EGL039 Lars von Trier ‚Idioten‘: Parabel auf Psychiatrie, Filmindustrie oder engagierte Bürger:innen?

"Es gibt kein richtiges Leben im falschen" hieß zuerst: "Es läßt sich privat nicht mehr richtig leben."

Wir starten unsere Tour der Idioten am Kotti mit einem kleinen Verweis auf den Film "Herr Lehmann" (2003) und ziehen die Parallele, dass es hier genauso wie in Idioten darum geht, dass eine Welt zerbricht, wenn sie mit ihrer Umgebung in Berührung kommt. Aber bevor wir in die Tiefe gehen, werfen wir noch ein paar Ideen zu "Das Fest" (1998) ein, den wir am gleichen Tag und in der letzten Episode behandelt haben. Micz versucht, vier Parabeln auf "Idioten" (1998) anzuwenden. Zuerst die von "Jacob's Ladder" (1990): Karen landet dekompensiert in der Psychiatrie nach dem Tod ihres Kindes. Das Finale des Films zeigt sie wieder zuhause, medikamentös stabilisiert. Alles dazwischen ist eine verschwommene Erinnerung an ihre zwei Wochen in der Psychiatrie. Dann wagen wir uns an die Parabel "Das Kino in der Gesellschaft", gefolgt von "DOGMA 95 in der Filmindustrie", nur um schließlich 2000 Jahre zurückzublicken und aus der Trickkiste zu ziehen: "Idioten" leitet sich vom altgriechischen "idiotes" ab, was so viel wie "Privatperson" bedeutet. Es bezeichnete in der Polis Personen, die sich aus öffentlich-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter übernahmen. Das hat unter anderem Tocqueville in "Der alte Staat und die Revolution" (1856) beschrieben. (Dogville == Tocqueville? Weiß Lars von Trier, was er tut?) Und hier stoßen wir auf genauso viele Fundstücke wie bei den anderen drei Parabeln: Das Private ist Politisch. Stoffer möchte den inneren Idioten in die Welt entlassen und damit die zurückgezogene Kommune mit der Gesellschaft verbinden, um Veränderungen herbeizuführen.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
Erzähler
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Florian Clauß
Der Flo

Transcript

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Okay, Wireless läuft.
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Okay, ja läuft.
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Nee, noch nicht.
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Hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Episode 39, wie angetründigt.
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Das ist die Fortsetzungsepisode zur letzten, wo wir über Dogma95 und das Fest
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von Winterberg gesprochen haben.
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Heute wird uns Mitch, Idioten von Lars von Grier, präsentieren.
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Eigentlich Codcast heißt im Reden Laufen und Reden Laufen und jetzt ist der
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Regen ein bisschen weniger geworden, aber es wird ein weiteres Regenfeld kommen.
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Ich bin gespannt, was du jetzt zu Idioten... Ich habe mich ja auch ein bisschen
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mit einem Auge darauf vorbereitet.
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Ich hoffe, ich brauche das.
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Du hast es auf jeden Fall auch gut.
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Ich brauche deinen inneren Ioden.
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Den inneren Ioden, da sind wir schon bei einem Stichwort.
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Wir stehen jetzt hier vor dem Cottbusser Tor. Wir werden Richtung Ostkreuz laufen
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und in die Reichenberger Straße lang.
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Du hast mich noch mal hier zu diesem Ort geführt, Mitch. Warum hast du mich hierher geführt?
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Wir stehen jetzt gegenüber von diesem, da drüben, Misia-Kar-Schiess heißt das, glaub ich, 1984.
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Alles neu gemacht, dann zwischendurch im Laden. Aber du kennst die Location aus dem Film.
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Helligemann. Aber wir sind ja auch da schon mal langgelaufen.
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Da hatten wir ja schon mal drüber gesprochen, ne?
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Ah, okay, genau.
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Das war meine Rotkäppchen-Episode.
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Da sind wir durch ... Ja, ja, da hatten wir ja schon, und dann hatten wir schon
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die Szene gesponnen. Und jetzt kann ich sie reinlegen.
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Ich find's halt einfach gut, so als Opener, wenn wir das nochmal...
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Weil in diesem Film ist ja auch diese Mauerfeld, ja, und dann kommt hier...
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Hallo, ich bin doch Micha aus Eisenach, oder irgendwie, und kommt so durch die
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Mauer durch auf Herr Lehmann zu und spricht mit ihm.
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Und da zerbricht irgendwie sowas von diesem Kreuzberg.
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Und ich finde das deshalb einen ganz guten Anfangspunkt, weil...
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In dem Film Idioten, um das schon mal von da weg zu nehmen, geht es ja auch
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irgendwie darum, um so eine Gruppe von Menschen, die halt versuchen,
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nach eigenen Regeln irgendwie zusammen zu leben und sich da auch irgendwie so
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eine eigene Philosophie zusammenzuschrauben,
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wo es zwar auch einen Anführer gibt, aber was eher so kommunenhaft sein soll.
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Und das ist halt irgendwie so ein Moment, wo so eine Welt einbricht in die Welt,
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die man sich hier halt irgendwie in dem Kreuzberg, Herr Lehmann ist ja schon
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auch so eine sehr fragile,
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aber sehr ausdrücklich in sich selbst geschlossene Welt, die dann da irgendwie
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mit dem mauerfall komplett und das deutet dann diese letzte szene an ja komplett irgendwie auch ins,
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Und damit sind wir jetzt dann eben immer noch irgendwie gefühlt in der gleichen Episode.
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Wir haben eben gerade über Dogma 95 gesprochen, heute haben wir über den ersten
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Dogma-Film gesprochen.
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Ja, wir haben ja auch explizit gesagt, dass wir in einem Take aufnehmen, das heißt in einem Arm.
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Und Mitch, haben wir da noch Anmerkungen zu dem,
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das Fest, also wir können auch verraten, wir haben eine kleine Pause gemacht,
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uns aufgewärmt und uns sind nochmal zwei, drei Sachen durch den Kopf gegangen
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und ich glaube, du hast es nochmal so ganz gut zusammengefasst, dass...
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Ja, also ich glaube, das waren zwei Sachen, weil ich finde, das eine ist natürlich,
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dass das Thema von das Fest ist halt einfach wirklich so dramatisch,
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dass ich gedanklich immer davor zurückschrecke, das als Parabe für irgendwas zu sehen.
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Das möchte ich also gar nicht machen, weil du hast gemeint, so dieses gesellschaftliche,
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die Gesellschaft, in die es so eingebunden ist und das finde ich,
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das ist auf alle Fälle legitim, das so zu sehen, zu gucken, wie man mit so individuellem
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Elend und Tabubrüchen in der Gesellschaft nicht umgehen möchte und das irgendwie
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verdrängt und so außen vor lagert.
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Aber das ist an diesem Thema, das im Film angelegt ist,
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orientiert und das finde ich total legitim und ich wollte deshalb aber noch
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eine Sache ergänzen, die dann vielleicht eine Form von Interpretation ist,
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dass dieses Zwillingsthema von den Zwillingen,
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die vom Vater missbraucht wurden und die Schwester hat sich umgebracht und deren
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Zeugnis ist ja dann auch noch der Beweis, dass es wahr ist.
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Und der andere Zwilling ist der, der,
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der das aufdecken will. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, er will Rache,
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aber er möchte das aufdecken und er möchte nicht, dass es einfach nur weggeschoben wird.
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Also, er ist ja auch ein unglaublich proaktiver Charakter.
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Ja.
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Er hat, er ist, also, ich mein, als Opfer traumatisiert.
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Auf der anderen Seite, so wie er im Film auftritt und dieses Thema immer wieder
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nach vorne bringt und dabei auch immer wieder diese Rückschläge erleidet,
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ist er ja so, er will es an die Öffentlichkeit bringen, ja?
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Und das macht ihn auch so stark als Charakter.
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Und ich glaube einfach, als Motiv, weshalb man diesen Film dann irgendwie doch
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gucken kann und auch so eine gewisse Euphorie über diese Aufdeckung erleben
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darf und das auch zulassen kann, ist wirklich dadurch, dass es Zwillinge sind,
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es sind als Zwillinge angelegt,
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die Hälfte ist gestorben und die Hälfte deckt auf.
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Und ich glaube, dass das anders gar nicht möglich wäre, Man braucht,
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um das zu kompletieren, diesen toten Anteil.
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Man braucht diesen Anteil, der nicht weiterleben konnte.
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Und das, finde ich, ist durch dieses Zwillingsmotiv sehr gut hergestellt worden.
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Ja.
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Dass nicht eine Person beides tragen muss. dass aber dieses notwendige,
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große, nicht aushaltbare Leid trotzdem vorkommen kann in der Abwesenheit.
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Und das wollte ich irgendwie dann nochmal nachlegen. Das ist dann irgendwie
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so eine filmische Thematik oder dramaturgische Thematik.
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Aber in der Essenz eben zu sagen, nur dadurch, dass es diese tote Zwillingsschwester
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gibt, ist er komplett als Figur im Film,
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die Abwesenheit, dieses Gestorbene, das muss da sein.
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Und gleichzeitig, weil es nicht da ist, kann man sich dann trotzdem auch mit ihm verbünden.
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Er muss keine inneren Dilemmata als Rolle austragen, weil das wird eben über die ...
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Tote zu Linksschwester ...
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Ja, das finde ich eine wichtige und gute Beobachtung in dem Zusammenhang.
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Und auch diese Dynamik, die der Film bekommt.
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Und ... ja, einfach diese ...
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Diese ... diese ... diese Aktion von der Figur Christian, ja?
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Das ist vielleicht auf so einer, aber das kannst du wahrscheinlich besser einordnen,
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auf so einer psychotherapeutischen Ebene nachvollziehbarer in dieser Zwillingsfigur.
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Ja, und das möchte ich halt eben gerade nicht machen, weil ich möchte jetzt
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nicht in diesen Film, der letztendlich dann eben doch, und da sind wir wieder
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bei Dogma, kann Dogma überhaupt,
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die Realität abbilden, wenn es versucht Reale aufzunehmen, ohne zu sehen,
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es ist dann eben doch nie die Realität und das sind eben doch Schauspieler.
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Und das ist eine erfundene Geschichte, eine Geschichte, die so inszeniert ist,
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dass sie etwas in allen auslöst, was sich mit dem dahinterliegenden Thema verbündet.
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Aber in keiner Weise kann man die Performance oder das Narrativ oder das Setting
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oder sowas jetzt da rausholen und sagen, ah, hier sieht man genau, wie es ist.
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Das könnte nur jemand tun, der oder die ...
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Sich mit diesem Erlebten so verbinden kann, dass die Person dann sagen könnte,
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für mich ist es so und so. Aber ich möchte da gar nicht ...
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Gar nicht den Film ...
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Ähm, nutzen, um so was zu tun.
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Ich glaube, es geht auch eben ... dock mal um die Frage nach Authentizität.
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Aber auch einen respektvollen Umgang mit dem Thema.
