EGL024 Unter Schnee – Märchen von Fuchsgeistern
Flo schlägt in dieser Episode einen langen Einleitungsbogen aus aktuellem Anlass: Ulrike Ottinger übergibt ihr Werk der Stiftung Deutscher Kinemathek und der Akademie der Künste. Ulrike Ottinger hat großartige Filme und Kunstwerke geschaffen. Eines davon heißt "Unter Schnee" und erzählt eine magische Geschichte von einer Fuchsfee und einem Studenten, die durch das alte Japan reisen. Flo nimmt sich die Hörspiel-Fassung von "Unter Schnee" zum Anlass, um tiefer in die Geschichten von Fuchsgeistern in der asiatischen Mythologie einzusteigen: Er liest Micz fünf chinesische Märchen vor, die von Fuchsgeistern handeln. Micz darf im Anschluss die Märchen analysieren und so erfahren wir mehr über die Eigenschaften von Fuchsgeistern. Auch dieses Mal führt unsere Route auf einen "Berg" zu einem Flakturm hoch, dem Flakturm des Humboldthains. Dieser jedoch ist im Gegensatz zu den anderen Trümmerbergen unserer vergangenen Episoden noch ganz geblieben und lässt uns manchmal außer Puste kommen.
Shownotes
- EGL024 | Wanderung | Komoot
- Ulrike Ottinger
- Ulrike Ottinger – Wikipedia
- Ulrike Ottinger - Ulrike OTTINGER
- Südostpassage - Ulrike OTTINGER
- Ulrike Ottinger übergibt ihr Archiv an die Akademie der Künste und Deutsche Kinemathek | Akademie der Künste, Berlin
- Ottinger | Akademie der Künste, Berlin
- Ulrike Ottinger: »Die Realität ist eine Konstruktion, manchmal eine Illusion« - YouTube
- Ulrike Ottinger | filmportal.de
- Unter Schnee - Ulrike OTTINGER
- Märchen
- Asien, Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen, Anmerkungen, Natur- und Tiergeister - Zeno.org
- Märchen – Wikipedia
- Fuchsgeister in Asien (China / Japan)
- Fox spirit - Wikipedia
- Kitsune – Wikipedia
- Nine-tailed fox - Wikipedia
- https://www.japanwelt.de/blog/kitsune-mythologie
- Kitsune, die Fuchsgeister der japanischen Folklore - Blogs - derStandard.de › Diskurs
- Shintō – Wikipedia
- https://epub.ub.uni-muenchen.de/5334/1/5334.pdf
- Die Geschichte von "Unter Schnee"
- Filmaufnahmen und Hörspiel: "Unter Schnee" von Ulrike Ottinger | Hörspiel | Bayern 2 | Radio | BR.de\n\n
- Provinz Echigo – Wikipedia
- Kabuki – Wikipedia
- Über die Laufroute
- Berliner Flaktürme – Wikipedia
- Wiener Flaktürme – Wikipedia
- Zu den Märchen
- Der Fuchs und der Tiger – Wikisource
- Der Grüffelo – Wikipedia
- Äsops Fabeln – Wikipedia
- Daji - Wikipedia
- Fuchsfeuer – Wikisource
- Das kalte Herz – Wikipedia
- Konfuzianismus – Wikipedia
- Luminary Web
Transcript
Hier noch mal die Märchen zur Episode zum (nach)lesen, weil sich das Vorlesen nicht immer als flüßig gestaltet hat…
Märchen I: Der Fuchs und der Tiger
Der Fuchs begegnete einst einem Tiger. Der zeigte ihm die Zähne, streckte die Krallen hervor und wollte ihn fressen. Der Fuchs sprach: »Mein Herr, Ihr müßt nicht denken, daß Ihr allein der Tiere König seid. Euer Mut kommt meinem noch nicht gleich. Wir wollen zusammen gehen, und Ihr wollet Euch hinter mir halten. Wenn die Menschen mich sehen und sich nicht fürchten, dann mögt Ihr mich fressen.«
Der Tiger wars zufrieden, und so führte ihn der Fuchs auf eine große Straße. Die Wanderer nun, wenn sie von fern den Tiger sahen, erschraken alle und liefen weg.
