichtlich,
0:54:00–0:54:06
also diese Jüngere, diese Sue, die ist, also ich finde sie so unsympathisch
0:54:06–0:54:09
und das wird auch deutlich, also so ist es auch unszeniert.
0:54:09–0:54:15
Sie spielt das wirklich, sie ist eine knallharte Karrierefrau und sie ist rücksichtslos.
0:54:15–0:54:19
Sie hält diese Regeln, diese festen Regeln nicht ein. Sie ist eigentlich der
0:54:19–0:54:24
böse Teil dieses verdoppelten Ichs.
0:54:24–0:54:29
Das ist ja eigentlich, also das Motiv ist ja ziemlich alt, das ist ja das Doppelgängermotiv
0:54:29–0:54:33
eigentlich, was da, was wir da vorgeführt bekommen.
0:54:33–0:54:36
Das geht ja zurück, das ist auch in die Romantik, die deutsche Romantik.
0:54:36–0:54:38
Ich glaube, E.T. Hoffmann,
0:54:39–0:54:46
Um 1800 rum hat er zwei Geschichten geschrieben. Und dann gab es dieses Mr. Jekyll, Mr.
Florian Clauß
0:54:46–0:54:48
Hyde, auch Dorian Gray.
Reinhard
0:54:48–0:54:51
Ganz genau, das sind alles ähnliche Motive. Und es geht immer darum,
0:54:52–0:54:56
dass wir sozusagen einen guten Teil in uns haben und einen bösen Teil.
0:54:57–0:54:59
Und diese beiden werden dann sozusagen externalisiert.
0:55:02–0:55:06
Das, was eigentlich seelisch in uns ist, wird nach außen verlagert und diese
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beiden bekämpfen sich dann.
0:55:08–0:55:12
In dieser Geschichte, in The Substance, finde ich es ganz eindeutig,
0:55:12–0:55:14
dass die Jüngere die Böse ist.
Florian Clauß
0:55:14–0:55:15
Ja, ja, auf jeden Fall.
Reinhard
0:55:16–0:55:21
Gemeine, die Hinterlistige. Und die Ältere tut uns doch leid.
Florian Clauß
0:55:21–0:55:25
Ja, man hat eben, man fühlt schon mit ihr so mehr oder weniger,
0:55:25–0:55:28
aber gleichzeitig denkt man ja auch, okay.
0:55:28–0:55:33
Also ich meine, so richtig identifizieren tut man sich dann doch nicht mit ihr.
0:55:33–0:55:37
Weil sie hat das ja in die Wege geleitet und sie ist ja so selbst gemacht.
0:55:39–0:55:45
Also dieser Ageism, was er auf der einen Seite anprangert, aber auf der anderen Seite auch ausstellt.
0:55:45–0:55:48
Das meine ich halt so mit dem. Das könnte man dem Film nachsagen.
Reinhard
0:55:49–0:55:51
Ich finde, das kann man dem Film durchaus anlassen.
0:55:53–0:55:56
Er stellt schon sehr diese Ästhetik aus.
0:55:57–0:56:01
Die Inszenierung weidet sich ja an den nackten Frauenkörpern auch.
0:56:02–0:56:07
Wir sehen ganz viele Brüste unter der Dusche. und eigentlich steht,
0:56:07–0:56:11
dass der Botschaft des Films, wenn der Film dann eine Botschaft hat oder haben
0:56:11–0:56:14
möchte, finde ich schon im Wege.
Florian Clauß
0:56:14–0:56:19
Ja, genau, wenn man dann sagt, das könnte die feministische Kritik sein,
0:56:19–0:56:22
aber ich glaube, das will der Film gar nicht so.
0:56:22–0:56:25
Ich glaube, es geht wirklich so um diesen Film, was wir am Anfang gesagt haben.
0:56:26–0:56:32
Der Film will einfach so ein Hochglanzplakat oder Format sein und diese Bilder
0:56:32–0:56:37
halt so schrill wie möglich und die Figuren so stereotypisch wie möglich darstellen.
0:56:37–0:56:42
Und dann auch das Ende funktioniert auch so in diesem totalen...
0:56:43–0:56:48
Ich sage mal, in dieser totalen Eskalation auf der Bühne.
0:56:48–0:56:53
Also ich glaube, der schärft alles auf diese Situation und bleibt dann irgendwie
0:56:53–0:56:57
ein bisschen flach, aber schafft Bilder, die einfach hängen bleiben.
Reinhard
0:56:57–0:57:02
Mich in dem Zusammenhang wirklich wundert, dass der Film in Cannes ausgerechnet
0:57:02–0:57:04
den Drehbuchpreis bekommen hat.
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Weil ich finde, die Story ist eigentlich wirklich ziemlich schlack und nicht sehr tiefgründig.
0:57:13–0:57:18
Das Besondere oder das Gute an dem Film sind die fantastische Ausstattung die
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Darsteller und der Soundtrack und einige von diesen visuellen Effekten,
0:57:25–0:57:30
die wir da sehen aber dem Film ausgerechnet einen Preis für das Drehbuch zu
0:57:30–0:57:33
geben, das finde ich fragt so Ja.
Florian Clauß
0:57:33–0:57:38
Vielleicht, ich kann mir das nur so erklären weil ja Fargo auch das Drehbuch
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geschrieben hat und Regie geführt hat und vielleicht ist das jetzt so ein kleiner
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Regiepreis gewesen und so durch die Hintertür des Drehbuchs, um dann...
Reinhard
0:57:47–0:57:48
Verdacht, genau.
Micz Flor
0:57:50–0:57:53
Ich wollte noch eine Sache sagen, du hast gerade so ein bisschen nachgedacht,
0:57:53–0:57:56
weil wir vorhin angesprochen haben, diese Wer-spricht-über-wen-Sache,
0:57:57–0:58:00
und ich dann gedacht habe, was wäre denn jetzt so ein Film, wo es um Männlichkeit
0:58:00–0:58:07
geht und was irgendwie so ein Männer, also wo man dann den besprechen könnte.
0:58:07–0:58:11
Das Einzige, was mir eingefallen ist, war dann Iron Man, Diese Iron Man Episode,
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wo seine Batterie nur noch auf 80 Prozent hochgeht oder so, wo er dann noch
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einmal quasi Analogie zu Potenzstörungen hat mit seinem...
0:58:22–0:58:25
Iron Man. Kennt ihr den Film?
Florian Clauß
0:58:26–0:58:29
Iron Man. Du meinst schon mit dem Superheldenfilm?
Micz Flor
0:58:30–0:58:30
Superheldenfilm.
Florian Clauß
0:58:30–0:58:34
Ich weiß nicht, ich habe den nur ganz hochstückhaft.
Micz Flor
0:58:34–0:58:38
Da ging es wirklich um so ein Identitätsproblem von, ich habe vergessen,
0:58:38–0:58:45
wie der Actor oder die Rolle heißt, weil sein Suit, also er kriegt den nicht mehr auf 100 Prozent.
0:58:45–0:58:48
Und deshalb kann er diese ganzen Kämpfe nicht mehr machen. Also er ist nicht
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mehr so der wirkliche Held. Der muss irgendwie mit seinem Alter auch in gewisser
0:58:51–0:58:54
Weise eben mit Potenzstörungen irgendwie umgehen, lernen.
0:58:55–0:59:00
Und seine Assistentin Pepper oder wie sie heißt, die nimmt ihn dann nicht in den Arm.
0:59:01–0:59:04
Aber ich glaube, zum Schluss gibt es ihm so aus weiblicher Sicht einfach nochmal,
0:59:04–0:59:08
hey, du bist ein toller Mann. Und dann geht es irgendwie so ein Happy End zurück.
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Ich weiß gar nicht, ob er dann die Batterien noch austauschen kann oder nicht.
Florian Clauß
0:59:11–0:59:13
Aber das ist jetzt ein Beispiel für eine männliche Perspektive.
Micz Flor
0:59:13–0:59:16
Ja, wo ich gedacht habe, was gibt es denn überhaupt für Männerfilme?
Florian Clauß
0:59:17–0:59:20
Aber ich meine, das, was wir jetzt auch in der letzten Episode besprochen haben,
0:59:20–0:59:22
würde ich da ganz ranziehen.
0:59:22–0:59:29
Nämlich der von Titan, der Ältere, der dann quasi den, der Feuerwehrhauptmann,
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der sie dann aufnimmt oder den Sohn dann wiederfindet.
0:59:33–0:59:36
Oder The Wrestler wäre auch so ein Ding. Da haben wir ja auch in der letzten Episode.
0:59:36–0:59:39
Aber da gibt es, glaube ich, viele, die dann halt so diese, ja,
0:59:39–0:59:45
aber letztendlich ist es dann auch wieder so die Frage, wie kommt man jetzt so, ich sag mal so,
0:59:48–0:59:53
der Ökonomie oder der Logik des Marktes, wie kann man sich denn da wieder so
0:59:53–0:59:56
einfinden als jemanden, der aussortiert ist.
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Das ist ja so, dass auf der einen Seite gibt es natürlich Möglichkeiten irgendwo
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anders dann seine Lebenserfüllung zu finden.
1:00:05–1:00:10
Aber der Marktdruck ist dann so stark, dass es eben zu solchen Mitteln gegriffen
1:00:10–1:00:12
wird, dass man sich so verjüngt.
1:00:13–1:00:15
Und das ist glaube ich so der,
1:00:16–1:00:20
einen Kritikpunkt, den man dem Film so nachsagen kann. Obwohl ich das auch zu
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platt finde. Also das hatten wir ja gerade.
Reinhard
1:00:23–1:00:28
Interessant ist ja auch, dass man die Hauptrolle mit Demi Moore besetzt hat.
1:00:28–1:00:33
Demi Moore ist 62 gewesen, glaube ich, als das dann gedreht wurde oder als er rauskam.
1:00:33–1:00:35
Sie fehlt eine 50-Jährige.
1:00:35–1:00:41
Und wir wissen, dass Demi Moore also schon eine ganze Reihe an Schönheits-OPs hinter sich hat.
1:00:41–1:00:47
Also, wer kann man sich jetzt fragen? Also reflektiert sie in dieser Geschichte
1:00:47–1:00:52
oder hat sie diese Rolle angenommen, weil sie über ihre eigenen Probleme mit
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ihrem Aussehen reflektieren wollte, öffentlich?
1:00:56–1:01:00
Oder hat sie einfach diese Rolle angenommen, weil es einfach eine tolle Gelegenheit
1:01:00–1:01:04
war, mit 62 nochmal groß rauszukommen?
Florian Clauß
1:01:05–1:01:08
Ja, du hast natürlich diese Meta-Ebene auch in diesem Film mit drin,
1:01:08–1:01:13
weil sie ist auch das Sexsymbol der 90er Jahre gewesen, Demi Moore.
1:01:14–1:01:20
Und ist jetzt in dieser Position dann halt in der Filmwirtschaft diese Position,
1:01:20–1:01:23
also diese Rolle nicht mehr spielen zu können.
1:01:23–1:01:29
Also hast du da auch dieses, natürlich irgendwo auch in der Marktökonomie von Hollywood.
1:01:29–1:01:34
Damit implementiert. Das kann man auch so sehen.