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Mhm.
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Und das ist eben auch ...
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Für eine größere, also für eine Gesellschaft dann auch so konsumierbar wird, ne?
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Und das hat das Fest, glaube ich, ganz gut geschaffen.
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Also mit diesem schwierigen Thema doch eine große, also dieses Tabuthema irgendwo
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gesellschaftlich zu platzieren.
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Ja, auf jeden Fall. Ja, es ist natürlich auch ein Thema, was dann ...
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Wenn man über Traumata und so spricht, was einfach ...
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Wo Welten zusammenkommen, die auch nicht zusammenpassen. Da kann ich nur sagen,
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es gibt von Ferencsi, ein ungarischer Psychoanalytiker, einen sehr frühen Text.
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Der heißt, glaub ich, Sprachverwirrung in Deutsch. Ich weiß den Titel nicht, aber fällt mir dazu ein,
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der sich mit diesem Thema sexueller Missbrauch auseinandergesetzt hat,
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daran getastet hat, weil damals in den sehr frühen Jahren der Psychoanalyse
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ja schon so Spuren aufkamen, dass das,
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was lange Zeit Hysterie hieß, also etwas, was von der Gerbärmutter her kommt,
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dass Frauen sind hysterisch,
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dass da immer mehr in den Erinnerungen irgendwie dann klar wurde,
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da ist sexueller Missbrauch mit im Spiel und das wurde dann von der männlichen,
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von dem männlichen Blick irgendwie so weg, erstmal zur Seite geschoben.
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Es hat lange gedauert, dass man dann sagte, okay, vielleicht sind die Zahlen
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andere als die, die wir uns zusammen hoffen.
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Ja.
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Und da gibt's diesen Text, den können wir vielleicht verlinken.
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Der ist auch inzwischen sowieso in gemeinfrei von Ferencsi.
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Der das noch mal, find ich, gut versucht, in Worte zu fassen,
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einfach zu gucken, Sprachverfolgung.
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Es gibt keine gemeinsame Sprache zwischen Kindern und Erwachsenen,
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wenn es um sexuelle Wünsche geht, die gibt es nicht. Ja.
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Ganz verkürzt gesagt. Und das, find ich, hat er sehr gut klargestellt.
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Und aber auch in sehr einfachen Worten.
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Ja, soviel nochmal zum Festen.
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Also, das nochmal zum einen zum Nachtrag und das, wie du es nochmal so zusammengefasst hast,
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das Fest war vielleicht der erste und der einzige Film, der eben alle Dogma-Regeln,
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so befolgt hat und damit eigentlich auch Dogma dann wieder gestorben ist, mit das Fest.
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Eine ganz komprimierte Ansicht für die Filmbewegung Dogma 95.
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Ja, Proof of Concept, also Regeln drei Jahre später Film.
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Sonderpreis der Jury bekommen in Cannes. Und das würde mich noch mal interessieren,
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weil Idioten war auch im gleichen Wettbewerb.
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Ne, Idioten kam später raus.
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Ne, der kam auch 98 raus und der war, glaube ich, auch 98 in Cannes.
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Aber der ist leer ausgegangen.
0:11:54–0:11:54
Ah.
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Meinst du, die beiden waren beide im Fest der Welt?
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Ja, das würde mich halt auch noch mal interessieren. Weil das war irgendwie so ...
0:12:04–0:12:06
Oder war der in Venedig?
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Nee, das war, glaub ich, alles in Cannes.
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Gut, wir sind gut vorbereitet, wie man merkt.
0:12:11–0:12:17
Ja, also Lars von Trier hatte davor eben mit Breaking the Waves mit einem Nicht-Dogma-Film,
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... Wo das Kochexperiment schiefgegangen ist.
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Also Lars von Trier war viel in Cannes, war der Liebling von Cannes,
0:12:28–0:12:30
wurde irgendwann dann später von Cannes verbannt,
0:12:31–0:12:36
aber zu der Zeit ist er dann auch mit Idioten eben bei Cannes gewesen,
0:12:36–0:12:43
hat aber keinen Preis bekommen, hatte davor mit Breaking the Waves die goldene Palme bekommen.
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Was kein Dogma-Film war, was aber nach dem Dogma-Manifest gedreht wurde.
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Und wenn man Lars von Trier hört und auch Winterberg, hatten wir ja in der letzten
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Folge schon, die sind beide einfach da auch total entspannt und sagen,
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es muss nicht alles Dogma-Film sein. Darum geht es gar nicht.
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Es geht nur darum, irgendwie ein Manifest zu schaffen, was Regeln über Bord
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schmeißt und gleichzeitig neue Regeln zuzulassen, die gute Geschichten erzählen
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können und die auch mit einfachen Mitteln erlauben, Filme zu machen und ihnen
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eine gewisse Bühne zu geben.
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Also wenn ihr mit Dogma95 jetzt,
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also mit dieser Folge eingestiegen seid, dann würden wir empfehlen,
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die davor nochmal zu hören, weil wir da ausführlich über das Regelwerk von Dogma95
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sprechen und das setzen wir jetzt einfach voraus für die, für die Folge.
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So, also der Film Idioten von Lars von Trier, der ist auch 19,
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also ich mach mal einen kurzen Überblick, was ich versuche, was wir vielleicht
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hinkriegen. Herr Lehmann haben wir schon gemacht.
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Das Zweite ist, ich wollte eigentlich in der Skarlitzer Straße lang laufen,
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um dieses Kinothema allgemein noch mal zu setzen, weil die Skarlitzer Straße,
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das hatte mir ein Befreundeter der Filmemacher mal erzählt, hatte ihm ein alter
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Taxifahrer mal erzählt, das war,
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wenn man von der Warschauer Straße kommt, als die Mauer noch nicht stand von
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Herr Lehmann, also Davor war das so, dass die Taxis oft aus der DDR rüber in
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die BRD nach Westberlin gefahren sind.
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Und in der Skaldeser Straße gab es so unglaublich viele Kinos.
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Ich habe seitdem immer so mal den Wunsch, nochmal in so alte Zeitungsarchive
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zu gucken, wo so Kinoprogramme drin sind, zu schauen, welche Kinos denn da wirklich waren.
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Der meinte, der war damals eben noch in den 50er Jahren auch als Taxifahrer unterwegs.
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Der meinte, der hat immer dann die Leute rübergefahren, so am Freitagnachmittag oder am Wochenende.
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Eiszeitkino war wohl auch eins dieser Kinos.
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Eiszeit-Movimento ist da auch.
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Das fand ich ganz interessant. Wir laufen jetzt aber nicht die Skalitzer,
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weil die ist einfach zu laut zum Aufnehmen.
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Aber wir laufen an der viel ruhigeren Kopfsteinpflasterstraße entlang.
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Ja, das stimmt.
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Also ich wollte dann heute ein bisschen kurz mit dem Film, hab schon angefangen,
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kurze Zusammenfassung geben, aber dann eigentlich eher in so Hypothesen gleich
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einsteigen, weil entweder hat man den Film schon gesehen oder man würd den eh
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nicht gucken, dann hört man auch diesen Podcast nicht.
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Und hab dann so drei Parabeln oder Hypothesen dazu.
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Das eine ist halt, ist der Film Idioten irgendwie so was, eine Parabel über
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das Kino in der Gesellschaft? Also Kino ist die Gruppe der Idioten und die Gesellschaft
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setzt sich damit auseinander.
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Das zweite, dann wirklich diese Dogma 95.
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Ganz kurz, willst du das nochmal so ausführen?
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Ja, ja, das mach ich dann nachher.
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Achso, du willst die erstmal so vorstellen.
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Ich möchte die Leute jetzt binden, dass sie bleiben. Ah ja. Weil es regnet,
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wir husten, keine Ahnung wie der Sound ist.
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Also die geile Hypothese, die wir hier haben. Die zweite Hypothese ist dann
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noch tiefer in die Filmindustrie.
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Also ist Dogma 95, sind diese Idioten, die ihren inneren Idioten suchen,
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sind das die Dogma 95 Leute innerhalb der Filmindustrie, die umgibt,
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wir sind umgeben von der Filmindustrie.
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Und dann gehe ich aber auch noch mal so ganz raus und wir gucken mal drauf,
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auf so einer politischen Ebene, also dass es wirklich dann um diese Frage auch von Idiotie geht,
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die dann vordergründig immer wahrgenommen wird als Geisteskrankheit oder wie auch immer.
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Das heißt, wir gucken uns da mal ein bisschen die Geschichte der Psychiatrie an.
0:16:27–0:16:27
Ganz schnell. Okay.
0:16:28–0:16:34
Aber auch eine zweite, eine zweite Deutung beziehungsweise eine zweite Bedeutung,
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die ich da irgendwie spurenhaft fühle, was dann auch mit Lars von Triers Film Dogville zu tun hat.
0:16:43–0:16:43
Ja.
0:16:43–0:16:47
Und vielleicht aber auch nur mit dem Titel des Films. Das kommt dann später.
0:16:48–0:16:52
Da geht es dann also um Individuen, Gruppen oder was in der Gesellschaft.
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So, also wir haben schon gesagt, der Film Idioten ist 98 entschieden, ist 117 Minuten lang.
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Regie hat Lars von Trier und weil es halt irgendwie, sagen wir mal 95 ist,
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taucht er nicht als Regisseur in den Titeln auf, namentlich.
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Er hat aber auch das Drehbuch geschrieben, was der Legende nach nur vier Tage
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gedauert hat. dann ging es gleich in die Produktion.
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Er hat auch die Kamera gemacht, was ich ganz beeindruckend finde.
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Er hat da auch wohl viel Spaß gehabt. Er hat in einem Interview auch mal erzählt,
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er war aber auch so ein bisschen neidisch auf die Gruppe der Schauspieler,
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Schauspielerinnen, die halt einfach so da sich so richtig reinbegeben konnten.
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Und er musste hinter der Kamera dann noch ...
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Er konnte keinen Sex machen, ne?
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Das hat er so nicht gesagt, aber er hat jealous, hat er gesagt.
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Also, er könnte neidisch oder eifersüchtig sein.
0:17:46–0:17:48
Ja, wahrscheinlich, weil er keinen Sex macht.
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Das ist jetzt eine Interpretation.
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Ja, ja. Aber jetzt muss man auch noch mal, weil ich so drauf rumreite,
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der Film Idioten hat explizite Sexszenen.
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Das hat man so in der Form auch noch nicht im Kino, in so einem normalen Film so gesehen.
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Lars von Trier, ich weiß nicht, ob ihr das auch noch erzählt,
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aber der hatte auch eine Produktionsfirma, die Pornos produziert hat. für Frauen.
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Also, das heißt, er ist da auch dem Genre jetzt nicht fremd, ne?
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Und, ähm, ich ... Ja, also, das fand ich, hab ich ... Damals hat mich das ein
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bisschen geschockt, aber irgendwie war's dann auch sehr natürlich.