Da sprach der Fuchs: »Was nun? Ich ging voran; die Menschen sahen mich und sahen Euch noch nicht.«
Da zog der Tiger seinen Schwanz ein und lief weg.
Der Tiger hatte wohl bemerkt, daß die Menschen sich vor dem Fuchse fürchteten, doch hatte er nicht bemerkt, daß der Fuchs des Tigers Furchtbarkeit entlehnte.
Märchen II: Ein Fuchsgeist macht die Rechnung auf
Ein gewisser Zhang aus Hezhou war zu Gast in Yangzhou und wohnte in einem Tempel. In einer der Mönchszellen trieb immer ein Fuchsgeist sein Unwesen, darum wagte niemand, darin zu wohnen. Zhang aber hatte ein unbekümmertes Wesen, darum ging er hin und nahm dort Quartier. Ehe drei Tage um waren, erschien tatsächlich ein alter Mann, der sich Wu Gangzi nannte und darum bat, ihm seine Aufwartung machen zu dürfen. Als er sprach, nachdem er sich verbeugt hatte, war er von außergewöhnlichem Charme, und er wußte überVergangenheit und Zukunft Bescheid. Zhang fragte ihn: »Ihr seid doch e?n Unsterblicher?« Dar- auf erwiderte er nur: »Zuviel der Ehre!«
Als armer Gelehrter wünschte sich Zhang, er könnte Umgang mit dem Fuchsgeist haben, um so zu Reichtum und Ansehen zu kommen, darum tischte er Wein und Speisen auf und lud ihn ein. Wu bedankte sich mit einer Gegeneinladung. Es dauerte keinen halben Monat, da waren Zhangs Mittel erschöpft, bei Wu aber war der Tisch stets reich gedeckt. In seiner Gier lud sich Zhang immer wieder bei ihm ein, und Wu war als Gastgeber nicht knauserig.
Nachdem es länger als einen Monat so gegangen war, kam Wu plötzlich nicht mehr. Da eben Regenzeit war, öffnete Zhang seine Truhe, um die Kleider zu lüften, und fand sie leer, nur eine Rechnung und ein paar Pfandzettel lagen darin. Auf der Rechnung stand, wie viele Hühner und Fische Wu an welchem Tag gekauft hatte und wieviel Obst und Gemüse. Um aber die Einkäufe zu bezahlen, hatte er Zhangs Kleider versetzt. Kein einziges Gastmahl war ausgelassen, und keine einzige Bronzemünze hatte er unterschlagen.
Märchen III: Fuchsfeuer
Es war einmal ein Bauer, der war jung und stark und kam eines Abends spät vom Markte heim. Der Weg führte an dem Garten eines reichen Herrn vorbei, in dem viel hohe Gebäude standen. Plötzlich sah er drinnen etwas Helles in die Höhe schweben, das leuchtete wie eine Kristallperle. Er wunderte sich darüber und stieg über die Mauer in den Garten, aber da war kein Mensch zu sehen; nur von weitem erblickte er ein Ding, das sah aus wie ein Hund und schaute nach dem Mond empor. Immer wenn es den Atem ausstieß, kam eine Feuerkugel aus seinem Maul heraus, die stieg empor bis zum Mond. Wenn es den Atem einzog, so senkte sich die Kugel wieder herunter, und es fing sie mit dem Maule wieder auf. So ging es unaufhörlich fort. Da merkte der Bauer, daß es ein Fuchs war, der das Lebenselixier bereitete. Er versteckte sich nun im Gras und wartete, bis die Feuerkugel wieder herunterkam, ungefähr in die Höhe seines Kopfes. Da trat er eilends hervor und nahm sie weg. Sofort verschluckte er sie. Er fühlte, wie es heiß ihm die Brust hinunterging bis in die Gedärme hinein. Als der Fuchs es merkte, wurde er böse. Er blickte ihn wütend an, doch fürchtete er sich vor seiner Stärke; darum wagte er nicht, ihn anzugreifen, sondern ging zornig weg.