Micz Flor
1:01:35–1:01:41
Es fällt mir gerade ein, der Memur war ja auch die Böse in diesem Film, Kinofilm von Charlies,
1:01:43–1:01:48
Drei Engel für Charlie. Und da war sie dann, glaube ich, über 40 und Cameron
1:01:48–1:01:54
Diaz, die eine der drei Engel war, die hat dann gesagt, dass sie unfassbaren
1:01:54–1:01:58
Respekt hat, dass der Memur das gemacht hat und wie toll sie doch sei.
1:01:58–1:02:01
Und eine Frau über 40 könnte doch eigentlich, würde doch eigentlich in Hollywood
1:02:01–1:02:03
gar nicht mehr gecastet werden und Hut ab und so.
1:02:04–1:02:09
Also damals war es implizit auch schon Thema, dass sie dann...
Florian Clauß
1:02:09–1:02:15
Ja, ich meine, wenn so sich dann eine Schauspielerkollegin äußert,
1:02:15–1:02:17
dann muss man auch hellhörig werden.
Reinhard
1:02:18–1:02:22
Also ich glaube aber, obwohl Chris jetzt vielleicht wieder widersprechen würde,
1:02:22–1:02:25
aber ich glaube, man muss auch nochmal einen Unterschied machen,
1:02:25–1:02:29
wirklich zwischen dem amerikanischen Markt und dem europäischen Markt.
1:02:29–1:02:36
Ich glaube, in Europa erlebe ich das eigentlich nicht so, dass ältere Schauspielerinnen
1:02:36–1:02:37
komplett aussortiert werden.
1:02:39–1:02:40
Oder Moderatorinnen.
Florian Clauß
1:02:41–1:02:46
Ich glaube, ja, ich glaube, das ist tatsächlich auch, was uns diese ganze Welle
1:02:46–1:02:49
an, ich sag mal so, Gleichstellung gebracht hat.
1:02:50–1:02:54
Dass da auch so eine Sensibilität sich auch im Showbusiness entwickelt hat,
1:02:55–1:02:57
da jetzt eben nicht so auszuselektieren.
1:02:57–1:03:01
Ich meine, es ist noch immer nicht so, dass Frauen da so gleichgestellt sind
1:03:01–1:03:06
in der Form, aber man hat so zumindest so, dass eben, wie du sagst,
1:03:06–1:03:09
das Beispiel mit Moderatorinnen, die dann halt auch noch weiter ihre,
1:03:09–1:03:12
also es ist nicht mehr so wie in den 90ern, sag ich mal.
Reinhard
1:03:13–1:03:19
Was sich eigentlich auch damit zu tun hat, dass die Entscheider jetzt auch viel
1:03:19–1:03:21
öfter Frauen drin tatsächlich ist.
1:03:21–1:03:25
Also in der deutschen, ich glaube auch in der ganzen gesamten Rotation-Medienbranche.
Florian Clauß
1:03:25–1:03:29
Ja, also da kann man sich nur wünschen, dass sich diese Marktdurchdringung auch
1:03:29–1:03:33
so konsistent bleibt. So, wir sind jetzt hier an der Fähre.
Micz Flor
1:03:33–1:03:39
Wir sind jetzt hier in Leipzig. Wo ist die Fähre? Gefühlt, wir sind ewig unterwegs schon.
Florian Clauß
1:03:39–1:03:45
Ja, ja, jetzt ist auch das Ende von, das Ende von, nee, nee,
1:03:46–1:03:48
wir sind noch nicht am Ende, aber ich wollte jetzt nur sagen,
1:03:48–1:03:52
das Ende von dem Weg, wir können jetzt hier auf den, da gibt es diesen Europa.
Reinhard
1:03:52–1:03:53
Richtig schön dunkel.
Florian Clauß
1:03:53–1:03:56
Aber wir haben eine Taschenlampe, wir haben eine Taschenlampe.
Reinhard
1:03:57–1:04:00
Wir brauchen noch eine Ersatzlampe, falls da die Patasien angewandt wird.
Florian Clauß
1:04:01–1:04:08
Sehr gut. Also ich möchte jetzt nochmal dieses Lacan aktivieren.
1:04:08–1:04:10
Wir hatten das schon mehrfach gemacht.
1:04:10–1:04:14
Mitch hat das ja schon bei SodaWork ausgepackt.
1:04:15–1:04:22
Chris und ich hatten LaCore die drei Register auf Nosferatu angewandt.
1:04:22–1:04:27
Ich wollte noch mal ganz kurz so einen kleinen Recap machen.
1:04:28–1:04:32
Es funktioniert einfach so gut, dass es schon wieder zu platt ist, aber trotzdem.
Micz Flor
1:04:32–1:04:37
Ja gut, du musst aber auch überlegen, ob nicht andersrum anhand von solchen
1:04:37–1:04:44
psychodynamischen Theorien manchmal Stoffe auch entwickelt werden.
Florian Clauß
1:04:45–1:04:52
Ja, das denke ich tatsächlich. Bei diesem Stoff gibt es so, dass die Regisseurin sich da auch...
1:04:53–1:04:57
Hingesetzt und alles kennt, diese ganzen Theorien und da eine Stoffentwicklung
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gemacht hat. Also das bedingt sich auf jeden Fall.
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Also wir haben bei Lacan die, ich habe es gerade schon erwähnt, die drei Register.
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Das ist auf der einen Seite das Imaginäre, also die Welt der Bilder,
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die Welt der Identifikation, so das, was dann im Prinzip auch das,
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was man gerne sein möchte.
1:05:21–1:05:25
Also das, was auch teilweise nicht erreichbar ist, die Ideale.
1:05:25–1:05:28
Dann haben wir die symbolische Ordnung.
1:05:28–1:05:34
Das wird dann ausgeprägt durch Gesetze, Verträge und so weiter.
1:05:34–1:05:40
Und vor allen Dingen durch die Symmiotik, also das heißt Signifikantenketten.
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Das ist die symbolische Ordnung.
1:05:43–1:05:48
Und wir haben das Reale. Das Reale hatten wir dann bei Nosferatu,
1:05:48–1:05:54
das ist diese Figur, die dann der Orlok darstellt.
1:05:54–1:05:58
Also das, was sich in keiner Ordnung irgendwie einordnen lässt,
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was dann als das Abwesende, als das Ausgestoßene dann in die Welt kommt und
1:06:07–1:06:11
meistens auch überhaupt nicht irgendwo erfassbar werden kann durch irgendwie
1:06:11–1:06:13
eine Ordnung oder durch was,
1:06:14–1:06:16
also meistens der Tod.
1:06:17–1:06:20
Also was im jenseitigen Bereich dann irgendwo angesiedelt ist.
1:06:21–1:06:27
Und in diesem ganzen Kraftverhältnis gibt es aber auch immer wieder das Begehren.
1:06:27–1:06:33
Das Begehren, das, was wir bei Nosferatu, bei Ella festgestellt haben,
1:06:33–1:06:38
dass sie das Begehren, sexuell begehren, diese Vereinigung mit Orlok,
1:06:38–1:06:43
also was eigentlich total irrational ist, Aber was dann eben immer passiert,
1:06:43–1:06:51
zu einem Untergang führen kann. Das ist das sogenannte Objekt klein a,
1:06:51–1:06:56
das Unerreichbare, was ich in meinem Begehren nie richtig dann fassen erlangen kann.
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Und das ist jetzt mal so ganz grob gesprochen, in diesen Registern bewegt sich die Geschichte.
1:07:05–1:07:11
Wenn wir das dann eben auf The Substance anwenden wollen, haben wir ja ganz
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klar, die symbolische Ordnung ist quasi die Gebrauchsanweisung des Substance in Großbuchstaben.
1:07:20–1:07:26
Da steht ja drauf, du darfst nur das in dieser Form anwenden,
1:07:27–1:07:31
nur einmal alle sieben Tage und so weiter. Das ist die symbolische Ordnung.
1:07:31–1:07:35
Das Begehren ist eigentlich auch relativ klar.
1:07:35–1:07:38
Das Begehren entsteht in dem Moment, wenn eben,
1:07:39–1:07:46
Elisabeth vertrieben wird aus dem Reich des Showbusiness und sie begehrt eben,
1:07:47–1:07:48
da wieder teilzunehmen.
1:07:48–1:07:52
Aber das Begehren ist halt so, dass es nicht erreicht werden kann in dem Moment,
1:07:53–1:07:54
wenn Sue als Person entsteht.
1:07:55–1:08:00
Sue ist eben auch gekoppelt an die symbolische Ordnung und sie wird das nie
1:08:00–1:08:05
erfüllen können, weil sie immer wieder diese Regeln einhalten muss.
1:08:06–1:08:13
Und weil sie eben zu sehr begehrt, zu sehr Objekt klein a, nämlich diesen alle,
1:08:14–1:08:17
was war auf dem Blumenstrauß, Rosen?
1:08:18–1:08:22
They will all love you. Genau, das ist ja ihr Begehren. Sie werden dich alle lieben.
1:08:23–1:08:26
Weil das nie erreicht werden kann, weil sie immer wieder in diese Ordnung gezwungen wird.
1:08:27–1:08:31
Dann an diesem Punkt bricht das Reale durch.
1:08:31–1:08:37
Und das Reale kommt dann in Form des Blobs, was dann alle infiziert und was
1:08:37–1:08:46
dann eben das Unsagbare, das Nichtvorstellbare dann ausdrückt auf einmal, auf die Welt kommt.
1:08:46–1:08:52
Und das in keiner Ordnung irgendwie einpassbar ist und damit halt auch den Untergang bedeutet.
1:08:53–1:08:56
Das ist jetzt mal so ein ganz kurzer Crashkurs.
1:08:59–1:09:04
Aber was denkt ihr darüber? Kann man so sagen. Das lässt sich doch gut anwenden.
Reinhard
1:09:04–1:09:10
Ich würde doch bezweifeln, dass die Regisseurin beim Drehbuchschreiben sich
1:09:10–1:09:13
mit der Theorie auseinandergesetzt hat.
1:09:13–1:09:18
Das erscheint mir unrealistisch. Aber gut, es mag sein.
Micz Flor
1:09:19–1:09:24
Ja, das Reale ist, glaube ich, also da weiß ich nicht genau,
1:09:24–1:09:29
ob ich das dann in diesem Blob ansiedeln würde, weil es ist ja schon so,
1:09:30–1:09:34
da hast du recht, dass das was nicht, also man würde ja zuerst denken,
1:09:34–1:09:38
das Bildliche, dann das Symbolische und das Reale, wie es eigentlich wirklich
1:09:38–1:09:43
ist, um auch bei unserem Folgentitel zu bleiben, eigentlich nicht Folgen, Brandtitel.
1:09:45–1:09:49
Aber das Reale ist natürlich wirklich nicht sehbar.
1:09:49–1:09:55
Das heißt, der Blob wäre dann auch nur ein Schatten quasi des Realen,
1:09:55–1:09:57
weil das Reale ist nicht greifbar.
1:09:57–1:10:01
Und das ist ja das, was wir bei Solaris auch hatten. Im Endeffekt ist alles
1:10:01–1:10:04
nur ein Abkömmling von etwas, das es eigentlich nicht gibt.
1:10:04–1:10:07
Also so, als ob sich das in drei Dimensionen vor uns zeigen muss,
1:10:07–1:10:09
aber wir können es eigentlich nicht wirklich begreifen.
