"Es gibt kein richtiges Leben im falschen" hieß zuerst: "Es läßt sich privat nicht mehr richtig leben."

Wir starten unsere Tour der Idioten am Kotti mit einem kleinen Verweis auf den Film "Herr Lehmann" (2003) und ziehen die Parallele, dass es hier genauso wie in Idioten darum geht, dass eine Welt zerbricht, wenn sie mit ihrer Umgebung in Berührung kommt. Aber bevor wir in die Tiefe gehen, werfen wir noch ein paar Ideen zu "Das Fest" (1998) ein, den wir am gleichen Tag und in der letzten Episode behandelt haben. Micz versucht, vier Parabeln auf "Idioten" (1998) anzuwenden. Zuerst die von "Jacob's Ladder" (1990): Karen landet dekompensiert in der Psychiatrie nach dem Tod ihres Kindes. Das Finale des Films zeigt sie wieder zuhause, medikamentös stabilisiert. Alles dazwischen ist eine verschwommene Erinnerung an ihre zwei Wochen in der Psychiatrie. Dann wagen wir uns an die Parabel "Das Kino in der Gesellschaft", gefolgt von "DOGMA 95 in der Filmindustrie", nur um schließlich 2000 Jahre zurückzublicken und aus der Trickkiste zu ziehen: "Idioten" leitet sich vom altgriechischen "idiotes" ab, was so viel wie "Privatperson" bedeutet. Es bezeichnete in der Polis Personen, die sich aus öffentlich-politischen Angelegenheiten heraushielten und keine Ämter übernahmen. Das hat unter anderem Tocqueville in "Der alte Staat und die Revolution" (1856) beschrieben. (Dogville == Tocqueville? Weiß Lars von Trier, was er tut?) Und hier stoßen wir auf genauso viele Fundstücke wie bei den anderen drei Parabeln: Das Private ist Politisch. Stoffer möchte den inneren Idioten in die Welt entlassen und damit die zurückgezogene Kommune mit der Gesellschaft verbinden, um Veränderungen herbeizuführen.

Shownotes

Mitwirkende

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Micz Flor
Erzähler
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Florian Clauß
Der Flo

Transcript

0:00:01–0:00:04
Okay, Wireless läuft.
0:00:08–0:00:10
Okay, ja läuft.
0:00:10–0:00:11
Nee, noch nicht.
0:00:19–0:00:25
Hallo und herzlich willkommen bei eigentlich Episode 39, wie angetründigt.
0:00:25–0:00:31
Das ist die Fortsetzungsepisode zur letzten, wo wir über Dogma95 und das Fest
0:00:31–0:00:32
von Winterberg gesprochen haben.
0:00:33–0:00:37
Heute wird uns Mitch, Idioten von Lars von Grier, präsentieren.
0:00:38–0:00:43
Eigentlich Codcast heißt im Reden Laufen und Reden Laufen und jetzt ist der
0:00:43–0:00:48
Regen ein bisschen weniger geworden, aber es wird ein weiteres Regenfeld kommen.
0:00:49–0:00:54
Ich bin gespannt, was du jetzt zu Idioten... Ich habe mich ja auch ein bisschen
0:00:54–0:00:57
mit einem Auge darauf vorbereitet.
0:00:57–0:00:59
Ich hoffe, ich brauche das.
0:00:59–0:01:02
Du hast es auf jeden Fall auch gut.
0:01:02–0:01:03
Ich brauche deinen inneren Ioden.
0:01:03–0:01:08
Den inneren Ioden, da sind wir schon bei einem Stichwort.
0:01:08–0:01:18
Wir stehen jetzt hier vor dem Cottbusser Tor. Wir werden Richtung Ostkreuz laufen
0:01:18–0:01:21
und in die Reichenberger Straße lang.
0:01:21–0:01:25
Du hast mich noch mal hier zu diesem Ort geführt, Mitch. Warum hast du mich hierher geführt?
0:01:25–0:01:31
Wir stehen jetzt gegenüber von diesem, da drüben, Misia-Kar-Schiess heißt das, glaub ich, 1984.
0:01:32–0:01:36
Alles neu gemacht, dann zwischendurch im Laden. Aber du kennst die Location aus dem Film.
0:01:39–0:01:42
Helligemann. Aber wir sind ja auch da schon mal langgelaufen.
0:01:43–0:01:44
Da hatten wir ja schon mal drüber gesprochen, ne?
0:01:45–0:01:45
Ah, okay, genau.
0:01:45–0:01:46
Das war meine Rotkäppchen-Episode.
0:01:48–0:01:51
Da sind wir durch ... Ja, ja, da hatten wir ja schon, und dann hatten wir schon
0:01:51–0:01:54
die Szene gesponnen. Und jetzt kann ich sie reinlegen.
0:01:54–0:01:57
Ich find's halt einfach gut, so als Opener, wenn wir das nochmal...
0:01:57–0:02:02
Weil in diesem Film ist ja auch diese Mauerfeld, ja, und dann kommt hier...
0:02:02–0:02:05
Hallo, ich bin doch Micha aus Eisenach, oder irgendwie, und kommt so durch die
0:02:05–0:02:08
Mauer durch auf Herr Lehmann zu und spricht mit ihm.
0:02:08–0:02:11
Und da zerbricht irgendwie sowas von diesem Kreuzberg.
0:02:12–0:02:17
Und ich finde das deshalb einen ganz guten Anfangspunkt, weil...
0:02:17–0:02:20
In dem Film Idioten, um das schon mal von da weg zu nehmen, geht es ja auch
0:02:20–0:02:22
irgendwie darum, um so eine Gruppe von Menschen, die halt versuchen,
0:02:23–0:02:27
nach eigenen Regeln irgendwie zusammen zu leben und sich da auch irgendwie so
0:02:27–0:02:29
eine eigene Philosophie zusammenzuschrauben,
0:02:29–0:02:33
wo es zwar auch einen Anführer gibt, aber was eher so kommunenhaft sein soll.
0:02:33–0:02:36
Und das ist halt irgendwie so ein Moment, wo so eine Welt einbricht in die Welt,
0:02:36–0:02:40
die man sich hier halt irgendwie in dem Kreuzberg, Herr Lehmann ist ja schon
0:02:40–0:02:41
auch so eine sehr fragile,
0:02:41–0:02:45
aber sehr ausdrücklich in sich selbst geschlossene Welt, die dann da irgendwie
0:02:45–0:02:51
mit dem mauerfall komplett und das deutet dann diese letzte szene an ja komplett irgendwie auch ins,
0:02:53–0:02:59
Und damit sind wir jetzt dann eben immer noch irgendwie gefühlt in der gleichen Episode.
0:02:59–0:03:08
Wir haben eben gerade über Dogma 95 gesprochen, heute haben wir über den ersten
0:03:08–0:03:09
Dogma-Film gesprochen.
0:03:10–0:03:17
Ja, wir haben ja auch explizit gesagt, dass wir in einem Take aufnehmen, das heißt in einem Arm.
0:03:18–0:03:21
Und Mitch, haben wir da noch Anmerkungen zu dem,
0:03:22–0:03:26
das Fest, also wir können auch verraten, wir haben eine kleine Pause gemacht,
0:03:26–0:03:30
uns aufgewärmt und uns sind nochmal zwei, drei Sachen durch den Kopf gegangen
0:03:30–0:03:34
und ich glaube, du hast es nochmal so ganz gut zusammengefasst, dass...
0:03:34–0:03:38
Ja, also ich glaube, das waren zwei Sachen, weil ich finde, das eine ist natürlich,
0:03:38–0:03:43
dass das Thema von das Fest ist halt einfach wirklich so dramatisch,
0:03:44–0:03:54
dass ich gedanklich immer davor zurückschrecke, das als Parabe für irgendwas zu sehen.
0:03:54–0:03:58
Das möchte ich also gar nicht machen, weil du hast gemeint, so dieses gesellschaftliche,
0:03:58–0:04:00
die Gesellschaft, in die es so eingebunden ist und das finde ich,
0:04:00–0:04:05
das ist auf alle Fälle legitim, das so zu sehen, zu gucken, wie man mit so individuellem
0:04:05–0:04:09
Elend und Tabubrüchen in der Gesellschaft nicht umgehen möchte und das irgendwie
0:04:09–0:04:10
verdrängt und so außen vor lagert.
0:04:12–0:04:16
Aber das ist an diesem Thema, das im Film angelegt ist,
0:04:17–0:04:22
orientiert und das finde ich total legitim und ich wollte deshalb aber noch
0:04:22–0:04:28
eine Sache ergänzen, die dann vielleicht eine Form von Interpretation ist,
0:04:28–0:04:34
dass dieses Zwillingsthema von den Zwillingen,
0:04:34–0:04:43
die vom Vater missbraucht wurden und die Schwester hat sich umgebracht und deren
0:04:43–0:04:46
Zeugnis ist ja dann auch noch der Beweis, dass es wahr ist.
0:04:47–0:04:50
Und der andere Zwilling ist der, der,
0:04:53–0:04:57
der das aufdecken will. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, er will Rache,
0:04:57–0:05:02
aber er möchte das aufdecken und er möchte nicht, dass es einfach nur weggeschoben wird.
0:05:03–0:05:07
Also, er ist ja auch ein unglaublich proaktiver Charakter.
0:05:08–0:05:08
Ja.
0:05:09–0:05:13
Er hat, er ist, also, ich mein, als Opfer traumatisiert.
0:05:13–0:05:17
Auf der anderen Seite, so wie er im Film auftritt und dieses Thema immer wieder
0:05:17–0:05:22
nach vorne bringt und dabei auch immer wieder diese Rückschläge erleidet,
0:05:22–0:05:26
ist er ja so, er will es an die Öffentlichkeit bringen, ja?
0:05:27–0:05:29
Und das macht ihn auch so stark als Charakter.
0:05:30–0:05:34
Und ich glaube einfach, als Motiv, weshalb man diesen Film dann irgendwie doch
0:05:34–0:05:38
gucken kann und auch so eine gewisse Euphorie über diese Aufdeckung erleben
0:05:38–0:05:41
darf und das auch zulassen kann, ist wirklich dadurch, dass es Zwillinge sind,
0:05:42–0:05:43
es sind als Zwillinge angelegt,
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die Hälfte ist gestorben und die Hälfte deckt auf.
0:05:47–0:05:53
Und ich glaube, dass das anders gar nicht möglich wäre, Man braucht,
0:05:54–0:05:57
um das zu kompletieren, diesen toten Anteil.
0:05:57–0:06:01
Man braucht diesen Anteil, der nicht weiterleben konnte.
0:06:04–0:06:12
Und das, finde ich, ist durch dieses Zwillingsmotiv sehr gut hergestellt worden.
0:06:13–0:06:13
Ja.
0:06:13–0:06:20
Dass nicht eine Person beides tragen muss. dass aber dieses notwendige,
0:06:20–0:06:25
große, nicht aushaltbare Leid trotzdem vorkommen kann in der Abwesenheit.
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Und das wollte ich irgendwie dann nochmal nachlegen. Das ist dann irgendwie
0:06:28–0:06:32
so eine filmische Thematik oder dramaturgische Thematik.
0:06:33–0:06:39
Aber in der Essenz eben zu sagen, nur dadurch, dass es diese tote Zwillingsschwester
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gibt, ist er komplett als Figur im Film,
0:06:44–0:06:49
die Abwesenheit, dieses Gestorbene, das muss da sein.
0:06:50–0:06:55
Und gleichzeitig, weil es nicht da ist, kann man sich dann trotzdem auch mit ihm verbünden.
0:06:56–0:07:01
Er muss keine inneren Dilemmata als Rolle austragen, weil das wird eben über die ...
0:07:02–0:07:04
Tote zu Linksschwester ...
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Ja, das finde ich eine wichtige und gute Beobachtung in dem Zusammenhang.
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Und auch diese Dynamik, die der Film bekommt.
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Und ... ja, einfach diese ...
0:07:14–0:07:18
Diese ... diese ... diese Aktion von der Figur Christian, ja?
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Das ist vielleicht auf so einer, aber das kannst du wahrscheinlich besser einordnen,
0:07:24–0:07:32
auf so einer psychotherapeutischen Ebene nachvollziehbarer in dieser Zwillingsfigur.
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Ja, und das möchte ich halt eben gerade nicht machen, weil ich möchte jetzt
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nicht in diesen Film, der letztendlich dann eben doch, und da sind wir wieder
0:07:39–0:07:41
bei Dogma, kann Dogma überhaupt,
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die Realität abbilden, wenn es versucht Reale aufzunehmen, ohne zu sehen,
0:07:45–0:07:49
es ist dann eben doch nie die Realität und das sind eben doch Schauspieler.
0:07:49–0:07:53
Und das ist eine erfundene Geschichte, eine Geschichte, die so inszeniert ist,
0:07:53–0:07:58
dass sie etwas in allen auslöst, was sich mit dem dahinterliegenden Thema verbündet.
0:07:58–0:08:04
Aber in keiner Weise kann man die Performance oder das Narrativ oder das Setting
0:08:04–0:08:10
oder sowas jetzt da rausholen und sagen, ah, hier sieht man genau, wie es ist.
0:08:10–0:08:14
Das könnte nur jemand tun, der oder die ...
0:08:16–0:08:20
Sich mit diesem Erlebten so verbinden kann, dass die Person dann sagen könnte,
0:08:21–0:08:25
für mich ist es so und so. Aber ich möchte da gar nicht ...
0:08:26–0:08:28
Gar nicht den Film ...
0:08:30–0:08:32
Ähm, nutzen, um so was zu tun.
0:08:32–0:08:37
Ich glaube, es geht auch eben ... dock mal um die Frage nach Authentizität.
0:08:38–0:08:42
Aber auch einen respektvollen Umgang mit dem Thema.
0:08:43–0:08:43
Mhm.
0:08:43–0:08:45
Und das ist eben auch ...
0:08:47–0:08:57
Für eine größere, also für eine Gesellschaft dann auch so konsumierbar wird, ne?
0:08:57–0:09:00
Und das hat das Fest, glaube ich, ganz gut geschaffen.
0:09:00–0:09:07
Also mit diesem schwierigen Thema doch eine große, also dieses Tabuthema irgendwo
0:09:07–0:09:08
gesellschaftlich zu platzieren.
0:09:08–0:09:14
Ja, auf jeden Fall. Ja, es ist natürlich auch ein Thema, was dann ...
0:09:14–0:09:18
Wenn man über Traumata und so spricht, was einfach ...
0:09:19–0:09:23
Wo Welten zusammenkommen, die auch nicht zusammenpassen. Da kann ich nur sagen,
0:09:23–0:09:26
es gibt von Ferencsi, ein ungarischer Psychoanalytiker, einen sehr frühen Text.
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Der heißt, glaub ich, Sprachverwirrung in Deutsch. Ich weiß den Titel nicht, aber fällt mir dazu ein,
0:09:33–0:09:37
der sich mit diesem Thema sexueller Missbrauch auseinandergesetzt hat,
0:09:37–0:09:41
daran getastet hat, weil damals in den sehr frühen Jahren der Psychoanalyse
0:09:41–0:09:43
ja schon so Spuren aufkamen, dass das,
0:09:44–0:09:48
was lange Zeit Hysterie hieß, also etwas, was von der Gerbärmutter her kommt,
0:09:49–0:09:50
dass Frauen sind hysterisch,
0:09:51–0:09:55
dass da immer mehr in den Erinnerungen irgendwie dann klar wurde,
0:09:55–0:10:05
da ist sexueller Missbrauch mit im Spiel und das wurde dann von der männlichen,
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von dem männlichen Blick irgendwie so weg, erstmal zur Seite geschoben.
0:10:12–0:10:17
Es hat lange gedauert, dass man dann sagte, okay, vielleicht sind die Zahlen
0:10:17–0:10:22
andere als die, die wir uns zusammen hoffen.
0:10:22–0:10:23
Ja.
0:10:23–0:10:26
Und da gibt's diesen Text, den können wir vielleicht verlinken.
0:10:26–0:10:31
Der ist auch inzwischen sowieso in gemeinfrei von Ferencsi.
0:10:32–0:10:36
Der das noch mal, find ich, gut versucht, in Worte zu fassen,
0:10:36–0:10:38
einfach zu gucken, Sprachverfolgung.
0:10:38–0:10:42
Es gibt keine gemeinsame Sprache zwischen Kindern und Erwachsenen,
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wenn es um sexuelle Wünsche geht, die gibt es nicht. Ja.
0:10:45–0:10:51
Ganz verkürzt gesagt. Und das, find ich, hat er sehr gut klargestellt.
0:10:51–0:10:55
Und aber auch in sehr einfachen Worten.
0:10:58–0:11:00
Ja, soviel nochmal zum Festen.
0:11:00–0:11:05
Also, das nochmal zum einen zum Nachtrag und das, wie du es nochmal so zusammengefasst hast,
0:11:07–0:11:16
das Fest war vielleicht der erste und der einzige Film, der eben alle Dogma-Regeln,
0:11:17–0:11:23
so befolgt hat und damit eigentlich auch Dogma dann wieder gestorben ist, mit das Fest.
0:11:24–0:11:32
Eine ganz komprimierte Ansicht für die Filmbewegung Dogma 95.
0:11:32–0:11:37
Ja, Proof of Concept, also Regeln drei Jahre später Film.
0:11:38–0:11:43
Sonderpreis der Jury bekommen in Cannes. Und das würde mich noch mal interessieren,
0:11:43–0:11:46
weil Idioten war auch im gleichen Wettbewerb.
0:11:47–0:11:48
Ne, Idioten kam später raus.
0:11:48–0:11:52
Ne, der kam auch 98 raus und der war, glaube ich, auch 98 in Cannes.
0:11:52–0:11:54
Aber der ist leer ausgegangen.
0:11:54–0:11:54
Ah.
0:11:57–0:11:59
Meinst du, die beiden waren beide im Fest der Welt?
0:11:59–0:12:04
Ja, das würde mich halt auch noch mal interessieren. Weil das war irgendwie so ...
0:12:04–0:12:06
Oder war der in Venedig?
0:12:06–0:12:07
Nee, das war, glaub ich, alles in Cannes.
0:12:08–0:12:11
Gut, wir sind gut vorbereitet, wie man merkt.
0:12:11–0:12:17
Ja, also Lars von Trier hatte davor eben mit Breaking the Waves mit einem Nicht-Dogma-Film,
0:12:18–0:12:20
... Wo das Kochexperiment schiefgegangen ist.
0:12:24–0:12:28
Also Lars von Trier war viel in Cannes, war der Liebling von Cannes,
0:12:28–0:12:30
wurde irgendwann dann später von Cannes verbannt,
0:12:31–0:12:36
aber zu der Zeit ist er dann auch mit Idioten eben bei Cannes gewesen,
0:12:36–0:12:43
hat aber keinen Preis bekommen, hatte davor mit Breaking the Waves die goldene Palme bekommen.
0:12:44–0:12:48
Was kein Dogma-Film war, was aber nach dem Dogma-Manifest gedreht wurde.
0:12:50–0:12:53
Und wenn man Lars von Trier hört und auch Winterberg, hatten wir ja in der letzten
0:12:53–0:12:58
Folge schon, die sind beide einfach da auch total entspannt und sagen,
0:12:58–0:13:00
es muss nicht alles Dogma-Film sein. Darum geht es gar nicht.
0:13:01–0:13:05
Es geht nur darum, irgendwie ein Manifest zu schaffen, was Regeln über Bord
0:13:05–0:13:09
schmeißt und gleichzeitig neue Regeln zuzulassen, die gute Geschichten erzählen
0:13:09–0:13:14
können und die auch mit einfachen Mitteln erlauben, Filme zu machen und ihnen
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eine gewisse Bühne zu geben.
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Also wenn ihr mit Dogma95 jetzt,
0:13:20–0:13:23
also mit dieser Folge eingestiegen seid, dann würden wir empfehlen,
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die davor nochmal zu hören, weil wir da ausführlich über das Regelwerk von Dogma95
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sprechen und das setzen wir jetzt einfach voraus für die, für die Folge.
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So, also der Film Idioten von Lars von Trier, der ist auch 19,
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also ich mach mal einen kurzen Überblick, was ich versuche, was wir vielleicht
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hinkriegen. Herr Lehmann haben wir schon gemacht.
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Das Zweite ist, ich wollte eigentlich in der Skarlitzer Straße lang laufen,
0:13:49–0:13:54
um dieses Kinothema allgemein noch mal zu setzen, weil die Skarlitzer Straße,
0:13:54–0:13:59
das hatte mir ein Befreundeter der Filmemacher mal erzählt, hatte ihm ein alter
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Taxifahrer mal erzählt, das war,
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wenn man von der Warschauer Straße kommt, als die Mauer noch nicht stand von
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Herr Lehmann, also Davor war das so, dass die Taxis oft aus der DDR rüber in
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die BRD nach Westberlin gefahren sind.
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Und in der Skaldeser Straße gab es so unglaublich viele Kinos.
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Ich habe seitdem immer so mal den Wunsch, nochmal in so alte Zeitungsarchive
0:14:21–0:14:25
zu gucken, wo so Kinoprogramme drin sind, zu schauen, welche Kinos denn da wirklich waren.
0:14:25–0:14:31
Der meinte, der war damals eben noch in den 50er Jahren auch als Taxifahrer unterwegs.
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Der meinte, der hat immer dann die Leute rübergefahren, so am Freitagnachmittag oder am Wochenende.
0:14:37–0:14:39
Eiszeitkino war wohl auch eins dieser Kinos.
0:14:39–0:14:41
Eiszeit-Movimento ist da auch.
0:14:42–0:14:46
Das fand ich ganz interessant. Wir laufen jetzt aber nicht die Skalitzer,
0:14:46–0:14:48
weil die ist einfach zu laut zum Aufnehmen.
0:14:48–0:14:53
Aber wir laufen an der viel ruhigeren Kopfsteinpflasterstraße entlang.
0:14:55–0:14:56
Ja, das stimmt.
