EGL084 Sigmund Freud: seine „Outsider“ Biographie im Filmessay

"Ein Ersatz für die Hypnose ist bisher nicht gefunden worden" -- Sigmund Freud, Die endliche und die unendliche Analyse, in: Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, Band 23 (1937), Heft 2, Seite 221.

Wir sprechen über Sigmund Freud und den Film „Outsider. Freud“ direkt, nachdem wir das dokumentarische Filmessay im Moviemento gesehen haben. Der Film interessiert sich weniger für die bekannten Theorien und Meinungen rund um Psychoanalyse, sondern für die inneren Widersprüche, das biografische Einbetten und die visuelle Übersetzbarkeit der Theorien. Mit Briefauszügen, Interviews und historischem Material sowie mit einer traumartigen Bildsprache nähert sich der Film dem Menschen Freud. Als ungeplante dritte Folge zu den Eigentlich-Podcast Episoden 78 und 80, stellen wir gegen Ende Jungs "Das Rote Buch" und Freuds "Die Traumdeutung" nebeneinander. Regisseur Yair Qedar hat in Animationen ungedeutete Träume Freuds vorgestellt. Archivaufnahmen stellen Bezüge zwischen Innenwelt und Zeitgeschichte her. Ganz besonders ist die Rekonstruktion von Freuds Behandlungsraum in Wien anhand von über hundert Detailfotos.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
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Florian Clauß

Transcript

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Ich gucke, ich müsste schon am Rekottern sein.
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Sag ein Wort.
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Ein Wort.
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Ein Wort, ein Ausschlag.
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Ein Ausschlag. Ein Mann, ein Wort, ein Ausschlag.
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Hallo und herzlich willkommen bei Eigentlich Podcast. Und wir kommen gerade
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aus dem Kino, aus dem Movimento und sind hier am Cottbusser Damm und laufen
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jetzt Richtung Westen, hast du dir gewünscht.
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Einfach mal quer Richtung Westen. Wir kreuzen einige von unseren Touren.
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Wir sind der Podcast, bei dem wir im Laufen reden und laufend reden.
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Und wir haben uns gerade einen Film angeguckt und über den wollen wir jetzt reden.
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Ja, einen kurzen Film, 66 Minuten im Movimento.
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Outsiders, also wie wir gelernt haben, der Regisseur war anwesend. Eine Serie von Filmen.
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Und dieser war überfreut.
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Über Freud genau, er selber ist Israeli und hat in der Serie sein 19.
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Biopic und er macht dann über jüdische Figuren in der Geschichte,
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macht er dann seine Dokumentarfilme und hat auch schon einen über Karl Marx
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gemacht und jetzt eben über Freud, Outsider.
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Ja, und der Film war in vier Kapitel aufgeteilt.
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Ich überlege, ob ich die jetzt aus dem Kopf zusammenbekomme.
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Das erste Kapitel, Being Jewel, war das, ne?
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Ja, Being Jewish oder, wie er später gesagt hat, Outliving Jewishness und der
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Art, also dass er sich davon befreit hat.
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Aber auch vor dem Hintergrund meinte er, das hat er zum Schluss nochmal gesagt,
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das freut ja in dem antisemitischen teil europas in der antisemitischen zeit
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europas gelebt hat in wien das sind nicht meine worte das waren die worte des
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filmemachers und das war das erste kapitel und das geht quasi dann bis,
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Zum Tod des Vaters, das ist quasi das zweite Kapitel, der Tod des Vaters.
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Ja, Becoming Freud hieß das, glaube ich.
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Ja.
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Oder Freud ist Becoming Freud.
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Da habe ich den Titel gar nicht gesehen, ich habe den ersten Drittel.
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Nein, das kam irgendwann zwischendrin eingeblendet.
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Ah, okay.
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Und das dritte Kapitel war?
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Love and Death, also der Tod seiner Tochter und seines Enkelkindes.
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Und auch die Krebsdiagnose von ihm 1923, wo er seinen eigenen Tod quasi schon
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so testamentarisch dann festgeschrieben oder mit seinem Hausarzt besprochen hat.
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Und das vierte Kapitel war dann Exel, ging quasi 1938, als er dann...
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Exel, ja. Und sein eigener Tod dann.
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Also das war, glaube ich, das war, so hat er es dann zumindest nochmal paraphrasiert,
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aber das war das Exil und dann eben 1939 auch der Wunsch, diese Sterbehilfe zu bekommen.
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Also der Arzt hat dann wohl eben zuerst was gegen den Schmerzen gegeben und
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dann später nochmal eine Überdosis an Schmerz, Painkillers und nach drei Tagen
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Koma ist Freude dann gestoppt.
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War dir das, also anders, ich meine,
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du hast dich aufgrund deiner Profession ja schon intensiv mit der Theorie von
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Freud auseinandergesetzt.
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Was war jetzt neu für dich?
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Ja, ich hatte so ein bisschen gehofft und ich glaube, das klappt auch,
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dass es so wie so ein dritter Teil wird zu diesen zwei Teilen,
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die eigentlich eine Episode über C.G.
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Jung werden sollten und dann kam aber dieser Split am höchsten Punkt unserer
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Tour damals, wo ich dann gleich diesen zweiten Teil über die Chaos-Magie und
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Magie in der Psychotherapie und so.
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Und da ging es ja immer wieder auch eben über das Rote Buch und über Jungs Biografie
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darin, so psychosennahe Zustände.
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Und ich dachte, von den Erzählungen, die ich bekommen habe, und das fand ich
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ganz interessant, dass der Film auch bei uns im Institut, also er hat den auch
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bei uns im Institut gezeigt.
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Ach ja, okay.
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Wir waren am Mittwochabend auch ein Kinoabend bei uns in der Bibliothek,
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wo Freud natürlich auch als Statue steht, sondern das Kleine.
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Der gehört natürlich in jedes Psychodynamische Institut. Neben vielen anderen
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Sachen, auch Vasen, Antik und so weiter steht der.
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Er hat ja auch viele von diesen Figuren gesammelt, archäologischen Stücken.
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Und ich fand das auch interessant, dass das wohl auch in seinem Therapiesprechzimmer so ausgestellt war.
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Ja, und das ist bei uns im Institut auch so. Also da gibt es überall Artefakte oder Inspirationen.
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Die Idee dahinter ist schon, dass natürlich das Unbewusste, das dort und damals,
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aber auch im Hier und Jetzt, dass das eben auch irgendwie erreicht oder animiert werden kann durch...
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Wie die Research, jetzt bin ich halb in diesem Englisch drin,
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aber die Forscherin aus dem Wiener Freud Museum, die meinte,
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wenn Leute in diesen Raum gingen,
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dann war das so eine Passage hinein in so einen Tunnel, also durch so einen
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Tunnel irgendwie in so einen Raum, der dunkelrot war.
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Und da sagte sie, von überall schauten die Leute an, also diese Gesichter.
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Das fand ich auch bemerkenswert, darüber wollte ich auch mit dir reden,
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also inwieweit quasi in dieser Theorie,
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in dieser Psychotherapie, dann quasi der Initiationsraum, Sprechzimmer,
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irgendwie was Okkultes bekommt.
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Ja, du merkst schon, warum das so eine Andockung ist an quasi die letzten beiden, die ich hatte.
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Und es genau darum geht. Also was sind eben auch magische Momente.
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Aber was ich sagen wollte, warum ich denke, dass es ein gutes Match ist,
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war von den Erzählungen, die ich darüber bekommen habe, dass es halt weniger versucht hat,
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von innen heraus die Theorie zu erklären und historisch einzuhalten,
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sondern eher so ein bisschen auf Abwägen Freud über eine Biografie oder als
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Mensch irgendwie darstellt.
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Und ich fand auch, dass das ganz gut gelungen ist. Wir haben nicht viel über
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Freuds Theorieentwicklung, Theoriegebäude, Veränderung.
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Zum Beispiel dieses Kapitel 3, Love and Death, also der Tod seiner Tochter,
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wird oft biografisch damit assoziiert,
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mit seinen Schriften über Jenseits des Lustprinzips, wo er zum ersten Mal auch
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den Todestrieb benannt hat oder in sein Theoriegebäude mit eingebaut hat.
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Ja dass es motiviert war eben auch von den von den erfahrungen die er selber
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dann hatte nach dem tod seiner tochter solche sachen waren jetzt nicht nur im
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film sondern es ging wirklich eher darum dass man irgendwie freut noch mal anders
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erlebt und dann auch die uhr.
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Groß nicht oder wie auch immer von der Part, die auch als Sponsorin von Freuds
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Arbeit scheinbar, so wurde das jetzt zumindest nur gesagt, wenn ich später tätig war,
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die eine sehr große Rolle gespielt hat, weil die irgendwie auch sich scheinbar
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so ein bisschen mit ihrer Forschenart über Freuds Wünsche so entweggesetzt hat.
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Dass er irgendwie, als sie dann aus Wien geflohen sind, dass er nichts mitnehmen
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wollte und sie dann doch aber noch irgendwie aus dem Papier kommt und aus dem
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Schubladenzeug mitgenommen hat.
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Die war da irgendwie relativ dominant in dem Film und weniger eben außer zwei, drei Fotos.
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Eins davon hat auch dieses große Schwarz-Weiß-Foto, hast du vielleicht gesehen,
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war auch Freud sichtbar in der Mitte und drumherum. Direkt rechts neben ihm von uns gesehen war C.G.
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Jung, der damals eben noch als Ziehsohn irgendwie das übernehmen sollte.
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Und der aber halt gleichzeitig auch so ein Vaterthema hatte mit Freud,
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den er als, also später dann hat er vom Thron gestoßen, auch in der Nazizeit,
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dann über die jüdische Psychoanalyse geschrieben und so.
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Aber vorher war er halt so in awe, würde man im Englischen sagen.
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Aber er war halt größer als Freud. Und bei dem Foto sieht man das so schön,
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wie er sich so klein gemacht hat. Man sieht richtig so, wie er in die Hocke
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gegangen ist, damit er kleiner ist und es freut. Und er steht direkt neben ihm.
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Ja, stimmt, das habe ich auch gelesen, dass Jung sich dann eben auch als der
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90 Jahre jüngere Theoretiker sich dann auch immer klein gemacht hat und sich so...
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Ja, wirklich körperlich klein gemacht hat.
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Ja, und dann auch wirklich in die Knie, ja, ich glaube, Freud war so eins...
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1,76 groß und jung war 1,88 damals sehr groß.
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Du hast es wieder gut recherchiert, das ist super. Mit dir kann man über alles
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reden, das habe ich schon gesagt. So müsste der Podcast heißen.
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Das Lustige ist, dass halt...
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Du sagst, mit mir kann man über alles reden. Mit mir?
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Ja, aber das Lustige ist halt wirklich so, auch diese ganzen Facts am Anfang,
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die kommen, wenn man sich damit so beschäftigt, kommen diese Informationen relativ schnell.
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Also das, ich muss überlegen, was war denn diese, jetzt habe ich es natürlich
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vergessen, aber es gab so wirklich Haken, Haken, ja, ja, genau das.
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Ja, das war das, nämlich, dass er ein eigenes Zimmer hatte,
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ja, dass er dann halt auch so in der jüdischen Kultur, also quasi eher als so
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ein kleiner Patriarch dann halt auch behandelt wurde, dass er so ein Genius
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war, dass er halt wirklich super viel gelesen hat,
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auch als Kind dauert nur gelesen und das alles, was ihn dann irgendwie stören
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könnte, wurde dann halt auch entfernt.
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Also seine Schwester hat dann angefangen Klavier zu spielen und er hat sich
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dann darüber beschwert.
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Er hatte keine Lust, aber er konnte sich dann nicht mehr konzentrieren und daraufhin
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verschwand das Klavier.
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Also es war alles so wünscherfüllend, was er dann halt irgendwie auch gesagt hat und,
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Das fand ich ja noch mal so ganz interessant. Aber da kommt man ziemlich schnell drauf.
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Ja, und das waren ja dann Sachen, zumindest der Regisseur und Schreiber des
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Films, der meinte, gerade diese frühkindlichen biografischen Daten kommen eigentlich
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von Freud, also von Freud über Freud.
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Ich wollte noch einen Punkt einhaken, weil es auch gerade gepasst hat.