Von da ab konnte der Bauernbursche sich unsichtbar machen, er konnte Geister und Teufel sehen und hatte Verkehr mit der andern Welt. Er konnte in Krankheitsfällen, wenn die Leute bewußtlos waren, ihre Seelen wieder zurückrufen und wenn sich jemand versündigt hatte, für ihn eintreten. Er verdiente sehr viel Geld auf diese Weise.
Als er sein fünfzigstes Jahr vollendet hatte, da zog er sich von all diesen Dingen zurück und übte seine Künste nicht mehr aus. An einem Sommerabend saß er in seinem Hof, um der Kühlung zu genießen. Er trank für sich allein einen Becher Wein um den andern. Um Mitternacht war er vollkommen betrunken. Er stemmte die Hände auf den Boden und erbrach sich. Da war es ihm plötzlich, als ob ihm jemand auf den Rücken klopfte. Das Erbrechen wurde heftiger, und schließlich sprang die Feuerkugel ihm zum Halse heraus.
Der andere nahm sie in die Hand und sprach: »Dreißig Jahre lang hast du meinen Schatz entlehnt. Aus einem armen Bauernburschen bist du ein reicher Mann geworden. Nun hast du genug. Ich möchte ihn wieder zurück haben.«
Da ward der Mann vollkommen nüchtern. Aber der Fuchs war weg.
Märchen IV: Zhang Guang
Zhang Guang aus der Provinz Zhili war schon als Kind außergewöhnlich klug gewesen. Als er achtzehn Jahre alt war, wohnte er im Westbau des Anwesens und studierte dort die Schriften. Die Familie war reich und mächtig und besaß viele Sklavenmädchen und Nebenfrauen, aber die Eltern hielten ihn sehr streng.
Am siebten Tag des siebten Monats schaute er, mit dem Gedanken an die Geschichte vom Hirten und der Weberin im Kopf, zu den Sternen empor und träumte davon, daß wenigstens in dieser Nacht ein Sklavenmädchen ihn Einsamen besuche kam. Und kaum daß sich dieser Gedanke bei ihm geregt hatte, sah er hinter dem Türvorhang ein Mädchen stehen. Als er sie anrief, antwortete sie nicht, Wenig später aber trat sie langsam vor ihn hin, und als er sie anschaute, stellte er fest, daß sie keines der Sklavenmädchen des Hauses war. Er fragte sie nach dem Namen ihrer Familie, und sie antwortete: »Wang.« Als er fragte, wo sie wohnte, sagte sie: »Wir eure Nachbarn auf der Westseite. Morgens und abends kann ich dich hinaus- und hineingehen sehen und liebe dich deines Aussehens wegen. Deshalb bin ich gekommen, um mich dir hinzugeben.« Zhang freute sich, und sie teilten sogleich das Lager. Von nun an kam sie jede Nacht.
