"Deine Stimme, den seltensten Wohllaut, wird man vernehmen im Gestammel des Ungeordneten, des Weggeworfenen und des als wertlos Verdammten." -- C.G. Jung: "Das Rote Buch" Liber Novus, Kapitel 8 "Gottes Empfängnis"

Zwischen Empirie und Vision, Wissenschaft und Glauben. Wir nehmen uns der Frage an: Wie unterscheidet sich klassische empirische Forschung von C.G. Jungs Ansatz einer "neuen empirischen Psychologie"? Jung verstand unter Empirie nicht nur die systematische Beobachtung äußerer Phänomene, sondern auch die methodische Erkundung innerer Erlebniswelten. Für viele überschreitet er spätestens da die Grenzen der Wissenschaft, indem er subjektive Überzeugungen in seine Methodik mit einschließt. Seine Psychologie basiert auf der Überzeugung, dass solche subjektiven Erfahrungen, insbesondere Träume, Imaginationen und archetypische Bilder, wissenschaftlich ernst genommen und erforscht werden können. Im Zentrum dieser Auseinandersetzung steht *Das Rote Buch*, eine Art psychologisches Tagebuch und zugleich ein symbolisch verdichteter Erfahrungsraum, in dem Jung seine eigenen inneren Bilder und psychischen Prozesse dokumentierte und interpretierte. Die über zehn Jahre dauernde Entstehung des Buches werden auch beschrieben als eine Zeit, in der Jung fast schon psychotische Phasen hatte und regressiv mit Holzklötzen seiner Kindheit spielte. Schwer erschüttert von der Trennung Freuds, öffnete er seine tiefenpsychologische Theorie symbolischen, mythologischen und spirituellen Dimensionen. Ist das noch Wissenschaft? Tune in an find out (what we think).

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:03
Und da gibt es doch, glaube ich, auch dann diese Gondelbahn.
Florian Clauß
0:00:03–0:00:04
Ja, genau, das ist Kienberg.
Micz Flor
0:00:04–0:00:09
Meine Eltern sind da gerne mit hingegangen und dann sind Elsa und ich und meine
0:00:09–0:00:11
Eltern diese Gondelbahn gefahren.
Florian Clauß
0:00:11–0:00:14
Und dann seid ihr auch am Wolkenhain vorbeigekommen.
Micz Flor
0:00:14–0:00:15
Den Wolkenhain kenne ich nicht.
Florian Clauß
0:00:15–0:00:17
Leute, es ist diese Stahlkonstruktion.
Micz Flor
0:00:18–0:00:20
Die auf der Spitze von Kienberg auch.
Florian Clauß
0:00:20–0:00:24
Und da gehen wir jetzt hin. Ja, hallo und herzlich willkommen.
0:00:24–0:00:28
Eigentlich Podcast, der Podcast, wo wir im Laufen reden und laufend reden.
0:00:28–0:00:33
Und wie ihr schon gehört habt, wir sind jetzt in Wuhletal, S-Bahnhof,
0:00:33–0:00:38
ausgestiegen und wollen den wunderschönen Wuhle-Wanderweg heute laufen.
Micz Flor
0:00:38–0:00:39
Heißt du so? www?
Florian Clauß
0:00:40–0:00:41
Www.www.
Micz Flor
0:00:41–0:00:46
Kann man weglassen. Eigentlich-podcast.de. Findet ihr dann die Strecke auch.
0:00:48–0:00:58
Und jetzt teilt es hier sehr schön, weil wir noch mit diesen wunderschönen Farben der ja noch ddr.
Florian Clauß
0:00:58–0:01:03
Fließen hier sind das ist glaube
0:01:03–0:01:10
ich hier noch so aus der aus den 50er jahren gefließt ja und ja wir wollen dann
0:01:10–0:01:16
den den kinnberg hochsteigen und auf dem wolkenhain und mit mit hat uns diesmal
0:01:16–0:01:20
ein thema mitgebracht ich bin gespannt hallo mit.
Micz Flor
0:01:20–0:01:23
Hallo das thema du bist gar nicht so, also du bist halt voll gespannt.
0:01:24–0:01:26
Das Thema habe ich dir schon verraten, indirekt.
Florian Clauß
0:01:26–0:01:28
Ja, ich wollte jetzt ein bisschen Suspens für die Zuhörer.
Micz Flor
0:01:29–0:01:35
Ja, genau, aber die lesen ja immer den Titel schon. Wir haben nochmal die CG
0:01:35–0:01:38
Jung Folge aus dem Giftschrank geholt, oder ich?
0:01:39–0:01:44
Wo wir damals, man erinnere sich, ein bisschen darüber gesprochen haben, wie C.G.
0:01:44–0:01:52
Jung in den 50er Jahren als eine seiner ganz späten Schriften über moderne Mythen,
0:01:52–0:01:54
über UFOs geschrieben hat.
0:01:54–0:01:58
Und versucht hat, die in sein Archetypen-Weltbild mit einzupacken und damals
0:01:58–0:02:02
dann auch geschrieben hat, dass Archetypen ja auch veränderlich seien und nicht
0:02:02–0:02:04
so festgeschrieben, wie man das vielleicht annehmen würde.
Florian Clauß
0:02:04–0:02:07
Also wir haben schon ein paar Mal über Zige Jung gesprochen.
0:02:08–0:02:09
Wir müssen das dann nochmal so ein bisschen...
Micz Flor
0:02:09–0:02:10
Einmal haben wir.
Florian Clauß
0:02:10–0:02:14
Nein, wir hatten zwei Folgen. Die andere Folge war über Märchen.
0:02:15–0:02:18
Da hattest du ja auch schon Zige Jung rausgeholt.
Micz Flor
0:02:19–0:02:21
Mit Freude und Fromm zusammen.
Florian Clauß
0:02:21–0:02:27
Das ist ja, also Zige Jung ist ein fortwährender Gast in unserem Sinne.
Micz Flor
0:02:27–0:02:33
Ja, es ist so, dass diese nachhaltiges dran knabbern an Jungen,
0:02:34–0:02:37
und das war bei der Folge mit den Ufos auch so ein bisschen unser Thema,
0:02:38–0:02:42
dass Jungen dann irgendwie sich so zwischen den Welten positioniert und trotzdem
0:02:42–0:02:44
einfach immer darauf pocht. Ich bin Empiriker.
0:02:45–0:02:52
Die Naturwissenschaftler sagen, ich sei religiös, metaphysisch.
0:02:52–0:02:58
Das ist falsch. Und die ReligionswissenschaftlerInnen sagen,
0:02:58–0:03:02
ich sei naturwissenschaftlich, das ist auch falsch. Also alle sind falsch.
0:03:02–0:03:07
Er ist halt einfach Empiriker. Und dieser Empiriebegriff, da wollen wir heute
0:03:07–0:03:11
nochmal ein bisschen drauf gucken, aber auch nochmal ein bisschen eben dadurch
0:03:11–0:03:13
auch nochmal auf Jung zu gucken,
0:03:13–0:03:19
weil speziell das rote Buch, was auch jetzt ein bisschen vorkommt,
0:03:20–0:03:22
Was ja wirklich auch in einem Giftschrank war.
0:03:22–0:03:26
Jung hatte damals per Testament verfügt, dieses rote Buch, was er gemacht hat,
0:03:26–0:03:28
sollte nur in der Familie bleiben.
0:03:29–0:03:31
Da gehen wir gerade rein.
Florian Clauß
0:03:31–0:03:32
Weil es auch sehr persönlich ist.
Micz Flor
0:03:32–0:03:36
Es ist sehr persönlich, es sind viele Träume drin und Traumdeutungssachen drin.
0:03:36–0:03:43
Aber es ist für viele einfach auch so eine metaphysische Bibel geworden für die Verbindung.
0:03:44–0:03:48
Also in so einem esoterischen Weltbild, wo alles miteinander verbunden ist.
0:03:48–0:03:51
Und eben Jung dazu einlädt.
0:03:51–0:03:54
Und wir werden ein bisschen über diese Ambivalenz sprechen.
Florian Clauß
0:03:54–0:03:54
Ja.
Micz Flor
0:03:55–0:03:57
Weil, ähm...
0:03:58–0:04:04
Bei allen Dingen, die irgendwie ins Religiös-Metaphysische abdriften,
0:04:04–0:04:09
gibt es dann immer so letztendlich keinen Beweis oder Falsifikation,
0:04:09–0:04:11
sondern man muss es dann halt glauben.
0:04:11–0:04:14
Wir kommen also eben zurück auf dieses Thema Glauben.
Florian Clauß
0:04:14–0:04:15
Auf das Glaubenthema.
Micz Flor
0:04:15–0:04:17
Ich weiß nicht, ob ich das Wort Glauben in den Titel nehme.
Florian Clauß
0:04:18–0:04:19
Ja, vielleicht Empfinden auch.
Micz Flor
0:04:20–0:04:21
Empfinden, okay.
Florian Clauß
0:04:22–0:04:29
Aber vielleicht, ich weiß nicht, wie du jetzt dir die Folge so eingeleitet gedacht hast.
Micz Flor
0:04:29–0:04:31
Ich habe auch noch einen riesen Twist drin. Ich weiß gar nicht,
0:04:31–0:04:35
ob es eine oder zwei Folgen sind. Du wirst wahrscheinlich hinten umfallen.
0:04:35–0:04:37
Ich muss dich wahrscheinlich wieder benehmen.
Florian Clauß
0:04:37–0:04:40
Wenn ich dann diesen Twist... Wir haben ja schon so ein paar eigentlich...
0:04:42–0:04:47
Aber wollen wir vielleicht noch mal um so die Grundlagen von Freud,
0:04:47–0:04:49
wollte ich schon sagen, Grundlagen von Jungen.
0:04:49–0:04:56
Wollen wir die vielleicht noch mal so voranstellen, bevor wir dann in die Empirie gehen?
0:04:57–0:05:03
Weil das ist ja so ganz fundamental, ist ja so ein bisschen diese Idee der Archetypen
0:05:03–0:05:07
und des Unbewussten vielleicht da auch in Abgrenzung zu Freud.
0:05:09–0:05:14
Ich weiß nicht, ob ich dich jetzt auf einen kalten Fuß erwische oder kann man
0:05:14–0:05:20
das noch mal so ganz kurz zumindest so in den Grundbegriffen sortieren?
Micz Flor
0:05:20–0:05:23
Ja, es ist gut, weil man dann einfach auch oder ich nochmal vorne heranstellen
0:05:23–0:05:31
kann, dass ich sehr ambivalente Haltung gegenüber dem habe, was ich weiß und ich bin kein Experte.
0:05:31–0:05:34
Das heißt, ich habe mich da so reingelesen und,
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Und wahrscheinlich auf einer Ebene wie viele andere Esoteriker,
0:05:39–0:05:44
die sich damit auseinandersetzen, die dann halt ein paar Primärtexte,
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viel Sekundärmaterial und was vom Netz ist.
Florian Clauß
0:05:49–0:05:53
Gut, du bist aber Tiefenpsychologe, das heißt, du kommst auch aus einer gewissen
0:05:53–0:05:56
Richtung. Du kannst zumindest fachlich beurteilen.
Micz Flor
0:05:57–0:06:00
Ja, fachlich. Gut, das ist aber interessant, weil da geht es ja um Empirie und
0:06:00–0:06:04
Wissenschaft, wissenschaftliche Haltung. Und also man kann erst mal sagen,
0:06:04–0:06:10
und da kann ich mich so ein bisschen alignen, wie man neudeutsch sagt, so align mit Jung.
0:06:11–0:06:16
Der hatte schon als Kind irgendwie dann oder als Jugendlicher so eine Beschreibung
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von sich selbst, dass er eigentlich so zwei Personen ist, so zwei Typen.
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Der erste Typ ist quasi der alltäglich rationale Schuljunge aus Basel und der
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halt Schwermut hinterlich lassen will, so ein bisschen lebenslustiger ist und
0:06:30–0:06:33
sowas. und der so naturwissenschaftlich geprägt ist.
0:06:33–0:06:39
Und er hat immer wieder auch so diesen zweiten, der ist so eher rückzügig introvertiert
0:06:39–0:06:42
und der beschäftigt sich eher mit religiösen Themen, den verknüpft er so ein
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bisschen mit dem Mittelalter auch.
0:06:44–0:06:50
Und die zwei zum Beispiel sah die eins immer nur als so eine notwendige Seite.
0:06:51–0:06:53
Mit der man halt so in der Welt war.
0:06:53–0:06:57
Und diese zwei, die war irgendwie für ihn halt mit was Vergangenem verbunden.
0:06:57–0:07:01
Und da sind wir dann schon auch bei diesen Grenzen. Also das Bild war für ihn
0:07:01–0:07:04
gleich so, das ist von früher. Auch schon relativ jung hat er es gedacht.
0:07:06–0:07:13
Und diese Person 2 war mit den Geisteswissenschaften verbunden und der Theologie.
0:07:13–0:07:17
Und bei mir kann ich mich da insofern mit verbinden, weil ich auch irgendwie
0:07:17–0:07:24
damals nach dem Abi so zwei Dinge hatte. Ich hatte Abi in Mathe und Bio gemacht
0:07:24–0:07:27
und wollte eigentlich in die Naturwissenschaften gehen.
0:07:27–0:07:31
Biologie war mir schon fast so ein bisschen zu weich. Ich hatte überlegt,
0:07:31–0:07:32
vielleicht sogar Physik zu machen oder so.
0:07:33–0:07:35
Und dann hatte ich die anderen beiden Fächer, waren halt Musik und,
0:07:36–0:07:38
vielleicht vergessen, wie hieß das nochmal?
0:07:38–0:07:45
Ich wollte sagen Geisteswissenschaften, aber diese Gemeinschaftskunde, nee, wie hieß das?
0:07:45–0:07:52
Gesellschaftskunde oder so? Das waren dann eher so musisch, softe und so soziale Interessen.
0:07:52–0:07:57
Und ich hatte die so beide und hatte mich dann nach dem Abi entschieden für Naturwissenschaften.
0:07:57–0:08:00
So, deshalb sage ich Alligning, so wie Jung sich zuerst für Medizin entschieden hat.
0:08:01–0:08:06
Und dann habe ich aber später, als die, damals war Zivildienst 20 Monate,
0:08:06–0:08:11
habe ich in der mobilen Altenpflege viele alte Männer beim Sterben betreut.
Florian Clauß
0:08:11–0:08:12
Die zu Hause gestorben sind.
Micz Flor
0:08:13–0:08:19
Und hatte dann da mich, glaube ich, für dieses Sozialpsychologische schon ein
0:08:19–0:08:22
bisschen auch erwärmt und hatte dann wirklich auch so ein,
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Ja, so eine ganz seltsame psychosomatische Erfahrung, als ein Patient,
0:08:28–0:08:33
der einen Dekubitus hatte, also wundgelegen war, den ich halt betreut habe und
0:08:33–0:08:36
immer so auf die Seite gedreht und dann mit ihm gesprochen, öfter mal da und so.
0:08:38–0:08:42
Und der heilte dann, das ist zugeheilt.
0:08:44–0:08:47
Und das hat mich einfach irgendwie sehr gefreut und ich wusste gar nicht,
0:08:47–0:08:52
wie wichtig mir das war, bis es dann passierte, dass das irgendwann wieder aufgebrochen ist.
0:08:52–0:08:57
Und als es ihm dann schnell schlechter ging und als ich ihn dann morgens besucht
0:08:57–0:09:01
hatte zum Bett wechseln, Windel wechseln, reden und gesehen habe,
0:09:02–0:09:03
dass das wieder wund geworden ist.
0:09:04–0:09:09
In der Nacht habe ich auf, ich bin am nächsten Morgen der Nacht,
0:09:09–0:09:14
nach der Nacht aufgewachen und hatte so eine Hühnerei große Brandblase an der Hüfte.
0:09:14–0:09:19
Also ich hatte mich in der Nacht wund gelegen, Es war voller Wasser und das
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war wirklich ein komisches Erleben.
0:09:22–0:09:25
Ich hatte später nochmal sowas, als ich in Manchester studiert habe,
0:09:26–0:09:29
da hatte ich einen Mitbewohner, der war komplett kahl.
0:09:30–0:09:33
Ich habe zum Anfang gar nicht gecheckt, der hatte entweder so ein Kopftuch auf
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oder hat so eine Mohiken-ähnliche Punk-Frisur.
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Ich habe mich immer gefragt, wer die Haare unter dem Kopftuch liegt,
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wie sie gecheckt haben. Das war eine Perücke.
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Hat er mir dann erklärt und hat erzählt, das heißt glaube ich im Deutschen Kreisrunde Haarausfall.
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Und da habe ich gedacht, nie gehört, man weiß nicht warum, aber das fängt dann
0:09:51–0:09:55
an und dann hast du wie so eine Münze, auf einmal keine Haare mehr und das ist
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dann über seinen ganzen Kopf gewandert und er hat einfach alle Haare verloren.
Florian Clauß
0:09:58–0:09:58
Okay.
Micz Flor
0:10:00–0:10:05
Und was ist ein paar Tage später passiert, bei mir unten am Kinn sind so ein
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paar Haare, war so ein bisschen so eine Fleischstelle und die ist dann größer
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geworden, bis auf so eine, würde man heute mit 10 Cent großes,
0:10:13–0:10:15
hatte ich hier einfach keine Haare mehr.
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Und ich hab im Spiegel gedacht, das darf doch nicht wahr sein.
0:10:18–0:10:20
Und dann ist es aber stehen geblieben.
0:10:22–0:10:25
Dann war es irgendwann nachgewachsen, dann waren die weiß, die Haare,
0:10:25–0:10:26
und dann wurden sie wieder dunkel am Bart.
Florian Clauß
0:10:26–0:10:28
Ja, Stalker-mäßig.
Micz Flor
0:10:28–0:10:31
Es war wirklich, wirklich, also ich habe gedacht, so Mensch,
0:10:31–0:10:33
ey, mitschwingen ist ja schön und gut.
0:10:34–0:10:37
Aber wie kann es sein, dass ich über dieses psychische Mitschwingen bis auf
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den Körper, in der Brandblase und im kreisruhen Haarausfall,
0:10:41–0:10:47
da diese Symptome, die jetzt wirklich nicht psychisch sind, ja.
0:10:47–0:10:50
Also man kann ja auch messen, dass wenn ein Team einer Stress hat,
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kriegen alle Stress. Kann man jetzt drüber philosophieren, wie die stressige
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Interaktion dann auch die Stresshormone freisetzt.
0:10:57–0:11:02
Okay, aber das waren wirklich so Sachen, wo ich auch dachte, krass.
Florian Clauß
0:11:02–0:11:05
Ja, ich meine, diese Synchronicität, das ist ja, glaube ich,
0:11:05–0:11:11
schon so ein übergreifendes Konzept da auch in der Jungschenlehre.
Micz Flor
0:11:12–0:11:14
Das ist nochmal was anderes, dazu habe ich aber auch ein Beispiel aus meiner
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Biografie, das du auch schon ein bisschen kennst.
0:11:18–0:11:22
Also ich kann jetzt schon sagen, es werden zwei Folgen. Ich werde diese Folge
0:11:22–0:11:26
beenden mit dem Intro für den Twist für die zweite Folge.
Florian Clauß
0:11:26–0:11:34
Okay, das heißt ein Cliffinger. Das können wir auf dem Wolkenhain auf Kienberg dann machen.
Micz Flor
0:11:35–0:11:41
Zum Beispiel. So, jetzt ist dann, wir waren bei Jung, der hatte dann eben die
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Psychiatrie für sich entdeckt, so wie ich damals die Psychologie entdeckt habe.
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Ich möchte mich damit gar nicht erhöhen.
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Ich möchte mich insofern alignen, als dass ich in diesen Folgen wahrscheinlich
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immer wieder auch zwischen diesem sehr naturwissenschaftlichen Kopfschütteln
0:11:56–0:12:02
und diesen selbst erlebten Synchronicitäten komme ich gleich das Beispiel an.
Florian Clauß
0:12:02–0:12:03
Vielleicht heißt die Folge dann Ich und Jung.
Micz Flor
0:12:05–0:12:06
Ewig Jung.
0:12:10–0:12:15
Es gibt auf alle Fälle aber auch Unterschiede. Also zum Beispiel beschrieb Jung
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auch dann später, dass er schon als Kind auch viele Halluzinationen hatte.
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Er hatte dann auch in der Mitte des Lebens, so Mitte 30, nachdem er von Sigmund
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Freud damals ja sozusagen als Prinz, als Kronprinz erkoren wurde und rangezogen wurde,
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gab es dann den Bruch, nachdem die beiden irgendwie gemerkt haben,
0:12:39–0:12:40
dass sie nicht zusammenpassen.
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Für Freud war Jung dann irgendwie doch zu okkult und schlammig und metaphysisch.
0:12:48–0:12:55
Für Jung war Freud dann eben doch auch ein Vater, gegen den er rebellieren wollte,
0:12:55–0:12:57
könnte man vielleicht mal so sagen.
Florian Clauß
0:12:57–0:13:00
Darf ich da vielleicht mit meinem angelesenen Halbwissen nochmal rein?
Micz Flor
0:13:00–0:13:01
Ja.
Florian Clauß
0:13:01–0:13:08
Und behaupten, dass sich ja die Lehre von Jung und von Freud in einem Punkt
0:13:08–0:13:14
des Unbewussten noch, die Interpretation des Unbewussten noch, unterscheidet.
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Freud, derjenige, der sehr viel aus diesem Trieb und Sexualität erklärt hat,
0:13:22–0:13:30
hat das alles im Unbewussten mitgeparkt und daraus sehr viel Theorie entwickelt.
0:13:30–0:13:36
Und Jung hat ja die Idee der Archetypen im Unbewussten gepflanzt.
0:13:36–0:13:42
Und das ist, glaube ich, nochmal so, was die beiden unterscheidet,
0:13:42–0:13:43
jetzt auch für unseren Zugang.
Micz Flor
0:13:44–0:13:47
Ich versuche es nochmal, also was du sagst, noch mal bildlich darzustellen, weil,
0:13:50–0:13:55
Das ist rückblickend zusammengefasst wahr, aber beide haben ihre Theorien ja
0:13:55–0:13:56
immer wieder auch umgebaut.
0:13:56–0:14:00
Aber es gibt so fundamentale Ideen, die sich da unterscheiden.
0:14:00–0:14:04
Und diese ganze Idee mit dem Archetypen und dem kollektiven Unbewussten,
0:14:05–0:14:10
Fußnote kommt auch noch drin, während des Dritten Reichs nannte Jung,
0:14:11–0:14:14
weil er nämlich dann sehr gerne diesen Job auch angenommen hat,
0:14:14–0:14:23
Das offizielle psychoanalytische Magazin, was dann aber schon nicht mehr,
0:14:24–0:14:29
also ihm wurde angetragen, das zu übernehmen, nachdem die ganze psychoanalytische
0:14:29–0:14:33
Vereinigung dann von Juden gesäubert wurde.
