EGL082 Zombies in Psychoanalyse: Jenseits des Lustprinzips

"Im allerhöchsten Grade unheimlich erscheint vielen Menschen, was mit dem Tod, mit Leichen und mit der Wiederkehr der Toten, mit Geistern und Gespenstern zusammenhängt." -- Sigmund Freud: "Das Unheimliche"

In dieser Episode untersuchen wir die Figur des Zombies aus psychoanalytischer Perspektive. Beginnend mit Sigmund Freuds hangeln wir uns in der Reihenfolge der Geburtsjahre durch die jeweiligen Theorien. Die Bedrohung und der Horror der Zombies ist dabei mit der Psyche der Beobachter:innen verschlungen, ihr liegt immer wieder ein "Plot-Twist" zugrunde, der da heißt: was löst die Inszenierung des Zombies in uns aus, weswegen wir uns fürchten und unwohl fühlen? Der Horror ist nicht der Zombie, sondern die Psychodynamik in uns. Vor dem Hintergrund von Freuds Konzepten des Unheimlichen und des Todestriebs erscheint uns der Zombie als Rückkehr des Verdrängten mit destruktiven inneren Tendenzen (Todestrieb) gedeutet. Bei Carl Gustav Jung konfrontiert uns die untote Figur mit unserem Schattenaspekt der Psyche, ohne Hoffnung auf Individuation. Melanie Klein lässt uns im Zombie mit dessen Fixierung auf der paranoid-schizoiden Position in unsere eigene kindliche Seele blicken. Diese Gewaltstrukturen alignen wir mit dem in Klaus Theweleits *Männerphantasien* dargestelten Grauen. In der lakanschen Theorie dringt mit dem Zombie ein Subjekt außerhalb der symbolischen Ordnung in unsere geordnete Welt ein – ein Begehren ohne Sprache, das jeder kulturellen Vermittlung entzogen ist. Wir kamen im Podcast nicht mehr dazu die Theorie des Abjekten von Julia Kristeva vorzuführen, wonach der Zombie als abjekter Körper die Grenzen von Subjektivität, Sprache und symbolischer Ordnung infrage stellt. Das holen wir im Text zur Episode nach, in dem wir Kristevas Verständnis des Ekels, das Unintegrierbare und das körperlich Verstörende als Herausforderung für ein stabiles Ich beschreiben. Warum das alles? Weil die vorangegangene Episode 81 den Schinken "28 Years Later" durch die Straße zieht.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