Da ein Sklavenjunge bei Zhang wohnte, stachelte sie Zhang an: »Es ist nicht gut, daß der Junge hier ist. Du könntest ihm befehlen, weiter weg zu schlafen und erst zu kommen, wenn du ihn rufst.« Also wollte Zhang den Sklavenjungen fortschicken, der aber sagte: »Jede Nacht höre ich eine zarte Frauenstimme aus Eurem Bett und fürchte, es steckt etwas dahinter. Der alte Herr hat mir befohlen, für Euch zu sorgen und Euch zu beschützen, darum wage ich mich nicht zu entfernen.« Da konnte Zhang nichts machen und berichtete dem Mädchen, was der Sklavenjunge gesagt hatte. »Schon gut«, bemerkte sie dazu. »Er bringt sich nur selbst in Schwierigkeiten.«
Am selben Abend wurde der Sklavenjunge, ehe er fest eingeschlafen war, von jemand gepackt und gefesselt und im westlichen Garten an einen Baum gehängt. Dort rief er verzweifelt nach seinem jungen Herrn um Hilfe. Lachend sagte das Mädchen zu ihm: »Wenn du deine Schuld wirklich einsiehst und dich fernhältst, soll dir vergeben werden. Wenn du aber wagst, etwas auszuplaudern, so daß es der alte Herr erfährt, wird dir doppelt so großes Leid geschehen.«
Der Sklavenjunge versprach es, und sofort löste sich und der stand wieder auf der Erde.
Nach gut einem Jahr wurde Zhang allmählich mager und hinfällig. Sein Vater befragte den Sklavenjungen, der versicherte beim jungen Herrn sei alles In Ordnung, seine Miene aber wurde derweil immer verzagter. Da wuchs das Mißtrauen des Vaters und er ging zur Studierstube des Sohnes, um sich ein eigenes Bild zu verschaffen. Als er zwischen den Bettvorhängen eine Frauenstimme hörte, stieg er ohne weiteres durchs Fenster. Aber als er den Bettvorhang hochhob, war keine Frau dahinter. Nur ein goldener Haarpfeil und eine Weißdornblüte lagen neben dem Kissen. Der Vater bedachte, daß in ihrer Gegend kein Weißdorn wuchs, deshalb glaubte er, die Blüte könne nur ein Dämon mitgebracht haben, und in seinem Zorn wollte er den Sohn durchprügeln, der jetzt notgedrungen die Wahrheit sagte. Daraufhin ließ der Vater angesehene buddhistische und daoistische Mönche holen, die Altäre errichteten und Beschwörungen vornahmen.
In der Nacht kam das Mädchen noch einmal und sagte weinend zu Zhang: »Das Geheimnis ist offenbar geworden, ich bitte, mich verabschieden zu dürfen.«
Auch Zhang war tiefbetrübt. Als sie sich trennen mußten, fragte er: »Werden wir einander wiedersehen?« – »In zwanzig Jahren sehen wir uns in Huazhou«, erwiderte das Mädchen, und von nun an kam sie nicht mehr.
Zhang heiratete dann eine Frau Chen, bestand die Prüfung als Doktor, wurde zum Kreisvorsteher von Wujiang ernannt und schließlich zum Gebietsvorsteher von Huazhou befördert. Als seine Frau starb, suchte sein Vater in der Heimat ein Fräulein Wang als neue Frau für ihn aus und schickte sie zu ihm an seinen Amtssitz in Huazhou, damit er sie dort heiratete. Als er am Abend nach vollzogenen Riten zum erstenmal das Gesicht der Neuen sah, entdeckte er, daß sie aufs Haar dem Mädchen glich, das in seiner Studierstube die Nächte mit ihm geteilt hatte. Und als er nach ihrem Alter fragte, ergab sich, dass sie eben zwanzig war.
Jemand sagte: »Sie ist ein Fuchsgeist und wurde nur aus Liebe wiedergeboren.« Doch als Zhang von der Vergangenheit sprach, konnte sie sich an nichts erinnern.
Märchen V: Die große Unsterbliche auf dem Lanzhu-Berg
Auf dem Lanzhu-Berg im Kreis Huijil gibt es ein daoistisches Kloster, das den Namen Orchideenpavillon trägt. Dort wohnt die große Unsterbliche aus dem Norden. Die große Unsterbliche aus dem Norden ist ein Fuchsgeist.