0:14:33–0:14:38
Und er hat das gerne übernommen und hat dann auch sehr opportunistisch in gewisser
0:14:38–0:14:43
Weise gleich sein kollektives Unbewusstes in ein Rassenunbewusstes umbenannt.
Florian Clauß
0:14:43–0:14:49
Ja, ich glaube, die Gefahr des Totalitären im Universellen ist sehr nah.
Micz Flor
0:14:50–0:14:53
Ja, und man könnte aber vielleicht das, was du sagst, als Bild,
0:14:54–0:14:58
habe ich mir auch nämlich überlegt, das habe ich jetzt vorhin verpasst.
0:14:58–0:15:02
Ich wollte es so auch einführen zu sagen, wenn man sich das so anschaut, bei Freud war es so,
0:15:02–0:15:07
dass das Unbewusste, auch in seinen ganz frühen Zeichnungen,
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gibt es halt eben diesen Blob, das habe ich ja glaube ich in einer anderen Folge
0:15:09–0:15:13
schon mal beschrieben, wo das Unbewusste ist, Vorbewusste ist Bewusste und dann
0:15:13–0:15:17
gibt es so einen kleinen Würfel, das ist quasi das auditive Interface zur Welt.
0:15:17–0:15:22
Also der so ein organismus und diffusen organismus den er da malt der ist geschlossen
0:15:22–0:15:31
ja das unbewusste ist unten drin nimmt viel platz ein aber ist geschlossen da drin später nimmt die,
0:15:32–0:15:38
freut das Über-Ich mit dazu, als auch noch etwas, was wirksam ist.
0:15:39–0:15:44
Und da öffnet er natürlich dann diesen Organismus für, sage ich mal,
0:15:44–0:15:48
den Zeitgeist, soziale Interaktionen, soziale erwünschte Themen und so.
0:15:48–0:15:55
Aber bei Jung ist es fundamental unterschiedlich, weil bei dem ist das Unbewusste nach unten offen.
Florian Clauß
0:15:56–0:15:56
Ja.
Micz Flor
0:15:57–0:16:01
Und da geht es dann, also man kann sich das wirklich sofort in so einem esoterischen
0:16:01–0:16:06
Bild auch vorstellen. Also da ist oben das Individuum und nach unten raus ist
0:16:06–0:16:08
es aber verbunden mit so tiefen Wurzeln.
0:16:09–0:16:12
Und da geht es durch das eigene Unbewusste durch.
0:16:12–0:16:15
Und dann gibt es noch, ich weiß nicht mehr genau, wie ihr das nennt,
0:16:15–0:16:18
diese tiefe Stimme oder sowas.
0:16:18–0:16:21
Also wie gesagt, das wandelt sich ja auch mit der Zeit so ein bisschen.
0:16:21–0:16:24
Ich lese, glaube ich, danach auch ein Stück was vor aus dem Roten Buch.
0:16:25–0:16:28
Aber ich glaube, ich habe mich jetzt gegen diese tiefe Stimme entschieden,
0:16:28–0:16:33
sondern eher was, was ihn so ein bisschen auch als Religionsgründer so etabliert.
0:16:34–0:16:38
Aber diese Verbindung des Unbewusstes nach unten offen, das ist dann der Ort,
0:16:38–0:16:40
wo sich dann das kollektive Unbewusste trifft.
0:16:41–0:16:47
Also die, die Dune 2 gesehen haben, alles Wasser fließt in diesen unterirdischen Pool.
0:16:47–0:16:54
Also alle Seelen der Gestorbenen vom Dune-Planeten sind da unten drin.
Florian Clauß
0:16:54–0:17:00
Ja, also ich habe das auch jetzt nochmal so in Vorbereitung,
0:17:01–0:17:05
muss ich gestehen, bei Wikipedia so, was sehr handfest war, um dieses kollektive
0:17:05–0:17:06
Unbewusste zu beschreiben.
0:17:07–0:17:09
Und was mich auch wieder sehr ergriffen und beschäftigt hat.
0:17:10–0:17:14
Nämlich, dass dieses kollektive Unbewusste, wir haben es ja auch in anderen
0:17:14–0:17:17
Folgen schon erwähnt, könnte ja sowas wie...
0:17:18–0:17:22
Wie wir bei den Märchen gesprochen haben, ein Meme sein.
0:17:23–0:17:27
Das heißt, ein kollektives Gedächtnis, was sich weiterpflanzt.
0:17:27–0:17:29
Keine Gene, sondern ein Meme.
0:17:30–0:17:33
Beziehungsweise auch die Glutkerne, die in Märchen auch irgendwo drin sind.
0:17:33–0:17:36
Und dann sind wir an der Grenze zum Schamanismus und dann kommen wir wieder zum Roten Buch.
0:17:36–0:17:40
Das ist ja der Bogen. Aber das finde ich halt total stark, dieses Bild.
0:17:40–0:17:42
Das ist fast sehr wissenschaftlich beschrieben.
0:17:42–0:17:52
Wenn dann eben ein Säugling auf der Welt ist und es gibt ja kein genetisch vererbtes Bild der Mutter.
0:17:54–0:17:58
Sondern es gibt ja irgendwie nur so ein gefühltes Bild der Mutter.
0:17:58–0:18:03
Das heißt, es gibt ein gefühltes Pattern. Wenn ich schreie, dann kriege ich was.
0:18:04–0:18:08
Woher weiß dieser Säugling, dass er das so tun muss? Und das ist ja so dieses
0:18:08–0:18:15
kollektive Unbewusste, was dann erst mal so wirkt. Und dann prägt sich ja erstmal
0:18:15–0:18:17
diese Individuation aus.
0:18:17–0:18:24
Aber erstmal ist dieser Druck da, dieses Archetyp, was dann eben den Säugling
0:18:24–0:18:27
zum Schreien und zum Verhalten drängt.
0:18:27–0:18:33
So ganz grob beschrieben. Und das ist halt, was es dann im Unterschied,
0:18:34–0:18:37
vielleicht kann man nicht sagen, ob es bei Tieren anders ist.
0:18:37–0:18:43
Ich meine, wenn eine Giraffe geboren wird, dann steht die auf und läuft weg. Woher kann die das?
Micz Flor
0:18:44–0:18:48
Das ist instinktiv. Die Ameisen, das ist ja auch deine Ameisenfolge.
0:18:49–0:18:52
Da ist es, finde ich, am anschaulichsten. In keiner einzelnen Ameise ist das
0:18:52–0:18:54
komplexe System verhaftet.
0:18:54–0:18:58
Und trotzdem ist das komplexe System mit Absurdesten. Also wer es noch nicht
0:18:58–0:19:00
gehört hat, das ist echt auch eine meiner Favorite-Folgen.
0:19:00–0:19:02
Auch weil wir eine tolle Wanderung dabei hatten.
0:19:02–0:19:06
Da kann jeder gerne mal nachgehen. Im Sommer hat es gebrutzelt. War super.
0:19:07–0:19:11
Aber das ist ja wirklich dann so, dass in keiner Ameise ist es drin und trotzdem
0:19:11–0:19:13
ist es zwischen allen Ameisen gegeben.
0:19:13–0:19:17
Und mit dem, was du sagst, also das Bild der Mutter...
0:19:20–0:19:23
Ich versuche das manchmal immer so ein bisschen zu beschreiben,
0:19:23–0:19:27
das ist zumindest in meinem Verständnis, jetzt sind wir auch wieder natürlich
0:19:27–0:19:30
bei sehr individuellen Erklärungsmodellen für solche Sachen.
0:19:31–0:19:35
Bei den Large Language Models habe ich mal so einen kurzen Vortrag gesehen,
0:19:35–0:19:37
wo jemand meinte, was ist denn eigentlich eine Idee?
0:19:38–0:19:42
Und es gibt bei den Large Language Models dann so eine Phase von,
0:19:42–0:19:45
in Anführungszeichen, Interneuronen zwischen irgendwie, keine Ahnung,
0:19:45–0:19:49
es ist ja alles quasi von Menschen gemacht, das Abbild von irgendetwas.
0:19:49–0:19:53
Also im Endeffekt im Computer, aber eine Vorstufe von dem, was dann als Output kommt.
0:19:54–0:19:58
Der Output ist immer wieder einzigartig, wird ja auch immer wieder quasi tabula
0:19:58–0:19:59
rasa und neu rausgepusht.
0:20:00–0:20:05
Aber die Idee sei sozusagen ein Freeze von dem, bevor der Output kommt.
0:20:06–0:20:11
Und ähnlich habe ich oft das Gefühl, dass es weniger die Mutter und das Kind
0:20:11–0:20:16
sind, sondern was angelegt ist im Formmodell, sind die Möglichkeiten der Verbindung.
0:20:16–0:20:21
Ja, die Bindung ist das, was wir eben als soziale Verbindung,
0:20:22–0:20:23
aber auch Interaktion können.
0:20:24–0:20:29
Und das ja in sich selbst, da sind wir wieder bei den Ameisen,
0:20:29–0:20:33
aber bei uns trägt ja dieses zwischen den Menschen auch noch die ganze Kultur,
0:20:33–0:20:36
das ganze Wissen, ja, generational, was da weitergegeben wird.
0:20:36–0:20:39
Also irgendwo ist das hier festgehalten.
0:20:39–0:20:45
Und solche Bilder wie zum Beispiel bei dem vorletzten Alien-Film,
0:20:45–0:20:50
glaube ich, wo dann die ganzen Menschen-Embryos halt so Deep Freeze mäßig einfach
0:20:50–0:20:53
rausgeschossen werden ins Universum.
0:20:53–0:20:58
Und ein Androide kommt halt mit, der ja dann auch eben diesen einen Alien mit reinsetzt.
0:20:58–0:21:02
Das war jetzt der Plot-Spoiler, dass die Menschen nie ankommen, so nur Aliens.
0:21:04–0:21:08
Man die einfach so wegschicken könnte und dann entsteht da wieder Menschheit.
0:21:08–0:21:10
Das ist wahrscheinlich nicht so leicht.
0:21:11–0:21:14
Oder, wir werden es ja wissen, vielleicht ist es ja viel leichter als gedacht.
Florian Clauß
0:21:14–0:21:20
Ja, ich meine, was du sagst, auf der einen Seite ist es halt ein ganz biologischer Trieb.
0:21:20–0:21:22
Es ist die Geburt, es ist die Paarung.
0:21:23–0:21:29
Das sind ja so diese Initiationsmomente von Menschheit, Menschheitsgeschichte.
0:21:29–0:21:34
Das heißt, irgendwas muss ja da ein Ideebild sein, wie sich das halt zu gestalten
0:21:34–0:21:37
habe. Deswegen ist es irgendwo eingepflanscht.
0:21:38–0:21:43
Und auf der anderen Seite entsteht daraus Kultur, weil dieses Ideenbild lässt
0:21:43–0:21:48
sich ja nicht eins zu eins immer so umsetzen, sondern du hast ja so einen Möglichkeitsraum
0:21:48–0:21:52
und einen Wirklichkeitsraum, der dann irgendwann in dem Moment,
0:21:53–0:21:59
ja vielleicht, da sind dann die Traumata bei Jung, wenn halt eben das Schreien
0:21:59–0:22:03
des Säuglings nicht beantwortet wird. Ja, dann entsteht ja eine Störung.
0:22:03–0:22:08
Ja, so wie beim Urknall, dann irgendein Teilchen anders gedreht hat und damit
0:22:08–0:22:13
halt die Expansion ausgelöst hat und damit dieses ganze Ungleichgewicht reingebracht
0:22:13–0:22:15
hat und damit wieder diese Entstehung der Sterne.
0:22:16–0:22:20
Also das ist ja irgendwie so das kleinste Teil, was dann halt nicht mehr so
0:22:20–0:22:24
in diesem Wirklichkeitsraum da ist, wo es halt irgendwie, das kann man ja auch
0:22:24–0:22:26
nicht sagen, man kann ja nicht sagen, du bist falsch hier,
0:22:26–0:22:31
sondern es ist ja irgendwie die Prozesshaftigkeit, die da in dem Modell drin wird.
Micz Flor
0:22:31–0:22:35
Und die Prozesse generieren dann, und dann sind wir bei einer Form der Emergenz,
0:22:35–0:22:41
also das Ungreifbare, Strukturierte, was dann so dazwischen passiert.
0:22:41–0:22:48
Aber ich wollte noch eine Sache sagen zu diesem Archetypenbild und so.
0:22:50–0:22:55
Also vorher sage ich noch was anderes. Und zwar hat, wenn es darum geht,
0:22:55–0:22:57
diese Modelle zu bauen, hat Jung auch,
0:22:58–0:23:04
nicht Jung Freud, einen interessanten Subtext eingepackt in seinem wichtigen
0:23:04–0:23:07
Artikel, ich glaube von 24 über Narzissmus.
0:23:08–0:23:12
Und zwar hat er dann irgendwie mehr gesagt, stopp, jetzt muss ich mal hier was loswerden.
0:23:12–0:23:16
Und er sagt dann irgendwie nochmal kurz, ja, wie ist es denn jetzt mit der Libido,
0:23:17–0:23:21
die sich als Objekt-Libido und da muss die wieder umgewandelt werden in freie
0:23:21–0:23:23
Energie. Und wo passiert das denn?
0:23:23–0:23:27
Also so wurde dann, wenn du es alleine liest, denkst du, hä?
0:23:28–0:23:31
Selbst wenn du dem Thema vertraut bist, jetzt macht das aber echt kompliziert.
0:23:31–0:23:34
Und dann sagt er nämlich nochmal Stopp im Stopp und sagt, ja,
0:23:34–0:23:36
so ist es halt. Ja, so müssen wir halt arbeiten.
0:23:36–0:23:40
Wir müssen halt Modelle bauen und wir denken, das sei Wissenschaft,
0:23:40–0:23:42
aber dieses Modell ist natürlich völlig fiktiv.
0:23:43–0:23:46
Freud selbst, und er ist ja auch als Mediziner und Wissenschaftler,
0:23:46–0:23:48
war immer der Meinung, irgendwann wird man das alles finden können,
0:23:48–0:23:50
aber jetzt muss er es halt ableiten.
0:23:50–0:23:54
Er baut diese Modelle und wo wird das denn dann wissenschaftlich?
0:23:54–0:23:56
Und er sagt, ja, wissenschaftlich wird es in dem Moment, wo wir unsere Modelle
0:23:56–0:23:58
dann in der klinischen Praxis erproben.
0:23:58–0:24:04
Weil aufgrund dieser Modelle entstehen ja auch Hypothesen über Veränderung dieses Modells.
0:24:04–0:24:11
Und wenn wir die dann probieren und wir haben einen Erfolg, dann können wir
0:24:11–0:24:15
dieses Modell erstmal nutzen. Es ist quasi, so würde der Mediziner denken, es funktioniert.
0:24:16–0:24:22
Und in der ganzen Psychopharmaka ist es ja auch so, dass die Kategorisierung,
0:24:22–0:24:27
welches Medikament jetzt als antipsychotisch oder angstlösend eingestuft wird,
0:24:27–0:24:34
ist nicht in der Chemie, sondern ist erstmal hauptsächlich in der Wirkweise.
0:24:34–0:24:42
Da werden die halt erst mal kategorisiert und sagen, okay, das ist ein Neuroleptika,
0:24:42–0:24:46
hatte man früher gesagt Antipsychotika, das ist gut gegen Stimmenhören,
0:24:46–0:24:47
gegen Warnhafte und so weiter.
0:24:48–0:24:51
Aber in geringer Dosierung bei manchen Menschen ist es total gut als Schlafmittel.
0:24:52–0:24:55
Aber es wird nicht im Schlafmittel, das ist dann Off-Label-Use.
0:24:55–0:25:01
Aber das heißt, diese ganzen Sachen, die sind auch immer Sachen, die so gebaut werden.
0:25:01–0:25:08
Und Freud hat dann 1924 eben gesagt, um das Ganze auch noch mal auf die Hand
0:25:08–0:25:10
mit der Faust auf den Tisch zu sagen, das ist völlig okay so.
0:25:12–0:25:17
Indem er sagt, schauen wir doch mal an die Physik. Weil das war ja gerade Oppenheimer,
0:25:17–0:25:18
die Quantenphysik in der Zeit.
0:25:19–0:25:26
Da ist es ja auch so, dass auf einmal alle Wissenserfahrungen durch den Boden
0:25:26–0:25:30
fallen, weil wir auf einmal völlig neu denken müssen. Und da gibt es auch noch
0:25:30–0:25:32
keine guten Modelle und man ist einfach am Forschen.
0:25:32–0:25:38
Also das finde ich auch nochmal einen wichtigen kleinen Exkurs, dann mal reinzugucken.
0:25:38–0:25:44
Wir sind immer im Plausiblen, nicht wirklich im Wissen.
0:25:44–0:25:48
Und auch schön nochmal zu sagen, ja 1924 hatte man das Gefühl,
0:25:48–0:25:52
dass man bei der Quantenphysik auch nicht im Wissen ist, sondern auch noch im Stochern.
Florian Clauß
0:25:52–0:25:56
Ja, und dann, ja, das war ja quasi der Höhepunkt der Moderne und in dem Moment,
0:25:56–0:26:02
wo dann Trinity losging und Oppenheimer und die Atombombe, ist ja die Postmoderne
0:26:02–0:26:04
quasi mehr oder weniger angefangen.
0:26:04–0:26:09
Also dann ist ja wieder dieses, also auf einer Kulturgeschichte betrachtet.
0:26:09–0:26:13
Aber noch ein anderer Gedanke dazu, zu den Wirkweisen der Medikamente jetzt
0:26:13–0:26:14
nochmal zurückzuhalten.
0:26:15–0:26:18
Fromm, freut Jung, Fromm.
Micz Flor
0:26:18–0:26:19
Fromm kommt, glaube ich.
Florian Clauß
0:26:19–0:26:20
In dieser Folge eigentlich gar nicht vor.
Micz Flor
0:26:21–0:26:23
Das ist aber lustig, eine Jung, freut Fromm.
Florian Clauß
0:26:23–0:26:24
Ja, das ist deine Folge.
Micz Flor
0:26:25–0:26:30
Wenn die Schmidt, Schulze und Schuster gehen, dann werden wir so gerne über die reden.
Florian Clauß
0:26:31–0:26:36
Ja, das könnte man auch übertragen. Aber das auf die Psychotherapie dann übertragen
0:26:36–0:26:40
ist natürlich auch, der Ansatz zur Heilung ist ja quasi das Unbewusste,
0:26:40–0:26:43
sich irgendwie zugänglich zu machen in verschiedenen Methoden.
0:26:43–0:26:51
Und bei Jung ist ja dann eine Methode diese aktive Imagination.
0:26:51–0:26:58
Das heißt, sich das in so einem Halbwachzustand, dann eben seinen Traumbildern
0:26:58–0:27:02
nachzugehen und da zu schreiben, beschreiben, zu malen, zeigen und so weiter.
0:27:02–0:27:06
Das heißt, da gibt es ja auch die Möglichkeit zu heilen.
0:27:07–0:27:11
Das ist ja ähnlich wie das Medikament, dann auch irgendeine Disposition mitbringt.
0:27:11–0:27:15
Und auch hier eigentlich ist es ein Methodenwerk dann letztendlich,
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was daraus abgeleitet werden kann.
0:27:17–0:27:21
Und das ist natürlich total flexibel. Also das ist dann auch immer,
0:27:21–0:27:26
also das ist glaube ich das, was du ursprünglich zu Freud gesagt hast, dass es,
0:27:27–0:27:31
man kann nicht sagen, dass es diese eine Methode ist, die dann wirkt,
0:27:31–0:27:36
sondern das ist ja dann im kulturellen Kontext sind es unterschiedliche Möglichkeiten.
0:27:36–0:27:41
Jetzt kannst du vielleicht Large Language Models einsetzen, die auch eine heilende
0:27:41–0:27:45
Wirkung, eine methodische Wirkung haben können. Die ist halt irgendwie vor einer Zeit nicht klar.
Micz Flor
0:27:45–0:27:53
Ja, klar. Genau, aber jetzt habe ich den Faden für mich ganz kurz verloren, weil diese,
0:27:53–0:28:05
was du sagst, es wirkt in Anfangszeichen, ist natürlich dann auch noch ein ganz großes Thema,
0:28:06–0:28:12
weil die Psychoanalyse ursprünglich gar nicht unbedingt so denken wollte wie
0:28:12–0:28:14
die medizinische Empirie oder Evidenzforschung.
0:28:15–0:28:18
Aber inzwischen, vor allen Dingen auch in Deutschland, weil halt alles über
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die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet wird, Evidenz vorliegen muss,
0:28:22–0:28:27
damit der soziale Pool das auch zahlt.
0:28:27–0:28:31
Deshalb war ja Homöopathie einfach so lange auch unter Beschuss,
0:28:31–0:28:37
weil es einfach überhaupt keine Evidenzbeweise gab, dass es wirkt.
0:28:38–0:28:44
Und das Geld, was alle in einen Pool stecken, was dann allen auch helfen darf,
0:28:45–0:28:46
wird halt danach auch geprüft.
0:28:46–0:28:51
Aber die Evidenzforschung ist halt so nah an der Medizin, dass du halt so ein
0:28:51–0:28:54
Doppelblindverfahren, Psychopharmaka zum Beispiel, testen kannst.
0:28:54–0:28:57
Kann man sich ja vorstellen, wie das geht. Und dann hast du bestimmte Varianzen,
0:28:57–0:29:00
in denen Symptome reduziert werden und dann kannst du gucken,
0:29:00–0:29:04
sind die signifikant oder nicht, gibt es Nebenwirkungen, wird alles dann geschaut
0:29:04–0:29:05
und dann kommt es auf den Markt.
0:29:10–0:29:14
Psychotherapie, deshalb auch manualisierte psychotherapeutische Verfahren,
0:29:14–0:29:23
die auch versuchen, eben möglichst gleich die Prozesse, Intervention in der Therapie,
0:29:26–0:29:29
auszuführen, nenne ich es mal, sodass man zum Schluss dann wirklich sagen kann,
0:29:29–0:29:35
dieses manualisierte psychotherapeutische Verfahren für Angst ist wirksam und
0:29:35–0:29:38
deshalb zahlt das die Kasse und empfiehlt es auch.
Florian Clauß
0:29:38–0:29:42
Ja, ja, ich meine, das hattest du ja auch so exponiert in der einen Folge.
Micz Flor
0:29:42–0:29:49
Genau, und dann ist es aber eben, um darauf zurückzukommen, mit den psychodynamischen
0:29:49–0:29:52
Verfahren geht es ja immer um das ganz spezielle.
0:29:52–0:29:54
Warum jetzt? Warum das?
0:29:55–0:29:57
Warum Angst vor Pferden?