0:14:57–0:15:02
Also ich wollte dann heute ein bisschen kurz mit dem Film, hab schon angefangen,
0:15:02–0:15:06
kurze Zusammenfassung geben, aber dann eigentlich eher in so Hypothesen gleich
0:15:06–0:15:11
einsteigen, weil entweder hat man den Film schon gesehen oder man würd den eh
0:15:11–0:15:13
nicht gucken, dann hört man auch diesen Podcast nicht.
0:15:13–0:15:17
Und hab dann so drei Parabeln oder Hypothesen dazu.
0:15:18–0:15:22
Das eine ist halt, ist der Film Idioten irgendwie so was, eine Parabel über
0:15:22–0:15:28
das Kino in der Gesellschaft? Also Kino ist die Gruppe der Idioten und die Gesellschaft
0:15:28–0:15:30
setzt sich damit auseinander.
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Das zweite, dann wirklich diese Dogma 95.
0:15:33–0:15:36
Ganz kurz, willst du das nochmal so ausführen?
0:15:36–0:15:37
Ja, ja, das mach ich dann nachher.
0:15:37–0:15:39
Achso, du willst die erstmal so vorstellen.
0:15:39–0:15:44
Ich möchte die Leute jetzt binden, dass sie bleiben. Ah ja. Weil es regnet,
0:15:44–0:15:46
wir husten, keine Ahnung wie der Sound ist.
0:15:46–0:15:50
Also die geile Hypothese, die wir hier haben. Die zweite Hypothese ist dann
0:15:50–0:15:53
noch tiefer in die Filmindustrie.
0:15:53–0:15:58
Also ist Dogma 95, sind diese Idioten, die ihren inneren Idioten suchen,
0:15:58–0:16:03
sind das die Dogma 95 Leute innerhalb der Filmindustrie, die umgibt,
0:16:03–0:16:04
wir sind umgeben von der Filmindustrie.
0:16:05–0:16:09
Und dann gehe ich aber auch noch mal so ganz raus und wir gucken mal drauf,
0:16:09–0:16:17
auf so einer politischen Ebene, also dass es wirklich dann um diese Frage auch von Idiotie geht,
0:16:18–0:16:23
die dann vordergründig immer wahrgenommen wird als Geisteskrankheit oder wie auch immer.
0:16:23–0:16:26
Das heißt, wir gucken uns da mal ein bisschen die Geschichte der Psychiatrie an.
0:16:27–0:16:27
Ganz schnell. Okay.
0:16:28–0:16:34
Aber auch eine zweite, eine zweite Deutung beziehungsweise eine zweite Bedeutung,
0:16:34–0:16:42
die ich da irgendwie spurenhaft fühle, was dann auch mit Lars von Triers Film Dogville zu tun hat.
0:16:43–0:16:43
Ja.
0:16:43–0:16:47
Und vielleicht aber auch nur mit dem Titel des Films. Das kommt dann später.
0:16:48–0:16:52
Da geht es dann also um Individuen, Gruppen oder was in der Gesellschaft.
0:16:52–0:17:01
So, also wir haben schon gesagt, der Film Idioten ist 98 entschieden, ist 117 Minuten lang.
0:17:01–0:17:06
Regie hat Lars von Trier und weil es halt irgendwie, sagen wir mal 95 ist,
0:17:06–0:17:11
taucht er nicht als Regisseur in den Titeln auf, namentlich.
0:17:11–0:17:16
Er hat aber auch das Drehbuch geschrieben, was der Legende nach nur vier Tage
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gedauert hat. dann ging es gleich in die Produktion.
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Er hat auch die Kamera gemacht, was ich ganz beeindruckend finde.
0:17:23–0:17:26
Er hat da auch wohl viel Spaß gehabt. Er hat in einem Interview auch mal erzählt,
0:17:27–0:17:31
er war aber auch so ein bisschen neidisch auf die Gruppe der Schauspieler,
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Schauspielerinnen, die halt einfach so da sich so richtig reinbegeben konnten.
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Und er musste hinter der Kamera dann noch ...
0:17:37–0:17:39
Er konnte keinen Sex machen, ne?
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Das hat er so nicht gesagt, aber er hat jealous, hat er gesagt.
0:17:44–0:17:46
Also, er könnte neidisch oder eifersüchtig sein.
0:17:46–0:17:48
Ja, wahrscheinlich, weil er keinen Sex macht.
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Das ist jetzt eine Interpretation.
0:17:51–0:17:55
Ja, ja. Aber jetzt muss man auch noch mal, weil ich so drauf rumreite,
0:17:55–0:17:59
der Film Idioten hat explizite Sexszenen.
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Das hat man so in der Form auch noch nicht im Kino, in so einem normalen Film so gesehen.
0:18:06–0:18:09
Lars von Trier, ich weiß nicht, ob ihr das auch noch erzählt,
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aber der hatte auch eine Produktionsfirma, die Pornos produziert hat. für Frauen.
0:18:18–0:18:23
Also, das heißt, er ist da auch dem Genre jetzt nicht fremd, ne?
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Und, ähm, ich ... Ja, also, das fand ich, hab ich ... Damals hat mich das ein
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bisschen geschockt, aber irgendwie war's dann auch sehr natürlich.
0:18:32–0:18:37
Mhm. Nee, das wusste ich gar nicht so. Aber ja, es gibt explizite Sexszenen,
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und es war wohl im norwegischen Vertrieb irgendwie, wo es dann doch in die Kinos
0:18:42–0:18:45
durfte, und das wurde dann gefeiert ...
0:18:45–0:18:51
Als eben der erste Film, der im Kino mit Distributionen gezeigt werden durfte,
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der explizite Sechsszenen hatte, so aber ja.
0:18:56–0:19:04
Der Schnitt wurde von Molly Marlenes-Densgaard, die viele Lars von Trier,
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fast alle Lars von Trier ab 1994 geschnitten hat.
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Die hat auch den geschnitten und der, einer der Hauptdarsteller, der Stoffer spielt. der,
0:19:20–0:19:26
Der heißt Jens Albinus. Der hat später auch bei Dancer in the Dark und bei Nymphomaniac mitgespielt.
0:19:28–0:19:35
Und wichtig auch noch, eine der zentralen Rollen, Karin, gespielt von Bodil Jorgensen.
0:19:36–0:19:39
Die ... für ihre Darstellung ...
0:19:40–0:19:43
Sagen wir mal, des Publikums, das ist so eine Hypothese von mir.
0:19:43–0:19:46
Also, die ist wir anfangs.
0:19:48–0:19:49
Weil sie die Beobachterin allnehmt.
0:19:49–0:19:50
Die einzige war die Preise.
0:19:50–0:19:54
Also, sie nimmt ja so die Position der Beobachterin.
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Genau, die führt uns ein.
0:19:58–0:20:02
Aber führt das dann existenziell aus?
0:20:02–0:20:06
Ja. Idioten wurde 1998 zu einem Filmfestspiel von Cannes eingeladen.
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Und hat aber dort keine Preise bekommen, hat später ein paar Preise bekommen,
0:20:10–0:20:20
aber vor allen Dingen eben auch Odin Jorgensen, die in Dänemark für beste Darstellerin gewonnen hat.
0:20:21–0:20:26
Und diese Karin, jetzt mach ich mal so eine ganz kurze ... Kennst du den Film Jacob's Ladder?
0:20:26–0:20:26
Ja.
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Bei Jacob's Ladder gibt's zwei Schnittversionen. Die eine Version ist ...
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Directness-Cut und die andere nicht.
0:20:34–0:20:37
Ja, ich weiß nicht, worum die heißen. Bei der einen ist es so,
0:20:38–0:20:43
dass der Hauptdarsteller ist im Vietnamkrieg und irgendwie wird dann für tot
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erklärt, aber ist er dann irgendwie doch nicht und hat dann so Halluzinationen.
0:20:47–0:20:50
Alles so ein weirder Film, den irgendwie alle kennen und ich weiß gar nicht
0:20:50–0:20:52
mehr, wo ich den gesehen hab.
0:20:52–0:20:57
Im Kino oder im Fernsehen, keine Ahnung. Jeder kennt den, aber irgendwie weiß ich gar nicht, warum.
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Und in einer Version ... stirbt er quasi in Vietnam.
0:21:04–0:21:07
Und dann geht das alles später in Amerika wieder los mit den Halluzinationen.
0:21:07–0:21:11
In der anderen Version ist dieser ... Er ist tot in Vietnam,
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am Ende von diesen ganzen Halluzinationen geschnitten.
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Das heißt, da wird das alles wie so ein Todeskampf zusammengefasst.
0:21:18–0:21:23
Ja, das ist so großartig, das hat mich umgehauen damals bei dem Film,
0:21:24–0:21:30
diese Version, dass du eine Sterbesszene-Sequenz hast, die über anderthalb Stunden geht.
0:21:31–0:21:35
Das ist ein bisschen wie Sixth Sense, nur intelligenter.
0:21:36–0:21:40
Und ich möchte jetzt mal so eine, einfach mit einem Jacob's Ladder,
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Zusammenfassung der Szene.
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Und zwar nehme ich damit den Schluss auch vorne weg. Also, das ist der Riesen-Plotz,
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weil, und zwar Karin, ich will nur über Karin sprechen, Karin ...
0:21:51–0:21:55
Ähm ... hat ein Kind, das Kind ist gestorben.
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Sie konnte damit überhaupt gar nicht umgehen.
0:22:01–0:22:03
Landete in der Psychiatrie.
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Und ... Wurde da irgendwie so weit stabilisiert, oder hat sich wieder so weit
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gefangen, dass sie wieder zu Hause leben kann.
0:22:13–0:22:17
Aber die Familie zu Hause, nachdem sie aus der Psychiatrie entlassen wurde,
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hat halt jetzt einfach eine Karin, die sabbernd am Tisch sitzt,
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weil die auf schwere Medikationen ist.
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Damit wäre dieser ganze Teil von der Gruppe, die da die Idioten sind,
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auf die wir gleich genauer eingehen, zusammengefasst als Karens Fantasie über
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die Zeiten der Psychiatrie.
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Und zum Schluss wird sie ja auch von einer von den, in Anführungszeichen,
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Pflegerinnen oder so, wie man sie bezeichnen möchte, begleitet, zurück zur Familie.
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Und da in gewisser Weise abgegeben.
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Und man sieht dann eben, Karin, wie sie dann da ...
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Mit halb offenem Mund so Kuchen rauslaufen lässt.
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Das ist aber eine ganz, also das ist ja wirklich so eine völlige ...
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Crazy.
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Perspektivwechsel inside-out.
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Das ist eine, genau, Sushi-Roll inside-out. Aber ich find's irgendwie auch mal
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ganz gut, weil man da nicht so ganz reingeht, sondern wirklich bei dieser Geschichte bleibt.
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Weil der eigentliche Showdown ist ja wirklich zum Schluss Karin.
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Man weiß nichts über Karin.
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Wenn man aber nur Karin beobachtet, dann ist das dazwischen einfach ihre Zeit in der Psychiatrie.
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Das finde ich einen ziemlich genialen Kniff, ja. Das folge ich dir.
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Ja, und ... Und wenn wir jetzt in die Geschichte zurückgehen, dann ist Karin,
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wie wir später eben erst wissen, nachdem ihr Sohn oder Tochter,
0:23:43–0:23:49
das wird, glaub ich, gar nicht klar, gestorben ist, sitzt sie in einem Restaurant
0:23:49–0:23:54
und zwei Männer am Tisch nebenan, Die benehmen sich komisch, stehen absurd drauf.
0:23:54–0:23:56
Dann können die Leute nicht mit umgehen.
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Dann werden die rausgeschmissen. Der eine greift sie bei der Hand und zieht sie mit raus.
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Und nimmt sie einfach so mit. Sie lässt sich dann auch da mitnehmen.
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Und die kommen dann zum Schluss von dieser Escape-Szene ...
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Also lernen sie einfach kennen. Es gibt so eine Gruppe, die in gewisser Weise
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geführt wird von Stoffer, die wie so eine Kommune leben. Die leben in einem
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Haus von Stoffers Onkel, was irgendwie verkauft werden soll.
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Und er soll da irgendwie aufpassen und das Haus vorführen.
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Der Onkel weiß anfangs, unglaublich, der weiß gar nicht, dass die da drin als Kommune leben.
0:24:35–0:24:39
Und die versuchen, in ihrer Kommune, das ist so ein bisschen die ...
0:24:40–0:24:44
Die Grundhaltung, diesen inneren Idioten zu finden.
0:24:44–0:24:47
Der innere Idiot, was das genau ist, wird nicht so richtig klar.
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Aber wir sehen einzelne Leute immer wieder in ihren Dayjobs,
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die halt irgendwie eine Volkshochschule lernen oder so.
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Und die dann ... Ach, wir müssen uns noch kurz unterstellen.
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Es ist einfach zu nass.
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Und dann aber immer wieder eben zur Kommune zurückkehren. Die Kommune versucht ...
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Raum zu geben, oder ein Setting zu sein, in dem unglaublich viele Dinge passieren dürfen.
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Das kommt eben auch zu den Sexszenen, die du schon beschrieben hast.
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Das war's für heute, wir sehen uns beim nächsten Mal.
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Ja, und es gibt einfach auch so kuriose Einzelszenen, wo die da Weihnachtsschmuck
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verkaufen wollen und klingeln dann.
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Und das ist das, was ich so meinte mit Herr Lehmann am Anfang.
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Du hast halt ... Du folgst natürlich den ProtagonistInnen, die ...
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Die das Idiotische spielen. Und wenn die dann an der Tür klingeln,
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dann bist du bei denen und weißt aber auch, dass die irgendwie spielen.
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Und dann geht die Tür auf und die Leute sind perplex und wissen nicht,
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wie sie damit umgehen können.
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Leute, die sich fürs Haus interessieren, werden dann irgendwie auch abgeschreckt,
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weil gesagt wird, sie wissen aber schon, dass da eben im ersten Stock eine Psychiatrie ist und ja.
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Also diese Figuren, Idioten, bewegen sich ja auf so einem, wie soll man sagen,
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gesellschaftlichen Randbereich, dass die ja auf der einen Seite durch ihre Aktion
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dann eine gewisse Gruppe von Menschen diffamieren,
0:26:25–0:26:29
aber auf der anderen Seite dadurch auch Vorteile rausholen.
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Ja, genau, das wird immer wieder auch herangeführt. Weil sie dann diese Idioten
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spielen, kriegen sie dann bestimmte, also für das Haus dann Förderung.
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Aber gleichzeitig haben ja die Mitglieder der Gruppe auch ein gesellschaftliches Leben.
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Das heißt, es bleibt immer so in so einem Gruppenkern dieses Spiel,
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ja, aber es verlässt nicht diesen Gruppenkern, ja, es gibt ja Aber das wird
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ja dann, das ist ja dann was, was Stoffer irgendwie auch so mit diesen Flaschen
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drehen oder so, dann irgendwie so ins Team.
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Genau, er versucht das dann so auszubrechen, aber es bleibt irgendwie in dieser
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Gruppe drin und dann dieser Mut, dann nach außen zu gehen und zu sagen,
0:27:07–0:27:11
ich spiele auch den inneren Idioten in meinem Umfeld,
0:27:12–0:27:18
wird ja nur konsequent dann von Karin, aber aus einer anderen Motivation, dann zu Ende geführt.
0:27:18–0:27:21
Und es gibt aber auch Szenen, die einfach erschütternd sind.
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Innerste irgendwie nach außen gekehrt wird, ist schon spät, und mir fallen die
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Namen jetzt nicht mehr alle ein, aber die ... war das Johanna oder so?
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Die von ihrem Vater abgeholt wird, die dann irgendwie reale,
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in Anführungszeichen, psychische Probleme hat, Medikamente nehmen müsste, was sie nicht getan hat.
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Die ja auch dann in Liebschaft eingeht mit einem Jungen, eine romantische Liebe,
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wo sie auch dann in so einem ganz klaren Moment sagt, ich liebe dich.
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Die wird dann abgeholt, und Stoffer kann dann auch nichts und will auch nichts wirklich dagegen tun.
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Und gleichzeitig ist das schon so eine Sache, wo ich das Gefühl hab,
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dass dieses Innerste spürbar wird. Also die Verzweiflung, so bestimmte innere Sachen.
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Wem jetzt das Innerste ... Also jetzt von der Gruppe oder von den Personen?
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Nee, von denen, die da wirklich betroffen sind. Also der eine,
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der ... ich weiß nicht mehr, wie er heißt, der, mit dem sie zusammen ist dann,
0:28:16–0:28:20
der dann erst gar nix macht und dann aber ganz verzweifelt im Auto ist und so.
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Der möchte nicht, dass sie geht.
0:28:22–0:28:27
Es ist ja auch unklar, ob sie gehen müsste oder nicht. Kann sie das selber bestimmen?
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Oder hat der Vater die Bestimmungsmacht über sie, aber sie geht dann irgendwie
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mit? Es ist eine ganz unklare Situation.
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Das ist ein Punkt, wo wir später noch mal draufgucken müssen,
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was heißt denn Geisteskrankheit?
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Also ... Weil das ist ja schon ein Thema, was in dem Moment spürbar wird.
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Darf die da bleiben oder nicht? Wer entscheidet das?
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Nein, also diese Entmündigung quasi von einem Individuum.
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Ja. Und dieser Punkt, ich glaub, Josephine heißt sie, wo sie abgeholt wird,
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ist dann so der Punkt, nachdem Stoffer auch anfängt, das ein bisschen zu forcieren
0:29:02–0:29:06
und zu sagen, wir müssen diesen Idioten jetzt auch rauslassen.
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Also, der muss raus in die Gesellschaft.
0:29:08–0:29:10
Aber es passiert nicht, ein paar Leute versuchen das.
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Axel verfeigert das und zieht sich aus der Gruppe zurück. Und dann ist dieser
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Abendschullehrer, der das dann irgendwie auch versucht, aber dann nicht wirklich durchzieht.
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Und die Gruppe zerfällt so ein bisschen daran an dieser Unmöglichkeit,
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sich nach außen zu öffnen und das innere Wissen nach außen zu tragen in die
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umgebende Gesellschaft, was immer das auch sein soll.
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Und Karin ist allerdings die, die sie sich stellen möchte und nimmt dann eben
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die Unterstützung von Susanne an, mit der sie zusammen zurück zu ihrer Familie fährt.
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Und dann gehen wir schon auf die Schlussszene zu.
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Und da kommt es eben dazu, dass wir in dieser Szene merken oder erfahren,
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dass Karins Kind gestorben ist.
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Und zwischendrin gibt es die eine Szene, wo sie, glaube ich,
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auch schon zu Susanne, diese Späterfiktion auch, der irgendwie sagt sowas,
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ich darf gar nicht so glücklich sein. Ist so ein Satz, den sie zwischen dem Film sagt.
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Und Susanne sagt, natürlich darfst du glücklich sein. Wir wissen in dem Moment
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noch nicht, dass sie natürlich unglaubliche ... also unglaubliches Leid erfahren hat.
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Was sie dann wahrscheinlich auch motiviert hat, so von jetzt auf gleich einfach
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wegzurennen, in dem Moment, als sie im Restaurant ist.
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Und später erfahren wir eben, dass dieses ... gestorbene Kind und das Leid und
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so, dass das natürlich schon Schuldgefühle auslösen kann, wenn's einem auf einmal
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spaßig gut geht, wenn man mit Leuten, die Idioten spielen, durch die Straßen läuft.
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Sie geht dann zurück. In dieser letzten Szene ist es so, dass die Familie da
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sitzt, und sie war zwei Wochen weg.
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Dann sagt irgendjemand, wir dachten, du seist tot oder so. Ihr Mann ist erst
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gar nicht da. Der kommt dann, die essen alle Kuchen.
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Sie war nicht bei der Beerdigung.
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War nicht bei der Beerdigung, das ist total wichtig. Und der Mann ist auch völlig gefühlskalt.
0:31:03–0:31:06
Ich mein, der ist natürlich in dem Moment auch nicht mehr mit seiner Frau zusammen.
0:31:06–0:31:07
Ihr Mann.
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Und der Vater des Kindes auch. Den hat sie dann alleine mit der Beerdigung zurückgelassen.
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Sie fängt dann eben an, diesen inneren Idioten ... Dieses Tropfen aus dem Mund,
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so der Kuchen kühlt dann raus.
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Ihr Mann schlägt sie ins Gesicht.
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Ähm ... Und ... Ja, das ist irgendwie was ... Der Mann leidet auch sehr.
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Aber trotzdem freut er sich jetzt überhaupt gar nicht, seine Frau zu sehen,
0:31:35–0:31:36
von der sie dachten, sie sei tot.
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Da war nicht viel spürbar.
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Ja, ich mein, das ist natürlich auch immer die Frage, wie dann der individuelle
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Umgang mit Trauer ist. Also, es ist ja ... Also, Schock und Trauer.
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Und der Mann dann in Aggression.
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Und die Frau einfach in ... in Eskapismus.
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Ja, genau, es sei denn, sie war wirklich jetzt einfach in der Psychiatrie,
0:32:01–0:32:03
kommt zurück, ist auf Tabletten und saugt beim Kaffee.
0:32:04–0:32:06
Also das ist, das gäbe es auch.
0:32:06–0:32:13
Ja, wenn man dann so quasi den psychiatrischen Blick im Sinne von Medikation
0:32:13–0:32:17
und Verhalten dann auch so aufsetzt.
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Für den Schluss, ja.
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Genau, und Karin und Susanne verlassen dann aber wieder diese Wohnung. Das ist der Schluss.
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Ähm ... Eine direkte Assoziation, die ich mit dem Film hatte,
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weil diese ganze, das hab ich jetzt verkürzt und dargestellt,
0:32:32–0:32:37
aber dieses Idiotenhafte, das ist auch schon ... Also, man tut sich schwer,
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das heute so anzuschauen.
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Also, das in Anführungszeichen normale, in Anführungszeichen unnormale Spielen. Ähm ...
0:32:46–0:32:48
Du hast es dir noch mal angeschaut.
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Ja, aber da geht man dann irgendwie, also irgendwie fand ich das schon nochmal
0:32:53–0:32:54
schwierig, das heute zu sehen.
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Echt interessant, ja. Von den Blickgewohnheiten, also den Sehgewohnheiten?
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Von der Repräsentationsebene, also wer spielt hier wen für wen.