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Da wollte ich das doch nicht mehr machen. Jetzt kommt Luke auch noch.
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Ich bin immer weiter an den Rand gedrängt.
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Ich fühle mich so anders.
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Autsch. Du hast das vorgestellt, deine letzte Folge, oder?
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Ja, ich habe die vorgestellt mit Luke. Ah ja, genau.
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Ich habe gerade gedacht, ich wollte das gerade Hallo sagen, aber du musst das ja machen.
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Ich muss es machen, ja. Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast,
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der Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
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Eigentlich Episode 82 und wir haben es angekündigt.
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Das ist ein Sequel der vorangegangenen Episode, wo ich, Flo,
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den Film 28 Years Later von Danny Boyle mit Regie und Alex Garland im Drehbuch vorgestellt habe.
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Und Mitch hat schon angekündigt, er hat noch was vor.
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Und zwar das Motiv des Zombies in der Psychoanalyse mal näher zu betrachten.
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Und ja, Mitch, ich bin gespannt.
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Ja, also es geht um Zombies. Ich fange jetzt einfach mal an.
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Ich sage jetzt, es geht um Zombies wieder. und ich bin kein Zombie-Experte oder...
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Zombie!
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Das Genre kenne ich irgendwie, aber es ist jetzt nichts, wo ich so wirklich
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knietief drinstecke. Ich habe gedacht, ich mache mir jetzt mal die Mühe.
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Ja, jetzt steige ich einfach mal ein und gucke mal in die...
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Ups, die Stimme, wir sind unter der Brücke.
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In die Psychodynamik.
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Und da wollte ich mit dir ganz kurz noch zwei Sachen vorher so ein bisschen
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kurz ansprechen, Weil wir dann bei dem Versuch in psychodynamischen Theorien
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unterschiedlicher AutorInnen erklären, wie so ein Zombie entsteht.
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Das ist ja quasi so jetzt dieser lustige Wunsch, den ich jetzt hier versuche umzusetzen.
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Ist mir halt so klar geworden, dass es wirklich auch nochmal eine Frage ist.
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Wer spricht. Also bestimmte Dinge, du siehst diese Zombies und gerade bei diesen
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alten Romero-Filmen, dann laufen halt so Horden langsam und dröge und trotzdem
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nicht aufzuhalten, einfach machen so ihr Ding.
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Man versucht irgendwie rauszufinden und die sind so sehr stark,
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man beobachtet die eigentlich wie Frosche oder wie, die teilen sich ja nicht mit.
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Als Zuschauer ist man die Person, die versucht, deren Motivation zu ergreifen
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und gleichzeitig kommt man da nie irgendwo so richtig an.
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Also die haben keine Motivation, keine Kommunikation, keinen sozialen Kontakt
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und das ist so ein bisschen diese Ur-Zombie-Idee.
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Und dann gibt es aber, ich glaube das war bei The Walking Dead war das auch
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schon so, wo dann so ein paar Zombies so clever waren und die guckten die Leute dann so an oder so.
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Das war glaube ich in Ich gucke die Dinger nicht. Also fast packt es nicht mit, nicht wirklich.
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Aber ich weiß noch, in der ersten Folge, da sind irgendwie so Zombies so rum und so.
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Und dann waren ein paar Menschen und ein Zombie hat so die Menschen so angeschaut.
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Er hat die so richtig so fixiert. Und das war was Unheimliches.
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Weil das wollte man nicht. Weil Zombies sind eigentlich anders.
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So diese Sachen, wenn wir über Zombies sprechen, dann sprechen wir ja immer
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aus einer beobachtenden Position heraus.
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Wir haben niemanden von dem, den wir betrachten, die uns helfen,
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das aufzuklären. Weißt du, wie ich meine?
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Also es ist nicht möglich, dass wir mit einer Hypothese über die anderen,
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die Zombies sind immer die anderen und werden es auch immer bleiben,
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weil wir nie mit denen irgendwie in Kommunikation treten können, so richtig.
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Aber in welcher Konstellation könntest du das denn mit irgendeiner Horrorfigur?
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Naja, wenn wir diesen Vampirfilm, den Chris und du beschrieben haben,
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diese Figur von Dracula, oder wie heißt der nochmal?
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Nosferatu. Morlock, genau.
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Der ist ja auch irgendwie, über den kann man, man kann von dem was erschließen.
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Also die Motivation bleibt letztendlich, aber der spricht, der kommuniziert,
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der sagt, was er will oder was er nicht will.
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Wir können uns vielleicht nicht ganz in eine solche Person hineinversetzen,
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aber trotzdem gibt es eine Möglichkeit mit dem, sag mal, wie ist denn das eigentlich,
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wenn man Vampir ist, ist es dann so und so?
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Oder wie ist es denn, 300 Jahre zu leben? Also irgendwie hat man ein Gegenüber.
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Ist es nicht so bei Braindead, wo die dann auch alle am Tisch sitzen?
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Und da sind auch, da haben die zumindest ein Sozialläden, die Zombies.
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Das ist Peter Jackson.
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Ja, das war ja auch quasi der Endpunkt,
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des Puppet Masters Films. Danach ging nichts mehr.
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Ich glaube, der hat das ganze Kunstblut der Welt da drin verbraucht.
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Sehr psychodynamisch auch. Die vereiterte Riesenmutter, die man mit dem Rasenmäher
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dann wirklich so klein schnipseln muss.
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Ja, diese Mutter-Sohn- Konflikte. Sehr groß ausgetragen. Okay, sorry.
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Ja, jetzt sind wir schon, 0 Uhr, genau 0 Uhr, okay, jetzt geht's los.
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Das Erste, was ich mit erklären muss, ist, sprechen wir bei Zombies über instinkthafte
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Wesen oder über triebhafte Wesen?
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Haben die überhaupt Triebe oder haben die nur Instinkte?
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Und das ist, finde ich, schon wichtig, weil der Unterschied wird oft nicht verstanden.
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Manchmal denken Leute auch, Triebe sind Instinkt oder es wäre irgendwie so das Gleiche.
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Aber es ist ein Riesenunterschied, weil der Instinkt ist ja was,
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was wirklich angeboren ist, genetisch festgelegt, wo man sich als Organismus
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nicht wirklich wehren kann.
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Zum Beispiel, wenn du von einer Katze mit so einem Laserpointer hin und her
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machst, dann wird die wahnsinnig, weil sie kann ich nicht machen.
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Das ist der Instinkt. Und der Trieb, also das Konzept des Triebes,
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ist nicht, dass es genetisch vorgegeben ist, sondern das ist sozusagen eine
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psychische Repräsentanz von einem somatischen Reiz.
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Ja, also du kannst, also hast eine innere Unruhe und aus dieser inneren Unruhe
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heraus entsteht ein Wunsch, irgendwas zu tun.
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Und zum Beispiel könnte man jetzt sagen, nehmen wir mal diese 28 Years Later, diese Rage.
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Wir wissen ja nicht, was in denen vorgeht. Die sind innerlich so aufgewühlt.
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Das zeigt sich dann äußerlich in so einer Zerstörungswut, in einer großen Aggression.
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Dinge zerreißen, sich gegenseitig angreifen, Menschen angreifen und so weiter.
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Aber was innerlich in den vorgeht, ist gar nicht so klar. Und das ist so ein
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bisschen das Konzept auch des Triebes. Also wir beobachten etwas.
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Aber wir können nicht wie beim Instinkt eins zu eins zwischen dem beobachtbaren
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Verhalten und dem Auslöser was herstellen.