0:29:59–0:30:01
Das heißt, da wird ja immer ein Schritt, eben laut language,
0:30:01–0:30:04
man ist ein Schritt hervorgeguckt. Da wird ja halt gesagt, okay,
0:30:04–0:30:11
es gibt eine Angst, zum Beispiel die klassische Geschichte mit Angst vor Pferden vom kleinen Hans.
0:30:12–0:30:17
Der Papa und der Junge hatte dann Angst vor dem Papa, würde man dann natürlich
0:30:17–0:30:18
gleich sagen Kastrationsangst.
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Aber das darf er sich nicht gestehen oder zulassen, das ist nicht ausführbar.
0:30:26–0:30:29
Und dann hat er auf einmal Angst vor Pferden, also es verschiebt sich.
0:30:29–0:30:33
Das ist ja ein ganz schillernder Fall, jetzt ganz kurz erklärt.
0:30:33–0:30:37
Das heißt, würdest du jetzt empirisch sagen, Pferdeangst müssen wir wegmachen,
0:30:37–0:30:41
was gibt's? Können wir mal unter P wie Pferde gucken und was machen wir jetzt?
Florian Clauß
0:30:43–0:30:45
Da steht nur ein Penis.
Micz Flor
0:30:49–0:30:53
Papa und Penis und Pferde, alles passt ja sogar, also sind wir sogar mit drin.
0:30:54–0:30:58
Aber deshalb ist natürlich oft diese Evidenzbasierung, gerade auch bei psychodynamischen
0:30:58–0:30:59
Verfahren, einfach nicht so.
Florian Clauß
0:30:59–0:31:02
Ja, das ist spannend, das finde ich jetzt, das ist mir jetzt wirklich tatsächlich
0:31:02–0:31:04
zum ersten Mal so klar geworden.
0:31:04–0:31:09
Da knüpfe ich wieder an, was wir gerade gesagt haben, diese unendlichen Möglichkeiten,
0:31:10–0:31:19
die erstmal in diesem Unbewussten drinnen liegen, die dann halt einen potenziellen 2 hoch N Raum hat,
0:31:20–0:31:25
wie sich das dann ausprägen kann in der konkreten Wirkungsweise und so weiter.
0:31:26–0:31:28
Wie du das gerade beschrieben hast, und dann sind es auf einmal Pferde.
0:31:29–0:31:31
Bei den anderen sind es vielleicht Gartenzwerge oder sowas.
0:31:31–0:31:37
Das heißt, dieses Objekt oder das Subjekt oder das, was dann die Angst bereitet,
0:31:37–0:31:44
ist dann quasi nur der Endpunkt eines Prozesses, der vorher dann irgendwo anders angefangen hat.
0:31:44–0:31:47
Und das heißt, es ist deswegen nicht wiederholbar.
Micz Flor
0:31:47–0:31:51
Und das ist dann oft auch eine Kritik, die aber auch nicht bewiesen ist,
0:31:51–0:31:55
aber oft eine Kritik vom psychodynamischen Verfahren, früher in verhaltenstherapeutischen
0:31:55–0:32:00
Verfahren, die dann zum Beispiel nachweislich in der Expositionstherapie sehr
0:32:00–0:32:02
gut, sowas wie Höhenangst, bearbeiten können.
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Sogar per SMS, es gab eine Zeit lang, bevor es dann die Apps gab,
0:32:07–0:32:11
schon Angebote auch von Krankenkassen, dass man per SMS eine Expositionstherapie machen kann.
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Man wird dann in bestimmten Abständen hingehalten, bestimmte Dinge zu tun,
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dann auszuhalten, bis die innere Aufregung wieder abschwillt und dass man sich
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dann wieder völlig entspannt fühlt und so weiter.
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Es gibt bestimmte Methoden, es funktioniert und die Psychodynamik hat dann immer
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den Vorwurf parat, ja gut, dann entsteht halt Symptomverschiebung.
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Wenn der eigentliche Konflikt nicht gelöst ist, dann bleibt der psychische Druck
0:32:37–0:32:45
erhalten und wenn dieser psychische Druck da ist, dann wird sich ein neues Symptom finden.
0:32:45–0:32:50
Und es gibt auch einen Text, den hatte ich neulich, weiß gar nicht,
0:32:50–0:32:54
ob ich den nochmal finde, aber wo jemand auch bei Zwangspatienten darüber gesprochen
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hat, welche Rolle hat denn eben Zwänge?
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Das war, ich habe den Namen, Lerch, glaube ich, heißt der, der gehemmte Rebell
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ist das Buch, was er geschrieben hat über Zwänge.
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Und der hat halt gesagt, dass anhand der PatientInnen, mit denen er gearbeitet
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hat, eine meinte, dass die Zwänge auf einmal weg waren und dann fehlte ihr was.
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Dann fehlte auf einmal was und dann hat sie irgendwie was anderes gefunden,
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was sie zwanghaft annehmen konnte, um halt so eine bestimmte Struktur,
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die sie scheinbar einfach braucht.
Florian Clauß
0:33:25–0:33:31
Ja, es ist im Prinzip wie dann auf der anderen Seite, wenn du dann halt medikativ
0:33:31–0:33:36
da eingreifst, dann wird wahrscheinlich dieser Druck,
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gedämpft, aber der ist nicht wirklich weg. Also die Frage ist,
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ob das dann eine Form von Heilung ist oder Verschiebung.
Micz Flor
0:33:47–0:33:51
Da gibt es dann eben die ganzen Abwehrmechanismen, die ausgelegt sind,
0:33:51–0:33:54
um diese inneren Unruhezustände zu bändigen.
0:33:55–0:33:59
Und dann kann zum Beispiel Somatisierung, also das war dann meine Brandblase,
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das hat mich so tief erschüttert, Ich habe das nicht zugelassen,
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ist ja nur mein, das wäre jetzt die Theorie dazu, die ist ja hier nur mein Zivildienst.
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Ich kenne den Typ ja eigentlich gar nicht und dann kommt halt die Brandblase
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an meine Hüfte raus. Ich habe die Narbe immer noch, kann ich dir mal im Intim-Moment zeigen.
Florian Clauß
0:34:18–0:34:19
Beim Schneiden.
Micz Flor
0:34:20–0:34:21
Beim Schneidung im Himmels Willen.
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Ich wollte eine Sache noch sagen mit diesem Archetypen-Ding.
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Also auch da haben wir schon, so wie wir drüber gesprochen haben, du genauso wie ich,
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ich hatte ein bisschen gehofft, dass du der methodisch inkorrekt Gegenspieler
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bist, der sagt, Leute, so muss es gemacht werden.
0:34:42–0:34:49
Aber du hast ja jetzt auch selber schon gesagt, man kann bei einer starken Plausibilität
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schnell auch mal schulterzuckend sagen, kann ich glauben.
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Und dann sind wir bei unserer allerersten Folge Contact.
0:34:57–0:35:02
Also Jodie Foster, die halt irgendwann glaubt, dass es Aliens gibt.
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Und es ist in dem Buch, weiß ich gar nicht mehr, aber im Film ist es dann wirklich
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so, dass der Vorwurf, den sie kriegt, ist, dass sie halt fantasiert und sie
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war ja ohnmächtig in dieser großen Kugel.
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Das hat sie alles nur so Hingespinste, der wird im Film ja ausgehebelt,
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weil dann nochmal jemand sagt, also sie sagt halt so, das Tape,
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die Videoaufnahme, da ist nichts drauf.
0:35:26–0:35:30
Und dann ist das Gespräch vorbei und dann sagt die Kollegin von dem aber,
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trotzdem, es waren 17 Stunden Aufnahme, auf denen nichts drauf war.
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Während eigentlich nur die Kugel ist. Also Jodie Foster glaubt an Aliens und
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vorher war sie die Wissenschaftlerin, die halt jeden Schritt so,
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und jetzt ist sie die Einzelkämpferin mit ihrem Glauben.
0:35:47–0:35:50
Und jetzt ist es bei dem, was wir mit den Archetypen gesagt haben,
0:35:50–0:35:57
also Archetypen, die erstmal auch so in Mythen immer vorkommen, da hat.
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Da ist es so, dass in der Hirnforschung, in der angstbezogenen Hirnforschung
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ist es so, dass man inzwischen festgestellt hat,
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dass über die Signale, die halt reinkommen, zum Beispiel über was man sieht,
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werden an der Ermückterlage gesplittet in schnelle Sachen, die zum Hypothalamus
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geschossen werden und langsameren Sachen, die halt hinten zum visuellen Kortex geschickt werden.
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Im Hypothalamus wird in irgendeiner Form, wie auch immer, schnell mal abgeglichen.
0:36:36–0:36:39
Das ist das Angstgedächtnis quasi, kenne ich das schon.
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In der Exposition, in der Expositionstherapie der VT wird erfolgreich dieses
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Angstgedächtnis umgebaut.
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Da habe ich dann keine Höhenangst mehr. Das ist da rausgenommen.
0:36:50–0:36:55
Aber was da ankommt als Signal, wird abgeglichen und dann wird halt gleich gesagt
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Gefahr oder nicht Gefahr.
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Und wenn es Gefahr ist, dann entsteht halt so eine Übernahme des ganzen Systems
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und in drei Phasen werden dann Stresshormone ausgeschüttet und der Körper ist gestresst.
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So, aufgrund dieser Struktur ist es gut erklärbar, warum es sehr viel mehr Hühnerphobien
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gibt als Starkstromphobien.
0:37:21–0:37:21
Ja.
0:37:23–0:37:27
Es ist empirisch nicht nachweisbar, dass Hühner tödlicher sind für Menschen
0:37:27–0:37:30
als irgendwelche Zwischenfälle mit Steckdosen oder so.
Florian Clauß
0:37:30–0:37:30
Ja.
Micz Flor
0:37:32–0:37:37
Aber es ist einfach so. Schlangen, Insekten, das ist alles, da sind wir sehr anfällig.
0:37:38–0:37:43
Und das ist zumindest auch eine plausible Erklärung, zu sagen,
0:37:43–0:37:53
dass eine Weitergabe auf einer genetischen Ebene von solchen Archetypen möglich zu sein scheint.
Florian Clauß
0:37:53–0:37:57
Aber da ist vielleicht diese mimetische Weitergabe, dass du die Bilder dann
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irgendwie vererbst, in der Kultur eingebettet.
Micz Flor
0:38:04–0:38:08
Ja, das ist Das kann man nicht ausschließen,
0:38:08–0:38:13
aber zumindest ist es so, dass das Huhn nachweislich, ich weiß nicht wie das
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mimetisch erhalten blieb, dass das Huhn so gefährlich ist, aber es gibt Hühnerphobien
0:38:17–0:38:19
oder Vögelphobien, die einfach nicht wirklich,
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Die irgendwie nach Jahrhunderten jetzt, glaube ich, dann vielleicht auch mal
0:38:25–0:38:26
nicht mehr notwendig sind, aber die es immer noch gibt.
Florian Clauß
0:38:27–0:38:33
Vielleicht hier noch mal die Anekdote, als ich von Benjamin Worf ein Buch mal
0:38:33–0:38:37
gelesen habe über den Sprachanalytiker.
0:38:38–0:38:41
Und er hat die Sprache der Hopi-Indianer untersucht.
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Und das ist eine völlig andere Struktur in der Sprache. Hat mich sehr fasziniert damals.
0:38:49–0:38:53
Und die jetzt ganz anders strukturell aufgebaut ist.
0:38:53–0:38:57
Und da ist sowas, weil wir hier gerade durchs Gebüsch laufen,
0:38:57–0:39:03
da ist zum Beispiel der Satz, ich schiebe einen Ast beiseite oder ich habe einen
0:39:03–0:39:06
zusätzlichen Zeh an meinem Fuß, das ist das Gleiche.
Micz Flor
0:39:07–0:39:07
Echt?
Florian Clauß
0:39:09–0:39:16
Wie geht das? Aber es ist halt diese Struktur, die das in dieser Hopi-Indianer-Sprache
0:39:16–0:39:20
beschreibt. und vielleicht ist es genau das gleiche wie mit Enten und Starkstrom.
0:39:20–0:39:24
Es ist dann halt irgendwie eine Hülle für irgendwas, was man erst mal wieder
0:39:24–0:39:26
füllen muss mit Bildern.
Micz Flor
0:39:26–0:39:31
Also die Hörer und Hörerinnen, die jetzt nicht dabei waren, während wir hier
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lang liefen, müssen wissen, wir sind gerade über einen kleinen Fluss gelaufen und da waren Enten.
0:39:35–0:39:39
Deshalb hat Flo jetzt von Enten gesprochen. Er meinte Hühner.
0:39:41–0:39:46
Ja, im Deutschen gibt es das ja auch. Das erzählt Elsa immer gerne anderen Menschen.
0:39:48–0:39:52
Nur durch die Betonung werden diese beiden Sätze sehr unterschiedlich.
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Ich werde dich umfahren oder ich werde dich umfahren.
Florian Clauß
0:39:57–0:39:58
Das sind andere Konsequenzen.
Micz Flor
0:39:58–0:40:03
Das ist ein sehr, sehr anderer. Der eine ist eher altruistisch mitdenkend und
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der andere ist eher übergriffig, invasiv.
0:40:07–0:40:10
Aber das nochmal ganz kurz mit diesen Ängsten.
0:40:11–0:40:16
Es ist scheinbar möglich, dass in gewisser Form wirklich solche Sachen übergeben
0:40:16–0:40:23
werden und dann auch wieder evidenzbasierter Daten, sich da bestimmte Sachen festkrallen,
0:40:25–0:40:27
Und das muss man einfach mal so hinnehmen.
Florian Clauß
0:40:28–0:40:33
Ja, das muss man mal so hinnehmen. Okay, es ist natürlich ein heikles Gebiet,
0:40:33–0:40:40
weil du dann auch anfängst, ja, Homopathie und Evidenz und die Frage,
0:40:40–0:40:42
was dann eben Heilung bringt.
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Aber ich meine, was in diesem Zusammenhang auch immer wieder gesagt wird und
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als Sticker vom Böhmermann rausgekommen ist, ist halt, es ist,
0:40:54–0:40:57
jetzt fällt mir eine Spur nicht mehr ein. Warte mal, wie ging es nochmal?
0:41:00–0:41:03
Also Placebo-Effekt ist wirksam.
0:41:03–0:41:08
Das ist ja so die Essenz davon. Das heißt, die Homöopathie liefert ja ein Konstrukt,
0:41:09–0:41:11
ein Erklärungsmuster, von dem sie sagen, das ist wahr so.
0:41:12–0:41:17
Aber dieser Placebo-Effekt, der ist ja wissenschaftlich anerkannt.
0:41:17–0:41:20
Man weiß es nicht, wie es funktioniert in Teilen.
0:41:21–0:41:24
Aber es ist so, dass es eine unglaubliche Wirkung hat.
0:41:25–0:41:32
Und das ist, glaube ich, das, wo jetzt die Medizin noch nicht in diese Gefilde gekommen ist.
0:41:33–0:41:38
Aber es wird nach wie vor, also dieser Placebo-Effekt wird ja so angewandt.
0:41:38–0:41:42
Und das ist ja auch in dem Bereich, ist es dann auch wieder wissenschaftlich
0:41:42–0:41:46
akzeptiert, wenn du nicht sagst, ich habe jetzt hier irgendwie Hühneraugen und
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Entenfüße, mixe ich zusammen und dann wirkt das 100% so.
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Sondern du sagst halt irgendwie so, okay, ich baue dir jetzt mal ein Konstrukt
0:41:55–0:41:58
und ob du dran glaubst oder nicht, ist mir egal, aber es wirkt.
Micz Flor
0:42:00–0:42:03
Und jetzt habe ich eine absolute Déjà-vu Sache.
0:42:04–0:42:10
Da musst du jetzt sagen, habe ich neulich schon mal in unserem Podcast über
0:42:10–0:42:11
EMDR gesprochen, über die,
0:42:15–0:42:19
Diese Traumatherapie, psychotherapische Traumatherapie, EMDR?
Florian Clauß
0:42:19–0:42:21
Ich glaube, wir haben darüber gesprochen.
Micz Flor
0:42:22–0:42:24
Also gut, ich sage es jetzt einfach nochmal, weil es so gut passt.
0:42:25–0:42:26
Bei EMDR ist es auch so, dass man,
0:42:28–0:42:33
versucht, mit bestimmten Augenbewegungen, die durch den Finger,
0:42:33–0:42:41
den der Therapeutin bewegt, das traumatische Erleben dann abgeschwächt werden kann, die Erinnerung.
0:42:41–0:42:43
Also es ist eine Traumatherapie, ohne in die Symptome reinzugehen.
0:42:44–0:42:49
Und man hat aber irgendwann gemerkt, dieser Finger, das muss man gar nicht machen.
0:42:49–0:42:51
Man kann auch auf den Handrücken tippen oder man kann auch im Vorhang auf und
0:42:51–0:42:52
zu machen. Das ist nicht so wichtig.
0:42:54–0:42:58
Lange hielt man an diesen Finger fest. Und jetzt ist die neue plausible Theorie
0:42:58–0:43:01
einfach zu sagen, es geht um geteilte Aufmerksamkeit.
0:43:01–0:43:07
Es geht darum, dass das Trauma nicht die ganze Aufmerksamkeit bekommt,
0:43:07–0:43:10
sondern dass ein Teil der Aufmerksamkeit auf etwas anderem bleibt.
0:43:11–0:43:15
Sodass dann traumatische Erlebnisse nochmal berichtet werden können und dann
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besser integriert werden können, sich entspannen können.
0:43:17–0:43:24
Und bei meinem Modell dazu merkt man schon, wie plausibel und gleichzeitig lose
0:43:24–0:43:25
das dann auch wieder ist.
0:43:25–0:43:32
Aber es ist gerade wohl der aktuelle Stand in der Forschung zu diesem Thema.
0:43:33–0:43:37
Warum muss man nur irgendwas machen und EMDR funktioniert?
0:43:37–0:43:43
Während man lange Zeit sich überlegt hat, was ist es denn bei dieser Augenbewegung,
0:43:43–0:43:44
was dann im Gehirn wirklich passiert.
0:43:44–0:43:46
Aber es war gar nicht das, sondern das Thema war Aufmerksamkeit.
Florian Clauß
0:43:46–0:43:53
Ja, interessant. Jetzt kommt da wieder so ein bisschen so, dass da quasi eine
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Bewegungsstruktur hinterliegt.
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Das ist dann wieder auf einer komplett strukturellen Ebene, aber sobald es eben
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materiell wird, dann vielleicht gar nicht so interessant.
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Also das ist dann das Augenfälligste, was man erstmal untersuchen möchte.
Micz Flor
0:44:07–0:44:09
Augenfälligste war jetzt auch wegen Augen, meinst du?
Florian Clauß
0:44:09–0:44:13
Ja, das, was man dann halt anfassen kann, weil es halt irgendwie konkret wird.
0:44:14–0:44:16
Aber es ist vielleicht gar nicht das, worum es da geht. So ein bisschen,
0:44:17–0:44:18
das hatten wir auch erwähnt,
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ich glaube, als wir das erste Mal über Large Language Models gesprochen haben,
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dass dann der Hautkrebs oder Krebs in so Modellen,
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wo verschiedene Bilder waren und so weiter, dann irgendwann ein Bios drin hatte,
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das im Krebs immer nur dann erkannt wurde, wenn halt so ein Lineal daneben liegt.
0:44:39–0:44:43
Also dann hat man die ganze Zeit, okay, das ist Lineal, das muss irgendwas bedeuten.
0:44:43–0:44:46
Da muss ich mal hin. Das ist ein bisschen wie der Finger, der Finger, der Finger.
0:44:46–0:44:49
Dabei geht es eigentlich um eine andere Sache, die dahinter liegt,
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die dann halt irgendwie unterschiedlich ausgeführt werden kann.
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Und vielleicht geht es dann immer eher um Bewegung als um irgendwas Materielles.
Micz Flor
0:44:58–0:45:01
Wir haben jetzt irgendwie das Eigentliche, Eigentlich Thema ja so ein bisschen
0:45:01–0:45:04
übersprungen, also Jung ist jetzt so ein bisschen hinten dran.
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Ich wollte da aber noch so ein paar Sachen dazu sagen, dass wir vielleicht das,
0:45:10–0:45:14
was wir besprochen haben, was wir eigentlich später hätten besprechen können,
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aber jetzt nochmal hinten dran zu setzen, was eigentlich vorne dran gewesen
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wäre, wäre halt der Jung in seiner Genese hin zum Psychiater und dann Psychoanalytiker.
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Also er hat analytische Psychotherapie oder Psychologie dazu gesagt. Oder analytische oder?
Florian Clauß
0:45:36–0:45:36
Analytische, glaube ich.
Micz Flor
0:45:36–0:45:41
Analytische Psychologie, genau. Und bei ihm war es so, das hatte ich ja gesagt,
0:45:41–0:45:45
biografisch, er schon von sich auch gesagt hat, das Kind schon immer auch mal Halluzination.
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Und ein kindliches Beispiel auch, was ja 1935 nochmal in einem Vortrag eben
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auch angeführt hat, Was ich jetzt anführen werde als etwas,
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was sehr fragwürdig ist, als empirische Evidenz, aber was er da angeführt hat,
0:46:05–0:46:11
als Kind schon das konnte, er hatte einmal so lange das Bild des Großvaters
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angeschaut, was vor ihm war,
0:46:13–0:46:15
bis diese dann wahrhaftig die Treppe runtergekommen ist.
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Und jetzt würde man mal methodisch inkorrekt natürlich gleich sagen,
0:46:21–0:46:24
wie oft hast du das wiederholen können?
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Hast du da sieben Stunden gesessen oder war das immer nach maximal 20 Sekunden passiert?
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Hast du auch mal versucht, den Aschenbecher vom Opa anzugucken oder irgendwas anderes?
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Also all diese Sachen, die einem sofort als wissenschaftlich empirisch denkender
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Mensch in den Kopf kommen, die sind dann bei Jungen nicht fassbar.
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Und als es dann, also ich rutsche, jetzt ein bisschen die Biografie,
0:46:53–0:46:54
weil ich finde das schon immer wichtig auch.
0:46:55–0:46:57
Als es dann darum ging, dass,
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Ja, Freud und Jung sich getrennt haben, aber jetzt bin ich ein bisschen von
0:47:05–0:47:09
den Hunden abgelenkt hier, aber ich muss ja laufend reden beim Laufen.
Florian Clauß
0:47:09–0:47:12
Ja, du musst dich mal konzentrieren einfach beim Laufen.
Micz Flor
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Nach der Trennung, Freud hat dann letztendlich Schluss gemacht und war dann
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auch total erleichtert, hat dann wohl jemanden auch mal geschrieben,
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ich bin so froh, dass wir den los sind und seine Anhänger,
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ist Jung wohl richtig in eine tiefe Krise gestürzt.
