EGL052 Darum klingen handgewickelte Tonabnehmer wirklich besser: die Rolle parasitärer Kapazität und Kondensatoren bei „scatter wound pickups“ E-Gitarren | Stromgitarre Teil 3
In dieser Episode geht es um Tonabnehmer (im englischen: Pickups) und die Frage, ob wissenschaftlich belegt werden kann, dass handgewickelte -- bzw. „scatter wound“ -- Tonabnehmer angeblich besser klingen als maschinell gefertigte. Die Antwort ist: Ja, den gibt es und er hat mit der Kapazität zu tun, die einer Spule innewohnt, die parasitäre Kapazität. Fast jede E-Gitarre hat mindestens einen Kondensator fest verbaut, der mit seiner Kapazität für die Veränderung der Klangfarbe (Tone) genutzt wird. Deshalb beginnt Micz mit einer bildhaften Erklärung zu veranschaulichen wie Kondensatoren funktionieren. Und im Anschluss darain die Kapazität einer Spule zu erklären -- und wie diese den Klang beschneidet. Dass es sich dabei um die "parasitäre Kapazität" handelt, die weiter unten im Blog erklärt wird, findet er erst später heraus. Doch bevor wir ins Detail gehen, beginnen wir diese Episode am Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg und plaudern über die 1990er Jahre, die Walpurgisnacht am Helmholtzplatz und Kollwitzplatz und die Swing-Band der Polizei. Eine Verzögerungstaktik von Micz, der Flo nicht wieder mit E-Gitarren langweilen will? Auf der Tour gelangen wir schließlich in den Mauerpark, wo wir reichlich Anschauungsmaterial für Tonabnehmer bei Gitarren finden -- von Danelectro Lipstick Pickups über Piezo und Coils -- die dort beim Busking aktiv sind. Die Tour endet am Gesundbrunnen. Und beginnt inhaltlich jetzt erst für die, die "Play" drücken, um zu erfahren wie die Kapazität in Spulen und Kondensatoren das Klangbild ihrer E-Gitarren beeinflusst.
Shownotes
- Link zum Lauftrack
- EGL052 | Wanderung | Komoot
- Link zur Episode
- Über den 'gravierenden Wandel, den das Untersuchungsquartier Helmholtzplatz in Berlin Prenzlauer Berg in den letzten 20 Jahren erlebt hat', MASTERARBEIT, Susanne Lehner, Wien, 2010
- 'Entwicklungen im Quartiersmanagementgebiet Helmholtzplatz' in: Handbuch zur Partizipation der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2012, S. 287
- Geschichte der Walpurgisnacht in Berlin: Hexentänze und Punk-Partys, in: online TIP-Berlin 2024
- Die Geschichte des revolutionären 1.Mai in Berlin, autox.nadir.org
- CyberTattoo - The Machine
- Potis und Kondensatoren | Das Rockinger Manual | | Rockinger Guitars
- Kondensator (Elektrotechnik) – Wikipedia
- What are Lipstick Pickups? Here’s All You Need to Know
- Alles über Tonabnehmer für die Akustikgitarre - Bonedo
Transcript
Schwer verständlich scheint auf den ersten Blick, dass es einen klanglichen Unterschied machen soll, wenn die Saite einer Gitarre über einer Spule schwingt, die wie fein gekämmt von einer Maschine gewickelt ist oder eher Kreuz und Quer von Hand. Wenn ich einen Tonabnehmer wickel, dann sind die Variablen, die den Ton beeinflussen die Dicke des Drahts, die Stärke des Magnetfeldes, der Abstand der Spule vom Zentrum, die Höhe und Breite der Spule, Single Coil oder Humbucker, usw. usf. Aber ist es nicht Jacke wie Hose, wie die Spule gewickelt ist? Nein, ist es nicht. Und warum „scatter wound“ mehr Frequenzen transportieren kann, darum handelt diese Folge.
Um genauer zu verstehen, wie die Art der Wicklung wirkt, möchte ich zuerst erklären was Kapazität bedeutet und fange deshalb bei dem Bauteil an, was in fast jeder Gitarre ist — und dessen Kapazität gewünscht ist:
Wie beeinflusst der Kondensator die Klangfarbe bei E-Gitarren?
Ein Kondensator ist ein passives elektronisches Bauelement, das elektrische Energie in einem elektrischen Feld speichert. Die grundlegende Struktur eines Kondensators besteht aus zwei elektrisch leitenden Platten, die durch ein dielektrisches Material getrennt sind. Dieses Material stellt sicher, dass durch einen Kondensator kein Strom fließen kann, sondern zwischen den Platten nur Ladung gespeichert wird.
Die Kapazität, die in Farad (F) gemessen wird, ist ein Maß für die Fähigkeit des Kondensators, Ladung zu speichern, und hängt von der Fläche der Platten, dem Abstand zwischen ihnen und dem Dielektrikum ab. Wenn eine Spannung an den Kondensator angelegt wird, sammeln sich positive Ladungen auf einer Platte und negative Ladungen auf der anderen. Diese Ladungsspeicherung erzeugt ein elektrisches Feld zwischen den Platten. Der Kondensator kann dann Energie in diesem Feld speichern und sie bei Bedarf wieder abgeben. Diese „Speicherung“ ist aber nicht das, worum es in der E-Gitarre geht.