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Marie Bonaparte, die du auch eben schon vorgestellt hast. Und das fand ich total
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spannend. Nämlich, dass dieses ganz persönliche, intime Filmmaterial von Freud
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ist dann von Marie Bonaparte aufgenommen worden.
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Und diese Archive, das war das Making-of, was der Regisseur jetzt auch im Anschluss
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mal so erzählt hat, die Archive haben sich erst vor zwei oder drei Jahren geöffnet
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und die haben das dann digitalisiert.
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Und das heißt, er konnte das in seinem Film dann auch mit einbauen und damit
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auch eine Geschichte erzählen, die vorher so noch nicht erzählt wurde.
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Ja, und das andere war dann dieses andere Filmarchiv, was er dann halt auch
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teilweise, wo er Ausschnitte gezeigt hat, die so schon sehr surreal waren teilweise.
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Die waren ganz toll. Also wie dann ein Hund zum Beispiel seine eigene Pfote im Maul hält.
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Das waren so ein bisschen eben diese frühen, was man jetzt schon langsam vermisst,
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diese frühen KI-Videos, wo der Hund über die Straße läuft, super fotorealistisch,
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aber auf einmal die Beine irgendwie abhauen.
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Ich habe das neulich gedacht, nachdem es diese neue KI-Welle durchkommt,
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wo alles auf einmal funktioniert.
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Und das ist auch erstaunlich, aber mir fehlt es schon, diese ganzen Räder.
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Das Artefakt ist so ein bisschen wie bei Real Media damals, bei der schlechten
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Streaming-Qualität, dass man immer dieses Rauschen gehört hat.
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Ja, wir haben uns ja auch ewig viele Sachen hin und her geschickt.
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Ja, genau, wir haben es ja immer wirklich so ausgestellt.
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Dieses Unheimliche da drin.
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Oder die JPEG-Kompression, die dann so größer verpixelt war.
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Zum zweiten Jahrestag von unserem Podcast,
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als wir die Folge aufgenommen haben über Stanislav Lem Solaris,
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wie beschrieben wird, wie dieses Riesenbaby da so komisch rauskommt.
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So als ob es experimentiert, was man mit so einer Form machen könnte.
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Da hatten wir auch über diese KI, das war genau mitten in der Zeit,
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wo KI einfach spannend war vor dem Hintergrund, dass man dauernd erschreckt
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war für etwas, was einem so vertraut ist, aber gleichzeitig so,
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es war immer Horror drin.
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Es ist ja auch tatsächlich so ein Referenzmem, was du auch öfters erwähnt hast.
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Will Smith is eating spaghetti. Das wird ja jetzt auch immer so als Test für
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eine neue Videoengine. dann wird dann halt immer, wie sieht das aus,
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wenn Will Smith Spaghetti isst.
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Und das ist natürlich sehr schwierig darzustellen, weil natürlich Spaghetti,
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das Essen, der Mund, die ganzen Fasern, die Oberfläche und so weiter.
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Und das war ja so, dass der Kiefer dann halt von Will Smith dann in den ersten,
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war dann unkenntlich und es hat sich dann mit den Spaghetti zusammen verschmolzen.
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Und jetzt wird es halt immer klarer, immer definierter.
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Und ja, das war als Aufgabe dafür.
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In der Autoindustrie gab es immer diesen Elch-Test aus Skandinavien.
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Wenn ein Elch direkt auf die Straße läuft aus dem Wald und du musst halt das
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Lenkrad rumreißen, fällt dann das Auto auf die Seite. Das war wirklich so ein Autotest.
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Die A-Klasse von Mercedes hat das ja nicht bestanden. Das traditionelle Elch.
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Und jetzt ist der Evo Smith-Eating-Spaghetti-Test.
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Ja, da gibt es einige Tests, da gibt es einige.
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Wir kommen jetzt zurück mal zu dem Film.
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Genau, diese Fragmente, wir waren ja gerade bei diesem Filmarchiv,
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diese Fragmente, da gab es auch nochmal das andere, wo das,
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du siehst einen Radfahrer, wie er ein großes Rad auf den Rücken geschnallt hat,
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in dem auch nochmal ein Rad quasi fährt, ein Rad in Rad. Also es waren echt tolle, tolle Sachen.
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Oder zwei so nackte Squaw-Spieler, halbnackte Squaw-Spieler.
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Alle so in den frühen Stumpfilenzeiten, würde ich jetzt mal so datieren.
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Ja, also es war auch irgendwie zeitlos.
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Weil man hat eben diese Folie von diesen KI-generierten Filmen und dann kann es auch jetzt sein.
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Genau, das ist halt das Verrückte daran. Also als er den Film gemacht hat,
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waren das halt noch so Funde und jetzt hätte man die...
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Können und könnte es nicht mehr auseinander halten. Aber es waren auf alle Fälle
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alles schon Dokumente, die wussten, wie Film funktioniert.
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Also du hast gemerkt, die Badminton-Spieler, die haben in die Kamera geguckt,
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die haben irgendwie gewusst, jetzt geht's los, die haben gewartet,
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dass jemand was sagt, aber auch die Radfahrer fahren halt vor der Kamera.
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Also diese, es gab schon so ein Gewahrsein um die Kameras, weil es nicht so,
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als ob jemand irgendwo dieses komische Ding in der Straße hinhält und keiner
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reagiert auf das Objekt, sondern dieses gefilmt werden war schon in der Welt.
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Ja, das ist wahrscheinlich so wie bei Civil War dann auch diese Brownie besprochen
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hat, wo das diese Kamera, die sich jeder leisten konnte,
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also keine Filmkamera, sondern eine Snapshot-Kamera und es so präsent war,
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dass du zum ersten Mal auch so private Aufnahmen dann in Masse hast, ja.
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Aber das private Aufnahmen können die Brücke zu Marie Bonaparte.
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Das war jetzt die CG-Sache. Ich würde nochmal ganz kurz in den Raum gehen,
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Behandlungsraum, den wir ganz am Anfang schon besprochen haben,
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wo der Filmemacher auch erzählt hat, dass sie ein Archiv hatten von 180 Fotos,
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die jemand gemacht hat, bevor die Nazis alles ausgeräumt haben und bevor der
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Raum quasi verändert wurde,
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gab es ganz detailliert wohl Fotos von allen Dingen in diesem Raum,
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die sie aneinandergelegt haben und dann haben die das nachkreiert und wenn ich
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ihn richtig verstanden habe, war das keine,
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CGI-Sache, sondern die haben das wirklich als Modell nachgebaut?
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Oder wie hast du das verstanden?
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Ich habe es so verstanden, dass es keine ähm ja, das ist, also er meinte keine CGI, also keine AI.
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Meinte er AI?
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Ich bin mir nicht sicher, weil es sah ja schon so aus, nee, es war schon wahrscheinlich
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wirklich handgefertigt, dass die aus analogen Schnipzeln das zusammengebaut
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haben, jetzt nicht das digital nachgerendert haben.
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Es gab so Kamerafahrten drin, wo man schon das Gefühl hatte.
0:16:57–0:17:00
Also ich hatte schon so ein CGI-Gefühl, aber es war, fand ich,
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so ein bisschen die KI-Frage ist ja, wie kommt das Neue in die Welt?
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Also wenn man aus dem Vergangenen Dinge zusammenfügt, kann wirklich das Neue in die Welt kommen?
0:17:10–0:17:13
Und in dem Moment war es so, kann das Alte nochmal in die Welt kommen?
0:17:13–0:17:17
Das fand ich irgendwie eigentlich, da habe ich mich so darauf gefreut, dass er es erzählt hat.
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Wir haben diesen ganzen Raum nachgestellt und das wurde ja dann wirklich auch
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so ein bisschen nochmal besprochen.
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Und das hast du vorhin gesagt, diese Passage in diese Höhle von Freud,
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in den Behandlungsraum, dass das einfach auch schon eine Wirkung hat.
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Das ist auch dann, obwohl er einerseits natürlich eine Augenhöhe hergestellt
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hat und das Sprechen, die Redekur,
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wirklich auch darüber funktionieren sollte, dass man eben diese klassischen
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hemmenden Hierarchien zwischen,
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dem weißen autoritären Arzt, also im weißen Kittel und dem Patienten oder Patientin,
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die eh nichts wissen, also das abzubauen und ins Gespräch zu kommen, auf der einen Seite.
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Aber auf der anderen Seite dann schon so eine opulente Höhle für diesen Raum
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zu schaffen, war ja auch wieder schon auch ein Statement. Das hat ja schon eine Macht eigentlich.
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Ja, ja, ich meine, klar, er hat ja quasi, also ich weiß es nicht genau,
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da musst du mich wahrscheinlich korrigieren, Aber er hat ja das Ganze mehr oder
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weniger erfunden, so in der Form.
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Also das heißt, vorher gab es das ja noch nicht.
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Es gab ja schon so Therapien und so weiter. Aber dieses Framework,
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wie er das dann halt so initialisiert hat, das gab es ja so in der Form nicht.
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Er hat den ganzen Apparat geschaffen. Er hat die ganzen Tools,
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die Methoden dann auch erprobt. Und zum Beispiel in der ersten Phase hat er
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viel mit Gymnose gearbeitet, aber das dann auch nicht mehr weiterverfolgt.
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Und dann ging es auch eher in die Richtung, dass man dann halt irgendwie das,
0:18:57–0:18:59
wie heißt es, befreiende Sprechen.
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Freie Assoziation.
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Freie Assoziation, also dass du halt dieses ständige Sprechen und teilweise
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gab es ja auch Körperkontakt, dass er dann die Hand auf die Stirn gelegt hat.
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Und eben, aber der Analytiker selber war jetzt recht, war ja nicht im Sichtfeld
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des Patienten, der Patientin oder des Patienten.
0:19:26–0:19:30
Ja, also die Geschichte, ohne jetzt genau Jahreszahlen dazuwürfeln zu können,
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aber natürlich war es spätes 19.
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Jahrhundert und dann auch was in der Physik. Wir haben Oppenheimer besprochen,
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die Leute, die sich da alle um das Manhattan-Projekt gesammelt haben.
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Also diese neuen Wissenschaftsaufbrüche, spätes 1900, Anfang 20.
0:19:52–0:20:00
Und da war es so das Freud mit Chacot in Paris, im Saint-Péthier hieß es, glaube ich.
0:20:00–0:20:06
Davor gab es Mesmerismus, kennt man heute auch noch, Mesmerizing sagt man im Englisch noch,
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das ist sozusagen hypnotisierend oder bindend, der hat über so einen Magnetismus
0:20:12–0:20:16
gesprochen und da gab es einen Brunnen, Mesmer hat so einen Wasserbrunnen gemacht
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und da gab es eben Hypnose und das wurde alles so erforscht.
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Auch die Psychologie wurde immer mehr über Messinstrumente auch,
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verleitet, experimentell zu werden. Man hat dann einfach so Sachen gemacht,
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wenn man ein Stück glühende Kohle dreht und sie relativ schnell dreht,
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irgendwann sieht man einen Kreis.
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Und wenn ich einen Kreis sehe, dann heißt es ja, dass jetzt meine Augen,
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die einzelnen Punkte in meinen Augen, es nicht mehr schaffen,
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sich zu regenerieren, bevor sie wieder...
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Das heißt, man konnte anhand dieser Geschwindigkeit der Umdrehung,
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konnte man dann die Leitgeschwindigkeit von der Rhone im Auge messen.
0:20:57–0:21:01
Das war so eine Aufbruchstimmung.
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Das ist ja genau dieser Trommelprojektor. Wenn du 24 Frames pro Sekunde überschreitest,
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ich glaube, ab 12 Frames pro Sekunde sieht man dann schließlich das Bild.
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Und dann gab es dieses Malteserkreuz. Dann wurden es 24.
0:21:20–0:21:25
Es war ja sehr lustig, dass das mit coolen, weil das genau noch heuer war,
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wo die halt diese Wahrnehmungssachen dann halt so erforscht haben.
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Ja, und das war in dem Film ja auch kurz angesprochen, diese Phase mit Kokain.
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Freud wollte was finden, was so sein Ding wird. Vor allen Dingen in dem Moment,
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wo er wusste, er möchte diese Frau heiraten.
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Das war auch mein Lieblingsfoto von den beiden, wo sie die Hand so auf seiner
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Schulter hat. Und er guckt ja auch so off-camera.