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Und ein Trieb ist also nichts, was sich eins zu eins in Reizreaktionen übersetzt.
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Das wäre der Instinkt, sondern es ist etwas, was aufgrund von einer inneren
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somatischen Erregung entsteht dann ein psychisches Derivat oder Abkömmling davon.
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Und der ist dann irgendwie als Symptom oder in der Welt sichtbar.
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Also die Frage ist, können Zombies, sind das instinkthafte Wesen oder sind das
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Wesen, die Triebe haben?
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Gut, das ist ja so wie deine Grundprämisse, dass wir quasi so diese Figur des
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Zombies irgendwie so zugänglich machen, mit bestimmten Methoden.
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Hier ist es so, wie ich dich jetzt beim letzten Mal zum Beispiel verstanden
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habe, eben dieses Kind, komme ich dann immer darauf zurück, das Kind,
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das dann die Situation sich anschaut und entscheidet, wegzurennen.
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In dem Moment hat man so das Gefühl, das ist nicht instinkthaft.
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Der Instinkt wäre jetzt vielleicht, wie du immer sagst, Proteine.
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Sondern Aminosäureketten. Must have. Dann weiter darauf zuzugehen,
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auch wenn die Chancen nicht gut stehen.
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Da wird dann entschieden, nein, ich hau ab.
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Ja, ja. Ich verstehe schon den Unterschied, aber Aber ich habe gerade,
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glaube ich, so diese Frage,
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ob sich der Zombie, ich meine gut, bei den Infizierten, dann kann man ja noch
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so das, man kann ja noch eine gewisse Zugänglichkeit schaffen,
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weil das jetzt quasi keine Zombies sind.
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Aber der Zombie als Figur, den finde ich halt so unzugänglich.
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Das ist ja genau das, was ihn so als bedrohlich und monströs erscheinen lässt,
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das er einfach komplett nicht irgendwie einordnen lässt.
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Und deswegen ist es glaube ich für mich die Frage, ob es als Trieb oder instinkthaft
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ist, ist für mich dann schwierig.
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Ich finde es fast egal, die Frage. Aber das ist, glaube ich,
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jetzt nicht deine Intention.
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Also bei den Zombies habe ich das Gefühl, dass es beides gibt.
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Es gibt einmal eben diese Zombies, die dann Romero-mäßig wirklich dumm erscheinen
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oder leer erscheinen, maschinenhaft erscheinen,
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also reizreaktionsmäßig erscheinen und einfach so trotzdem in ihrer Fülle einfach
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schwer aufzuhalten sind.
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Und dann gibt es eben diese anderen. Das sind dann aber so neuere Zombies,
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in Anführungszeichen, wie ich meine, mich zu erinnern bei The Walking Dead,
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manche einfach auch so smart sind und planen.
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Und da gab es auch diesen einen Film mit Will Smith, wo jetzt ein zweiter Teil
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rauskommt. Der war, glaube ich...
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I'm Legend.
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Ja, I'm Legend. Omega Man war, glaube ich, auch mal so ein Film, mit welchen Stoß?
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Ja, gut, Omega Man ist nochmal eine andere Kiste.
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Ja, aber ich glaube, das war die gleiche...
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Das war die gleiche Romanvorlage.
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Und I'm Legend, da gibt es ja dann auch irgendwie sowas wie die Alphas in der
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Art. So ein paar die dann gucken und so versuchen zu lernen und zu verstehen
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und Strategien haben und sich die Sachen angucken und nicht einfach nur versuchen durchzurennen.
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Das kommt mir dann bei Freud eben, ich habe jetzt die ganzen Leute so sortiert,
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dass sie mit Jahreszahlen, also Geburtszahlen, da war Freud dann der Älteste.
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Und dann kommt auch schon Jung, über den hatten wir auch gerade gesprochen.
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Und bei Freud hatte ich halt so zwei Sachen gefunden. Und das erste war halt das Unheimliche.
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Da hat Freud 1919 einen Artikel geschrieben, der heißt das Unheimliche.
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Und da gibt es ein Zitat aus diesem Artikel, den ich kurz vorlese, wo er sagt...
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Allerhöchsten gerade unheimlich erscheint vielen Menschen, was mit dem Tod,
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mit Leichen und mit der Wiederkehr der Toten, mit Geistern und Gespenstern zusammenhängt.
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Also diese Wiederkehr der Toten, das ist so irgendwie das, was ich da als Aufhänger so nehme.
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Und jetzt sind wir dann genau schon wieder an dieser Frage, wer spricht für
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wen und aus welcher Position.
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Weil ich jetzt einfach mit Freud dann irgendwie jetzt mal das bei Zombies zurechtbiege.
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Aber ich spreche im Endeffekt jetzt nur über das, was es in mir auslöst als Beobachter.
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Und sage jetzt in diesem Fall sehr wenig über das, wie entsteht das im Zombie.
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Aber ich finde, es passt trotzdem einfach sehr gut.
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Also Freud hat da gesagt, das, was uns unheimlich ist. Und jetzt sind wir nicht
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der Zombie, sondern wir sind der Zuschauer sozusagen im Kino. oder vom Fernseher.
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Was bei uns unheimlich ist, ist bei ihm in der Definition das Unheimliche.
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Das ist halt so beides. Das ist das Heimelige, das Vertraute,
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aber es ist auch eben unheimelig.
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Also es ist uns nicht mehr vertraut.
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Und für ihn ist es halt so ein Beispiel, auch für das, was so verdrängt ist.
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Dinge, die uns irgendwie verdrängen, die uns irgendwie intrapsychisch zu sehr
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belasten, die wir dann wieder vergessen oder wenn die zurückkommen,
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zum Beispiel, oder halt in der Form der Zombies, wenn halt Leute zurückkommen,
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die wir nicht mehr an ihrem Wesen erkennen, sondern nur noch an ihren Klamotten erkennen.
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Also das Zurückkommen von etwas eigentlich schon Abgelegtem oder Verdrängtem.
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Dass das eine Sache ist beim Unheimlichen. Das fand ich, passt so beim Zombie ganz gut.
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Ja, es ist im Prinzip der komplette Verlust einer Persönlichkeit.
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Wenn du ein Zombie wirst, gebissen, dann verlierst du ja komplett deine Identität
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und bist ja einfach anonym.
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Ja.
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Weil du genau die gleichen Verhaltensmuster wie alle anderen hast.
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Und vielleicht, und das ist jetzt so ein bisschen dann auf das,
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was das zweite Zitat ist für Gläser, bei den Zombies im Kaufhaus,
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gibt es dann auch nochmal die Überlegung zu gucken, es ist halt so,
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dass die Sachen sind uns nicht völlig fremd,
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sondern es ist eher was, was gleichzeitig vertraut und verdrängt ist.
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Also wenn wir jetzt Zombies sehen in diesem Einkaufszentrum,
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uns geht da um so eine Konsumsache und der Zombie in seiner Rolle oder in seinem
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Verständnis von der Welt, für
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denen ist ja die Wertigkeit der Dinge im Einkaufszentrum völlig wurscht.
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Er geht ja nicht ins Einkaufszentrum, um da zu konsumieren.
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Doch, Menschen.
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Ja, genau. Das Kapitalistische, was drumherum aufgebaut ist,
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das funktioniert ja quasi nicht mehr für den Zombie.
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Das heißt, wir sehen darin Menschen, mit denen wir uns irgendwie identifizieren
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können, weil die haben die Form von Menschen, die haben die Kleidung von Menschen,
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die sind einem menschgemachten Raum, die sich aber völlig unerwartet bewegen.