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Mhm. Nee, das wusste ich gar nicht so. Aber ja, es gibt explizite Sexszenen,
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und es war wohl im norwegischen Vertrieb irgendwie, wo es dann doch in die Kinos
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durfte, und das wurde dann gefeiert ...
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Als eben der erste Film, der im Kino mit Distributionen gezeigt werden durfte,
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der explizite Sechsszenen hatte, so aber ja.
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Der Schnitt wurde von Molly Marlenes-Densgaard, die viele Lars von Trier,
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fast alle Lars von Trier ab 1994 geschnitten hat.
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Die hat auch den geschnitten und der, einer der Hauptdarsteller, der Stoffer spielt. der,
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Der heißt Jens Albinus. Der hat später auch bei Dancer in the Dark und bei Nymphomaniac mitgespielt.
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Und wichtig auch noch, eine der zentralen Rollen, Karin, gespielt von Bodil Jorgensen.
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Die ... für ihre Darstellung ...
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Sagen wir mal, des Publikums, das ist so eine Hypothese von mir.
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Also, die ist wir anfangs.
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Weil sie die Beobachterin allnehmt.
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Die einzige war die Preise.
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Also, sie nimmt ja so die Position der Beobachterin.
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Genau, die führt uns ein.
0:19:58–0:20:02
Aber führt das dann existenziell aus?
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Ja. Idioten wurde 1998 zu einem Filmfestspiel von Cannes eingeladen.
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Und hat aber dort keine Preise bekommen, hat später ein paar Preise bekommen,
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aber vor allen Dingen eben auch Odin Jorgensen, die in Dänemark für beste Darstellerin gewonnen hat.
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Und diese Karin, jetzt mach ich mal so eine ganz kurze ... Kennst du den Film Jacob's Ladder?
0:20:26–0:20:26
Ja.
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Bei Jacob's Ladder gibt's zwei Schnittversionen. Die eine Version ist ...
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Directness-Cut und die andere nicht.
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Ja, ich weiß nicht, worum die heißen. Bei der einen ist es so,
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dass der Hauptdarsteller ist im Vietnamkrieg und irgendwie wird dann für tot
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erklärt, aber ist er dann irgendwie doch nicht und hat dann so Halluzinationen.
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Alles so ein weirder Film, den irgendwie alle kennen und ich weiß gar nicht
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mehr, wo ich den gesehen hab.
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Im Kino oder im Fernsehen, keine Ahnung. Jeder kennt den, aber irgendwie weiß ich gar nicht, warum.
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Und in einer Version ... stirbt er quasi in Vietnam.
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Und dann geht das alles später in Amerika wieder los mit den Halluzinationen.
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In der anderen Version ist dieser ... Er ist tot in Vietnam,
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am Ende von diesen ganzen Halluzinationen geschnitten.
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Das heißt, da wird das alles wie so ein Todeskampf zusammengefasst.
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Ja, das ist so großartig, das hat mich umgehauen damals bei dem Film,
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diese Version, dass du eine Sterbesszene-Sequenz hast, die über anderthalb Stunden geht.
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Das ist ein bisschen wie Sixth Sense, nur intelligenter.
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Und ich möchte jetzt mal so eine, einfach mit einem Jacob's Ladder,
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Zusammenfassung der Szene.
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Und zwar nehme ich damit den Schluss auch vorne weg. Also, das ist der Riesen-Plotz,
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weil, und zwar Karin, ich will nur über Karin sprechen, Karin ...
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Ähm ... hat ein Kind, das Kind ist gestorben.
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Sie konnte damit überhaupt gar nicht umgehen.
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Landete in der Psychiatrie.
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Und ... Wurde da irgendwie so weit stabilisiert, oder hat sich wieder so weit
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gefangen, dass sie wieder zu Hause leben kann.
0:22:13–0:22:17
Aber die Familie zu Hause, nachdem sie aus der Psychiatrie entlassen wurde,
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hat halt jetzt einfach eine Karin, die sabbernd am Tisch sitzt,
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weil die auf schwere Medikationen ist.
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Damit wäre dieser ganze Teil von der Gruppe, die da die Idioten sind,
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auf die wir gleich genauer eingehen, zusammengefasst als Karens Fantasie über
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die Zeiten der Psychiatrie.
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Und zum Schluss wird sie ja auch von einer von den, in Anführungszeichen,
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Pflegerinnen oder so, wie man sie bezeichnen möchte, begleitet, zurück zur Familie.
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Und da in gewisser Weise abgegeben.
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Und man sieht dann eben, Karin, wie sie dann da ...
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Mit halb offenem Mund so Kuchen rauslaufen lässt.
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Das ist aber eine ganz, also das ist ja wirklich so eine völlige ...
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Crazy.
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Perspektivwechsel inside-out.
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Das ist eine, genau, Sushi-Roll inside-out. Aber ich find's irgendwie auch mal
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ganz gut, weil man da nicht so ganz reingeht, sondern wirklich bei dieser Geschichte bleibt.
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Weil der eigentliche Showdown ist ja wirklich zum Schluss Karin.
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Man weiß nichts über Karin.
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Wenn man aber nur Karin beobachtet, dann ist das dazwischen einfach ihre Zeit in der Psychiatrie.
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Das finde ich einen ziemlich genialen Kniff, ja. Das folge ich dir.
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Ja, und ... Und wenn wir jetzt in die Geschichte zurückgehen, dann ist Karin,
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wie wir später eben erst wissen, nachdem ihr Sohn oder Tochter,
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das wird, glaub ich, gar nicht klar, gestorben ist, sitzt sie in einem Restaurant
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und zwei Männer am Tisch nebenan, Die benehmen sich komisch, stehen absurd drauf.
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Dann können die Leute nicht mit umgehen.
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Dann werden die rausgeschmissen. Der eine greift sie bei der Hand und zieht sie mit raus.
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Und nimmt sie einfach so mit. Sie lässt sich dann auch da mitnehmen.
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Und die kommen dann zum Schluss von dieser Escape-Szene ...
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Also lernen sie einfach kennen. Es gibt so eine Gruppe, die in gewisser Weise
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geführt wird von Stoffer, die wie so eine Kommune leben. Die leben in einem
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Haus von Stoffers Onkel, was irgendwie verkauft werden soll.
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Und er soll da irgendwie aufpassen und das Haus vorführen.
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Der Onkel weiß anfangs, unglaublich, der weiß gar nicht, dass die da drin als Kommune leben.
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Und die versuchen, in ihrer Kommune, das ist so ein bisschen die ...
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Die Grundhaltung, diesen inneren Idioten zu finden.
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Der innere Idiot, was das genau ist, wird nicht so richtig klar.
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Aber wir sehen einzelne Leute immer wieder in ihren Dayjobs,
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die halt irgendwie eine Volkshochschule lernen oder so.
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Und die dann ... Ach, wir müssen uns noch kurz unterstellen.
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Es ist einfach zu nass.
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Und dann aber immer wieder eben zur Kommune zurückkehren. Die Kommune versucht ...
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Raum zu geben, oder ein Setting zu sein, in dem unglaublich viele Dinge passieren dürfen.
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Das kommt eben auch zu den Sexszenen, die du schon beschrieben hast.
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Das war's für heute, wir sehen uns beim nächsten Mal.
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Ja, und es gibt einfach auch so kuriose Einzelszenen, wo die da Weihnachtsschmuck
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verkaufen wollen und klingeln dann.
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Und das ist das, was ich so meinte mit Herr Lehmann am Anfang.
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Du hast halt ... Du folgst natürlich den ProtagonistInnen, die ...
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Die das Idiotische spielen. Und wenn die dann an der Tür klingeln,
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dann bist du bei denen und weißt aber auch, dass die irgendwie spielen.
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Und dann geht die Tür auf und die Leute sind perplex und wissen nicht,
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wie sie damit umgehen können.
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Leute, die sich fürs Haus interessieren, werden dann irgendwie auch abgeschreckt,
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weil gesagt wird, sie wissen aber schon, dass da eben im ersten Stock eine Psychiatrie ist und ja.
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Also diese Figuren, Idioten, bewegen sich ja auf so einem, wie soll man sagen,
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gesellschaftlichen Randbereich, dass die ja auf der einen Seite durch ihre Aktion
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dann eine gewisse Gruppe von Menschen diffamieren,
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aber auf der anderen Seite dadurch auch Vorteile rausholen.
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Ja, genau, das wird immer wieder auch herangeführt. Weil sie dann diese Idioten
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spielen, kriegen sie dann bestimmte, also für das Haus dann Förderung.
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Aber gleichzeitig haben ja die Mitglieder der Gruppe auch ein gesellschaftliches Leben.
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Das heißt, es bleibt immer so in so einem Gruppenkern dieses Spiel,
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ja, aber es verlässt nicht diesen Gruppenkern, ja, es gibt ja Aber das wird
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ja dann, das ist ja dann was, was Stoffer irgendwie auch so mit diesen Flaschen
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drehen oder so, dann irgendwie so ins Team.
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Genau, er versucht das dann so auszubrechen, aber es bleibt irgendwie in dieser
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Gruppe drin und dann dieser Mut, dann nach außen zu gehen und zu sagen,
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ich spiele auch den inneren Idioten in meinem Umfeld,
0:27:12–0:27:18
wird ja nur konsequent dann von Karin, aber aus einer anderen Motivation, dann zu Ende geführt.
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Und es gibt aber auch Szenen, die einfach erschütternd sind.
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Innerste irgendwie nach außen gekehrt wird, ist schon spät, und mir fallen die
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Namen jetzt nicht mehr alle ein, aber die ... war das Johanna oder so?
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Die von ihrem Vater abgeholt wird, die dann irgendwie reale,
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in Anführungszeichen, psychische Probleme hat, Medikamente nehmen müsste, was sie nicht getan hat.
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Die ja auch dann in Liebschaft eingeht mit einem Jungen, eine romantische Liebe,
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wo sie auch dann in so einem ganz klaren Moment sagt, ich liebe dich.
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Die wird dann abgeholt, und Stoffer kann dann auch nichts und will auch nichts wirklich dagegen tun.
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Und gleichzeitig ist das schon so eine Sache, wo ich das Gefühl hab,
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dass dieses Innerste spürbar wird. Also die Verzweiflung, so bestimmte innere Sachen.
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Wem jetzt das Innerste ... Also jetzt von der Gruppe oder von den Personen?
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Nee, von denen, die da wirklich betroffen sind. Also der eine,
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der ... ich weiß nicht mehr, wie er heißt, der, mit dem sie zusammen ist dann,
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der dann erst gar nix macht und dann aber ganz verzweifelt im Auto ist und so.
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Der möchte nicht, dass sie geht.
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Es ist ja auch unklar, ob sie gehen müsste oder nicht. Kann sie das selber bestimmen?
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Oder hat der Vater die Bestimmungsmacht über sie, aber sie geht dann irgendwie
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mit? Es ist eine ganz unklare Situation.