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Okay, also weil wir dann auch einfach der Diskurs quasi auch um jetzt in dem
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ganzen gesellschaftlichen Umfeld dann auch sich weiterentwickelt hatten, man hat so gewisse...
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Es ist genau so festgeklebt in der Zeit wie die Qualität der Bilder auf Video
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damals und die Pullis, die die tragen.
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Das ist alles so 90er Jahre.
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Das ist irgendwie da so festgeklebt. Und ich weiß noch, dass ich das damals mutig fand.
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Wir hatten vorhin schon die Volksbühne erwähnt, da war ja auch irgendwie viel
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von dem, was auf der Bühne passiert, war ja auch hinreißend und aber manchmal
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auch so hingerissen, man wollte das aber sehen. Es hatte so eine Echtheit.
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Aber jetzt zu sehen, wie normale Behinderte nachmachen und man soll darüber
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lachen, das fällt mir schwer.
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Aber das war ja auch schon damals so. Das war ja genau dieses Fremdschämen,
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dieses Irgendwie-darf-man-das.
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Dieses ... hat ja der Film die ganze Zeit immer so wieder ...
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Hochgespült, ne, die Frage. Insofern fand ich den ...
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Jetzt wahrscheinlich noch viel schwieriger zu ertragen, weil einfach genau dieses ...
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Wie man bestimmte Sachen einordnet und so weiter, ist ja dann auch nicht mehr
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... Also, du konntest da noch Sachen sagen damals, wo man heute sagt,
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nee, geht halt nicht. So sagt man nicht.
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Also, Mann im Sinne von ... ist überhaupt nicht mehr diskussionswürdig.
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Oder andersrum, es ist sichtbar geworden, dass das so nicht geht,
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und damals war's unsichtbar.
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Ja, das hat ja so ein bisschen losgelöst, also diese Fragen, ja.
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Ja, und da ist es dann so, dass ich das damals noch irgendwie auch gut teilen
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konnte, dieses Gefühl, weil wenn die das für sich machen, ist es noch mal was
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anderes, als wenn die das dann vorspielen für die Gesellschaft.
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Ja, weil wenn man das, wenn alle wissentlich für sich ...
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Ja, klar, dann hast du natürlich einen geschützten Raum und so.
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Aber dann ist es ja Gruppentherapie oder ein Gruppenspiel.
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Aber dann ist es ja irgendwie ... Es geht ja quasi um die Konfrontation mit der Gesellschaft.
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Und damit auch die Vorteile oder die Dynamiken oder die Situation,
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die entstehen eben in dieser Konfrontation. Ja.
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Und das ist ja das, was der Film dann ausspiegelt.
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Ja. Und wo man auch immer dieses Problem bekommt, das ist ja schlimm.
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Ich schäme mich dafür, dass die das machen.
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Ja, das stimmt. Ja. Jetzt ganz kurz ein Hinweis, wenn jemand auf die GPS-Track ist.
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Es regnet immer noch so. Ich kann nicht mehr in diesem Regen.
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Ich bin hier schon ein bisschen erkält, deshalb stehen wir jetzt einfach still.
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Das ist jetzt so ein dicker Punkt wahrscheinlich im Track.
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Eine Assoziation, die ich mit dem Film jetzt hatte, noch mal,
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die ich damals nicht haben konnte, war ein Film von 1974,
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der hieß Sweet Movie von dem serbischen, damals jugoslawischen Regisseur Dujan Makavejev.
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Ich weiß nicht, ob du von dem mal gehört hast.
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Nee, habe ich nicht.
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Der ist deshalb nicht unbekannt,
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weil es gibt ein einziger Berlinale in Berlin, in der keine Preise vergeben
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wurden, weil die Jury komplett zurückgetreten ist. Und da war er mit in der Jury.
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Ähm, und ... dieser Film von 1974 war, glaub ich, eine deutsch-französisch-kanadische Koproduktion.
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Und der ist einfach irgendwie das absolute Gegenteil von Dogma. Und das absolute ...
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Aber es ist alles irgendwie so sichtbar. Ja, dieser Film, da geht's irgendwie
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auch um Sexualität. Es ist auch Sex on Screen. Es ist fürchterlich,
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es gibt so Handlungsstränge.
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Aber dieser Film ist einfach total ... Es war eine komische Szene.
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Es war eine explizite Sexszene, eine echte Sexszene auf dem Bildschirm.
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Der ist fürchterlich. Du merkst, der geht so richtig in deine Gedärme rein.
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Hast du den auch geguckt?
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Ja, den hast du vielleicht sogar auch gesehen, weil als Mute Magazine 2010 ihren
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Booklaunch hatten, Proud to be Flash, im Basso-Club, damals in der Köpenicker,
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Straße, da haben die den Film gezeigt. Da hab ich den gesehen.
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Der war ... ja. Und das ist auch der ... Wenn ich mich recht erinnere,
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ist es so, dass der gleiche Regisseur auch eben als früheren Film Der ist eigentlich
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nämlich auch Psychologe und hat dann aber einen Film gedreht bei Wilhelm Reich,
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der ja eher so im Körper, Körperarbeit, Körpertherapie, Charakterpanzer auch
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irgendwie verhaftet ist.
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Und mit dem Film ist er dann zum Film gekommen und hat dann bis,
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hat es bis in die Berlinale Jury geschafft.
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Und in dem, ja, diesen Film verlinken wir einfach. Das war so eine Assoziation.
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Der ist ganz anders. Du siehst in jeder Sekunde, das ist ein gestellter Film.
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Der Da passiert Improvisation, aber du hast nie das Moment, du bist nicht an
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einem Set, alles voller Props, alles total überdreht und bunt und so was.
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Aber er hat eben auch zum Grundthema diese inneren Idioten. Irgendwie verbinden
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die sich sehr gut, finde ich, die beiden.
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Gut, damit kommen wir jetzt in den zweiten Teil. Wir gucken mal drauf.
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Also deine Thesen, die du am Anfang vorgestellt hast?
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Die Thesen, die ich am Anfang vorgestellt hab. Eine Sache wollte ich noch vorneweg
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wissen, weil das habe ich in unterschiedlichen Halbwissen zusammengeklaubt.
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Drei Punkte, an denen dieser Film doch von diesem Dogma 95 Manifest abweicht.
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Genau, also wo er die Regeln bricht.
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Ja, genau.
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Also vielleicht auch sogar vier Punkte.
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Na, ich bin gespannt. Also ich habe drei gefunden, die habe ich unterschiedlich
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zusammengeklaubt. Der Wikipedia-Eintrag der Deutschen sagt, die Einheit des
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Ortes wird nicht eingehalten.
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Ich weiß ehrlich, ich habe es jetzt genau eins zu eins so mir gemerkt,
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als Wortlaut, weil ich nicht genau weiß ... Es geht um Ort und Zeit,
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und das muss alles irgendwie sein.
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Aber es ist natürlich, springt es hin und her. Aber auf jeden Fall,
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vielleicht gibt es Szenen, in denen ein Schnitt passiert, wo man an einem anderen
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Ort ist. Das hätte so nicht sein dürfen.
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Das Zweite ist die Tatsache, dass mit Video aufgenommen wurde.
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Was in dem Originaltext, wie man es versteht, ein Problem wäre.
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Lars von Trier im Interview, das hatte ich in der letzten Folge gesagt,
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sagt dazu nee er fand auch video wäre eigentlich nicht möglich gewesen eigentlich
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hat er sich schon selber disqualifiziert aber die haben gesagt der andere name ist mir,
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gerade kann ich nicht abrufen, aber die hätten dann irgendwie gesagt,
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nee, es geht nur darum, Academy 35, wenn es auf Distribution geht,
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das muss das finale Format sein.
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Man darf ja auch mit 16 Millimeter drehen und dann das hoch aufblasen.
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Und dann haben sie abgestimmt, und Lars von Trier hat gestimmt,
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Video ist nicht dogmakompatibel.
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Die anderen haben gesagt, doch, und dann mit Ascent Films, da meinte er, das ist kein Thema.
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Und das Letzte ist noch aus einem anderen Podcast, wo jemand meinte,
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es gibt auch für die Musik eine Harmonika, die reingeschnitten ist,
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aus dem Off, wo man nicht sieht, wie die Musik gemacht wird.
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Das ist die Schlussszene. Das ist die Schlussszene, die gibt's tatsächlich auch.
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Die hab ich mir auch noch mal angeguckt auf YouTube.
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Und dann dacht ich auch so, das ist nicht doch wahr.
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Die Musik, die ... Du hörst, es wird geschnitten, und du hörst die Musik weiter durchspielen.
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Kann ich nachvollziehen. Also aber vielleicht, ich muss noch mal überprüfen,
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aber das dachte ich auch. Und die vierte?
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Ich dachte, Lars von Trier nennt sich am Ende vom Abspann als Namen, weiß ich nicht.
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Aber das kann sein, das ist für Drehbuch oder Kamera, er darf ja nicht für Regisseur.
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Ja, okay. Okay, das könnte, hast du den Film noch irgendwo in, oder?
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Ja, wir gucken rein.
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Wir gucken noch mal rein, wir bestätigen das noch mal.
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Genau. Und das Lustige ist auch da, ich habe irgendeinen Trailer gefunden,
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wo Moby ankündigt, dass sie den streamen werden, also dass sie den auch im Programm haben.
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Und da steht dann so ein Idioten, zwei Sekunden und dann schwarz mit dem Titel
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directed by Lars von Trier.
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Das ist gleich im Trailer drin. Da darf man das scheinbar.
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Okay, aber jetzt zurück nochmal zu den, oder hinein in die Interpretation.
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Jetzt hat es ein bisschen mit dem Regen aufgehört.
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Wir können hier rum zurückgehen.
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Da kann man durchgehen?
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Da kann man durchgehen.
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Ich bin nicht so, weißt du, ich muss ein bisschen ...
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Du kannst nicht so viel laufen. Ich habe extra meine Wanderschuhe mit Gore-Tex.
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Wir müssen langsam gehen.
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Langsam.
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Wir pendeln langsam schon wieder zurück Richtung Cottbuser Tor.
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Da steht auch mein Rad.
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Also, meine erste Spielwiese für eine Interpretation wäre die Parabel zu sagen,
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diese Kommune, diese Menschen, die den inneren Idioten suchen und die diese
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ganzen Ausflüge unternehmen, im Sommer auf der Skischanze,
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Weihnachtsdeko im Sommer verkaufen, Diese einzelnen Storys, das ist einfach
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eine Parabel für das Kino in der Gesellschaft.
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Also es gibt einfach eine Gruppe, eine in sich geschlossene Filmindustrie.
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Insofern vielleicht auch eine Kritik an der Filmindustrie.
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Die so für sich selbst da ist, die auch so einen inneren Anspruch hat,
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hey, wir machen hier wirklich was.
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Aber jedes Mal, wenn es zu einer ernsthaften Berührung zwischen dieser Filmindustrie
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und der Gesellschaft kommt, dann fällt das alles immer so ein bisschen in sich zusammen.
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Niemand darf im Film bleiben, sondern der Papa holt halt seine Tochter dann irgendwann ab.
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Und auch die Karin, die am Anfang da sich in den Eskapismus begibt und diesen
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Film genießt ... Irgendwann ist es halt zu Ende, in dem Fall,
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in der Geschichte so, weil die Industrie in sich selbst irgendwie ...
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Merkt, sie kommt nicht aus sich selbst heraus, ist nur selbstreferenziell.
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Und dann fällt das Ganze in sich zusammen.
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Das wär so, find ich, so eine naheliegende ... ähm ...
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Parabel, wo man sagen könnte, was will dieser Film sagen? Dann würde dieser Film sagen,
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das Kino versucht ganz viel, ja, mit vollem Einsatz, ganz viele Menschen,
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die sich selbst öffnen, die sich selbst versuchen, dann zu finden,
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sich authentisch darstellen wollen.
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Aber im Endeffekt ist es halt nie real und es ist nie wirklich und es ist nie
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echt, weil die Menschen sind halt im Endeffekt doch Schauspieler.
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Und jedes Mal, wenn man dann diesen Moment, der so echt sich anfühlt,
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denkt, den bringe ich jetzt in die richtige Welt, dann ist die Welt eben doch anders.
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Man bleibt unter Haltung und das Politische in diesem ganzen verpufft jedes
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mal wenn man halt versucht zu sagen jetzt kann ich jetzt kann ich wie ein präsident
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agieren jetzt kann ich auch präsident sein also das geht in der form nicht das
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wäre so diese erste parabel zu diesen idioten,
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Soll ich die einfach so runterleiern?
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Nö, nö, nö, nö, nö. Ja, nee, ähm ... Also, das ... die Gruppe ...
0:44:35–0:44:40
Ist quasi der dramaturgische Raum. Und damit, äh ...
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Damit auch die Leinwand im Kino. Oder ... ich versuch, diese Kinometapher da grade aufzulösen.
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Ja, Kino ist vielleicht das falsche Wort. Also, eher Filmindustrie, Filmproduktion.
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Also, diese ganze Idee, dass man ... diese ... ähm ...
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Diese Traumfabrik, wie es ja manchmal auch heißt, in diese Gesellschaft hineinstellt.
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Und dass es vielleicht dann eben Leute wie Stoffer gibt. Stoffer ist ja quasi
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der Regisseur. Der Regisseur, der Lars von Trier nicht genannt werden darf.
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Der dann irgendwie versucht, hey, wir machen jetzt mal was so und so.
0:45:16–0:45:18
Also die versuchen auch, was Politisches zu schaffen.
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Die versuchen, das Eigentliche, wie unser Podcast heißt, so in Menschen zu finden,
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diesen inneren Idioten. Und wenn man das tut, dann kann man was bewegen.
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Das muss man auch wieder in die Gesellschaft raustragen.
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Das ist ja so eine politische Haltung, die dann in der Industrie vielleicht
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auch gegeben ist. Nicht bei allen, aber bei manchen.
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Und dass diese politischen Ambitionen aber irgendwie verpuffen,
0:45:42–0:45:45
weil es eben doch, wie du vorhin schon gesagt hast, mit dem Wort Eskapismus,
0:45:45–0:45:50
dass eben doch was bleibt, was nie echt ist. Es kann nicht echt sein.
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Und beim Theater weiß man, dass es nie echt ist, beim Film vermutet man im Impro,
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dass es irgendwie echt ist, aber es ist dann eben doch nicht echt.
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Ja, aber was ich finde, rein emotional, weiß ich nicht, so richtig aufgeht in der Metapher, ist,
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der Eskapismus schafft ja Räume, die angenehm sind.
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Während diese Welt der Idioten überhaupt keine angenehme Welt ist,
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sondern es ist einfach mit komischen, ambivalenten Gefühlen verbunden.
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Aber so auf so einer ... Also, es schwelgt.
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Stimmt, aber es ist ja dann trotzdem Karin, die am Anfang bei der Hand genommen wird.
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Und die in gewisser Weise uns als Zuschauer an die Hand nimmt und da hineinführt,
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die ja diesen Moment hat, wo sie sagt, ich war noch nie so glücklich.
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Das ist ja ein echter emotionaler Moment, den Sie da drin erleben.
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Aus der Perspektive der Person, ja. Aber wenn man das jetzt dann aus dieser
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Perspektive von Gruppe und Zuschauerraum betrachtet,
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finde ich das nicht, weil es,
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ja, also vielleicht in diesen ...
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Es geht ja immer ein Spiel mit Grenzen. Es ist ja immer so eine Frage von ...
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Wie soll man sagen, dann so, ja, nicht Wutbürger, aber so jemand,
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der aufsteht und irgendwie gegen die Gesellschaft anrennt.
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Das ist ja so immanent da drin.
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Also deswegen ist es ja nicht so einfach konsumierbar.
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Was jetzt, der Film per se oder das ...
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Nein, nein, nein, nein. Nee, aus dieser Idee von Eskapismus oder von ...
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Es ist ja so, die müssen ja alle irgendwie, also sowohl der Zuschauer wie auch
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die Gruppe selber und die Akteure müssen ja alle irgendwie Energie aufwenden, um das zu machen.
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Also, es gibt ja schon so ... Und es ist ja nicht von ...
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Es kommt ja ... Es ist ja nicht so einfach konsumierbar, ja?
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Und ich versuche gerade so diese Metapher von Stoffer als derjenige, der die Regie führt,
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die Gruppe anleitet und die Conclusio daraus ist...
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Ja, das ist, was ich sagen will, ist, dass Stoffer mit seinen Ambitionen etwas
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zu verändern, die Welt zu verändern durch das Kino. Dass der dann irgendwie
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mit den Flaschen drehen und den inneren Idioten raus... Der hat ja eine Mission.
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Und dass da irgendwie in dem Film aufgezeigt wird, dass Kino...
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Oder die Filme... Es bleibt irgendwie selbstreferenziell. Es kommt nicht so ganz aus sich heraus.
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Und es bleibt fiktiv. Und es kann diese Brücke in die Politik nicht gut schlagen.
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Okay, ja, also ich kann es so ansatzweise nachvollziehen, aber es ist mir noch
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nicht so ganz rund, dass es läuft.
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Genau, und das habe ich auch gedacht. Okay, gehen wir mal einen Schritt weiter
0:49:03–0:49:07
und zoomen mal rein und sagen, nee, vielleicht geht es nicht um die Filmindustrie
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in der Gesellschaft, sondern vielleicht ist es ja gleich nicht.
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Also ich glaube nicht mal Lars von Trier, alles was man so bei Lars von Trier
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reindeutet, Ich bin mir echt unklar, wie viel Konzeption und Intuition da ist.
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Aber tun wir doch mal so, als ob Lars von Trier da einen Film gemacht hätte,
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der als zweiter Dogma-Film, nachdem der erste die Preise abgeräumt hat,
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der zweite dann irgendwie das Kapitel schon schließt.
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Und diese Idioten sind die Dogma-Leute.
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Ja? Und rundherum ist die Filmindustrie. Und die dürfen jetzt ja mal irgendwie
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so ihr Ding machen und dann dürfen die halt so Höh, du darfst den Namen nicht
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nennen und du darfst auch nicht und wir haben jetzt diese Regeln und wir machen
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was immer wir wollen. Also es wird aber irgendwie...
0:49:59–0:50:04
Es ist in sich schön anzuschauen. Wir gucken uns quasi so ein bisschen wie bei
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Hamlet, das Theater im Theater, an.
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Wir gucken uns quasi den Dogma-Film im Dogma-Film an.
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Und drumherum, die Gesellschaft ist die Filmindustrie, die macht so ihr Ding, ja.
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Die wollen halt die großen Häuser verkaufen, die wollen bauen,
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machen, hier und da. Die haben ihre Regeln.
0:50:20–0:50:23
Und da muss man auch, da muss man bestimmt vernünftig essen,
0:50:24–0:50:25
sonst wird man einfach nicht ernst genommen.
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Aber es gibt diesen kurzen Moment, wo halt diese Dogma-Leute jetzt so ein bisschen
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Plitschplatsch so alles aufwühlen.
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Und dann zerbröselt es aber auch schon wieder hinten raus.
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Und was übrig bleibt, sind dann halt eben die Hoffnungen von Leuten wie,
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äh, Karin, die dann vielleicht steht für jemand, die sich eingelassen hat,
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aus der großen Filmindustrie, auf dieser Innovationszug aufzuspringen und dann hinten raus.
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Aber merkt ja jetzt, scheiße, jetzt ist das weg, Aber zurück kann ich auch nicht mehr.
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Da wird es dann, finde ich, ein bisschen greifbarer und irgendwie ganz lustig.
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Aber ich glaube natürlich nicht, dass es eine Intention ist,
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von Lars von Trier zu sagen, ich mach jetzt einen Dogma-Film und mach damit den Sack gleich zu.
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Weil der andere Dogma-Film räumt eh die Preise ab.
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Und ich mach dann halt den, wo man nachträglich dann im Regen in Kreuzberg endlich
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draufkommt, dass ich hihihi wusste, Dieses Dogma ist halt quasi,
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wir müssen Rudelbumsen und danach will es keiner mehr wissen.
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Du bist ja so auf der Meter-Meter-Ebene unterwegs,
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gerade.
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Ja, ja, aber das wäre eben diese Parabel-Idee.
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Ja, nö, kann nicht irgendwie so...
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Wobei natürlich die Frage von Kontinuität, von eben so Filmschaffenden und es
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ist ja doch eine Singularität in dem Film, die Filmgruppe, also die Idiotengruppe, ne.
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Aber kann ich auch, okay, ansatzweise.
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Gut, ja, also es ist schon spät. Ich ratte mal weiter, ne, weil das Dritte,
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also wir haben jetzt das Dritte und das Vierte hängt irgendwie so ein bisschen
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zusammen. Ist das jetzt so ...
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Politik ... Also, Politik, jetzt gehen wir da mal raus aus diesem selbstreferentiellen Filmthema.
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Es gibt ja diesen Adorno-Satz, der immer so oft überall zitiert,
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es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Hast du bestimmt auch schon gehört.
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Das war doch so eine Facebook-Kachel.
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Wie eine Facebook-Kachel? Ach so, okay. Nee, das ist ... Genau,
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ein Kalenderspruch von Adorno.
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Also nutze den Tag, es gibt kein richtiges Leben im Wald.
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Ja. Und das, finde ich, ist natürlich was, was sich so auftränkt,
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ne? In dem Moment, wo Stefan so anfängt zu scheitern, dass man denkt,
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ja, es gibt halt kein richtiges Leben im Wald. Und sollte dieser innere ...
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Idiot halt irgendwie wirklich die Lösung für alles sein, solange drumherum der
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nicht ankommt, das ist ja auch deren Haltung, wird sich nichts verändern.
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Also wir müssen das Richtige, was wir tun, jetzt in diese falsche Welt reinbringen
0:53:05–0:53:06
und alles richtig machen.
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Und da habe ich so gemerkt, es gibt ja so eine ganze Reihe von Filmen,
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die ein ähnliches Motiv haben, wo es eine abgeschlossen, also wo es zwei Welten gibt, die sich treffen.
0:53:16–0:53:22
Und bei diesen Berührungen dieser beiden Welten, da entsteht die Geschichte.
0:53:22–0:53:28
Die Geschichte, das ist jetzt zum Beispiel, ich weiß nicht, fällt dir eine ein?
