EGL068 Auch interessant auf dem 38c3
In dieser Folge trifft Flo den Programmierer, Künstler und Podcaster Ali Hackalife auf dem 38c3 in Hamburg. Der Chaos Communication Congress findet vom 27.12. bis 30.12. im Congress Center Hamburg (CCH) statt. Ali ist auch 2024 wieder dabei und Flo nutzt die Gelegenheit, um mit ihm eine Episode aufzunehmen. Ali produziert seit gut einem Jahr den Podcast "Auch interessant" und präsentiert darin eine große Themenvielfalt. Mit verschiedenen Gästen nimmt er Sendungen über Pilze, Segelfliegen, Hitlers Drogenkonsum, wie man einen Wingsuit fliegt, verschiedene Literaturrezensionen, Neuigkeiten aus der Tech-Welt und vieles mehr auf. Bevor wir "Reden beim Laufen", sitzen wir im 3. Stock des Kongresszentrums und sprechen über die Entwicklung der Kongresse in den letzten 10 Jahren. Ali erzählt, wie er zum Chaos kam und was er auf den Kongressen alles getrieben hat. Wir sprechen auch über einzelne Sendungen von "Auch interessant", die Flo besonders bemerkenswert fand. Darunter das Interview mit Norman Ohler, der in seinem Buch "Der totale Rausch" über die Rolle der Drogen im Dritten Reich und in der Biografie Hitlers berichtet. Dann verlassen wir den 38c3, um getreu dem Prinzip des Eigentlich Podcasts laufend zu reden und bewegen uns zum Alsterufer. Das eigentliche Thema soll Kochen sein und wir tauchen ein wenig in die Frühgeschichte des Menschen ein, um die evolutionäre und kulturgeschichtliche Rolle des Kochens zu beleuchten. Der Homo sapiens mit seinem hohen Kalorienverbrauch war auf gekochte Mahlzeiten angewiesen und soll auch zum Aussterben des Neandertalers beigetragen haben. Zurück in der Jetztzeit erzählt uns Ali von seiner Sehbehinderung und wie er "Kochen ohne Gucken" kann. Als wir wieder vor dem CCH stehen, stellt Ali fest, dass er keine der Notizen, die er sich vorher gemacht hat, angesprochen hat. Wir beenden die Folge mit der Aussicht, bei der nächsten Chaos-Veranstaltung eine neue Folge aufzunehmen. Viel Spaß beim Hören.
Shownotes
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- EGL068 | Wanderung | Komoot
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- auch-interessant.de
- Benutzer:Ali Hackalife – Wikipedia
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- Jugend hackt – Wikipedia
- Querschläger (ricochet) - HackDash
- Berlin 2015 – Jugend hackt
- https://media.ccc.de/b/congress/2015
- Politikunterricht – WRINT: Wer redet ist nicht tot
- Willkommen - CERT - Chaos Emergency Response Team
- Social Engineering (Sicherheit) – Wikipedia
- 1 Jahr – Statistiken, Geld und Transparenz | auch-interessant.de
- Norman Ohler – Wikipedia
- Joe Rogan Experience #2183 - Norman Ohler
- Diogenes Verlag - Der Zauberberg, die ganze Geschichte
- Der totale Rausch - Norman Ohler | Kiepenheuer & Witsch
- Oxytocin – Wikipedia
- Theo Morell – Wikipedia
- Werner Heisenberg – Wikipedia
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- Kapitel 1 - Die Bibel - song by Martin Luther, Rufus Beck | Spotify
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- diplom designer malik aziz
- Freak Show | Menschen! Technik! Sensationen!
- Pilze mit Norman Glatzer | auch-interessant.de
- Wingsuit fliegen mit Kalle | auch-interessant.de
- Mission Kartoffel, Denkgeschwindigkeit, Tunnel | auch-interessant.de
- Das Technikjahr 2024 [Live vom 38c3] mit Dr. Michael Seemann | auch-interessant.de
- Gärtnern mit Felix Wilming (Felix Hobby Garten) | auch-interessant.de
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- Der stärkste Stoff - Norman Ohler | Kiepenheuer & Witsch
- Kochen – Wikipedia
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- Archaischer Homo sapiens – Wikipedia
- Neandertaler – Wikipedia
- Feuer – Wikipedia
- Joachim Ringelnatz – Wikipedia
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- Anfänge | Klett-Cotta
- Achromatopsie – Wikipedia
- Vegetarismus – Wikipedia
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- GitHub - Hackalife/Air-fryer: Documenting my Air-fryer experiments
- Fritteuse – Wikipedia
- Die Ernährungspyramide- BZfE
- Der Ernährungskompass › Bas Kast
- Apokryphen – Wikipedia
Transcript
Alis Bücherliste
- Ohler, N. (2015) Der totale Rausch: Drogen im Dritten Reich. Berlin: Kiepenheuer & Witsch. (Hinweis: Dieses Buch ist auch unter dem Titel Blitzed: Drugs in the Third Reich in englischer Übersetzung erschienen.)