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Das ist ein Punkt, wo wir später noch mal draufgucken müssen,
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was heißt denn Geisteskrankheit?
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Also ... Weil das ist ja schon ein Thema, was in dem Moment spürbar wird.
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Darf die da bleiben oder nicht? Wer entscheidet das?
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Nein, also diese Entmündigung quasi von einem Individuum.
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Ja. Und dieser Punkt, ich glaub, Josephine heißt sie, wo sie abgeholt wird,
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ist dann so der Punkt, nachdem Stoffer auch anfängt, das ein bisschen zu forcieren
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und zu sagen, wir müssen diesen Idioten jetzt auch rauslassen.
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Also, der muss raus in die Gesellschaft.
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Aber es passiert nicht, ein paar Leute versuchen das.
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Axel verfeigert das und zieht sich aus der Gruppe zurück. Und dann ist dieser
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Abendschullehrer, der das dann irgendwie auch versucht, aber dann nicht wirklich durchzieht.
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Und die Gruppe zerfällt so ein bisschen daran an dieser Unmöglichkeit,
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sich nach außen zu öffnen und das innere Wissen nach außen zu tragen in die
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umgebende Gesellschaft, was immer das auch sein soll.
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Und Karin ist allerdings die, die sie sich stellen möchte und nimmt dann eben
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die Unterstützung von Susanne an, mit der sie zusammen zurück zu ihrer Familie fährt.
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Und dann gehen wir schon auf die Schlussszene zu.
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Und da kommt es eben dazu, dass wir in dieser Szene merken oder erfahren,
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dass Karins Kind gestorben ist.
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Und zwischendrin gibt es die eine Szene, wo sie, glaube ich,
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auch schon zu Susanne, diese Späterfiktion auch, der irgendwie sagt sowas,
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ich darf gar nicht so glücklich sein. Ist so ein Satz, den sie zwischen dem Film sagt.
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Und Susanne sagt, natürlich darfst du glücklich sein. Wir wissen in dem Moment
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noch nicht, dass sie natürlich unglaubliche ... also unglaubliches Leid erfahren hat.
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Was sie dann wahrscheinlich auch motiviert hat, so von jetzt auf gleich einfach
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wegzurennen, in dem Moment, als sie im Restaurant ist.
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Und später erfahren wir eben, dass dieses ... gestorbene Kind und das Leid und
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so, dass das natürlich schon Schuldgefühle auslösen kann, wenn's einem auf einmal
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spaßig gut geht, wenn man mit Leuten, die Idioten spielen, durch die Straßen läuft.
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Sie geht dann zurück. In dieser letzten Szene ist es so, dass die Familie da
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sitzt, und sie war zwei Wochen weg.
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Dann sagt irgendjemand, wir dachten, du seist tot oder so. Ihr Mann ist erst
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gar nicht da. Der kommt dann, die essen alle Kuchen.
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Sie war nicht bei der Beerdigung.
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War nicht bei der Beerdigung, das ist total wichtig. Und der Mann ist auch völlig gefühlskalt.
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Ich mein, der ist natürlich in dem Moment auch nicht mehr mit seiner Frau zusammen.
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Ihr Mann.
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Und der Vater des Kindes auch. Den hat sie dann alleine mit der Beerdigung zurückgelassen.
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Sie fängt dann eben an, diesen inneren Idioten ... Dieses Tropfen aus dem Mund,
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so der Kuchen kühlt dann raus.
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Ihr Mann schlägt sie ins Gesicht.
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Ähm ... Und ... Ja, das ist irgendwie was ... Der Mann leidet auch sehr.
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Aber trotzdem freut er sich jetzt überhaupt gar nicht, seine Frau zu sehen,
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von der sie dachten, sie sei tot.
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Da war nicht viel spürbar.
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Ja, ich mein, das ist natürlich auch immer die Frage, wie dann der individuelle
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Umgang mit Trauer ist. Also, es ist ja ... Also, Schock und Trauer.
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Und der Mann dann in Aggression.
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Und die Frau einfach in ... in Eskapismus.
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Ja, genau, es sei denn, sie war wirklich jetzt einfach in der Psychiatrie,
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kommt zurück, ist auf Tabletten und saugt beim Kaffee.
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Also das ist, das gäbe es auch.
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Ja, wenn man dann so quasi den psychiatrischen Blick im Sinne von Medikation
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und Verhalten dann auch so aufsetzt.
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Für den Schluss, ja.
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Genau, und Karin und Susanne verlassen dann aber wieder diese Wohnung. Das ist der Schluss.
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Ähm ... Eine direkte Assoziation, die ich mit dem Film hatte,
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weil diese ganze, das hab ich jetzt verkürzt und dargestellt,
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aber dieses Idiotenhafte, das ist auch schon ... Also, man tut sich schwer,
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das heute so anzuschauen.
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Also, das in Anführungszeichen normale, in Anführungszeichen unnormale Spielen. Ähm ...
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Du hast es dir noch mal angeschaut.
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Ja, aber da geht man dann irgendwie, also irgendwie fand ich das schon nochmal
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schwierig, das heute zu sehen.
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Echt interessant, ja. Von den Blickgewohnheiten, also den Sehgewohnheiten?
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Von der Repräsentationsebene, also wer spielt hier wen für wen.
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Okay, also weil wir dann auch einfach der Diskurs quasi auch um jetzt in dem
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ganzen gesellschaftlichen Umfeld dann auch sich weiterentwickelt hatten, man hat so gewisse...
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Es ist genau so festgeklebt in der Zeit wie die Qualität der Bilder auf Video
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damals und die Pullis, die die tragen.
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Das ist alles so 90er Jahre.
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Das ist irgendwie da so festgeklebt. Und ich weiß noch, dass ich das damals mutig fand.
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Wir hatten vorhin schon die Volksbühne erwähnt, da war ja auch irgendwie viel
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von dem, was auf der Bühne passiert, war ja auch hinreißend und aber manchmal
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auch so hingerissen, man wollte das aber sehen. Es hatte so eine Echtheit.
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Aber jetzt zu sehen, wie normale Behinderte nachmachen und man soll darüber
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lachen, das fällt mir schwer.
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Aber das war ja auch schon damals so. Das war ja genau dieses Fremdschämen,
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dieses Irgendwie-darf-man-das.
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Dieses ... hat ja der Film die ganze Zeit immer so wieder ...
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Hochgespült, ne, die Frage. Insofern fand ich den ...
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Jetzt wahrscheinlich noch viel schwieriger zu ertragen, weil einfach genau dieses ...
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Wie man bestimmte Sachen einordnet und so weiter, ist ja dann auch nicht mehr
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... Also, du konntest da noch Sachen sagen damals, wo man heute sagt,
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nee, geht halt nicht. So sagt man nicht.
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Also, Mann im Sinne von ... ist überhaupt nicht mehr diskussionswürdig.
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Oder andersrum, es ist sichtbar geworden, dass das so nicht geht,
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und damals war's unsichtbar.
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Ja, das hat ja so ein bisschen losgelöst, also diese Fragen, ja.
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Ja, und da ist es dann so, dass ich das damals noch irgendwie auch gut teilen
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konnte, dieses Gefühl, weil wenn die das für sich machen, ist es noch mal was
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anderes, als wenn die das dann vorspielen für die Gesellschaft.
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Ja, weil wenn man das, wenn alle wissentlich für sich ...
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Ja, klar, dann hast du natürlich einen geschützten Raum und so.
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Aber dann ist es ja Gruppentherapie oder ein Gruppenspiel.
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Aber dann ist es ja irgendwie ... Es geht ja quasi um die Konfrontation mit der Gesellschaft.
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Und damit auch die Vorteile oder die Dynamiken oder die Situation,
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die entstehen eben in dieser Konfrontation. Ja.
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Und das ist ja das, was der Film dann ausspiegelt.
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Ja. Und wo man auch immer dieses Problem bekommt, das ist ja schlimm.
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Ich schäme mich dafür, dass die das machen.
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Ja, das stimmt. Ja. Jetzt ganz kurz ein Hinweis, wenn jemand auf die GPS-Track ist.
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Es regnet immer noch so. Ich kann nicht mehr in diesem Regen.
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Ich bin hier schon ein bisschen erkält, deshalb stehen wir jetzt einfach still.
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Das ist jetzt so ein dicker Punkt wahrscheinlich im Track.
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Eine Assoziation, die ich mit dem Film jetzt hatte, noch mal,
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die ich damals nicht haben konnte, war ein Film von 1974,
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der hieß Sweet Movie von dem serbischen, damals jugoslawischen Regisseur Dujan Makavejev.
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Ich weiß nicht, ob du von dem mal gehört hast.
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Nee, habe ich nicht.
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Der ist deshalb nicht unbekannt,
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weil es gibt ein einziger Berlinale in Berlin, in der keine Preise vergeben
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wurden, weil die Jury komplett zurückgetreten ist. Und da war er mit in der Jury.
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Ähm, und ... dieser Film von 1974 war, glaub ich, eine deutsch-französisch-kanadische Koproduktion.
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Und der ist einfach irgendwie das absolute Gegenteil von Dogma. Und das absolute ...
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Aber es ist alles irgendwie so sichtbar. Ja, dieser Film, da geht's irgendwie
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auch um Sexualität. Es ist auch Sex on Screen. Es ist fürchterlich,
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es gibt so Handlungsstränge.
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Aber dieser Film ist einfach total ... Es war eine komische Szene.
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Es war eine explizite Sexszene, eine echte Sexszene auf dem Bildschirm.
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Der ist fürchterlich. Du merkst, der geht so richtig in deine Gedärme rein.
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Hast du den auch geguckt?
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Ja, den hast du vielleicht sogar auch gesehen, weil als Mute Magazine 2010 ihren
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Booklaunch hatten, Proud to be Flash, im Basso-Club, damals in der Köpenicker,
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Straße, da haben die den Film gezeigt. Da hab ich den gesehen.
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Der war ... ja. Und das ist auch der ... Wenn ich mich recht erinnere,
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ist es so, dass der gleiche Regisseur auch eben als früheren Film Der ist eigentlich
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nämlich auch Psychologe und hat dann aber einen Film gedreht bei Wilhelm Reich,
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der ja eher so im Körper, Körperarbeit, Körpertherapie, Charakterpanzer auch
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irgendwie verhaftet ist.
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Und mit dem Film ist er dann zum Film gekommen und hat dann bis,
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hat es bis in die Berlinale Jury geschafft.
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Und in dem, ja, diesen Film verlinken wir einfach. Das war so eine Assoziation.
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Der ist ganz anders. Du siehst in jeder Sekunde, das ist ein gestellter Film.
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Der Da passiert Improvisation, aber du hast nie das Moment, du bist nicht an
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einem Set, alles voller Props, alles total überdreht und bunt und so was.
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Aber er hat eben auch zum Grundthema diese inneren Idioten. Irgendwie verbinden
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die sich sehr gut, finde ich, die beiden.
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Gut, damit kommen wir jetzt in den zweiten Teil. Wir gucken mal drauf.