0:53:28–0:53:31
Ich habe drei aufgeschrieben, vielleicht fällen dir auch andere ein.
0:53:32–0:53:40
Also Filme, die zum Gegenstand haben, dass in einer und derselben Welt zwei Welten.
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Stranger Things.
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Stranger Things, relativ neu.
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In der Popkultur verhaftet.
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Nein, das ist ja gar nicht schlecht. Dann gibt's noch den, wie hieß noch mal
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der Typ ... Ah Gott, ey, es ist schon spät.
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Videodrome hat der Regisseur von ...
0:54:00–0:54:00
Cronenberg.
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Cronenberg, und der hat den Film ... Ähm ...
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Naked Lunch.
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Nein, der andere, der tolle, wo es diese Level gibt, so Inception-mäßig, wo ...
0:54:14–0:54:16
Ja, das ist doch Existenz.
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Existenz, ja. Das wär zum Beispiel auch so ein Film.
0:54:19–0:54:19
Ja, ja.
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Wie heißt der?
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Matrix.
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Matrix hab ich mir auch aufgeschrieben. Von 99. Die Truman Show von 98.
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Ja, ja, ja.
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Und was ich vom Charakter her am ähnlichsten finde in der Art ist ...
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Kennst du The Village von ...
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Was?
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The Village von 2004, von M. Night Shyamalan?
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Den kenn ich gar nicht.
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Den kennst du gar nicht?
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Nee, ich red den Film nicht, aber...
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Kennst du nicht den Film? Vielleicht kennst du ihn.
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Ja, verlinken wir einfach. Da geht's darum, du siehst so ein Village,
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also wirklich so ein altes Dorf, so Quaker-mäßig in Amerika.
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Und in diesem Dorf, das ist mitten im Wald. Und in dem Wald sind halt irgendwie ...
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Irgendwelche Geschöpfe, Monster, wir wissen es gar nicht, wir sehen die gar
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nicht genau. Dann sind auf einmal so Farbmarkierungen an bestimmten Türen im Dorf und so.
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Und ... ähm ...
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Ist der gut?
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Ich finde den super.
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Soll ich den nicht mal spoilern? Nee, spoilern nicht, den will ich sehen.
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Okay.
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Ist das ein Horrorfilm?
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Doppelter Horrorfilm.
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Oh, also Meta-Horror.
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Ja, ja, Meta-Horror. Metaweise Horrorfilm. Und bei diesem Film jetzt hier,
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es ist auch so, es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Den inneren Idioten in die Gesellschaft bringen. Da hab ich gedacht,
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was ist denn dieser Idiot?
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Also, wenn Dinge Parabeln sein dürfen, hab ich geguckt, was ist eigentlich Idiot?
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Und wir haben ja eben dieses ...
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Banale Bild von Depp, so, ach, jetzt reiß dich mal zusammenmäßig.
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Es gibt dann ein klinisches Bild von Idioten, also in der Psychiatrie,
0:56:11–0:56:13
und die kriegen Medikament oder so.
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Aber in der Bedeutung gibt es auch eine uralte Herleitung, eben von vor 1.000 Jahren, wie immer.
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Da waren das Personen, die sich aus den öffentlich-politischen Angelegenheiten,
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herausgehalten haben und keine Ämter wahrgenommen haben im alten Griechenland.
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Das heißt, jemand, der keine Verantwortung übernommen hat, sich nicht mit eingebunden
0:56:33–0:56:36
hat, wurde als Idiot bezeichnet.
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Und es wurde sogar dann in einer attischen Demokratie wurde dann eine Person,
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die sich während einer Volksversammlung öffentlich dem Nichtstun widmete, wurde bestraft.
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Also es war quasi so ein Wunsch.
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Zu partizipieren, oder eben zu bestrafen, wenn du nicht partizipierst.
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Ja, interessant. Ja, nee, ich mein, dann ist ja auch so ... gesellschaftliche
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Verantwortung ist ja auch so eine große Frage in einem Film.
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Die ... sie entziehen sich der gesellschaftlichen Verantwortung,
0:57:12–0:57:14
sie führen ja noch mehr Gesellschaft vor.
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Und ... in der Definition ist es ja sehr nachvollziehbar.
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Und jetzt ist ja die Frage, hat Lars von Trier, und jetzt mache ich einen riesen Jumpcut,
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inhaltlichen Jumpcut, aber die Frage ist ja, hat Lars von Trier diese Definition
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von Idiot dem zugrunde gelegt oder das, was wir sehen?
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Also soll es dahinter irgendwie was geben?
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Und zuerst fand ich es halt so ein bisschen ...
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Weißt du, was der dänische Originaltitel ... Aber die Konnotation in Dänemark
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weiß man natürlich nicht.
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Da müssen wir jetzt irgendwie unsere Community mal bitten, uns mal Kommentare zu schreiben dazu.
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Aber was ich interessant fand, ist, dass es einen Autor gab im 19.
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Jahrhundert, einen Alexis de Tocqueville.
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Und es gibt diesen Larsen-Triffin-Dockbild. Und der war ...
0:58:19–0:58:22
Der war Politikwissenschaftler, so ein früher Politikwissenschaftler,
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der ein Buch geschrieben hat, 1856, Der Staat und die Revolution.
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Wo er sich damit auch auseinandergesetzt hat in revolutionären Kontexten,
0:58:33–0:58:36
was sind denn so die Vorgänge, die sich da abspielen.
0:58:36–0:58:43
Und der dann auch sagt, dass es oft eben darum geht, dass Bürger nicht abgeholt
0:58:43–0:58:47
werden, mitgenommen werden, nicht eingebunden werden, die Partizipation,
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die sie vielleicht sogar haben könnten, nicht wahrnehmen.
0:58:49–0:58:53
Und dadurch eine Entfremdung stattfindet, die dann letztendlich zum Bruch zwischen
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Regierenden und Regierten sozusagen führt.
0:58:58–0:59:00
Und das führt dann letztendlich zur Revolution.
0:59:00–0:59:06
Dieser Herr Tockwill hat nämlich auch etwas über die Idioten in dieser Definition geschrieben.
0:59:07–0:59:15
Und hat er gesagt, dass man damals eben als Idiotes geboren wurde und auch Idiot blieb,
0:59:15–0:59:22
wenn man nicht mit der Erziehung, der Bildung zu einem politisch bewussten Bürger heranwächst.
0:59:22–0:59:27
Also dass man der Wachstum weg vom Idioten hin eben zum partizipierenden Bürger,
0:59:27–0:59:30
der auch Verantwortung übernimmt für das Ganze.
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Das war Tockvill. Und eben wegen der, das ist mein Jumpcut, Dogville.
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Togville.
0:59:37–0:59:37
Mhm.
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Vielleicht wusste Lars von hier doch, was er da tut, und hat sich irgendwie damit beschäftigt.
0:59:43–0:59:48
Ja, aber ... da müsste man gucken, was Dogville ...
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Warum der ...
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Der Film noch mal so, ne?
0:59:51–0:59:55
Ja, Dogville ist ja dann dieser absolute Nicht-Dogma-Dogma-Film.
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Also, wo du halt nur die Linien auf dem Boden hast und diese ...
1:00:01–1:00:05
Ja, aber trotzdem so einen gewissen inszenatorischen Freiraum.
1:00:05–1:00:05
Ja.
1:00:06–1:00:09
Also Theater. Aber ich hab den tatsächlich ... Ich muss gestehen,
1:00:09–1:00:10
ich hab Dogville nicht gesehen.
1:00:12–1:00:12
Ja.
1:00:12–1:00:14
Aber das beeindruckt dich grade nicht, ne?
1:00:14–1:00:17
Nee, weil ich jetzt meinen Sprung grade nicht mehr so gut hinkrieg.
1:00:17–1:00:20
Wir sind jetzt quasi von dem Satz, es gibt kein richtiges Leben ...
1:00:20–1:00:21
Wir sind ja auch nicht im Dialog.
1:00:22–1:00:28
... sind wir jetzt rumgesprungen zurück in die alte griechische Demokratie.
1:00:29–1:00:29
Ja.
1:00:29–1:00:36
Wo der Idiot der war oder die, die nicht aktiv am Geschehen der Institution
1:00:36–1:00:38
beteiligt waren oder sich da raushalten wollten.
1:00:39–1:00:40
Und wenn mir dann noch mal diesen
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Satz von Adorno, der 1947 in der Minima Moralia aufgeschrieben wurde.
1:00:51–1:00:56
Im amerikanischen Exil hatte er eigentlich, in Anführungszeichen,
1:00:56–1:00:59
eigentlich darüber geschrieben, ähm ...
1:01:01–1:01:10
Wie schwer es ist, für Obdachlose Asyl zu finden, irgendwo unterzukommen und
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sich häuslich einzurichten.
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Und in der ursprünglichen Fassung dieses einen Satzes Bei seinem Draft für Minimum
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Moralia war dieser Satz, es lässt sich privat nicht mehr richtig leben.
1:01:26–1:01:31
Das ist so dieses, keine Ahnung, Down the rabbit hole, würde man bei Alice in Wonderland sagen.
1:01:31–1:01:35
Wenn man da mal so reingeht und das so mitmachen würde, es lässt sich privat
1:01:35–1:01:39
nicht mehr richtig leben, dann ist das ja so ein Druck, den Stoffe auch irgendwie erlebt.
1:01:40–1:01:44
Er will sich zurückziehen, die Kommune ist privat. Ja, das ist dann auch so
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ein Sponti-Spruch, das Private ist politisch so, das heißt diese Private, lasst uns alle in Ruhe.
1:01:52–1:01:56
Das geht nicht, dieses Haushaltsverkauf, denn der Druck ist da,
1:01:56–1:02:00
du kannst nicht im Privaten richtig leben und das verknüpft sich dann eben über
1:02:00–1:02:05
diesen Satz, der umgeschrieben wurde von Adorno, es gibt kein richtiges Leben im Falschen.
1:02:06–1:02:11
Ja, also ich meine, auf der einen Seite gibt es natürlich diesen Kommunenwunsch,
1:02:11–1:02:14
um dann so eine Identität über die Kommune aufzubauen, über die Gruppe.
1:02:15–1:02:19
Auf der anderen Seite ist es ja auch so, dass die genau in dieser Konfrontation
1:02:19–1:02:27
mit irgendwie Gesellschaft draußen dann erst ihre Identitätsbestimmung bekommen.
1:02:29–1:02:33
Also es ist die Frage, ob das tatsächlich so funktioniert im Privaten.
1:02:34–1:02:38
Also die müssen ja diese Konfrontation geben. Also den Raum des Privaten,
1:02:39–1:02:41
das ist ja für die Gruppe völlig uninteressant.
1:02:44–1:02:47
Naja, die wollen ja dieses Haus eigentlich nicht verkaufen, sondern behalten.
1:02:48–1:02:52
Und erst in dem Moment, wenn sie aus dem Privaten rausgehen in die Gesellschaft,
1:02:52–1:02:53
weil Stoffer das so will,
1:02:56–1:03:01
geht das nicht. Also im Privaten geht es, es ist erfüllend, also da ist es dann
1:03:01–1:03:05
irgendwie auch einfach ein Regelwerk und ein Möglichkeitsraum,
1:03:05–1:03:07
den sie sich selbst geschaffen haben,
1:03:08–1:03:12
um Stoffer drumherum irgendwie, der halt dann doch eine gewisse Macht hat,
1:03:12–1:03:13
weil seinem Onkel gehört das Haus.
1:03:16–1:03:23
Aber in diesem Privaten ... ... ist das alles nur ein Leben auf Zeit.
1:03:23–1:03:25
Es gibt ein Verdrängungsgefühl.
1:03:25–1:03:29
Deshalb will Stoffer den Angriff starten und raus in die Gesellschaft,
1:03:30–1:03:32
weil die Gesellschaft von außen drängt.
1:03:33–1:03:34
Die nimmt uns die eine weg.
1:03:35–1:03:38
Der Papa kommt, nimmt die weg, das Haus soll verkauft werden.
1:03:38–1:03:44
Wenn wir nicht aktiv werden, wird uns dieses Paradiesische genommen.
1:03:44–1:03:47
Ja gut, aber die könnten ja auch ganz anders aktiv werden.
1:03:48–1:03:52
Die könnten ja gesellschaftlichen Konsens suchen und irgendwie,
1:03:52–1:03:56
keine Ahnung, da irgendwie so Nachbarschaftshilfe aufbauen und so weiter.
1:03:57–1:04:02
Die gehen ja quasi in Konfrontation mit allen Nachbarn und Umfeld,
1:04:03–1:04:05
um sich dann halt irgendwie so da
1:04:05–1:04:12
wieder so diese Legitimationsrollen dazu bleiben, ne? Deswegen ... ähm ...
1:04:13–1:04:17
Also ich weiß nicht, ich kann da auch nicht so richtig durchdringen,
1:04:17–1:04:23
aber ich fand irgendwie diesen Fund vielleicht ganz gut, dieses Rabbit Hole,
1:04:23–1:04:24
wenn man da reinguckt und denkt, okay,
1:04:25–1:04:31
das Private und das Politische, der innere Idiot im geschützten privaten Raum
1:04:31–1:04:36
ist was Befreiendes und Beglückendes, aber im gesellschaftlichen Raum darf er irgendwie nicht sein.
1:04:37–1:04:42
Ist das Private das Richtige und drumherum das Falsche? Darf man das so sagen?
1:04:42–1:04:47
Oder ist Karin als Beispiel dann auch ihrer Verantwortung in der Familie nicht
1:04:47–1:04:52
nachgekommen, weil sie es einfach nicht geschafft hat und geflohen ist?
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So, das ist einfach nur jetzt so ein Frageraum.
1:04:56–1:04:56
Okay.
1:04:58–1:04:58
Ja.
1:05:02–1:05:05
Ja, und jetzt hab ich gleich noch ein bisschen Psychiatriegeschichte.
1:05:06–1:05:12
Aber ich glaube das ist jetzt das knüpft gar nicht mehr direkt an sondern das ist dann,
1:05:14–1:05:17
Ja, keine Ahnung. Vielleicht ist es eine eigene Folge dazu.
1:05:18–1:05:21
Ja, vielleicht. Also, fänd ich auch spannend, dass aus diesem ...
1:05:23–1:05:26
Psychiatrieblickwinkel wie auch dem soziologischen ... Also,
1:05:26–1:05:30
ich denk da an ... Überwachung und Strafen von Foucault.
1:05:31–1:05:35
Was dann auch in dieser ... Geschichte der Psychiatrie ...
1:05:36–1:05:37
Ja, Wahnsinn und Gesellschaft.
1:05:37–1:05:39
Wahnsinn und Gesellschaft, genau.
1:05:40–1:05:43
Aber die wär jetzt dann auch irgendwie gekommen. aber irgendwie fühlt sich erstens
1:05:43–1:05:49
der Nieselregen zu klamm an gerade, zweitens die Zeit zu fortgeschritten und
1:05:49–1:05:52
drittens aber auch die Anknüpfung jetzt nicht mehr so natürlich.
1:05:53–1:05:57
Nee, ich glaub auch, das ist wirklich so ein eigener ... eigener Kanon,
1:05:57–1:05:58
den wir dann aufmachen müssten.
1:05:59–1:05:59
Ja.
1:06:00–1:06:07
Und ... Und ich find, also in dieser Meta-Erzählung, die du geliefert hast,
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in der Meta-Betrachtung, da kommen ja noch mal so ganz andere ...
1:06:11–1:06:15
Da ist man ja so ganz nah am Medium wieder dran. Und ...
1:06:15–1:06:16
Welche Meta-Betrachtung?
1:06:18–1:06:18
Also ...
1:06:18–1:06:20
Alle erste, die Jacob's Ladder?
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Die zweiten. Die Dogma ... Du siehst ja so über verschiedene ...
1:06:24–1:06:29
Also einmal die erste Hypothese, die du aufgestellt hast, wie auch die zweite,
1:06:29–1:06:36
die dann aus dieser ... die Gruppe dann ... Es befreit sich ja erst mal von diesen ganzen ...
1:06:37–1:06:39
Soziologischen und psychiatrischen ...
1:06:40–1:06:43
Sondern es betrachtet sich erst mal auf so einer Reihenebene,
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wie sich dann Kino inszenieren kann, in welchem Kontext.
1:06:48–1:06:53
Und wie das auch dann rezipiert werden kann. Finde ich erst mal so ...
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Das kann erst mal so stehen gelassen werden bei Idioten. So einen Ansatz habe
1:06:58–1:06:59
ich noch nicht so betrachtet.
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Ich muss auch sagen, ich hätte damals ... Vielleicht können wir noch mal diesen kleinen Hieb machen.
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Können Sie mal gucken, ob deine Aufnahme läuft?
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Ja, hatte ich gerade geguckt.
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Damals, wir hatten ja eine Gruppe von Radio-Macherinnen und Machern,
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Convex-TV, in den 90ern, von 97,
1:07:28–1:07:37
bis 2000. Und wir waren vor allen Dingen im ganzen Bereich Net Radio aktiv und
1:07:37–1:07:41
hatten eine monatliche Sendung produziert.
1:07:41–1:07:46
Und ich hatte damals auch die Idioten rezipiert, einen kleinen Beitrag.
1:07:47–1:07:48
Hast du es dir noch mal angehört?
1:07:48–1:07:49
Ich hab's mir angehört, ja.
1:07:49–1:07:51
Können wir noch mal verlinken?
1:07:52–1:07:55
Willst du es verlinken? Weil du hast ja Piracy betrieben. Was?
1:07:55–1:07:57
Du hast ja Piracy betrieben.
1:07:58–1:08:02
Ich hab ... Ja, das stimmt. Ich hab tatsächlich im Kino aufgenommen.
1:08:04–1:08:09
Das durfte man damals nicht. Verehrt das? Das verehrt bestimmt. Das Delikt verehrt.
1:08:12–1:08:16
Aber das war noch mal so, ich habe versucht nicht zu spoilern,
1:08:18–1:08:23
aber das ist so unsere gemeinsame Mediengeschichte, die sich da auch so zusammenfindet.
1:08:24–1:08:34
Wir waren Mitglieder des Kollektivs ConvexTV und das verlinken wir gerne, weil da gibt es noch...
1:08:34–1:08:37
Die es gibt, haben wir aber eben auch dieses eine Foto auf eigentlich-podcast.de,
1:08:41–1:08:37
in
1:08:41–1:08:44
der About-Section, wo wir Schlingsieb interviewen.
1:08:46–1:08:50
Das ist ja, das habe ich da reingeklebt, weil wir da beide, das war ja die Konvex-TV-Zeit auch.
1:08:52–1:08:52
Ja, das stimmt.
1:08:56–1:08:52
Das,
1:08:56–1:08:58
war 97, glaube ich.
1:08:59–1:09:01
97 zur Documenta, Hybrid Workspace.
1:09:01–1:09:04
Hast du's noch mal gehört, deine Besprechung?
1:09:04–1:09:05
Ja, ja, ja.
1:09:05–1:09:06
Und wie fandst du's?
1:09:06–1:09:11
Ich fand die ... Also, die war so ... so ein bisschen ... Also,
1:09:11–1:09:14
ich fand die sehr ... ähm ...
1:09:15–1:09:17
Wie soll ich sagen, äh, wortstark.
1:09:18–1:09:23
Aber hat nicht so eine richtige Konklusion gebracht. Aber trotzdem in der Zeit sehr stark.
1:09:23–1:09:27
Also, ich hab auch viel mit dem Sound gespielt, weil es war immer so ein Lied,
1:09:27–1:09:30
das angespielt wurde. das dann halt so ausgeführt.
1:09:31–1:09:35
Aber kann man sich mal anhören. Also ist jetzt nicht so stark verjährt wie der Film.
1:09:36–1:09:40
Nee, es ist sehr kurz. Ich hatte irgendwie mehr erwartet.
1:09:40–1:09:41
Ja, ich auch.
1:09:44–1:09:47
Ja, ja, das war sehr kurz, ja.
1:09:48–1:09:52
Aber es ist eben schön, weil es genau diese Convex-TV-Grenze zwischen,
1:09:54–1:09:55
eigenem Stück und,
1:09:58–1:10:01
journalistischer Arbeit ist. Also Filmbesprechungen auf der einen Seite,
1:10:01–1:10:04
aber auf der anderen Seite, wie du schon sagst, macht man halt so ein eigenes Stück daraus.
1:10:05–1:10:10
Also man gibt auch zu, dass das Schreiben, die Wortweise, dass das alles eine
1:10:10–1:10:12
künstlerische Gestaltung der Prozesse ist und das wird auch sehr sichtbar.
1:10:20–1:10:26
Ja, jetzt sind wir wieder an dem Punkt, man hört es am Profil der Autos,
1:10:26–1:10:27
wir sind wieder am Kotti.
1:10:28–1:10:34
Diese Folge ist, glaube ich, für mich wirklich fast eine der most dedicated
1:10:34–1:10:39
Folgen, also diese Nieselregen, dieses alles ist so wirklich bedrängend,
1:10:39–1:10:43
haben jetzt heute, finde ich, wirklich Arbeit geleistet, dass wir das gemacht haben, oder?
1:10:43–1:10:45
Ja, voll. Also du vor allen Dingen
1:10:45–1:10:50
unter den Bedingungen. Aber du hast geliefert, muss man ja auch sagen.
1:10:50–1:10:52
Wir haben geliefert. Lass uns nicht abschütteln.
1:10:52–1:10:56
Ihr werdet uns nicht los. Alle 14 Tage sind wir da bei eigentlich-podcast.de.
1:10:58–1:11:02
Und wenn immer ihr irgendwie so ein Portal findet, wo ihr Podcasts bewerten
1:11:02–1:11:06
könnt und uns hört, dann gebt uns doch eine gute Bewertung.
1:11:08–1:11:15
Und ... Wir sind den Treck gelaufen. Wir hatten irgendwie mit dem Wetter zu
1:11:15–1:11:18
kämpfen, die technischen Bedingungen waren nicht optimal.
1:11:18–1:11:25
Aber wir haben die Reihe eingeläutet von großen Filmbewegungen aus den 90ern.
1:11:27–1:11:32
Dogma jetzt, glaube ich, erschöpfend behandelt.