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In diesem Raum, die sich eben nicht anhand dieser kapitalistischen Idee bewegen.
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Dann sehen wir beides, das Vertraute, aber auch eben das völlig Fremde.
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Wie kann das sein, dass die Person,
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nicht folgt dem, wofür dieses Ding gebaut wurde.
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Aber ich will noch mal anmerken, dass wirklich so ein Zombie als ein singuläres
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Phänomen nicht weiter bedrohlich ist.
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So ein erster Zombie durch die Masse.
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Und das Pandemische, was da dahinter hängt. Das ist das, was bedrohlich wird.
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Aber wenn du jetzt dir einfach einen Zombie vorstellst,
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das wäre dann eher so Peter Jackson-mäßig vielleicht eine 75-jährige englische
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Großmutter aus Nordengland mit Tasche und Kostüm und völlig verrutschtem Hut
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und vielleicht ist da eine Arm abgerissen und die wurde gebissen und die ist
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ganz alleine im Einkaufszentrum.
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In dem Moment würde dann trotzdem so ein komischer Raum entstehen, weißt du?
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Das ist eben das Vertraute, das ist so die Oma einfach, aber die ist jetzt irgendwie
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blutlüstern in einem Einkaufszentrum unterwegs. Es wäre gleichzeitig schrecklich und aber auch komisch.
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Ja, also ich frage mich was, also du hast ja gerade mit Freud besprochen, das Unheimliche.
0:15:13–0:15:19
Aber ich finde, wenn wir Freud schon haben, dann finde ich auch diese Analogie zum Verdrängten.
0:15:19–0:15:30
Der Zombie, der in der Verdrängungslogik zu einer Masse wird und monströs wird.
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Irgendwo, du hast einen Zombie im Kopf oder wie auch immer.
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Und dadurch, dass du den irgendwo im Dunkeln lässt, kann der sich vermehren
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und wird dann zu einer Masse.
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Und das ist ja das, was das unheimlich macht.
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Dass der halt so diese Möglichkeit hat, sich zu potenzieren.
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Ja, und das, also jetzt nochmal eine zweite Sache kurz zu Freud.
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Und auch da wieder, wir gucken da so drauf und die Frage ist ja,
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warum wirkt der Zombie in uns?
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Was ist es, was der tut, was in uns etwas auslöst, was zu diesem Horror oder
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diesem unheimlichen Gefühl kommt?
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Und da wollte ich dann von Freud eben noch den Todestrieb mit reinnehmen und
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den Wiederholungszwang.
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Und das sind so zwei Dinge, die kamen relativ spät in Freuds Lehre,
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erst 1920 in dem Buch Jenseits des Lustprinzips.
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Freud hatte dann irgendwie einfach auch anhand von den klinischen Realitäten
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nach dem Weltkrieg, wo viele Kriegstraumatisierte auch auf einmal klinisch behandelt
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wurden, musste er so ein paar Sachen von seiner Theorie revidieren.
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Und das war wie so ein Effekt, wo dann eins führt zum anderen.
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Er hat unglaublich viel in dieser einen Schrift umgebaut, jenseits des Lustprinzips.
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Und zwar, was ihm da aufgefallen ist, vor allem ist auch, dass die Leute nicht
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nach dem in Anführungszeichen Lustprinzip, was er hatte, einfach ihre Psyche organisieren.
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Die Uridee war einfach, wir verdrängen Dinge, damit es uns besser geht.
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Wir haben zum Beispiel Zwänge, die zwar schlimm sind, aber die eigentlichen
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Konflikte, die hinter den Zwängen liegen, die sind noch viel schlimmer.
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Das heißt, wir würden lieber uns mit unseren Zwängen, das alles gerade sein
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muss, auseinandersetzen, als dass wir uns mit dem eigentlichen Thema dahinter
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auseinandersetzen müssen.
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Also es ging immer darum, dass man Unlust vermeidet oder Lust herstellt und
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dass man intrapsychisch oder mit so psychischem Apparat versucht,
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einfach mehr Lust herzustellen.
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Und er hat dann aber gemerkt, dass eben zum Beispiel viele Kriegsdraumatisierte...
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Immer wieder die gleichen Träume hatten, immer wieder die gleichen Ängste hatten,
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immer wieder auch die...
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Also da hat er gemerkt, das entspricht nicht dem, was er erwarten würde,
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sondern es wird ihm auf einmal irgendwie klar, bei Trauma zumindest kommen die
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Dinge einfach immer wieder, nicht anders, lassen uns nicht los.
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Ein bisschen dieses Bild, so was machen denn so diese wirklich entleerten Zombies,
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die halt so immer wieder versuchen, jetzt zum Beispiel die gleiche Wand hochzukrabbeln
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oder durch die Tür durchzugehen oder einfach so.
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Warum hören die nicht auf? Im Prinzip ist es ein ähnliches Bild.
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Er hat in dieser langen Ummodulierung seiner Theorie, hat er dann auch dem Eros,
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also dem Libido, dem Lebenstrieb, hat er dann den Thanatos, den Todestrieb, gegenübergesetzt.
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Und hat dann auch biologische Forschung aus der Zeit mit herangezogen und auch
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philosophisch über die Entropie argumentiert, dass ja allem Leben auch der Tod schon inne wohnt,
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also dass das Leben auch nur durch den Tod begrenzt ist und dadurch auch heraussteht,
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weil es Licht und Schatten, oben und unten,
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Leben und Tod, also auf einer philosophischen Ebene, aber auch so,
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er hat gesagt, das ist ja quasi schon in der Materie fast mit angelegt.
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Und für ihn war dieser Todestrieb dann auch so was, was auch mit so einer Form
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von einer inneren Entspannung zu tun hat.
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Also der Todestrieb ist eben auch, dass wir das implizit wissen in unserem Leben,
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dass alles wieder eben zurückgeht in eine unbelebte Natur.
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Und dieser Todestrieb, dieses Gehenlassen, hast du ja auch ein bisschen darauf hingewiesen.
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Diese Empathie mit Leben und Tod, die der Doktor da in dem Film 28 Years Later hatte.
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Dass das irgendwie auch so eigentlich dann schon sehr menschliche Haltung ist dem Ganzen gegenüber.
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Und Freud hat diesen Todestrieb, der eben aber auch ein Trieb nicht nur fürchterlich
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ist, sondern eben auch ein Trieb der Entspannung.
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Dann kommen wir jetzt zu Carl Gustav Jung und da kann ich dann das,
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was du in der einen Folge aufkommt, da so ein bisschen drin vor.
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Und da habe ich dann so gedacht, Jung spricht, also während Freud ja vom Unbewussten
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spricht, spricht Jung eher vom Schatten, also beim Individuum.
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Unbewusste ist bei Freud eben das, was im Individuum angelegt ist,
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aber was auch eine Verbindung hat mit der Umwelt.
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Aber bei Jungen ist dieses Schattenhafte potenziell über die Archetypen,
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über das kollektive Unbewusste, es hat schon so eine spirituelle Dimension.
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Es geht dann bei Jungen auch vielmehr darum, diese Schattenseiten nicht einfach abzulegen.
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Das wäre das, was Freud vielleicht wollte, dass man das irgendwie heilt in Anfangszeichen.
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Nicht ablegen, sondern sich damit auseinandersetzen, sich da richtig hinein
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zu begeben und diese Schattenseiten zu integrieren.
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Die Schatten sind in gewisser Weise all das Abgespaltene von dem,
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mit dem wir uns nicht auseinandersetzen wollen, was uns immer wieder auch einschränkt.
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Also wir sind dann beschränkt in dem, was wir uns erlauben zu tun,
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weil wir den Schatten vermeiden.
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Und Jungen wünscht sich dann, dass die Sachen integriert werden.