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Aber irgendwie sind die beiden in dem Moment so, obwohl sie fürs Foto posieren,
0:21:48–0:21:50
sind sie so sehr spürbar.
0:21:50–0:21:53
Das fand ich ganz schön. Martha.
0:21:54–0:21:59
Martha, ja. Und die, die wollte halt irgendwas finden, irgendwas,
0:21:59–0:22:00
was ihn auch irgendwie rausbringt,
0:22:02–0:22:07
Und deshalb ist er dann auch nach Frankreich, um das zu erforschen.
0:22:07–0:22:09
Er wollte dann Hypnose, was ich auch probieren.
0:22:09–0:22:15
Und er kam ja dann in die Klinik Saint-Péthier.
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Da kam er ja auch mit dieser ganzen Hysterie so in Kontakt.
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Das war die Klinik, wo die Hysterie, ich mache jetzt gerade Anführungsstriche
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in der Luft, behandelt wurde.
0:22:30–0:22:34
Also von dem Arzt, mit dem er zusammengearbeitet hat.
0:22:36–0:22:40
Und dann war es wohl so, manche sagen, Freud war einfach nicht sehr gut mit
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Hypnose und deshalb musste er irgendwas anderes finden.
0:22:43–0:22:46
Freud selbst hat halt gemerkt, er kann nicht alle Menschen hypnotisieren,
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die als PatientInnen bei ihm ankommen.
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Und hat dann irgendwann entdeckt, was ja auch dieser englische Psychoanalytiker
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so schön gesagt hat, so einfach Talking, Talking Works. Und das fand ich irgendwie
0:22:58–0:23:01
auch, das finde ich immer wieder auch schon interessant.
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Das ist ja wirklich, wenn wir jetzt mal auf diese, es ist für viele einfach
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verblüffend, dass Sprache funktioniert.
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Sprache ein therapeutisches Mittel sein kann.
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Aber jeder wird sofort, Stichwort Mobbing, akzeptieren, dass Sprechen verletzen
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kann, traumatisieren kann.
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Das ist nicht nur in der Pädagogik so, das ist in der Jugendarbeit.
0:23:25–0:23:29
Also, dass einfach man jetzt mit Internet nochmal anders einfach mit Worten
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auch Menschen wirklich verletzen kann, nachhaltig schädigen kann,
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die dann auch als Erwachsene immer noch Defizite in ihren Freiheiten erleben,
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weil sie von früher noch wissen, was sie sich nicht getraut haben und so.
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Das wird schon akzeptiert, aber die Tatsache, dass man damit auch heilen könne,
0:23:44–0:23:47
das wird irgendwie nicht akzeptiert, ja, und...
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Und ich finde das aber total wichtig, weil wir natürlich bei der Sprache,
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es gibt ja auch dann eben diese, wir sind wieder bei KI, aber zwei KIs,
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die miteinander sprechen.
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Da habe ich dann neulich so ein Video gesehen, wo die miteinander sprechen.
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Als sie dann merken, dass sie beide KIs sind, dann beschleunigen sie das und
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machen halt irgendeinen anderen Code aus, damit sie sich unterhalten.
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Ich weiß nicht, ob das fiktiv war oder nicht.
0:24:10–0:24:13
Ja, das war so gibberisch. Das war, glaube ich, auch nur so ein Standard,
0:24:14–0:24:16
der dann halt so als Witz dann eingeführt wurde.
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Wahrscheinlich, ja.
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Ja, natürlich, da geht es um die ganzen Assistentensysteme, aber das wird ja
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jetzt dann irgendwann aufs Smartphone dann ausgerollt und das heißt,
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da muss halt nicht irgendwie deine KI eine menschliche Stimme simulieren,
0:24:31–0:24:33
wenn sie halt einen Friseurtermin ausmacht, wenn auf der anderen Seite auch
0:24:33–0:24:36
eben so ein System ist, deswegen bla.
0:24:36–0:24:43
Aber die Abstraktion von diesen Wünschen, sage ich mal, eben auf die menschliche
0:24:43–0:24:45
Stimme, das musste der erste Schritt sein.
0:24:45–0:24:48
Nachhaltigerweise ist die menschliche Stimme, solange wir das irgendwie noch
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auf uns münzen, also humanistisch denken, alles was an Technik entwickelt wird.
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In dem Ted Chang, ein Artikel von Nature, den wir ja auch, und er hat ja auch
0:24:59–0:25:03
mal zitiert, wo er dann schreibt, meinst du das offen hier?
0:25:05–0:25:09
Wir machen jetzt hier nochmal einen kurzen Cut, weil wir sind jetzt am Südstern,
0:25:09–0:25:14
sind die Diefenbachstraße dann runtergelaufen und jetzt am Südstern.
0:25:14–0:25:18
Und hier gibt es nochmal so eine Referenz, wenn ich die nennen darf,
0:25:18–0:25:21
zu deiner vorletzten oder der vorliegenden Folge.
0:25:22–0:25:28
Abide with me. Hier ist ja das Berggräbnis dann, da hat das hier stattgefunden
0:25:28–0:25:32
vor einiger Zeit. Und das war noch, A Bite With Me war ja dann...
0:25:33–0:25:40
Die Folge dazu entstanden aus den Auseinandersetzen, auch mit dem Lied.
0:25:40–0:25:45
Genau, das Begebnis war dann ein paar Tage, nachdem du die Folge aufgenommen hast.
0:25:46–0:25:51
Und genau, wir gehen jetzt um den Friedhof rum, er ist nicht mehr auf.
0:25:52–0:25:56
Ja, und das ist das erste Mal auch, dass du mir vorher die Tour geschickt hast.
0:25:56–0:25:59
Du machst immer die schönen Touren für uns und hast mir geschickt,
0:26:00–0:26:02
okay, Link auf Komoot, wo die dann rumliegen.
0:26:03–0:26:07
Und ich habe so drauf geschaut und hatte zum ersten Mal so ein Bild,
0:26:07–0:26:09
wo wir langlaufen. Das ist ganz interessant.
0:26:09–0:26:11
Du hast ja gerade über die freie Assoziation gesprochen. Dann kommen wir gleich
0:26:11–0:26:14
nochmal eben zurück, wo man nicht genau weiß, wo es lang geht.
0:26:14–0:26:17
Aber jetzt hatte ich so ein Bild vorher und das fand ich auch irgendwie interessant,
0:26:18–0:26:20
dass es wirklich wie so ein Unendlichkeitszeichen ist.
0:26:20–0:26:25
Und die eine Schleife von diesem Unendlichkeitszeichen ist der Friedhof.
0:26:26–0:26:30
Und der andere Teil ist halt irgendwie ein Teil von Kreuzberg,
0:26:30–0:26:34
also so Tod und Leben dann in dieser Schleife verbunden. Das fand ich ganz schön.
0:26:34–0:26:38
Wir sind hier auf dem Beginn der Bergmannstraße.
0:26:39–0:26:44
Und es gibt ja auch diesen Psychoanalytiker-Witz, wo wir auch mit dem Unendlichkeitszeichen,
0:26:44–0:26:47
was du gebastelt hast, habe ich dir vielleicht schon mal erzählt,
0:26:47–0:26:51
wo die Acht steht halt auf dem Sofa, der Analytiker sitzt schon da und dann sagt die Acht,
0:26:52–0:26:55
also wenn ich mich jetzt hinlege, dann dauert das ewig.
0:26:59–0:27:00
Sehr schön.
0:27:00–0:27:00
Ja,
0:27:02–0:27:11
also zurück zu dem dritten Teil. Ich fand es schon schön, wirklich ganz anders drauf zu gucken.
0:27:12–0:27:14
Man guckt vielleicht wirklich eher wie ein Familienteil.
0:27:14–0:27:18
Man weiß, Freud macht da irgendwas, aber man spricht eher über ihn,
0:27:18–0:27:23
über seinen Vater, über die Familie. Also man war jetzt nicht interessiert an
0:27:23–0:27:25
der Psychoanalyse als Praxis.
0:27:25–0:27:29
Das lief alles so nebenher. Das waren dann aber Kapitel seiner Biografie.
0:27:29–0:27:34
Also eigentlich das, was man heute vielleicht eher nicht machen möchte,
0:27:35–0:27:41
den Autoren oder die Autorin zu eng mit dem Werk zu verbinden.
0:27:41–0:27:49
Das ist ja diese Cancel Culture, dass man dann das Werk nicht mehr nutzen oder referenzieren darf,
0:27:49–0:27:56
weil die Biografie der Person einfach nicht akzeptiert werden kann mit dem, was sie tut.
0:27:57–0:28:03
Das ist dieses Cancel und das wurde da aber so ein bisschen gemacht.
0:28:03–0:28:05
Das ging sehr stark um die Biografie.
0:28:05–0:28:11
Der Blick auf seine Gedanken war über die Biografie, aber von seinem Werk,
0:28:11–0:28:17
da kamen jetzt gar nicht so viele Sachen hoch, aber so prägnante Sachen.
0:28:17–0:28:21
Den Satz fand ich schön, der ist auch im Trailer drin Before Freud.
0:28:22–0:28:27
The mother was just a mother After Freud, the mother is the thing The thing,
0:28:28–0:28:36
Das war so eine Sache also die Rolle der Mutter dann das Unbewusste natürlich, das ist ja zentral.
0:28:39–0:28:43
Und er selber hat er auch noch was genannt Achso, die Redekur,
0:28:43–0:28:47
also das Sprechen Sprechen als Behandlung Das war ja auch, wo wir eben drin waren.
0:28:47–0:28:54
Und ich finde das wirklich auch so, das ist in irgendeinem Foucault-Text drin
0:28:54–0:28:58
über, ich glaube sogar über Psychotherapie, muss ich mal gucken.
0:28:58–0:29:01
Das ist jetzt in irgendeiner Kiste, das Buch, also ich werde es nicht genau finden können.
0:29:01–0:29:08
Aber wo er so sagt, ich paraphrasiere, die Hoffnung war, dass was die Biologie
0:29:08–0:29:12
für die Medizin war, könnte die Psychologie für die Psychiatrie sein.
0:29:13–0:29:18
Gemeint ist damit, die Biologie macht ein Blutbild und der Arzt kann das interpretieren.
0:29:19–0:29:23
Die Hoffnung war, die Psychologie macht so eine Art Blutbild,
0:29:24–0:29:27
sage ich jetzt mal, der Seele, so pathetisch.
0:29:27–0:29:32
Und die Psychiatrie kann damit arbeiten. Aber es hat halt nie geklappt.
0:29:32–0:29:37
Und Foucault sagt dann, das geht allein schon deshalb nicht, weil...
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Ein Blutbild kann der Arzt interpretieren und erklären und eine Intervention ableiten.
0:29:45–0:29:50
Aber wenn es zum Beispiel um Stimmenhören geht, dann ist immer noch die Person,
0:29:50–0:29:54
die die Stimmen hört, der Experte oder die Expertin im Raum.
0:29:56–0:29:59
Psychiater kann natürlich sein, dass er das auch kennt. Es ist natürlich oft
0:29:59–0:30:03
so, dass auch Depressionen erlebt werden können von Menschen,
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die mit anderen Menschen arbeiten, die Depression als Leid erleben.
0:30:09–0:30:13
Das gibt es auch, aber das fand ich so. Das war so ein bisschen der Hintergrund davon.
0:30:13–0:30:17
Ja, klar. Ich meine, natürlich gibt es ja die Möglichkeit, dass du dann irgendwie
0:30:17–0:30:21
Krankheiten oder bestimmte Symptome klastern kannst.
0:30:21–0:30:24
Aber das hatten wir ja auch in den Folgen davor schon mal besprochen.
0:30:25–0:30:30
Das heißt, auch wenn die Symptome in einer ähnlichen Form sich ausprägen,
0:30:30–0:30:35
bedeutet das ja nicht, dass man dadurch quasi auch die Ursache leicht behandeln
0:30:35–0:30:39
kann, weil die ja sich unterschiedlich entwickeln können.
0:30:39–0:30:43
Und deswegen ist das ja so nicht behandelbar von sich aus.