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Also deine Thesen, die du am Anfang vorgestellt hast?
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Die Thesen, die ich am Anfang vorgestellt hab. Eine Sache wollte ich noch vorneweg
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wissen, weil das habe ich in unterschiedlichen Halbwissen zusammengeklaubt.
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Drei Punkte, an denen dieser Film doch von diesem Dogma 95 Manifest abweicht.
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Genau, also wo er die Regeln bricht.
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Ja, genau.
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Also vielleicht auch sogar vier Punkte.
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Na, ich bin gespannt. Also ich habe drei gefunden, die habe ich unterschiedlich
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zusammengeklaubt. Der Wikipedia-Eintrag der Deutschen sagt, die Einheit des
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Ortes wird nicht eingehalten.
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Ich weiß ehrlich, ich habe es jetzt genau eins zu eins so mir gemerkt,
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als Wortlaut, weil ich nicht genau weiß ... Es geht um Ort und Zeit,
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und das muss alles irgendwie sein.
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Aber es ist natürlich, springt es hin und her. Aber auf jeden Fall,
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vielleicht gibt es Szenen, in denen ein Schnitt passiert, wo man an einem anderen
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Ort ist. Das hätte so nicht sein dürfen.
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Das Zweite ist die Tatsache, dass mit Video aufgenommen wurde.
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Was in dem Originaltext, wie man es versteht, ein Problem wäre.
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Lars von Trier im Interview, das hatte ich in der letzten Folge gesagt,
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sagt dazu nee er fand auch video wäre eigentlich nicht möglich gewesen eigentlich
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hat er sich schon selber disqualifiziert aber die haben gesagt der andere name ist mir,
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gerade kann ich nicht abrufen, aber die hätten dann irgendwie gesagt,
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nee, es geht nur darum, Academy 35, wenn es auf Distribution geht,
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das muss das finale Format sein.
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Man darf ja auch mit 16 Millimeter drehen und dann das hoch aufblasen.
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Und dann haben sie abgestimmt, und Lars von Trier hat gestimmt,
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Video ist nicht dogmakompatibel.
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Die anderen haben gesagt, doch, und dann mit Ascent Films, da meinte er, das ist kein Thema.
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Und das Letzte ist noch aus einem anderen Podcast, wo jemand meinte,
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es gibt auch für die Musik eine Harmonika, die reingeschnitten ist,
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aus dem Off, wo man nicht sieht, wie die Musik gemacht wird.
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Das ist die Schlussszene. Das ist die Schlussszene, die gibt's tatsächlich auch.
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Die hab ich mir auch noch mal angeguckt auf YouTube.
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Und dann dacht ich auch so, das ist nicht doch wahr.
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Die Musik, die ... Du hörst, es wird geschnitten, und du hörst die Musik weiter durchspielen.
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Kann ich nachvollziehen. Also aber vielleicht, ich muss noch mal überprüfen,
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aber das dachte ich auch. Und die vierte?
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Ich dachte, Lars von Trier nennt sich am Ende vom Abspann als Namen, weiß ich nicht.
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Aber das kann sein, das ist für Drehbuch oder Kamera, er darf ja nicht für Regisseur.
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Ja, okay. Okay, das könnte, hast du den Film noch irgendwo in, oder?
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Ja, wir gucken rein.
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Wir gucken noch mal rein, wir bestätigen das noch mal.
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Genau. Und das Lustige ist auch da, ich habe irgendeinen Trailer gefunden,
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wo Moby ankündigt, dass sie den streamen werden, also dass sie den auch im Programm haben.
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Und da steht dann so ein Idioten, zwei Sekunden und dann schwarz mit dem Titel
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directed by Lars von Trier.
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Das ist gleich im Trailer drin. Da darf man das scheinbar.
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Okay, aber jetzt zurück nochmal zu den, oder hinein in die Interpretation.
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Jetzt hat es ein bisschen mit dem Regen aufgehört.
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Wir können hier rum zurückgehen.
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Da kann man durchgehen?
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Da kann man durchgehen.
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Ich bin nicht so, weißt du, ich muss ein bisschen ...
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Du kannst nicht so viel laufen. Ich habe extra meine Wanderschuhe mit Gore-Tex.
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Wir müssen langsam gehen.
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Langsam.
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Wir pendeln langsam schon wieder zurück Richtung Cottbuser Tor.
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Da steht auch mein Rad.
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Also, meine erste Spielwiese für eine Interpretation wäre die Parabel zu sagen,
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diese Kommune, diese Menschen, die den inneren Idioten suchen und die diese
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ganzen Ausflüge unternehmen, im Sommer auf der Skischanze,
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Weihnachtsdeko im Sommer verkaufen, Diese einzelnen Storys, das ist einfach
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eine Parabel für das Kino in der Gesellschaft.
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Also es gibt einfach eine Gruppe, eine in sich geschlossene Filmindustrie.
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Insofern vielleicht auch eine Kritik an der Filmindustrie.
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Die so für sich selbst da ist, die auch so einen inneren Anspruch hat,
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hey, wir machen hier wirklich was.
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Aber jedes Mal, wenn es zu einer ernsthaften Berührung zwischen dieser Filmindustrie
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und der Gesellschaft kommt, dann fällt das alles immer so ein bisschen in sich zusammen.
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Niemand darf im Film bleiben, sondern der Papa holt halt seine Tochter dann irgendwann ab.
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Und auch die Karin, die am Anfang da sich in den Eskapismus begibt und diesen
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Film genießt ... Irgendwann ist es halt zu Ende, in dem Fall,
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in der Geschichte so, weil die Industrie in sich selbst irgendwie ...
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Merkt, sie kommt nicht aus sich selbst heraus, ist nur selbstreferenziell.
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Und dann fällt das Ganze in sich zusammen.
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Das wär so, find ich, so eine naheliegende ... ähm ...
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Parabel, wo man sagen könnte, was will dieser Film sagen? Dann würde dieser Film sagen,
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das Kino versucht ganz viel, ja, mit vollem Einsatz, ganz viele Menschen,
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die sich selbst öffnen, die sich selbst versuchen, dann zu finden,
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sich authentisch darstellen wollen.
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Aber im Endeffekt ist es halt nie real und es ist nie wirklich und es ist nie
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echt, weil die Menschen sind halt im Endeffekt doch Schauspieler.
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Und jedes Mal, wenn man dann diesen Moment, der so echt sich anfühlt,
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denkt, den bringe ich jetzt in die richtige Welt, dann ist die Welt eben doch anders.
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Man bleibt unter Haltung und das Politische in diesem ganzen verpufft jedes
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mal wenn man halt versucht zu sagen jetzt kann ich jetzt kann ich wie ein präsident
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agieren jetzt kann ich auch präsident sein also das geht in der form nicht das
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wäre so diese erste parabel zu diesen idioten,
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Soll ich die einfach so runterleiern?
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Nö, nö, nö, nö, nö. Ja, nee, ähm ... Also, das ... die Gruppe ...
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Ist quasi der dramaturgische Raum. Und damit, äh ...
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Damit auch die Leinwand im Kino. Oder ... ich versuch, diese Kinometapher da grade aufzulösen.
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Ja, Kino ist vielleicht das falsche Wort. Also, eher Filmindustrie, Filmproduktion.
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Also, diese ganze Idee, dass man ... diese ... ähm ...
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Diese Traumfabrik, wie es ja manchmal auch heißt, in diese Gesellschaft hineinstellt.
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Und dass es vielleicht dann eben Leute wie Stoffer gibt. Stoffer ist ja quasi
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der Regisseur. Der Regisseur, der Lars von Trier nicht genannt werden darf.
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Der dann irgendwie versucht, hey, wir machen jetzt mal was so und so.
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Also die versuchen auch, was Politisches zu schaffen.
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Die versuchen, das Eigentliche, wie unser Podcast heißt, so in Menschen zu finden,
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diesen inneren Idioten. Und wenn man das tut, dann kann man was bewegen.
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Das muss man auch wieder in die Gesellschaft raustragen.
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Das ist ja so eine politische Haltung, die dann in der Industrie vielleicht
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auch gegeben ist. Nicht bei allen, aber bei manchen.
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Und dass diese politischen Ambitionen aber irgendwie verpuffen,
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weil es eben doch, wie du vorhin schon gesagt hast, mit dem Wort Eskapismus,
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dass eben doch was bleibt, was nie echt ist. Es kann nicht echt sein.
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Und beim Theater weiß man, dass es nie echt ist, beim Film vermutet man im Impro,
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dass es irgendwie echt ist, aber es ist dann eben doch nicht echt.
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Ja, aber was ich finde, rein emotional, weiß ich nicht, so richtig aufgeht in der Metapher, ist,
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der Eskapismus schafft ja Räume, die angenehm sind.
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Während diese Welt der Idioten überhaupt keine angenehme Welt ist,
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sondern es ist einfach mit komischen, ambivalenten Gefühlen verbunden.
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Aber so auf so einer ... Also, es schwelgt.
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Stimmt, aber es ist ja dann trotzdem Karin, die am Anfang bei der Hand genommen wird.
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Und die in gewisser Weise uns als Zuschauer an die Hand nimmt und da hineinführt,
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die ja diesen Moment hat, wo sie sagt, ich war noch nie so glücklich.
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Das ist ja ein echter emotionaler Moment, den Sie da drin erleben.
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Aus der Perspektive der Person, ja. Aber wenn man das jetzt dann aus dieser
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Perspektive von Gruppe und Zuschauerraum betrachtet,
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finde ich das nicht, weil es,
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ja, also vielleicht in diesen ...
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Es geht ja immer ein Spiel mit Grenzen. Es ist ja immer so eine Frage von ...
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Wie soll man sagen, dann so, ja, nicht Wutbürger, aber so jemand,
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der aufsteht und irgendwie gegen die Gesellschaft anrennt.
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Das ist ja so immanent da drin.
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Also deswegen ist es ja nicht so einfach konsumierbar.
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Was jetzt, der Film per se oder das ...
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Nein, nein, nein, nein. Nee, aus dieser Idee von Eskapismus oder von ...
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Es ist ja so, die müssen ja alle irgendwie, also sowohl der Zuschauer wie auch
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die Gruppe selber und die Akteure müssen ja alle irgendwie Energie aufwenden, um das zu machen.
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Also, es gibt ja schon so ... Und es ist ja nicht von ...
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Es kommt ja ... Es ist ja nicht so einfach konsumierbar, ja?
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Und ich versuche gerade so diese Metapher von Stoffer als derjenige, der die Regie führt,
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die Gruppe anleitet und die Conclusio daraus ist...
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Ja, das ist, was ich sagen will, ist, dass Stoffer mit seinen Ambitionen etwas
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zu verändern, die Welt zu verändern durch das Kino. Dass der dann irgendwie
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mit den Flaschen drehen und den inneren Idioten raus... Der hat ja eine Mission.
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Und dass da irgendwie in dem Film aufgezeigt wird, dass Kino...