1:11:33–1:11:37
Ich bin erschöpft. Ich bin auch erschöpft. Auf jeden Fall bin ich erschöpft.
1:11:37–1:11:43
Und werden die nächsten Folgen, oder ich zumindest, vielleicht magst du dann
1:11:43–1:11:50
auch einen Beitrag, über Hyperlink Cinema und Episodenfilm in den 90ern.
1:11:50–1:11:52
Ein revolutionäres Kino.
1:11:53–1:11:55
Da seid gespannt drauf, was da noch kommt.
1:11:56–1:11:57
Mumblecore.
1:11:58–1:12:01
Mumblecore? Mumblecore, nee. Also, Mumblecore schauen wir mal.
1:12:02–1:12:04
Mumblecore. Okay.
1:12:04–1:12:07
Also, macht's gut. Tschüss.

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"Cheers to my dad; a rapist and a murderer."

Flo startet eine neue Reihe im Eigentlich Podcast: Revolutionäre Filme und Filmbewegungen aus den 1990ern, die ihn und die Filmgeschichte maßgeblich prägten – Teil I: Dogma 95 mit "Das Fest" und "Idioten", Teil II: Hyperlink Cinema und Episodenfilm mit Pulp Fiction von Quentin Tarantino und Short Cuts von Robert Altman, 3. Teil: Asian New Wave – Filme aus Hongkong, Südkorea, Taiwan und Japan aus den 90ern. Micz stellt in seiner nächsten Episode den Dogma-Film "Idioten" von Lars von Trier vor, die wir gleich im Anschluss aufnehmen. In dieser Episode präsentieren wir zunächst das legendäre Manifest von Dogma 95, das Lars von Trier und Thomas Vinterberg am 13. März 1995 vorstellten: "The Vow of Chastity" - die zehn Keuschheitsgelübde. Das Dogma 95 Manifest fordert filmische Authentizität durch die Nutzung einfacher Techniken, Handheld-Kameras, natürlicher Beleuchtung und ohne nachträgliche Bearbeitung. Flo überrascht Micz mit der Adaption des Manifestes durch den Comiczeichner FIL mit dem Dogma Comic von Didi&Stulle, der damals in der Stadtzeitung Zitty erschien und für viel Furore sorgte. Bevor wir inhaltlich tiefer in den ersten Dogma-Film "Das Fest" von Thomas Vinterberg aus dem Jahr 1998 einsteigen, gehen auf unserer Laufstrecke rund um den Urbanhafen den Fragen nach: was ist Dogma 95, warum hat sich die Filmbewegung gegründet, was ist der Autorenfilm, woran ist Dogma gescheitert und was sind die Auswirkungen von Dogma 95. Wir entdecken in dem Zusammenhang auch mehrere Filmgenres, die wir vorher nicht kannten: Mumblecore, Mumblegore und the German Mumblecore. Manchmal wird der Ton in einigen - sehr kurzen - Passagen etwas "mumblelig", weil die zu Anfang angepriesene neue Aufnahmetechnik dann doch nicht funktionierte und wir den Ton aus einer anderen Spur mit Deep Learning Technologie recovern mussten. Bitte seht es uns nach, wir lernen auch noch dazu. Nichtdestotrotz viel Spaß beim Hören.

Shownotes

Mitwirkende

avatar
Florian Clauß
Erzähler
avatar
Micz Flor

Transcript

Micz Flor
0:00:00–0:00:05
Hallo, hier sind wir wieder. Eigentlich Podcast jetzt mit der Nummer 38.
0:00:07–0:00:11
Heute präsentiert Florian etwas. Ich weiß auch schon was.
0:00:11–0:00:14
Und wir werden es euch auch gleich sagen, weil wir machen nämlich heute was
0:00:14–0:00:16
Neues. Wir machen direkt zwei
0:00:16–0:00:20
Folgen hintereinander und werden dann einen Schnitt in der Mitte machen.
0:00:20–0:00:22
Flo, möchtest du uns vorstellen, worum es geht?
Florian Clauß
0:00:23–0:00:30
Ja, hallo und herzlich willkommen auch von mir. Stimmt, wir geben uns quasi
0:00:30–0:00:32
die Klinke in die Hand mit unserem Thema.
Micz Flor
0:00:33–0:00:37
Kleine Klinke Stecker mit dem Mikro 3 ,5 mm Klinke in die Hand.
Florian Clauß
0:00:37–0:00:44
Weil ich hatte dir dein Thema verraten, damit du dich auch so ein bisschen darauf vorbereiten kannst.
0:00:44–0:00:48
Eigentlich hattest du ja noch ein anderes Thema geplant, aber du konntest dich ganz gut andocken.
0:00:49–0:00:52
Das liegt auch im Thema begründet.
0:00:52–0:00:58
Wir sind gestartet am Kotti, Kottbusser Tor, und die Admiralstraße runtergegangen
0:00:58–0:01:02
und fliegen jetzt in die Kohlfurter Straße ein und wollen so ein bisschen hier
0:01:02–0:01:04
an den O -Bahnhafen rumtingeln.
0:01:05–0:01:10
Eigentlich, minus podcast .de, das ist beim Reden laufen und laufend reden.
0:01:11–0:01:16
Letztes Mal hatte Mitch festgestellt, alle machen Podcasts, aber er sieht keine.
0:01:17–0:01:22
Bis er dann gleich sehr auf die Idee gekommen ist, dass wirklich nicht alle
0:01:22–0:01:25
beim Laufen reden, so wie wir, und aufnehmen.
Micz Flor
0:01:26–0:01:30
Und vor ein paar Folgen hatten wir diesen Witz mit dem laufend reden und dem
0:01:30–0:01:33
Regen laufen und heute ist das auch wieder der Fall.
0:01:33–0:01:39
Es ist dunkel, wir sind Abend, es ist schon winterlich und es regnet und tropfelt
0:01:39–0:01:43
und ich bange etwas um die Elektronik, aber du bist da optimistisch.
Florian Clauß
0:01:43–0:01:48
Ja, ich habe guckt und das Regenradar an und das Feld ist an uns vorübergezogen.
0:01:48–0:01:51
Hoffe ich auch. Wir haben uns auch was gegönnt, Mitch.
0:01:52–0:01:53
Wir haben ein kleines technisches Upgrade.
Micz Flor
0:01:54–0:01:54
Ja.
Florian Clauß
0:01:54–0:01:57
Und der Klatscher am Anfang ist jetzt nicht mehr nötig.
Micz Flor
0:01:58–0:02:04
Naja, vielleicht. Wir haben diesmal noch eine Hybridlösung mit vier Mikros, jeder zwei als Backup.
Florian Clauß
0:02:05–0:02:09
Super Backup. Wir haben uns nämlich eine kleine Funkstrecke geholt mit zwei
0:02:09–0:02:17
Mikros und mit dem Vorteil, dass wir die Spuren nicht mehr so altertümlich synchronisieren müssen.
0:02:18–0:02:22
Ich hatte beim Schneiden jedes Mal etwas Probleme, weil mir die eine Spur davongelaufen
0:02:22–0:02:25
ist. Aber Mitch, du meinst, es ist kein Problem.
Micz Flor
0:02:25–0:02:27
Ich finde es total super, wir zahlen das aus unserem Day -Job.
0:02:28–0:02:30
Also da braucht jetzt niemand, der hier zuhört, zu sagen, ey,
0:02:31–0:02:35
das habe ich auf Onlyfans in 5 Euro pro dazu geschoben. Das haben wir alles nicht.
0:02:36–0:02:41
Wir bleiben werbe - und sponsorenfrei und haben bis jetzt auch noch keine Spenden
0:02:41–0:02:45
oder irgendwelche Mitgliedschaften, sondern nein, wir machen erst mal alles
0:02:45–0:02:50
qualitativ so hochwertig, dass der Spaß auf höchstem Niveau bleibt.
0:02:51–0:02:52
Die Inhalte sind ja sowieso immer top.
Florian Clauß
0:02:54–0:02:57
Genau, aber wir können, und das haben wir, glaube ich, auch noch nie,
0:02:57–0:03:00
aber wir können ein bisschen um eure Bewertung bugeln.
0:03:00–0:03:06
Das heißt, ihr erlasst uns bei den einschlägigen Podcastportalen wie Apple Podcast,
0:03:06–0:03:09
Spotify sind wir ja nicht, aber andere Bewertungen da.
0:03:10–0:03:17
Und gute, hoffe ich doch, das ist das Einzige, was wir uns dann an Werbung erlauben.
0:03:17–0:03:19
Okay, kommen wir zu dem Thema.
0:03:20–0:03:26
Ich habe eine längere Reihe geplant und zwar ist das so ein bisschen die Frage
0:03:26–0:03:33
von meiner Konditionierung von Filmen, die vor allen Dingen in den 90ern stattgefunden hat.
0:03:34–0:03:41
Dann habe ich mir angeschaut, was sind in den 90ern für große Filmbewegungen
0:03:41–0:03:45
entstanden und welche Filme haben mich da so geprägt.
0:03:45–0:03:51
Und ich werde jetzt die eine Bewegung, die wir heute behandeln wollen, nämlich Dogma 95.
0:03:52–0:03:55
Da haben wir uns dann auch die zwei ersten Filme rausgesucht.
0:03:55–0:03:57
Ich werde das Fest vorstellen.
0:03:58–0:04:01
Und du in der nächsten Folge Idioten von Lars von Trier.
Micz Flor
0:04:02–0:04:07
Genau. Und unser Weg für die, die die Strecke, die wir laufen,
0:04:07–0:04:10
beim Reden verfolgen, ist es so, dass wir dann auch, wenn Idioten kommen,
0:04:11–0:04:14
wahrscheinlich würden wir die Punktlandung auch direkt in der Psychiatrie,
0:04:15–0:04:19
wie Wand des Urbankrankenhauses oder Krankenhaus am Urban ankommen und dann
0:04:19–0:04:22
auch ein bisschen über Psychiatrie reden.
0:04:23–0:04:24
Folge 39.
Florian Clauß
0:04:25–0:04:31
Genau, ich will eine Reihe in Eintritt machen mit den für mich prägenden Filmen
0:04:31–0:04:37
aus den 90ern und das sind zum einen Dogma 95, das hat mich damals nämlich geflasht.
0:04:37–0:04:43
Die anderen Filme, die mich auch maßlos beeindruckt haben, sind die Episodenfilme
0:04:43–0:04:47
und du wirst jetzt heute zwei neue Genres im Kino kennenlernen, prophezeie ich schon.
0:04:48–0:04:52
Nämlich jetzt kommt das eine, das ist ein Hyperlink Cinema.
0:04:52–0:04:58
Wurde das dann irgendwann danach, 2005, von einer Kritikerin der Begriff geprägt
0:04:58–0:05:06
und das ist natürlich in den 90ern Robert Altman mit Shortcuts und Tarantino Pulp Fiction.
0:05:06–0:05:12
Das Tarantino, der Tarantino -Film gilt als Hyperlink Cinema und Hyperlink Cinema,
0:05:12–0:05:16
das leitet sich jetzt nicht von dem World Wide Web -Protokoll ab,
0:05:17–0:05:23
ist sicher damit beeinflusst, aber es geht darum, dass dann Orte und Zeit durcheinander
0:05:23–0:05:28
gewürfelt sind, aber alle Szenen irgendwo miteinander referenziert sind.
0:05:29–0:05:32
Wenn du beim klassischen Episodenfilm wirklich eine Gratlinie Episode,
0:05:32–0:05:38
die erstmal sich nicht trifft, obwohl in der Shortcuts von Altmann so ein bisschen dazwischen liegt.
0:05:39–0:05:45
Da gibt es ja auch so räumliche und leitliche Synchronisation zwischen den einzelnen Erzählsträngen.
0:05:46–0:05:47
Ich weiß nicht, ob du den noch im Kopf hast.
Micz Flor
0:05:47–0:05:49
Ja, dieses Erdbeben ist dann quasi der Punkt.
Florian Clauß
0:05:49–0:05:53
Genau, der Erdbeben, Das ist dann genau, das ist dann die, wo dann alle irgendwie
0:05:53–0:05:54
zusammenkommen an der Stelle.
0:05:56–0:06:00
Und der dritte Block, wo ich dann auch mal gucken, wie viele Filme.
0:06:00–0:06:03
Du bist immer willkommen, auch wenn du einen Film damit machen willst.
Micz Flor
0:06:03–0:06:08
Also ich meine bei Altman und Tarantino, ich glaube, die willst du beide sowieso machen.
0:06:09–0:06:12
Aber okay, machen wir weiter. Und jetzt kommt dann der dritte Block.
0:06:12–0:06:13
Es gibt also immer zwei Filme pro Block.
Florian Clauß
0:06:14–0:06:17
Ja, mal gucken, zwei, je nachdem. Schauen wir mal. Der dritte Lock,
0:06:17–0:06:21
das dritte, was mich total geprägt hat, ist, das heißt,
0:06:22–0:06:25
auch so, ich weiß nicht, ob das wirklich so eine übergeordnete Definition ist,
0:06:25–0:06:29
aber das ist Asian, New Asian Wave Cinema.
0:06:30–0:06:33
Also das heißt, es gab so eine Welle von asiatischen Filmen,
0:06:34–0:06:37
koreanisch, chinesisch, japanisch, ja.
0:06:37–0:06:43
Chunking Express von Wong Kar Wai im japanischen Raum Takeshi Kitano,
0:06:43–0:06:46
der auch da viele Filme in dem Bereich gemacht hat.
0:06:46–0:06:51
Das sind so die Reihe, die ich dir mal kurz vorstellen wollte.
Micz Flor
0:06:52–0:06:57
Und ich habe auch eine Reihe, also was ganz Neues, das waren diese Bullet Shots
0:06:57–0:07:02
von Matrix, also da werden wir auch in den 90er Jahren anfangen mit Matrix 1, das macht der Flo,
0:07:02–0:07:06
und Matrix 2 und 3 mache ich zusammen, weil ich bin der festen Überzeugung,
0:07:06–0:07:07
dass man die nicht trennen darf.
0:07:09–0:07:10
Nein, das war nur ein Witz.
Florian Clauß
0:07:10–0:07:14
Ja, ich meine, da in den 90ern hast du natürlich ganz viel andere,
0:07:15–0:07:18
die maßgeblich, die, also andere Filme, die maßgeblich die Kino -
0:07:19–0:07:25
geprägt haben. Allein die Entwicklung von den ganzen digitalen Effekten, die dann passiert sind.
0:07:25–0:07:32
Von dieser völligen Überhöhung des Special Effects -Kinos, die Action -Thriller
0:07:32–0:07:37
-Reihen und dann halt natürlich auch die ganzen Puppet -Geschichten wie im Splatter
0:07:37–0:07:38
-Film Braindead und so weiter.
0:07:39–0:07:43
Du hast da natürlich ganz viel, aber ich wollte jetzt einfach mal so mir drei
0:07:43–0:07:45
rauspicken, die mich so geprägt haben.
Micz Flor
0:07:46–0:07:49
Und ich glaube, das ist natürlich auch ein interessantes thema dieses
0:07:49–0:07:52
die technische verfügbarkeit von diesen also
0:07:52–0:07:56
film video war ja auch die transition 90er
0:07:56–0:08:00
jahre also das haben wir ja dann auch schon bei den beiden folgen jetzt also
0:08:00–0:08:06
ich glaube das fest wurde noch film gedreht und idioten wurde auf video gedreht
0:08:06–0:08:11
ja okay interessant jetzt steigen wir mal in dort mal ein noch was mitgebracht
0:08:11–0:08:15
das passt glaube ich auch Alles gut.
Florian Clauß
0:08:16–0:08:19
Und hier habe ich extra was ausgedruckt. Du kannst es aufklappen.
0:08:20–0:08:23
Ja. Das wäre dann auch auf der einen Seite. Hammer.
Micz Flor
0:08:24–0:08:29
The vow of chastity. Ja. I swear to submit to the following set of rules drawn
0:08:29–0:08:33
up and confirmed by dogma 95.
0:08:34–0:08:37
First, shooting must be done on location.
0:08:37–0:08:43
Props and sets must not be brought in. Wenn eine bestimmte Prop für die Geschichte
0:08:43–0:08:48
nötig ist, muss eine Location für die Prop gefunden werden. Soll ich die übersetzen?
0:08:48–0:08:52
Ja, wir können die ja, weiß ich nicht, also wir können ja kurz zusammenfassen.
0:08:52–0:08:55
Also erstens, man muss auf der Location shooten, also filmen.
0:08:56–0:09:01
Man darf aber auch keine Props, also Gegenstände mit ans Set bringen,
0:09:02–0:09:05
sondern man muss umgekehrt ein Set dann finden, ein Location finden,
0:09:05–0:09:08
wo das schon vor da ist. Also man baut nichts auf.
0:09:09–0:09:13
Two, the sound must never be produced apart from the images or vice versa.
0:09:14–0:09:28
Musik muss nicht genutzt werden, wenn die Szene gedreht wird.
0:09:34–0:09:34
3.
0:09:42–0:09:48
Die Kamera muss handhältig sein. Any movement or immobility attainable in the hand is permitted.
0:09:49–0:09:52
Also, the film must not take place where the camera is standing.
0:09:52–0:09:55
Shooting must take place where the film takes place.
0:09:55–0:10:01
Ganz wichtig, also die Kamera folgt sozusagen in der Story, wird mit der Hand gehalten.
0:10:02–0:10:05
Sie darf still sein, sie muss sich nicht bewegen, aber sie muss eben handheld sein.
0:10:06–0:10:09
Und zusammengefasst wird also gesagt, der Film organisiert sich nicht um die
0:10:09–0:10:12
Kamera, sondern die Kamera ist quasi da, wo der Film passiert.
0:10:13–0:10:17
Immer noch natürlich ein Aufnahmegegenstand, aber Teil sozusagen.
0:10:17–0:10:18
Sie folgt den Akteuren mehr.
0:10:19–0:10:24
4. The film must be in color. Special lighting is not acceptable.
0:10:25–0:10:29
If there is too little light for exposure, the scene must be cut or a single
0:10:29–0:10:31
lamp be attached to the camera.
0:10:32–0:10:39
Also der Film muss Farbe sein und special lighting, also man kann nicht Licht wirklich hinzufügen.
0:10:39–0:10:45
Man darf den Ort nicht beleuchten, ausleuchten. Wenn nicht genug Licht auf der
0:10:45–0:10:47
Aufnahme ist, muss man die halt einfach wegschmeißen.
0:10:47–0:10:52
Oder eine einzelne Lampe darf an der Kamera angebracht werden.
0:10:54–0:10:59
Was ich ein Kuriosum finde. So ein bisschen das Nippel -Piercing des Dogma.
0:11:02–0:11:06
5. Optical Walk and Filters are forbidden.
0:11:06–0:11:10
Also was reinkommt, so sieht es aus. Und auch das ist halt interessant,
0:11:10–0:11:13
weil natürlich das Aufnahmegerät selber hat ja immer einen Charakter.
0:11:13–0:11:15
Wir haben gerade über Film versus Video gesprochen.
0:11:16–0:11:19
Aber spezielle Filter, also weder Licht noch Filter auf der Kamera,
0:11:19–0:11:20
auf der Linse sind erlaubt.
0:11:22–0:11:29
Film muss nicht überwältigend sein. Mörder, Waffen, etc. müssen nicht passieren.
Florian Clauß
0:11:29–0:11:30
Also keine expliziten.
Micz Flor
0:11:30–0:11:33
Keine expliziten. Das wurde oft dann auch so paraphrasiert. Es darf halt jetzt
0:11:33–0:11:38
nicht quasi extra Morde, also was nicht der Story dient in dem Fall.
0:11:38–0:11:42
Also Brutalität und die Sachen, gerade Dogma -Filme, sind, weil sie minimal
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sind, manchmal auch sehr intensiv.
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Aber einfach so die inszenierte Gewalt und so, die soll nicht passieren. 7.
0:11:50–0:11:54
Temporal and geographical alienation are forbidden. That is to say,
0:11:55–0:11:57
that the film takes place here and now.
0:11:58–0:12:01
Also es muss ihm hier und jetzt passieren, man filmt einfach in der Gegenwart.
Florian Clauß
0:12:01–0:12:04
Und man muss es auch in der Jetztzeit, also das heißt die Handlung muss dann
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auch jetzt in der Zeit spielen.
0:12:06–0:12:09
Es gab keine Historienfilme, keine Science -Fiction -Filme. Genau.
Micz Flor
0:12:11–0:12:17
Genre -Filme sind nicht akzeptabel. Also Genre -Filme wie zum Beispiel Romance,
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Bromance, Action, Fantasy sind nicht erlaubt, Horror.
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Und auch das war natürlich dann später so, dass manche Leute wollten ja okay,
0:12:28–0:12:32
aber Dogma selbst ist quasi eine Art Genre geworden in der Grundhaltung des
0:12:32–0:12:33
Films, wenn auch nicht in der Umsetzung.
0:12:34–0:12:38
9. The film must be Academy 35mm.
Florian Clauß
0:12:40–0:12:46
Das ist ein Normalbild, ne? Das 35mm ist von 1929 das entworfene Format.
0:12:46–0:12:48
Das ist ein Normalbild, heißt das im Deutschen.
Micz Flor
0:12:49–0:12:50
Da werden wir auch später noch drüber reden.
Florian Clauß
0:12:51–0:12:54
Ja, das war ein breaking point. 10.
Micz Flor
0:12:54–0:12:57
The director must not be credited.
Florian Clauß
0:12:57–0:13:00
Ja, da müssen wir auch drüber reden, ne? Auf jeden Fall.
Micz Flor
0:13:00–0:13:04
Also es gibt ganz viele DirektorInnen, mehr DirektorInnen als DirektorInnen,
0:13:05–0:13:08
deren Name deshalb auch berühmt ist, weil sie Filme gemacht haben,
0:13:08–0:13:10
wo der Name nicht im Film auftaucht.
0:13:10–0:13:14
Das sei denn, sie haben zum Beispiel die Kamera auch gemacht oder das Drehbuch auch geschrieben.
0:13:14–0:13:17
Aber der Director, der Regisseur, die Regisseurin.