1:10:09–1:10:11
Und deshalb würde ich sagen, dass dieser Blob.
1:10:16–1:10:24
Ja, der Blob ist das Ergebnis des Versuchs, das Begehren zu zwingen,
1:10:25–1:10:27
das Objekt klein a zu berühren.
1:10:28–1:10:31
Und das kann nicht gehen. Das ist so die Sache drin.
1:10:31–1:10:36
Das Objekt a ist bei Lacord, das verschiebt sich auch immer.
1:10:36–1:10:40
Und wir haben diese eine Szene eben mit diesem Mann, der jetzt einfach der Mann
1:10:40–1:10:44
von der Frau werden könnte. und die Frau könnte dann die Frau von dem Mann sein.
1:10:44–1:10:47
Und das wäre doch ganz einfach. Und dann hätte alles in eine andere Richtung gehen können.
1:10:47–1:10:51
Aber das Objekt A, dieses Begehren, wird da nicht gestillt.
1:10:51–1:10:54
Es ist eher im Weg. Dieser Typ ist im Weg. Ich habe andere Pläne.
1:10:55–1:10:57
Das ist ganz wichtig. Objekt A ist so ein bisschen...
1:10:58–1:11:03
Die Karotte, die der Esel nie erreichen kann und deshalb immer weitergeht.
1:11:04–1:11:09
Und das Objekt A verschiebt sich dann auch. Wenn man dann ein Begehren erfüllt
1:11:09–1:11:13
und so tut, als sei das Begehren ein Wunsch, aber es ist eben kein Wunsch,
1:11:14–1:11:19
dann kriegt man etwas, was angeblich das Begehren, wenn man es als Wunsch betrachtet, erfüllt hätte.
1:11:20–1:11:23
Und dann geht es aber in eine andere Richtung. Das ist vielleicht der Blob.
1:11:24–1:11:27
Dann kommt irgendwie, auf der anderen Seite fehlt etwas, da muss da wieder was rauswachsen.
Florian Clauß
1:11:27–1:11:31
Ja, so ein bisschen wie das Wört. Aber darf ich da noch, weil genau das,
1:11:31–1:11:36
da bin ich auch so ein bisschen dran kleben geblieben, dass ich den Blob dann
1:11:36–1:11:40
nicht so richtig als das Reale einlösen kann, weil das Reale ist,
1:11:40–1:11:45
was sie nicht darstellen lässt, was einfach nicht anwesend ist.
1:11:45–1:11:53
Und ich glaube, da kommt eben auch eine Theorie rein, die durchaus die Regisseurin gelesen haben könnte.
1:11:53–1:12:01
Nämlich, das ist auch von der, ich muss jetzt auch nochmal gucken, die heißt Christeva.
1:12:01–1:12:07
Die hat in den 1980, hat die einen Aufsatz geschrieben oder ein Buch, Power of Horror.
1:12:08–1:12:12
Und da hat sie den Begriff, der, und das hast du vorhin schon erwähnt,
1:12:12–1:12:14
ich habe mich darüber gefreut, dass du das erwähnt hast. Achtung gerade.
1:12:16–1:12:20
Die hat den Begriff der Abjektion eingeführt.
1:12:21–1:12:27
Und die Abjektion ist im Prinzip, wenn man das jetzt mal so auf der freudianischen
1:12:27–1:12:33
Ebene so passifizieren will, heißt es, das Ich hat ein Objekt,
1:12:33–1:12:35
das Über-Ich hat das Abjekt.
1:12:35–1:12:44
Also das Objekt ist im Prinzip ein Sublimat, was diese ganze moralische Ordnung, also das Symbolische,
1:12:44–1:12:51
so antreibt, was eben das Objekt ist.
1:12:52–1:12:56
Da für das Ich ist, ist dann in dieser symbolischen Ordnung das Abjekt,
1:12:56–1:13:01
das bedeutet das Ausgestoßene, was aber gleichzeitig nicht wegzudenken ist.
1:13:02–1:13:10
Und das wird dann so verglichen wie in der Gesellschaft halt diese Prostitution
1:13:10–1:13:16
oder sowas, was dann halt nicht gesellschaftsfähig ist, aber gleichzeitig da ist.
1:13:16–1:13:22
Und so würde ich dann diesen Blob interpretieren, dass er im Prinzip ein Abjekt ist.
1:13:22–1:13:26
Ja, es ist keine richtige Person mehr, es ist kein Individuum,
1:13:26–1:13:30
es ist auch kein Dividium, sondern es ist einfach nur eine Masse,
1:13:30–1:13:36
was aber auch so durch alle möglichen Sachen geht. Also es ist nicht mehr so.
1:13:36–1:13:43
Und da finde ich dieses Abjektion ganz hilfreich in diesem Zusammenhang,
1:13:43–1:13:47
weil es dann halt quasi mit dem Realen, also das ist genau das,
1:13:47–1:13:51
was in der Spalte zwischen realen und symbolischer Ordnung dann rausquillt.
1:13:51–1:13:57
Es ist so ein bisschen wie das Word, wo dann halt, also ich referenziere gerade
1:13:57–1:14:00
auf Jeff Noon, Word, ein Science-Fiction-Autor.
1:14:01–1:14:12
Wo das Word ist auch so eine Parallelwelt, eine Welt, die nicht auf der Erde
1:14:12–1:14:14
passiert und wo man dann durch Federn,
1:14:15–1:14:18
also indem man an Federn leckt oder einen Mund steckt, dann hinkommt.
1:14:18–1:14:22
Und die Regel ist, man darf nichts aus dem Wirt mitnehmen.
1:14:22–1:14:26
Und dann wird aber doch irgendwas aus dem Wirt mitgenommen und dann passiert
1:14:26–1:14:27
was, ich kriege es nicht mehr ganz zusammen.
1:14:28–1:14:30
Aber das ist, finde ich, auch so eine Art von Abjektion, die da passiert.
Micz Flor
1:14:33–1:14:37
Ja, das ist spannend, weil das wollte ich bei Together wirklich auch aufgreifen.
1:14:37–1:14:40
Genau, Chris Thewa, die...
1:14:42–1:14:47
Dieses Konzeptsobjekt gibt es auf zwei Ebenen. Also mit dem Über-Ich,
1:14:47–1:14:48
das ist dann das Soziale.
1:14:49–1:14:52
Da gibt es dann gesellschaftliche Themen, wo Dinge ausgeschlossen werden,
1:14:52–1:14:54
die also Grenzthemen sind.
1:14:54–1:14:57
Und das gibt es aber eben auch für Body-Horror wirklich auf dem körperlichen,
1:14:57–1:14:58
auf der körperlichen Ebene.
1:14:59–1:15:03
Und da finde ich, deshalb habe ich das vorhin erwähnt, da finde ich den Finger,
1:15:03–1:15:09
diesen Ekelfinger, den sie da so sieht, der ist ja so, das ist eigentlich der
1:15:09–1:15:11
Body-Horror des Objekts.
1:15:11–1:15:16
So, das Objekt geht immer um Grenzen, um Sachen, die vom Körper abgestoßen werden.
1:15:16–1:15:22
Und es geht aber gleichzeitig eben immer auch um eine Herstellung eines Integeren Selbst.
1:15:22–1:15:25
Sei es jetzt auf einer sozialen Ebene, zum Beispiel Prostitution.
1:15:27–1:15:30
Das ist dann auch so ein Schopenhauer-Thema, der sich dann immer aufgeregt hat
1:15:30–1:15:36
über die Leute, die halt irgendwie tagsüber dann die Administration der Stadt
1:15:36–1:15:41
übernehmen und alle so klug tun und Kant gelesen haben und dann aber nachts Huren und Saufen gehen.
1:15:42–1:15:48
Und das sind diese Grenzbereiche, die notwendigerweise verdrängt werden müssen,
1:15:48–1:15:50
um die eigene Identität zu wahren.
1:15:51–1:15:55
Die aber gleichzeitig doch auch Teil von einem sind.
1:15:55–1:16:00
Und was wichtig ist, ist da, weil du vorhin diese Signifikant-Signifikat angesprochen
1:16:00–1:16:03
hast, wenn wir jetzt auf den Body-Horror gehen,
1:16:03–1:16:07
dann ist der Eiter, ja, oder das, ich finde die, ich muss sagen,
1:16:07–1:16:11
diese Schlussszene mit dem Blob, ich finde, der Film ist für mich da total zusammengefallen.
1:16:11–1:16:15
Das war für mich eher ein Soufflé, wo die Luft rausgeht.
1:16:15–1:16:19
Und deshalb kann ich das nicht aufladen mit irgendwas, wo ich denke,
1:16:20–1:16:26
Aber diese Idee von Eiter oder sowas, weißt du, was halt dem Körper,
1:16:27–1:16:32
also eine Grenze darstellt, zu viel davon ist tödlich.
1:16:32–1:16:38
Aber es geht nicht darum, dass der Eiter eindeutigerweise auf den toten Körper verweist.
1:16:38–1:16:41
Es geht immer darum, dass es so Dinge gibt.
Florian Clauß
1:16:41–1:16:43
Die dann abgelöst sind.
Micz Flor
1:16:43–1:16:46
Ja, Ekel. Du hast es ja ganz am Anfang erwähnt. Das war bestimmt auch im Zusammenhang
1:16:46–1:16:49
mit Christeva, dass du da auf einmal diese Tür geöffnet hast.
1:16:49–1:16:59
Es geht um die Dinge, die uns ekeln, weil sie uns... Ich habe ein tolles Beispiel dafür.
1:17:00–1:17:05
Estelle Blaschka, eine Medienwissenschaftlerin, die gerade in Basel unterrichtet,
1:17:06–1:17:11
die hat mal als ein wörtliches, also ein privates Zitat,
1:17:11–1:17:15
da hatte ich mal erzählt, beim Spazierengehen, sie wäre gerade Mutter geworden,
1:17:15–1:17:17
von so einem Experiment,
1:17:18–1:17:22
was ich gerade gelesen hatte, was ich spannend fand, wo die Leute auf einen
1:17:22–1:17:29
medizinisch sauberen Löffel ihre eigene Spucke drauf gespuckt haben und gebeten
1:17:29–1:17:31
wurden, sofort die jetzt wieder in den Mund zu tun.
1:17:32–1:17:35
Aber sobald sie den Körper verlassen hatte und vorhin auf dem Löffel war,
1:17:35–1:17:40
die war völlig steril und alles wie vorher, war es eklig, das wieder in den Mund zu tun.
1:17:41–1:17:44
Und das ist so, finde ich, ein ganz gutes, da kann sich jeder mit verbinden,
1:17:44–1:17:45
mit diesem Objekthaften.
1:17:47–1:17:52
Und Estelle hatte geantwortet, ich weiß noch, als der Thibaut draußen war,
1:17:53–1:17:55
konnte ich mir schon nicht mehr vorstellen, wie er in mir war.
1:17:55–1:18:01
Ja, also dieses, das finde ich, ist dann so fast schon ein Body-Horror-Thema,
1:18:01–1:18:09
aber das ist, finde ich, für mich so das Bild vom Objekt, dass ein Teil von
1:18:09–1:18:14
uns auf einmal sofort was so anderes ist, dass die Aufnahmen dieses Teils von uns in uns,
1:18:15–1:18:16
uns ekelt.