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Und die Idee eines Zombies wäre dann zum Beispiel nur der Schatten von einem.
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Also dass du, wenn du einen Zombiefilm guckst, dass du sozusagen den Schatten,
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all die Dinge, mit denen du nichts zu tun willst, in einer Person zusammengeschmolzen.
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Du möchtest dich nicht mit Tod auseinandersetzen, mit Leben und Tod.
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Du möchtest dich nicht mit diesen Wiederholungen auseinandersetzen.
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Du möchtest dich nicht mit diesem Entleerten auseinandersetzen.
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Also alles, was irgendwie du versuchst zu vermeiden, kommt dir auf einmal da
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entgegen, so als Schattenfigur.
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Und was dann eben auch noch Teil des Zombies ist, und das war das,
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was du ja da in der Folge angesprochen hast, diese Individuation.
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Also diese Möglichkeit, sich das zu integrieren, das durchzuarbeiten,
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daran zu wachsen, dass man das integrieren kann.
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Und Zombies sind halt nicht individuationsfähig, sondern sie sind quasi eingefroren
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in diesem Schattendasein. Das wäre noch so ein Bild eines Zombies.
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Ja, jetzt machen wir, ich glaube, wir machen noch einen, weil wir haben jetzt schon halb eins.
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Und jetzt kommen wir noch zu dem Teweleit, den können wir noch aufarbeiten und
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dann ist vielleicht auch einfach der Dampf so ein bisschen raus.
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Das ist eigentlich auch die Uhrzeit.
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So Marathon,
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Podcasten. Die nächste Person wäre nämlich Melanie Klein, 1882 in Wien geboren
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und dann aber nach London umgezogen.
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Eine der sehr frühen weiblichen Psychoanalytikerinnen, die auch mit der Kinderpsychoanalyse
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an ihren eigenen Kindern begonnen hat, die auch,
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Aber das gehört jetzt nicht hierher, die auch in vielen Punkten genau aus dem
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Grund so ein bisschen fragwürdig ist, weil sie in der Analyse ihrer Kinder dann
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auch ihre Theorie über Objektbeziehungen, also diese interpersonellen Elemente entwickelt hat.
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Und da kommen die Kinder nicht gut bei weg. Aber die Mutter kommt gut bei weg.
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Sie war halt sozusagen die Mutter, die diese Theorie dann auch gemacht hat.
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Okay.
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Aber die Theorie von Melanie Klein finde ich in vielen Punkten wirklich sehr,
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sehr spannend und interessant.
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Vor allen Dingen auch vor dem Hintergrund, dass sowohl Jung als auch Freud im
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Endeffekt doch sehr stark intrapsychische Prozesse sich angeschaut haben.
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Also was passiert in einer Person.
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Bei Melanie Klein mit der Objektbeziehungstheorie ging es jetzt um eine Diade,
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also um zwei Personen erst mal.
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Und die hat, finde ich, schon sehr interessante Sache gebaut,
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die halt gesagt hat, dass wir in uns ein Bild von der anderen Person schaffen.
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Und diese Bilder, die wir schaffen, die sind dann auch später im Leben eben
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diese Grundlagen vielleicht von Übertragungen.
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Wenn ich dann irgendjemanden treffe und ach, du erinnerst mich an den und den.
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Also die inneren Objekte, die wir erstellen, sind quasi Konstrukte,
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die entstehen aus dem Erleben im Umgang mit anderen Menschen und mit Bildern
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über diese anderen Menschen.
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Aber, und jetzt kommen wir dann in diese frühkindliche Entwicklung und gleichzeitig
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das Zombie-Bild hinein, aber in ihrer Beobachtung.
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War es so anhand von ihren Kindern erstmal, aber dann natürlich auch in der
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Kinderanalyse bei anderen Kindern, dass in der ganz frühkindlichen Entwicklung
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ist das Kind ja sowieso zu früh auf der Welt.
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Kann auch nicht scharf sehen, kann sich nicht selbst ernähren,
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ist komplett ausgeliefert, muss sich quasi einer Vertrauensperson oder Bezugsperson,
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meistens der Mutter, hingeben oder ist davon abhängig, ohne das aber auch genau zu wissen.
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Die Welt entsteht ja erst langsam, sowohl über die Entwicklung der sensorischen
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Apparate, aber auch über die intrapsychischen Prozesse, Emotionen.
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Alles wird ja erst entdeckt im Umgang aber eben mit anderen Personen.
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Und da hat dann Melanie Klein gesagt, dass das Kind am Anfang kein ganzes Bild
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von den anderen Personen hat, sondern überhaupt nur Teilobjekte hat.
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Zum Beispiel hat es ein Teilobjekt, die gute Brust gefüttert mich.
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Da kommt Milch raus, super.
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Aber wenn es denn dann Hunger hat, dann gibt es auch eine böse Brust,
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die eben einfach nicht da ist oder die nicht füttert, die nicht versorgt.
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Und in dieser Zeit spricht sie von einer paranoidschizoiden Entwicklungsphase.
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Die frühe Entwicklungsphase ist so, dass eben nur Teilobjekte entstehen.
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Es gibt keinen zusammenhängenden Körper, kein Körperbild, keine zusammenhängenden
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Menschen. Das ist sowas, was dann auch bei Lacan später nochmal auftaucht,
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in der Spiegelphase, das hatten wir auch schon besprochen.
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Und sie sagt, dass halt in dieser frühen Paranoid-Schizoiden-Phase gibt es nur
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Teilobjekte und die sind gut oder böse.
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Und gute Objekte, mit denen kann man sich ganz gut innerlich organisieren.
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Also wir haben ja die inneren Objekte, die sind in uns und gute Objekte,
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mit denen kann man gut intrapsychisch leben.
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Aber böse Objekte sind innerlich so unangenehm, es ist zu wenig ein Wort,
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sondern das Kind kann böse Objekte nicht in sich tragen, das kann es noch nicht regulieren.
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Und deshalb in ihrer Theorie projiziert es diese abgeteilten Objekte,
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bösen Objekte nach außen. Und deshalb ist die Mutter die Böse.
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Weil das Kind ist nicht in der Lage, das Böse, was es erlebt.
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Innerlich zu verarbeiten und deshalb die Projektion, dann sieht man raus damit,
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auf andere drauf, ich werde hier böse behandelt.
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Das Böse ist nicht in mir, ich erlebe es nicht, ich bin es nicht,
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ich konstruiere es nicht, sondern es wird mir gemacht.
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Und das war halt der Punkt.
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Durch die Erfahrung der Fragmentierung der Mutter wird dann aber die entsprechende
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Emotion auf die ganze Mutter wieder übertragen.
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Die ganze Mutter wird noch nicht wahrgenommen. Es gibt dann so ein erster Moment
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der Erkenntnis, wenn es aus der ersten Phase rauskommt, kommt es in eine depressive Phase.
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In dieser depressiven Phase ist das Kind in der Lage, diese Teilobjekte zusammenzufügen.
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Und dann wird eben aus allen Teilobjekten auf einmal die Mutter.
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Und dann wird aber auch dem Kind klar, dass es sehr ambivalente Gefühle gegenüber
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dieser Mutter hat, weil es eben auch die gute Brust und die böse Brust war.
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Das heißt, in dieser depressiven Phase heißt deshalb depressive Phase,
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weil das Kind da wegen seiner Ambivalenz auch dauernd, aber auch Sorge hat,
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verlassen zu werden oder abgehängt zu werden oder diese Bezugsperson zu verlieren,