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Oder die Filme... Es bleibt irgendwie selbstreferenziell. Es kommt nicht so ganz aus sich heraus.
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Und es bleibt fiktiv. Und es kann diese Brücke in die Politik nicht gut schlagen.
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Okay, ja, also ich kann es so ansatzweise nachvollziehen, aber es ist mir noch
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nicht so ganz rund, dass es läuft.
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Genau, und das habe ich auch gedacht. Okay, gehen wir mal einen Schritt weiter
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und zoomen mal rein und sagen, nee, vielleicht geht es nicht um die Filmindustrie
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in der Gesellschaft, sondern vielleicht ist es ja gleich nicht.
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Also ich glaube nicht mal Lars von Trier, alles was man so bei Lars von Trier
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reindeutet, Ich bin mir echt unklar, wie viel Konzeption und Intuition da ist.
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Aber tun wir doch mal so, als ob Lars von Trier da einen Film gemacht hätte,
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der als zweiter Dogma-Film, nachdem der erste die Preise abgeräumt hat,
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der zweite dann irgendwie das Kapitel schon schließt.
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Und diese Idioten sind die Dogma-Leute.
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Ja? Und rundherum ist die Filmindustrie. Und die dürfen jetzt ja mal irgendwie
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so ihr Ding machen und dann dürfen die halt so Höh, du darfst den Namen nicht
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nennen und du darfst auch nicht und wir haben jetzt diese Regeln und wir machen
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was immer wir wollen. Also es wird aber irgendwie...
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Es ist in sich schön anzuschauen. Wir gucken uns quasi so ein bisschen wie bei
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Hamlet, das Theater im Theater, an.
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Wir gucken uns quasi den Dogma-Film im Dogma-Film an.
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Und drumherum, die Gesellschaft ist die Filmindustrie, die macht so ihr Ding, ja.
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Die wollen halt die großen Häuser verkaufen, die wollen bauen,
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machen, hier und da. Die haben ihre Regeln.
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Und da muss man auch, da muss man bestimmt vernünftig essen,
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sonst wird man einfach nicht ernst genommen.
0:50:25–0:50:29
Aber es gibt diesen kurzen Moment, wo halt diese Dogma-Leute jetzt so ein bisschen
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Plitschplatsch so alles aufwühlen.
0:50:33–0:50:37
Und dann zerbröselt es aber auch schon wieder hinten raus.
0:50:37–0:50:41
Und was übrig bleibt, sind dann halt eben die Hoffnungen von Leuten wie,
0:50:42–0:50:47
äh, Karin, die dann vielleicht steht für jemand, die sich eingelassen hat,
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aus der großen Filmindustrie, auf dieser Innovationszug aufzuspringen und dann hinten raus.
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Aber merkt ja jetzt, scheiße, jetzt ist das weg, Aber zurück kann ich auch nicht mehr.
0:50:57–0:51:00
Da wird es dann, finde ich, ein bisschen greifbarer und irgendwie ganz lustig.
0:51:01–0:51:04
Aber ich glaube natürlich nicht, dass es eine Intention ist,
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von Lars von Trier zu sagen, ich mach jetzt einen Dogma-Film und mach damit den Sack gleich zu.
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Weil der andere Dogma-Film räumt eh die Preise ab.
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Und ich mach dann halt den, wo man nachträglich dann im Regen in Kreuzberg endlich
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draufkommt, dass ich hihihi wusste, Dieses Dogma ist halt quasi,
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wir müssen Rudelbumsen und danach will es keiner mehr wissen.
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Du bist ja so auf der Meter-Meter-Ebene unterwegs,
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gerade.
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Ja, ja, aber das wäre eben diese Parabel-Idee.
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Ja, nö, kann nicht irgendwie so...
0:51:41–0:51:48
Wobei natürlich die Frage von Kontinuität, von eben so Filmschaffenden und es
0:51:48–0:51:53
ist ja doch eine Singularität in dem Film, die Filmgruppe, also die Idiotengruppe, ne.
0:51:55–0:51:58
Aber kann ich auch, okay, ansatzweise.
0:51:59–0:52:03
Gut, ja, also es ist schon spät. Ich ratte mal weiter, ne, weil das Dritte,
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also wir haben jetzt das Dritte und das Vierte hängt irgendwie so ein bisschen
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zusammen. Ist das jetzt so ...
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Politik ... Also, Politik, jetzt gehen wir da mal raus aus diesem selbstreferentiellen Filmthema.
0:52:18–0:52:22
Es gibt ja diesen Adorno-Satz, der immer so oft überall zitiert,
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es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Hast du bestimmt auch schon gehört.
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Das war doch so eine Facebook-Kachel.
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Wie eine Facebook-Kachel? Ach so, okay. Nee, das ist ... Genau,
0:52:35–0:52:36
ein Kalenderspruch von Adorno.
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Also nutze den Tag, es gibt kein richtiges Leben im Wald.
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Ja. Und das, finde ich, ist natürlich was, was sich so auftränkt,
0:52:45–0:52:48
ne? In dem Moment, wo Stefan so anfängt zu scheitern, dass man denkt,
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ja, es gibt halt kein richtiges Leben im Wald. Und sollte dieser innere ...
0:52:53–0:52:57
Idiot halt irgendwie wirklich die Lösung für alles sein, solange drumherum der
0:52:57–0:53:01
nicht ankommt, das ist ja auch deren Haltung, wird sich nichts verändern.
0:53:01–0:53:05
Also wir müssen das Richtige, was wir tun, jetzt in diese falsche Welt reinbringen
0:53:05–0:53:06
und alles richtig machen.
0:53:07–0:53:10
Und da habe ich so gemerkt, es gibt ja so eine ganze Reihe von Filmen,
0:53:11–0:53:16
die ein ähnliches Motiv haben, wo es eine abgeschlossen, also wo es zwei Welten gibt, die sich treffen.
0:53:16–0:53:22
Und bei diesen Berührungen dieser beiden Welten, da entsteht die Geschichte.
0:53:22–0:53:28
Die Geschichte, das ist jetzt zum Beispiel, ich weiß nicht, fällt dir eine ein?
0:53:28–0:53:31
Ich habe drei aufgeschrieben, vielleicht fällen dir auch andere ein.
0:53:32–0:53:40
Also Filme, die zum Gegenstand haben, dass in einer und derselben Welt zwei Welten.
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Stranger Things.
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Stranger Things, relativ neu.
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In der Popkultur verhaftet.
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Nein, das ist ja gar nicht schlecht. Dann gibt's noch den, wie hieß noch mal
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der Typ ... Ah Gott, ey, es ist schon spät.
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Videodrome hat der Regisseur von ...
0:54:00–0:54:00
Cronenberg.
0:54:00–0:54:03
Cronenberg, und der hat den Film ... Ähm ...
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Naked Lunch.
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Nein, der andere, der tolle, wo es diese Level gibt, so Inception-mäßig, wo ...
0:54:14–0:54:16
Ja, das ist doch Existenz.
0:54:16–0:54:19
Existenz, ja. Das wär zum Beispiel auch so ein Film.
0:54:19–0:54:19
Ja, ja.
0:54:20–0:54:21
Wie heißt der?
0:54:21–0:54:21
Matrix.
0:54:22–0:54:28
Matrix hab ich mir auch aufgeschrieben. Von 99. Die Truman Show von 98.
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Ja, ja, ja.
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Und was ich vom Charakter her am ähnlichsten finde in der Art ist ...
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Kennst du The Village von ...
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Was?
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The Village von 2004, von M. Night Shyamalan?
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Den kenn ich gar nicht.
0:54:44–0:54:45
Den kennst du gar nicht?
0:54:45–0:54:47
Nee, ich red den Film nicht, aber...
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Kennst du nicht den Film? Vielleicht kennst du ihn.
0:54:54–0:55:01
Ja, verlinken wir einfach. Da geht's darum, du siehst so ein Village,
0:55:01–0:55:03
also wirklich so ein altes Dorf, so Quaker-mäßig in Amerika.
0:55:04–0:55:09
Und in diesem Dorf, das ist mitten im Wald. Und in dem Wald sind halt irgendwie ...
0:55:10–0:55:13
Irgendwelche Geschöpfe, Monster, wir wissen es gar nicht, wir sehen die gar
0:55:13–0:55:18
nicht genau. Dann sind auf einmal so Farbmarkierungen an bestimmten Türen im Dorf und so.
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Und ... ähm ...
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Ist der gut?
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Ich finde den super.
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Soll ich den nicht mal spoilern? Nee, spoilern nicht, den will ich sehen.
0:55:28–0:55:28
Okay.
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Ist das ein Horrorfilm?
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Doppelter Horrorfilm.
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Oh, also Meta-Horror.
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Ja, ja, Meta-Horror. Metaweise Horrorfilm. Und bei diesem Film jetzt hier,
0:55:42–0:55:45
es ist auch so, es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Den inneren Idioten in die Gesellschaft bringen. Da hab ich gedacht,
0:55:52–0:55:53
was ist denn dieser Idiot?
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Also, wenn Dinge Parabeln sein dürfen, hab ich geguckt, was ist eigentlich Idiot?
0:55:59–0:56:01
Und wir haben ja eben dieses ...
0:56:02–0:56:06
Banale Bild von Depp, so, ach, jetzt reiß dich mal zusammenmäßig.
0:56:06–0:56:11
Es gibt dann ein klinisches Bild von Idioten, also in der Psychiatrie,
0:56:11–0:56:13
und die kriegen Medikament oder so.
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Aber in der Bedeutung gibt es auch eine uralte Herleitung, eben von vor 1.000 Jahren, wie immer.
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Da waren das Personen, die sich aus den öffentlich-politischen Angelegenheiten,
0:56:24–0:56:28
herausgehalten haben und keine Ämter wahrgenommen haben im alten Griechenland.
0:56:30–0:56:33
Das heißt, jemand, der keine Verantwortung übernommen hat, sich nicht mit eingebunden
0:56:33–0:56:36
hat, wurde als Idiot bezeichnet.
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Und es wurde sogar dann in einer attischen Demokratie wurde dann eine Person,
0:56:45–0:56:50
die sich während einer Volksversammlung öffentlich dem Nichtstun widmete, wurde bestraft.
0:56:51–0:56:53
Also es war quasi so ein Wunsch.
0:56:56–0:57:00
Zu partizipieren, oder eben zu bestrafen, wenn du nicht partizipierst.
0:57:01–0:57:05
Ja, interessant. Ja, nee, ich mein, dann ist ja auch so ... gesellschaftliche
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Verantwortung ist ja auch so eine große Frage in einem Film.
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Die ... sie entziehen sich der gesellschaftlichen Verantwortung,
0:57:12–0:57:14
sie führen ja noch mehr Gesellschaft vor.
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Und ... in der Definition ist es ja sehr nachvollziehbar.