0:13:18–0:13:20
Accredited. So, das ist es.
Florian Clauß
0:13:21–0:13:25
Das sind diese zehn Dogma -Regeln. Ja, danke fürs Präsentieren.
0:13:25–0:13:29
Und jetzt möchte ich nochmal, so damals, das ging ja rum, so damals gab es da
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auch die City, das war ja das Stadtmagazin von Berlin oder ist immer noch.
0:13:33–0:13:38
Und dann auf der anderen Seite kam dieser legendäre Didi und Stühle Dogma -Comic.
0:13:38–0:13:40
Kennst du den? Das ist ja cool.
0:13:40–0:13:45
Den habe ich aus dem Internet in so ein ganz kleiner Pixel, also die war irgendwie
0:13:45–0:13:50
200 mal 300 Pixel groß. Und dann habe ich noch so ein Upscale heißt das.
Micz Flor
0:13:50–0:13:52
Mach mal ein Foto von mir, wie ich das halte, weil das passt.
Florian Clauß
0:13:52–0:13:53
Upscale heißt das Programm.
Micz Flor
0:13:53–0:13:56
Das muss ja im Here and Now alle unsere Fotos. Wir sind ja als Podcast auch
0:13:56–0:13:57
meistens im Here and Now.
0:13:57–0:14:01
Nicht thematisch, aber in der Aufnahme wird nicht viel geschummelt.
Florian Clauß
0:14:02–0:14:05
Genau, Didi und Stulle. Und dann kannst du auch nochmal, was Dogma 1 ist.
0:14:05–0:14:08
Ich würde nur ganz, ganz, ganz gut. Ich habe dieses Programm,
0:14:08–0:14:10
das kann ich empfehlen. Da werde ich auch verlinken.
0:14:10–0:14:14
Das ist ein Open Source -Ding auf GitHub gehostet für alle möglichen Plattformen.
0:14:14–0:14:17
Und damit kannst du ein Modell, KI trainiert, wie auch immer,
0:14:17–0:14:22
kannst du ein kleines Bild reinwerfen und der skaliert das dann auf die vier
0:14:22–0:14:24
- oder achtfache Größe hoch.
0:14:24–0:14:27
Und das ist echt erstaunlich, was da rausgekommen ist. So konnte ich es retten.
Micz Flor
0:14:28–0:14:31
Ja, das ist echt erstaunlich, weil die Qualität ist so... Natürlich,
0:14:31–0:14:34
weil der Dogma -Witz jetzt auch heißt, das muss irgendwas sein.
0:14:35–0:14:39
Genau, das Ding, weil es so gegenpasst. Es muss alles gezeichnet werden mit Fingerfarben oder so.
Florian Clauß
0:14:39–0:14:42
Die Artefakte stimmen. Das ist so ein richtiges Dogma.
Micz Flor
0:14:42–0:14:47
Also, Didi und Stulle Dogma Comic hat sechs Vows of Chastity.
0:14:48–0:14:49
Eins. Keine Vorzeichnungen.
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Da steht es ja wirklich. Nur grüne Filze verwenden. Dogma 3. Keine Hintergründe.
0:15:00–0:15:05
Dogma 4. Mit links und bei schlechter Beleuchtung zeichnen.
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Dogma 5. Nicht länger als 10 Minuten brauchen.
0:15:11–0:15:16
Dogma 6. Keine Gags. Und unten unter sehen wir drei Reihen von Bildern.
0:15:16–0:15:22
Also Zeilen, drei Bilder pro Zeile. Stulle. Du hast einen drin. Nein. Doch.
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Verschmiert. Ist das jetzt deine AI -App oder?
0:15:27–0:15:31
Sprich nicht von früher. Was ist denn mit dir los?
Florian Clauß
0:15:31–0:15:32
Nichts.
Micz Flor
0:15:32–0:15:38
Es ist nichts. Es ist besser, wenn du jetzt gehst. Sehr gut.
0:15:38–0:15:40
Ne, das kann ich nicht. Großartig.
Florian Clauß
0:15:40–0:15:43
Das war legendär und ich hatte nochmal so die ganzen Locken.
Micz Flor
0:15:44–0:15:46
Aber es ist auch interessant, weil das natürlich dann schon ein auch die Tür
0:15:46–0:15:51
öffnet für die Interpretation des Dogma -Dings, weil es gibt auch ein Interview
0:15:51–0:15:54
von Lars von Trier, der dann irgendwie sagt, er hatte das irgendwo in Frankreich
0:15:54–0:15:57
oder so vorgelesen und dann hätten die Leute bei ihm auf dem Panel gesagt,
0:15:58–0:16:01
warum hasst du Film so sehr? Why do you hate film so much, sagt er da.
0:16:02–0:16:07
Also diese Interpretation dessen, was das ist, weil es hat ja,
0:16:07–0:16:10
und da wirst du jetzt gleich drüber sprechen, die Uridee war natürlich,
0:16:10–0:16:16
er zu sagen, man muss Film erstellen können ohne dieses ganze Brimborium.
Florian Clauß
0:16:17–0:16:23
Also die Frage ist, warum hat sich Dogma 95 so begründet, also warum war die
0:16:23–0:16:25
Zeit reif eben für diese Filmbewegung?
0:16:26–0:16:31
Es gab so einige Gründe. Die eine Sache war, dass sich Dogma,
0:16:31–0:16:35
also wurde maßgeblich von Lars von Trier und Winterberg gegründet.
0:16:35–0:16:37
Ich hatte dann noch ein Interview mit Winterberg gehört.
0:16:38–0:16:41
Es gab einige Regisseure, die das dann unterzeichnet haben.
0:16:42–0:16:47
Winterberg hatte zum Beispiel damals den Ingmar Bergmann gefragt.
0:16:47–0:16:51
Da mitmachen will. Und der hat gesagt, das ist Müll, da mag ich nicht mit.
0:16:52–0:16:59
Ist natürlich auch seiner Erzählstil völlig entgegengesetzt, diese Dogma -Regeln.
0:17:00–0:17:06
Und Winterberg hat dann zusammen mit Lars von Trier, du hast es schon erwähnt,
0:17:06–0:17:09
mit Paris dieses Mal fest vorgestellt.
0:17:09–0:17:15
Es ging so ein bisschen darum, den europäischen Film dann auch so ein Profilsverleihen
0:17:15–0:17:19
sich abzuheben gegenüber den industriellen Hollywood -Produktionen.
0:17:20–0:17:23
Und, und das ist nochmal so der andere Tritt in die andere Richtung,
0:17:23–0:17:27
nämlich einen Gegenpol zu setzen zur Nouvelle Vague.
0:17:27–0:17:33
Nouvelle Vague war eigentlich dann auch die letzte größere große Filmbewegung,
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also in den 50ern so theoretisch formuliert und in den 60ern dann halt praktisch gemacht.
0:17:39–0:17:44
Truffaut hat damals einen Artikel geschrieben in der Cahiers du Cinema,
0:17:44–0:17:46
in dieser renommierten Zeitung.
0:17:46–0:17:52
Da war Truffaut noch Filmkritiker und hat quasi mehr oder weniger auch das Manifest
0:17:52–0:17:56
dann von der Neuen Welle, Nouvelle Vague, entworfen.
0:17:57–0:18:02
Und da ging es vor allen Dingen darum, den Regisseur als Autor,
0:18:02–0:18:04
äh, Auteur, also deswegen heißt es Autorenkino,
0:18:05–0:18:09
einzuführen, auch wieder in Absetzung zu dem Hollywood -Kino,
0:18:09–0:18:11
wo natürlich eine ganz hohe Produktionsteilung,
0:18:12–0:18:17
wo er gesagt hat, dass in dieser Produktionsteilung die Produzenten dann für
0:18:17–0:18:22
ein Mitspracherecht haben, dass sich darüber auch eben der Film nicht richtig
0:18:22–0:18:23
Kontur entwickeln kann.
0:18:24–0:18:28
Und auf der anderen Seite gab es auch diese 50er, 40er, 50er Jahre Filme,
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auch im französischen Kino,
0:18:30–0:18:36
die dann so neuen Realismus erzählt haben und häufig Literaturvorlagen genommen
0:18:36–0:18:40
haben und dass dann die Literaten selber diese Drehbücher geschrieben haben.
0:18:40–0:18:45
Und er hat dann irgendwie so 100 Filme analysiert und hat dann auch schon darlegen
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können, dass von diesen 100 sind dann zwölf irgendwie ein bisschen herausragender.
0:18:50–0:18:53
Aber die sind meistens auch von den Regisseuren selber das Drehbuch geschrieben.
0:18:54–0:19:01
Und das war so auch eben da jetzt diesmal stimmt das wort kohärente sprache
0:19:01–0:19:09
zu entwickeln dass der regisseur eine totale kontrolle hat über das was passiert
0:19:09–0:19:14
und damit wurde auch die mise en scéne gegründet die mise en scéne ist quasi so der perfekte,
0:19:15–0:19:21
Und es gibt natürlich auch in amerikanischen Kino da entsprechende Vorbilder.
0:19:22–0:19:26
Allen voran Hitchcock, der hat dann so einen eigenen Stil. Deswegen gilt auch
0:19:26–0:19:27
Hitchcock als quasi Autorenfilmer.
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Und mise en scène bedeutet das Kontrolle über die Kamerafahrt,
0:19:33–0:19:37
über das Make -up, über die Requisiten, dass genau gestimmt wird,
0:19:37–0:19:41
wie die Ausleuchtung ist, dass das, was gesagt wird, auch klar definiert ist.
0:19:41–0:19:46
Damit, wenn das alles in einer Hand liegt, so die Theorie des Autorenfilms,
0:19:47–0:19:51
ist eben die künstlerische Freiheit so gewahrt.
0:19:52–0:19:54
Und damit hat sich die Nouvelle Vague begründet.
0:19:54–0:19:58
Nouvelle Vague hat aber natürlich auch total dekonstruiert. Also Godard,
0:19:58–0:19:59
was der für ein Kino gemacht hat.
0:20:00–0:20:05
Aber das war dann eher der Autor -Politik, also der politische Autor,
0:20:05–0:20:07
der dann auch die Freiheit hat, eben...
Micz Flor
0:20:07–0:20:12
Bei Truffaut war es ja wohl auch so, dieser Call to Action für die Auteurs,
0:20:12–0:20:16
also für die RegisseurInnen, war ja auch zu sagen, wir nehmen mehr Verantwortung.
0:20:17–0:20:21
Also macht was draus, in gewisser Weise. Macht nicht einfach,
0:20:21–0:20:25
und das ist auf alle Fälle bei beiden, denke ich, identisch zu sagen.
0:20:25–0:20:30
Es geht ja nicht darum, diesen ganzen Müll zu produzieren, Anfangszeichen.
0:20:30–0:20:32
Ich würde es jetzt nicht immer so sagen, aber halt diese Idee,
0:20:33–0:20:37
einfach Filme zu produzieren als Investment, als Money Spinner,
0:20:37–0:20:40
sondern macht was draus. Was ihr tut, ist wichtig.
0:20:43–0:20:47
Da erlebe ich aber beides interessanterweise konträr. Bei Truffaut der Aufruf
0:20:47–0:20:49
zu sagen, übernehmt die Verantwortung.
0:20:50–0:20:54
Und bei Dogma dann zu sagen, Nummer 10, ihr sollt nicht mehr genannt werden.
0:20:55–0:20:58
Ihr sollt bitte nicht den Film verhunzen und euch da reinstellen.
Florian Clauß
0:20:58–0:21:03
Genau das war auch genau der Punkt, warum Dogma sich ganz stark auch gegen diese
0:21:03–0:21:06
Autorenfilme und gegen die Nouvelle Vague gelehnt hat.
0:21:06–0:21:13
Nämlich Vorwurf war, dass durch diese Autorenschaft so ein La -Po -La entstanden
0:21:13–0:21:16
ist, also ein bourgeois Autor, der Künstler,
0:21:17–0:21:20
der in seiner Blase dann so die Kunst macht und dann eben nicht mehr,
0:21:21–0:21:29
und das war das zentrale Thema von Dogma, diese Authentizität des Filmemachens, die einzufangen.
0:21:29–0:21:35
Und der Autorenfilm war sehr künstlerisch aufgeblasen, Allein durch diese,
0:21:35–0:21:38
was ich gerade gesagt habe, mise -en -scène, diese Herrichtung,
0:21:39–0:21:46
da begründet es auch mal eben deinen Schaffensrahmen, nämlich diese ganzen Komponenten
0:21:46–0:21:50
im künstlerischen Schaffensprozess zu entkoppeln.
0:21:50–0:21:56
Also das heißt, der Kameramann hat volle Wirkungsfreiheit, der Regisseur darf
0:21:56–0:22:01
nicht genannt werden, der ist auch nicht so präsent im Filmemachenprozess wie
0:22:01–0:22:04
jetzt in diesen industriellen Produktionen.
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Und die Schauspieler haben alle Freiheiten.
0:22:07–0:22:10
Und das war so dieses Framework, ich will nicht Framework sagen,
0:22:10–0:22:14
das ist eigentlich eher so ein Regelwerk, das Doc mal so entworfen hat.
0:22:14–0:22:20
In diesem Raum natürlich dann auch Filme schaffen konnte, die völlig neu waren.
0:22:20–0:22:24
Und es geht darum, damit mit diesem Regelwerk die Geschichte.
0:22:25–0:22:31
Den Kern der Geschichte in dieser authentischen Erzählung auszuprägen.
0:22:31–0:22:34
Ja, das war so das Vorhaben, ne?
0:22:36–0:22:40
Also ich glaube, damit haben wir so ganz gut umrissen, wie sich Dogma dann auch
0:22:40–0:22:44
begründet, warum es sich begründet hat und du hast die Regeln vorgelesen,
0:22:44–0:22:46
also wir sind schon eingewiesen,
0:22:47–0:22:54
wie sich Dogma ausprägt und wir haben auch über die Geschichte des Autorenfilmes
0:22:54–0:22:57
gesprochen und meine Frage ist jetzt an dich,
0:22:58–0:23:01
woran denkst du, dass Dogma gescheitert ist?
0:23:01–0:23:05
Also gescheitert nicht im Sinne von, also gescheitert ist ein bisschen zu krass
0:23:05–0:23:11
ausgedrückt, Ich glaube eher so, warum Dogma jetzt eine relativ kurze Zeit das
0:23:11–0:23:13
Filmschaffen geprägt hat.
0:23:14–0:23:20
Die Hochzeit war so von 1997 bis 2005, war glaube ich so der letzte Dogma -Film.
0:23:21–0:23:27
Und ich glaube schon 2003 haben Lars von Trier und Winterberg ihr Dogma -Büro
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in Kopenhagen geschlossen.
0:23:31–0:23:34
Also die haben relativ früh damit Schluss gemacht, die haben auch wirklich nur
0:23:34–0:23:39
diesen einen Film abgeliefert und dann auch völlig andere Filme dann später gemacht, ne?
Micz Flor
0:23:39–0:23:43
Ja, woran ist es gescheitert? Also,
0:23:43–0:23:49
weil die älter geworden sind und die Jungen wollten natürlich was Neues machen
0:23:49–0:23:52
und nicht was Altes fortführen, haben ihr eigenes Dogma ausgerufen,
0:23:52–0:23:56
das hieß dann irgendwie anders und wir kennen es nicht, weil wir auch älter sind.
0:23:56–0:24:02
Also es gibt ja immer dann so diese neue Musik auch, wo man dann gar nicht genau
0:24:02–0:24:03
weiß, wie das jetzt wiederum heißt.
0:24:04–0:24:10
Und das ist dann aber das, was jetzt gerade genau das ist, was früher das Neue war. Ist es so?
0:24:10–0:24:13
Also die haben ja selber auch geschrieben, diese Truffauts haben ja auch geschrieben,
0:24:14–0:24:17
diese New Wave Crashes. Oder was haben sie geschrieben?
Florian Clauß
0:24:18–0:24:22
Die neue Welle wird zum Kreuz oder zum Verhängnis.
Micz Flor
0:24:22–0:24:25
Nein, nicht verhängnis, sondern die stürzt in sich zusammen.
0:24:25–0:24:29
Die Welle bricht und dann meandert sie so weg.
0:24:31–0:24:33
Vielleicht ist es da einfach auch natürlicherweise so passiert.
0:24:34–0:24:38
Ich weiß nicht, ob es wirklich einen Auslöser gab.
Florian Clauß
0:24:38–0:24:41
Ja, ich rede schon mal rein. Es hat sicher was mit den Personen zu tun.
0:24:41–0:24:48
Und der Auslöser war, dass Winterberg mit dem ersten Dogma -Film auf dem Cannes
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-Festival die Goldene Palme gewonnen hat und von Null auf 100 einer der berühmtesten
0:24:54–0:24:55
Regisseure weltweit geworden ist.
0:24:56–0:25:00
Und damit hat, völlig konträr zu der Dogma, den Regisseur nicht zu nennen.
0:25:00–0:25:03
Bewegung, damit ist es genau das passiert.
0:25:03–0:25:06
Die haben einfach so, und das war denen dann halt auch klar,
0:25:07–0:25:10
Winterberg hatte auf einmal weltweit Angebote, Filme zu machen.
0:25:10–0:25:14
Damit hat sich das ganze Dogma -Prinzip einfach so abgeschafft.
0:25:15–0:25:18
Das ist schon eigentlich ziemlich hinterher.
Micz Flor
0:25:18–0:25:21
Aber ich glaube, er hat nicht die Goldene Palme, er hat den Sonderpreis der Jury gewonnen.
Florian Clauß
0:25:21–0:25:21
Du hast recht.
0:25:24–0:25:29
Und Dogma wurde gleichzeitig durch diesen unglaublichen Erfolg zu einer eigenen Marke.
0:25:29–0:25:35
Es gab sogar so Dogma -Möbel und so ein Möbelhaus, was Dogma -Möbel verkaufte.
0:25:35–0:25:40
Aber das erzählt eigentlich oder zeigt eigentlich, dass es so dermaßen den Zeitgeist
0:25:40–0:25:48
getroffen hat, diese Dogma -Bewegung, dass eben diese Phänomene dann so losgegangen sind.
0:25:48–0:25:53
Und, und das ist eine Theorie von mir, aber ich glaube, du hast hier auch schon
0:25:53–0:25:55
so ein bisschen angeheizt,
0:25:55–0:25:59
da ist quasi schon so ein, wie sagt man das in den Dogma -Regeln,
0:25:59–0:26:04
ist so ein Point of, so ein Lifecycle -Dead implementiert.
Micz Flor
0:26:04–0:26:05
End of Life.
Florian Clauß
0:26:05–0:26:11
End of Life, genau. End of Life implementiert und zwar in der Regel, wie würdest du sagen?
Micz Flor
0:26:11–0:26:13
Der Regel mit dem Academy -Certified.
Florian Clauß
0:26:13–0:26:20
Richtig, genau. Weil zu der Zeit fing es natürlich an mit den ganzen Digitalfilmen,
0:26:20–0:26:24
also die Kameras wurden günstiger, man konnte digital filmen,
0:26:24–0:26:29
die Technik wurde besser und all das hat sich ja auch in den 90ern ausgeprägt
0:26:29–0:26:30
und ist dann hochgegangen.
0:26:31–0:26:35
Das heißt, es gab dann eine ganz lebendige Indie -Szene, Off -Szene,
0:26:35–0:26:39
die schon einfach so digital produziert haben und die wahrscheinlich viel mehr
0:26:39–0:26:42
diese Dogma -Regeln eingehalten als Dogma selber.
0:26:42–0:26:46
Das heißt, die haben sie auch komplett überholt.
0:26:46–0:26:50
Und 35 mm, ich meine, du weißt, wie teuer das ist.
0:26:50–0:26:54
Kann nur jemand drehen, der auch Zugang hat in diesen ganzen Filmbusiness.
0:26:54–0:26:59
Du musst in diesem Filmbusiness -Kontext aktiv sein, weil so mal jeden 35 mm
0:26:59–0:27:01
drehen, kannst du nicht.
Micz Flor
0:27:01–0:27:05
Ja, möchte ich was zu sagen, setze vorgreifend dann auf Idioten,
0:27:06–0:27:11
weil Lars von Trier hat auf Video gedreht Und dann wird er im Interview gefragt,
0:27:11–0:27:12
was wir dann sicher auch verlinken.
0:27:13–0:27:16
Das dürfte er doch nicht, muss doch Academy35 sein.
0:27:16–0:27:20
Dann hat er gemeint, ja, das kann ich erklären, weil er war auch der Meinung,
0:27:21–0:27:23
das ist kein Dogma -Film, weil er vier gedreht hat.
0:27:23–0:27:25
Und dann hätten aber Winterberg und es muss noch einen dritten geben,
0:27:25–0:27:27
deren Name mir jetzt entfallen ist.
0:27:28–0:27:33
Und die meinten, nein, Academy Certified muss nur die Distributionsrolle sein.
0:27:33–0:27:36
Man darf auch auf 16mm drehen, man darf Video drehen, es ist nur wichtig,
0:27:36–0:27:39
dass das Ding quasi zum Schluss, wenn es in Verleih geht, oder wenn es quasi
0:27:39–0:27:42
abgegeben wird, dass es dann Academy Certified ist.
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Und deshalb, so Lars von Trier im Münterview auch, es wurde abgestimmt, zwei gegen ein.
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Er war nicht dafür, dass man auf Video drehen darf. Die anderen beiden haben
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gesagt, nee, es geht nur darum, wo zum Schluss eben das Maß da drauf gezogen wird.
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Und deshalb ist sein Film doch...
Florian Clauß
0:27:59–0:28:03
Ja, also ich glaube, die sind relativ schnell dann in Straucheln gekommen von
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Einhaltung der Regeln und dann baut man sich da so...
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Also es ist ja auch wie so, weißt du, wenn du agil entwickelst,
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hast du auch immer tausend Regeln, um halt dieses agile Framework so ein bisschen zu umschiffen.
Micz Flor
0:28:15–0:28:19
Habe ich auch von Winterberg irgendwie in einem Interview, Winterberg ein Interview
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gehört, wo erzählt, das Ganze sei ja schon sehr kirchlich aufgeladen,
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so Wow of Chastity und so. Also es ist alles so fast Dogma, sind so religiöse Metaphern und Worte.