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weil es so ambivalente Gefühle hat und weil es dann implizit auch die Erkenntnis hat,
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das Böse, was ich da drauf projiziert habe, das ist gleichzeitig aber auch das Gute.
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Das heißt dann die depressive Phase. Und jetzt kommen wir eben zurück zu diesen
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Freikorpsbeobachtungen, über die Klaus Thewe, Leidens der Männerfantasien, geschrieben hat.
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Da bezieht er sich eben genau darauf. Was du auch in der letzten Folge schon
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gesagt hast, dieses militärische Drill der Freikorps Jungs, das männliche,
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das kantige, das gerade, das abgegrenzte, das weibliche ist sowieso schon ein bisschen.
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Die Mutter ist so ein bisschen außen vor, die ist auf alle Fälle nicht versorgend, anwesend.
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Und was Teweleit dann da gefunden hat in einer Erklärung dieser völlig berauschten
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und entgrenzten Gewaltfantasien und Gewalthandlung,
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war, dass er gesagt hat, dass eben genau das passiert.
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Diese Männer-Männer, die von Männern geformt und werden, die sind in dieser
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frühkindlichen Stadium, sind die stecken geblieben, die sehen die eigene,
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also das eigene, die schlechten, bösen Objekte,
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die innerlichen, die werden einfach nach außen projiziert und so wird dann eben
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auch, und das passt, finde ich, ganz gut zu dem Zombie, was Teweleit beschreibt,
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So wird eben dann aus den Demonstrationen oder den Arbeiterbewegungen,
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die da zerschlagen wurden,
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wird dann eben so eine fürchterlich bedrohliche Masse.
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Die eigene innere Gewaltbereitschaft, alles, was innen drin angelegt ist,
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wird auf die anderen projiziert und dort bekämpft.
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Also nicht in sich selbst durchgearbeitet und aufgelöst, sondern man bleibt
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einfach abgespalten auf dieser Ebene stehen.
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Und sieht nicht die Menschen als Menschen, die auf einen zukommen,
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sondern eben als diese Masse, die es dann auch zu töten gilt.
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Wenn wir jetzt im Kino sitzen oder vorm Fernseher sitzen oder vorm Screen sitzen
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und uns einen Zombiefilm anschauen,
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dann ist der Zombie eben so inszeniert,
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wie das nach Teweleits Analyse die Freikorpsmänner erlebt haben.
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Also diese Masse, die auf dich zukommt, die irgendwie dir nur Böses will.
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Also es geht ja mir so ein bisschen, das meinte ich auch ganz am Anfang,
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man kriegt im Endeffekt dann doch wieder nur eine Frage hin von,
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was wird in mir ausgelöst, wenn ich das sehe?
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Und da wäre es dann sozusagen der Zombie schafft uns die Möglichkeit,
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Lust in diesen Bullet-Time-Shots und sowas zu empfinden, wenn dieses Böse vor
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uns zerstört wird, weil es einfach nicht zu uns gehört, weil es nicht Teil von
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uns ist, es ist nicht in uns,
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sondern das Böse ist von uns losgelöst, ins Gegenüber, ne?
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Das ist, ja, das ist ein ganz schöner,
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Quist.
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Quist, ja genau, aber das war so ein bisschen...
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So ein eigentlicher Moment ist das.
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Ein eigentlicher Moment, genau. Und auch da ist es aber natürlich wieder so,
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dass der Zombie als solcher bleibt uns unerkannt.
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Wir können ihn nicht sehen, wir können nicht mit ihm sprechen,
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mit ihm nicht kommunizieren, aber in diesem Zombie erleben,
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kriegen wir ein Gefühl dafür, was nach Teveleitz-Analyse die Freikorpsleute
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erlebt haben bei den Niederschlagungen brutalsten Niederschlagungen. Zwei Sprünge.
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Das allerletzte noch, nur ganz kurz angerissen. Das fand ich nochmal ganz interessant.
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Lacan hatten wir ja schon bei Solaris, also Solaris der Planet als das Reale.
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Lacan hat ja drei Ordnungen, das Imaginäre, das Symbolische und das Reale.
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Das Imaginäre sind die Bilder, da sind wir ein bisschen bei Melanie Klein.
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Das Spiegelstadion, wann kann man irgendwie zum ersten Mal sich selbst im Spiegel
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als geschlossene Person wahrnehmen, aber auch andere geschlossene Menschen als
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geschlossene Person wahrnehmen.
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Das Symbolische ist eigentlich eine Sprache, das Signifier und das Signified, Signifikation.
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Und dann gibt es noch das Reale. Und das Reale ist alles, was außerhalb von
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Sprache und Vorstellung liegt.
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Und das war ja ein bisschen bei Solaris auch dieser Planet, der sich einfach uns nicht erschließt.
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Und auch diese Figur, die vertraut ist, die ist ja wie so ein Zombie.
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Gibt es doch den einen, der da so befragt wird, auch bei Solaris,
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der erklärt, wie er da mal so durchgeflogen ist.
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Und auf einmal kam aus Solaris heraus eben dieses Riesenbaby,
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was sich so asymmetrisch seltsam bewegt hat. Wo wir drüber gesprochen haben,
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sah ein bisschen aus wie frühe KI.
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Es ist einfach etwas, das sich komplett unserer Sprache, unserer Logik,
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Gesetze, Kultur, das entzieht sich uns komplett.
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Und die Zombies sind in vielen ja einfach nicht anders als dieses große Solaris-Baby.
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Du hast auch das Gefühl, dass die nicht fassbar sind.
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Die entziehen sich einfach unserem Verständnis, unserer Struktur,
0:33:30–0:33:36
unseren sprachlichen Systemen oder strukturellen Systemen, die wir uns erstellt
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haben, um alles zu verstehen. Da passen die nicht mit rein.
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Die sind nicht im Einkaufszentrum, um zu kaufen. Was wollen die da?
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Was geht hier eigentlich gerade los? Was läuft so?
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Und das ist dann so was was
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dann später schick auch so ein bisschen aufgegriffen hat
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eben dieses reale die wiederkehr des realen welcome
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to the desert of the real also auch
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so ein buch von ihm und er bezieht sich
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ja immer auch implizit auf lakon weshalb er jetzt auch weniger von zombies spricht
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und oft eher von untoten also undead die sind ja beides ja die sind lebendig
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und tod und der Der Zombie ist dann nicht so ein spannendes Wort für einen Sprachwissenschaftler.
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Ja, mache ich jetzt langsam hier Schluss.
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Man möge mir verzeihen, dass wir nach Mitternacht noch aufnehmen.
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Wir kommen gerade wieder an den Ausgangspunkt, wo wir die letzte Folge gestartet
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haben zur Warschauer Straße.
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Aber wir sind auch zu einer Uhrzeit unterwegs, wo auch viele Untote hier sind.
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Ja, stimmt. Du musst auch mal gucken, wenn ich das dann mir mal anhöre.
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Das war ...
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Genau. Abbinden, bitte.
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Vielen Dank, Mitch. Also, das ist eigentlich Podcast Episode 82.
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Wir sagen Tschüss. Ist das mit deinem GEMA-Zahn.
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Wenn die nicht in 20 Sekunden vorbeigelaufen sind?
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Nein, glaube ich nicht.
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Also.
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Dann mach es gut. Vielen Dank.
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Bis dahin. Tschüss. Freu mich schön.
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Ich würde gerne diese S-Bahn nehmen. Ist das zu schnell? Aber dann muss ich dich entkabeln.