- Ohler, N. (2023) Tripped: Wie LSD die Welt verändert hat. Berlin: Kiepenheuer & Witsch.
- Kast, B. (2018) Der Ernährungskompass: Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung. München: C. Bertelsmann Verlag.
- Graeber, D. und Wengrow, D. (2021) The Dawn of Everything: A New History of Humanity. London: Allen Lane.
- Sheldrake, M. (2020) Entangled Life: How Fungi Make Our Worlds, Change Our Minds and Shape Our Futures. London: Bodley Head.
- Tsing, A.L. (2015) The Mushroom at the End of the World: On the Possibility of Life in Capitalist Ruins. Princeton, NJ: Princeton University Press.
Die Evolution des Kochens: Von heißen Quellen zur molekularen Küche
Das Kochen ist eine der ältesten und wichtigsten Kulturtechniken der Menschheit. Neue archäologische Funde verändern jedoch unser Verständnis der Anfänge dieser fundamentalen kulturellen Praxis. Während bislang die Kontrolle des Feuers als Ausgangspunkt des Kochens galt, deuten Funde in der Olduvai-Schlucht in Tansania darauf hin, dass bereits vor 1,7 Millionen Jahren die Nutzung heißer Quellen zur Nahrungszubereitung erfolgte. Diese Phase wird in der Wissenschaft als „prefire stage of human evolution“ bezeichnet. Der bisher früheste direkte Beweis für das Kochen stammt aus der Fundstätte Gesher Benot Ya’aqov in Israel, wo Überreste von gekochtem Fisch entdeckt wurden, die etwa 780.000 Jahre alt sind. Diese wurden durch kontrolliertes Erhitzen zubereitet, und nicht, wie man bis dahin annahm, über offenem Feuer. Dies zeigt, dass bereits in dieser frühen Phase der menschlichen Evolution komplexe Methoden der Nahrungszubereitung entwickelt wurden.
Die Entwicklung des Kochens hatte signifikante Auswirkungen auf die menschliche Evolution, da durch das Erhitzen die Nahrung nicht nur verdaulicher, sondern auch haltbarer wurde. Dies wiederum führte zu bedeutenden anatomischen Anpassungen, wie der Verkleinerung des Verdauungstrakts, der Verfeinerung des Gebisses und – von besonderer Relevanz – der Vergrößerung des energieintensiven Gehirns. Diese Veränderungen begünstigten auch die Entwicklung der Sprache.
Bereits vor der Erfindung der Töpferei entwickelten die Menschen eine Vielzahl unterschiedlicher Kochtechniken, darunter das Grillen über offenem Feuer, das Garen von Nahrung in heißer Asche, das Rösten auf erhitzten Steinen sowie die Nutzung natürlicher Gefäße wie Muschelschalen und Straußeneiern. Eine besonders interessante historische Methode war das Garen von Fleisch in Tierhäuten oder Tiermägen, eine Technik, die der griechische Geschichtsschreiber Herodot bei den Skythen beobachtete und die als Vorläufer heutiger Gerichte wie Haggis oder Saumagen gilt.