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Das war 1912, 1913 und hat da angefangen dann auch an diesem roten Buch zu arbeiten.
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Wird beschrieben auch von anderen, er hat dann angefangen wie mit Bauklötzen zu spielen.
0:47:41–0:47:44
Er hatte früher auch schon Angst, dass es bei ihm diese psychotischen Anteile,
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dass er das Schicksal von Zarathustra teilen könne.
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Nietzsche, dass er dann eben auch wahnsinnig sei.
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Und das musste er dann irgendwie für sich auch nochmal wieder sich da rausarbeiten.
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In der Zeit hat er ja ganz viele Visionen gehabt und hat dann auch das,
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was du vorhin schon beschrieben hast, diese Mechanik erfunden,
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wie er auch im Tage, nicht nur über Träume, sondern im Tage auch aktiv diese.
0:48:13–0:48:18
Aktive Imagination, dass er das auch am Tag machen kann, weil er auch dachte,
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die Träume sind meistens auch so ein bisschen verwässert, aber da wirklich,
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einzusteigen, so, als ob diese Tagträume dann wirklich auch der Ort ist,
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wo er wirklich in Kontakt treten kann, die auch nicht mehr auslassen kann.
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Die Methode hat er dann auch einer Patientin erklärt, die es aufgeschrieben
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hatte, wo dann das ganz schön nochmal beschrieben ist, auch im Vorwort,
0:48:37–0:48:41
von das rote Buch, das so war, er hat dann die Augen beschlossen und hat dann
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quasi durch die Augenlider einfach über die, weil ja doch immer irgendwas blitzt und blinkt,
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hat er im Prinzip sowas wie einen permanenten animierten Rohrschachttest und
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hat halt geguckt, was sehe ich denn aus dem, was da in meinen Augenlidern,
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ja, wo sehe ich da Menschen, was sind das für Menschen und hat dann mit denen Dialog aufgegriffen.
Florian Clauß
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Hat er schon so eine Engine eingebaut.
Micz Flor
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Hat er sich, genau, er hat quasi in so einem Tagtraum, in einem leicht hypnotischen
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Zustand hat er das dann so erlebt.
Florian Clauß
0:49:12–0:49:12
Wahnsinn.
Micz Flor
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Vorgeschichte auch nochmal, er kommt auch, muss man dazu sagen,
0:49:18–0:49:25
sein Vater war Pfarrer und wohl auch lange von Zweifel am Glauben geschüttelt.
Florian Clauß
0:49:26–0:49:27
Ja, das passiert mir auch immer.
Micz Flor
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Aber das war dann so auch ein Auftrag des Vaters, dass er hatte wohl auch einmal
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einen Traum, wo er auf dem Boot eingeschlafen ist.
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Und dann im Halbschlaf auf einmal das Gefühl hat, dass sein inzwischen verstorbener
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Vater legt ihm die Hand auf die Schulter und sagt, gut gemacht.
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Als Zwölfjähriger war er in Basel und sieht dieses wunderschöne Kirchendach
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und hat dann wohl auch so ein inneres Bild, was er ganz fürchterlich wegdrängen wollte.
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Und dann habe er aber wohl, ich weiß gar nicht mehr als Stimme oder wie auch
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immer gehört, nein, nein, ist schon okay, lass es zu, lass es zu.
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Und das sieht er wohl als eine Stimme Gottes oder so.
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Und das Bild war, dass Gott von oben auf diese Kirche scheißt und einen riesen
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Scheißhaufen auf diese Kirche drauf geht.
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Und in dieser Anekdote ist es so, dass das Jung da rausgeht und sagt,
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es gibt Gott, er hat auch mit mir gesprochen.
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Diese Bilder sind auch nicht zufällig, sondern gewollt. Also er kommt jetzt dahin, während Freud,
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wenn er vielleicht dann jemanden analysierte, er versuchen würde,
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warum ist es, dass das Kind, das
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so unter diesem Pfarrer, Vater und dessen Depressivität so leiden musste.
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Interessant, dass der solche Bilder träumt.
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Aber bei Jung ist immer wieder auch dieses Ermächtigung, bei mir ist es anders.
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Und er hat auch mal beschrieben, das Psychotische, was er erlebt hat,
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dass daraus kommt dann auch in dem Roten Buch, kommen dann auch eben so Bilder,
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wo diese tiefe Stimme, das ist quasi unter dem persönlichen Unbewussten,
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das kollektive Unbewusste, diese tiefe Stimme, mit der er dann spricht,
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mit der muss man sich dann irgendwie, die muss man integrieren.
0:51:14–0:51:19
Das eigene Unbewusste und das kollektive Unbewusste, das kann zusammenspielen,
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aber man muss halt in der Lage sein und deshalb eben das Expertentum,
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das voneinander erst auch mal trennen zu können, zu wissen, was ist bei mir, was ist im Kollektiven.
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Und da wird es natürlich hochgradig, hochgradig grauzonig, aber das ist das,
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wo er dann auch über sich gesagt hat, weil er das Göttliche, so nennt das dann auch,
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trennen kann von diesem individuellen, persönlichen, deshalb kann er dann auch,
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hat er keine Psychosen, sondern hat er einfach Erleuchtung.
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Und der Unterschied.
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Von außen betrachtet ist natürlich vielleicht gesellschaftlich gesehen erst
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mal die Produktivität. Bist du produktiv, dann keine Fragen.
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Oder bist du psychotisch dann stationär untergebracht, dann bist du krank,
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wenn man das mal so gemein sagen könnte.
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Aber für dieses Selbstverständnis von Jung und in dem Roten Buch arbeitet er
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sich durch ganz viele solcher Visionen durch.
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Natürlich kommt er immer wieder hinten raus und sagt, weil ich der bin,
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erstens, der es erkannt hat, zweitens, der es beschrieben hat,
0:52:21–0:52:26
drittens, der es auch beherrschen kann und viertens auch bei anderen analysieren
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kann, eben nicht deuten, sondern,
0:52:29–0:52:31
das ist nochmal ein Unterschied, ja, es geht um die Wahrheit,
0:52:31–0:52:36
nicht um eine Deutung eines Bildes, sondern es geht um die Wahrheit,
0:52:36–0:52:38
die Trennung zwischen dem Kollektiv und dem eigenen zu sehen.
Florian Clauß
0:52:38–0:52:42
Ja, also vielleicht muss man da ja nochmal den Einschnitt machen,
0:52:42–0:52:49
dass eben dieses kollektive Unbewusste natürlich einen unglaublichen Universalitätsanspruch
0:52:49–0:52:53
hat, so einen Wahrhaftigkeitsanspruch, so eine Wahrheit, die dahinter liegt.
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Und wenn er das so sagt,
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sich dann quasi als ein Advokat desjenigen einrichten kann, der sagt,
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das ist jetzt deine individuelle Psychose und das ist jetzt aber der Teil,
0:53:10–0:53:14
der dann auch kollektiv uns betrifft.
0:53:14–0:53:19
Das ist ja schon, wie du sagst, ein schmaler Grat, eine absolute Grauzone.
Micz Flor
0:53:21–0:53:28
Das ist dann auch so, dass zum Beispiel im Umgang mit Toten,
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wenn Tote in Träumen erscheinen, dann,
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Dann ist es so, dass, jetzt habe ich den Namen gerade vergesst,
0:53:36–0:53:39
ich glaube von Franz heißt sie, Marie-Louise von Franz, genau.
0:53:40–0:53:47
Die beschreibt dann in ihren Schriften über das Tote Ding, dass man da einen Unterschied weiß.
0:53:47–0:53:50
In den Träumen, wenn tot und trocken, dann weiß man einen Unterschied,
0:53:50–0:53:58
ob das wirklich jetzt der, die Tote ist oder ob das nur ein Traum über die ist.
0:53:58–0:54:01
Und das ist natürlich auch schwierig.
0:54:02–0:54:05
Und wenn es wahr ist, wie Placebo, was du ja schon gesagt hast,
0:54:06–0:54:09
und Placebo ja nachweislich sogar dann funktioniert, wenn die Leute wissen,
0:54:09–0:54:11
dass kein Wirkstoff drin ist.
0:54:11–0:54:13
Nicht bei allen, aber bei vielen.
0:54:14–0:54:18
Aber da wird es natürlich dann schwierig zu sagen, okay, wie kann man das jetzt
0:54:18–0:54:22
greifen? Und dann auch noch die Frage, muss man das greifen?
0:54:25–0:54:33
Ich bin jetzt auch oft total froh, wenn Patienten oder Patientinnen sozial eingebunden
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sind mit bestimmten Störungen, einfach auch wenn es eine kirchliche Gemeinde
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ist, die sich dann trifft.
0:54:39–0:54:42
Und dann haben die so einen Bibelkreis und treffen sich jeden Donnerstag.
0:54:43–0:54:46
Und ich denke dann aber, du verstehst, was ich meine.
Florian Clauß
0:54:46–0:54:52
Es ist egal, letztendlich. Da fehlt die soziale Interaktion.
Micz Flor
0:54:52–0:54:59
Ich glaube Seligmann, so ein 70er Jahre Psychologe und Professor aus Amerika,
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der hat irgendwann mal ein Vorwort gesagt, in unserer Gesellschaft ist es so,
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dass wenn man mit Gott spricht, dann ist man gläubig, wenn Gott antwortet, ist man verrückt.
Florian Clauß
0:55:07–0:55:15
Ja, ja, das ist ein klassisches Zitat. Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen, ja. Das ist das zweite.
Micz Flor
0:55:16–0:55:17
Und dann ist es halt so, dass,
0:55:20–0:55:24
Das Jung in seiner Biografie mit dem Bruch in diese lange Phase von,
0:55:24–0:55:30
also hat gleichzeitig seine Privatpraxis aufgemacht und hat dann dieses rote Buch geschrieben.
0:55:30–0:55:34
Parallel auch noch vorher hauptsächlich noch ein schwarzes Buch.
0:55:34–0:55:40
Das ist auch was Erinnerung, irgendwas ist seine Memoiren quasi offiziell dazu gehandelt.
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Und das rote Buch war eben im Giftschrank, war weggesperrt.
0:55:44–0:55:49
Und ich zück jetzt mal ganz kurz mein Handy aus der Tasche, weil ich...
Florian Clauß
0:55:49–0:55:54
Wir sind jetzt hier am Fuße des Kienbergs und wir haben die Möglichkeit,
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den offiziellen Wanderweg zu gehen oder halt querfeldein und so ein bisschen
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alpines Gefühl zu bekommen,
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indem wir dann halt wieder schnaufen beim Reden. Ja, wollen wir das?
Micz Flor
0:56:06–0:56:09
Schnaufen beim Reden. Hast du das gerade ausgedacht oder hast du schon öfter
0:56:09–0:56:12
gesagt, schnaufen beim Reden und schnaufend reden?
Florian Clauß
0:56:12–0:56:15
Ja, das mache ich ja immer. Ich höre mich doch.
Micz Flor
0:56:15–0:56:17
Okay, dann kann ich ja vorlesen.
Florian Clauß
0:56:17–0:56:19
Und ich schnaufe, du musst nicht rausnehmen.
Micz Flor
0:56:20–0:56:23
Also wie ich gerade schon angesagt habe, ich habe jetzt Handy aus der Tasche
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gezogen, um ganz kurz hier was vorzulesen, wenn ich gleichzeitig versuche, nicht überwurzeln.
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Also perfekte EMDR-Situation, geteilte Aufmerksamkeit, wahrscheinlich zulasten
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meiner Betonung des Textes.
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Mitten rausgegriffen, das ist jetzt aus dem achten Kapitel über Gottes Empfängnis.
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Als ich so sprach, da brach plötzlich der Geist der Tiefe hervor.
0:56:47–0:56:52
Das ist diese Tiefe, also eben das Göttliche, ja, unter dem persönlichen Unbewussten.
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Nach unten offen und damit auch gleichzeitig nach oben offen.
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Plötzlich der Geist der Tiefe erfüllte mich mit Rausch und Nebel und sprach
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mit starker Stimme diese Worte.
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Ich habe deinen Keim empfangen, du Kommender.
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Ich habe ihn in tiefer Not, in tiefster Not und Niedrigkeit empfangen.
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Ich hüllte ihn in fratzenhafte Lappen und bettete ihn auf das Lager arme Worte.
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Und der Spott betete ihn an, dein Kind, dein wundersames Kind,
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das Kind eines Kommenden, das den Vater verkündigen soll, eine Frucht,
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die älter ist als der Baum, an dem sie wuchs.
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Mit Schmerzen wirst du empfangen und Freude ist deine Geburt.
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Angst ist dein Herold, Zweifel steht zu deiner Rechten, Enttäuschung zu deiner Linken.
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Wir vergingen in unserer Lächerlichkeit und Vernunftlosigkeit,
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als wir dich erblickten.
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Unsere Augen erblindeten und unser Wissen verstummte, als wir deinen Glanz empfingen.
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Du neuer Funke vom ewigen Feuer, in welche Acht bist du hineingeboren.
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Du wirst von deinen Gläubigen wahrhafte Gebete erzwingen und sie müssen zu deiner
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Ehre in Zungen reden, die ihnen ein Graul sind.
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Du wirst über sie kommen in der Stunde ihrer Schmach und du wirst ihnen offenbar
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werden in dem, dass sie hassen, fürchten und verabscheuen.
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Deine Stimme, den seltensten Wohllaut wird man vernehmen, Im Gestammel des Ungeordneten,
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des Weggeworfenen und des als wertlos Verdammten.
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So, und da höre ich jetzt mal auf. Es ist einfach so von der,
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also es ist einfach sehr,
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biblisch. Von der Sprache und auch.
Florian Clauß
0:58:43–0:58:43
Mysterienhaft.
Micz Flor
0:58:44–0:58:49
Ja, und auch dann wird er halt angesprochen von der Tiefe. Du bist das.
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Jetzt hatte ich dir einen Link geschickt.
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Sternstunden der Philosophie, wo Verena Kast als Leiterin des,
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ich glaube, Züricher Junginstituts, oder ich weiß nicht genau, wie es heißt,
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eingeladen war zum Erscheinen des Roten Buchs, was erst noch über 40 Jahre nach
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seinem Tod veröffentlicht wurde.
Florian Clauß
0:59:13–0:59:18
2007 wurde das veröffentlicht. Ohne Zeichnung, ohne die Zeichnung.
Micz Flor
0:59:20–0:59:24
Und hat und Brena Kast ist so ein bisschen, hat man das Gefühl,
0:59:25–0:59:27
die sagt sehr schnell, naja, der war in der Lebenskrise.
0:59:28–0:59:33
Gerade Bruch mit Freud, Midlife-Crisis, wo Junge auch selber gesagt hat,
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da hat man gerne mal Depressionen.
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Und sagt dann auch sehr schnell, es ist nichts Neues.
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Vieles kennen wir schon aus dem Schwarzen Buch. Aber hier ist so ein rotes Buch,
0:59:46–0:59:52
was Jung auch mit eigenen Zeichnungen, künstlerischen Zeichnungen,
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für die auch Entwürfe gemacht hat. Und nicht nur Skizzen.
0:59:55–0:59:58
Er hat das Ganze kalligrafisch aufgearbeitet, ich glaube in der gotischen Schrift.
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Also da ist wirklich viel Arbeit reingeflossen in dieses Werk.
1:00:04–1:00:04
Und...
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Und jetzt kann man, was ich vorgelesen habe, natürlich, wenn jemand jetzt beweisen
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möchte, anhand des Textes zu sagen, das klingt doch verdammt nach einem,
1:00:16–1:00:18
der sich als Religionsgründer in die Welt stellt.
1:00:18–1:00:22
Wenn der Geist der Tiefe die Stimme Gottes ihn anruft und sagt,
1:00:22–1:00:30
du, deine erhabenen Worte, dann könnte man sagen, ja, plausibles Argument,
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sind wir wieder bei Plausibilität.
1:00:32–1:00:40
Und wenn wir aber dann wieder sagen, das ist der Psychiater und analytische Psychologe C.G.
1:00:40–1:00:46
Jung in einer Midlife-Crisis, in der er hier sich mal öffnet und vulnerabel
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zeigt, mit welchen Eingebungen und psychotischen Erleben er da umgegangen ist
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und das für uns dokumentiert hat,
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kann man jetzt auch mal von außen drauf gucken und sagen nein,
1:01:00–1:01:07
das ist doch nicht wahr sondern das sind Visionen das hat er doch klar gemacht das wissen wir doch ja.
Florian Clauß
1:01:07–1:01:12
Zumal das Buch oder die Schriften sind ja über einen Zeitraum von über 17,
1:01:12–1:01:20
18 Jahren 1913 bis 1930 oder so entstanden also das könnte ja nicht eine Midlife Crisis ja.
Micz Flor
1:01:20–1:01:25
Es war parallel er hat ja parallel auch wirklich gearbeitet aber hatte wohl auch ganz viel Rückzug.
1:01:25–1:01:29
Und wie gesagt, wirklich irgendwo stand das mal, hat mit Holzklötzen Häuser
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gebaut, also mit der Kindheit. Also hat ganz viel Regress.
Florian Clauß
1:01:33–1:01:41
Und er hat auch einige Reisen unternommen, nur noch zu indigenen Kulturen.
1:01:41–1:01:48
Er war in Mexiko und er war in Zentralafrika und hat da die Kulturen untersucht.
1:01:48–1:01:55
Also da kommt immer so die Untersuchung zum Schamanismus.
Micz Flor
1:01:56–1:01:59
Ja, und gleichzeitig war es, glaube ich, auch eine kulturelle Einbettung.
1:01:59–1:02:02
Also die Mittel des Reisens waren auf einmal verfügbar geworden.
1:02:02–1:02:05
Man musste nicht sieben Wochen auf so einem Holzschiff sitzen,
1:02:05–1:02:09
sondern konnte dann auch mal fliegen oder so. Sage ich jetzt mal so,
1:02:09–1:02:10
weiß ich gar nicht genau.
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Aber sind ja viele gereist in der Zeit. Also wenn du im Humboldt-Forum in die
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Archive guckst, was da reiche Bürger und Bürgerinnen, hauptsächlich Bürger,
1:02:24–1:02:30
aus allen Teilen der Welt nach Berlin gezerrt haben und das ist dann da jetzt
1:02:30–1:02:33
irgendwie archiviert und indiziert wurde,
1:02:34–1:02:38
das war glaube ich wirklich einfach sowas, was auch im Zeitgeist mit angelegt war.
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Freut ab, wenn man jetzt überlegt, was ist er denn?
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Ist er Religionsgründer oder nicht Gründer, aber zumindest Verkünder?
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Ja, genau. In seiner Selbsteinschätzung.
1:02:52–1:03:03
Oder ist er Wissenschaftler, der auch seine eigenen Untiefen mit der Welt teilt und verfügbar macht?
1:03:03–1:03:08
Er selbst hat später im Leben nochmal in einem Interview, was auch auf YouTube
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zu finden ist, ganz kurz nochmal über diesen Glauben gesprochen.
1:03:13–1:03:14
Glauben Sie an Gott? Oder so war die Frage.
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Und er hat dann so eine kurze Pause.
1:03:20–1:03:25
Und dann sagt er, ich muss nicht glauben, ich weiß es. Und dieser Satz ist natürlich
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auch wieder perfekt ambivalent.
1:03:28–1:03:31
Was hat er in dieser kurzen Pause gedacht? Er hat gedacht, wie sage ich jetzt
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nichts? Oder wie sage ich es clever?
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Oder hat er vielleicht sogar gedacht, die Frage ist falsch, aber ich weiß doch.
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Also man kann es nicht wirklich genau sagen, aber der Eindruck,
1:03:43–1:03:46
der entsteht, ist, dass er mit diesem Satz, der vieldeutig bleibt,
1:03:46–1:03:50
sagen kann, ich weiß, dass es einen Gott gibt.
1:03:51–1:03:57
Und wenn das dann eben die Essenz ist, und wir hatten ja auch am Anfang des Spätwerks,
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moderne Mythen über Ufos, auch diese Age of Aquarius, die Sternkonstellation,
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die sich alle 2000 Jahre verändert und jetzt Age of Aquarius beginnt,
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da spricht der am Anfang auch ganz stark darüber,
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dass jetzt ganz viele Dinge hochkommen werden.
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Der 90er Jahre X-Files, I want to believe, lässt sich auf alle Fälle irgendwie
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auf ihn, finde ich, anwenden.
1:04:26–1:04:32
Also der Glaube war hinter allen Dingen dann auch was, was er sich beweisen musste.
1:04:33–1:04:37
Auf dem Sterbebett wiederum habe er dann gesagt, weil sich dann eben mit der
1:04:37–1:04:41
Wiedergeburt, auf buddhistischer Wiedergeburt beschäftigt hat,
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habe er wohl gesagt, na ja, bald werde ich es wissen.
1:04:45–1:04:48
Das finde ich auch nochmal so ein schöner Satz, bald werde ich es wissen.
1:04:48–1:04:53
Also er bleibt irgendwie ambivalent, aber er grenzt sich irgendwie...
1:04:56–1:04:57
Nicht davon ab.
Florian Clauß
1:04:57–1:05:01
Ja, also das ist ja so, greicht ja so ein bisschen in die Lehre von ihm über
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die Grundfunktion des Bewusstseins.
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Er stellt ja dann so diese Paare Denken-Fühlen und Empfindung-Intuition gegenüber.
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Und das Denken ist halt quasi das Ich, dass du den halt kausal logisch und Zusammenhänge
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erschließen kannst und beurteilen kannst.
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Und Fühlen ist dann eher nach so einer Bewertung von Sachen, die dann halt aus diesem,
1:05:26–1:05:31
Raum des Denkens dann irgendwo empirisch sind und bei den Empfinden ist es ja
1:05:31–1:05:35
klar, du hast dann einen Sinne zum Wahrnehmen,
1:05:35–1:05:39
aber die Intuition ist quasi so das Instinktive,
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was dann auch wieder so ein bisschen an dem kollektiven Unbewussten dranhängt
1:05:43–1:05:51
und dir so eine Möglichkeit der Einschätzung auf so einer Empfindungsbasis gibt.
Micz Flor
1:05:51–1:05:55
Was ja dann auch irgendwie mit dieser Phänomenologie von Husserl verbunden ist,
1:05:55–1:06:01
also dieses als wahrnehmende Person Teil der Messung zu sein gewisserweise,
1:06:01–1:06:02
der Beschreibung zu sein,
1:06:02–1:06:08
was wir in der Gestalttherapie-Folge 2, glaube ich, noch mehr hatten als 1.
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Das ist cool, wir machen jetzt auf dem höchsten Punkt unserer Wanderung den
1:06:12–1:06:16
Schnitt und wir nehmen dann weiter auf und machen daraus eine zweite Folge, die dann aber erst in 2.
Florian Clauß
1:06:16–1:06:19
Also wir stehen jetzt hier vor dem Wolkenhain.