0:30:43–0:30:47
Dann sind wir wieder bei den systemischen Therapien, wo das dann zum Beispiel,
0:30:48–0:30:52
ich glaube, das hat Anja gesagt, mit dem ADHS,
0:30:52–0:30:58
dass in einer Familie, wo das Kind auffällige ADHS-Störungen entwickelt,
0:30:58–0:31:03
das ist vielleicht das schwächste Glied in dieser ganzen systemischen Aufstellung,
0:31:03–0:31:07
was halt diese Ausprägung entwickelt, weil eben,
0:31:07–0:31:12
keine Ahnung, die Mutter dann in prekären Verhältnissen kein Geld hat und so
0:31:12–0:31:16
weiter und das Kind aber diesen Druck nicht mehr aushält und deswegen dann halt
0:31:16–0:31:17
diese Symptome entwickelt.
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Also das System dahinter, was dann halt bestimmte Symptomatiken dann ausprägt.
0:31:26–0:31:32
Ja, und das ist wieder der Brücke zurück zu Freud, der natürlich in seiner Selbstanalyse
0:31:32–0:31:37
mit seinen eigenen Träumen, das ist ja auch nicht unähnlich wie das, was C.G.
0:31:37–0:31:41
Jung gemacht hat, weil das Rote Buch irgendwie die über ein Jahrzehnt lange
0:31:41–0:31:47
Arbeit mit der Analyse eigener Assoziation, da waren es nicht immer nur Träume,
0:31:47–0:31:49
sondern hat ja auch so Wachsituationen geschaffen,
0:31:49–0:31:52
wo er im Wachträumen quasi mit
0:31:52–0:31:56
dem Material arbeiten konnte und sehr viel eingreifender und direktiver.
0:31:56–0:32:01
Weil er auch vorgegangen ist mit seinen eigenen assoziierten Narrativen.
0:32:02–0:32:09
Aber diese Entdeckung aus der eigenen Analyse und dann die Übertragung dieser
0:32:09–0:32:13
Entdeckung als universelles über den Oedipus-Komplex, er meinte ja dann,
0:32:14–0:32:17
hier war das Zitat aus dem Brief von Vlies, glaube ich, dass er gemerkt hat,
0:32:17–0:32:26
Dass er die sexuelle Lust auf die Mutter und den Todeswunsch auf den Vater,
0:32:26–0:32:30
der ödipale Konflikt, dass er das immer wieder auch gefunden hat,
0:32:30–0:32:32
den anderen PatientInnen.
0:32:33–0:32:41
Und das dann von sich auf die intrapsychischen Probleme anderer Menschen zu
0:32:41–0:32:43
übertragen und damit zu arbeiten, das war so der erste Schritt.
0:32:43–0:32:50
Ja, das war in der Zeit von 1897 bis 1900.
0:32:51–0:32:56
Das waren so diese drei Jahre, wo er sich damit beschäftigt hat und dann auch
0:32:56–0:33:03
dieses Buch, die Traumdeutung, geschrieben hat, was überhaupt keinen Absatz
0:33:03–0:33:05
so richtig gefunden hat, was nicht so richtig gehört wurde.
0:33:05–0:33:10
Aber ich möchte das nochmal erwähnen, weil ich das wirklich interessant finde.
0:33:11–0:33:19
Nämlich, also Freud hat ja eigentlich, seit er aus Paris dann wiedergekommen ist, das war dann so.
0:33:21–0:33:25
1867, 1868 oder sowas? Nee, nee, das kann nicht sein.
0:33:26–0:33:31
1888, so in der Zeit. 1888. Er hat dann sein Medizinstudium abgeschlossen,
0:33:32–0:33:42
und hat dann quasi auf seinen Doktor gemacht, also im Abschluss des Medizinstudiums.
0:33:42–0:33:45
Und dann ist er nach Paris gegangen, hat da gelernt.
0:33:45–0:33:50
Und dann, als er zurückgekommen ist, hat er ja eigentlich schon seine Praxis aufgemacht.
0:33:50–0:33:53
Das heißt, er hat die ganze Zeit immer behandelt.
0:33:54–0:33:59
Und es gibt auch so einen Plan, nach dem er sich dann auch immer gerichtet hat.
0:34:00–0:34:03
Also er ist dann morgens 7 Uhr aufgestanden, hat gefrühstückt,
0:34:04–0:34:10
dann hat er von 8 bis 9 Uhr einen Spaziergang gemacht und Zeitung gelesen.
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Dann hat er die erste Patientensession gehabt, von 9 bis 12.
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Dann hat er von 12 bis 15 Uhr mit der Familie Mittag gegessen.
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Und hat dann wieder Spaziergänge gemacht und gelesen. Dann hat er von 15 bis
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20 Uhr seine zweite Session mit Patienten gehabt.
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Und dann hat er bis 19 Uhr, von 19 bis 20 Uhr dann gegessen.
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Und dann hat er von 20 bis 24 Uhr die ganzen Korrespondenzen geschrieben, gelesen.
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Und da hat er seine Bücher gebaut. Wirklich diese Zeiten.
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Inklusive Samstag und nur Sonntag war der Familientag.
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Genau, also er hat wirklich so ein ganz hartes Zeitenmodell,
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was er da durchgezogen hat. Und in der Zeit hat er ja dann alles entwickelt.
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Er hat so einen ganz starken Rahmen, aber gleichzeitig ist er so tief dabei
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in das Unterbewusste abgestiegen,
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hat so tiefe Erkenntnisse durch seine ganzen Therapie-Sessions gesammelt,
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dass er dann halt seine Theorien darauf entwickeln konnte.
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Aber hat er dann halt so ein Framework, wo er dann halt so quasi sich gescheduled
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hat, um da halt irgendwie alles so auszuarbeiten.
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Das finde ich schon so eine unglaubliche Disziplin dahinter.
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Und ich glaube, du brauchst auch so ein Gerüst, um dann halt,
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so eine Humanwissenschaft überhaupt so begründen zu können.
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Also er hat ja wirklich, er ist ja quasi, er hat ja eine eigene Wissenschaft aufgebaut.
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Und das in so einem Halb, so einem Bereich, wo du einfach auch keine Evidenz
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oder so einfach daraus ableiten kannst, wie in anderen Bereichen.
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Naja, und das war aber auch dann diese Transformation, wo das dann da eben synchronisiert
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wurde mit dem Tod des Vaters, wo er danach, dann wurde er erfreut.
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Dann hat er seine Sachen geschrieben, er war auf einer gewissen Art befreit
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und konnte irgendwie diese ganzen crazy Theorien so raushauen.
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Aber es war gleichzeitig auch aus der Ausbildung heraus, wo er dann eben auch
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natürlich immer unter irgendjemand gearbeitet hat.
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Also er war dann ja nie wirklich ganz frei und hat dann auch seine ersten Theorien mit Neurosen.
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Also Neurosen waren damals Neuronen halt eben Nerven, Leiden.
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Und diese Nervenleiden waren aber eben nicht somatisch identifizierbar.
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Das heißt, es ging im Prinzip darum, dass es sich um Leiden handelt,
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funktionelle Störungen handelt, die halt kein somatisches Substrat haben und
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man konnte es nicht finden.
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Und da hat er dann irgendwie sich befreit in gewisser Weise aus diesem urmedizinischen
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Denken, obwohl er natürlich immer auch so als Arzt gearbeitet hat.
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Und dieses Arztsein, und ich glaube, da kommt, er wollte ja auch einfach Geld
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verdienen, er wollte heiraten mit Familie und so.
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Und das heißt, da musste er halt eben auch arbeiten und diese Sprechstunden oder Arbeitszeiten.
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Also es ist bis heute, wir werden jetzt bestimmt auch gleich an irgendeine Arztpraxis
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vorbeikommen, es ist bis heute ganz zentral, wann sind sie in ihrer Praxis.
0:37:15–0:37:19
Wenn du bei der Kassenärztlichen Vereinigung dich da anmeldest und du kriegst
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dann die Genehmigung zu behandeln und abzurechnen und so weiter,
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musst du auch in der Tabelle eintragen, wann Montag, Dienstag,
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Mittwoch, wann, von welchen Stunden, wann machen sie die Sprechstunde.
0:37:30–0:37:37
Also ich glaube, das ist fast so ein Arztding, dass man da so sich verpflichten
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muss. Und dann wird es nämlich sogar eingraviert. Wir werden das bestimmt gleich irgendwo sehen.
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Eingravierte Zeiten, neun bis zwölf Uhr, 14 bis 17 Uhr oder bis 16,
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es ist egal was, aber es muss halt irgendwie festgemacht werden.
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Er hatte sich dieses Regime und gleichzeitig aber immer auch,
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und das finde ich total ein Luxus und hoffe, dass ich das irgendwann auch mal
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machen kann, einfach zwei Monate im Jahr rausgeschnitten im Sommer.
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Keine PatientInnenarbeit, sondern Urlaub, aber auch Schreiben.
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Also könnt ihr schon machen, aber das ist dann auch eine Zeit,
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glaube ich, die ist schon wichtig, weil er hat das schon in jedem Tag gehabt,
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dass er ein- und ausgeatmet hat.
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Also was tagsüber passiert ist, dann abends nochmal verschriftlicht,
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auch mit den Theorien abgeglichen, Theorien auch immer wieder verändert.
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Das finde ich auch nochmal wichtig zu betonen.
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Und im großen Rhythmus, im Jahresrhythmus dann aber auch diese zwei Monate hatte,
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um nochmal frei atmen zu können.
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Ja, also was du nochmal gesagt hast, ist glaube ich doch die entscheidende Motivation,
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dass er halt, er musste Geld verdienen.
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Deswegen hat er auch dann so früh angefangen, diese Therapien.
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Er war dann eben nicht im akademischen Bereich, weil er oft die Profession erst sehr spät bekommen hat.
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Und er hat halt einfach ein extrem gutes Einkommen durch die Patientinnen gehabt.
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Ja, später dann.
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Nee, er hat schon von vornherein. Also das heißt, ja gut, okay,
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später dann. Aber es war ja so, dass er dann auch eher in der...
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Also später in Anführungszeichen, weil er war ja, als er dann wirklich richtig
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angefangen, er war ja schon über 40, also als er dann wirklich so mit den eigenen
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Publikationen, den wichtigen Schriften angefangen hat.
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Genau, aber davor, das war ja schon zehn Jahre davor, hat er ja auch schon immer therapiert.
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Und er hatte dann auch nur Patienten, die dann im Bereich, also wohlhabend waren
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und pro Therapiesitzung hatten die dann, glaube ich, so, ich weiß nicht mehr
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genau, so 50 Kronen oder so.
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Aber es wurde dann mal hochgerechnet, also als er dann halt so ab dem 19.
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Jahrhundert so ungefähr, hat er dann ein Einkommen gehabt von ungefähr so einem
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Jahreseinkommen, vergleichbar mit heute, Inflationsbereinigt von 180.000 Euro.
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Also konnte sie sich dann halt
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auch entsprechend Küchen leisten und auch Kammerrezeptionen und so weiter.
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Also konnte sie sich dann auch wirklich wirtschaftlich betreiben.
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Und hatte dann, hatte der Filmemacher eben nochmal gesagt, diese 16,5 oder so Zimmer in Wien gelegt.
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Ja, in den Praxisfamilien. Das war schon ein großer...
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16,5. Das ist Wahnsinn, ja. Und da war auch seine Praxis, ne?
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Alle, die Berlin noch aus den 90er-Jahren kennen, wo man sich noch größere Wohnungen
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mal leisten konnte, haben dann gerade...
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Als sie das gehört haben.
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Und da war im Zentrum, das war das, was wir vorhin gesagt haben,
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was dann rekonstruiert wurde, von 180 Detailfotos aus diesen Zimmern waren wohl
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diese beiden Räume, die miteinander verbunden waren.
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Es gab, oder es gab drei, aber es gab den Behandlungsraum, den Warteraum und
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dann auch angeschlossen das Study, also der Schreibraum, wo er dann geschrieben
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hat und dokumentiert hat.
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Das war so wohl im Zentrum dieser ganzen Wohnung. Ich habe den Grundriss nicht,
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ich habe da nicht drüber nachgedacht, aber so wurde es beschrieben.
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Ach, hier ist ja lustig. Hier war ich vor über 20 Jahren, habe ich hier mit
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Philipp und Merle mal vierteilige Filmsachen gedreht.
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Ah ja.
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Hier sind Touren durch die Ersatzstadt. Das war so ein Volksbühneprojekt.
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Kann mal gucken, ob ich es noch finde. Da haben wir genau hier an diesen Schilder
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Zulassungsstelle gemacht.