Reinhard
1:18:16–1:18:20
Das ist, denke ich, aber auch ein alter biologischer Überlebensreflex.
1:18:21–1:18:25
Was einmal unsere Körper verlassen hat, nicht noch einmal aufzunehmen,
1:18:25–1:18:28
könnte dann inzwischen giftig geworden sein.
Florian Clauß
1:18:28–1:18:31
Ja, aber es wird dann auch tabuisiert.
1:18:32–1:18:37
Und wenn es tabuisiert wird, dann wird es auch weggeschlossen und damit wird
1:18:37–1:18:40
vielleicht auch der Zusammenhang eben verloren.
1:18:41–1:18:47
Der aber wichtig ist, um halt die gesellschaftliche, also das Normale dann wieder zu behaupten.
1:18:47–1:18:51
Und das ist vielleicht auch dann, wenn das zu sehr weggesperrt wird,
1:18:53–1:18:58
das Objektive, das gehört ja zur Gesellschaft dazu, irgendwo.
1:18:59–1:19:05
Es wird auch in anderen Fällen davon beschrieben, dass in dem Moment,
1:19:05–1:19:08
wenn eben eine Person stirbt, dann ist es nicht mehr ein Subjekt,
1:19:09–1:19:14
Sondern die Leiche ist dann auch, die ist ja dann nicht mehr derjenige Mensch,
1:19:15–1:19:17
der es mal war, als er im Leben stand.
1:19:18–1:19:25
Ja, da ist ja genau dieses, was sich da auch das Objekte dann auch hervortut an der Stelle.
1:19:25–1:19:30
Das wird auch immer so in den Texten von Christopher dann beschrieben.
Micz Flor
1:19:30–1:19:34
Ja, ich finde es auch immer schwierig mit den Toten, weil es halt so ein Zombie-Thema
1:19:34–1:19:38
auch. so ein Zombie, der an einem Arm rumkaut und so.
1:19:38–1:19:43
Das sind so Bilder, die eben, also man merkt bei diesem Bild,
1:19:43–1:19:46
finde ich, bei Zombies kann man sich so ein bisschen vorstellen,
1:19:46–1:19:50
wie man da den Vorhang so ein bisschen aufkriegt, um aufs Reale zu gucken.
1:19:51–1:19:54
Also so ein bisschen, ich finde, das beste Wort am...
1:19:55–1:20:01
Menschlichen Körper, was einen Blick aufs Reale zulässt, ist der Begriff der
1:20:01–1:20:02
Knochenhaut. Kennt ihr den?
1:20:03–1:20:08
Also irgendwie sowas, was man eigentlich noch erleben kann, aber irgendwie das
1:20:08–1:20:12
Gefühl hat, das ist auch nicht mehr Teil von mir, obwohl es dauernd in mir ist so.
Florian Clauß
1:20:12–1:20:16
Also darf ich da einschieben, dass ich jetzt eine Knochenhautentzündung hatte?
Micz Flor
1:20:17–1:20:18
Wirklich? Zufall?
Florian Clauß
1:20:19–1:20:23
Ich war auf der Wanderung, habe ich mir eine Knochenhautentzündung zugezogen.
Micz Flor
1:20:24–1:20:24
Oh Mann, nach dem Ja.
Florian Clauß
1:20:24–1:20:30
Aber es ist nicht so schlimm, wie es klingt. Es war nicht so schlimm wie der Mürbebruch.
1:20:30–1:20:33
Hast du die Substanz genommen? Genau, nein.
1:20:33–1:20:37
Ich habe mich mit irgendwelcher, mit einer Cremes eingecremt, ja.
Micz Flor
1:20:38–1:20:41
Aber das ist, finde ich, auch nochmal wichtig, Rainer, was du gesagt hast,
1:20:41–1:20:46
diese Brücke vom Biologischen dann eben ins, Anführungszeichen,
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Menschliche, dieser Sprung weg vom Instinkt hin zum Trieb, ja.
1:20:51–1:20:58
Also was ja dann auch bei Objekt A so ein Thema ist, beim Begehren diese Idee,
1:20:59–1:21:05
dass wir mit so etwas wie Ekel und dem Konzept des Objekts bis ins Über-Ich
1:21:05–1:21:07
gehen können, bis ins Kulturelle gehen können.
1:21:07–1:21:11
Das ist zum Beispiel bei uns, anders wahrscheinlich als in anderen Kulturen,
1:21:11–1:21:15
wenn du Kindern das erste Mal sagst, es gibt wirklich Pferdesalami,
1:21:16–1:21:19
dass die das nie essen werden. Also es ist einfach nicht möglich.
1:21:19–1:21:22
Oder der Film, Sie essen Hunde oder wie der hieß. Solche Titel,
1:21:23–1:21:27
das sind so Sachen, gerade beim Essen merkt man, wie das Objekthafte dann auch
1:21:27–1:21:30
auf so einer sozialen Ebene präsent ist.
1:21:31–1:21:35
Und das ist dann eben eine Leistung weg von, ess nicht deine Fäkalien,
1:21:35–1:21:44
trink nicht dein Urin, hin zu dem kulturellen oder auch eben diesem Konzept
1:21:44–1:21:45
von Unbewusst und Psychodynamik.
Florian Clauß
1:21:45–1:21:51
Ja, wollen wir, weil wir jetzt gerade schon so wieder den Bogen gespannt haben,
1:21:52–1:21:56
wollen wir vielleicht einen kurzen Cut machen und dann in Together einsteigen?
Micz Flor
1:21:56–1:21:58
Ja, wir klatschen mal, weil wir haben jetzt ja ein Mikro,
1:22:00–1:22:04
gejubelt und toll und wie toll das ist und ich war da zweimal und mir war immer
1:22:04–1:22:07
so unheimlich. Ich kann dir gar nicht genau sagen, warum.
Reinhard
1:22:07–1:22:13
Ich fand das doch unheimlich, als das Riesenrad noch stand und diese aufgelassenen Kirmeswagen.
1:22:13–1:22:15
Also das hatte so was Mobiles.
Micz Flor
1:22:16–1:22:17
Gibt es einen tollen Dokufilm?
Florian Clauß
1:22:18–1:22:22
Genau, daran habe ich auch gerade gedacht, an den Dokufilm. Hast du doch den Feature-Film?
1:22:23–1:22:27
Achterbahn, wo diese eigentlich im Prinzip über die Schausteller,
1:22:29–1:22:33
Familie, die dann halt diesen Winterwald betrieben hat, wo am Ende die Familie
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auseinandergebrochen ist, weil die dann irgendwie in den Wagen Koks geschmuggelt haben nach Chile.
1:22:40–1:22:44
Völlig absurde Geschichte, völlig absurd. Aber unbedingt gucken,
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Achterbahn heißt der, glaube ich.
1:22:46–1:22:49
Okay, so, jetzt zum zweiten Teil. Wir haben schon fast anderthalb Stunden.
1:22:50–1:22:56
Also Mitch und ich waren ja dann in Together zusammen, wo wir schon uns gedacht
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haben, wir sollten jetzt über Body Horror eine Episode machen.
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Und dann sind wir zusammen hingefahren und es war eines der wenigen Male,
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wo ich mit Mitch mit dem Fahrrad durch Berlin gefahren bin.
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Und ich habe mich total gefreut, weil ich sonst immer nicht mit Mitch mit dem Fahrrad war.
Micz Flor
1:23:13–1:23:15
Das war aber auch nicht mein Fahrrad, das war das Fahrrad meiner Frau.
Florian Clauß
1:23:15–1:23:19
Ja, und als wir dann aus dem Kino gekommen sind, dann war das Fahrrad leider weg.
1:23:20–1:23:26
Ja, das tat mir so leid für Mitch. Aber Mitch war, glaube ich,
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ganz froh, dass er mit der U-Bahn nach Hause war.
Micz Flor
1:23:28–1:23:30
Ja, I kept myself together.
Florian Clauß
1:23:32–1:23:33
Okay, und wir haben...
Micz Flor
1:23:33–1:23:35
I riced myself zusammen.
Florian Clauß
1:23:35–1:23:39
Wir haben dann Together geguckt und...
Micz Flor
1:23:39–1:23:42
Darum geht's jetzt. Ein Body-Horror-Film, so wird auch angepriesen,
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von Regisseur und Drehbuchautor Michael Shanks, der damit sein Debüt gegeben
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hat, also zumindest Regie-Debüt, weiß ich.
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In den Hauptrollen sind Dave Franco und Alison Brie, oder Brie,
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das weiß ich nicht, wie man es ausspricht, die auch im echten Leben verheiratet sind.
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Also es ist ein wahres Ehepaar und es geht auch,
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Viel irgendwie auf dem Hintergrund der Beziehung der beiden Charaktere.
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Die heißen Millie, das ist die Frau, und Tim.
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Im Film sind sie nicht verheiratet, da kommen wir gleich drauf.
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Der Film ist von 2025 und wurde im Sundance Film Festival im Januar vorgestellt.
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Und hat recht gute Bewertungen bekommen.
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Und wollen wir vorneweg unser Fazit legen oder wollen wir erst mal erzählen, was da so passiert?
Florian Clauß
1:24:39–1:24:42
Nö, lass uns ruhig erzählen, was passiert.
Micz Flor
1:24:42–1:24:47
Also, und versucht mal, die da draußen, die zuhören, versucht mal.
Reinhard
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Wir grob die Story haben, aber ich bin kein Freitag.
Micz Flor
1:24:52–1:24:56
Jetzt können die Leute ja mal gucken, ob sie schon zwischen den Zeilen rauslesen,
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ob ich den gut fand oder nicht.
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Das Ganze geht damit los, da ist ein Suchtrupp in so einem Wald und die laufen
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da so rum und finden aber scheinbar nichts und rufen, suchen scheinbar irgendwen
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und da sind auch Hunde dabei.
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Und zwei von diesen Hunden, die finden in so einem Loch, in so einer Hülle,
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lecken so Wasser auf und danach werden sie von einem so gesehen, wie sie auf einer Hülle.
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Es ist so eine Lichtung, es ist aber dunkel, eine Lichtung, da stehen die Hunde
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sich so gegenüber und gucken sich an, so ganz starr fixiert.
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Das ist auch im Trailer, wer sich die anschauen will.
1:25:35–1:25:40
Das finde ich auch, jetzt sage ich es doch schon, mit die besten Szene aus.
1:25:40–1:25:45
Weil du merkst, die stehen so da und die sind völlig unbeweglich,
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weil die nicht mehr klarkommen mit dem, was sie irgendwie so wollen.
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Das ist so das Gefühl, was sie ausstrahlt.
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Und dann bringt der eine vom Suchtrupp die Hunde dann später in den großen Hundezwinger, den er da hat.
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Und dann nachts auf einmal gibt es da so ein Gebell und ein Geheule und der
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geht dann da raus. Oder zuerst seine Tochter, ich weiß gar nicht mehr,
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schon länger her, dass ich es gesehen habe.
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Und dann sieht er dann da, dass diese beiden Hunde so wie zusammengemorft sind.
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Also verklebt sind zu so einem, fast komplett zu einem Hund,
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aber da stehen dann noch so ein paar Sachen raus. Also die haben dann nämlich
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zuerst auch sich gegenüber gesessen und später sind sie dann sehr eklig miteinander verbunden.