Ehedem hielt sich ein Kaufmann namens Chen, der aus Huiji stammte, besuchsweise in Chu auf. Er büßte all sein Vermögen ein und wurde so arm, daß er seinen Unterhalt nicht mehr bestreiten konnte, überdies war er krank. Als Wohnung diente ihm ein verfallener Tempel. Eines Nachts kam ein schönes junges Mädchen zu ihm, das glänzende Kleider trug, die ganz aus leuchtenden Perlen gemacht waren. Als Chen sich erschrocken aufsetzte, streifte sie einen Armreifen vom Handgelenk, den sie ihm mit den Worten reichte: » Ich weiß, daß du Mangel leidest, darum komme ich, um dir dies zu schenken.« Mit diesen Worten ging sie davon.
Am nächsten Tag kam sie wieder, und so hielt sie es dann mehrere Monate lang. Sie harmonierten auf Kissen und Matte, und ihre Zuneigung wuchs von Tag zu Tag. Mit Hilfe des goldenen Armreifens kam Chen zu Geld und nahm sein altes Gewerbe wieder auf. Das Mädchen ließ ein Haus bauen und führte ihm die Wirtschaft. Was sie ihm Tag für Tag an Gold, Silber und Kostbarkeiten zukommen ließ, ging in die Zehntausende.
Nachdem so mehrere Jahre vergangen waren, bekam Chen plötzlich einen Brief von seinen Angehörigen, und in ihm erwachte der Wunsch, in seiner Heimat den großen Herrn zu spielen. Er hatte aber den Verdacht, das Mädchen müsse ein Geist sein. Darum wartete er ab, bis sie eines Tages nicht zu Hause war, dann rief er Hunderte Träger und Diener zusammen, die schwer beladen in einem langen Zug mit ihm davongingen. Als das Mädchen zurückkam und das Haus ausgeräumt fand, eilte sie Chen hinterher an den Fluß, doch als sie dort ankam, hatten Chens Leute schon unter Rufen und Gesang die Segel gehißt. Da stand sie bitterlich weinend am Ufer und konnte nicht folgen.
In die Heimat zurückgekehrt, lebte Chen als reicher Mann. Zehn Jahre später erschien das Mädchen bei ihm, rief ihn an und sprach: »Ich bin ein Fuchsgeist. Tausend Jahre lang hatte ich im verborgenen gute Taten getan, ehe mein Name in die Liste der Unsterblichen aufgenommen wurde.
Für deine Untreue habe ich dich beim Himmelskaiser verklagt. Er hat dem Flußgeist befohlen, mir sein Strafmanifest zu übergeben und mich hierherzubringen. Jetzt mußt du sterben!«
Von nun an wirbelten Messer durch die Luft, und Flammen züngelten auf, so daß Chens Familie keine ruhige Stunde mehr hatte. Sie versuchten hundert Mittel, um dem Spuk abzuhelfen, aber vergeblich. Da sprach das Mädchen eines Tages seufzend aus der Luft: »Nur weil ich dich einst geliebt habe, ist es so weit gekommen! Wenn ich dich um-bringe, werden wohl alle, die ein Herz in der Brust haben, mich verlachen. Wenn deine Familie mir ein großes Opfer bringt und einen berühmten Berg aussucht, wo ich in Ruhe leben kann, will ich von meiner Rache ablassen.«
Damals gab es auf dem Lanzhu-Berg einen Daoisten, der ein großer Magier war. Er richtete ein Opfer aus, das neunundvierzig Tage währte, und fragte das Mädchen: »Willst du nicht bei mir auf dem Lanzhu-Berg wohnen?«
»Sehr gern«, erwiderte sie, »aber ich muß fünfhundert Jahre dort wohnen, ehe ich wieder fortgehe.«
Von nun an spukte es nicht mehr bei den Chens. Heute gehört das Kloster einer Familie Luo. Die Luos ließen dem Mädchen ein schönes Standbild errichten, und an bestimmten Tagen im Jahr kommt das Mädchen bei Nacht hervor, um sich mit den Leuten zu unterhalten.