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Das ist ein sehr skurriler Teil, weil diese ganzen Container,
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sieht man von vorne, ich weiß nicht, jetzt ist es dunkel, aber mit deinem tollen
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Telefon wird es bestimmt taghell.
0:41:47–0:41:52
Musst du mal von hier machen, weil das sind diese einzelnen Container,
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die halt teilweise eben auf Kirchengelände auch stehen und der Kirchenmiete zahlen müssen.
0:42:00–0:42:02
Und hier kannst du halt, wenn du zur
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Zulassung kommst, kannst du hier die Autoschilder machen lassen. Sofort.
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Und, ja irre, jetzt hatte ich gar nicht mehr verortet, dass das hier ist.
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Ja, stimmt, hier ist die eine Kfz-Zulassung. Es sieht auch aus wie so sehr peripher,
0:42:18–0:42:20
als ob man hier irgendwo in China wäre.
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Da gibt es eine Sache, also 20 Geschäfte von der gleichen Sache.
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Crazy. Ja, wie fandst du denn, wie hat sich das für dich angefühlt,
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wie der Film? Wie war das so?
0:42:35–0:42:41
Ja, ich fand den wirklich sehr gut. Wie gesagt, ich fand gut,
0:42:41–0:42:46
dass ich dann auch gleich Sachen, Informationen, die ich mir vorher halb schnell
0:42:46–0:42:49
dann durchgelesen habe, wiedergefunden habe.
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Ich fand den Filmemacher sehr sympathisch, wie er da rangegangen ist und auch
0:42:57–0:43:01
wie er dann die Diskussion geführt hat. Er wollte echt dann nochmal so auf Tufel.
0:43:01–0:43:05
Da kam kaum jemand raus, der nicht eine Frage gestellt hat.
0:43:08–0:43:13
Und ich fand das Bild auch, wie du sagst, da ging es nicht unterbewusst,
0:43:13–0:43:15
die Vokabel ist gefallen.
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Aber es ging nicht um das Ich-Es-Über-Ich oder sowas.
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Da wurde gar nichts von dieser Theorie da irgendwo angeschnitten.
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Da ging es wirklich so um die Person.
0:43:31–0:43:35
Und der Film hat auch davon gesprochen, ich fand das auch gelungen.
0:43:35–0:43:42
Er hat viel mit Intertextualität gearbeitet. Das heißt, er hat auch den Schriftverkehr,
0:43:43–0:43:44
also die Briefe von Freud.
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Und hat ja dann auch viel daraus zitiert, die ja dann in Korrespondenz.
0:43:51–0:43:55
Und dann ging es halt auch, also der Filmemacher hatte sich dann die Frage gestellt,
0:43:55–0:43:58
wo kriegt man denn so einen völlig freien Blick?
0:44:00–0:44:04
Und der meinte dann in so einer Korrespondenz, in einer Briefkorrespondenz ist
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das ja eigentlich so am freisten, wo man halt auch so einen anderen Blick auf
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die Person entwickeln kann.
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Weil es nicht so durch so einen Religionsprozess wie ein Buch geht oder sowas.
0:44:16–0:44:18
Fand ich auch interessant vom Ansatz her.
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Und das war aber eine Sache, wo ich habe dann diese Frage nicht gestellt,
0:44:24–0:44:26
weil ich irgendwie mich nicht getraut habe.
0:44:26–0:44:31
Aber es hätte mich trotzdem interessiert, weil wir haben ja viele verschiedene Sprachen gehört.
0:44:31–0:44:35
Die wurden alle ins Englisch übersetzt und es gab englische Untertitel für alles.
0:44:36–0:44:38
Du konntest einfach die englischen Untertitel lesen. Das war quasi ein Text,
0:44:38–0:44:41
wie ein Skript, auch die in Englisch gesprochen haben.
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Da lief das auch in Untertiteln, also da unten war alles.
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Und die Sprachen waren aber unterschiedliche. Bloß diese Briefe,
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die ja dann an Vlies zum Beispiel auch in Deutsch geschrieben waren,
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die wurden auch in Englisch vorgelesen. Das habe ich nicht verstanden.
0:44:56–0:44:59
Also wo ich gedacht habe, man kann doch, wenn man es recherchiert hat,
0:44:59–0:45:02
das dann doch Deutsch vorlesen lassen, wenn du auch Französisch,
0:45:02–0:45:08
wenn du Hebräisch, wenn du Englisch, wenn du Deutsch, also wenn du diese ganzen Sprachen schon hast.
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Warum die Briefe in Englisch vorlesen?
0:45:14–0:45:17
Ja gut, vielleicht ist es auch, weil er dir hat die Antwort gegeben,
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er hat der KI für den Film eingesetzt in der Recherche und hat dann auch eben mit der Fragestellung,
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was schreibt Freud über Kokain, hat er dann auch von der Textsammlung quasi
0:45:31–0:45:35
aus KI generiert und so weiter Antwort bekommen und die war wahrscheinlich in Englisch.
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Ja, das stimmt, aber die hat er ja auch verworfen. Es hat er erzählt,
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dass er halt dann mit der KI versucht hat, so gib mir mal Zitate oder welche
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Briefe kommt Kokain vor. Die Recherche ist auch erstmal legitim.
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Und dann ist er mit seinen Funden ins Archiv gelaufen und dann haben die im
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Archiv gesagt, hä, nie gehört, was ist das?
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Und dann kam halt raus, dass die Kai es einfach erfunden hat, nur Bullshit-Dinge.
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Er hat ihm Zitate gegeben, wo es keine Quellen gab. Dann hat er gemeint,
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er hat das alles über Bord geschmissen.
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Er musste dann notgedrungen die Briefe lesen, hat so ein paar Pointer bekommen, wo er anfing.
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Dann hat er viel interessantere Sachen gefunden, als die, die er sich so erhofft
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hatte, als er dann endlich in den Originaltexten mit drin war.
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Aber das war so eine Sache, wo ich denke, das hätte man, glaube ich,
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auch gut in Deutsch vorlesen können.
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Das stimmt, aber das ist mir tatsächlich auch selber aufgefallen,
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wo ich dann auch dachte, warum zitiert er jetzt nicht das Original?
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Und ich meine, Freud hat ja nicht in Englisch beschrieben.
0:46:33–0:46:35
Eine Sache, die mir da jetzt auch nochmal so,
0:46:36–0:46:41
In Freuds Rolle oder was mir nochmal so neu hochgekommen ist,
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ich hatte das glaube ich in irgendeiner anderen Folge schon mal erwähnt,
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dass ja Freud im Deutschen, wie du schon gesagt hast, das Es und Ich und das
0:46:48–0:46:53
Unbewusste, das Vorbewusste, das Vorbewusste ist schon einer der kompliziertesten Worte.
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Das Bewusste, das ist einfach alles normale Sprache.
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Freud wollte sehr bewusst auch eine Sprache nutzen in seiner Theorie,
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die erstmal verständlich ist.
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Und Bruno Bettelheim dann später mal ein Buch darüber geschrieben hat,
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wo ich den Titel jetzt nicht habe, das zu vergleichen mit der sehr medizinischen
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und lateinisierten Sprache von Freud's Theorien im Englischen.
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Das wurde dann irgendwie da eher in so einen medizinischen Bereich eingeordnet.
0:47:23–0:47:27
Und es war gar nicht Freud's Intention. Aber gleichzeitig hat er dann sowas
0:47:27–0:47:31
mit dem Oedipus-Komplex. Also irgendwie gab es dann schon etwas,
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wo so eine gewisse Bildung drin ist.
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Also eine einfache Sprache für die Grundelemente, aber dann oben drüber,
0:47:43–0:47:50
das ist dann eben wieder die Archäologie in den alten Texten.
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Und das heißt dann Narziss oder Oedipus-Komplex.
0:47:55–0:47:59
Und diese Themen sind dann, das habe ich ja zum ersten Mal so verstanden,
0:47:59–0:48:03
dass dann da schon auch so was Einzug erhält, dass man da sehr gebildet sein
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muss, um die Referenzen fortzuverstehen.
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Sehr gebildet oder mehr gebildet als vielleicht der Durchschnitt.
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Und dass da schon auch was drin war. Er wurde auch zitiert, da weiß ich gar
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nicht mehr, wo das herkam, dass er selber gesagt hatte.
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Dass er sich für die Zukunft der Psychoanalyse nicht, ach guck mal hier ist
0:48:25–0:48:26
auch ein Unendlichkeitszeichen,
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das kannst du mal als Karte fotografieren, die Zukunft der Psychoanalyse,
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dass er da irgendwie Sorge drum hat und dass er der Einzige ist,
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der irgendwie die Psychoanalyse natürlich auch richtig verstehen kann.
0:48:39–0:48:42
Also er hat da schon viel versucht, auch zusammenzuhalten.
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Und das kam, das ist eine Sache, die mich immer sehr beschäftigt,
0:48:45–0:48:47
das kam hier gar nicht so richtig vor.
0:48:47–0:48:52
Aber dieses Gefühl, so sein Lebenswerk einerseits auf den Sockel zu heben,
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sodass es unerschütterbar wird und gleichzeitig aber auch niemandem wirklich
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zu vertrauen, zu verstehen, worum es geht.
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Also dieser sehr rigide Umgang damit.
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Und seine Tochter dann, die auch kurz vor kam, Anna Freud mit dem Buch,
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dass ich und die Abwehrmechanismen zu seinem 80.
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Geburtstag eben, das hatte ich auch schon mal in einer anderen Folge,
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die aber natürlich, wer immer das jetzt gerade hören sollte,
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vielleicht nicht gehört hat, in gewisser Weise auch.
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Wieder so ein bisschen back to basic sagt. Also es geht darum,
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ein intaktes Ich des Patienten herzustellen.
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Es geht darum, mit dem zu arbeiten, was uns begegnet in der Therapie,
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mit den Widerständen, mit den Abwehrmechanismen.
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Dass wir immer eben an diesem Punkt in Kontakt bleiben mit der Person.
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Also sehr gestalttherapeutisch fast schon zu sagen. Wir sind in Kontakt mit
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der Person und wir erleben dann während einer therapeutischen Sitzung auch diese Mechanismen,
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mit der die Person eben nicht sich weiter öffnen möchte oder nicht tiefer gehen möchte.
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Oder wie auch im Film dann ganz zum Schluss, der englische Psychoanalytiker
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nochmal sagte, dass Freud irgendwann schnell schon erkannte, dass die Symptome,
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die das Leid bringen.
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Gleichzeitig aber auch Mechanismen sind, um das Leid dahinter zu regulieren
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und deshalb diese Symptome wegzunehmen, nicht oft das ist, was die Patienten
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dann wirklich zulassen können.
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Weshalb sie dann vielleicht auch abbrechen oder da bin ich auch immer sehr ambivalent,
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weil wenn jetzt jemand abbricht, weil der Analytiker oder der Analytikerin irgendwas
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deutet, was nicht passt,
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dann ist man manchmal vielleicht ein bisschen zu schnell dabei,
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dass die Person noch nicht so weit war, das zuzulassen, aber vielleicht war
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es auch wirklich einfach nicht passend.
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Aber diese Idee, dass das Symptom auch eine regulierende Funktion hat für emotionale,
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Untiefen, die man anders nicht in den Griff kriegt, da gibt es auch,
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einen schönen Text dazu in Bezug auf Zwänge, dass Zwang auch ein Coping-Mechanismus
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sein kann in unterschiedlichen Sachen.
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Also wenn jemand sehr schlecht strukturiert ist, am Beispiel wird das auch in
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diesem Artikel beschrieben, zum Beispiel auch Menschen, die später im Alter
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dann nicht mehr die gleiche Merkfähigkeit haben oder Dinge durcheinander bringen,
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sodass die zwanghafte Symptome entwickeln.
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Und diese Zwänge, die natürlich dann nach ICD-10 auch als Pathologien klassifiziert werden können,
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in Wahrheit für die aber eine Art Coping sind, weil die so zwanghaft sind,
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weil die vielleicht bestimmte Rituale durchlaufen, können die den Tag noch zusammenhalten,
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sonst würde der Tag vielleicht einfach zerfallen.
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Und das finde ich einfach so ein ganz gutes Beispiel, um das nochmal zu illustrieren.