Micz Flor
1:06:20–1:06:24
Wir gehen jetzt ganz kurz zum Balkon, weil ich muss jetzt noch zwei Dinge machen.
Florian Clauß
1:06:24–1:06:24
Okay.
Micz Flor
1:06:25–1:06:28
Ich werde ganz oben noch aus einem Buch vorlesen.
Florian Clauß
1:06:28–1:06:29
Okay.
Micz Flor
1:06:29–1:06:32
Ganz kurz. Und das ist dann die Bridge in die nächste Folge.
1:06:32–1:06:39
Und ich werde hier unten aber noch mal ganz kurz über so in Anführungszeichen strenge Wissenschaft.
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Es gibt ja diese Grauzone in der Wissenschaft, in der Chaosforschung.
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Und in der Chaos-Forschung ist es ja so, dass man eben nicht Ursache,
1:06:51–1:06:53
Wirkung und das so genau beschreibt, sondern da geht es eher darum,
1:06:54–1:06:56
Prozesse zu beschreiben, Möglichkeiten zu beschreiben.
Florian Clauß
1:06:56–1:06:59
Möglichkeiten zu räumen. Drei Körperprobleme sind wir mit dem Drei Sonnen.
Micz Flor
1:07:00–1:07:07
Und da gibt es ja diesen Lorenz Attractor, heißt das.
1:07:07–1:07:11
Attraktoren, Attractors sind in der Chaos-Sache, wenn ich ein Pendel schwingen
1:07:11–1:07:14
habe, das bleibt irgendwann an diesem Punkt stehen.
1:07:15–1:07:17
Das Schwingen kann immer wieder unterschiedlich sein, unterschiedliche Formen
1:07:17–1:07:21
beschreiben, aber der Attraktor, wo das dann stehen bleibt, ist halt dieser eine Punkt unten.
Florian Clauß
1:07:21–1:07:25
Ja, das ist dann diese Zeitrafferaufnahme, wenn man dann halt irgendwie eine
1:07:25–1:07:27
Nichtquelle an dem Pendel hängt oder so.
Micz Flor
1:07:27–1:07:30
Ja, beim Drei-Körper-Problem zum Beispiel gibt es auch einen Attraktor,
1:07:30–1:07:34
weil die müssen sich ja nicht verlieren. Und das gibt dann so eine dichte Wolke,
1:07:34–1:07:35
wenn die so miteinander kreisen.
Florian Clauß
1:07:35–1:07:37
Ja, das ist dann ein gutes Zeitalter.
Micz Flor
1:07:38–1:07:45
Ja, genau. Genau. Und dieser Lawrence Attractor, da war jemand ein Wetter,
1:07:45–1:07:49
ich habe den Namen jetzt vergessen, ein Meteorologe, der mit diesen frühen Computern gearbeitet hat.
1:07:50–1:07:52
Und dann hatte er irgendwann für irgendwelche Werte mal statt,
1:07:53–1:07:56
sieben Stellen nach dem Komma, nur drei Stellen nach dem Komma reingegeben,
1:07:56–1:07:58
um schnelle Ergebnisse zu kriegen.
1:07:58–1:08:02
Und hat gemerkt, dass diese Ergebnisse total voneinander ab,
1:08:02–1:08:06
also er ließ das Ding laufen, es wich aber das Ergebnis immer voneinander ab.
1:08:06–1:08:08
Und hat gemerkt, das kann doch nicht sein. Und hat dann gemerkt,
1:08:08–1:08:12
es ist wirklich sieben Stellen nach dem Komma, kriege ich mehr oder weniger
1:08:12–1:08:15
immer das gleiche Gemisch, da nicht so, was ist denn da eigentlich los?
1:08:15–1:08:19
Und hat dann angefangen, damit rumzuspielen und hat dann eine Sache genommen, da geht es um diese,
1:08:20–1:08:27
wenn du zum Beispiel Wasser auf den Gastopf stellst, steigt in der Mitte das
1:08:27–1:08:29
warme Wasser auf und nach außen, also wie der Atompilz auch,
1:08:29–1:08:31
nach außen kräuselt sich das so.
1:08:31–1:08:34
Und das hat er dann irgendwie mit durchgerechnet und hat dann da eben so ein
1:08:34–1:08:38
Attraktorenbild gemacht, mit unterschiedlichen Ausgangswerten,
1:08:38–1:08:40
in welchem Rahmen das bleibt.
1:08:40–1:08:44
Es bleibt halt im gewissen Rahmen, es sprengt nicht aus. Es ist eben nicht chaotisch,
1:08:44–1:08:46
aber es ist auch nicht vorhersehbar.
1:08:47–1:08:49
Und das ist eine neue Form vom wissenschaftlichen Denken eigentlich.
1:08:50–1:08:54
Und dieser eine Attrakte sah halt so ein bisschen aus wie ein Schmetterling
1:08:54–1:08:57
und da kam er dann zum Schluss eben auf diesen Spruch, den alle kennen,
1:08:57–1:09:04
so ein Schmetterling, der in Brasilien die Flügel schlägt, kann in Florida ein Tornado auslösen.
Florian Clauß
1:09:04–1:09:09
Oder sowas in der Art. Russell. Oder wer war das?
Micz Flor
1:09:09–1:09:09
Russell.
Florian Clauß
1:09:10–1:09:12
Wer war das jetzt? Lorenz hieß der. Lorenz, ja.
Micz Flor
1:09:13–1:09:16
Und das ist nochmal sowas, das wollte ich einfach nochmal so mit hinten ranflanschen,
1:09:16–1:09:21
weil gerade auch in der Neurophysiologie natürlich diese Chaos-Operationen,
1:09:21–1:09:25
mit denen man arbeitet, wichtig sind. Weil du hast nie zweimal das gleiche Gehirn.
1:09:25–1:09:29
Und trotzdem musst du bestimmte Bereiche bestimmen in sichtgebendem Verfahren,
1:09:29–1:09:34
wo du dann 400 Aufnahmen machst und die übereinanderlegst und dann Sachen rausrechnest
1:09:34–1:09:35
wie zufälliges Rauschen.
1:09:35–1:09:39
Und versuchst, dann kannst du Regionen identifizieren, aber du kannst es nicht
1:09:39–1:09:42
abgrenzen, nicht sagen, von diesem Neuron zu dem ist ein Sprung.
1:09:42–1:09:51
Also diese Unschärfe, auch in der tiefsten wissenschaftlichen Arbeit an Gehirn, bleibt es drin.
1:09:52–1:09:57
Das wollte ich nochmal sagen, weil das hebt gerade nochmal auch diese Klausibilitätsfrage
1:09:57–1:10:00
und diesen Wunsch nach klaren Antworten nochmal auch, finde ich,
1:10:00–1:10:04
so eine greifbare Entspannung zu sagen, nee, stimmt, kann ich was mit anfangen.
Florian Clauß
1:10:04–1:10:09
Ja, also das ist ja dann auch wieder dieser, was wir zu Anfang der Episode hatten,
1:10:09–1:10:12
dass wir einen unglaublichen Möglichkeitsraum haben, also wo wir dann halt wirklich
1:10:12–1:10:15
so einen potenziellen Raum sind von verschiedenen,
1:10:15–1:10:19
wo sich die Teilchen, wo unglaublich viele Teilchen in Bewegung,
1:10:19–1:10:21
also wenn man das auf so einer Entropiebasis sieht,
1:10:21–1:10:26
eigentlich ein hoher Entropiezustand, das heißt, ja jetzt verwechsel ich wieder
1:10:26–1:10:30
hoch und niedrig, also wo sich ja jetzt quasi das System noch nicht diffundiert hat.
1:10:30–1:10:35
Also das heißt, ein hoher Wert, wo noch viele Möglichkeiten bestehen.
1:10:35–1:10:39
Und da kannst du ja nicht sagen, das prägt jetzt diese Gestalt aus,
1:10:40–1:10:42
sondern du kannst ja nur Räume angeben.
1:10:42–1:10:47
Das ist ja dann dieser Accelerator, wo du dann Räume angibst.
1:10:48–1:10:54
Gleichzeitig, wenn wir das jetzt wieder auf Jung mappen, oder auf die Individualität,
1:10:54–1:10:56
das Gehirn, jeder Mensch ist unglaublich individuell.
1:10:56–1:10:58
Es gibt dann halt so, wie du es gerade gesagt hast, das Gehirn.
1:10:58–1:11:03
Man kann nur so bestimmte Bereiche festlegen, aber es nicht scharf abgrenzen.
1:11:03–1:11:11
Gleichzeitig gibt es aber so Dispositas, die dann halt alle Menschen beschäftigen.
1:11:12–1:11:19
Wie eben so diese ganz archaischen Sachen von wegen, ich brauche jetzt als Säugling
1:11:19–1:11:21
Milch, um halt wachsen zu können.
1:11:21–1:11:24
Oder ich möchte mich als Jugendlicher paaren.
1:11:24–1:11:27
Das sind ja so Sachen, die vereint ja alle.
1:11:27–1:11:32
Das ist halt so, diese kollektive Menschsein.
Micz Flor
1:11:32–1:11:38
Aber das ist ja genau interessant, wie dann eben auch die freudianische Triebkonzeption arbeitet.
1:11:40–1:11:42
Da würde man vielleicht sagen, der kleine Säugling, der weiß nicht,
1:11:42–1:11:44
dass er Milch braucht, der hat,
1:11:45–1:11:48
In Amerika wird das dann immer so in diesen Kategorien gesagt,
1:11:48–1:11:52
entweder hat das Kind Hunger oder es will in den Arm genommen werden oder die
1:11:52–1:11:54
Windel muss gewechselt werden oder es will schlafen.
Florian Clauß
1:11:54–1:11:56
Ja gut, das hat einen Ausdruck.
Micz Flor
1:11:57–1:12:00
Ja und dann wird eben dieses Chaos wieder zusammengeschrumpft.
1:12:00–1:12:05
Da muss man halt gucken, willst du Milch? Nein. Willst du schlafen? Sieht nicht so aus.
1:12:06–1:12:09
Windel ist auch okay, dann nehme ich dich mal ein bisschen in den Arm. Wir spielen.
1:12:09–1:12:13
Und dann wird das so abgearbeitet. Aber das Kind selber, so würde man jetzt
1:12:13–1:12:16
psychodynamisch zumindest argumentieren, weiß nicht, dass es Durst hat.
1:12:17–1:12:23
Es weiß nur, dass es gerade einen unfassbar schlechten inneren Zustand hat.
1:12:24–1:12:28
Und die Mutter als Teil dieser emotionalen Matrix ist die Person,
1:12:28–1:12:31
die dem Kind spiegeln muss, was da gerade los ist.
1:12:31–1:12:34
Diese frühen Spiegelungen in der Bindung sind wir genau wieder bei dem,
1:12:34–1:12:37
was wir vorhin gesagt haben, dass bei dir die Graffe steht auf und läuft weg.
1:12:38–1:12:43
Aber beim Kind, das zu früh geboren wurde, um aufzustehen, wegzulaufen,
1:12:43–1:12:48
muss soziale Kommunikation passieren und passiert dann eben auf dieser Ebene,
1:12:48–1:12:51
dass die Bezugsperson, die Primäre in dem Moment,
1:12:51–1:12:56
angehalten ist, zu spiegeln und zu handeln, nicht zu imitieren,
1:12:57–1:13:01
nicht, hör auf, zu spiegeln, oh Mensch,
1:13:01–1:13:03
da geht es gerade nicht gut, mal gucken, vielleicht hast du ja Hunger,
1:13:04–1:13:05
also auch wenn das nicht.
1:13:07–1:13:11
Unbedingt immer angemessen und wirksam scheint, ist das der Prozess,
1:13:11–1:13:15
in dem das Kind dann irgendwann in der Lage sein wird, eigene innere Emotionen
1:13:15–1:13:20
zu verstehen und zu halten und auch nicht auszuagieren.
Florian Clauß
1:13:20–1:13:27
Das ist ja quasi die Entwicklung von Grammatik, Syntax, also Sprache.
Micz Flor
1:13:28–1:13:28
Symbolisierung.
Florian Clauß
1:13:29–1:13:32
Symbolisierung. So, jetzt sind wir auf den höchsten Punkt.
Micz Flor
1:13:33–1:13:33
Der Tour.
Florian Clauß
1:13:34–1:13:35
Der Tour, ja.
Micz Flor
1:13:35–1:13:40
Aus dem Atem und hole jetzt trotzdem mal den Text raus und lese es jetzt vor,
1:13:40–1:13:44
weil jetzt kommt der Cliffhanger für dich Flo.
Florian Clauß
1:13:45–1:13:45
Oh ja.
Micz Flor
1:13:47–1:13:52
Muss mal gucken, wo habe ich das denn? Achso, ich hatte ja noch dieses Synchronicitätsbeispiel
1:13:52–1:13:56
aus meiner Biografie, das mache ich dann in der kommenden Folge jetzt,
1:13:56–1:14:00
für die, die sich jetzt fragen, ob ich alle offenen Enden zusammengeknotet habe.
1:14:02–1:14:07
Folgendes wirst du wahrscheinlich nicht das Buch lesen. Das gibt es aber auch als BBC-Serie von 2015.
1:14:07–1:14:12
Im Original von Susanna Clark 2004 geschrieben.
1:14:12–1:14:17
2005 hat sie damit den Hugo Award und den World Fantasy Award in der Kategorie
1:14:17–1:14:21
Beste Roman bekommen und den Locus Award als Bester Erstlingsroman.
1:14:22–1:14:26
Da lese ich jetzt die ersten Absätze und die letzten Absätze aus dem ersten
1:14:26–1:14:28
Kapitel dieses Buchs vor.
1:14:29–1:14:34
Und das Buch heißt das kann ich jetzt hier in der Sonne nicht so gut sehen.
1:14:36–1:14:39
Jonathan Strange und Mr. Norrell glaube ich.
1:14:42–1:14:48
Die Bridge in die zweite Folge. Vor Jahren gab es in der Stadt York eine Gilde von Zauberern.
1:14:49–1:14:52
Sie trafen sich jeden dritten Mittwoch des Monats und lasen sich lange,
1:14:52–1:14:56
langweilige Traktate über die Geschichte der englischen Zauberkunst vor.
1:14:56–1:15:00
Sie waren Gentleman-Zauberer, das heißt, sie fügten niemandem mit Zauberei Schaden
1:15:00–1:15:03
zu, taten aber auch niemandem etwas Gutes damit.
1:15:04–1:15:08
Um der Wahrheit die Ehre zu geben, keiner dieser Herren hatte auch je nur den
1:15:08–1:15:13
kleinsten Zauber getrieben, noch durch Zauber ein Blatt an einem Baum erzittern lassen,
1:15:14–1:15:20
ein Staubkörtchen vom Weg abgebracht oder ein einziges Haar auf einem Kopf verwandelt.
1:15:20–1:15:25
Aber abgesehen von dieser geringfügigen Einschränkung standen sie in dem Ruf
1:15:25–1:15:28
zu den weisesten und zauberischsten Männern im ganzen Yorkshire zu gehören.
1:15:29–1:15:33
Ein großer Zauberer sagte einmal über die Angehörigen seines Berufsstandes,
1:15:33–1:15:38
dass sie, Zitat, sich das Hirn zermatern und den Kopf zerbrechen müssen,
1:15:38–1:15:43
damit ein Mindestmaß an Gelehrtheit hineingeht. Aber am liebsten streiten sie.
1:15:43–1:15:49
Und seit Jahren stellten die Zauberer von Jörg die Wahrheit dieser Behauptung unter Beweis.
1:15:49–1:15:51
Also da geht es um das Gilde von Zauberern.
1:15:52–1:15:55
Dann geht in dem Kapitel weiter, dass jemand die Frage stellt,
1:15:55–1:16:02
sagt gibt's können wir mal was sehen? Irgendwas?
Florian Clauß
1:16:03–1:16:04
Wir wollen Beweise.
Micz Flor
1:16:05–1:16:11
Und dann, oh, unfassbar! Frevel! Also dann geht es das erste Kapitel darum.
1:16:12–1:16:15
Und es gäbe aber wohl einen, dem habe man auch mal einen Brief geschrieben.
1:16:16–1:16:18
Und der hat das dann aber abgelehnt. Ein gewisser Mr. Norrell.
1:16:18–1:16:22
Und den könnte man doch, also vielleicht der hat auch mit Zauberei zu tun.
1:16:22–1:16:24
Können wir den mal, irgendwie ist der interessant.
1:16:25–1:16:29
Und das ist das Ende des ersten Kapitels. Fange ich jetzt mit an.
1:16:29–1:16:35
Das sind zwei Leute, die da hingegangen sind, um ihn zu treffen.
1:16:35–1:16:37
Und das ist auch total schön, also wirklich schön geschrieben.
1:16:37–1:16:40
Ich habe ihn irgendwann ausgestiegen, weil es mir dann wirklich als Buch auch
1:16:40–1:16:42
schon zu sehr eine Serie wurde.
1:16:42–1:16:46
Aber es ist wirklich eine eigene Schrift. Es ist nicht so ein Harry Potter-Ding.
1:16:47–1:16:50
Es ist total knuffig und gleichzeitig aber auch sehr smart geschrieben.
1:16:52–1:16:58
Und am Ende sind zwei Leute jetzt bei diesem Mr. Norrell, der Herr Segundus und der Herr Honeyfoot.
1:16:59–1:17:02
Und Norrell lädt die auch ein und führt die dann durch sein Haus.
1:17:03–1:17:05
Und die haben das Gefühl, das Haus war doch gar nicht so groß.
1:17:05–1:17:08
Auf eine riesen Bibliothek, aber wir sind wieder hingekommen.
1:17:08–1:17:11
Wir waren stundenlang in diesen Gängen. Also sie sind wirklich in so einem Zustand,
1:17:11–1:17:13
als ob sie Pilze gegessen hätten.
1:17:13–1:17:17
Und das ist schon zauberhaft, schön beschrieben und trotzdem natürlich nicht
1:17:17–1:17:19
wirklich zauber, sondern nur deren Erfahrung wird beschrieben.
1:17:20–1:17:22
Und jetzt sind sie dann zum Schluss wieder im Salon.
1:17:23–1:17:27
Als sie erneut im Salon saßen, wandte sich Mr. Honeyfoot an Mr. Norrell.
1:17:27–1:17:31
Was ich heute hier gesehen habe, Sir, bestärkt mich in der Überzeugung,
1:17:31–1:17:34
dass sie die Person sind, die uns helfen kann in diesen Streit.
1:17:35–1:17:41
Mr. Segundus und ich sind der Ansicht, dass moderne Zauberer sich auf einem Irrweg befinden.
1:17:41–1:17:44
Sie verschwenden ihre Energie auf Nichtigkeiten.
1:17:44–1:17:49
Sind sie nicht auch dieser Meinung, Sir? Oh, aber gewiss, sagt Mr. Norrell.
1:17:50–1:17:55
Unsere Frage lautet, fuhr Mr. Honeyfoot-Wort, warum die Zauberei in unserem
1:17:55–1:17:57
großen Land ihren einst großen Ruf verloren hat.
1:17:57–1:18:01
Unsere Frage lautet, Sir, warum wird in England nicht mehr gezaubert?
1:18:02–1:18:07
Mr. Norrells kleine blauen Augen wurden härter und leuchteten und er kniff die
1:18:07–1:18:11
Lippen zusammen, als wollte er eine große heimliche Freude unterdrücken.
1:18:12–1:18:16
Es war so, dachte Mr. Sekundus, der andere beobachtet die beiden,
1:18:17–1:18:20
als hätte er lange Zeit darauf gewartet, dass ihm jemand diese Frage stellte
1:18:20–1:18:24
und als hätte er die Antwort darauf seit Jahren parat.
1:18:24–1:18:29
Mr. Norrell sagte, ich kann Ihnen bei Ihrer Frage nicht helfen,
1:18:29–1:18:31
Sir, denn ich verstehe Sie nicht.
1:18:31–1:18:35
Es ist die falsche Frage, Sir. In England wird noch gezaubert.
1:18:35–1:18:39
Ich selbst bin ein ziemlich passabler, praktischer Zauberer.
1:18:40–1:18:45
Ende erstes Kapitel. Und auch Ende unserer Folge. Es geht in 14 Tagen weiter.
1:18:45–1:18:48
Wie kommt dieser Zauberer zu jung?
Florian Clauß
1:18:49–1:18:54
Wow. Okay, das war eigentlich Podcast Episode 78.
1:18:55–1:19:01
Und Mitch, weißt du, dass diese Episode der auch unsere dreijährige Jubiläumsfolge ist.
Micz Flor
1:19:02–1:19:07
Das weiß ich sehr wohl, Florian. Denn wir haben besprochen, ob wir was Besonderes
1:19:07–1:19:09
machen. Aber wir hatten alle nicht die Zeit dazu.
Florian Clauß
1:19:09–1:19:12
Aber es ist schon was sehr Besonderes geworden, muss ich sagen.
1:19:12–1:19:16
Es hat so ein bisschen den Spillt unseres, weil wir sind auch hochgewandert,
1:19:16–1:19:22
außer Atem gekommen, so ein bisschen den Spillt unseres Gründungsmythos.
1:19:22–1:19:23
Unseres Bildkampspitzen.
Micz Flor
1:19:24–1:19:24
Genau.
Florian Clauß
1:19:24–1:19:30
Ja, genau. Ihr könnt mehr Informationen zum Podcast über uns und zu der Episode
1:19:30–1:19:32
auf eigentlich-podcast.de finden.
1:19:33–1:19:38
Jetzt seid ihr wahrscheinlich gespannt, was dann in 14 Tagen Mitch aufklären wird.
1:19:38–1:19:41
Wie kommt Mr. Norrell zu...
Micz Flor
1:19:41–1:19:41
Norrell.
Florian Clauß
1:19:41–1:19:45
Norrell zu jung. Bis dahin, macht's gut. Tschüss. Tschüss.
Micz Flor
1:19:46–1:19:48
Und Klappe.
Florian Clauß
1:19:48–1:19:49
Ja, sehr schön.
Micz Flor
1:19:49–1:19:50
Mal kurz stoppen.
Florian Clauß
1:19:50–1:19:51
Ja, alles stoppen.
Micz Flor
1:19:52–1:19:54
Alles stoppen.
Florian Clauß
1:19:54–1:19:57
Also ich stopp die Aufzeichnung.

Mehr

In Erinnerung an C.W.