Das ausgelassene Märchen:
Der Student Li begegnet einer Füchsin
Der Student Li Shengxiu aus dem Kreis She war eine stattliche Erscheinung. Mit vierzehn Jahren lernte er zwanzig Li* von zu Hause entfernt in der Yanzhen-Villa. Eines Abends in der zweiten Nachtwache erblickte er, nachdem er sich schlafen gelegt hatte, plötzlich ein schönes Mädchen, das bei ihm auf dem Bett saß und ihn lieblich anschaute. Sie mochte etwa fünfzehn Jahre alt sein. Das Herz begann ihm zu klopfen, und er hob die Hand, um sie zu Decken. Das Mädchen wehrte sich nicht, und so wurden sie beide ein Paar.
Sie kam dann von sich aus jede Nacht mit flinken Schritten. Häufig unterwies sie ihn in der Dichtkunst und verbesserte seine Verse, als er jedoch einmal auf Prüfungsaufsätze zu sprechen kam, machte sie ein finsteres Gesicht und sagte: »Das hat nichts mit Bildung zu tun. Außerdem ist dir kein Prüfungsglück beschieden. Wozu also willst du dich diesen Mühen unterwerfen?« Dann widmeten sie sich einander wieder den Gedichten, und das wurde ihnen nie langweilig.
So ging es mehrere Jahre, ohne daß jemand etwas davon merkte.
Dann aber zog auch Lis Vetter Yang in die Villa, um dort in Abgeschiedenheit zu lernen, und sein Zimmer war nur durch eine Wand von der Studierstube getrennt, in der Li wohnte.
Yang wunderte sich oft, daß Li seine Tür schloß, sobald es nur dunkel wurde. In einer Mondnacht spähte er heimlich durch eine Mauerritze und sah Li mit einem schönen Mädchen im Arm dasitzen. Sofort klopfte er bei ihm an und trat ein, doch obwohl er alles mit der Kerze ableuchtete, konnte er niemand finden. Und als er direkt danach fragte, leugnete Li. In der nächsten Nacht spähte Yang wieder durch die Ritze und sah genau das gleiche, außerdem hörte er die beiden plaudern und lachen. Er konnte sich denken, daß das Mädchen eine Füchsin war, darum lief er zu Lis Vater und erzählte ihm alles.
Als Li nach Hause kommen mußte, folgte ihm die Füchsin dorthin, aber niemand anders konnte sie sehen als Li allein.
Die ganze Familie glaubte, sie werde ihm schaden. Eines Tages kam Lis Schwägerin zu Besuch und erhob mit lauter Stimme den Vorwurf: »Ist diese Gespensterfüchsin nicht unverschämt, daß sie sich einfach einen Mann schnappen will?! Dabei ist doch mein Schwager schon von klein auf verlobt. Wenn er heiratet, wer soll dann Hauptfrau sein und wer Nebenfrau?«
In der Nacht sprach die Füchsin unter Tränen zu Li: »Deine Schwägerin hat vollkommen recht mit ihren Vorwürfen. Es gibt keinen anderen Weg, ich muß fortgehen. Heute nehmen wir Abschied für immer!«
Li brach darüber in Tränen aus und versuchte vergeblich, sie zum Bleiben zu bewegen. Dann schluchzten sie die ganze Nacht hindurch auf dem Kissen, und als das Krähen der Hähne zu hören war, stieg das Mädchen aus dem Bett und war verschwunden.
Sowohl seine dichterischen Fähigkeiten als auch seine Geschicklichkeit in der Kampfkunst verdankte Li der Füchsin.
Die Gedichte, die sie für ihn geschrieben hat, sollen von klarer Schönheit gewesen sein. Leider haben die Leute, von denen die Geschichte verbreitet wurde, sie nicht aufgeschrieben. Auch Li selbst soll kein Geheimnis daraus gemacht haben.
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