Die neolithische Revolution, die vor etwa 12.000 Jahren stattfand, markierte eine fundamentale Transformation in der Praxis des Kochens. Die Entwicklung der Töpferei ermöglichte erstmals das „Eintopf-Kochen“, eine Innovation, die nicht nur neue Geschmackserlebnisse schuf, sondern auch die soziale Struktur früher Gesellschaften prägte. Die systematische Kultivierung von Getreide sowie die Entwicklung von Mahltechniken führten zur Entstehung des Brotbackens, einer Kulturtechnik, die bis heute eine zentrale Rolle in vielen Gesellschaften spielt. Die Entstehung der frühen Hochkulturen war von einer Reihe bedeutender Innovationen geprägt. In Mesopotamien entstanden um 4.000 v. Chr. die ersten schriftlichen Kochrezepte auf Tontafeln, was einen bedeutenden Schritt in der Systematisierung und Weitergabe kulinarischen Wissens darstellte. Die Ägypter entwickelten komplexe Techniken der Bierbrauerei und Brotbackkunst, während in China das Dämpfen und Wok-Kochen perfektioniert wurde. Diese frühen regionalen Spezialisierungen bilden bis heute die Grundlage vieler kulinarischer Traditionen. Das europäische Mittelalter, das oft als rückständig betrachtet wird, brachte trotz dieses Rufes wichtige kulinarische Entwicklungen hervor. So wurden in den Klosterküchen Konservierungstechniken verfeinert und die Bierbraukunst weiterentwickelt. Ein weiterer bedeutender Aspekt, der die europäische Küche nachhaltig prägte, waren die Kreuzzüge, die zu einem verstärkten Gewürzhandel führten. Die Entstehung der Zunftküchen kann als Grundstein für die professionelle Gastronomie betrachtet werden. Eine der folgenreichsten Veränderungen in der Geschichte des Kochens war der „Columbian Exchange“ im 16. Jahrhundert. Der Austausch von Lebensmitteln zwischen der Alten und der Neuen Welt führte zu einer Revolution der globalen Küche. Kartoffeln, Tomaten und Mais veränderten die europäische Ernährung fundamental, während amerikanische Kulturen neue Nutztiere und Getreidesorten kennenlernten. Diese Entwicklung, die als „kulinarische Globalisierung“ bezeichnet werden kann, hat bis heute anhaltende Auswirkungen auf unsere Ernährungsgewohnheiten.
Die Industrielle Revolution markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung der Kochtechniken. Als signifikante Meilensteine sind in diesem Zusammenhang die Erfindung des Gasherds im Jahr 1802 sowie des Elektroherds im Jahr 1892 zu nennen, welche eine beispiellose Transformation der Küchentechnik bewirkten. Die Entwicklung von Kühlschränken und Gefriertruhen ermöglichte eine völlig neue Form der Vorratshaltung. Mit der Erfindung der Konservendose und der Pasteurisierung wurden neue Wege der Haltbarmachung erschlossen. Das 20. Jahrhundert war geprägt von gegenläufigen Entwicklungen: Einerseits führte die Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion zur Entstehung von Convenience-Produkten und Fast Food, andererseits entwickelte sich als Gegenbewegung die Slow-Food-Bewegung. Die Mikrowelle (1946) und der Schnellkochtopf führten zu Veränderungen in der alltäglichen Küche, während gleichzeitig das Interesse an traditionellen Zubereitungsmethoden wuchs.
Die gegenwärtige Situation ist durch neue Herausforderungen und Möglichkeiten für die Kochkunst geprägt. Einerseits wurde durch die Molekularküche wissenschaftliches Methodenwissen in die Gastronomie integriert, andererseits wird die Digitalisierung durch Smart Kitchen Technologies vorangetrieben. Zudem ist ein zunehmendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und regionale Produkte zu verzeichnen. Zudem könnten neue Konservierungstechniken und alternative Proteinquellen, wie beispielsweise Insekten oder in vitro gezüchtetes Fleisch, die Zukunft des Kochens prägen.
Die Geschichte des Kochens ist nicht nur eine Geschichte der Nahrungszubereitung, sondern auch ein Spiegel der menschlichen Zivilisation. Von den ersten Versuchen der Nahrungsverarbeitung an heißen Quellen bis zur molekularen Gastronomie zeigt sich die enge Verflechtung von technologischem Fortschritt, kultureller Entwicklung und gesellschaftlichem Wandel. Das Kochen stellt demnach eine zentrale Kulturtechnik dar, die einer stetigen Weiterentwicklung und Neuinterpretation unterliegt, während sie zugleich tiefe kulturelle Traditionen bewahrt.
In Anbetracht gegenwärtiger globaler Herausforderungen, wie Klimawandel, Ressourcenknappheit und wachsende Weltbevölkerung, könnte das Bewusstsein für die evolutionäre und kulturelle Signifikanz des Kochens entscheidende Impulse für zukunftsfähige Ernährungskonzepte liefern. Die historische Analyse des Kochens zeigt, dass kulinarische Innovationen häufig eine Reaktion auf gesellschaftliche Herausforderungen darstellen. Diese Erkenntnis ist auch für die Gegenwart von Relevanz.
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