Florian Clauß
1:26:25–1:26:28
Verwachsen und Schnitt.
Micz Flor
1:26:28–1:26:31
Und jetzt wissen wir gar nicht, wie wir wieder an diese Szene rankommen,
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weil jetzt sind wir auf einmal irgendwo in einer Großstadt, in der Millie und
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Tim, die sind zusammen, feiern ihren Abschied mit ihren Freundinnen und Freunden.
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Millie hat eine Stelle angenommen als Lehrerin irgendwo auf dem Land.
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Das ist da, wo wir dann gleich nämlich wieder hinkommen. Und die feiern jetzt
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nochmal das Goodbye und dann reden sie so.
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Und der Freund zieht da mit raus und der sitzt dann so draußen auf dem Balkon
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mit so zwei anderen Jungs, die in der Band spielen.
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Er ist eigentlich auch Musiker und die meinen, wir brauchen Gitarristen.
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Und dann sagt der eine auch noch so, ich dachte, als du mit meiner Schwester,
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das ist die Millie, ausgegangen bist, dass du sie vielleicht ein bisschen cooler
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machst, aber jetzt bist du mehr wie sie geworden.
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Also eine komische Entwertung.
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Und der erfährt dann aber, dass die beiden Gitarristen suchen und der meint,
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ey scheiße, ich will das unbedingt machen, ich kann ja mit dem Zug immer rausfahren,
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so weit ist es ja gar nicht weg und so, komm, lass uns die Tour machen,
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weil der möchte als Musiker auch berühmt werden, Erfolg haben.
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Millie macht dann die nimmt alles in die Hand macht dann ihm einen Heiratsantrag
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vor versammelter Mannschaft und er.
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Kann damit gar nicht umgehen und
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Flo erinnerst du dich auch es war eher so dass er Nein gesagt
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hat unter dem sozialen Druck dann aber irgendwie so Jein gesagt hat
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aber es war irgendwie dann ganz fürchterlich und alle haben sich gegenseitig
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angeguckt mit diesem Augenrollen und es war alles sehr städtisch und urban und
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oh my god ja und dann sind sie trotzdem halt dann ziehen sie um gehen da aufs land und.
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Kriegen dann auch ein Haus. Sie fängt an der Schule an und da ist noch so ein anderer Lehrer.
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Der ist quasi so aufgeschlossen und nett und cooler Typ.
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Und man merkt auch schon, dass der so ein bisschen inszeniert ist.
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Da könnte was laufen, so wenn sie Single wäre.
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Und die beiden machen dann, also Tim und Millie, nicht der Lehrer,
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den wir da aber schon kennengelernt haben, die machen dann eine Wanderung.
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Die wandern dann so durch den Wald und dann finden sie aber irgendwann den Weg
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zurück nicht mehr. Es fängt an zu regnen, es ist schlammig, sie rutschen dann
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ab und dann fallen sie durch so ein großes Loch, an dem so auch so eine Glocke
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hängt und müssen übernachten in so einer Höhle.
Florian Clauß
1:28:52–1:28:55
Darf ich nur mal ganz kurz einschieben, weil das glaube ich auch wichtig ist
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für den ganzen Plot des Films, dass die sich dann immer so aufgrund von diesem
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verpatzten Heiratsantrag,
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dass die sich dann auch immer so ein bisschen in ihrer Pärchensituation versuchen
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wiederzufinden und sehr und gleichzeitig sich dann so,
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also sie suchen dann in dem anderen dann tatsächlich so, versuchen das einzulösen,
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aber so richtig ganz geht das nicht auf.
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Also man hat immer das Gefühl, es wird so leicht daneben geschossen.
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Also das würde ich nochmal so als Gefühl mit reinbringen.
Micz Flor
1:29:33–1:29:36
Ja, das passiert dann oft, das stimmt.
1:29:36–1:29:40
Und dann ist es in dieser Höhle so, da wollen sie wandern gehen,
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auch um mal was gemeinsam zu machen und so, weil er hat jetzt da nichts zu tun,
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er macht so ein bisschen Musik am Laptop, sie ist halt in der Schule und auch
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froh, dass sie diesen Job hat und freut sich endlich auch einen Sinn in ihrem
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Leben zu haben und Kindern, eine tolle Lehrerin zu sein.
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Und sie wandern dann zusammen, rutschen ab, fallen in dieses Loch,
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dann liegen sie da unten.
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Er trinkt dann auch aus dem Wasser, wo wir vorher gesehen haben,
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dass die Hunde draus trinken, sie nicht.
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Sie finden das komisch und dann pennen die und als sie aufwachen,
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sind sie am Unterschenkel sowieso aneinander festgeklebt.
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Das zieht dann so, die müssen dann so ein bisschen schmerzhaft auch.
1:30:15–1:30:20
Und das ist dann so ein bisschen wie so eine rohe Haut, so ein bisschen Flüssigkeit da.
Florian Clauß
1:30:20–1:30:21
Ein bisschen verwachsen.
Micz Flor
1:30:21–1:30:31
Ein bisschen zusammengewachsen waren die. Und dann gehen sie zurück und dann
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waren da so kleine Glöckchen, die hingen da im Wald rum und dann fängt er an zu suchen.
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Im Internet findet dann auch irgendwas mit diesen Glöckchen oder so und findet dann.
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Und dann kommen wir auf diesen Suchdruck, dass zwei denen sehr ähnliche,
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auch eine Facebook-Seite mit Fotos, zwei junge Menschen, Pärchen,
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die sind da wandern gegangen und sind verschollen und wurden nicht wieder gefunden.
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Und da kam dann eben dieser Suchtrupp und hat die dann irgendwie gesucht.
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Und das wird aber alles nicht so richtig, ist nicht so richtig erschließbar,
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was da so dahinter steht.
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Und da kommen so eine Reihe von Dingen, da beschleunige ich jetzt auch,
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weil ich glaube, es gibt so ein paar schöne Szenen da,
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also so in Anführungszeichen Body-Horror-Szenen, aber von der Geschichte her
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ist es dann relativ einfach.
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Also zuerst ist es so, dass er hat dieses Wasser getrunken, sie noch nicht.
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Das heißt, sie fährt dann irgendwie in die Stadt oder irgendwo hin und er ist dann beim Duschen.
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Und während sie eine Kurve macht mit dem Auto, fängt er auf einmal an,
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in diesen Duschkabinen so hin und her zu knallen, so gegen die Wände zu knallen.
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Das ist aber wie magnetisch mit ihren Bewegungen.
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Aber bei ihr merkt man, dass sie das gar nicht fühlt. Aber dann wird sie so
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hin und her angezogen, wird er so angezogen und das ist nicht so unheimlich.
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Und dann ist es aber eine zweite Szene, die ist sehr unheimlich,
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da ist da übernachten die dann und schlafen,
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nebeneinander und auf einmal wacht sie auf und hat das Gefühl,
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dass da irgendwas an ihren Haaren ist und dreht sich so um und dann hat er den
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Mund auf und hat so komplett ihre Haare, also ein riesen Pferdestand so in seinem
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Rachen drin und dann müssen sie so rausziehen und,
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das ist so, das ist wirklich.
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Schöne, eklige Szene. Und im Trailer ist die nicht zu sehen,
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aber eine Folgeszene davon ist auch im Trailer drin, wo er dann so morgens beim
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Zähneputzen auf einmal noch so ein bisschen was zwischen den Zähnen fühlt und
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zieht dann so ein ganz langes letztes Haar noch so durch den Zahn durch raus. Ähm,
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Die beiden haben irgendwie Konflikte, er kriegt dann aber diese Bandsache ans
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Laufen und dann fährt er halt mit seinem Verstärker und seiner Gitarre,
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steht dann da am Zug und sie fährt weg und er steht dann da,
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aber er kann dann da irgendwie nicht bleiben, er kann nicht in den Zug einsteigen.
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Er versucht es unbedingt, aber er kann nicht
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und er geht dann quasi zurück zu ihr und dann zur Schule und dann ist er total
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horny und dann vögeln die auf dem Schülerklo und dann kleben die halt wieder
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fest und dann schiebt sie ihn
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dann ganz brutal und schmerzhaft auch so weg und das reißt dann so raus.
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Man sieht nichts. Man sieht es nicht, aber man fühlt es.
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Und dann kommt halt ein Kind und sieht dann auch die Lehrerin,
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was macht die auf dem Kinderklo.
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Und das Kind holt dann den anderen Lehrer, also diesen Kollegen,
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und der sieht es dann auch so.
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Und der Tim hat sich aber dann aufs Klo gestellt und war ganz leise.
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Und dann sieht aber der Lehrer, dass da die Füße sind. Okay,
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das ist alles nicht so wichtig, ehrlich gesagt.
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Und dann haben die so ein bisschen Streit und dann geht sie eben zu diesem Lehrer
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mal, der wohnt eigentlich an der gleichen Straße, wobei diese Straßen,
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so es ist ja ländlich, sind weit voneinander entfernt die Häuser.
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Und da geht sie rein und das ist eine super schöne Location,
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weil es ist eigentlich so ein absolut perfektes Haus, wie man das sich da so
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vorstellt, wo man einfach so drinnen, so 60er Jahre, viel Holz,
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ganz super, alles offen.
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Aber es hat auch so ein bisschen was modrig Unheimliches. Und er ist dann auch
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da, der Lehrer, und sie quatschen so ein bisschen.
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Und es bleibt unverbindlich, er macht auch keine Avancen. Man hat so ein bisschen
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das Gefühl, dass da jetzt was Besonderes passiert.
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Oder ist da was passiert, was Besonderes, Flo? Nee, eigentlich nicht, ne?
Florian Clauß
1:34:27–1:34:32
Naja, sie findet da das Bild von ihm mit einem Partner.
Micz Flor
1:34:32–1:34:37
Ah ja, genau. Sie sieht dann ein gerahmtes Bild. Und er lässt dann irgendwie
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so durchklingen, dass der leider nicht mehr ist.
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Also ich weiß nicht, ob er explizit sagt, dass er tot ist, aber das war zumindest
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das Bild, was bei mir entstanden ist.
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Und, ganz wichtig, er gibt dir ein Glas Wasser.
1:34:52–1:34:54
Sie trinkt ein Glas Wasser.
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Dann wird nämlich sie auf einmal auch so magisch angezogen von Tim.
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Und dann gibt es diese Szene, wo ich finde, die filmisch auch sehr gut funktioniert,
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wo er halt so an seinem Laptop mit Kopfhörer und hinten siehst du so eine Milchglastür in deren Wohnung.
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Und dann sind auf einmal ist da so ihr Gesicht so dran, so von hinten wie so ein Zombie.
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Und sie schmiert sich so von rechts nach links und versucht da irgendwie so
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durchzukommen. Kriegt das alles sich nicht so gut hin.
1:35:25–1:35:28
Und danach kommt es dann zum ersten Mal irgendwann zu einer Szene,
1:35:28–1:35:32
ich weiß gar nicht mehr genau wie das passiert, aber dass die beiden oder vielleicht
1:35:32–1:35:35
war es auch vorher die verkleben schon so richtig,
1:35:35–1:35:40
und dann müssen sie mit so einem elektrischen Küchenmesser müssen sie sich voneinander
1:35:40–1:35:45
trennen und dann verbinden und das Ganze ist also denen ist das schon unheimlich,
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suchen sich aber jetzt nicht so Hilfe sind dem irgendwie ausgeliefert,
1:35:51–1:35:54
wollen dem so indirekt auf die Spur kommen, aber...