0:57:21–0:57:28
Und jetzt ist ja die Frage, hat Lars von Trier, und jetzt mache ich einen riesen Jumpcut,
0:57:29–0:57:35
inhaltlichen Jumpcut, aber die Frage ist ja, hat Lars von Trier diese Definition
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von Idiot dem zugrunde gelegt oder das, was wir sehen?
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Also soll es dahinter irgendwie was geben?
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Und zuerst fand ich es halt so ein bisschen ...
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Weißt du, was der dänische Originaltitel ... Aber die Konnotation in Dänemark
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weiß man natürlich nicht.
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Da müssen wir jetzt irgendwie unsere Community mal bitten, uns mal Kommentare zu schreiben dazu.
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Aber was ich interessant fand, ist, dass es einen Autor gab im 19.
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Jahrhundert, einen Alexis de Tocqueville.
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Und es gibt diesen Larsen-Triffin-Dockbild. Und der war ...
0:58:19–0:58:22
Der war Politikwissenschaftler, so ein früher Politikwissenschaftler,
0:58:23–0:58:27
der ein Buch geschrieben hat, 1856, Der Staat und die Revolution.
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Wo er sich damit auch auseinandergesetzt hat in revolutionären Kontexten,
0:58:33–0:58:36
was sind denn so die Vorgänge, die sich da abspielen.
0:58:36–0:58:43
Und der dann auch sagt, dass es oft eben darum geht, dass Bürger nicht abgeholt
0:58:43–0:58:47
werden, mitgenommen werden, nicht eingebunden werden, die Partizipation,
0:58:47–0:58:49
die sie vielleicht sogar haben könnten, nicht wahrnehmen.
0:58:49–0:58:53
Und dadurch eine Entfremdung stattfindet, die dann letztendlich zum Bruch zwischen
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Regierenden und Regierten sozusagen führt.
0:58:58–0:59:00
Und das führt dann letztendlich zur Revolution.
0:59:00–0:59:06
Dieser Herr Tockwill hat nämlich auch etwas über die Idioten in dieser Definition geschrieben.
0:59:07–0:59:15
Und hat er gesagt, dass man damals eben als Idiotes geboren wurde und auch Idiot blieb,
0:59:15–0:59:22
wenn man nicht mit der Erziehung, der Bildung zu einem politisch bewussten Bürger heranwächst.
0:59:22–0:59:27
Also dass man der Wachstum weg vom Idioten hin eben zum partizipierenden Bürger,
0:59:27–0:59:30
der auch Verantwortung übernimmt für das Ganze.
0:59:30–0:59:35
Das war Tockvill. Und eben wegen der, das ist mein Jumpcut, Dogville.
0:59:36–0:59:37
Togville.
0:59:37–0:59:37
Mhm.
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Vielleicht wusste Lars von hier doch, was er da tut, und hat sich irgendwie damit beschäftigt.
0:59:43–0:59:48
Ja, aber ... da müsste man gucken, was Dogville ...
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Warum der ...
0:59:49–0:59:50
Der Film noch mal so, ne?
0:59:51–0:59:55
Ja, Dogville ist ja dann dieser absolute Nicht-Dogma-Dogma-Film.
0:59:57–1:00:01
Also, wo du halt nur die Linien auf dem Boden hast und diese ...
1:00:01–1:00:05
Ja, aber trotzdem so einen gewissen inszenatorischen Freiraum.
1:00:05–1:00:05
Ja.
1:00:06–1:00:09
Also Theater. Aber ich hab den tatsächlich ... Ich muss gestehen,
1:00:09–1:00:10
ich hab Dogville nicht gesehen.
1:00:12–1:00:12
Ja.
1:00:12–1:00:14
Aber das beeindruckt dich grade nicht, ne?
1:00:14–1:00:17
Nee, weil ich jetzt meinen Sprung grade nicht mehr so gut hinkrieg.
1:00:17–1:00:20
Wir sind jetzt quasi von dem Satz, es gibt kein richtiges Leben ...
1:00:20–1:00:21
Wir sind ja auch nicht im Dialog.
1:00:22–1:00:28
... sind wir jetzt rumgesprungen zurück in die alte griechische Demokratie.
1:00:29–1:00:29
Ja.
1:00:29–1:00:36
Wo der Idiot der war oder die, die nicht aktiv am Geschehen der Institution
1:00:36–1:00:38
beteiligt waren oder sich da raushalten wollten.
1:00:39–1:00:40
Und wenn mir dann noch mal diesen
1:00:40–1:00:49
Satz von Adorno, der 1947 in der Minima Moralia aufgeschrieben wurde.
1:00:51–1:00:56
Im amerikanischen Exil hatte er eigentlich, in Anführungszeichen,
1:00:56–1:00:59
eigentlich darüber geschrieben, ähm ...
1:01:01–1:01:10
Wie schwer es ist, für Obdachlose Asyl zu finden, irgendwo unterzukommen und
1:01:10–1:01:12
sich häuslich einzurichten.
1:01:12–1:01:19
Und in der ursprünglichen Fassung dieses einen Satzes Bei seinem Draft für Minimum
1:01:19–1:01:25
Moralia war dieser Satz, es lässt sich privat nicht mehr richtig leben.
1:01:26–1:01:31
Das ist so dieses, keine Ahnung, Down the rabbit hole, würde man bei Alice in Wonderland sagen.
1:01:31–1:01:35
Wenn man da mal so reingeht und das so mitmachen würde, es lässt sich privat
1:01:35–1:01:39
nicht mehr richtig leben, dann ist das ja so ein Druck, den Stoffe auch irgendwie erlebt.
1:01:40–1:01:44
Er will sich zurückziehen, die Kommune ist privat. Ja, das ist dann auch so
1:01:44–1:01:51
ein Sponti-Spruch, das Private ist politisch so, das heißt diese Private, lasst uns alle in Ruhe.
1:01:52–1:01:56
Das geht nicht, dieses Haushaltsverkauf, denn der Druck ist da,
1:01:56–1:02:00
du kannst nicht im Privaten richtig leben und das verknüpft sich dann eben über
1:02:00–1:02:05
diesen Satz, der umgeschrieben wurde von Adorno, es gibt kein richtiges Leben im Falschen.
1:02:06–1:02:11
Ja, also ich meine, auf der einen Seite gibt es natürlich diesen Kommunenwunsch,
1:02:11–1:02:14
um dann so eine Identität über die Kommune aufzubauen, über die Gruppe.
1:02:15–1:02:19
Auf der anderen Seite ist es ja auch so, dass die genau in dieser Konfrontation
1:02:19–1:02:27
mit irgendwie Gesellschaft draußen dann erst ihre Identitätsbestimmung bekommen.
1:02:29–1:02:33
Also es ist die Frage, ob das tatsächlich so funktioniert im Privaten.
1:02:34–1:02:38
Also die müssen ja diese Konfrontation geben. Also den Raum des Privaten,
1:02:39–1:02:41
das ist ja für die Gruppe völlig uninteressant.
1:02:44–1:02:47
Naja, die wollen ja dieses Haus eigentlich nicht verkaufen, sondern behalten.
1:02:48–1:02:52
Und erst in dem Moment, wenn sie aus dem Privaten rausgehen in die Gesellschaft,
1:02:52–1:02:53
weil Stoffer das so will,
1:02:56–1:03:01
geht das nicht. Also im Privaten geht es, es ist erfüllend, also da ist es dann
1:03:01–1:03:05
irgendwie auch einfach ein Regelwerk und ein Möglichkeitsraum,
1:03:05–1:03:07
den sie sich selbst geschaffen haben,
1:03:08–1:03:12
um Stoffer drumherum irgendwie, der halt dann doch eine gewisse Macht hat,
1:03:12–1:03:13
weil seinem Onkel gehört das Haus.
1:03:16–1:03:23
Aber in diesem Privaten ... ... ist das alles nur ein Leben auf Zeit.
1:03:23–1:03:25
Es gibt ein Verdrängungsgefühl.
1:03:25–1:03:29
Deshalb will Stoffer den Angriff starten und raus in die Gesellschaft,
1:03:30–1:03:32
weil die Gesellschaft von außen drängt.
1:03:33–1:03:34
Die nimmt uns die eine weg.
1:03:35–1:03:38
Der Papa kommt, nimmt die weg, das Haus soll verkauft werden.
1:03:38–1:03:44
Wenn wir nicht aktiv werden, wird uns dieses Paradiesische genommen.
1:03:44–1:03:47
Ja gut, aber die könnten ja auch ganz anders aktiv werden.
1:03:48–1:03:52
Die könnten ja gesellschaftlichen Konsens suchen und irgendwie,
1:03:52–1:03:56
keine Ahnung, da irgendwie so Nachbarschaftshilfe aufbauen und so weiter.
1:03:57–1:04:02
Die gehen ja quasi in Konfrontation mit allen Nachbarn und Umfeld,
1:04:03–1:04:05
um sich dann halt irgendwie so da
1:04:05–1:04:12
wieder so diese Legitimationsrollen dazu bleiben, ne? Deswegen ... ähm ...
1:04:13–1:04:17
Also ich weiß nicht, ich kann da auch nicht so richtig durchdringen,
1:04:17–1:04:23
aber ich fand irgendwie diesen Fund vielleicht ganz gut, dieses Rabbit Hole,
1:04:23–1:04:24
wenn man da reinguckt und denkt, okay,
1:04:25–1:04:31
das Private und das Politische, der innere Idiot im geschützten privaten Raum
1:04:31–1:04:36
ist was Befreiendes und Beglückendes, aber im gesellschaftlichen Raum darf er irgendwie nicht sein.
1:04:37–1:04:42
Ist das Private das Richtige und drumherum das Falsche? Darf man das so sagen?
1:04:42–1:04:47
Oder ist Karin als Beispiel dann auch ihrer Verantwortung in der Familie nicht
1:04:47–1:04:52
nachgekommen, weil sie es einfach nicht geschafft hat und geflohen ist?
1:04:52–1:04:56
So, das ist einfach nur jetzt so ein Frageraum.
1:04:56–1:04:56
Okay.
1:04:58–1:04:58
Ja.
1:05:02–1:05:05
Ja, und jetzt hab ich gleich noch ein bisschen Psychiatriegeschichte.
1:05:06–1:05:12
Aber ich glaube das ist jetzt das knüpft gar nicht mehr direkt an sondern das ist dann,
1:05:14–1:05:17
Ja, keine Ahnung. Vielleicht ist es eine eigene Folge dazu.
1:05:18–1:05:21
Ja, vielleicht. Also, fänd ich auch spannend, dass aus diesem ...
1:05:23–1:05:26
Psychiatrieblickwinkel wie auch dem soziologischen ... Also,
1:05:26–1:05:30
ich denk da an ... Überwachung und Strafen von Foucault.
1:05:31–1:05:35
Was dann auch in dieser ... Geschichte der Psychiatrie ...
1:05:36–1:05:37
Ja, Wahnsinn und Gesellschaft.
1:05:37–1:05:39
Wahnsinn und Gesellschaft, genau.