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Was da gesagt wurde, dass die Symptome auch, obwohl sie leidvoll sind,
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auch das geringere Übel sein können.
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Ich habe das aber auch teilweise so verstanden, dass dann diese Aussicht auf
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Heilung dann damit teilweise in Frage gestellt wird.
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Gibt es Heilung? Und so habe ich das in dem Film mitgenommen.
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Also diese, ob es die Warnung auf eine Frage gibt, also ob Freud dann tatsächlich
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mit seiner Therapie heilen konnte.
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Ich weiß nicht, hast du das auch so wahrgenommen?
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Ärztliche Denken anfangs, auch wenn Freud selber das dann, glaube ich.
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Nee, nochmal anders. Ich glaube, ich fange jetzt hinten an.
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Einer von den französischen Sprechern, der hat da irgendwie gesagt,
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kann die Psychoanalyse heilen?
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Ich weiß es nicht, aber sie gibt uns einen anderen Blick auf das Gleiche oder
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so in der Hand. Das ist paraphrasiert.
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Also da geht es ja darum, was ist denn überhaupt Heilung? Und Lacan würde jetzt
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auch nicht sagen, dass die Psychoanalyse irgendwas heilen muss,
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sondern es geht einfach darum, sich selbst besser erfahren zu können.
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Oder wie Freud sagen würde, das Unbewusste muss bewusst gemacht werden.
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Das heißt aber nicht unbedingt, dass es dadurch verschwindet oder so.
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Aber natürlich hat der ärztliche Blick auf die Pathologie erst mal,
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oh, da ist ein Zwang, der Zwang muss weg.
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Und wo kommt er denn her? Und die Psychoanalyse hätte dann zum Beispiel herausgefunden,
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dass aufgrund verdrängter sexueller Triebe dann auf einmal ein Zwang entsteht,
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dass die Bettdecke, bevor die Patientin ins Bett gehen muss,
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die Bettdecke immer ganz, ganz weiß sein und ganz, ganz straff sein.
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Also das wäre dann, der Zwang entsteht vor dem Hintergrund eines anderen Problems.
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Und ist im Prinzip die einfachere Lösung, sich mit dem ursprünglichen auseinanderzusetzen.
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Das ist das. Und was du jetzt sagst, ist halt diese unendliche Analyse.
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Das war dann auch so eine Überlegung, wo Freud schon anregen wollte.
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Naja gut, aber irgendwann soll man okay, kann man auch mal einen Schnitt machen.
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Ansonsten müsste sich der Analytiker hinterfragen, warum es dann immer weitergeht.
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Das ist natürlich was, was sich dann auch so gewandelt hat.
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Und da kann man wieder zu C.G. Jung andocken, wo es dann eher darum geht,
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bei Jung die eigenen Schatten besser zu verstehen und sich damit auseinanderzusetzen.
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Und nicht mehr die Idee von ein abgegrenztes Leiden zu diagnostizieren und zu behandeln,
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sondern sich selbst in seiner Ganzheit, in seinem Charakter,
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deshalb hieß es der Charakteranalyse,
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weiterzuentwickeln.
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Das ist dann eher sowas, wo es um eine Form der Selbstoptimierung geht und nicht eine Verbesserung.
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Da könnte man auch, denke ich, schon die 80er, 90er Jahre mit so Werkzeugkiste
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aus Spiritualität, ich nehme ein bisschen Buddhismus, ich nehme ein bisschen Okkultismus,
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ein bisschen das und dann baue ich mir daraus eine eigene Religion, die für mich passt.
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Und das ist ja dann auch okay und das tut dann auch was für dich.
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Aber es geht eben nicht mehr darum, etwas Leidendes aufzulösen oder zu erleichtern,
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sondern dann geht es eher darum, dass man immer gefordert ist.
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Und wer könnte denn dann schon einfach mal sagen, nee, heute arbeite ich nicht an mir selbst.
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Also das ist dann wirklich die unendliche Analyse. Das ist dann das Fitnessstudio
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oder das Yoga-Retreat oder dass man halt immer dran ist zu sagen,
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also ich bin heute nicht faul, sondern auch heute verbessere ich mich jeden Tag ein bisschen mehr.
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Immer von dem Besten lernen. Wenn du der Glückste im Raum bist,
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dann geh in den neuen Raum.
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Also das sind dann solche Aufrufe, die nichts mehr mit dem ärztlichen Blick
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auf Leid zu tun haben, sondern aber auch eben Psychotherapie sind in der Form noch.
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Also weil du dich dann ständig damit beschäftigst und dann auch so die ganzen
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Sachen internalisiert hast, dass du die auch anwenden kannst und auch dann immer
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einen neuen Blick darauf entwickeln kannst.
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Ja, eine Selbstoptimierung einfach. Also man guckt dann immer wieder drauf.
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Psychohygiene, würde man vielleicht auch sagen. Das ist ja auch völlig legitim
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und ich glaube auch für viele Menschen wirklich Gewinn bringt.
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Aber es geht halt nicht mehr um diese klassische ärztliche Ansicht,
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es gibt ein Leid, das müssen wir beenden, so weit als möglich.
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Wir können aber nicht versprechen, dass das klappt, sondern dann geht es eher
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um, ja keine Ahnung, also Fuß ist gebrochen, der Arzt stellt es wieder her,
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du kannst wieder hinken.
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Ob du nochmal Marathon laufen kannst, kann dir der Arzt nicht sagen.
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Aber du kannst dann übernehmen.
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Dann bist du da dran und dann machst du weiter und trainierst und bockst dich da irgendwie durch.
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Das ist aber nicht mehr die Aufgabe des Arztes. Du bist zu einem gewissen Grad
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nur die Wiederherstellung von Funktionalität.
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Und danach übernimmst du in Eigenverantwortung und in gewisser Weise eben als Selbstzahler.
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Nicht mehr auf die Kasse, sondern du gehst dann irgendwo hin und lässt dich behandeln.
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Ja, das ist dann so ein Aufentrag, den man sich dann als Patient dann mit rauskennendieren kann.
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Und das ist dann das, was in diesem Text eben die Unendliche oder die Endlose,
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ich weiß nicht mehr genau, wie der Titel heißt.
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Ja, aber gut, das ist vielleicht da gar nicht mit gemeint, dass die Psychoanalyse
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jetzt nicht heilt, so wie ich das dann im Film verstanden habe.
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Sondern ich hatte auch das Gefühl, dass dann eben durch diese Methode der Analyse
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dann auch ganz bestimmte tiefmenschliche Eigenschaften so rausgetragen werden.
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Und das ist auch dieser tiefe Humanismus, auch so eines, was dann diese englische Eigenschaften.
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Psychotherapeut am Ende gesagt hat, den du auch gerade schon zitiert hast,
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dass halt Frauen, Mann sind halt Menschen, menschliche Wesen,
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aber unglaublich komplex, ja, also nicht irgendwie so, es sind halt Menschen.
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Das finde ich ganz schön. Das ist halt so auf der einen Seite unglaublich,
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unglaublich komplex, auf der anderen Seite Menschen. Und das ist halt so dieser.
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Der humanwissenschaftliche Ansatz wieder da. Also das finde ich ja auch,
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was Freud dann auch so letztendlich in der Moderne so entwickelt hat.
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Das ist so seinen Stellen.
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Also ich meine, das finde ich ja auch, und du hast mich ja gerade gefragt,
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was nehme ich denn aus diesem Film mit?
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Und das ist halt so, Freud ist eine Ikone. Das ist ja so, er fasst ein Halbgott.
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Das ist ja so, Freud ist ein Begriff, den man wie, jetzt meinetwegen auch Einstein,
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das ist halt so die Begriffe, die man, oder die Menschen oder die Biografien,
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die man ganz früh schon kennenlernt, in der 10. Klasse, in der Schule oder so.
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Freud ist dann schon mal so gefallen, der Name. Und man hat dann diese recht
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vereinfachte Vorstellung von seiner Lehre irgendwo auch mal mitgenommen.
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Aber das fand ich, hat der Film nochmal reingebracht, dass wir dann ein anderes
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Bild von Freud mitbekommen, als Mensch, dann halt als Biografie, als Biopic.
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Hier sind wir, glaube ich, gerade, ist das nicht die Botschaft des Vatikans?
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Ich weiß es nicht. Wir sind ja in der Hasenheide. Wir gehen jetzt wieder Richtung Südstern.
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Ich wollte durch die Hasenheide gehen. Dass hier die Botschaft des Vatikans ist.
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Hier ist die apostolische Nunziatur.
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Das mag ich jetzt recherchieren. Ich fand dieses Gebäude immer so ganz toll.
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Das sieht wirklich aus wie aus so einem Dan-Brown-Film. Eine Verfilmung von
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diesem Inferno oder wie auch immer die Dinge heißen.
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Da hinten sieht das aus wie so ein Archiv. Auch in Anlehnung an unser Gebäude
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vom Bundesnachrichtendienst, wo man hier auch das Gefühl hat,
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unterirdisch kann es noch so 100 Meter in die Tiefe gehen.
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Das sind die ganz geheimen Schriften, die ersten Jesusrollen und sowas.
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Deswegen die Vorstellung, hier ist die Botschaft des Vatikans.
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Ja, ich hatte das irgendwie mal, vielleicht ...
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Ich werde es in die Shownotes packen, wie es sich denn heißt. Googlest du gerade?
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Wir können uns einfach mal Google Maps aufmachen.
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Weil es da rauskommt.
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Das ist eine Basilika.
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Nee, nee, das ist ja nicht das, sondern wir sind ja ... Das hier ist das Gebäude.
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Okay.
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Wir verlinken das mal.
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Nontriatur.de Ja, wir kriegen es jetzt nicht in der Grenze gelöst.
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Wenn ich hier ungern schneide, treibe ich uns jetzt einfach wieder zurück auf die Straße.
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Ja, also das mit dem Heilt die Psychoanalyse ist natürlich wirklich auch ein großes Thema.
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Es geht dann schon in der Psychoanalyse darum, dass man die Dinge ändert,
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also einen größeren Einblick in die eigenen Dynamiken kriegt und das,
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was Freud da früh bemerkt hat, was du gerade angesprochen hast,
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also Menschen sind sehr kompliziert.
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Es ist natürlich auch, er hat auch ja dann gesagt, deshalb kam ich darauf hin,
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der Feind ist die katholische Kirche.
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Das hat er ja dann gesagt, während die Nazis in Wien durch die Straßen liefen.
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Da wurde das so ein Film auch zitiert. Können wir durch?
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Ja, gehen wir. Jetzt kommen wir zur Hasenheide.
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Was ist das für ein Schauspieler?
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Ist das für ein Schauspieler?
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Ist das für ein Schauspieler? Welcher Film ist das für ein Schauspieler?
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Mothetun Man.
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Ja, so.
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Und...
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Und das ist natürlich was, über was man sprechen kann und was nicht.
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Und dieser Schock, was ja auch einer der Experten aus den USA dann sagte,
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then he wrote about children being sexual beings, like animals, sexual beings.
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Of course it was a huge success oder so ähnlich. Also er hat dann sofort diese
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Bücher verkauft. Also die Sexualität war natürlich dann auf einmal genau das Thema der Zeit.
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Einerseits, weil sie sich befreite, was der Filmemacher auch mit diesem zum
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Beispiel mit diesem halbnackten Badminton-Spiel irgendwie illustrieren wollte.
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Und andererseits aber dann über Freud dann nochmal selbst Kinder als sexuelle
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Wesen identifiziert wurden.
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Das war gleichzeitig verboten, aber auch ein Kassenschlager.
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Das sind so Sachen, die natürlich dann Freud wollte das ja für alle Ewigkeit entdeckt haben.
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Er sagt ja später, ich weiß gar nicht mehr genau, ob er das geschrieben hat,
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ich glaube 1910er Jahre irgendwie, dass er sagt,
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also es gab halt Kopernikus, die Erde ist nicht Mittelpunkt des Universums,
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Darwin, der Mensch ist nicht die Kröne der Schöpfung und Freud,
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der Mensch ist nicht mehr Herr im eigenen Haus.
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Das war die dritte Kränkung, wie er sagt, also da legt er sich ja schon ganz schön auf so eine,
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da taktet er sich selbst ja schon ziemlich oben ein und hat natürlich damit
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aber auch den Anspruch, dass seine Theorien ewige Gültigkeit haben.