Florian Clauß
1:35:54–1:35:59
Ich schlage vor, wir gehen eher in die zweite Hälfte. Nee, in den anderen Teil des Trinkorps.
Micz Flor
1:35:59–1:36:02
Achso, wegen der Lautstärke jetzt, ne? Ja, okay. Gehen wir in den Tanksteller?
1:36:02–1:36:03
Ich mag ja die Tankstelle.
Florian Clauß
1:36:04–1:36:04
Ich auch.
Micz Flor
1:36:04–1:36:09
Die ist immer so eine Ort, wo man sich noch ein Eis holen könnte, bevor man weitergeht.
Florian Clauß
1:36:10–1:36:11
Bevor man zur Kinderplansche geht.
Micz Flor
1:36:12–1:36:19
Bevor man zur Kinderplansche geht, ja. Und dann, ja, was soll ich sagen?
1:36:19–1:36:26
Also in gewisser Weise wird halt dieses dieses Anziehungsthema wird halt immer mehr so hochgedreht.
1:36:26–1:36:32
Also immer mehr Anziehung, dann ist so, dass das Blut von ihr auf ihn zufließt.
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So Computer gemacht, das ist schon irgendwie schön gemacht.
1:36:36–1:36:39
Die küssen sich ganz am Anfang irgendwann mal, da kleben sie ihn auch schon
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mit den Lippen so ein bisschen fest.
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Das ist so Sachen, die auch eben im Trailer gelandet sind, die funktionieren gut.
1:36:46–1:36:50
Aber insgesamt, sage ich jetzt einfach mal so vorneweg, habe ich an keinem Moment,
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bevor ich jetzt den Plot-Spoiler dann zum Schluss mache, ich habe an keinem
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Moment von deren Beziehung irgendwie das Gefühl, dass die wirklich zueinander hingezogen sind.
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Und das war viel von dem, was so an Kritiken darüber was gelesen hat.
1:37:04–1:37:08
Aber Besprechung war halt immer so diese animalische Anziehung und das ist die
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Beziehung und Codependency und so weiter.
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Aber ich finde, von Anfang an entsteht so ein Bild, dass sie weiß, was sie will.
1:37:15–1:37:19
Er weiß nicht, was er will. Sie will mit ihm in ihrem Leben haben,
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ohne dass sie genau weiß, warum.
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Er hat keine eigenen Pläne, die er irgendwie rechtfertigen kann,
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weil es kommt am Anfang schon raus, dass er schon zu lange versucht,
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als Musiker irgendwie ein Bein auf den Boden zu kriegen.
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Aber ich finde, die beiden haben keine Chemie. Die sind im echten Leben verheiratet
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und ich habe so ein paar Interviewsachen gesehen, wo ich auch dachte,
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da passiert mehr Chemie, wenn die so miteinander witzeln beim Interview als in dem ganzen Film.
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Ich habe denen an keinem Punkt abgenommen, dass die wirklich sich,
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um das Wort von vorhin wieder aufzugreifen, begehren oder stellvertretend für
1:37:59–1:38:02
ihr Begehren sich aneinander bedienen,
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sondern ich hatte immer das Gefühl, das ist eine schalverkopfte Beziehung,
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weshalb für mich diese ganze Anwendung,
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körperliche Anziehung, die da inszeniert wurde, nicht wirklich funktioniert hat.
Florian Clauß
1:38:16–1:38:20
Ja, aber vielleicht muss man noch mal hier den Schwenk machen,
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dass es gibt um diese Quelle, die Wasserquelle, gibt es so einen Kult.
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Ja, man sieht das da mal so.
Micz Flor
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Ja, das kommt jetzt ja noch.
Florian Clauß
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Ich wollte das erstmal über die Beziehung setzen für dein Resümee.
Micz Flor
1:38:36–1:38:40
Das war jetzt quasi für mich erstmal so, bis jetzt weiß man noch nicht genau
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diese Auflösung, obwohl man schon merkt, irgendwas mit dem Wasser,
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irgendwas mit dieser Glocke.
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Was jetzt passiert und das war für mich dann,
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Ja, da müssen wir nochmal drüber reden, weil ich möchte es ja dann nochmal besprechen
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und Reinhard kriegt jetzt quasi nur meinen Filter, meinen Realitätstunnel so,
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aber da musst du jetzt leider mit arbeiten.
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Da bleibt nichts mehr übrig.
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Da ist so, dass sie dann eben nochmal in diesem Versuch, das irgendwie aufzuklären,
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zu verstehen, sie kommt dann irgendwie nochmal zu diesem Lehrer ins Haus und
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findet dann da auch so ein Video.
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Das Video läuft schon und das zeigt dann eine Zeremonie und das zeigt dann,
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naja genau, die haben sich ein bisschen verkracht.
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Ich glaube, sie geht dann zu ihm und er geht nämlich nochmal forschen in dieser Höhle.
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Also beide kommen danach mit mehr Wissen zurück. Und sie sieht dann eben ein
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Hochzeitsvideo von dem Lehrer mit einem anderen Mann, die sich aber auch äußerlich ähnlich sind.
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Und die dann in diesem Zeremoniell in einer Kirche, die, wie wir dann verstehen, eingekracht ist.
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Und deshalb hängt diese Glocke in dieser Höhle jetzt so rum,
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weil diese Kirche einfach da in dieses Loch eingefallen ist, wo das Wasser ist.
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Und wir sehen da, dass die Kirche nach unten dann bei diesem Hochzeitszeremoniell die Türen öffnet.
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Die beiden gehen runter und dann haben die so einen Ring mit einem Messer dran
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und schneiden sich gegenseitig, indem sie so sich die Unterarme halten und dann
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nach vorne ziehen, schneiden sich die Arme auf,
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halten die dann aneinander und verschmelzen dann eben zu einem.
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Und wir erfahren dann, dass der
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Lehrer das Ergebnis einer gelungenen Verschmelzung von zwei Männern ist.
Florian Clauß
1:40:36–1:40:37
Gelungen, wohlgemerkt.
Micz Flor
1:40:39–1:40:47
Und der Tim, der geht nochmal zur Höhle, der will es jetzt wissen und geht da auch irgendwie runter.
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Und dem kommt dann auf einmal so ein Halbverschmolzen, wie mit dem Hund,
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so ein halbverschmolzenes Pärchen entgegen.
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Und das hat das eine, zwei Köpfe noch, aber alles so total nicht tot,
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aber auch nicht mehr wirklich ein Objekt per se, könnte man sagen.
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Und so, als ob im letzten Moment noch bei dieser Verschmelzung einer von beiden
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versucht hat, sich oder die andere Person umzubringen, steckt der eine so ein
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Messer im Hals und das hat nicht geklappt so. Ja,
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die Millie schaut sich dieses Video an und dann kommt von hinten kommt dann
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der Lehrer und dann ist alles so ein bisschen schmierig und es ist ein bisschen
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unklar, was seine Intention ist,
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aber sie hat Angst vor ihm.
1:41:36–1:41:40
Und da ist es jetzt so, dass ich bei der Inhaltszusammenfassung des Films was
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anderes gelesen habe, als das, was ich da wahrgenommen habe und in Erinnerung
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hatte, deshalb wollte ich jetzt mal Flo fragen, in diese Szene vorgehen.
1:41:50–1:41:54
Wo sie dann zum Schluss aus dem Haus rausrennt und er sie mit diesem Ring ja
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auch geschnitten hatte.
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Was war da seine Intention? Wie hast du das wahrgenommen?
Florian Clauß
1:41:59–1:42:04
Ja, also ich weiß es, ich kann mich nicht mehr genau an die Szene erinnern.
1:42:04–1:42:10
Aber was ich da so als Impuls wahrgenommen habe, ist, dass er ihr nochmal gesagt
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hat, du musst es zulassen.
Micz Flor
1:42:12–1:42:12
Ja.
Florian Clauß
1:42:12–1:42:21
Also das ist so, also es gibt quasi eins und eins gibt ein höheres Sein.
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Das ist so dieser Kult dieser Sekte, die sich da um dieses Wasser formiert hat.
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Also das war jetzt für mich so der Punkt, wo er dann als derjenige,
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ich meine, hast du schon gesagt, oder?
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Dass der dann halt quasi so das gemergede Ergebnis ist von seinem Partner.
Micz Flor
1:42:39–1:42:43
Genau, aber ein gelungenes Ergebnis. Aber da kommen wir nochmal gleich darauf
1:42:43–1:42:44
zurück, auf diese Sache.
1:42:44–1:42:48
Aber was du gerade sagst, dieses Mergen, also er spricht dann auch diesen Kult,
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in Anführungszeichen, die Kugelmenschen, das geht auf Platon zurück, kennst du das? Ja, okay.
Florian Clauß
1:42:55–1:42:55
Ah ja.
Micz Flor
1:42:56–1:43:01
Und da geht es halt irgendwie darum, dass es früher Kugelmenschen gab.
1:43:01–1:43:05
Da gab es die Söhne der Sonne, das waren die Männlichen.
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Dann gab es die Töchter der Erde, das waren die Weiblichen. Es gab auch Androgyne,
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halb Mann, halb Frau, das waren die Kinder des Mondes.
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Und diese Kugelmenschen waren sehr mächtig und auch frech sozusagen.
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Und Zeus hat dann irgendwann entschieden, die in der Mitte durchzuschneiden.
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Und dann waren das halt, dann hatten die nicht mehr vier, sondern auch zwei Beine.
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War alles quasi halbiert und seitdem waren sie sozusagen verdammt oder gewollt,
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den Rest ihrer Existenz oder der ganzen Existenz einfach die andere Hälfte,
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die passende Hälfte zu suchen.
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Und das, wenn wir dieses Kugelthema jetzt mal drauflegen, weil es für den Schluss ganz wichtig ist,
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das ist so, dass diese rein männlichen Kugelmenschen, die sind homosexuell,
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also da suchen sich dann zwei Männer,
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die rein weiblichen sind auch homosexuell, lesbisch, da suchen sich dann zwei
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Frauen und nur die androgynen Kugelmenschen, die geteilt wurden,
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das sind die, die heterosexuell sind.
1:44:01–1:44:04
Was ich auch nochmal so interessant finde, wenn man von der Seite drauf guckt,
1:44:05–1:44:10
dass natürlich das heterosexuelle oder heteronormative gesellschaftliche,
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was da ja auch in dem Film so ein bisschen zelebriert wird, sage ich mal,
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dass das aus den Androgynen hervorgeht, aber so funktioniert die Mathematik,
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wenn man rückwärts rechnet.
Florian Clauß
1:44:24–1:44:30
Vielleicht noch zu diesem Diskurs noch was ganz Komplimentäres.
1:44:30–1:44:34
Der ganze Film handelt auch davon, dass die Eltern zu Besuch kommen.
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Ja, da gibt es die ganze Zeit so.
Micz Flor
1:44:36–1:44:36
Und dass die ganze Zeit sagen.