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Und deshalb hat er dann wohl auch irgendwann den Beichtstuhl eingeführt für Dogma.
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Die durften dann halt beichten. Die durften ihm dann beichten. Ja, krass.
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Für die kleinen Sünden, die dann irgendwie wächst.
Florian Clauß
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Vielleicht haben die das auch alles so vorher gesehen.
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Eben sich das Digitalfilm durchsetzen wird, dass das, was die jetzt quasi so
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für sich als Regelset beschließen, dass das eigentlich so eine völlige Radikalisierung des Mediums ist,
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ja, um gleichzeitig so eine Initiation zu durchlaufen, um in dieses digitale Zeitalter zu kommen.
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Und ich weiß nicht, so leicht verschmitzt kann man denen so eine gewisse Genialität
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unterstellen und vielleicht haben die das auch bewusst so gemacht.
Micz Flor
0:29:12–0:29:14
Ich meine, es ist ja auch so, wenn man ein bisschen überlegt,
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das dänische Kino ist ja irgendwie sehr präsent, also man kennt es einfach.
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Ich weiß jetzt ehrlich gesagt nicht, wie das früher war, in den 80er, 90er Jahren.
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Aber auf jeden Fall, es war ja auf alle Fälle so, dass beide,
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die so berühmt geworden sind mit Dogma 1 und Dogma 2, die haben jeweils einen
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Dogma -Film gemacht, haben andere Sachen gemacht.
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Bevor Idioten gemacht wurden von Lars Furtwiel, hat der Breaking the Waves gemacht,
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was ja auch auf Cannes lief, wo früher er damals die Palme bekommen hat.
Florian Clauß
0:29:41–0:29:43
Stimmt, der hat die Palme bekommen, ja.
Micz Flor
0:29:43–0:29:46
Und da ist es natürlich so, dass man dann Man denkt, okay, du machst 95 dieses
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Dogma -Ding, dann machst du Breaking the Waves und dann machst du Idioten.
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Das war für die natürlich ein Ding.
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Wenn man jetzt hingeht wie Didi und Stulle und sich drüber lustig macht,
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das ist total legitim, das darf man.
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Wenn man aber anders draufguckt, dann ist es vielleicht auch zu sagen,
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die haben schon so einen schönen Schirm oder eine Linse oder einen Fokus aufgebaut
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für Low -Budget -Filme und denen eine Möglichkeit gegeben, mehr Publikum zu
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ziehen und einen Verleih zu bekommen.
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Früher gar nicht möglich gewesen wäre, weil diese Filme einfach dann nie durch
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die Jury überhaupt nur gesichtet, die werden durch die Sichtung nicht durchgekommen,
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die wären nie ins Programm gekommen.
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Und da kann man dann sagen, dass dieses Dogma 95 schon was erreicht hat,
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einfach zu sagen, hey, guck mal dahin.
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Weißt du vielleicht, wie dann, wie das...
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Wie der auch in unterschiedlichen Medien funktioniert. Also das dann auch in
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der Kunst, in der Musik oder so gibt es ja immer solche, öffnen sich auf einmal,
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das kennt man ja auch aus Berlin, Techno,
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die ganze Club -Szene, auf einmal öffnet sich da so ein Window of Opportunity
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und ermöglicht ganz vielen Leuten erstmal überhaupt gesehen zu werden.
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Und vor dem Hintergrund, finde ich, hat es sicherlich was bewegt.
Florian Clauß
0:30:59–0:31:03
Ja, voll. Ich denke auch und da ist es wahrscheinlich, wie du sagst,
0:31:03–0:31:07
auch total förderlich für die Bewegung, wenn dann eben solche Platzhirsche wie
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Lars von Trier ein gewisses Bett geschaffen haben, wo sich dann auch andere reinlegen können.
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Und das ist ja auch die Frage, wie hat sich dann Dogma weiterentwickelt?
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Jetzt kommen drei neue Genres, die ich vorher auch nicht kannte,
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aber vielleicht hast du die schon mal gehört.
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Also Dogma war, wie gesagt, der letzte Dogma -Film, war glaube ich 2005,
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wurde der gedreht und dann gab es im amerikanischen Raum das Genre Mumblecore. Kennst du das?
Micz Flor
0:31:36–0:31:37
Das ist aber Musik, oder?
Florian Clauß
0:31:37–0:31:41
Nee, Mambelchor ist tatsächlich... Vielleicht ist es auch ein Griff aus der
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Musik, den die in den Film übertragen. Mambelchor kommt von Murmeln, Nuscheln.
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Und Chor ist dann halt so, auch eben mit ganz minimalen Mitteln Geschichte erzählen.
0:31:50–0:31:54
Und da war halt im amerikanischen Raum, gab es dann vor allen Dingen Low -Budget
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-Produktionen, die das dann halt gemacht haben.
Micz Flor
0:31:56–0:31:58
Darf ich einen Didi und Stulle -Witz machen?
Florian Clauß
0:31:58–0:31:59
Darfst du.
Micz Flor
0:31:59–0:32:04
Dogma 95 war gestern, jetzt ist Mumblecore. Was? Dogma 95 war gestern,
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jetzt ist Mumblecore. Was?
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Dogma 95 war gestern, jetzt ist Mumblecore.
Florian Clauß
0:32:11–0:32:16
Ja, es gab noch so ein Parallelgenre zu Mumblecore, das ist Mumblegore.
Micz Flor
0:32:17–0:32:18
Ein Horrorfilm, oder?
Florian Clauß
0:32:18–0:32:23
Und natürlich, ohne Dogma wäre sowas wie Blair Witch nicht denkbar.
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Ja, aber Blair Witch war doch vor… Ja, das war vor Mumblecore und Mumblegore,
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das kam erst in den 2000ern.
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Blair Witch war ja noch, das war ja das, die Produktion, die auch digitale Filmproduktionen,
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Techniken dann so unglaublich, also mit minimalem Einsatz, ich glaube,
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das hat nur 80 .000 gekostet, der Film.
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Und hat unglaublich viel eingespielt, das hat das so bekannt gemacht.
Micz Flor
0:32:47–0:32:49
Ist aber auch kein Dogma -Film?
Florian Clauß
0:32:49–0:32:50
Ist kein, nein.
Micz Flor
0:32:50–0:32:56
Ich überlege gerade, gegen was die verstoßen haben. Wahrscheinlich haben die
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den Ort immer gewechselt.
Florian Clauß
0:32:58–0:33:04
Das habe ich auch gelesen. Die beiden Regisseure von Blair -Mitsch,
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das waren 2, die sich auf einer Filmschule kennengelernt haben.
Micz Flor
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Die wollten unbedingt, dass der Name reinkommt.
Florian Clauß
0:33:10–0:33:11
Blair -Mitsch.
Micz Flor
0:33:12–0:33:17
Nein, die wollten die Regisseurin sagen, was, unser Name kommt nicht rein,
0:33:17–0:33:19
auf keinen Fall. Wir sind raus.
Florian Clauß
0:33:20–0:33:24
Wie die das aufgezogen haben, die haben die drei Schauspieler,
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völlig unbekannte Personen, die sind mit den Filmen bekannt geworden.
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Es war fast wie das erste Escape Game, was die dann verfilmt haben.
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Die haben auch so rein spielerisch, das ist auch so eine Dogma -Methode,
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dass du so spielerisch rangehst.
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Wir haben quasi das Team über acht Tage lang völlig alleine wirken lassen.
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Also die haben für jeden Drehort da so einen Plan geschrieben,
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was jetzt zu machen ist, wo die dann Essen finden und die mussten sich auch immer selber filmen.
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Und dann haben die aber auch das Essen rationiert, damit das noch authentischer
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kommt, dass sie ausgemergelt sind, dass sie gestresst sind.
0:34:00–0:34:03
Ja, das war halt wirklich so Step -by -Step und die mussten dann halt am nächsten
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Tag dahin gehen und haben dann dort weiter gefilmt. Aber die hatten immer so Exit.
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Also wenn es halt wirklich kritisch wussten ja auch immer, wie sie dann halt rauskommen.
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Aber es war nicht ganz gut, dass es halt funktioniert war wie so ein Escape
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-Game, wo da dieser Film rausgekommen ist.
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Und der auch eben diese Authentizität dann so widerspiegelt.
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Und das ist das, was dann diese Bewegung und diese Technologie dann auch so
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wieder ins Kino reingeholt hat. Das muss man ja auch schon so sagen.
Micz Flor
0:34:32–0:34:37
Ja, und es ist halt aber auch interessant, weil man hat ja in dem Dogma 95 -Stil
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auch immer gesagt, es heißt so was Dokumentarisches.
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Interessant ist ja, dass scheinbar das Realistische etwas ist, was man im Bild sieht.
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Das heißt, die Hollywood -Produktion, ich nehme das Hollywood stellvertretend
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für alle High -Budget -Produktionen, das ist jetzt nicht nur Hollywood,
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macht scheinbar etwas, was wir als unsichtbar wahrnehmen.
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Und das Dogma, was dann irgendwie technisch runtergeht, stellt etwas her,
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was wir auf einmal wieder wahrnehmen. Verstehst du mich?
Florian Clauß
0:35:06–0:35:07
Ja, na ja.
Micz Flor
0:35:07–0:35:11
Das ist ja irgendwie das Paradox, man denkt, keine Filter, ich mach einfach
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so, wie es ist, und dann denken die Leute, oh, das ist ja was ganz Neues.
0:35:15–0:35:19
Während das andere, was völlig überzogen ist und vielleicht in der Postproduction
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die Farben angepasst hat, das wird nicht wahrgenommen.
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Das wird als Realität akzeptiert und ist unsichtbar.
Florian Clauß
0:35:26–0:35:30
Ja, vor allen Dingen, weil es ja auch in so einer Kulturinstitution läuft,
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wo das dann eben als ... Das ist das, was man da wahrnimmt im Kino,
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ja? Dafür zahle ich meinen Popcorn und so fühle ich mich unterhalten.
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Aber dass eben Dogma es geschafft hat, durch die Geschichten und das, wie es erzählt wird,
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dann wieder eine gewisse Aufmerksamkeit zu bekommen und da eben einfach auch
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die Visualität des Films weitergetragen hat. Das ist ein Verdienst.
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Und es gibt diesen Mumble Gore, Mumble Core, es gibt auch einen German Mumble.
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Was? German Mumble Core.
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Ja, das ist ein eigenes Genre und ich habe keine Filme von dem Genre gesehen.
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Es gibt unglaublich viele, Dicke Mädchen ist einer davon.
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Es gibt halt auch so einen Filmemacher, der sich da sehr hervorgetan hat und
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das müsste man mal gucken.
Micz Flor
0:36:21–0:36:25
Wenn es vier Filmemacher innen wären, würde man sagen, das ist eine German Mumble Corps vor.
Florian Clauß
0:36:25–0:36:27
Ja, könnte man sagen.
Micz Flor
0:36:27–0:36:31
Es regnet, ich brauche gute Stimmung. Irgendwie muss ich mir selber gerade die Stimmung hochhalten.
Florian Clauß
0:36:31–0:36:35
Ja, guck mal, hier ist ein Böckersteig. Wir sind ja gute Bürger.
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Der ist nochmal so ein bisschen ein Schatz in der Filmgeschichte,
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den man sich durchscrollen kann und durchschauen kann. Fand ich sehr interessant.
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Und auf der anderen Seite, neben den Amonkarschen Blerwitsch,
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gab es auch zum Beispiel Soderbergh mit Traffic, die Macht des Kartells,
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wo er auch Dogma -Elemente verwendet hat.
Micz Flor
0:36:58–0:37:04
Ja, wobei der ja unglaublich, also der hat ja unglaublich viel so Farbnuance
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in der Post -Production und bestimmte Szenen und...
Florian Clauß
0:37:07–0:37:11
Ja, ja, der hat das genau gegenüber gestellt. Der hat diese unglaublichen Werbe,
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es ist fast wie ein Jeff -Wall -Bild teilweise gefilmt, ja.
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Auf der anderen Seite hat er halt diese völlig authentische,
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rohe Oberfläche von Digitalfilmen da mit drin und konfrontiert die dann so ganz gut zusammen.
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Fand ich damals sehr beeindruckend, muss ich sagen, den Film.
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Aber das sind so die Ausläufer von Dogma. Also Dogma hat sich dann irgendwo
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in unserer Sehgewohnheit eingeflochten mit den Filmen und es akzeptiert, wie du sagst.
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Das war erstmal so ein totaler Ruck, wie kann man das machen?
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Und ist dann wieder so in so eine Sehgewohnheit dann wieder reingekommen.
Micz Flor
0:37:44–0:37:47
Eine Sache wollte ich auch noch sagen, weil das ist dann immer auch dieses so
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ein bisschen dieser Impuls in bestimmten Entwicklungsphasen so der eigenen Berufung,
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ich sage nicht Beruf, dann zu sagen, wir erfinden jetzt was,
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was es vorher noch nie gab.
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Und zum Beispiel die Handheld -Camera hat dann Winterberg in einem späteren
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Interview noch mal gesagt, das wurde vorher eigentlich gemacht,
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das gab es vorher quasi gar nicht.
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Und ich wusste, dass das nicht stimmt, aber wusste wenig über Handheld -Camera
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-Geschichte und wollte nur mal sagen, 1908.
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War eine Handheld -Kamera bei dem Flug von einem der Gebrüder Wright mit an Bord.
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Also es wurde schon deutlich früher auch mit Handheld gedreht.
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Und ich kann mich auch noch erinnern, dass es irgendwelche ganz frühen Filme,
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wo die Kamera in so einer Kanu, also so Spreewald, so irgendein Spreewald,
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zwei Kanu, also quasi French Connection im Spreewald mit Kanu,
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wo es so Gurken hinten drin sind. Zwei verfolgen sich irgendwie.
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Und da war auch die Kamera quasi voll actionmäßig, so expressionistisch irgendwie eingesetzt.
Florian Clauß
0:38:47–0:38:49
Das ist Flussfahrt mit Huhn, der hessische Film.
Micz Flor
0:38:51–0:38:54
Aber was ich sagen wollte, das sind halt so Sachen, wenn man da so reinbohrt,
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ist natürlich hinter so was wie Dogma ist dann auch eine Haltung.
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Und diese Haltung, die hat eine bestimmte Kraft. Und ich glaube,
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das ist dann auch das, was viele Leute so nervt.
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Ihr wisst doch genau, dass ihr nichts erfunden habt, aber ihr verkauft das jetzt so gut, es nervt.
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Ich kann mir vorstellen, dass Kolleginnen aus einer ähnlichen Zeit mit irgendwie
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nicht einer Ambition dann dachten, ach scheiße, ich bin jetzt abgehängt,
0:39:18–0:39:21
bloß weil die da irgendwie zehn Punkte aufgeschrieben haben und sich trauen
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aufzustellen, das zu sagen,
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obwohl sie wissen, dass sie als nächstes dann sowieso Breaking the Waves drehen,
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was gar nichts damit zu tun hat. Weißt du, wie ich meine?
Florian Clauß
0:39:29–0:39:35
Ja, also ich kann es nachvollziehen. Gleichzeitig ist es aber auch so eine künstlerische
0:39:35–0:39:39
Attitüde, da so ein Produkt quasi so hinzustellen zu sagen, ja,
0:39:40–0:39:43
also jetzt hier, wir haben das mal erfunden. Finde ich völlig auch legitim.
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Also ich würde es jetzt jetzt nicht so kritisieren. Ich würde es einfach so...
Micz Flor
0:39:49–0:39:51
Nee, genau. Ich denke auch, man kann es am besten verstehen,
0:39:51–0:39:56
wenn man sagt, wir möchten, dass Filme gemacht werden und zwar Filme,
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die mächtig sind, die wirkmächtig sind.
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Und das kommt nicht durch ein fettes Budget, sondern macht einfach geile Filme.
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Und die Idee, und das ist wiederum paradox, die Idee, dass die Regisseurin sich
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da nicht reinschreibt, ist ja dann auch so ein bisschen dieses Vanity -Thema, also diese Eitelkeit.
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Finde ich gut und gleichzeitig ist das Dogma Manifest wieder unterschrieben von den Leuten.
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Also da das beißt sich alles immer so ein bisschen den Schwanz.
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Wie du schon gesagt hast, würde auch dann der erste nicht genannte Regisseur
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gleich einer der berühmtesten Regisseure nachkannen.
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Also das ist halt so dieses Paradox, was da so drin ist.
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Und das finde ich ist auch irgendwie so sehr,
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sehr so jugendliche Haltung, so eine aufmüpfige Haltung, so ihr dürft das alles
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nicht, wer sagt das? Ich.
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Darfst du das sagen? Ich darf das sagen, aber ihr dürft es nicht.
0:40:55–0:40:59
Also irgendwie gibt es da so einen Moment, der vielleicht einfach in der eigenen
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Entwicklungsgeschichte immer notwendig ist und später dann aber auch sich auflösen darf.
Florian Clauß
0:41:07–0:41:14
Kommen wir zum ersten Dogma -Film. Das Festfesten von Thomas Winterberg.
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Thomas Winterberg ist 1969 geboren und aufgewachsen in Friedrichsberg,
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also dieser Kommune von Kopenhagen, in so einer Hippie -Gemeinschaft.
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Und er hat sich selber in dem Interview, was ich da gehört habe,
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als sehr schüchtern bezeichnet.
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Er ist dann auf eine Filmschule gekommen, die auch recht renommiert ist.
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Da werden pro Jahr nur so sieben Leute angenommen und hat auch ziemlich viel Geld gekostet.
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Aber er spricht sehr positiv von seiner Zeit in dieser Filmschule.
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Die meisten Kniffe hat er dort gelernt und auch die er später angewendet hat, hat er da gemacht.
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Hat aber auch gesagt, es gibt genügend
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Regisseure, die das Handwerk selber gelernt haben ohne Filmschule.
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Deswegen weiß er nicht, ob er jetzt so eine Filmschule, dann so,
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ob er das dann halt so empfehlen kann.
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Das Fest war so sein erster großer Film. Er hat danach, das ist auch ganz interessant,
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in seiner Biografie hat sich komplett dagegen, also gegen Dogma -Regeln gewandt.
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About Love mit Joachim Phoenix gedreht, habe ich nicht gesehen, ist total gefloppt.
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Er meinte selber, er hat dann auf der einen Seite so einen Nier -Fiction -Film
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gebaut, was eigentlich gegen alle Dogma -Rädern zu verstoßen hat,
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bis auf, es gab kein Skript.
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Er hat mit Jean -Pen gearbeitet, Joachim Phoenix, also wirklich ein unglaubliches
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Hollywood -Budget. Das war dann der zweite Film, den er nach Festen gedreht hat.
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Den ersten Film hat er dann auch mit Lars von Trier übernommen.
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Und hat er auch oft mit Lars von Trier Drehbücher, da konnten die ihm dann auch verfilmt.
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Und der letzte Film von ihm, den hatte ich auch nicht geguckt,
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ich hab gar nichts davon geguckt, ist der Rausch mit Mads Mikkelsen. Hast du den?
Micz Flor
0:43:08–0:43:11
Nee, hab ich auch nicht gehört. Ja, ich hab davon gehört, genau.
Florian Clauß
0:43:11–0:43:15
Also, es geht quasi um eine Gruppe von Lehrern, die beschließen,
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dass die halt ständig so weit berauscht sind,
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also immer so zwischen 0 ,5 Promille dann im Blut haben und damit halt irgendwie
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so gut über den Tag kommen, bis das irgendwann so ein bisschen,
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ja nicht ich eskaliert, aber es wird dann irgendwann anders.
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Also so ganz grob geerzählt auch in der Ferne. Also hier in Mads -Milkesen hat
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Nermanns mit Hinterberg gearbeitet.
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Ja, es ist auch ein Film, wo es darum geht, dass ein Täter, oder ich weiß nicht,
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was ein Täter ist, aber es geht um eine Anklage wegen sexuellen Missbrauchs und Schüsse.
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Es ist so eine Hetzjagd statt, auf die man, der gestützt wird von Mads Mückes,
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und ich weiß es nicht, habe ich von dem Film nicht, aber ich fand es ganz gut,
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weil es auch ähnlich belagert wird, wo da jetzt ein bisschen Mathe in so ein
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Tabuthema reingeht, in ein gewerkschaftliches Talent, wie das fällt.
Micz Flor
0:44:10–0:44:15
Also da hat Winterberg auch mal einem Winterview zugesagt, dass er den Film...
0:44:17–0:44:24
Angenommen hat das Skript, weil es das Gegenteil von das Fest oder Festen war.
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Also da gab es einen Kindesmissbrauch, der die ganze Zeit so unterschwellig in der Story mitläuft.
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Und das andere ist, dass das eine Beschuldigung gibt ohne Grundlage.
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Also das absolute Gegenteil. Und er dann auch interessiert war,
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diese Perspektive zu explorieren des Kindes, des Jugendlichen, die sowas erfinden.
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Wie wahr wird das dann wahrgenommen?
Florian Clauß
0:44:54–0:44:57
Also das ist natürlich auch so, gerade im politischen, gesellschaftlichen ist
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das ein heikles Thema, weil man weiß, dass diejenigen, die vor allem maßgeblich
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Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren,
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so ein typisches Narrativ, dass die sich das ausdenken.
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Also dieser Prozenteil zwischen wirklichen Opfern und sich das Ausdenken, der ist ganz anders.
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Aber ist von 2007, glaube ich, oder 2012 die Jagd, ist, glaube ich,
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in dieser ganzen MeToo -Debatte und so was nochmal anders zu bewerten,
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würde ich mal behaupten.
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Das Fest, wir haben es schon gesagt, es geht da um ein um sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern.
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Es ist, ich erzähle das kurz, den Inhalt von das Fest, die Familie kommt zusammen.
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Die Familie ist, ja, es ist eine sehr desolate Familie, die man würde sagen
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so durch toxische Beziehungen geprägt ist.
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Es gibt das Helge, der Patriarch der Familie, wird 60, deswegen lädt er zu einem Fest,
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wo Gäste kommen und auch seine Kinder, nur noch drei, weil Linda,
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das ist die Zwillingsschwester von Christian, hat sich einige Zeit davor umgebracht, Selbstmord begangen.