1:05:40–1:05:43
Aber die wär jetzt dann auch irgendwie gekommen. aber irgendwie fühlt sich erstens
1:05:43–1:05:49
der Nieselregen zu klamm an gerade, zweitens die Zeit zu fortgeschritten und
1:05:49–1:05:52
drittens aber auch die Anknüpfung jetzt nicht mehr so natürlich.
1:05:53–1:05:57
Nee, ich glaub auch, das ist wirklich so ein eigener ... eigener Kanon,
1:05:57–1:05:58
den wir dann aufmachen müssten.
1:05:59–1:05:59
Ja.
1:06:00–1:06:07
Und ... Und ich find, also in dieser Meta-Erzählung, die du geliefert hast,
1:06:07–1:06:11
in der Meta-Betrachtung, da kommen ja noch mal so ganz andere ...
1:06:11–1:06:15
Da ist man ja so ganz nah am Medium wieder dran. Und ...
1:06:15–1:06:16
Welche Meta-Betrachtung?
1:06:18–1:06:18
Also ...
1:06:18–1:06:20
Alle erste, die Jacob's Ladder?
1:06:20–1:06:24
Die zweiten. Die Dogma ... Du siehst ja so über verschiedene ...
1:06:24–1:06:29
Also einmal die erste Hypothese, die du aufgestellt hast, wie auch die zweite,
1:06:29–1:06:36
die dann aus dieser ... die Gruppe dann ... Es befreit sich ja erst mal von diesen ganzen ...
1:06:37–1:06:39
Soziologischen und psychiatrischen ...
1:06:40–1:06:43
Sondern es betrachtet sich erst mal auf so einer Reihenebene,
1:06:44–1:06:48
wie sich dann Kino inszenieren kann, in welchem Kontext.
1:06:48–1:06:53
Und wie das auch dann rezipiert werden kann. Finde ich erst mal so ...
1:06:53–1:06:58
Das kann erst mal so stehen gelassen werden bei Idioten. So einen Ansatz habe
1:06:58–1:06:59
ich noch nicht so betrachtet.
1:07:00–1:07:05
Ich muss auch sagen, ich hätte damals ... Vielleicht können wir noch mal diesen kleinen Hieb machen.
1:07:05–1:07:07
Können Sie mal gucken, ob deine Aufnahme läuft?
1:07:08–1:07:10
Ja, hatte ich gerade geguckt.
1:07:14–1:07:22
Damals, wir hatten ja eine Gruppe von Radio-Macherinnen und Machern,
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Convex-TV, in den 90ern, von 97,
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bis 2000. Und wir waren vor allen Dingen im ganzen Bereich Net Radio aktiv und
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hatten eine monatliche Sendung produziert.
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Und ich hatte damals auch die Idioten rezipiert, einen kleinen Beitrag.
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Hast du es dir noch mal angehört?
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Ich hab's mir angehört, ja.
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Können wir noch mal verlinken?
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Willst du es verlinken? Weil du hast ja Piracy betrieben. Was?
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Du hast ja Piracy betrieben.
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Ich hab ... Ja, das stimmt. Ich hab tatsächlich im Kino aufgenommen.
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Das durfte man damals nicht. Verehrt das? Das verehrt bestimmt. Das Delikt verehrt.
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Aber das war noch mal so, ich habe versucht nicht zu spoilern,
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aber das ist so unsere gemeinsame Mediengeschichte, die sich da auch so zusammenfindet.
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Wir waren Mitglieder des Kollektivs ConvexTV und das verlinken wir gerne, weil da gibt es noch...
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Die es gibt, haben wir aber eben auch dieses eine Foto auf eigentlich-podcast.de,
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in
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der About-Section, wo wir Schlingsieb interviewen.
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Das ist ja, das habe ich da reingeklebt, weil wir da beide, das war ja die Konvex-TV-Zeit auch.
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Ja, das stimmt.
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Das,
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war 97, glaube ich.
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97 zur Documenta, Hybrid Workspace.
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Hast du's noch mal gehört, deine Besprechung?
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Ja, ja, ja.
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Und wie fandst du's?
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Ich fand die ... Also, die war so ... so ein bisschen ... Also,
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ich fand die sehr ... ähm ...
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Wie soll ich sagen, äh, wortstark.
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Aber hat nicht so eine richtige Konklusion gebracht. Aber trotzdem in der Zeit sehr stark.
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Also, ich hab auch viel mit dem Sound gespielt, weil es war immer so ein Lied,
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das angespielt wurde. das dann halt so ausgeführt.
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Aber kann man sich mal anhören. Also ist jetzt nicht so stark verjährt wie der Film.
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Nee, es ist sehr kurz. Ich hatte irgendwie mehr erwartet.
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Ja, ich auch.
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Ja, ja, das war sehr kurz, ja.
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Aber es ist eben schön, weil es genau diese Convex-TV-Grenze zwischen,
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eigenem Stück und,
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journalistischer Arbeit ist. Also Filmbesprechungen auf der einen Seite,
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aber auf der anderen Seite, wie du schon sagst, macht man halt so ein eigenes Stück daraus.
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Also man gibt auch zu, dass das Schreiben, die Wortweise, dass das alles eine
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künstlerische Gestaltung der Prozesse ist und das wird auch sehr sichtbar.
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Ja, jetzt sind wir wieder an dem Punkt, man hört es am Profil der Autos,
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wir sind wieder am Kotti.
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Diese Folge ist, glaube ich, für mich wirklich fast eine der most dedicated
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Folgen, also diese Nieselregen, dieses alles ist so wirklich bedrängend,
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haben jetzt heute, finde ich, wirklich Arbeit geleistet, dass wir das gemacht haben, oder?
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Ja, voll. Also du vor allen Dingen
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unter den Bedingungen. Aber du hast geliefert, muss man ja auch sagen.
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Wir haben geliefert. Lass uns nicht abschütteln.
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Ihr werdet uns nicht los. Alle 14 Tage sind wir da bei eigentlich-podcast.de.
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Und wenn immer ihr irgendwie so ein Portal findet, wo ihr Podcasts bewerten
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könnt und uns hört, dann gebt uns doch eine gute Bewertung.
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Und ... Wir sind den Treck gelaufen. Wir hatten irgendwie mit dem Wetter zu
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kämpfen, die technischen Bedingungen waren nicht optimal.
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Aber wir haben die Reihe eingeläutet von großen Filmbewegungen aus den 90ern.
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Dogma jetzt, glaube ich, erschöpfend behandelt.
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Ich bin erschöpft. Ich bin auch erschöpft. Auf jeden Fall bin ich erschöpft.
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Und werden die nächsten Folgen, oder ich zumindest, vielleicht magst du dann
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auch einen Beitrag, über Hyperlink Cinema und Episodenfilm in den 90ern.
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Ein revolutionäres Kino.
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Da seid gespannt drauf, was da noch kommt.
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Mumblecore.
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Mumblecore? Mumblecore, nee. Also, Mumblecore schauen wir mal.
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Mumblecore. Okay.
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Also, macht's gut. Tschüss.

In der Welt von „Das Fest“ weigert sich das Thema hartnäckig einer klaren Parabel zuzuordnen. Die Dramaturgie des Zwillingsthemas durchzieht den Film, wobei die Abspaltung als tote Schwester eine düstere Note einbringt. Dabei betont die Notwendigkeit, den Film nicht als Vehikel für den Missbrauch zu verwenden, um Missbrauch zu reflektieren. Ein immer noch wertvoller Blick auf das Thema ’sexueller Missbrauch‘ von Sándor Ferenczi, der bereits 1932 über Sprachverwirrung schrieb (Link siehe Shownotes).

Beachtlich ist, dass „Das Fest“ nicht nur der erste, sondern auch der einzige Film ist, der nach den Prinzipien von DOGMA95 entstanden ist. Dieses Jahr war für den Film auch von besonderer Bedeutung, da sowohl „Das Fest“ als auch „Idioten“ 1998 in Cannes vertreten waren. Lars von Trier selbst hatte zuvor mit „Breaking the Waves“ in Cannes für Furore gesorgt.

DOGMA 95 diskutieren wir detailliert in der EGL038, also gerne noch einmal in die vergangene Folge reinhören, während wir an die Kinos an der Skalitzer Straße vor dem Mauerbau denken.

Nicht zu übersehen sind die expliziten Sexszenen in „Idioten“. Flo erklärt, dass von Trier sogar Pornos für Frauen produzierte. Das gesamte Team, angefangen vom Schnitt bis zu den Darsteller:innen, wird beleuchtet. Interessanterweise gibt es zwei Versionen von „Jacob’s Ladder“.

Die kürzeste Zusammenfassung des Films „Das Fest“ offenbart, dass Karen in der Psychiatrie war und nun wieder zu Hause ist. Bei „Idioten“ wird die Handlung detailliert aufgedröselt – der Mut, den inneren Idioten in die Welt zu tragen, führt zum Zerfall der Gruppe und einem Showdown mit Karen.

Ein zeitgenössischer Blick hinterfragt, ob das Mimen von Idioten heute noch möglich ist. Der GPS-Track zeigt, dass wir scheinbar stillstehen, während der Film „Sweet Movie“ von Dusan Makavejev auf die Leinwand tritt. Lars von Trier bricht dreimal mit den DOGMA 95-Prinzipien und wir werfen einen Blick auf die Parabeln des Kinos in der Gesellschaft, DOGMA in der Filmindustrie und der Rolle der Bürger:innen in der Gesellschaft.

Adorno kommt ins Spiel – kein richtiges Leben im falschen, Filme mit zwei Welten, die sich berühren, werden in Erwägung gezogen. Von „Stranger Things“ über „Existenz“ bis zu „Matrix“ und „Die Truman Show“, sowie „The Village“ – alles Filme, die das Thema berühren.

Die letzte Parabel ist die, die uns am meisten Konzentration abverlangt: Idiot bedeutet hier, sich nicht politisch zu engagieren, und die Frage bleibt, ob von Triers Definition die altgriechische ist. Die Verbindung von „Dogville“ und Tocqueville wird thematisiert, ebenso wie Adorno und der Bruch zwischen Regierenden und Regierten. Die Idee, dass man als Idiot geboren wird und die Partizipation der Weg heraus ist, ist die Erklärung, die Tocqueville Mitte des 19ten Jahrhunderts in Worte fasst. Die Überlegung, dass Idioten diejenigen sind, die sich bewusst heraushalten wollen, führt zu einer tieferen Diskussion über Adornos ursprüngliche Idee – es lässt sich privat nicht mehr richtig leben.

Der Druck, den Stoffer in der Kommune erlebt, wird beleuchtet. Die Frage, ob der Idiot privat ist und das Politische draußen, wird aufgeworfen. Eine faszinierende Reise durch die Psychiatriegeschichte und eine Zusammenfassung von Flo runden die Diskussion ab, während er bereits auf seine Idioten-Besprechung von 1998 vorausblickt. Und damit schließen wir – eigentlich.

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