Kondensatoren wirken auf die Frequenzen von Wechselstrom in der E-Gitarre ein
Ein wesentliches Merkmal eines Kondensators ist, dass er Gleichstrom (DC) blockiert und Wechselstrom (AC) durchlässt. Letzteres macht ihn zu einem wichtigen Bauelement in elektronischen Filterschaltungen, wie z.B. der Klangregulierung in der E-Gitarre.
In E-Gitarren wird der Kondensator hauptsächlich im Tone-Regelkreis verwendet, um die Klangcharakteristik des Instruments zu beeinflussen. Diese Anwendung basiert auf der Fähigkeit des Kondensators, als Frequenzfilter zu fungieren. Hier sind die wesentlichen Aspekte, wie ein Kondensator zur Tonveränderung eingesetzt wird:
Üblicherweise in Verbindung mit einem variablen Widerstand (Potentiometer) bildet der Kondensator einen Hochpass-Filter. Dies bedeutet, dass hohe Frequenzen den Kondensator passieren können, während tiefe Frequenzen blockiert werden. Im Podcast erkläre ich das bildhaft mit einem Flussbett, in dem am Boden eine kleine Rille eingezogen ist.
Wenn große Wellen durch das Flussbett gleiten (die Bässe), dann hat diese Rille keinen Einfluss. Bei kleinen Wellen (und genau genommen hochfrequenteren) lässt sich veranschaulichen, wie eine kleine Welle von dieser Rille quasi auch mal verschluckt werden kann. Sie erreicht die andere Seite der Rille nicht.
So ist es mit dem Kondensator, der im Wechselstrom dafür sorgt, dass die Ladung, die hochfrequent hin und her rauscht, den Kondensator sozusagen durchfließen kann. Nicht die Elektronen selbst, aber die Schwinungung derselben. Über den Poti werden die hohen Frequenzen dann zur Masse abgeführt.
Der Wert des Kondensators (gemessen in Mikrofarad, µF) beeinflusst, wie viele hohe Frequenzen herausgefiltert werden. Kleinere Werte lassen mehr Höhen durch, während größere Werte mehr Höhen abschneiden. Übliche Werte für Tonkondensatoren in E-Gitarren liegen zwischen 0,022 µF und 0,047 µF.
Wie beeinflusst die parasitäre Kapazität den Klang eines Tonabnehmers?
Noch mal zur Erinnerung: Tonabnehmer in E-Gitarren bestehen aus Spulen, in denen Draht mehrfach um einen Magnetkern gewickelt wird. Diese Spulen wandeln die mechanischen Schwingungen der Saiten in elektrische Signale um.
Eine Spule hat immer eine Kapazität, die nicht immer erwünscht ist. Man nennt sie die parasitäre Kapazität. Diese Kapazität entsteht aufgrund der Anordnung und Nähe der Drahtwicklungen zueinander. Wenn die Drahtwicklungen sehr parallel und dicht beieinander liegen, wie es oft bei maschinell gefertigten Tonabnehmern der Fall ist, erhöht sich die parasitäre Kapazität. Diese Kapazität kann dann als Hochpassfilter wirken, der hohe Frequenzen im Signal dämpft. Das führt zu einem Verlust an Höhen und einem weniger klaren Klang.
Warum klingen handgewickelte („Scatter Wound“) Tonabnehmer besser?
Handgewickelte Tonabnehmer, oft als „scatter wound“ bezeichnet, haben eine unregelmäßigere Drahtanordnung. Dies wird erreicht, indem der Draht beim Wickeln bewusst zufällig verteilt wird. Diese unregelmäßige Anordnung reduziert die parasitäre Kapazität der Spule. Hier sind die wesentlichen technischen Aspekte:
- Reduzierte parasitäre Kapazität: Durch die weniger parallele Anordnung der Drähte in handgewickelten Spulen entsteht eine geringere Kapazität zwischen den Wicklungen. Dies bedeutet, dass weniger hohe Frequenzen gefiltert werden.
- Erhalt hoher Frequenzen: Da die parasitäre Kapazität reduziert ist, bleibt das Signal der hohen Frequenzen weitgehend intakt. Das führt zu einer verbesserten Präsenz und Brillanz im Klang der Gitarre.
Inzwischen gibt es viele Wege ein Signal auch „aktiv“ aufzumotzen, aber das ist ein anderes Thema für eine andere Episode. Wichtig für diese ist festzuhalten: nur die Frequenzen, die der passive Tonabnehmer weiterleitet, können auch verstärkt und/oder bearbeitet werden. Deshalb sind handgewickelte („Scatter Wound“) Tonabnehmer klanglich reichhaltiger und haben einen größeren Frequenzverlauf.
Schreibe einen Kommentar