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Christian ist ein erfolgreicher Koch in Paris und der Protagonist der Geschichte.
0:46:17–0:46:21
Es gibt den Sohn Michael, der so ein bisschen so ein gescheiterter Typ ist,
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recht aggressiv und brachial immer auftaucht und der auch in dem Essensbusiness ist und dort,
0:46:31–0:46:34
aber in so einer Klitsche in Kopenhagen betreibt.
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Und Helene, das ist die Schwester, die Jüngere, die noch immer studiert zum Leidwesen der Eltern.
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Helge wird, wie gesagt, 60 und seine Frau Elsie begleitet ihn dann in diesem Fest, ja.
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Und das Ganze fängt schon recht an.
0:46:54–0:46:58
Ich weiß nicht, hast du den noch mal gesehen, den Film jetzt?
Micz Flor
0:46:58–0:47:01
Ich muss gestehen, ich hab die Zeit nicht gehabt, den noch mal zu sehen.
Florian Clauß
0:47:01–0:47:05
Der Film hat so eine unglaubliche Grundspannung die ganze Zeit drin.
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Es ist sehr so, wie die Figuren miteinander umgehen, wie die da ankommen.
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Der Michael, der Bruder, schmeißt seine Frau raus, weil irgendein alter Freund
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ihm auf dem Weg zum Haus entgegenkommt.
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Und er meint, ihr müsst gehen mit Familie, die brauchen Platz,
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und geht mal raus. Und er ist halt irgendwie so, er betrügt sie auch fast vor
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den Augen, vor ihren Augen.
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Und dieses, also der Rahmen, es spielt quasi so ein Landhaus,
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also sehr großbürgerlich.
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Es gibt eine ganze Schicht von Bediensteten, die auch schon lange mit dem Haus verknüpft sind.
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Also die Bediensteten, teilweise der Chefkoch von dem Haus, ist auch ein alter
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Kinderfreund von Christian.
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Und die eine Servicekraft ist auch so verliebt in Christian.
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Also da ist auch so eine Affäre, Beziehung zwischen den beiden.
0:48:02–0:48:07
Und es fängt halt so, also es ist halt so, diese gesellschaftlichen Rituale
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von Fest, spielt das halt so durch.
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Also es gibt diese Gruppen, es gibt die Eltern, es gibt die Gäste,
0:48:13–0:48:14
es gibt die Bedienstete, es gibt die Kinder.
0:48:14–0:48:19
Also das sind so diese Gruppen, die dann so als Ausprägung dastehen.
0:48:19–0:48:24
Und es werden natürlich so Reden geschwungen und dann wird Christian aufgefordert,
0:48:24–0:48:29
eine Rede zu halten und er hat zwei Umschläge in der Hand und meinte so,
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Vater such dir einen aus und dann wählt er den grünen Umschlag oder den roten,
0:48:33–0:48:36
ich weiß nicht mehr genau und er meinte, oh die Wahrheitsrede.
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Und dann, Minute 35.
0:48:40–0:48:48
Und da beschreibt er, erzählt er haargenau, wie er von seinem Vater vergewaltigt
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wurde mit seiner Schwester zusammen,
0:48:50–0:48:55
also seine Schwester wurde auch vergewaltigt, und das schlägt ein wie eine Bombe.
0:48:55–0:49:00
Also es ist halt wirklich so, wenn wir nochmal gucken, welche Regeln von Dogma
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sich dann auch in festen Widerspiegeln.
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Es ist wirklich eine sehr untypische Erzählung.
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Es gab vorher, glaube ich, so in diesem Rahmen überhaupt, dass das Tabuthema
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so präsentiert wurde von Kindesmissbrauch, von Inzest und so weiter.
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Würde mir jetzt kein Film einfallen. Das weiß ich noch damals,
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als ich den in den Kino geguckt habe. Der war ja auch so sprachlos.
0:49:22–0:49:25
Und der hat ja genau diese ganzen gesellschaftlichen Tabuthemen,
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also Rassismus, Alkoholsucht, überhaupt Inzest und alles bringt er dann irgendwie
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rein, aber immer in so einem gesellschaftlichen Rahmen.
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Es ist halt so, die Gesellschaft, jetzt die Festgesellschaft,
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ist gleichzeitig wieder so quasi mehr oder weniger die Metapher für die ganze Gesellschaft.
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Und es ist auch immer interessant, wie die Dynamik in dieser Gesellschaft verläuft.
0:49:46–0:49:49
Das erste, was passiert, Casey, seine Mutter, lacht ihn aus.
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Er wird dann vom ... Kommt dann so ... Er wird nicht rausgeführt,
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sondern er geht dann so ein bisschen aufgelöst.
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Die ganze Dienerschaft, die haben das auch mitbekommen.
0:50:00–0:50:05
Die ganzen Bediensteten, die stehen voll hinter Christian, unterstützen ihn
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und arbeiten ihn auch zu.
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Es wird dann auch irgendwie so klar, okay, ich hab das vor. War schon abgesprochen.
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Wir klauen zum Beispiel irgendwann auch von allen Gästen die Autoschlüssel,
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damit die nicht mehr wegkommen oder die sperren einen ein, der dann halt auch
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so Christian geschlagen hat und so weiter.
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Also das heißt, die arbeiten dazu, damit eben dieses unglaubliche,
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dieses Geheimnis, Familiengeheimnis dann auch so entblößt wird und dass auch
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der Täter zur Rechenschaft gestellt werden kann.
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Und also ich will jetzt nicht haargenau diesen Film nacherzählen,
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aber es ist halt so eine Dynamik drin, dass Christian lässt sich auch nicht
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unterkriegen. Das hat er auch unglaublich stark gespielt, von dem Charakter.
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Also von dem Schauspieler, wie er den Charakter spielt. Nämlich er reißt sich
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da immer rein, geht rein, erzählt weiter, wird rausgeschmissen,
0:50:54–0:50:56
wird verprügelt von seinem Bruder.
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Also gerade Michael glaubt ihm nicht und was machst du denn da und so weiter.
0:51:00–0:51:05
Und Helene findet irgendwann den Brief von Linda, den Abschiedsbrief.
0:51:05–0:51:11
Und dieser Brief ist quasi so die objektive Instanz, die noch mal so belegt,
0:51:11–0:51:16
dass das, was Christian erzählt, tatsächlich passiert ist, weil sie da auch drin schreibt.
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Deswegen umgebracht hat. Sie kann nicht mehr mit diesem Schicksal leben.
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Und Christian steht dann auch
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irgendwann auf. Vater, du bist schuld an den Tod von meiner Schwester.
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Und dann wird er halt auch rausgetragen, am Baum gefesselt.
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Total absurd. Also es kippt dann und dann macht die Gesellschaft eine Polonaise durchs Haus.
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Die wollen dann immer wieder so doch feiern und es steht dieses unausgesprochen in einem Raum,
0:51:48–0:51:52
aber irgendwie versuchen die sich dann immer in diesen gesellschaftlichen Ritualen
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so ein bisschen langsam um wieder dieses Fest und dann wird es halt auch der
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Freund von Helene, der kommt dann später,
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wird mit dem Taxi gebracht und der Taxifahrer wird auch gespielt von Winterberg,
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so eine kleine Rolle, die er da übernommen hat in dem Film und es ist ein Schwarzer,
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also der auch dann in der Gesellschaft erstmal so komisch angeguckt wird.
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Irgendwann gibt es auch so dass die alle einstimmen in so ein rassistisches
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Lied, auch so völliger Rassismus, und er dann so, ah!
0:52:18–0:52:25
Und er ist eigentlich auch die Figur, die dann Helene sagt, du musst jetzt diesen Brief vorlesen.
0:52:25–0:52:27
Es ist klar, sie muss jetzt auch eine Rede halten.
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Und es gibt dann immer so diesen, wie nennt man das, der quasi durch den gesellschaftlichen
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Arm führt, dieser Redenhalter, und dann immer so ein Toast ausspricht usw.
0:52:38–0:52:42
Diese Figur. Und dann ist es klar, dass dann Lene dran ist mit ihrer Rede und
0:52:42–0:52:44
sie fragt auch, soll ich den Brief vorlesen?
Micz Flor
0:52:44–0:52:44
Und alle so, ja!
Florian Clauß
0:52:45–0:52:52
Und dann liest sie den Brief und mit einem Mal ist halt wirklich allen klar, dass das ist wahr.
0:52:52–0:52:58
Ja, das heißt, die Instanz, Christian wird hergestellt, der Sohn,
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Michael, also der Bruder, der flippt total aus, weil er so wütend ist auf seinen Vater.
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Der Vater steht auf, er entschuldigt sich auch nie.
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Zum Mehr wart ihr nicht wert, also völlige Diskriminierung. Aber es gibt noch
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eine Szene, die muss ich noch erzählen, bevor ich Helene den Brief vorlese.
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Nämlich, dass die Mutter, die Rolle der Mutter ist noch nicht so ganz klar.
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Die sagt dann auch, hält eine Rede und sagt, dass Christian früher als Kind immer sehr kreativ war.
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Und er hatte so diesen kleinen Freund, den es nicht gab, Snoot,
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und hat ihn dann halt so ein bisschen auch so diskreditiert dafür,
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dass seine Wahrnehmung halt komplett schief liegt und so weiter.
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Und dann steht Christian auf und sagt, Mutter, du hast uns gesehen,
0:53:40–0:53:44
du bist in den Raum gekommen, als wir vor Vater knieten und du hast uns gesehen.
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Er hat dann auch noch mal sie und sie lacht noch und es wird wieder überbügelt.
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Es gibt immer dieses Anrennen und es gibt diese unglaubliche Gewalt und Aggression,
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die dann zurückkommt, bis dann halt klar ist, der hat es wirklich gemacht und
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der wird dann auch entfernt.
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In dem Moment ist der Patriarch entthront an der Stelle.
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Und dann fängt das Fest auch so ein bisschen an.
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Die Bediensteten sind da, mit Christian, mit seiner Schwester Helene und ihrem Freund.
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Die spielen Klavier, tanzen und so weiter. Es gibt dann schon so eine Festsituation.
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Am nächsten Morgen, der Vater wurde dann auch von Michael verprügelt.
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Er ist wirklich so aussätzig. Am nächsten Morgen kommt er dann auch rein zum Frühstückstisch.
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Alle schweigen so. dann setzt sich das Kind von Michael, will sich auf den Schoß
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setzen, und sagt dann, nee, komm mal wieder her.
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Und dann meinte er auch so, Vater, du musst jetzt gehen. Und er ist dann halt
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wirklich gesellschaftlich ausgestoßen.
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Dieser gesellschaftliche Raum, diese Gesellschaft, der ist jetzt ausgestoßen
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und nicht mehr gesellschaftsfähig.
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Und seine Frau kommt auch nicht mit.
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In dem Moment ist es wirklich so eine Täterbestrafung, die dann auch so konsequent läuft.
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Und es gibt so einen kleinen ... einen Pay -off, wo er in der letzten Szene
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dann eben Christian, die eine fragt, willst du mit mir nach Paris?
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Also die Bedienstete, die so, die auch ein Liebespaar sind und sie so, ja.
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Und das hat was Versöhnliches, es hat so, es hat ein Weiterkommen,
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ja, also es ist auch einfach schön, also es ist halt nicht so ein reines,
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also man sieht auch dann bei Helge,
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dem Familienvater, sieht man auch so gewisse, ja nicht Reue,
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entschuldigt sie nicht, aber eine gewisse Menschlichkeit.
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Also es ist halt nicht so ganz, dass der dann halt so diesen Täter dann so diffamiert
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von der Kamera und von der Person, sondern es wird irgendwie immer integrativ
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mit der Gesellschaft dann gearbeitet.
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Und deswegen absolute Empfehlung dieser Film.
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Kann man auch gucken, heute noch mit natürlich so dem Stil mitten von dogma
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und also ich auch beim wiederholten gucken war ich doch sehr beeindruckt,
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ja das endlich habt ihr jetzt gar kein bild mehr für gehabt für das ende weil,
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ich überlege der war wann war der 98 war das oder 95 war dogma 97 war der dann
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im kann fest ok das ist ja nicht 98 war dann nicht mit idioten zusammen ich
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habe eigentlich nix aufgezeichnet,
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sondern wir laufen ja dann erzählen uns immer alles auf dem Kopf.
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Aber Kur, ich habe hier überraschenderweise die Filmografie von 98.
Micz Flor
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Ich überlege gerade, ob wir den zusammen gesehen haben.
Florian Clauß
0:56:42–0:56:44
Warst du denn nicht in England?
Micz Flor
0:56:45–0:56:45
Kann sein.
Florian Clauß
0:56:46–0:56:49
Ich weiß es noch, ich glaube, ich habe den im Filmtheater am Friedrichshain gesehen.
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Also da liefen ja immer so, entweder international oder Filmtheater am Friedrichshain.
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Das war ja so die Kinostadt. Ja, also das, und ich glaube, Festen ist auch der
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Film, der eigentlich fast alle Dogma, oder fast eigentlich alle,
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ich habe geguckt, ob da irgendwie eine gebrochen wurde,
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aber er hat alle Dogma -Regeln eingehalten.
0:57:12–0:57:16
Und auch in dem Interview, was ich dann gehört habe, war ganz interessant,
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wie Winterberg da rangegangen ist. Weil bei ihm natürlich eine totale Unsicherheit
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... Was heißt natürlich? Es war eine Unsicherheit, wie passiert das jetzt?
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Auch für die Schauspieler. Und er saß dann mit dem Kameramann,
0:57:31–0:57:34
der ist wohl auch relativ bekannt, der Kameramann.
Micz Flor
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Der ist mit K, ich hab den Namen jetzt auch vergessen.
Florian Clauß
0:57:36–0:57:41
Ja, der hat dann ständig sich vorbereitet.
0:57:42–0:57:46
Er wollte immer so bestimmte Sachen so inszeniert haben, das, ja.
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Und dann war das für das ganze Team eine unglaubliche Überwindung,
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eben nicht in diesen traditionellen Wegen dann zu filmen.
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Und die haben das dann auch so geschafft, indem dann Winterberg zu den Schauspielern
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gesagt hat, Ja, wir haben jetzt hier kein Licht, sondern überall ist Licht.
0:58:06–0:58:08
Dann haben die Schauspieler gesagt, okay, dann können wir spielen.
0:58:09–0:58:13
Und es gibt auch keine Markierungen. Weil ganz viel ist immer so,
0:58:13–0:58:15
die Wegstrecken oder so vor der Kamera sind markiert.
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Und meinte er, sind alle irgendwie vor Panik implodiert.
0:58:20–0:58:24
Ja, genau. Weil das für alle so ungewohnt ist.
Micz Flor
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Und das ist ja ein interessantes Paradox, ne? Weil Dogma hat diese zehn Regeln,
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und nimmt halt mit diesen zehn Regeln die Regeln weg, die vorher nicht ausgesprochen
0:58:35–0:58:37
waren, die man einfach so, die sich so eingeschliffen haben.
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Zum Beispiel, dass man eine Markierung am Boden macht, wo das Licht dann ist.
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Dann läufst du bis hier, dann stellst dich quasi auf die Markierung,
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machst du drei Schritte rückwärts, dass du nämlich beim dritten Schritt genau
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auch an den Punkt landest und so.
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Diese Sachen sind nicht als Regel festgeschrieben, aber wurden durch die festgeschriebene
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Dogma -Regeln sichtbar abgeschafft und dann gab es Freiheiten,
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die mit der gleichen Technik, und das finde ich ganz interessant,
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weil das ist dann eine Brücke auch hin zu Idioten, weil der Lars von Trier eben
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auf Video gedreht hat, gemeint, er ist aber total super.
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Also ich hab dann einfach, der hat über 100 Stunden Material gehabt und hat
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dann gemeint, er hat manche Szenen einfach gefilmt, er hat ja selber auch die Kamera geführt.
0:59:20–0:59:25
Dann einfach als so eine Sache, die zusammenschneiden, das sind ganz viele harte
0:59:25–0:59:28
Schnitte dann ja auch drin, die dann was so kondensieren, wo er meint,
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er hat dann das so zusammengeschnitten, dass halt eine lange Sequenz kurz war
0:59:32–0:59:34
und energetisch wurde, dass er das so ballen konnte,
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was dann irgendwie auch mit diesem dokumentarischen Stil so ein bisschen bricht.
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Und das ist natürlich dann bei Winterbergfesten, das wurde auf Film gedreht
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und da hast du diese Möglichkeit so nicht,
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da musst du dann hast du dann die Technologie noch, die dafür gemacht ist,
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dass du mit einer Rolle, einer Szene, dann weißt du, wie lange das sein darf.
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Ich ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, aber dann hatte man mit Video,
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dann konnte man das vielleicht sogar besser aufbrechen.
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Und diese ganzen Regeln wie vorher, man braucht halt so und so viel Licht,
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sonst ist der Film einfach nicht verwendbar.
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Die auszuhebeln, führte zu einer Panik.
Florian Clauß
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Ja, du baust gerade so ein paar Cliffhanger in die nächste Episode, die Idioten.
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Was Winterberg auch gesagt hat, dass diese Einschränkung, also auf diese gleichzeitig
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eine komplette Befreiung bei ihm ausgelöst hat, dass er nie wieder in so einem
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Filmprozess so eine Freiheit dann auch,
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so eine Liberation, ja es ist Befreiung, gespürt hat, wie zu diesen Dreharbeiten,
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also es war für ihn unglaublich wichtiger Film,
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wie das jetzt so gelaufen ist und wie er auch mit den Schauspielern und den
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Kameramann gearbeitet hat.
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Also das merkt man auch diesem Film an und ich glaube das ist jetzt so auch
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so dieses... natürlich waren die die ersten, die das jetzt so gemacht haben.
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Man hat natürlich diesen Geist des Neuen irgendwo im Geschmack und konnten den
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Raum total ausloten, ausprobieren und ausspielen.
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Und man merkt es auch bei diesem Film an, dass der mehr unglaubliche Spannung
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und Dichte irgendwie erzeugt.
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Und auch die Charaktere, da waren ja keine bekannten Schauspieler dabei,
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aber wie authentisch da halt gespielt wurde und wie glaubwürdig diese Geschichte wird.
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Das ist glaube ich das, also ich meine fest, der löst alles ein,
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was das Dogma erst mal so aufgesetzt hat als Werk, als Regelwerk.
Micz Flor
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Ja, und war dann vielleicht aber auch der Proof of Concept, weshalb Dogma,
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sonst würden wir es vielleicht gar nicht kennen, sonst würden wir es unter Mumblecore feilen.
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Aber weil, weil, also einerseits ist es, hat sich selbst dadurch ein bisschen
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ausgehebelt, weil der berühmte Regisseur war der erste Dogma -Film,
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der nicht im Film genannt und so weiter.
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Und gleichzeitig wissen wir aber nur um Dogma 95, weil das...
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Riesen Erfolg war. Ich weiß auch noch in Erinnerung, dass du halt wirklich so
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dieses Gefühl hattest, dass du ein Theaterensemble siehst.
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Du hattest nicht das Gefühl, dass du Schauspieler siehst, die miteinander Schnitt,
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Gegenschnitt irgendwie vielleicht gar nicht am gleichen Set sitzen,
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sondern du hattest wirklich so das Gefühl von einem eingespielten Ensemble,
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die eben auch zusammen proben, die üben und das ist ja auch diese Befragung des Raumes.
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Dann können die Leute auf einmal in Kontakt treten und Chemie,
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die zwischen den Schauspielenden ist, die kann dann irgendwie aufgegriffen werden und reinkommen.
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Das fand ich bei dem Film einfach unglaublich stark, dass es natürlich immer
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wieder auch Einzelne waren, die so strahlten oder die man einfach auch der der
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Vater ist ja einfach so hat große Ausstrahlung.
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Das passt super, aber trotzdem hatte man immer ein Ensemble -Gefühl.
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Die sind alle irgendwie zusammen in diesem Ding drin.
Florian Clauß
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Genau, das ist ein gutes Stichpunkt, den du nochmal gibst, Nämlich jetzt habe
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ich mir auch in der Vorbereitung aufgeschrieben, es gibt unglaublich viele Theateradaptionen von das Fest.
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Und der zweite Teil, Festen 2, ist auch nur auf der Bühne erschienen.
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Und das hat auch Winterberg dann inszeniert.
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Aber ja genau, diese Regeln, dieses Zusammenspiel, die Bühne hat halt was total Theatermäßiges.
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Während diese, also vom Schauplatz, von der Geschichte, das ist ein Bühnenstück
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eigentlich, während die Idioten, kann ich mir jetzt nicht so einfach vorstellen,
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das als Theaterstück aufzuführen.
Micz Flor
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90er Jahre, Volksbühne.
Florian Clauß
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Ja, das stimmt, da liefen ja viele Idioten rum.
Micz Flor
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Nein, so habe ich das nicht gemeint. Ich meinte nur einfach so.
Florian Clauß
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Nein, nein, nein, aber klar, Top 2000 ist auch so ähnlich wild gewesen.
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Genau, so, ja, Mitch, wir haben zusammen, glaube ich, einen ganz guten Bogen
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über das Dogma, die Filmbewegung Dogma 95 gesponnen.
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Ich habe das fest präsentiert und ja, das war jetzt meine Episode.
Micz Flor
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Danke Flo. Wir haben jetzt einen fließenden Übergang, aber ob der Zwänge des
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Formats, ist das hier und jetzt, in dem wir gerade aufnehmen, in zwei Folgen geteilt.
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Deshalb machen wir hier Schluss und sehen uns in zwei Wochen wieder.
Florian Clauß
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Ja, und hören uns vor allen Dingen in zwei Wochen wieder. Und das Ganze,
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wo wir langgelaufen sind, könnt ihr auf eigentlich -podcast .de sehen.
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Und die Fotos von den Schwänen und von die Stulle findet ihr auch dort.
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Und ja, also ich hoffe, Ihr habt Spaß gehabt und dann bis in zwei Wochen.
Micz Flor
1:04:46–1:04:47
Macht's gut.
Florian Clauß
1:04:47–1:04:48
Tschüss.

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