Verknüpfte Episoden

Anmerkung der Red.: die Hintergrundgeräusche dieser Episode passen oft gut zum Vordergrund. Besonders auffällig der Moment (den Flo einen „Eigentlich-Moment“ nennt) in Minute 31:20.

Nachdem Flo vor 14 Tagen den „Zombie“-Film 28 Years Later filetiert und goutiert hat, schiebt Micz in dieser Episode den Servierwagen mit den Desserts in eure Ohren. Im Angebot heute eine Figur, die gleichermaßen kultureller Pop-Mythos wie tiefenpsychologisches Symptom ist: der/die/das Zombie. Was sagt uns diese schleppende, lebendig tote Gestalt über das Unbewusste, über Angst, Trieb und Ich-Struktur? Was löst diese namenlose Angst (Bion) in uns aus, wenn Zombies sich vor die Kamera schleppen oder – wie bei 28 Days Later – sich mit maximaler Geschwindigkeit auf die Protagonist:innen zustürzen?

Wir blicken dabei in der Episode auf Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Melanie Klein und Jacques Lacan, deren Konzepte wir mit der Figur des Zombies in Verbindung setzen. Auch bekommt Klaus Theweleits Buch Männerphantasien einen Platz im Rampenlicht. Hier analysiert Klaus Theweleit anhand der Tagebücher und Schriften von Freikorpssoldaten die psychosexuelle Struktur faschistischer Männlichkeit, die sich durch Angst vor weiblicher Körperlichkeit, Abwehr von Auflösung und ein gewaltförmiges Bedürfnis nach Ich-Grenzstabilisierung auszeichnet. Das ist bei Melanie Klein mit verortet.