In dieser Episode befassen wir uns mit dem schottisch-irischen anglikanischen Geistlichen, Dichter und Hymnenschreiber Henry Francis Lyte (1793–1847). Micz hat dieses Thema gewählt, weil er für die Beerdigung einer Kollegin und guten Freundin mit anderen „Abide with Me“ singt und einstudiert. (Ab ca. Minute 39 singt Micz die erste Strophe von „Abide with Me“ und interpretiert Text und Melodie.) Wir arbeiten uns anfangs durch viele Daten, Fakten und Zitate zum Leben, Glauben und Schaffen von Lyte. Dass Micz mit dieser Fülle an Fakten seine Emotionen der Trauer und Melancholie verdrängt, entdeckt Flo – der alte Psychotherapeut – bevor Micz draufkommt (ca. Minute 34, den Abwehrmechanismus könnten wir als Intellektualisierung oder Sublimierung benennen). Henry Francis Lyte wurde besonders bekannt durch seine Hymne „Abide with Me“, die er kurz vor seinem Tod 1847 verfasste. Lytes Kindheit war von familiären Umbrüchen und frühen Trennungen überschattet. Nach der Trennung seiner Eltern verließen diese ihn, und er lebte ab dem neunten Lebensjahr als Waise. Bereits in jungen Jahren begann Lyte, Gedichte zu schreiben, und zeigte außergewöhnliche sprachliche und geistige Begabung. Nach seinem Theologiestudium in Dublin und Cambridge trat Lyte in den kirchlichen Dienst ein und wirkte in mehreren Gemeinden, zuletzt über zwei Jahrzehnte lang in Brixham, Devon. Ein prägendes spirituelles Erlebnis am Sterbebett eines Mitbruders führte zu einer Vertiefung seines Glaubens und prägte seine spätere Theologie. Gesundheitlich war Lyte seit jungen Jahren angeschlagen. Seine Tuberkulose zwang ihn immer wieder zu Aufenthalten in wärmerem Klima – unter anderem in Südfrankreich und Italien. Er starb 1847 in Nizza, zuvor hatte er die letzte Version und Anmerkungen zu „Abide with Me“ nach England geschickt. Die Hymne vereint Lytes persönliche Glaubensgewissheit mit dem Wunsch göttlicher Nähe im Angesicht des Todes. Die Hymne wurde überkonfessionell bekannt, bei königlichen und staatlichen Trauerfeiern sowie Sportveranstaltungen gesungen und gehört bis heute zu den meistgeschätzten Kirchenliedern im englischsprachigen Raum. Schließlich finden wir noch zwei popkulturelle Referenzen, die von Lyte inspiriert scheinen: „Help“ von den Beatles und „Hey Hey, My My (Into the Black)“ von Neil Young.

Shownotes

Mitwirkende

avatar
Micz Flor
avatar
Florian Clauß

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:01
Okay, dann fängst du an.
0:00:06–0:00:09
Ist das eigentlich manchmal peinlich, hier anzufangen zu reden,
0:00:09–0:00:10
wenn so Leute um uns rum sind?
Florian Clauß
0:00:10–0:00:11
Nö, überhaupt nicht.
Micz Flor
0:00:12–0:00:14
Deshalb machst du es aber nicht so enthusiastisch, wirklich.
0:00:15–0:00:20
Wir haben den signifikanten Glockenturmschlag gerade verpasst.
Florian Clauß
0:00:21–0:00:29
Aber ich sag hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Podcast Episode 76.
0:00:30–0:00:37
Mitch, weißt du das? In deiner nächsten Episode, 78, da werden wir drei Jahre alt.
Micz Flor
0:00:37–0:00:38
Wirklich?
Florian Clauß
0:00:40–0:00:44
78, dreijähriges Bestehen von eigentlich Podcast, der Podcast,
0:00:44–0:00:49
wo wir im Laufen reden und laufend reden. Oder so ähnlich.
0:00:50–0:00:53
Das wird immer besser in der 8 nach 76 Podcast.
Micz Flor
0:00:53–0:00:55
Wobei jeder macht ja die Hälfte.
Florian Clauß
0:00:55–0:01:00
Immer wieder laufe ich dagegen. Aber wir sind unterwegs hier,
0:01:01–0:01:05
ich sage jetzt, ich verrate den Ort, am Lausitzer Platz.
0:01:05–0:01:08
Wir sind ziemlich oft in Kreuzberg, muss ich sagen.
0:01:08–0:01:13
Am Lausitzer Platz haben wir uns getroffen. Mitch meinte, da möchte er gerne starten.
0:01:13–0:01:17
Unser Podcast funktioniert so, dass wir uns irgendwo in Berlin,
0:01:17–0:01:20
meistens Berlin, treffen, gemeinsam eine Strecke laufen.
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Den könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de nachschauen, wie wir langgelaufen sind.
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Die nehmen wir dann auch auf. und einer bringt dem anderen ein Thema mit,
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das wir dann besprechen.
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Wir haben jetzt in letzter Zeit ziemlich viele Gastfolgen gehabt.
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Zum Beispiel hatte ich, letzte Folge, 75, Rolf Behringer dabei.
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Die hatten wir aber auch schon vor einer Zeit aufgenommen. Ist jetzt released worden.
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Und, so viel kann ich verraten, nächste Folge von mir wird wieder eine Gastfolge.
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Nämlich mit Ali, Ali Hacke live, mit dem ich schon mal auf dem 34,
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die 38 C3 zusammen eine Folge gemacht habe.
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Der Ali hostet den Podcast auch interessant und ist war in Berlin oder ist noch in Berlin.
0:02:10–0:02:13
Und wir sind durch das Regierungsviertel gelaufen.
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Ja, so viel Sneak. Vielleicht hast du auch eine Gastfolge in Aussicht.
Micz Flor
0:02:20–0:02:24
Ja, und wenn es soweit ist, also ich kann auch keine Nummer drauf geben,
0:02:24–0:02:27
aber es gibt in der Tat Planung für eine Gastfolge.
0:02:27–0:02:30
Aber ich hatte ja bis jetzt nur zwei Gäste, entweder meinen Bruder und der ist
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gerade nicht in Berlin und dann wahrscheinlich eine Folge mit Anja Ullrich.
Florian Clauß
0:02:34–0:02:38
Ja, die ist auch sehr frequentiert und beliebt, die Folge, muss ich sagen.
Micz Flor
0:02:38–0:02:41
Ja, ja, ja. Was ist eigentlich systemische Therapie?
Florian Clauß
0:02:41–0:02:44
Ist auch super. Ich habe mir die sogar zweimal angehört.
Micz Flor
0:02:44–0:02:44
Echt?
Florian Clauß
0:02:44–0:02:45
Ich glaube, ja.
Micz Flor
0:02:45–0:02:47
Dann müssen wir mal einen Fragebogen rausgeben und gucken.
Florian Clauß
0:02:49–0:02:52
So funktioniert Psychotherapie.
Micz Flor
0:02:53–0:02:59
So und jetzt das neue also wie gesagt einer bereitet ein Thema vor das bin ich,
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und manchmal wissen die anderen was das Thema ist, aber heute weiß Flo es nicht
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und vielleicht wollte ich auch das ist glaube ich nicht so dein Lieblingsthema Gitarren ne,
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diesmal geht es nicht um Gitarren aber es ist ja so dass eigentlich Podcast
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manchmal unfassbar viel Arbeit ist.
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Und jetzt bei mir ist irgendwie so viel zusammengekommen und halt eben auch
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der Ort hier im Lausitzer Platz.
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Und wir beginnen mit der Kirche.
0:03:28–0:03:30
Also es geht auch um kirchliche Themen.
0:03:32–0:03:36
Und da stehen wir jetzt vor der, die hast du gerade schon fotografiert zum Vorbeigehen,
0:03:36–0:03:37
aber ich mache nochmal ein großes Foto.
0:03:37–0:03:41
Da steht jetzt ein Text auf der Kirche.
Florian Clauß
0:03:41–0:03:43
Interessant, den habe ich tatsächlich noch nicht wahrgenommen,
0:03:43–0:03:50
bis zu diesem Moment, wo du jetzt dieses Thema vorgestellt hast.
0:03:50–0:03:51
Du hast noch kein Thema vorgestellt.
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Auf dem Ikonenbild, wie heißt die Kirche?
Micz Flor
0:03:57–0:04:02
Das ist die Emaus-Gemeinde, Emaus-Ölberg-Gemeinde. Ich weiß gar nicht genau,
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wie die Kirche wirklich heißt.
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Aber da steht, wir sehen zwei Menschen oben in der Mitte.
0:04:10–0:04:12
Das ist Jesus, können wir vielleicht verraten.
Florian Clauß
0:04:12–0:04:13
Für die, die es nicht sehen. Drei Menschen.
Micz Flor
0:04:14–0:04:17
Insgesamt drei Menschen, genau, Jesus ist ein Mensch, da sind wir schon mitten im Thema.
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Und unten drunter steht, wenn du das kurz vorlesen könntest.
Florian Clauß
0:04:23–0:04:27
Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden. Ja, genau.
0:04:28–0:04:33
Also ein typischer Bibel, hebräisches, aus dem Hebräisch übersetzt.
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Da kommen die Fanfaren.
Micz Flor
0:04:40–0:04:43
Die andere, der Aufhänger, weil es so viele Aufhänger gibt.
0:04:44–0:04:51
Wir nehmen jetzt vor Ostern auf und es wird nach Ostern gesendet.
Florian Clauß
0:04:51–0:04:53
Eine Woche nach Ostern.
Micz Flor
0:04:53–0:04:57
Im Prinzip handelt es sich nämlich hier um etwas, was sehr eng mit Ostern verbunden ist.
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Also am Karfreitag, da ist ja die Kreuzigung Jesu in Golgatha und das Begräbnis in einem Felsengrab.
0:05:08–0:05:12
Am Samstag, Ruhe im Grab, die Jünger trauern, keine Aktivitäten.
0:05:13–0:05:15
Und das ist der Tag des Schweigens.
Florian Clauß
0:05:16–0:05:19
Der höchste evangelische Feiertag.
Micz Flor
0:05:21–0:05:22
Der Karsamstag?
Florian Clauß
0:05:22–0:05:23
Nee, der Karsfreitag.
Micz Flor
0:05:23–0:05:24
Der Karsfreitag.
Florian Clauß
0:05:24–0:05:31
Und der Ostersonntag ist der höchste katholische Feiertag.
Micz Flor
0:05:31–0:05:36
Und an dem ist die Auferstehung Jesu. Früher Morgen, Frauen,
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die Salben mitgebracht haben, um den Leichnam wahrscheinlich zu salben,
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entdecken das leere Grab, Engel erscheinen und Jesu zeigt sich ersten Jüngern.
Florian Clauß
0:05:48–0:05:49
Das ist am Ostersonntag.
Micz Flor
0:05:49–0:05:53
Und jetzt wird es interessant, beziehungsweise auch wieder verwirrend,
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weil am Ostermontag geht es dann darum, dass zwei Jünger nach E-Maus wandern, tief betrübt.
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Und Jesus ist bei ihnen, aber sie erkennen ihn nicht.
Florian Clauß
0:06:09–0:06:12
E-Maus ist das, also du hast gerade gesagt, eine Stadt.
Micz Flor
0:06:13–0:06:15
Ein Ort. Ein Ort, ja, ich weiß nicht genau.
Florian Clauß
0:06:15–0:06:20
Aber der muss ja dann auch irgendwo da in der Nähe von Jerusalem sein, ne?
Micz Flor
0:06:21–0:06:23
Wenn man, ja, oder eben Golgatha.
Florian Clauß
0:06:23–0:06:30
Golgatha ist ja quasi das Tal vor Jerusalem. Ist doch am Ölberg, oder?
Micz Flor
0:06:30–0:06:33
Genau, eben aus Ölberggemeinde heißt es hier am Lausersalber.
0:06:33–0:06:35
Du kennst dich richtig gut aus.
Florian Clauß
0:06:35–0:06:44
Naja, ich war ja vor sieben Jahren da. War ich auf dem Ölberg und hab Jerusalem besucht.
0:06:46–0:06:49
Und ich habe das auch bildlich vor mir. Das ist alles nicht so weit.
Micz Flor
0:06:49–0:06:55
Okay, gut. Aber an diesem Tag, an dem Ostermontag, wie ich gerade vorgelesen
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habe, so hatte ich es an einer Quelle gefunden.
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Aber woanders hieß es, dass Lukas berichtet, also im Lukas Evangelium,
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dass ein jünger Kleopas heißt, ja, mit jemand anderem, der anonym bleibt,
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am gleichen Tag, also am Auferstehungssonntag wäre das dann,
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in niedergeschlagene Stimmung von Jerusalem nach Emaus ging.
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Und unterwegs treffen sie den auferstandenen Jesus, aber sie erkennen ihn nicht.
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Und der so deshalb unbekannter Begleiter spricht mit ihnen auch über Spiritualität.
0:07:28–0:07:30
Es ist gar keine so lange Passage da.
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Und wenn sie dann ankommen in Emaus, dann laden sie ihn ein,
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nochmal mit hineinzukommen. Und das ist genau, den werden wir gleich nochmal
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wörtlich, diese Passage hören.
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Also das ist genau der Moment, den wir da gesehen haben. Also die beiden sprechen
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Jesus an, den sie aber nicht erkennen, sind aber gut zu ihm und sagen,
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es ist schon Abend, tritt doch ein oder bleib bei uns.
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Und dann gibt es das Abendmahl.
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Als Jesus das Brot bricht.
Florian Clauß
0:08:01–0:08:04
Also das ist das legendäre Abendmahl zu dem Zeitpunkt.
Micz Flor
0:08:04–0:08:07
Ja, ich denke, es ist das Abendmahl. Ich bin nicht so bibelfest.
Florian Clauß
0:08:08–0:08:11
Nee, das Abendmahl ist eigentlich vor der Kreuzigung.
Micz Flor
0:08:12–0:08:14
Okay, dann ist es einfach nur ein Abendmahl.
Florian Clauß
0:08:14–0:08:15
Ein Abendmahl, ja.
Micz Flor
0:08:15–0:08:21
Ach genau, das Abendmahl, dieses Bild, ja stimmt, da sind ja dann alle mit versammelt.
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Weil Petrus ist ja noch in Golgatha und hat da sich auch verwundert dass das
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Grab leer war, wie ich lesen konnte in der Lutherbibel Version 2017 heißt es im Deutschen,
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bleibe bei uns denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt,
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ich habe jetzt insgesamt glaube ich 13 Übersetzungen gefunden von diesem Abschnitt,
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also ins Deutsche und es gibt diesen Begriff Herr den gibt es gar nicht,
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weil der Begriff Herr erinnert mich eigentlich immer auch an Gott und nicht an.
Florian Clauß
0:08:55–0:09:00
Ja, das ist Elohim. Elohim ist das hebräische Wort für Herr und das Ding ist
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halt die, also im Judentum darfst du ja nicht den Namen des Gottes sagen, was Jahwe ist.
0:09:09–0:09:14
Deswegen gibt es diese Punktierung im Hebräischen, die dann halt Jehova,
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es sind die gleichen Wurzelbuchstaben.
Micz Flor
0:09:16–0:09:18
Also es ist die Konsonanten oder so sind.
Florian Clauß
0:09:19–0:09:22
Glaube ich, aber die Fülsel sind nicht. Aber die Punktierung,
0:09:22–0:09:27
die du im modernen Hebräisch nicht hast, die zeigen im Prinzip die Vokale und
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deswegen ist Jahwe, also wenn das so geschrieben ist, ohne Punkte, sieht das gleich aus.
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Und Jehova, da wird halt die Punktierung anders gesetzt.
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Und das wird dann halt immer, Jehova wird dann ausgesprochen,
0:09:38–0:09:42
wenn dann Texte vorgelesen werden. Oder Elohim ist der Herr.
Micz Flor
0:09:43–0:09:48
Ja, siehst du, mit dir kann man über alles reden. Deshalb mache ich das so gerne mit dir.
Florian Clauß
0:09:48–0:09:49
Über alles kann man reden.
Micz Flor
0:09:50–0:09:52
Wie hat Hertha beim letzten Spieltag...
Florian Clauß
0:09:52–0:09:53
Nein, nicht über alles.
Micz Flor
0:09:55–0:10:02
Ja, warum beschäftigen wir uns damit? Im Englischen heißt dieses...
Florian Clauß
0:10:03–0:10:07
Wollen wir durch den Krater gehen?
0:10:07–0:10:10
Also wir sind jetzt hier am Gurley und stehen vor diesem Krater.
0:10:11–0:10:15
Hier war mal so ein Gurley-Tunnel. Weißt du darüber was?
Micz Flor
0:10:15–0:10:16
Wo ist der Tunnel?
Florian Clauß
0:10:16–0:10:19
Ich weiß nicht, ich habe es nur auf OpenStreetMap vorhin gesehen,
0:10:19–0:10:22
habe mich gefragt. Wahrscheinlich sind es...
Micz Flor
0:10:22–0:10:24
Auf OpenStreetMap war der eingezeichnet, oder was?
Florian Clauß
0:10:24–0:10:26
Ja, da stand Girlie Tunnel.
Micz Flor
0:10:26–0:10:28
Ja, das war wirklich ein Tunnel unten.
Florian Clauß
0:10:28–0:10:30
Ja, hier doch, da siehst du die Mauerwesten.
Micz Flor
0:10:30–0:10:33
Und wenn du da hinten rechts rausgehst, dann siehst du sogar noch den Eingang,
0:10:33–0:10:35
der halt inzwischen zu ist. Können wir gerne mal gucken.
Florian Clauß
0:10:35–0:10:36
Aber ist das jetzt ein Bombengrad?
Micz Flor
0:10:37–0:10:40
Das ist interessant, weil ich es auch nicht weiß. Aber hier war natürlich Girlie,
0:10:40–0:10:42
der Bahnhof, auch Zugstrecken.
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Und ich weiß es nicht.
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Vielleicht kannst du diese Sachen in die Shownotes packen.
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Aber ich habe auch immer überlegt, ob es entweder hier ein angelegter Krater
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ist, der so dann nochmal...
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Verdeutlichen und festhalten wollte, dass hier Krieg war und dass hier natürlich
0:11:02–0:11:10
die Gleise wegen Munition und Abtransport in die Konzentrationslager bombardiert wurden.
0:11:10–0:11:14
Also hier Gleistreieck, das waren ja, oder auch hier Anhalter Bahnhof,
0:11:14–0:11:17
die waren ja schwer bombardiert.
0:11:18–0:11:22
Und ich weiß auch nicht, ob das hier entweder eine künstlerische Interpretation
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ist, das festzuhalten, um zu sagen, was hier passiert ist, oder ob es wirklich
0:11:26–0:11:30
so geblieben ist und man dann einfach entschieden hat, das hier anders zu bauen
0:11:30–0:11:31
und es hier nicht zuzuschütten.
Florian Clauß
0:11:31–0:11:37
Ich würde vermuten, dass es also, dass es nicht beabsichtigt ausgehoben wurde,
0:11:37–0:11:39
sondern muss irgendwie was passiert sein.
0:11:40–0:11:43
Aber wir nehmen das mal so mit, weil wir werden bestimmt nicht das letzte Mal
0:11:43–0:11:43
durch den Görlitz gehen.
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Letztes Mal, als wir hier durchgegangen sind, oder eines der letzten Male,
0:11:47–0:11:52
ich bin ja auch hier mit Rolf gegangen und der hat sich dann auch in den Görlitzer
0:11:52–0:11:55
Park, er wusste nicht, als Freiburger geht man da nicht, wenn es dunkel ist,
0:11:56–0:11:58
dass man so viel konnte. Aber wir sind dann durchgegangen.
Micz Flor
0:11:58–0:12:00
Auch beim Dunkeln?
Florian Clauß
0:12:00–0:12:03
Ja, es war dunkel. Es war mitten im Winter.
0:12:05–0:12:11
Es war aber die Trasse da hinten, die war ein bisschen dunkel.
0:12:11–0:12:16
Aber das letzte Mal, als wir da durchgegangen sind, das möchte ich mal referenzieren,
0:12:16–0:12:18
da sind wir ja von Maikäfern, Junikäfern angegriffen worden.
0:12:19–0:12:21
Aber war das da hinten? Das war hier. Das war hier, die Allee.
Micz Flor
0:12:22–0:12:23
Kapteurer Park?
Florian Clauß
0:12:23–0:12:29
Nee, aber hier gab es auch Das war so die Schlüpfphase, wo dann alle rausgekommen
0:12:29–0:12:32
sind und uns für Bäume gehalten haben.
Micz Flor
0:12:34–0:12:36
Wo wir uns einfach für im Weg gehalten haben.
Florian Clauß
0:12:37–0:12:42
Nein, die haben sich ja in die Haare so verfranst. Das ist halt so deren instinktives, ja, irgendwas.
Micz Flor
0:12:42–0:12:43
Irgend so was.
Florian Clauß
0:12:43–0:12:46
Im Mund reinkrabbeln und Eier legen durch die Nase.
Micz Flor
0:12:46–0:12:49
Das erinnert uns an die Folge von Drood. So, jetzt wie finde ich die Brücke
0:12:49–0:12:52
wieder zurück ins Thema.
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Und zwar wollte ich jetzt erstmal die englische Version der King James Bibel vorlesen.
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Von dem gleichen Text, die heißt But they constrained him saying,
0:13:04–0:13:09
abide with us, for it is toward evening and the day is far spent.
0:13:11–0:13:12
Also dieses ...
Florian Clauß
0:13:12–0:13:14
Was heißt constraint in dem Zusammenhang?
Micz Flor
0:13:15–0:13:17
Nein, die haben ihn festgehalten oder zurückgehalten.
Florian Clauß
0:13:17–0:13:20
Es ist immer recht übergriffig, die Formulierung.
Micz Flor
0:13:20–0:13:25
Es ist eine sehr direkte Ansprache. Da müssen wir durch, wieder raus jetzt.
Florian Clauß
0:13:25–0:13:28
Wir gehen jetzt einfach geradeaus die Straße runter.
Micz Flor
0:13:29–0:13:33
Und abide with us ist eben bleibe bei uns. Stay with us ist auch manchmal moderne.
0:13:33–0:13:35
Abide with us ist wohl so ein altenglisches.
0:13:36–0:13:40
Bleib bei uns. Also abide with me ist eigentlich das, wo ich hin will jetzt.
0:13:40–0:13:46
Weil es gibt ein Lied, also diese Verknüpfung mit der Emaus-Ölberg-Gemeinde
0:13:46–0:13:53
und dem Lied, was ich gerade singe mit ein paar Menschen für,
0:13:54–0:13:57
jetzt bleibt es so ein bisschen anonymer, du weißt ja, es ist die Beerdigung
0:13:57–0:13:58
nächste Woche am Mittwoch.
Florian Clauß
0:13:59–0:13:59
Ja.
Micz Flor
0:13:59–0:14:07
Und dafür singe ich mit ein paar anderen, die völlig unerwartet verstorbene
0:14:07–0:14:11
Kollegin, mit der wir auch privat, du kennst ja auch was auf der Weihnachtsparty und so,
0:14:12–0:14:15
da singen wir ein Lied und das heißt Abide With Me.
0:14:15–0:14:18
Und das ist so ein ganz schön englisches Lied und das ergreift mich auch sehr
0:14:18–0:14:20
und das hat mich einfach viel beschäftigt.