Florian Clauß
1:44:37–1:44:40
Ja, wir müssen ja noch das, wir müssen das ja noch so.
1:44:40–1:44:43
Und eigentlich wollen die dann irgendwie ein schönes Spiel dazu machen und versuchen
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dann in dem ganzen Chaos, in dem sie sich da befinden, versuchen dann halt auch
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irgendwie so die Eltern empfangen zu können.
Micz Flor
1:44:51–1:44:57
Ja, genau. Genau. Und das ist dann das finale Plot-Spoiler.
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Aber im Showdown ist es jetzt so, und deshalb habe ich dich gefragt, wie du das erinnerst.
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Er zieht sich diesen Ring auf, mit dem man dann diese andere Person ritzt und
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dann beginnt die Verschmelzung.
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Und wie du sagst, hattest du das Gefühl, er sagte, du musst es zulassen.
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Und ich hatte nämlich das Bild, in Erinnerung, dass er sexuell übergriffig versucht,
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die Frau ja anzuritzen. Und dann geht es ja auch irgendwie so los.
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Und sie haut dann aber ab. Sie rennt dann irgendwie weg und blutet aber.
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Aber darauf wollte ich nochmal zurückkommen, weil das wurde in der Zusammenfassung
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so erklärt, dass der Lehrer da sehr didaktisch ihr erklärt, dass man da zusammenkommt.
Florian Clauß
1:45:47–1:45:52
Ja, aber er hat schon was Übergriffiges. Er ist derjenige, der diesen Prozess
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katalysiert, aber er hat schon was total Spookyhaftes. so.
Micz Flor
1:45:57–1:46:00
Also da komme ich gleich nochmal drauf, weil ich hatte das zuerst für mich anders
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verstanden, als ich aus dem Kino kam und dann nach dem Lesen ist aber meine,
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Erklärung nicht mehr so griffig, kommt nachher. Auf jeden Fall ist es dann so,
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dass Millie dann blutet und zurückkommt und Tim ist auch da und dann ist die
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Anziehung so groß, dass sie sich gar nicht mehr richtig,
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also sie können sich nicht mehr voneinander entfernt halten und er sagt ich
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habe was herausgefunden, man muss sich dem hingeben, die wahre Liebe, die große Liebe.
1:46:27–1:46:30
Und sie sagt, nein, rette dich vor mir.
1:46:30–1:46:35
Ich verblute. Und dann ist es ganz dramatisch. Sie sind auf Kies,
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Sand und es zieht sie aufeinander zu.
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Und sein Nasenbluten fliegt zu ihr. Und ihr Tropfen fliegen zu ihm.
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Und dann fasst er dann auf ihre Wunde, damit sie nicht verblutet.
1:46:46–1:46:49
Dann sagt sie, nein, bist du wahnsinnig. Das kriegen wir nie wieder auseinander.
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Also die Stimme kam jetzt von mir. Das war nicht so im Film.
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Und dann verschmelzen immer mehr. Und dann werden sie auf einmal ganz ruhig
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und lassen es zu und sind dann nackt in der Wohnung.
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Und man sieht dann, wie sie sich umarmen, aber die Hände sich quasi unter der
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Haut schon miteinander verschränken.
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Irgendwie die letzte Szene, da könnte es doch aufhören. Aber dann kommt eben
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das, was Flo noch gesagt hat.
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Am nächsten Tag sieht man, wie ein Auto vorfährt, wie es klingelt.
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Und die Tür geht auf und da steht eine Person davor, die im besten Sinne androgyn
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wirkt. So und sagt Hallo.
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Und die Eltern stehen auf der anderen Seite. Das waren ihre Eltern,
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die zu Besuch kommen und da ist eine Person, die auch beiden irgendwie ähnelt,
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aber trotzdem fremd aussieht und die sagt Hallo und ist total relaxed.
Florian Clauß
1:47:48–1:47:50
Also dieses gelungene...
Micz Flor
1:47:50–1:47:51
Und das ist dann Schluss.
Florian Clauß
1:47:53–1:48:00
Ja, genau, das ist so. Also der hat schon sehr komediantische Einlagen, das finde ich dann auch.
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Und das wäre jetzt auch so von der Machart her. Und gerade am Anfang funktioniert
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dieser Horror ziemlich gut.
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Mit dem Hunden, mit der Höhle und auch dieses Sektenhafte, wie die eine Lehrerfigur eingeführt wird.
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Finde ich auch, dass am Anfang dieses komisch Sektenhaften, dieses Okkulte.
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Aber das löst sich ja gar nicht so auf, wie man das dann so kennt.
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Sondern dass er dann quasi mit zur Erlösung beiträgt von den beiden.
Micz Flor
1:48:38–1:48:43
Also was die Sache war, wo ich nach dem Film drüber nachgedacht habe,
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wie das hätte gemeint sein können, weil ich es nicht anders habe verstehen können, ist,
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warum will der gelungene Mann aus zwei Männerverschmelzungen diese Frau dann
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auch noch nehmen zur Verschmelzung?
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Also das hat mich wirklich beschäftigt.
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So hatte ich das verstanden. Ich habe das so gesehen. Er zeigt dir das und dann hat er den Ring an.
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Und er kann doch jetzt nicht allen Ernstes diesen Ring anziehen und sie dann
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schneiden, dass sie fast verblutet.
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In der Hoffnung, dass sie dann zu Tim noch rennt, wo immer der auch gerade ist.
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In dem Moment, er lässt sie nicht raus. Sie muss da durch, er schneidet sie, sie flüchtet.
1:49:26–1:49:31
War für mich keine Szene, in der er ihr quasi sagt, Geh, geh zu deinem Geliebten
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und lasst euch verschmelzen.
Florian Clauß
1:49:33–1:49:37
Du meinst, er will sie auch einverleiben.
Micz Flor
1:49:37–1:49:43
Ich bin mit diesem seltsamen Bild aus dem Film gekommen, der mir gesagt hat,
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wollten die mir sagen, dass Homosexuelle ohne Weibliches einfach nicht glücklich sein können.
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Oder so, wenn man es als Analogie nimmt.
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Oder ich habe es nicht anders verstanden, aber in der Zusammenfassung,
1:50:00–1:50:05
die ich nicht so erlebt habe, wurde es anders beschrieben.
Florian Clauß
1:50:05–1:50:06
Interessant.
Micz Flor
1:50:07–1:50:10
Und das andere, was ich dann auch noch,
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Also diese Schlussszene, die könnte ja irgendwie gut funktionieren,
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wenn man das Gefühl hat, das ist so eine Amour-Fu, also zu viel von allem und kommen nicht zur Ruhe.
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Und die eigenen Triebe, Wünsche, Forderungen, Anforderungen der beiden PartnerInnen
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sind so groß, dass erst wenn sie sich dem hingeben, sich verschmelzen,
1:50:36–1:50:40
kommen sie quasi zur Ruhe und gut ist.
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Es ist, ob man dieses Objekt doch positiv erreichen könnte, wenn zwei sich so...
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Aber das funktioniert für mich nicht, weil so ist deren Beziehung nicht.
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Deren Beziehung ist eher so eine Identitätsbeziehung verkopft und sie will Lehrerin
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werden, um den Kindern was Gutes zu tun.
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Er will Musiker werden und deshalb muss er pendeln in die Stadt.
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Und ich hatte nie das Gefühl, dass die sich, ich hatte eher das Gefühl,
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dass sie sich jederzeit trennen könnten, als das Gefühl, dass die in tiefster
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Liebe unabdingbar verbunden sind.
Florian Clauß
1:51:14–1:51:18
Ja, das sehe ich auch so, aber gleichzeitig in der Geschichte ist es ja dieser
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Prozess, dieses irgendwie, ja, ich will dich, dieses bedingungslose Ja dann
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von ihm und von ihr. Das ist ja dieser Prozess, der da passiert.
1:51:28–1:51:31
Und ich finde durchaus, dass man den so ein bisschen nachempfinden kann.
1:51:32–1:51:36
Aber mit der Historie von den Figuren, wie du das jetzt so eingeleitet hast,
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fiel mir das auch schwer. Aber trotzdem ist es so ein Happy End.
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Die Geschichte dann so, sie zu verschmelzen und dann als eine Person,
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als das, wie sie auch zusammenkommen.
1:51:49–1:51:51
Ich finde, das funktioniert schon.
Reinhard
1:51:51–1:51:55
Mir scheint so, als würde der Film so ein bisschen übers Ziel hinausschießen,
1:51:55–1:51:56
nach dem, was er jetzt erzählt hat.
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Also ich meine, es ist ja eine schöne Utopie zu sagen, also wirklich in der
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absoluten Hingabe findet man zusammen.
1:52:05–1:52:10
Aber dass man dann noch einen Schritt weiter geht und sagt, dann muss aber noch
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eine totale Verschmelzung stattfinden.
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Also wir müssen unsere Individualität aufgeben, um wirklich zusammen sein zu können.
1:52:17–1:52:22
Das erscheint mir doch sehr weltfremd und biologisch äußerst fragwürdig.
Micz Flor
1:52:22–1:52:26
Ja, das stimmt. Das ist quasi die Flucht zurück in die Symbiose.
Reinhard
1:52:26–1:52:30
Und das löst sich ja nicht ein, das wissen wir ja.
1:52:30–1:52:34
Also wenn die unsere Individualität aufgeben in einer Beziehung,
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dann macht uns das unglücklich.
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Das führt ja nicht zu einer Vermehrung von Glück für beide.
Micz Flor
1:52:38–1:52:46
Ja, also ich finde, ich hätte nicht gedacht, dass ich nochmal die Gestalttherapie
1:52:46–1:52:50
Folge X, ich weiß gar nicht mehr, was das war, zitieren kann oder Zitat daraus.
1:52:50–1:52:55
Es gibt diesen Paul Goodman, das war ein Mitbegründer der Gestalttherapie,
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der diesen schönen Satz über Psychotherapie gesagt hat, finde deinen tiefsten Impuls und folge ihm.
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Also das finde ich deshalb schön, weil du findest nicht den richtigen oder den
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falschen Impuls, sondern gerade jetzt, so tief du gehen kannst,
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was ist dein Impuls, wenn wir
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jetzt viel laufen, irgendwann werden wir Hunger haben und unser Impuls,
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Hunger zu haben, wird irgendwie stärker werden als andere Dinge,
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zu quatschen zum Beispiel.
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Und folge ihm heißt halt, okay, da passiert was Neues, dann lässt du dich auf den Impuls ein.
1:53:25–1:53:28
Und vor dem Hintergrund war, was du gesagt hast, Flo, eben für mich,
1:53:28–1:53:30
das ist eine Kopfentscheidung.
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Wir müssen uns einfach dem hingeben und dann wird das schon,
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weil ich es eben nicht gefühlt habe, nicht als Impuls gefühlt habe,
1:53:39–1:53:41
sondern als Konzept gefühlt habe.
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Was sollen wir denn jetzt noch machen?
Florian Clauß
1:53:44–1:53:47
Ja, es war vielleicht für ihn auch der einzige Weg zu überleben,
1:53:48–1:53:52
weil er war ja schon infiziert. Das wäre vielleicht dann auch wieder ein instinktives Verhalten.
Micz Flor
1:53:52–1:53:55
Ja, Sie beide, ja, Sie mussten sich gegenseitig retten.