Freud: Zombies als Rückkehr des Verdrängten

Für Sigmund Freud ist das Unheimliche nicht das völlig Fremde, sondern das einst Vertraute, das verdrängt wurde und nun entstellt zurückkehrt. Der/die/das Zombie ist genau das: Es ist nicht das gänzlich Andere, sondern das, was wir kennen – nur in einer unhaltbaren Form. Eine verweigerte Leiche, ein Verstoß gegen die Ordnung des Todes. Der Zombie lässt sich zugleich als Symbol für den Todestrieb lesen – jenes triebhafte Streben nach Auflösung, Stillstand und Rückkehr in den anorganischen Zustand, das Freud in Jenseits des Lustprinzips (1920) formulierte. Der lebende Tote wird so zum Ausdruck eines psychischen Impulses, der jenseits von Lust und Unlust operiert.

Jung: Zombies als Schatten

Mit Carl Gustav Jung können wir Zombies als Schattenfiguren beschreiben — verdrängte, unbewusste Anteile des Selbst, die nicht ins bewusste Ich integriert wurden. Der Zombie verkörpert den abgespaltenen Teil der Psyche, das Unbewältigte, das sich verselbstständigt. Er ist zugleich Ausdruck einer gescheiterten Individuation, jener Prozess, in dem sich das Selbst im Lauf des Lebens entfalten soll. Der Zombie hat keine Entwicklung mehr vor sich. Er ist regressiv, mechanisch, nicht mehr beziehungsfähig. Er ist psychisch eingefroren. Der Horror in uns ist der Blick nach innen, den der Zombie auslöst, auf alles, was wir noch (?) im Schatten liegen haben.

Melanie Klein: Die Gewalt des paranoid-schizoiden Zombies

Melanie Klein deutete frühe Ich-Zustände als dominiert von der Angst vor dem Bösen, was sie die paranoid-schizoide Position nannte. Der Zombie erscheint hier als Fixierung auf eben dieser Phase: eine psychische Struktur, die zwischen idealisierten und zerstörerischen Objekten hin- und herpendelt. Diese Phase der Teilobjekte, in der die Welt keinen Zusammenhalt, keine Ordnung und kein Körperbild besitzt, überwindet der/die/das Zombie nie.

In Parallele dazu lässt sich die Zombiegewalt mit der Psychodynamik vergleichen, die Klaus Theweleit in Männerphantasien beschrieb: Die rigide Männlichkeit der Freikorps-Soldaten basiert auf Spaltung, Projektion und einer tiefen Angst vor psychischer Auflösung. Die eigene Gewalt und Bosheit werden abgewehrt und auf die ankommende Flut von Körpern projiziert. In Theweleits Schriften die Arbeiter:innen, in unserem Verständnis die Zombies, bei Melanie Klein die Mutter.

Jacques Lacan: Zombies als Subjekte jenseits der Ordnung

Jacques Lacan hätte den Zombie wohl als Subjekt außerhalb der symbolischen Ordnung bezeichnet. Er hat keinen Zugang mehr zu Sprache, Begehren oder kultureller Vermittlung. Er/sie/es ist ein Realitätsrest, eine Figur, die nicht mehr durch das Symbolische gebunden ist. Das Begehren ist nicht artikuliert, sondern unstillbar. Zombies jagen nach Fleisch oder Hirn, ein Begehren ohne Objekt, eine Bewegung ohne Richtung.

Was wir noch auf dem Zettel hatten, aber aufgrund der späten Aufnahme nach Mitternacht (Geisterstunde) waren Donald W. Winnicott (Zombies als Wesen ohne Übergangsraum), Michael Balint (Der Zombie als Ausdruck einer Grundstörung), Heinz Kohut (Zombies als fragmentiertes Selbst, Kollaps narzisstischer Struktur), Günter Ammon (Zombies als Ausdruck des „Lochs im Ich“, dramatische ich-struktureller Defizite) und Slavoj Žižek (Das postmoderne Subjekt: leer, fragmentiert, entkoppelt, Die Simulation der Realität, Das Reale bricht durch – der Zombie als Traumafigur, Politische Passivität – Untote Gesellschaft).

Julia Kristeva und das Abjekt: Zombies als Grenze des Ich

In der Episode blieb leider auch keine Zeit, die Psychoanalytikerin Julia Kristeva zu besprechen. Das holen wir hier nach:

Julia Kristeva, 1941 in Bulgarien geboren und seit 1966 in Frankreich lebend, ist eine Stimme im französischen Poststrukturalismus, der feministischen Theorie und der Kulturkritik. Als Linguistin, Psychoanalytikerin und Literaturtheoretikerin hat sie ein breites theoretisches Werk geschaffen. Besonders einflussreich ist ihr Konzept der Abjektion – jenes psychische und kulturelle Verfahren, durch das wir all das ausschließen müssen, was unsere Identität, unsere Subjektwerdung bedroht: etwa Körperflüssigkeiten, Leichen, Ausscheidungen.

Das Abjekte ist das, was „nicht ganz Objekt und nicht ganz Subjekt“ ist, etwas, das uns einst zugehörte, nun aber abgestoßen werden muss, um die Grenzen des Ich zu stabilisieren. Zombies verkörpern in Kristevas Sinn eine Grenzfigur des Abjekten: Er ist weder richtig tot noch lebendig, verweilt im Zwischenzustand, bricht mit symbolischen Ordnungen von Leben und Tod, von Subjekt und Objekt, von Ich und Nicht-Ich.

Indem Zombies diese Ordnung stören, werden sie zu radikal abjekten Figuren. Körperlichkeit – verwesend, durchlässig, undifferenziert – ruft Ekel hervor, weil er das Subjekt mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert. In diesem Sinne sind Zombies nicht nur Monster, sondern auch Spiegel: sie zeigen das Ich in Auflösung, den Preis der Subjektwerdung und die Angst vor dem Verlust der symbolischen Ordnung.

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