0:14:20–0:14:24
Und weil ich jetzt eine Folge machen möchte, aber auch eine Folge machen muss,
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habe ich dann eben gedacht, ich nehme mir das mal, ich gucke mir das mal ein
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bisschen genauer an. Und dann kam dieser Link halt zu Berlin über die Kirche,
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wo wir gerade angefangen haben. Fand ich irgendwie, das passt so ganz gut.
Florian Clauß
0:14:35–0:14:40
Ah, okay. Also du hast dann auf dem, also das Wort Abide hatte ich ja noch.
Micz Flor
0:14:40–0:14:43
Abide with me. Und dann habe ich gedacht, als ich angefangen habe,
0:14:43–0:14:46
so jetzt möchte ich mal ein bisschen recherchieren zu dem Lied und ein bisschen
0:14:46–0:14:48
was darüber sagen. Vielleicht ist es ja eine Folge.
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Dann kam ich halt in der Übersetzung drauf, Moment Mann, das kennst du doch
0:14:54–0:14:58
den Spruch. und dann bin ich halt eben nochmal hingegangen und hab's mir angeschaut
0:14:58–0:15:00
und hab gesagt, ach, das ist ja lustig, da können wir wirklich auch anfangen.
0:15:01–0:15:06
Das war wie so eine Bestätigung, dass ich darüber sprechen darf und Verifikation oder dass.
Florian Clauß
0:15:06–0:15:07
Das relevant ist. Wer erlaubt dir das?
Micz Flor
0:15:09–0:15:11
Die Stadt Berlin hat's mir erlaubt.
Florian Clauß
0:15:12–0:15:14
Der Vibe, der Vibe.
Micz Flor
0:15:15–0:15:21
Und das andere, was du gerade gesagt hast, hier mit, na, mit,
0:15:22–0:15:28
wo ich Drood gesagt hatte, wie kann man da gerade nochmal Du hattest irgendetwas Unheimliches?
Florian Clauß
0:15:31–0:15:34
Übergriffig oder meinst du das davor?
Micz Flor
0:15:34–0:15:39
Nee, hab's vergessen. Aber auf jeden Fall sprechen wir auch über die Zeit,
0:15:39–0:15:51
in der eben zum Beispiel Charles Dickens, den ich über die Folge Drood mal vorgestellt hatte, auch.
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Das ist so diese Zeit, also so frühes, mittleres, spätes 19.
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Jahrhundert in England.
Florian Clauß
0:15:59–0:16:05
Ja, das fällt mir auch, also Druid, das ist so, was ich zuletzt auch dann mit
0:16:05–0:16:09
Chris über Nosferatu besprochen habe, das Dread, das war mir als Ausdruck,
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Dreadlocks und so weiter, das kennt man ja,
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aber das ist halt so dieses morbide, das Wort, das ist auch in diesem Kontext
0:16:17–0:16:22
mit den Ramm Stokers, mit dem Dracula, ist das dann auch so verwendet worden.
Micz Flor
0:16:22–0:16:25
Genau, Dread ist so eine Art Schrecken, so ein tiefer Schrecken.
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Also Drood wiederum ist benannt nach dem letzten unfertigen Roman von Charles Dickens.
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Edwin Drood heißt er, die Hauptperson. Und da so kam es dann auf den Titel drauf.
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Aber es sieht auch einfach gut aus. D-R-O-O-D ist echt einfach.
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Du siehst es so und es ist irgendwie unheimlich. Wahrscheinlich wegen Dread.
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Und dieser Schreiber, über den wir uns jetzt, der kommt aber aus einer anderen Richtung.
0:16:49–0:16:55
Der heißt Henry Francis Light, lebte von 1793 bis 1847,
0:16:56–0:17:05
ist also 54 Jahre alt geworden und hat viele Texte, Poems, Hymnen geschrieben.
0:17:05–0:17:09
Und Abide With Me ist auch eine Hymne, die, wie wir später noch herausfinden
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werden, kulturell in England immer noch ganz, ganz, ganz zeitgemäß ist.
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Also ganz viel gesungen wird, zum Beispiel bei jedem FA Cup Final oder bei jedem
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Rugby Spiel der Liga wird halt dieses Abide With Me am Anfang gesungen als Lied.
0:17:27–0:17:35
Obwohl es ein sehr morbides Lied ist, einfach im Sinne von es geht um Sterben,
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es geht um die Zeit kurz vor dem Tod.
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Das ist eigentlich auch irgendwie ein Gebet. 1947 ist Henry Francis Light gestorben.
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Und erst 16 Jahre nach einem Tod wurde dann dieser Text von einem Komponisten,
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William Henry Monk, aufgegriffen.
0:17:58–0:18:03
Und der hat dann 1861 die Melodie Eventide, heißt das.
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Das Wort Eventide kommt auch vor. Wir gucken uns nachher nochmal den Text an.
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Da hat er eine Melodie geschrieben, die jetzt quasi eins zu eins verwoben ist
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mit diesem Lied und auch so immer aufgeführt wird.
0:18:14–0:18:18
Ich habe in einer Quelle auch noch gefunden, dass William Henry Monk,
0:18:18–0:18:23
der als Komponist und aber auch als Redakteur, wo sie eine ganze Sammlung von
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christlichen Hymnen gebastelt hat,
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dass 1861 eine seiner Töchter dreijährig verstorben sei Und vielleicht,
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dass auch dann die Melodie mit inspiriert hätte, beziehungsweise die Auseinandersetzung
0:18:37–0:18:38
mit dem Lied Abide With Me.
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Weil das, was wir gerade genannt haben, bleibt bei uns, das will Abend werden oder so.
0:18:45–0:18:48
Und heißt in diesem Lied einfach Stay With Me in dem Moment,
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in dem mich das Leben verlässt, in dem ich sterbe.
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Und das eher vielleicht da war so meine Vermutung aufgrund von einem persönlichen
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Schicksalsschlag, dass ich auch sehr tief mit verbinden konnte.
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Aber ich habe das nur einmal gelesen und dann keine weitere Quelle dazu gefunden.
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Ich lese mal kurz die ersten beiden Strophen vor.
Florian Clauß
0:19:10–0:19:11
Ja, gerne.
Micz Flor
0:19:11–0:19:14
In Englisch und dann so in einer deutschen Übersetzung.
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Abide with me, fast falls the eventide. The darkness deepens, Lord, with me abide.
0:19:25–0:19:32
When other helpers fail and comforts flee, help of the helpless, oh, abide with me.
0:19:34–0:19:41
In Deutsch, bleib bei mir, schnell sinkt das Tageslicht, die Dunkelheit wächst, Herr, bleibe bei mir.
0:19:42–0:19:51
Wenn Trost versiegt oder eben die Helfer mich verlassen, hilft den Hilflosen, bleibt bei mir.
0:19:52–0:19:56
Help of the Helpless heißt eigentlich die Hilfe der Hilflosen,
0:19:56–0:20:00
aber ich habe es ja als hilft den Hilflosen übersetzt, weil ich dachte mir,
0:20:00–0:20:06
es ist vielleicht sinngemäßer, aber nicht wörtlich.
0:20:07–0:20:14
Die zweite ist wirklich sehr düster. Du kannst jetzt den Nosferatu-Stimmung irgendwie anmachen.
0:20:15–0:20:20
Das heißt Zwift to its close ebbs out life's little day.
0:20:20–0:20:28
Earth's joy grow dim, its glories pass away. Change and decay in all around I see.
0:20:29–0:20:32
O thou who changest not, abide with me.
0:20:33–0:20:38
Im Deutschen etwa rasch eilt dahin das Lebens kurzer Tag.
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Die Erde glanzverblasst und die Glorie verstreicht.
0:20:49–0:20:54
Wechsel und Zerfall sehe ich in allem um mich herum.
0:20:55–0:21:01
O du, der du dich nicht änderst, abide with me. Also bleib bei mir.
Florian Clauß
0:21:02–0:21:07
Und das ist dann schon immer so eine göttliche Instanz angerufen?
Micz Flor
0:21:10–0:21:14
Ja, also ich weiß auch nicht genau, wie kurz oder lang die Folge wird und wo es genau hingeht.
0:21:14–0:21:17
Ich weiß bloß bei mir gerade, dass mich das richtig tief ergreift.
0:21:17–0:21:18
Ich bin einfach auch gerade in Trauer.
0:21:20–0:21:24
Und du weißt ja, ich bin jetzt nicht, ich bin aus der Kirche ausgetreten.
0:21:24–0:21:31
Ich bin kein Mensch, der betet oder in einer Religion irgendwie so sich,
0:21:31–0:21:37
ich wollte sagen, verfangen hat. Aber das ist schon bewertend.
Florian Clauß
0:21:38–0:21:39
Aufgehoben fühlt.
Micz Flor
0:21:40–0:21:44
Ja, oder sich dazugehörig fühlt oder so. Und gleichzeitig muss ich schon sagen,
0:21:44–0:21:49
dass es so ist, dass ich in meinem Beruf als Psychotherapeut natürlich viel
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mit Menschen zu tun habe,
0:21:53–0:21:59
wo aus all dem, was alle irgendwie so haben, auf einmal so ganz emergent etwas hochsteigt.
0:21:59–0:22:04
Ein Zwang oder eine Angst oder es ist halt so, dass die Sachen manchmal neurophysiologische
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Hintergründe oder Substrate haben, aber oft wirklich auch stimmungsmäßig dieses Gefühl,
0:22:11–0:22:17
dass Dinge entstehen, dass Dinge irgendwie entstehen und irgendwie diese Trauer,
0:22:17–0:22:20
die einfach entsteht aus Sachen, die man benennen kann,
0:22:20–0:22:24
Aber nichts von dem, was man benennen kann, was rundherum passiert,
0:22:24–0:22:30
in der Summe lässt diese, also kann die Trauer beschreiben.
0:22:30–0:22:32
Also wer nicht getrauert hat, weiß das auch nicht so.
0:22:35–0:22:40
Und irgendwie ist es da so, dass mich das einfach gerade sehr begleitet,
0:22:40–0:22:43
das Lied, weil wir es auch viel üben.
0:22:43–0:22:47
Und dann entstehen halt so bestimmte Dinge, die so auch so ganz widersprüchlich
0:22:47–0:22:51
sind. Und wenn du dann mit anderen Menschen zusammen singst und du dann irgendwie
0:22:51–0:22:53
merkst, wow, wir werden da irgendwie wirklich eine Stimme.
0:22:54–0:22:59
Es kommt so langsam zusammen und vielleicht singe ich auch noch ein bisschen was vor, ich weiß nicht.
0:22:59–0:23:05
Aber weil die Stimme auch immer was so, die Melodie selbst auch ergreift in
0:23:05–0:23:06
der Dramatik, finde ich.
0:23:09–0:23:12
Und dann gibt es so Momente, wo man auf einmal lacht und sich freut,
0:23:12–0:23:15
weil es einfach so ergreifend ist. und dann aber vor dem Hintergrund,
0:23:15–0:23:17
warum wir das machen, dann eben die Trauer auch wieder durchkommt.
0:23:17–0:23:22
Da entstehen so völlig widersprüchliche Emotionen in solchen Situationen.
0:23:22–0:23:25
Und das ist ja auch nur alles sehr menschlich, aber es ist sehr emotional.
0:23:28–0:23:31
Da wollte ich eben einfach mal so mich ein bisschen damit auseinandersetzen
0:23:31–0:23:36
und kam dann dazu, dass ich daraus erste Folge mache.
Florian Clauß
0:23:36–0:23:37
Ja, verstehe.
Micz Flor
0:23:39–0:23:46
Ja, die kurze Einordnung so zeitlich, also Leid,
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Stab, so um die Zeit als Charles Dickens, ich glaube ein bisschen früher,
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Oder den Ebenezer Scrooge, wie heißt es nochmal,
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Christmas Carol, das Buch geschrieben hat.
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Was immer noch heute an Weihnachten von der Augsburger Puppenkiste oder irgendwelchen
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anderen noch vorgetragen wird, aufgeführt wird.
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Was als Zeichentrickfilm existiert. Also in der Zeit starb Light und geboren
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wurde er in der Zeit, als England gerade mit Frankreich im Krieg war.
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Da ging das quasi los und der Vater von Light war beim Militär und die wurden also immer versetzt.
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Geboren wurde er in Schottland und dann ist er aber viel umgezogen mit seiner
0:24:39–0:24:42
Familie, Edinburgh, Newmarket, Manchester, Liverpool.
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Und dann schließlich sind sie nach Irland gekommen, weil Thomas Light,
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so hieß der Vater, da eben auch zum Einsatz kam.
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England hatte man große Angst, das Irland war, ich weiß gar nicht,
0:24:56–0:25:00
was der politische Begriff ist, aber es wurde quasi von England regiert,
0:25:00–0:25:02
obwohl es ein eigenes Parlament gab.
Florian Clauß
0:25:02–0:25:04
Sag nochmal bitte die Zeit.
Micz Flor
0:25:04–0:25:11
Das war 1793 und beim Lesen war es dann auch für mich ein bisschen so, dass ich schon.
0:25:12–0:25:16
Es ist schon auch tragisch, so dessen Leben.
0:25:16–0:25:19
Also irgendwie hat mich das auch nochmal ergriffen. Er hat dann irgendwie sehr
0:25:19–0:25:22
früh seine Familie quasi verloren.
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Die ließen sich eben in Irland nieder.
0:25:24–0:25:35
Und 1803, da war er dann neun Jahre alt, begann er in Annisgillen in Nordirland
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auf der Portora Royal School.
0:25:39–0:25:43
Das hatte sein Vater wohl irgendwie noch eingefädelt für seinen älteren Bruder und ihn.
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Und dann hat er sich aber acht und eins schon von seiner Frau getrennt und hat
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dann die Familie verlassen.
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Da habe ich ein kurzes Zitat dazu von Evelyn Miller, die Henry Francis Light
0:25:57–0:26:00
His Life and Times geschrieben hat.
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Und jetzt beginnt das Zitat. Kurz danach verließ er seine Familie und ging nach
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Jersey. Ich glaube, das ist die Insel, heißt es Insel Jersey.
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Henrys Bruder Thomas ist vielleicht mit ihm gegangen oder blieb möglicherweise
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in der Schule in Annisgillen.
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So oder so gibt es von diesem Zeitpunkt an keinen Hinweis mehr auf den Bruder.
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Anna Maria und ihr Sohn George kehrten nach England zurück, wo nach kurzer Zeit
0:26:27–0:26:31
beide starben und Henry erfuhr nie, was mit ihnen geschehen war.
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Er fand sich im Alter von neun Jahren allein und ohne jegliche Unterstützung wieder.
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Ein bisschen, also auch wieder versuchen, eine wortliche Übersetzung zu machen.
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Und in dieser Schule fiel er aber schon sehr früh dem Herrn Boros auf.
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Der hat ja die Schulleitung, die ihn dann auch mit in seine Familie genommen
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hat. Können wir hier durchgehen? Ja.
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Hat ihn auch sehr unterstützt und hat auch bei ihm schon eben diese poetische Ader entdeckt.
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Der hat damals schon geschrieben und hat dann später, ging er dann aufs Trinity
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College nach Dublin und wollte dort zuerst Medizin studieren,
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aber hat sich dann für die Kirche entschieden.
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Und er hatte vorher aber auch schon wohl irgendwie Wettbewerbe gewonnen für
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Poetry und so und war da wohl sehr gut mit dabei.
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Er hat dann drei Jahre hintereinander eben diesen Chancellor's Prize for English Verse gewonnen,
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und im Jahre 1813 den ersten Platz unter 24 Studenten und gewann damit eben
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Stipendium aufs Trinity College nach Dublin.
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Nachdem er 1840 die Ordination, also sich auf die Ordination vorbereitet in Dublin,
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hat er so einige Orte, wo er dann als Geistlicher tätig war.
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Er war ein anglikanischer Geistlicher, was das genau bedeutet,
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weiß ich auch nicht. Man möge mir vergeben, wenn ich da ein bisschen unscharf bin.
Florian Clauß
0:28:06–0:28:12
Aber ist es eventuell die anglikanische, ist es die Kirche, die dann irgendein
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englischer König gegründet hat, um sich von Maria Stuart scheiden zu lassen?
Micz Flor
0:28:19–0:28:24
Ja, also es war so, dass Henry Francis Light ein anglikanischer Geistlicher
0:28:24–0:28:28
war und von der hochkirchlichen Tradition der Church of England geprägt war.
0:28:29–0:28:33
Und das war aber ein bisschen traditioneller, also legte großen Wert auf die
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Liturgie, auf die Sakramente und auf die klassische Theologie der anglikanischen Kirche.
0:28:39–0:28:43
Nachdem er so zwei, dreimal umgezogen ist, traf er nämlich, und deshalb ist
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die Ausrichtung der Kirche jetzt dann doch Thema, traf er nämlich Anne Maxwell.
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Da habe ich nur ein kurzes Zitat. Also Anne Maxwell war wohl aus einer auch
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großen Familie, hatte auch genügend Geld, sodass er später seine Schulden abzahlen
0:28:58–0:29:01
konnte, noch von der Ausbildung, was ihn wohl sehr stolz gemacht hat.
0:29:01–0:29:05
Und die aber, die war sieben Jahre älter, hat ihn ein Leben lang unterstützt,
0:29:05–0:29:08
und auch später, er hat dann irgendwann eine Lungenkrankheit gehabt,
0:29:08–0:29:12
man nimmt an, es sei Tuberkulose gewesen, und hat ihn dann wohl auch lange gepflegt.
0:29:12–0:29:14
Aber sie war Methodistin.
0:29:14–0:29:18
Dadurch, dass es da wirklich eigentlich einen Konflikt gab zwischen den beiden
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auf dieser Glaubenshebung, die waren aber verheiratet, da habe ich nur einen
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ganz kurzen Ausschnitt von einem Text von Skinner von 1974.
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Und zwar, den muss ich jetzt kurz übersetzen, den habe ich noch nicht übersetzt.
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Oder ich lese mal in Englisch vor und dann in Deutsch. On Sunday mornings in
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Brixham, Brixham war der letzte Ort, also da hat er 25 Jahre allerdings als
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Geistlicher weiter tätig.
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On Sunday mornings in Brixham, Lyle would drive his wife, das war jetzt nicht
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mit dem Auto, das ist länger her.
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Also die hatten das dann scheinbar irgendwie gut hingekriegt,
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dass sie mit unterschiedlichen Glauben und unterschiedlichen Gemeinden auch zusammenkamen.
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Er war wohl auch in Brixham sehr beliebt, ist im Süden Englands, ich glaube in Devon,
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war 25 Jahre da und hatte allerdings immer wieder dann auch aufgrund seiner
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Lungenkrankheit die Notwendigkeit, England zu verlassen, in wärmere Gefilde
0:30:29–0:30:31
zu gehen, an die Atlantikküste zu gehen.
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Oder ja, das wurde dann auch so eine Routine.
0:30:35–0:30:41
Und da war es dann so oft so, dass eben seine Frau in Briggs & Bleep sich um
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alles gekümmert hat und er dann auf den Reisen war, wo er heilen sollte.
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In den 1830er bis 1847, in dieser Zeit, ging es los, dass er halt eine Lungenerkrankung
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hatte. Man vermutet heute sei Tuberkulose und das ist auch wieder so ein bisschen so ein Sprung.
0:31:00–0:31:06
Du nennst dich vielleicht in die Folge Hyperion, ja, da war ja Kiez, der Poet Kiez.
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Das war jetzt allerdings 30, 40 Jahre vorher, der auch aufgrund seiner Erkrankung dann...
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Starb, sehr jung, starb und der hat Hyperion geschrieben. Das war ja dann irgendwie
0:31:22–0:31:24
Namensgeber für diese andere Dan Simmons.
0:31:26–0:31:30
Bevor er mit seiner Frau zusammenkam, gab es so einen Zwischenschritt und den
0:31:30–0:31:33
wollte ich noch erwähnen, weil der für ihn wohl auch so, was diese Spiritualität
0:31:33–0:31:35
angeht, so ein Wendepunkt war.
0:31:35–0:31:40
Und zwar war er da in Maratio und ich weiß nicht, wie man es ausspricht.
0:31:41–0:31:44
Das ist aber, glaube ich, auch schon in England, nicht mehr in Irland.
0:31:44–0:31:45
Da bin ich mir nicht ganz sicher.
0:31:46–0:31:49
Es war während seiner Zeit in Maration, habe ich wieder übersetzt,
0:31:50–0:31:54
das ist jetzt aus dem Oxford Dictionary of National Biography von 2004.
0:31:55–0:32:00
Es war während seiner Zeit in Maration, dass Lyle eine spirituelle Erfahrung
0:32:00–0:32:06
am Sterbebett eines benachbarten Geistlichen, Abraham Swan, machte.
0:32:06–0:32:11
Lyle behauptete, dass diese Begegnung seine ganze Sicht auf das Leben verändert habe.
0:32:12–0:32:18
Er ging daraus mit einem tiefen Glauben hervor und predigte mit neuer Lebenskraft.
0:32:19–0:32:23
Und er hat woanders auch schon mal gesagt, dass er eben da diese,
0:32:23–0:32:25
so eine Art spirituelle Wende erlebt hat.
0:32:26–0:32:30
Und sich dann, vorher hat er sich manchmal auch so ein bisschen lustig gemacht
0:32:30–0:32:31
über Leute, die so predigten halt.
0:32:31–0:32:35
Das war nicht so ganz sein Ding, also er war jetzt auch nicht so ganz tief in dem Glauben drin.
0:32:35–0:32:41
Aber das, am Sterbe diesen Tod zu begleiten, da hat er sich danach wohl auch
0:32:41–0:32:45
eher dieser Erlösungstheologie zugeschrieben, also diese Suche danach,
0:32:45–0:32:49
wie man, das ist ja eine irre Strecke, die du gefunden hast.
0:32:49–0:32:52
Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, wir rennen in Sackgassen rein,
0:32:53–0:32:54
aber irgendwie kommen wir dann doch immer wieder weiter.
Florian Clauß
0:32:55–0:32:59
Ja, es ist ganz spannend. Ich habe das Orex herausgesucht, diese Stelle.
0:33:00–0:33:06
Die laufen jetzt parallel zu dem Kanal und treffen dann irgendwann oft.
0:33:08–0:33:10
Die Weichselstraße.
Micz Flor
0:33:11–0:33:14
Gibt noch so den Hintergrund, dass er vielleicht in dieser Zeit schon dieses
0:33:14–0:33:17
Abide With Me in der ersten Fassung geschrieben hat.
0:33:17–0:33:22
Das war jetzt auf Wikipedia, der Spectator in Magazinen schrieb 1925,
0:33:22–0:33:28
dass es damals geschrieben hätte und also fast drei Jahrzehnte vor seinem eigentlichen Tod.