Florian Clauß
1:53:55–1:53:59
Also eigentlich, ja, eigentlich war das das Einzige, wie Sie sich dann halt haben retten können.
1:54:00–1:54:03
Ja, stimmt, stimmt. Also insofern ist es auch wieder so ein Stammsohnemolk.
Micz Flor
1:54:06–1:54:08
Schwanger echt? Nee, nein, auch nicht.
Florian Clauß
1:54:08–1:54:13
Aber wie würdest du, ich meine, wir haben ja so quasi mit The Substance,
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wo dann aus einer Person zwei werden und dann haben wir jetzt hier Together,
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wo aus zwei Personen einer wird, eine wird und wir hatten ja schon den Werkzeugkoffer
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Lacan ausgepackt und die Abjektionen, was würdest du jetzt da so reindrehen?
Micz Flor
1:54:31–1:54:37
Ja, also in diesem Together, diese Bilder funktionieren halt manchmal ganz gut.
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Diese Bilder, in denen halt zwischen den beiden, diese Grenze zwischen den beiden
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energetisiert ist auf eine destruktive Art.
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Also die Lippen kleben aneinander oder die Haare im Mund oder diese,
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das waren für mich so Bilder, die ich damit irgendwie verbinden kann,
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wo halt so Grenzbilder entstehen,
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wo Teile des Körpers dann auf einmal wie mit so einer Taschenlampe,
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ins Reale beleuchtet werden. Was ist denn so ein Pferdeschwanz meiner Frau,
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wenn ich mir den schlucke?
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Also irgendwie entstanden da so Bilder, wo man merkt, man guckt eben auf diese Knochenhaut.
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Da haben wir nie auf Knochenhaut geguckt.
Florian Clauß
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Auf die Sehne.
Micz Flor
1:55:19–1:55:20
Auf die Sehne, ja.
Florian Clauß
1:55:20–1:55:22
Auf die Sehne wie ein Tier.
Micz Flor
1:55:22–1:55:29
Ja, da entstehen Bilder, die wir eben nicht mehr über, also könnte man ja jetzt frecherweise sagen,
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so dass man Lacans Reale nur nicht über Lacans Reales sehen oder verstehen kann,
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sondern man kann es nur irgendwie erleben an manchen Punkten.
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Und das ist jetzt dieses Tor zum Aufmachen oder? Ja, können wir durchgehen.
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Und das fand ich da ganz interessant, diese Grenzsachen. Und das Objekt dann,
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äh...
Florian Clauß
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Weil das Reale, wo würdest du das Reale verorten? In dieser,
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ist das diese nicht gelungene, der nicht gelungene Merch-Prozess?
Micz Flor
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Wenn die beiden eine Chemie miteinander da hätten. Und das, was Reinhard gerade
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gesagt hat, da wäre dann natürlich was inszeniert wird.
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Nämlich, dass in dem Moment, wenn man ich meine, das sagt Lacan auch,
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dass halt die sexuelle Vereinigung halt immer also eigentlich nie passiert,
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weil es wird nie eine Vereinigung sein. Es wird einfach nicht passieren.
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Der Wunsch scheint irgendwie da zu sein, wie so ein kollektives Objekt A,
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was dann eben auf dieser Über-Ich-Ebene ist.
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Aber es passiert nicht wirklich. Und das wäre jetzt bei Lacan nochmal so eine
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Anbindung und das Objekt.
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Ich war halt, ich muss jetzt zugeben, ich krieg's jetzt auch nicht mehr,
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ich müsste das Ich von vor sechs Wochen noch mal anrufen, als ich den ersten
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Teil auf, wo ich das alles vor mir liegen hatte.
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Aber die Bilder, in denen es um diese Flüssigkeiten ging, um diese Grenzen,
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um dieses Aufschlitzen oder auch diese nicht gelungene Verschmelzung mit dem
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Messer im Hals oder die Hunde, also dieses Gefühl, dass,
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Dass es ganz notwendig ist, schon zwanghaft seine Grenze zu wahren und sich
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nicht dem anderen zu sehr zu öffnen, sei es die Umwelt oder sei es sonst was, um integer zu bleiben.
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Und dass gleichzeitig in dem Moment, wenn diese Grenze sich öffnet,
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sich mit anderen verbindet, flüssig wird, erinnere ich mich jetzt an die Kurzgeschichte.
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Kannst du dich erinnern noch? Ich hatte damals eine Kurzgeschichte geschrieben.
Florian Clauß
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Wo der Mann mit dem Wald zusammenwächst?
Micz Flor
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Ja, ja, genau.
Florian Clauß
1:57:36–1:57:37
Stimmt, daran kann ich mich erinnern.
Micz Flor
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Es waren auch zwei. Es war eine Frau, eine Frau, der die Füße eng eingebunden
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wurden und die sich dann irgendwie die Füße abbindet und dann sind da drunter, ist da nur noch so,
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wie heißt die Haut im Mund? Schleimhaut quasi? Wie heißt die nochmal?
Florian Clauß
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Schleimhaut, ja.
Micz Flor
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Und im Gegenzug eben der Mann, der sich zum Sterben im Wald legt und der dann
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auch mit dem Boden verwächst und sich dann auch so eine Schleimhaut bildet, um sich da zu verbinden.
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Und diese Sachen irgendwie jetzt nicht aus dieser Kurzgeschichte,
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die ich vergessen hatte über 20 Jahre,
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sondern diese Momente, in denen man im Schlaf oder irgendwie vergisst,
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seine Körpergrenzen zu wahren und auf einmal Flüssigkeit austritt oder was auf einen Zug kommt oder so,
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dass es dann sofort eben Horror wird.
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Das fand ich vielleicht einfach als Bild damals.
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Aber ich gebe dir recht, so ganz kann ich dieses Kristeva-Thema da jetzt nicht reinbringen.
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Punkt.
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Ja, Reinhard, was denkst du? Wie viel, 10 out of 10, wie viel kriegt der Film
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und wirst du ihn noch sehen wollen?
Reinhard
1:58:53–1:58:57
Oh, ich glaube, ja, jetzt habe ich schon so viel drüber gehört und das möchte
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ich mir auch noch anschauen.
Florian Clauß
1:58:58–1:58:59
Ach echt? Ja.
Micz Flor
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Ja, mit welcher Lust oder mit welcher Frage?
Reinhard
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Ja, zum Beispiel das Ende des Films. Da wart ihr euch ja nicht ganz im Klaren,
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wie das zu interpretieren sei.
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Das würde ich jetzt dann für mich gerne nochmal überprüfen, wie ich das interpretiere
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und ob sich das mit einer von euren Interpretationen deckt oder nicht.
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Da könnte man nochmal reden.
Micz Flor
1:59:28–1:59:28
Genau.
Florian Clauß
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Also ob das jetzt quasi aus der Figurenentwicklung emotional nachvollziehbar
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ist, dass die zusammen verschmelzen.
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Das wäre der Punkt, wo du dann halt gesagt hast, nee, kann man nicht, aber ich sage halt...
Micz Flor
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Ja, oder auch, ob der Lehrer eher jemand ist, der da sich selbst verschmelzen
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möchte mit der Frau oder ob der wirklich nur denen den Kickstart geben wollte, die...
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Dass sie sich dem hingeben.
Reinhard
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Das ist ja eigentlich ein altes Horrorfilm-Motiv, dass das immer was Invasives hat.
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Also Zombies, auch Vampire, die durch die Berührung, da ist es jetzt durch das
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Ritzen mit dem Ring, so habe ich das verstanden.
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Aber das löst ja auch Angst aus. Das ist ja auch ein Teil des Horrors.
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Das ist ja wie eine Infektion, wie eine Krankheit, die wir uns holen können.
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So würde ich das dann sehen.
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Aus dem, was ihr da jetzt erzählt habt über den Film, dass das so als Bedrohung
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im Hintergrund steht. Das kann uns jetzt auch erwischen.
Micz Flor
2:00:35–2:00:40
Aber das, wenn man das mit dem Sexuellen zusammenbringt, dann ist halt so Cronenbergs
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Rabies oder wie das heißt, wo die diese, wie heißt der im Deutschen, weißt du das?
Florian Clauß
2:00:46–2:00:47
Die Brut?
Micz Flor
2:00:47–2:00:49
Ich weiß den deutschen Film.
Florian Clauß
2:00:49–2:00:49
Wo diese,
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Kinderarmee gezüchtet werden durch so, nee, das ist das nicht.
Micz Flor
2:00:54–2:01:00
Nee, nee, nee. Ich meine, der Kronenberg-Film, wo wie so eine Infektion eben
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passiert und die Leute dann so Löcher oder Penis-ähnliche Sachen auf den...
2:01:06–2:01:09
Nee, die habe ich nicht gesehen. Muss man mal gucken. Mal verlinken.
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Ich muss auch noch mal, ich habe auch gerade nur noch so ein ganz dunkle Innern
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an irgendeinen Filmclub während der Uni-Zeit.
2:01:16–2:01:19
Das ist ja wahnsinnig laut. Ich weiß gar nicht, ob man das hört.
Florian Clauß
2:01:19–2:01:19
Ja.
Micz Flor
2:01:21–2:01:23
Gut, aber ich glaube, wir kommen jetzt zum Ende, oder? Was meint ihr?
Florian Clauß
2:01:24–2:01:30
Ich denke, ja, ich denke, wir haben ausführlich über diese beiden Filme gesprochen.
2:01:31–2:01:34
Ja, da haben wir auf jeden Fall ein deterministisches Ende, ne?
Micz Flor
2:01:34–2:01:41
Ach so, okay. Der Urknall bis zu diesem Film. Ja, und wir stehen hier am Zaun.
Florian Clauß
2:01:41–2:01:48
Und kommen auch nicht weiter. Ich glaube, wir machen jetzt hier einfach Schluss.
Micz Flor
2:01:48–2:01:51
Der Vorhang fällt und alle Fragen offen.
Florian Clauß
2:01:51–2:01:57
Also das war Eigentlich Podcast Episode 90. Das Ganze könnt ihr dann auch unter
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eigentlich-podcast.de,
2:02:00–2:02:06
anschauen, wo wir langgelaufen sind und die Shownotes, weiteren Links und so
2:02:06–2:02:07
weiter findet ihr auch dort.
2:02:07–2:02:11
Und vielen Dank, Rainer, dass du wieder dabei warst.
Reinhard
2:02:11–2:02:14
Ich bedanke mich auch. War sehr inspirierend.
Florian Clauß
2:02:14–2:02:20
Ja, gerne nehmen wir diesen Faden auf und wir haben sicher auch in Zukunft Filmbesprechungen.
2:02:20–2:02:23
Und genau, ich sage Tschüss.
2:02:25–2:02:26
Machen wir die Geräte aus.
Micz Flor
2:02:27–2:02:29
Ah ja, genau. Da war doch was.
2:02:32–2:02:35
Ups, das läuft aber auch gar nicht mehr. Der hier?
2:02:39–2:02:44
5903. Ja, aber die Aufnahme läuft nicht. Ach so. Jetzt läuft die Aufnahme. Ah ja.
2:02:45–2:02:47
Ach, das ist scheiße. Oh nee.
2:02:48–2:02:49
Müssen wir nochmal losgehen.

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