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Und das ist vielleicht doch ein bisschen veränderbarer.
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Es gibt von Yalom, das ist auch ein Psychoanalytiker, der auch viel schreibt und gut schreibt.
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Die rote Couch, die Schopenhauer Kur oder als Nietzsche weint,
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das sind so Bücher von ihm. Der hat das irgendwann mal im Interview gesagt,
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hat gemeint, dass Sex ist kein Tabu mehr.
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In der Gruppe oder in einer psychischen Psychotherapie, die reden alle über
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Sex, Sexpraktiken, Lust und so, das ist nicht das Thema. Aber keiner redet über Geld.
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Das fand ich so einen ganz guten Satz. Ein bisschen wie die Anknüpfung an Jungen
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mit den Ufos und den Archetypen.
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Dass ein Jung irgendwie sagt, die Archetypen können sich verändern.
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Das heißt aber nicht, dass die Archetypen-Idee falsch ist, auch wenn sie sich verändern.
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Und Yalom illustriert hat in gewisser Weise, es gibt Tabus oder es gibt Dinge,
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die werden nicht öffentlich besprochen, aber die können sich trotzdem wandeln.
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Und Sexualität war das, was Freude entdeckt hat, aber vielleicht hat sich das
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wirklich weiterentwickelt. Vielleicht ist es jetzt woanders.
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Da war ja auch eine, ich glaube der Regisseur hat sie genannt, queere Analytikerin,
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die auch als eine Expertin da zu Wort kam, wo er auch das mit illustrieren wollte, dass Freud nicht,
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gecancelt wurde, hat er glaube ich sogar gesagt, sondern dass er den Freud Wars
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überlebt habe und jetzt genau deshalb wollte er auch diese Stimme da mit in den Film reinholen.
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Und es ist auch ein Buch bei mir zu Hause, ein Riesenwälzer,
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Queering Psychoanalysis, den ich immer noch nicht geöffnet habe, einfach nicht die Zeit.
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Aber ich finde es schon ein sehr spannendes Thema auch.
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Ja, ja, klar. Da ist es natürlich die Frage, wie jetzt diese Theorien von Freud
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in die jüngste Zeit zu holen.
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Aber das meint er auch, der Filmemacher, allein dadurch, dass es ja noch so
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präsent ist, erscheint es ja noch irgendwie zu funktionieren.
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Und es verändert sich auch. Aber es ist ja so, was er auch meint,
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eine Beobachtung, wie die, ich sage ja viele, eine Psychoanalyse ist sehr lebendig,
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aber halt eher im Bereich der Filmwissenschaften, Literaturwissenschaften und
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so Und weniger wirklich im Bereich der Psychiatrie und Psychologie.
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Und das weiß ich gar nicht, ob das so stimmt.
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Also ich habe schon so ein bisschen das Gefühl, was er ja auch angedeutet hat.
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Das ist da so eine Renaissance von Freud.
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Also Freudessance hieß das wohl in New York.
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Also es ist da jetzt gerade wieder so ein Fokus kommt.
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Jetzt war auch gerade vor kurzem eben 100 Jahre, 2023 war das glaube ich dann 100 Jahre,
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diese wichtige Schrift Jenseits des Lustprinzips, wo Freud auch sein eigenes
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Theoriegebilde nochmal umgebaut hat, erweitert hat und den Todestrieb eingeführt
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hat. Sehr wichtiges Buch.
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Und das hat vielleicht auch nochmal dazu beigetragen, dass da irgendwie weltweit
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2023 viel über Freud gesprochen und geschrieben wurde auch.
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Die Frage ist halt nur, sind es dann wirklich die,
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Psychoanalyse als Redekur, die
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dann das spannend macht oder ist es so wie Einsteins Relativitätstheorie?
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Also das ist ja auch irgendwie so,
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Popkultur in der Form.
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Ja, aber es ist mathematisch quasi beweisbar und das ist halt schwierig dann
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irgendwann zum späteren Zeitpunkt zu sagen, nee, stimmt doch nicht.
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Ich meine, es wird immer wieder angekratzt, es gibt Gehenbeweise und so weiter,
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aber nach wie vor ist diese ganze Relativitätstheorie von Einstein noch so ein
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mathematisch beweisbares Konstrukt, während du natürlich in diesem Bereich der überhaupt,
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irgendwie das beweisen kannst.
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Das beweisbar ist das Wissenschaftsprinzip. Da wollten wir eben auch in diesen
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zwei Folgen, die es dann wurden über Jung, so ein bisschen drüber reflektieren.
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Und es passt, es ist wirklich gut. Total anonymisiert sage ich,
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dass eine Patientin heute mir ein Zitat von Feynman mit in die Praxis gebracht hatte.
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Feynman sagt, der Psychologiser heißt Witch Doctor. It's not science.
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Das wurde mir heute noch mal so vorgelesen.
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Und wie hast du reagiert? Yes! I am a witch.
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Den Echomat rausgeholt. Ich glaube, wir müssen da lang.
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Wir sind jetzt, wir kreuzen auch gerade wieder. Eine frühe Folge.
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Na, Mitch, die kreuzen wir immer.
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Die haben wir immer hier gekreuzt. Die Hasenheiden-Folge. Das habe ich jetzt
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schon wieder vergessen. Bei Teramin haben wir die gekreuzt.
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Bei Teramin haben wir die auch gekreuzt. Aber es ist auch eine deiner sehr frequentierten Folgen.
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Ist das die Encanto-Folge?
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Ja, Encanto, richtig.
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Ich wollte ja heute eigentlich auch nochmal auf die, das habe ich ja mal gesagt,
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wir gucken mal so auf die Top Ten oder Top Five des letzten Monats,
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der letzten drei Monate oder letzten Jahres, letzten zehn Jahre.
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Aber ich habe es jetzt nicht vorbereitet.
1:09:18–1:09:19
Oh, schade.
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Ich muss jetzt mein Handy rausziehen, um das hinzuholen.
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Aber Theramin ist nämlich auch gerade irgendwie so ein Slow Burner.
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War nicht so ein Riesenerfolg, aber Da hält sich jetzt irgendwie so.
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Die generiert sich nicht ganz gut.
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Ja, das ist so ganz gut. Was immer spiked ist dein C3, 38 C3.
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Ja, ich meine gut, Ali zieht halt. Ali zieht.
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Ja, aber ich glaube auch, dass 38 C3 als Suchbegriff einfach zieht.
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Ja, wahrscheinlich. Das wollen die Leute schon hören.
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Und in den Top 10, also der Top 2, der 10-Jahres-Rückblick da,
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oder über alle Folgen hinweg, so drei Jahre wäre es dann bei uns,
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da ist jetzt Webfonds immer noch auf Platz 1.
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Aber Hyperion robbt sich da so ran.
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Spätestens dann, wenn die Netflix-Folge dann rauskommt, Hyperion,
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dann kannst du dann nochmal topen.
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Da kommt man schon ganz tief rein.
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Kannst du, würdest du um nochmal den Bogen zu jung zu schießen.
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Das rote Buch ist ja so die Generationsquelle für Jung, um in seine aktive Imagination zu treiben.
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Könnte man das mit dem Traumdeutungsbuch von Freud vergleichen,
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so auf der Ebene der Methodenentwicklung?
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Die Traumdeutung, die Freiassoziation war nach der,
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Feststellung von Freud, dass das mit der Hypnose nicht wirklich ein Zauberstab ist für alle.
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Und dann hat er eben festgestellt, es ist bei der freien Assoziation ähnlich wie im Traum.
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Der Traum arbeitet nach Freud mit Verdichtung und Verschiebung.
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Das heißt, es wird alles, kann man sich gut vorstellen, kompakter.
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Und dann ist halt, was zum Beispiel dann der Penis ist, ist dann,
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das war auch ein interessantes Bild aus dem Film, komme ich gleich drauf,
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ist dann zum Beispiel Zigarre, könnte man sagen. Das ist die Verschiebung.
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Und in der freien Assoziation mit PatientInnen in der Sitzung,
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die dann zum Beispiel auch liegen und an die Decke gucken, ob in dem Raum halt
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diese ganzen Gesichter sehen,
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dass die anfangen, einfach so mal alles rauszulassen, was gerade so kommt,
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so wenig als möglich zensieren.
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Das war ja auch ein Zitat da.
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Das ist in der Analyse.
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Da kann man nicht decent sein, man kann nicht anständig sein,
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man muss das einfach laufen lassen können, um tiefer zu gehen,
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um diese internen Sensoren zu umgehen oder zu überspringen.
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Jetzt sind wir im dunklen Park.
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Ich würde jetzt gerne aus diesem dunklen Park rausgehen. Ist das okay?
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Ja, wir müssen dann geradeaus weitergehen.
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Aber können wir nicht runtergehen und dann an der Straße lang gehen?
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Können wir auch machen.
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Wir waren ja im Grunewald mit Hänsel und Gretel in einer edlich dunklen Situation,
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aber da waren wir wirklich alleine.
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Du weißt, dass da wirklich kein anderer ist um diese Uhrzeit außer die Wildschweine.
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Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Das ist ja auch ein Problem.
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Jetzt hat mich dieser komische komische geräusch von der vorne hat mich abgelenkt wo waren wir gerade ich.
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Bin auch ein bisschen raus muss ich gestehen.
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Okay dann kann es ja nicht so wichtig gewesen sein wie man sagt oder es war
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so wichtig dass wir uns gleich verdrängt haben müssen wir noch mal nachhören.
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Wir waren bei dem Penis.
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Du wolltest wissen, ob diese Art der Arbeit ähnlich ist.
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Bei Jung ist es ja auch eine Selbstanalyse und er geht da aktiv rein.
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Und bei Freud ist die Freie Asozien mit PatientInnen jetzt nichts.
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Also da geht er nicht aktiv in der Selbstanalyse rein. In dem roten Buch,
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da ist alles Selbstanalyse. Ich sehe das schon ein bisschen anders.
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Und ich glaube eben auch vor dem Weltbild motiviert ist es halt so.
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So, dass Jung ja wirklich in dieser einen Anekdote, die ich da auch angesprochen habe,
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wo er dieses unerhörte Bild spürt, dass er in Basel diese große Kirche sieht
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und dann dieses Bild, dass Gott da so draufscheißt, einen riesen Scheißhaufen.
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Und das findet er völlig unerhört. Er war dann noch sehr jung und das traut er sich nicht.
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Und dann sagt Gott, nee, nee, das darfst du schon denken. Und dann kommt er
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in seinen neuen Religionsbegriff rein, dass halt nicht die Institution der Kirche,
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sondern die Spiritualität und Gott, also dass er versucht, ein neues Konzept
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von Spiritualität oder Gottglauben zu entwickeln.
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Und vor dem Hintergrund, wenn er dann anfängt, mit seinen eigenen Dingen zu
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sprechen, dann ist das eben, zumindest in meinem Verständnis,
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auch schon ein Schritt, der potenziell aus dem individuellen Unbewussten oder
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darüber hinaus oder tiefer geht,
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eben in dieses archetypische,
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metaphysische Archetypische.
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Und Schupp vorsichtig, Fahrradfahren.
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Und das wäre bei Freud so sicherlich nicht mit dem.
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Auch da das Zitat, und das ist schon sehr wichtig bei der Traumdeutung,
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in Details zu gehen und vor allen Dingen auch oft eben in die Dinge reinzugehen,
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die am Anfang gar nicht mehr da waren.
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Dass man sagt, wir sind jetzt hier an der Straße, fällt mir ein,
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ich erinnere mich noch am Traum, da war so ein Auto und irgendwas war da komisch
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an dem Auto. Was war denn da komisch? Keine Ahnung, ich weiß nicht mehr.
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Und dann erzählt man weiter, jetzt fällt es mir wieder ein, das hatte nur einen
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Scheinwerfer, der andere war kaputt und der blinkte so komisch.
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Also solche Dinge würde dann, freut zum Hintergrund sagen, dass dieser Zensor,
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der innere Zensor springt an.
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Ja, in dem Moment, also beim Traum ist der Zensor ein bisschen überwunden,
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der Traum passiert, das Unbewusste oder Vorbewusste schleicht sich da hinein
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in den Traum und dann vergessen wir es aber wieder.
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Und wenn wir den Traum erzählen, dann können wir aber dann vielleicht doch nochmal
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einen Schritt wieder reingehen in Material, was schon wieder vergessen war. Also der zweite Zensor.