0:33:29–0:33:33
Aber es lässt sich nicht wirklich belegen und ich habe das auch nur auf Wikipedia
0:33:33–0:33:35
gefunden, was mich wundert.
0:33:35–0:33:40
Aber es ist so, und das habe ich nachher noch mal als Text, das eben dieses
0:33:40–0:33:46
Abide with me wohl wirklich erst kurz vor seinem Tod geschrieben wurde.
0:33:46–0:33:51
Ich lese das jetzt noch mal ganz kurz vor und dann gucke ich mal,
0:33:51–0:33:54
ob wir dann fertig sind oder ob dann noch irgendwas entsteht,
0:33:54–0:33:56
emergent aus unserem Gefüge heraus.
Florian Clauß
0:33:56–0:33:59
Du, so war die Folge angekündigt, ja.
0:33:59–0:34:04
Ich meine, du machst hier gerade einen Vortrag über die Lebensgeschichte und
0:34:04–0:34:08
hast hier irgendwelche theologischen Strömungen drin, ja. Und sagst du,
0:34:08–0:34:10
ich will einfach mal frei reden.
Micz Flor
0:34:10–0:34:14
Ja, nee, es stimmt. Das ist vielleicht so ein bisschen, aber auch die Vermeidung,
0:34:14–0:34:17
sich damit nochmal auseinanderzusetzen, weil ich ja vorhin schon angedeutet
0:34:17–0:34:21
habe, ich habe einerseits sehr viele Emotionen, weshalb ich mich dafür so interessiert habe.
0:34:21–0:34:27
Und dann komme ich aber nicht anders an das Thema ran, als mich zu rechtfertigen.
0:34:27–0:34:28
Es ist ja sehr protestantisch.
0:34:29–0:34:36
Ich habe gute Arbeit geleistet und darf deshalb über das, was mich emotional berührt, reden.
0:34:39–0:34:43
Also bevor er abgefahren ist, hat er wohl eine Version von diesem Abide with me geschrieben.
0:34:43–0:34:50
Am 1. Oktober 1847, bevor er dann wieder in den Süden, er ist dann bis Nizza
0:34:50–0:34:53
gekommen und ist dort am 20.
0:34:53–0:34:59
November 1847 gestorben im Hotel de Angleterre.
0:34:59–0:35:02
Ich kann das nicht so gut sagen.
Florian Clauß
0:35:02–0:35:04
Da war ich neulich.
Micz Flor
0:35:04–0:35:05
Wirklich?
Florian Clauß
0:35:05–0:35:11
Nein. Ich war in Nizza. Aber das war bestimmt eines von diesen Hotels, wo ich dann wobei ging.
Micz Flor
0:35:12–0:35:17
Es gab damals oder vielleicht, ich glaube immer noch sogar, diesen englischen
0:35:17–0:35:19
Friedhof, der Holy Trinity Church in Nizza.
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Und da ist er auch beerdigt am 22. November.
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Bevor er in der Südenreise hinterließ, er eine Kopie von seinem Text und der
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Musik. Es gibt auch Noten von ihm.
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Davon habe ich aber nur irgendwie eine ganz schlechte Fotokopie gefunden.
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Die stelle ich aber auch mit unten zu den Bildern ab, weil vielleicht kann irgendjemand
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mit KI die Noten dann nur zusammenschrubben.
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Es sieht auf den ersten Blick jetzt auch vierstimmig aus und gar nicht so unähnlich
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wie das, was dann später so berühmt wurde.
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Aber gleichzeitig habe ich so das Gefühl, dass die Melodien,
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die 16 Jahre später draufgeschrieben wurden, die haben wir, glaube ich,
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das Ganze wirklich erst packend gemacht.
Florian Clauß
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Guck mal, ich will mir aber deinen Blick auf dieses Gebäude lenken,
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das finde ich so gerade überhaupt nicht so klar, was es ist.
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Sieht aber auch aus wie eine Kirche, oder?
Micz Flor
0:36:13–0:36:16
Sieht nix? Nein, das sieht aus wie eine Brauerei oder sowas.
Florian Clauß
0:36:16–0:36:18
Brauerei, ja, so was Brauereien.
Micz Flor
0:36:19–0:36:23
Wasserwerk, irgendwie ein Reinigungsding. Ein hohes Gebäude,
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das schon fotografiert für unsere...
Florian Clauß
0:36:24–0:36:29
Nee, ich hab noch nicht den guten Dinkel gefunden. Aber ...
Micz Flor
0:36:29–0:36:34
Das ist eine Korkenzieherweide, oder? Ist das eine Korkenzieherweide? Eine Pappe?
Florian Clauß
0:36:34–0:36:34
Ja.
Micz Flor
0:36:35–0:36:37
Und eine Korkenzieherweide und ein paar Kastanenbäume.
Florian Clauß
0:36:46–0:36:49
Ich glaube, hier kann ich ein Foto aufnehmen.
Micz Flor
0:36:51–0:36:51
Darfst du.
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Ja, und Abide With Me ist halt in England zum Beispiel beim Begräbnis von King
0:37:01–0:37:04
George 1936 gesungen worden.
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Von Queen Mary wurde es 1953 gesungen.
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Und interessanterweise steht Wikipedia auch, ich weiß nicht genau,
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wie ich das aussprich, Sun Yat-Zen 1925, das war ein chinesischer Revolutionär
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und er ist der Präsident der Republik China.
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Bei seiner Beerdigung wurde das auch gesungen, also da passt das jetzt vielleicht.
Florian Clauß
0:37:31–0:37:35
Also es klingt ja auch so, wie das jetzt eingeleitet und vorgestellt ist,
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es ist ja quasi so ein Requiem vom Stück her.
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Ich weiß nicht, ob das jetzt zu sehr auf Klassisch stand so formatiert ist,
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Requiem wird man das sagen da, aber so wie es auch jetzt eingesetzt wird mit
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der Begräbnis Historie von anderen, könnte man das als Requiem.
Micz Flor
0:37:56–0:37:59
Ich weiß nicht, wie man Requiem definiert. Was ist eine Requiem?
Florian Clauß
0:38:00–0:38:04
Naja, das ist ja im Prinzip das Stück, was man zu seinem Sterben schreibt.
Micz Flor
0:38:05–0:38:09
Was jeder für sich zu seinem Sterben schreibt oder was man vorträgt, wenn jemand stirbt?
Florian Clauß
0:38:09–0:38:14
Ich glaube, Das ist dann halt was von den großen Komponisten.
0:38:14–0:38:18
Das ist dann halt immer das eigene und das ist meistens auch das letzte Stück.
0:38:20–0:38:22
Ich rede völlig aus der hohlen Hand.
Micz Flor
0:38:22–0:38:25
Nein, aber es war auf alle Fälle das letzte Stück. Also er hat dann,
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ich weiß auch nicht genau, was mich so richtig, vielleicht weißt du es besser,
0:38:28–0:38:32
was mich da so richtig hinzieht zu dieser ganzen Geschichte.
0:38:35–0:38:39
Aber es ist so, dass diese erste Strophe in sich selbst auch,
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Schon, obwohl es die erste Strophe ist, finde ich, in gewisser Weise den Tod so vorweg nimmt.
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Das ist auch in der Melodieführung. Ich gehe da vielleicht gerade nochmal zu dem Text rein.
Florian Clauß
0:38:53–0:38:58
Aber ich fände es total schön, wenn du das jetzt singen würdest.
0:38:59–0:39:03
Das nimmt gerade so eine Form an, wo ich das jetzt auch gerne von der Melodie
0:39:03–0:39:06
her hören möchte. Machst du das?
Micz Flor
0:39:08–0:39:11
Ich singe die Bassstimme. Es ist nicht die führende Stimme, aber da kann ich
0:39:11–0:39:15
dann trotzdem vielleicht ein, ich versuch's mal.
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Ich bin jetzt nicht eingesungen und wir sind hier auf dem öffentlichen Raum,
0:39:19–0:39:20
aber ich versuch's mal zu machen.
Florian Clauß
0:39:21–0:39:23
Okay, wir können uns da so ein bisschen beiseite stellen.
Micz Flor
0:39:23–0:39:28
Und zwar die erste Folge, Abide with me, fast falls the even tight.
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The darkness deepens, load with me, abide.
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When other helpers fail and comforts flee.
0:39:35–0:39:39
Also dieses Flüchten, das ist auch so, wenn ich in einem Text so ein Drang,
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ein Comforts Flee, also irgendwie verlässt es da alles, es haut alles so ab.
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Und dann Help of the Helpless, oh abide with me.
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Ich versuche es mal zu singen.
0:39:52–0:40:01
Also, abide with me, fast falls the eventide,
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the darkness deepens, Lord with me abide.
0:40:10–0:40:15
Und jetzt kommt halt dieses Drängen zu dem Flea und danach dann schon irgendwie der Tod so.
0:40:17–0:40:24
When other helpers fail and comforts flee,
0:40:25–0:40:34
help of the helpless, oh abide with me.
0:40:35–0:40:38
Eigentlich meh, aber so tief komme ich nicht runter.
Florian Clauß
0:40:38–0:40:40
Wow, ich habe schon so ein bisschen Shower.
Micz Flor
0:40:40–0:40:48
Und das ist dieses when other helpers fail and come da kommt so ein Synkopierand fail,
0:40:48–0:40:54
wie so ein Stolpern fail and comforts flee und dann wird es laut und dann hast
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du auf einmal auch alle drei alle vier Stimmen so auf so einem Höhepunkt und
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dann kommt dieser komische help,
0:41:01–0:41:06
help das ist eine große Sekunde über dem eigentlichen Ton vom Tenor,
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also du überrumpelst wobei, warte mal, es ist immer vielleicht muss ich nochmal
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gucken, aber es ist auf alle Fälle,
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ein dissonanter Ton, der da reingeschmissen ist so, help und dann denke ich
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halt wirklich an die Bete so, help, I need somebody, help help,
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I need somebody, help also irgendwie so dieses Rufen, so help of the helpless,
0:41:28–0:41:33
und dann kommt eine Atempause oh, abide with me und für mich sind diese letzten
0:41:33–0:41:37
beiden Teilen einfach auch so when others fail and come let's flee und dann
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help und dann ist der Moment auf der anderen Seite des Berges.
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Also in dem Moment ist er eigentlich schon gegangen. Er weiß, ich sterbe jetzt.
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Der Rest danach ist dann vielleicht eher so ein innerer Monolog.
0:41:50–0:41:56
Aber ich finde diese erste Strophe einfach wirklich ergreifend.
Florian Clauß
0:41:57–0:42:03
Ja, krass. Ich kann absolut nachvollziehen, dass sich das jetzt in der Trauer
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so auch dass du da auch so reingehst einfach.
0:42:11–0:42:18
Und das finde ich auch sehr ergreifend. Das habe ich gerade schon mal gesagt. Aber berührend.
Micz Flor
0:42:18–0:42:23
Es ist aber wirklich dann auch beim Singen diese Sache, dieses Glücksgefühl,
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wenn es dann eben auch das erzeugt, was eigentlich das ergreifende Traurige ist.
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Also diese dieses erleben von diesen sehr sehr sehr unterschiedlichen emotionen ist erstaunlich und,
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Dass es möglich ist, gleichzeitig unvereinbare Gefühle zu erleben.
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Aber es ist nichts, was man im Alltag tut.
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Oder ich habe jetzt vielleicht wirklich eine ganze Folge lang vorgetragen,
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um mich damit nicht so richtig auseinanderzusetzen.
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Und gleichzeitig, wenn es dann mal möglich ist, in solchen kurzen Momenten,
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finde ich, dann erlebt man sich auch viel lebendiger.
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Es ist einfach, man sagt ja berührend, man berührt sich dann auch selbst oder
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einen Teil von sich selbst, den man sonst nicht so leicht berühren kann.
Florian Clauß
0:43:08–0:43:15
Ja, ich meine, wir sind ja, oder du bist ja mit Ostern eingestiegen und das
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ist ja genau Karfreitag und Ostersonntag, das sind ja diese beiden Pfeiler von
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absoluter Trauer und absoluter Freude.
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Das ist ja genau dieses Komplimentäre, was innerhalb dieser Tage so erlebt wird.
0:43:30–0:43:33
Was jetzt nicht gleichzeitig erlebt wird, aber es ist ein Teil der Prozession.
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Und klar geht es da im christlichen Sinne immer dieses Herr,
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es gibt eine Auferstehung und ich freue mich drauf.
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Also es ist ja dieses Versprechen, was da drin hängt.
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Gleichzeitig, wie du sagst, dass in dem Moment des Helps dann der Klimax des
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Berges überstiegen ist und du auf der anderen Seite bist.
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Also das heißt, dann ist der Sitz noch warm, aber du wirst schon weg.
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Also das ist so die Wärme, die noch so nachwirkt, aber die Person ist nicht mehr da.
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Eigentlich, das ist ja das, wenn man Sterben als Prozess dann sieht.
0:44:16–0:44:19
Irgendwann gibt es dann halt, dass die Körperwärme entweicht.
0:44:20–0:44:26
Und ich glaube, das ist so dieser Moment eben, wo es halt so in der Welt ist.
Micz Flor
0:44:26–0:44:26
Ja.
Florian Clauß
0:44:27–0:44:31
Also das ist... Und ich würde... Ich weiß nicht, ob ich...
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Also ich hatte es ja selber überrascht, dass du dich da jetzt so mit dieser
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Lebensgeschichte so auseinandergesetzt hast.
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Was mir da noch als Assoziation einfällt, aber ich weiß nicht,
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ob du das dann so verwenden kannst, ist so ein bisschen wie.
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Ich kriege es auch nur noch fragmentarisch zusammen, aber es ist so wie der
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Film Drawing by Numbers von Peter Greenaway.
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Ich habe da auch nur noch so Snapshots im Kopf, wo ein Kind,
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Junge, dann eben bei den überfahrenen Tieren oder ich glaube, es sind tote Tiere,
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dann anfängt, da so bestimmte Nummern so einzuzeichnen und so ein bestimmtes Raster zu entwickeln.
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Und einen gewissen Überbau da drauf zu legen, um eben irgendwie mit diesem Tod
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in irgendeiner fassbaren Form dann zurecht zu kommen.
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Und so ein bisschen denke ich, vielleicht ist es ja so,
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dass du hast dich damit auseinandergesetzt und hast dann dieses Wort gefunden,
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du hast dann in dem Wort eine Biografie gefunden und du bist in diese Biografie
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eingestiegen, du hast diesen Menschen kennengelernt und gleichzeitig ist das
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so dieses Nummernwerk drumherum um ein Ereignis, was einfach nicht beschreibbar ist.
0:45:53–0:45:59
Und damit wird es irgendwie zu so einer Form, die dann wieder erlebbar wird
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und die eine gewisse Identifikation dann vielleicht auslösen kann.
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So habe ich jetzt einen Eindruck. Ich weiß nicht, ob du das irgendwie so...
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Also ich glaube, es ist aber auch so eine total natürliche Reaktion,
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weil dieses Unbegreifbare muss man ja irgendwo auch für sich irgendwo sortieren können.
0:46:22–0:46:28
Und dafür sind dann halt solche Biografien, glaube ich, sehr stark.
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Also ich fand's wirklich,
0:46:35–0:46:36
Also eine tolle Geschichte.
Micz Flor
0:46:37–0:46:41
Ja, also es ging auch beim Vortragen so wirklich, dass es so schwierig war,
0:46:41–0:46:44
dann zwischen Zahlen und dem Versuch, das irgendwie einzuatmen,
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diesen Mensch zu zeigen.
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Sondern es blieb dann, glaube ich, auch ein Schritt davor für mich.
Florian Clauß
0:46:52–0:46:53
Ja, verstehe.
Micz Flor
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Und es gab auch diese anderen Spuren. Ich hatte in der Tat mit Hyperion oder
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mit Root, mit Charles Dickens und so, hatte ich schon immer auch das Gefühl,
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da so in was reinzukommen, was nochmal ein anderes, morbides Gefühl ist.
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Also wo Morbidität, dann stirbt halt ein Kind mit drei Jahren,
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dann stirbt halt die Frau oder der Rektor früher.
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Das war einfach eine andere Zeit.
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Wie bei Nosferati auch, wo dann diese Schattenhand einfach eine ganze Stadt ergreift.
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Man wusste nicht, woher es kommt. Man hatte kein richtiges Verständnis davon,
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vielleicht von Giften noch mehr als von Bakterien und so weiter.
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Aber das war einfach eine Zeit, in der Tod noch viel anwesender war und auch
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immer in so Schüben dann so kam.
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Also wie bei Kiez oder eben bei Leit hier, dass die mit ihrer Tuberkulose,
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dann wurden da unterschiedlichste Sachen vorgenommen, die alle...
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Die jetzt heute nicht mehr unbedingt wissenschaftlich nachvollziehbar sind.
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Zum Beispiel wurde ja Kiez, wurde dann Adalas, hat er so viel Blut verloren,
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dass er es eigentlich dann gar nicht mehr schaffen konnte.
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Also da fehlte ihm eigentlich die Kraft, hatte ich ja in einer Quelle dann auch
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so vorgetragen, im heutigen Blick, und denke, das war genau nicht das, was gut hier war.
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Und diese Idee von so wissenschaftlichem Blick auf die Vergangenheit dreht sich dann auch immer reihum.
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Ich wollte jetzt noch einen Filmkurs mit reinnehmen und zwar kannst du dich
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an Highlander erinnern?
Florian Clauß
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Ja, also ich habe den vor Ewigkeiten, aber weil ich den Hauptdarsteller nicht mag Ah ja.
Micz Flor
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Okay deshalb hast du ihn vor Ewigkeiten gesehen aber du kannst dich vielleicht
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noch an den in Anführungszeichen bösen,
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Highlander erinnern ne, ne, war nicht Highlander, aber einer von denen,
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ich weiß gar nicht wie die hießen der Kurgan dieser Rasierte,
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der dann quasi das letzte auch steht.
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Und der hat so eine Szene in der Kirche, wo er sagt so, I have something to say.
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Und dann ruft er einfach so, it's better to burn out than to fade away.
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Und das ist so ein Zitat aus dem Lied Hey, hey, my, my, into the black von Neil Young.
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Und dann glaube ich mal, hey, rock'n'roll is here to stay. it's better to burn out than to fade away.
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Und das ist dann auch so ein Satz, der hat es dann in Kurt Cobains Suicide Note geschafft.
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Also it's better to burn out than to fade away.
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Das steht halt so da. Und dann, man sagt ja auch manchmal so,
0:49:42–0:49:47
ja gut, wenn man die Kerze an beiden Seiten ansteckt, dann brennt sie kürzer so irgendwie.
Florian Clauß
0:49:47–0:49:51
Aber dafür heller. Ja, ist so ein bisschen das Rock'n'Roll-Versprechen.
Micz Flor
0:49:52–0:49:57
Und ich fand es ganz lustig, das schon früh, als es mit seiner Krankheit losging,
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wo man ihm gesagt hat, so mit Ende 20, Anfang 30, mach mal langsam,
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mach mal langsam, dann hat er gesagt, also hier Light, hat gesagt,
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it's better to wear out than to rust out.
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Das ist so eine ganz milde Form, genau das gleiche Zitat. Better to wear out.
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Also es ist besser, sich abzunutzen, als zu verrosten.
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Also dass man tut und macht und arbeitet und nicht einfach nur verrostet.
Florian Clauß
0:50:22–0:50:27
Das ist so eine gläubige Variante, ne?
Micz Flor
0:50:28–0:50:29
So eine protestantische Sprache.
Florian Clauß
0:50:29–0:50:30
Ja, man muss es halt schaffen.
Micz Flor
0:50:31–0:50:36
Ja, aber ich wollte ja, hatte ja versprochen, dass ich ein paar Pop-Trivia-Zitate anziehe.
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Das eine meine, eine Entdeckung ist eben, Better to wear out than to rust out,
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ist quasi der Vorgänger von Neil Youngs.
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Und das andere war ja klar, das Help von den Beatles, ist auch in Light Abide with the.
Florian Clauß
0:50:54–0:50:59
Ja, das finde ich irgendwie schön, wie du das herausgearbeitet hast. Dieses Dissonante.
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Das war diese Harmonie und auf einmal dieses Herb.
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Ja, ich meine, klar, es geht halt, eins ist sicher, wir werden alle sterben.
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Jeden führt keinen Weg drumherum. Das heißt, wer kann.
Micz Flor
0:51:18–0:51:20
Darf aber in zwei Wochen wieder einschalten.
Florian Clauß
0:51:22–0:51:30
Gute Überleitung Das war eigentlich Podcast Epidone 76 Danke Mitch für diese,
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Teilnahme Anteilnahme Danke dir.
Micz Flor
0:51:35–0:51:40
Dass du so ein bisschen mich gekitzelt hast dabei, dass ich dann wieder wie
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würde man sagen, den rechten Pfad gefunden habe Genau, den Gottespfad Dass ich
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mich nicht aus meiner eigenen Folge rausschneide,
0:51:51–0:51:51
Ja.
Florian Clauß
0:51:53–0:51:59
Ihr könnt das Ganze, wo wir jetzt langgelaufen sind, könnt ihr dann auf eigentlich-podcast.de sehen.
0:51:59–0:52:02
Und ich denke, Mitch, du wirst auch die Noten.
Micz Flor
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Ja, ich habe das vielleicht noch für die, die selber mit Musik zu tun haben.
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Es gibt, wie heißt das, Gitarrtux für Gitarrensätzen. Es gibt Rose Garden und
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was ich gerade benutze, heißt Muse Score, also wie Muse und Score.
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Das sind Software, mit der man Noten setzen kann.
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Und ich lade die dann hoch, weil ich habe jetzt wirklich die vier Stimmen für
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unsere kleine Gesangsgruppe nochmal gesetzt.
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Und mich deshalb auch viel mit den Noten nochmal, also weil du musst dann wirklich
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ja jede Note nochmal einzeln setzen.
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So ein meditatives Verfahren wo du gleichzeitig aber auch nochmal drauf guckst
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und wirklich nochmal verstehst wie die gegenläufig arbeiten und welche Melodie wo erscheint also.
Florian Clauß
0:52:48–0:52:53
Das heißt du veröffentlichst quasi jetzt die Noten zu dem die vier Stimmen zu dem.
Micz Flor
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Ja ne ich hab die nur nochmal quasi das sind die Originale von 1861 nicht von
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mir das steht auch so drauf aber die lade ich auch nochmal hoch wer Lust hat
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das sich nochmal irgendwie anzueignen und ja,
0:53:08–0:53:10
durchzuschauen, kann das dann da auch machen.
Florian Clauß
0:53:10–0:53:14
Ja, sehr schön. Also das finden wir auch auf unserer Seite. Ansonsten,
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Mitch hat es dann gesagt, das nächste Mal wieder in 14 Tagen.
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Da habe ich schon gesneakt mit Ali.
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Eine Runde, bis dahin, mach...

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