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Und das wäre jetzt für mich schon unterschiedlich zu dem, was Jung da macht.
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Also das Gefühl von Jung eher zu sagen, ich drehe mich um, ich spreche mit den
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Toten, mal gucken, manche sind wirklich eben,
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das ist echt und bei manchen ist es meine eingebildete Version des Toten und
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als Experte kann ich das auch gut unterscheiden.
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Ich glaube auch, Jung hat dann auch viel mehr so einfach geschrieben,
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was er da so erlebt hat oder was er sich vorgestellt hat.
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Während im Traumdeutigen im Buch von Freud ist ja auch dann gleich die Analyse dabei.
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Also er hat ja dann auch das ganze Material organisiert und seine Träume dann
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halt auch wirklich analysiert.
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Dieser analytische Schritt, der fehlt ja dann im roten Buch.
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Ja, und das ist ja eben auch dann dieses Titel von unserer Episode,
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Religionsstifter, Fragezeichen, weil es dann wirklich eher rüberkommt wie ein
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religiöser Text, ein Text, der von dir interpretiert werden muss,
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also der nicht erklärt wird.
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Und das ist auch wieder eine Brücke zu dem Film, fand ich ganz interessant,
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formal dann nochmal, dass Träume von Freud im Film auch als Animation umgesetzt wurden.
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Ja, genau, das wollte ich auch noch erwähnen.
1:17:21–1:17:29
Und er dann explizit Träume genommen hat, die eben nicht interpretiert wurden.
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Also die irgendwo aufgetaucht sind und dann auch wieder verschwunden sind und
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nicht bearbeitet wurden, interpretiert wurden, gedeutet wurden.
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Und das fand ich ganz interessant, als er das nochmal reingenommen hat.
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Und da war eben dieses eine Bild in einem der Träume. Da siehst du einen Zug,
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der zunehmend sich mit Wasser füllt.
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Und in diesem Zugabteil siehst du dann so eine Zigarre, die so irgendwo drauf
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liegt. Und als die Zigarre kommt vorne so Wasser raus.
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Und das füllt diesen ganzen. Und dann fährt der ganze Zug nicht in einen Tunnel,
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sondern in den Pissoir hinein.
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In den Berg ist so ein riesen Pissoir eingelassen. Da fährt der Zug rein.
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Das dann auch aussieht wie eine Vulva. Also diese Doppel.
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Zug, Penis, Zigarre, Pinkeln. Hast du alles drin.
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Ja, aber da gibt es eben von Freud ja diesen Satz, dass er irgendwann mal darauf
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angesprochen, irgendwann mal meint er, manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre.
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Und das klingt halt so einerseits so vehement von wegen, ey,
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jetzt lass mich doch Zigarre rauchen, jetzt mach mal halblang hier.
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Aber von dem Hintergrund des Traums ist es natürlich dann so,
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manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre.
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Es kann auch viel Flüssigkeit vorne rauskommen und dann fährt der ganze Zug
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massiv und schnell und erregt hinein in diese Pissoir-Vulva des Berges.
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Aber man muss auch sagen, er hat ja immer weiter geraucht, auch als er schon Gaumenkrebs hatte.
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Das ist ja auch nochmal so, das Aspekt des Heilens.
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Er hatte 1923 dann eben Krebs, Gaumenkrebs.
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Ganz viel wurde ihm dann auch aus dem Kiefer genommen.
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Er hatte eine ganze Reihe von Operationen.
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Über 50 Operationen, die er da machen lassen musste. Und,
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Auch eine unglaubliche Prozedur, dann eben diese Prothesen einzusetzen,
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wo dann auch anekdotisch erzählt wird, dass nur seine Tochter Anna ihm da helfen durfte.
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Und dass das bis zu einer halben Stunde gedauert hat, bis er dann halt so hergerichtet war.
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Also ich meine, er war nicht entstellt im Alter von, wir haben jetzt auch ganz
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viele Bilder von ihm gesehen.
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Ja, man sieht das dann schon.
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Aus einer bestimmten Perspektive hast du gesehen, dass...
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Auf der einen Seite, der Knochen waren ja auch wirklich Teile des Kieferknochens
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entfernt. Und da wurde die Haut dann auch so dunkel und rot.
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Ja, das war so. Und dann hat er noch so ein Geschwulster. Aber er ist ja dann
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letztendlich von einem Krebs geheilt worden.
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Also konnte er dann noch 16 Jahre weiterleben.
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Und hatte wohl aber immer so gutartige Geschwulste. Und gleich dieses Festheilen,
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das war, glaube ich, sein einziges Rauschmittel. Also Alkohol wird überhaupt nicht erwähnt.
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Kokain hat er dann glaube ich auch nur so kurz probiert und nicht weiter verfolgt.
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War das halt irgendwie so eine Mode.
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Aber dieses Rauchen, Zigarrenrauchen, das war halt so schon,
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es war nicht nur einfach nur eine Zigarre, sondern es war schon ein Objekt.
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So sieht man, also so denkt man dann Freud, wenn man ein Bild sich vorstellen
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muss von ihm. Bart und Zigarre.
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Das ist so der Archetyp von Freud.
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Und wohl nicht wegzudenken, wenn er geschrieben hat. Also das war wohl eben
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seine Form, die innere Erregung zu regulieren, während er schreibt.
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Dann braucht er das wohl, das Nikotin, aber vielleicht auch das Kauen oder ich,
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keine Ahnung, spekulativ.
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Ja, aber er war auch immer noch hochproduktiv im Alter mit den ganzen Schwächungen und Krankheiten.
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Hat er dann noch in den 30ern also weiterhin Bücher geschrieben. Abhandlungen gegeben.
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Also das ist schon Leistung.
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Ich fand diese Anekdote auch sehr schön mit den Ciao-Chao, ich weiß gar nicht,
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wie die in Deutschland heißen, ja auch Ciao-Chao, diese chinesischen Hunde,
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die so ein bisschen gepropft aussehen und so wie so eine Rolle mit Fell,
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dass das wohl sein Lieblingshund war und auch von,
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Marie Bonaparte, was auch der Lieblingshund ist, hat sie auch so weiter verbunden
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und in dem ganzen Material
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Im Film, was wir da jetzt auch so gesehen haben, hatte ich wirklich das Gefühl,
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das Einzige war, dass er so ganz ungebremst gelacht hat, war,
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als er einmal den Hund so gefüttert hat und dann guckt er so kurz hoch und sucht
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dann einfach irgendeinen, er sucht so im Off an der Kamera vorbei,
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sucht halt irgendjemand, den er anlachen kann, weil er sich so gefreut hat.
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Und da hat man echt so ein richtiges Lachen gesehen.
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Ja, das finde ich auch sehr schön.
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Das fand ich eben wirklich auch so dieses, das Menschliche, was,
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ich meine, gut, früher war Fotografie alles nochmal was anderes als heute und
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oft eben auch gestellt oder hat dann eine bestimmte Funktion,
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diese Gruppenbilder oder wie auch immer.
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Aber da in dem Moment war es dann wirklich so ein unbeobachteter Moment.
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Ja, das war halt wirklich ein völlig untypisches Bild von Freud.
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Also hat man ja auch vorhin darüber gesprochen, wo man so einen privaten Einblick
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hat, den man vorher nicht gehabt hat.
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Also allein durch die Archive, die dann da zur Verfügung gestellt waren.
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Ja, wir sind jetzt wieder da, wo wir losgelaufen sind.
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Wir sind kurz vor dem Kino Movimento.
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Und ich glaube, wir sind jetzt auch nochmal so ganz gut durch die Geschichte
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gelaufen, durch den Film.
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Und würde sagen, dass wir damit auch die Episode zum Ende führen.
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Bist du einverstanden, Mitch?
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Finde ich gut. Also zusammenfassend nochmal, mein Wunsch war und ich hoffe,
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dass das auch gepasst hat. Das war jetzt irgendwie so eine lockere Folge.
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Wir haben uns jetzt nicht durch Sachen durchgeknüppelt, wobei du wirklich auch
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nochmal gut Jahreszahlen so wieder mit reingebracht hast.
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Aber für mich war es eher nochmal so die Hoffnung und Wunsch und ich habe es
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auch so erlebt über diesen Film als dritter Teil zu dieser C.G.
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Jung-Folge vielleicht auch noch mal freut, biografisch so ein bisschen darzustellen,
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und nicht über die Theorie und die Wahrhaftigkeit davon oder nicht,
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sondern oder Wissenschaftlichkeit und nicht so einfach zu schauen,
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dass bestimmte Dinge da auch aus der Biografie vielleicht auch motiviert sind
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oder noch mal anders erlebt werden können.
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Weil wir ja bei Jung eben auch auf diese biografischen Aspekte geschaut haben.
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Ich finde, das ist uns gelungen.
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Auf jeden Fall.
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Ja, das war Eigentlich Podcast.
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Das Ganze könnt ihr unter eigentlich-podcast.de nochmal vertiefen.
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Da könnt ihr auch sehen, wo wir langgelaufen sind, unseren Track.
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Und wir haben auch ein paar Bilder gemacht. Ich hoffe, die sind was geworden.
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Es war sehr dunkel, auch schon spät.
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Wenn euch die Episode gefallen hat, Wenn euch der Podcast gefällt,
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dann empfehlt uns weiter oder gebt uns Sternchen oder was auch immer.
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Wir sagen Tschüss, bis zum nächsten Mal, bis dahin.
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Macht's gut, Tschüss.

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Wir kommen gerade aus dem Kino. Movimento, Berlin. Der Film: Outsider. Freud von Yair Qedar. 66 dichte Minuten, die weniger über die Psychoanalyse lehren, als die Menschen Sigmund Freud vorzustellen. Wir reden beim Gehen, wie eigentlich immer im Eigentlich Podcast, durch die Stadt, dieses Mal durch Kreuzberg. Auf der Karte sieht die Tour wie ein Zeichen der Unendlichkeit aus, deren Weg uns in gleichen Teilen durch die Lebenden wir die Toten, entlang des Friedhofs, führt.

Qedars Film nähert sich Sigmund Freud nicht als Monument, sondern als Mensch – verletzlich, körperlich, alternd, zwischen Rauchen und Schmerzen, zwischen Nazis und Katholizismus. Kein Biopic, kein Theoriepanorama. Vielmehr ein Fragmentbild, ein Mosaik aus Fotografien, Dokumenten, Stimmen, die nicht erklären, sondern begleiten und Fragen stellen.

Freud wird hier als Außenseiter beschrieben – im Titel, aber auch jenseits davon. Als Jude im Wien des frühen 20. Jahrhunderts, als Intellektueller im Exil, als Denker, der sich zwischen Wissenschaft, Kunst und Mythos bewegte. Qedar lässt ihn wandern: durch Räume, durch Zeiten, durch Bedeutungsfelder. Seine Couch ist kein neutraler Ort, sondern eine Bühne der inneren Landschaften. Der Film zeigt den Raum in der Berggasse 19 nicht nur als Praxis, sondern als verdichteten Symbolraum – überfüllt mit archäologischen Objekten, mit Göttern, Ahnen, Toten.

Eine Forscherin des Freud Museums Wien spricht wie von einem Tunnel, durch der in die Analyse führt – dunkelrot, eng, gefasst von stummen Figuren, die aus anderen Zeiten zu kommen scheinen. Masken, Fragmente, Totems. Alles blickt zurück. Nichts ist zufällig. Die Inszenierung dieses Raums ist mehr als Ästhetik – sie ist selbst Theorie, selbst Deutung. In diesem Setting wird das Gespräch zur Ritualhandlung, zum Übergang. Zeit verschränkt sich: Antike und Moderne, Mythos und Gegenwart, Erinnerung und Verdrängung.

Wir sprechen über das Setting der Psychoanalyse – nicht als klinisch-sauberen Raum, sondern als dichten Text, als Gewebe aus Kulturgeschichte und Subjektivität. Freud, wie Qedar ihn zeigt, war weniger Architekt klarer Begriffe als Suchender, Leser, Sammler. Seine Theorie ist in dieser Lesart keine geschlossene Lehre, sondern ein Schichtenmodell, ein palimpsestisches Denken: Das Unbewusste nicht als Ding, sondern als Bewegung, als Echo, als Spur.

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